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Grafing Ebersberg

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<strong>Grafing</strong> <strong>Ebersberg</strong>. Eine Wanderung. Am Mittwoch 26. April 2017<br />

Treffpunkt<br />

Baldham ab 10:46.<br />

Rückfahrt entweder 14:32 oder 14:54 ab <strong>Ebersberg</strong><br />

Kosten mit MVV Karten, Fahrgemeinschaften in Selbstorganisation<br />

Wegstrecken<br />

Bahnhof <strong>Grafing</strong> Bahnhof - Eberberg 6,4 km<br />

<strong>Grafing</strong> Stadt - <strong>Ebersberg</strong> 3,6 km. Von hier aus beide Gruppen gemeinsam<br />

Mittag: um ca. 12:30 in <strong>Ebersberg</strong> Klosterbauhof Gaststätte Osteria<br />

Zur Wanderung und Heimatgeschichte<br />

Der erste Teil der Wanderung beginnt am Bahnhof <strong>Grafing</strong>. Von dort geht es geradaus über die<br />

Hauptstr. in die Brünnsteinstr. Dort nach ca. 250 m links und nach 70 m rechts ab in den Fuchsweg<br />

ca. 700 m geradeaus. Danach rechts ab und links in die Giselastr. Nach ca 250 m in den Goldberg,<br />

nach 80 m in die Nettelkofenerstr. diese in Richtung südosten, diese überquerend und durch den<br />

Stadtpark zur Bahnschranke.<br />

Die 2. Gruppe wird der Ersten entgegenkommen. Links der Nettelkofenerstr. ist die Wolfschlucht<br />

Gesamtstrecke ca. 1,6 km, als ca.30 min.<br />

Vor 70 Jahren: Ganz <strong>Grafing</strong> entsetzt<br />

Das Unvorstellbare geschah an einem Donnerstag am späten Vormittag. Es war ein kalter,<br />

schneefreier Tag, der 10. Dezember vor genau 70 Jahren. Zwei Wochen vor Weihnachten, mitten<br />

im Advent, der Zeit der Erwartung, der Vorfreude, der Hoffnung, traf <strong>Grafing</strong> eines der schwersten<br />

Unglücksfälle seiner Geschichte: Der Einsturz des Eiskellers in der Wolfsschlucht.<br />

Am Vormittag waren zehn Arbeiter und eine Frau als Hilfsarbeiterin im Eiskeller in der<br />

Wolfsschlucht der Brauerei Schlederer, unweit der Luitpold-Eiche bzw. der ehemaligen Post in der<br />

<strong>Grafing</strong>er Bahnhofstraße, damit beschäftigt, das Bodenniveau des Eiskellers auszuschachten.<br />

Nach der Senkung des Grundwasserspiegels durch das Ausheben des nahen Eisteichs der Melak<br />

wollte man nämlich dem Gewölbekeller ein größeres Volumen verschaffen, um damit die<br />

Einlagerung von mehr Eis zu ermöglichen. Rund 100 Jahre zuvor wurde an dieser Stelle in offener<br />

Bauweise ein rund 20 Meter langer, hoher Gewölbegang in den Berg hineingebaut, der in ein<br />

großes, unterirdisches Kellergewölbe mündete. Dessen Wände bestanden aus ca. 40 cm dicken<br />

Ziegelsteinmauern.


Bergungsarbeiten nach dem Einsturz des Wildbräu-Kellers in der <strong>Grafing</strong>er Wolfschlucht 1936. Foto: Museum <strong>Grafing</strong><br />

Beim Stützen und Abfangen der Baustelle kam es jetzt zu starken Rissen, durch die unaufhörlich<br />

Sand und Schotter rieselten. Um 10.45 Uhr stürzte das Gewölbe in einer Breite von etwa 10<br />

Metern unter lautem Getöse und Gekrache ein. Die darüber befindliche, aus Holz aufgebaute<br />

Fasshalle brach zusammen und stürzte in den nun entstandenen Bodentrichter. Große<br />

Schuttmassen, meist 10.45 Uhr: Gewölbe stürzt ein Rollkies, sausten in das Gewölbe herab und<br />

verschütteten die Arbeiter.<br />

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht vom Unglück in der Wolfsschlucht, ohne dass man<br />

zunächst das fürchterliche Ausmaß der Katastrophe ermessen konnte. Vom nahe gelegenen<br />

Reichsarbeitsdienstlager eilten etwa 15 Mannschaften zur Einsturzstelle, ebenso eine stattliche<br />

Reihe von Feuerwehrkameraden. Unter Einsatz des eigenen Lebens begannen sofort die<br />

Rettungsmaßnahmen.<br />

Zwei Arbeiter und der anwesende Baumeister Baumann konnten sich selbst retten, weitere zwei<br />

