etcetera - Ausgabe 66
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<strong>etcetera</strong>.<br />
2 EDITORIAL<br />
WIR<br />
SAGEN<br />
DANKE!<br />
Zum Zeitpunkt, an dem ich dies schreibe, sitze ich gerade<br />
vorm PC und layoute die für mich letzte <strong>Ausgabe</strong> der<br />
<strong>etcetera</strong>. Wie das angefangen hat, weiß ich heute nicht<br />
mehr. Plötzlich saß ich bei einer Redaktionssitzung und<br />
es war kein Layouter da. Irgendwie habe ich das dann<br />
in die Hand genommen und schon war ich mittendrin.<br />
Seitdem hat sich viel getan, ich habe viel dazugelernt<br />
und kann mich in dieser <strong>Ausgabe</strong> noch ein letztes Mal<br />
mit einem neuen, moderneren Layout ausprobieren.<br />
Obwohl ich durch die Gestaltung irgendwie an jedem<br />
Artikel der <strong>etcetera</strong> seit <strong>Ausgabe</strong> 59 beteiligt war, hat<br />
man trotzdem nie aktiv etwas von mir gelesen. Das will<br />
ich in meiner letzten <strong>Ausgabe</strong> ändern und wende mich<br />
deshalb mit diesem Text einmal direkt an die Leserschaft.<br />
Ich möchte mich bei allen Leserinnen und Lesern<br />
bedanken und hoffe, dass meine Layouts dem ein oder<br />
anderen gefallen haben. Wer mich kennt, weiß, dass<br />
ich sehr viel fotografiere, daher würde ich mich freuen,<br />
wenn ihr auf meiner Website mikhubphoto.at oder auf<br />
meiner Facebook-Seite „mikhubphoto“ vorbeischauen<br />
würdet. Aber genug der Werbung, abschließend will<br />
ich einfach nur Danke sagen!<br />
Michael Huber<br />
Als ich mit Michael kürzlich über eine eventuelle Änderung<br />
für diese <strong>Ausgabe</strong> diskutierte, fiel von ihm<br />
folgende Aussage: „Aber es is‘ halt die <strong>etcetera</strong>.“ In<br />
diesem Moment wurde ich wirklich wehmütig und<br />
ein bisschen traurig, unser „Baby“ bald verlassen zu<br />
müssen. Denn so viel wir darin Arbeit investiert hatten,<br />
so sehr ist sie mir auch ans Herz gewachsen. Am<br />
Anfang, das war in der fünften Klasse, war es wahnsinnig<br />
befreiend und aufregend, einfach das schreiben zu<br />
können, was man will und es dann in einem gedruckten<br />
Magazin vorzufinden. Und mit der Zeit wurde unsere<br />
Schülerzeitung sicherlich zu einem der für mich prägendsten<br />
und wichtigsten Projekte meiner Schulzeit.<br />
Neben einer schreiberischen Weiterentwicklung lernte<br />
ich auch, meinen Standpunkt in Worte zu fassen und in<br />
vielen Diskussionen zu verteidigen, total zu scheitern<br />
und mit viel Kritik umgehen zu müssen, bekam dann<br />
aber auch wieder motivierendes und aufbauendes Lob.<br />
Dadurch wuchs mein journalistisches Interesse und ich<br />
werde mich sicher auch nach der Matura auf die ein<br />
oder andere Art mit Medien beschäftigen. Danke für<br />
diese Erfahrung!<br />
Johanna Stüger
<strong>etcetera</strong>.<br />
EDITORIAL<br />
3<br />
EDITORIAL<br />
Liebe Leserinnen und Leser!<br />
Wir freuen uns, dass ihr nun die <strong>66</strong>. <strong>Ausgabe</strong> der <strong>etcetera</strong> in der<br />
Hand hält. Dies ist für uns, die jetzige Chefredaktion, die letzte<br />
<strong>Ausgabe</strong>, weshalb wir ein gerade an einer katholischen Privatschule<br />
besonders interessantes Titelthema ausgewählt haben: Glaube –<br />
Kirche – Religion. Wir haben eine Umfrage unter den Schülern dazu<br />
durchgeführt, dabei sind uns aber einige Fehler unterlaufen, weshalb<br />
wir deren Ergebnisse nicht abdrucken können. Stattdessen haben<br />
wir mehrere Interviewpartner befragt und uns selbst einige Gedanken<br />
dazu gemacht. Dabei ist es uns wichtig anzumerken, dass auch<br />
unsere Argumente keineswegs objektiv sind, was bei einem solchen<br />
Thema auch fast unmöglich ist. Wir wissen, dass unsere Denkergebnisse<br />
vorläufig und fehlerhaft sind, doch gerade deshalb finden wir<br />
es wichtig, sie auf den Punkt zu bringen, um sie der Diskussion zu<br />
stellen und selbst daran wachsen zu können.<br />
Außerdem haben wir uns mit „Die Pauliner Tagespresse“ auf eine<br />
neue, seriösere Art der Berichterstattung eingelassen – aber an<br />
dieser Stelle möchten wir dazu nicht mehr verraten, lest am besten<br />
selbst. Weiters ist Amelie Jochmus für das Motto „America first, Paulinum<br />
second“ und Vanessa Gogl hat einen sehr persönlichen Artikel<br />