Verschüttete wurden lebend geborgen. Fieberhaft versuchte man weitere lebendig Begrabene zu<br />

retten, hörte man doch noch Klopfzeichen. Nachdem ein blutüberströmter Arbeiter nur noch tot<br />

geborgen werden konnte, konzentrierte man sich andernorts zu graben, weil auch dort<br />

Lebenszeichen zu hören waren. Erschütternde Berichte von Augenzeugen hierüber befinden sich<br />

im Bayerischen Staatsarchiv. Am Nachmittag trafen Münchner Pioniere ein, die mit großen<br />

Scheinwerfern die folgende Nacht zum Tag machten, um die Rettungsaktion nicht unterbrechen zu<br />

müssen. Inzwischen war auch der Stellvertretende Gauleiter Otto Nippold aus München<br />

herbeigeeilt, Münchner Schutzpolizei und der Arbeitsdienst sperrten die Unglücksstelle großräumig<br />

ab.<br />

Zwei Tage und zwei Nächte schufteten die zahlreichen Männer bis an die Grenze ihrer<br />

Belastbarkeit, dann wurde es traurige Gewissheit: sechs Arbeiter wurden bei Überwältigende<br />

Anteilnahme diesem Unglück getötet. Es waren dies: Franz Klinger, Maurer, 35 Jahre, verheiratet,<br />

1 Pflegekind; Georg Haslwarter, landwirtschaftlicher Arbeiter, 31 Jahre, ledig; Maria Bauer,<br />

Hilfsarbeiterin, 34 Jahre, verheiratet; Balthasar Bauer, Hilfsarbeiter, 43 Jahre, verheiratet; Johann<br />

Dorner, Hilfsarbeiter, 39 Jahre, verheiratet; Max Barthuber, Zimmermannsgehilfe, 54 Jahre,<br />

verheiratet, 5 Kinder.<br />

Nach der äußerst schwierigen Freilegung des letzten Toten am Sonntagmittag wurden sämtliche


Arbeiten in der Wolfsschlucht eingestellt. Den ganzen Ort erfasste eine unsägliche Trauer.<br />

Bei Dunkelheit erfolgte die Überführung der Toten. Jeder der Särge wurde von einem Rappen<br />

gezogen, die Straßen waren gesäumt von tausenden Menschen, Fackeln zeigten gedämpft den<br />

Weg zur Aufbewahrungshalle im Wildbräuhof. Die Anteilnahme war überwältigend, das<br />

Spendenaufkommen in den folgenden Tagen für die hinterbliebenen Familien gewaltig.<br />

Die Beerdigung in einem Gemeinschaftsgrab am Pfarrfriedhof wurde für den 15. Dezember<br />

festgesetzt, an diesem Tag herrschte im Markt <strong>Grafing</strong> auch Arbeitsruhe.<br />

Was nun folgte, war in ihrer Pathetik eine politische Inszenierung ersten Ranges, die auf uns<br />

Heutige über die Maßen befremdlich wirkt. Gaupropagandaleiter Wenzel persönlich organisierte<br />

die Ausgestaltung der Aufbewahrungshalle und des Wildbräuhofes, den Aufmarsch von<br />

zahlreichen, hochrangigen Vertretern von Partei und Staat, von NS-Gliederungen, SA, NSKK,<br />

Reichsarbeitsdienst, Sanitätskolonne, Hitlerjugend, BDM, weiters die Trauerfeier auf dem<br />

Marktplatz mit pompösen Pylonen, einem Fahnenmeer, der Aufstellung der einzelnen<br />

Gruppierungen, der Zusammensetzung der Menschenspaliere und der Trauerrede von Gauleiter<br />

Otto Nippold sowie die Bestattungsfeier auf dem Friedhof mit 55 Kränzen. Bei dieser<br />

eindrucksvollen, instrumentalisierten Abschiedsfeier ist es fast ein Wunder, dass Pfarrer Dr. Josef<br />

Zeiller das Wort ergreifen durfte.<br />

Die Begründung des milden Urteils von drei Monaten Gefängnis, das gegen den vermeintlich<br />

Schuldigen ausgesprochen wurde, lautete mit "ungenügender Erfahrung". Letztes Kapitel dieses<br />

schrecklichen Unglücks war die Abtragung des stehen geblieben Anwesens oberhalb des<br />

Eiskellers im Frühjahr 1937. Im Juli 1937 sprengten Rosenheimer Pioniere das restliche<br />

Kellergewölbe und mauerten den Eingang in den Keller zu. Die Türe ist noch heute zu sehen.<br />

Dr. Rotraut Acker ist Leiterin des Museums der Stadt <strong>Grafing</strong>.

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