zu Introversion verfasst. Erstmals haben Redakteure Konzerte für die<br />
<strong>etcetera</strong> besucht, wobei auch Fotos entstanden sind. Daneben gibt<br />
es noch viele andere unterhaltsame, informative, spannende… aber<br />
allesamt lesenswerte Artikel.<br />
Wie immer freuen wir uns über spannende Diskussionen persönlich<br />
oder per E-Mail (<strong>etcetera</strong>.paulinum@gmail.com).<br />
Wir möchten uns abschließend noch bei euch Leserinnen und Leser<br />
für eure Treue bedanken und hoffen, dass euch die „gemeinsamen“<br />
vier Jahre genau so viel Freude bereitet haben wie uns und die <strong>etcetera</strong><br />
noch lange bestehen bleibt.<br />
Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch noch einmal unserem<br />
Betreuer Prof. Erlacher, der viel seiner Freizeit opfert, um uns bei der<br />
Schülerzeitung zu unterstützen.<br />
Stellvertretend für die gesamte Redaktion<br />
Michael Huber & Johanna Stüger
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<strong>etcetera</strong>.<br />
INHALT<br />
5<br />
Glaube und Religion –<br />
8 Konfliktpotenzial und<br />
Lösungsansätze<br />
11 Prosa-Text „Glaube“<br />
Interview mit der<br />
12 Schulamtsleiterin Maria<br />
Plankensteiner-Spiegel<br />
Interview mit dem Schwazer<br />
14<br />
Pfarrer Rudolf Theurl<br />
Der religiöse Egoismus des<br />
16<br />
Menschen – Ein Denkanstoß<br />
18 Politik im Namen Gottes<br />
Quiz: Spruchreife Zitate aus<br />
19 Bibel, Koran und Herr der<br />
Ringe<br />
Wie lebt es sich als<br />
Priesterkind?<br />
20<br />
22 Glaube und Sport<br />
23 Die Grenzen der Toleranz<br />
Vier Schüler – vier Ansichten<br />
24<br />
zum Thema Glaube<br />
Die Rolle der Philosophie im<br />
26 Verhältnis zu Wissenschaft<br />
und Theologie<br />
8 Jahre Paulinum – was<br />
31<br />
bleibt?<br />
Vorstellung neuer<br />
32<br />
Lehrpersonen<br />
Ein Tag mit Prof. Thomas<br />
34<br />
Heinzel<br />
35 Übergang 4.-5. Klasse<br />
Schreibwettbewerb: Paulinum<br />
36<br />
2050<br />
38 Schülervertretungsseite<br />
39 <strong>etcetera</strong>-Rookies<br />
44 Donald Trump – eine Satire<br />
America First – Paulinum<br />
45<br />
Second<br />
46 Baseball in Schwaz<br />
48<br />
Introversion in einer extrovertierten<br />
Welt<br />
49 Die Macht der Sprache<br />
49 Schönheitswahn<br />
50 Ist Normalität normal?<br />
Schulpartnerschaften einfach<br />
53<br />
erklärt<br />
Konzerte in Innsbruck: AnnenMayKantereit<br />
und Wanda<br />
56<br />
58 Rezensionen<br />
TITELTHEMA:<br />
GLAUBE - KIRCHE - RELIGION<br />
NEUE<br />
LEHRPERSONEN<br />
AB SEITE 7<br />
SEITE 32 SEITE 34<br />
SATIRE<br />
DONALD TRUMP<br />
SEITE 44<br />
INHALT<br />
EIN TAG MIT<br />
PROF. HEINZEL<br />
SGA, PV, SV...<br />
WAS IST DAS?<br />
SEITE 52<br />
<strong>etcetera</strong>. – Schülerzeitung, <strong>Ausgabe</strong> <strong>66</strong>, Sommersemester 2017<br />
Medieninhaber & Herausgeber: Schülerzeitung <strong>etcetera</strong>, Bischöfliches Gymnasium Paulinum,<br />
Paulinumweg 1, A-6130 Schwaz; Chefredaktion: Michael Huber, Johanna Stüger; Redaktion: David<br />
Astl, Verena Deutsch, Elisabeth Fischer, Vanessa Gogl, Ruth Hochenwarter, Andreas Hörmann,<br />
Michael Huber, Amelie Jochmus, Christoph Kirchmair, Simon Kirchmair, Lea Klemm, Selina Lintner,<br />
Alicia Mercedes Nail, Hannah Mühlegger, Carina Prem, Daniel Pungg, Lea Schwaiger, Johanna<br />
Stüger, Anna Sophia Tschuggnall, Lukas Tschuggnall; Zeichnungen: Maria Grubinger; Layout &<br />
Fotos: Michael Huber; Druck: www.onlineprinters.at<br />
Alle verwendeten Logos und Schutzmarken sind Eigentum ihrer jeweiligen Besitzer. Für Satz- und<br />
Druckfehler übernehmen wir keine Haftung.<br />
Alle Rechte vorbehalten © <strong>etcetera</strong> 2017<br />
Kontakt: <strong>etcetera</strong>.paulinum@gmail.com
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
7<br />
Glaube<br />
Kirche<br />
Religion<br />
Da diese Begriffe und das damit Verbundene an unserer Schule einen großen Stellenwert<br />
haben, stellen „Glaube – Kirche – Religion“ das Titelthema dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
dar. Eine vollständige und gänzlich objektive Auseinandersetzung mit besagtem<br />
Thema erscheint uns unmöglich, trotzdem möchten wir uns ihm aber mit verschiedenen<br />
Artikeln nähern, um zum Denken und zur Diskussion anzuregen. Wir haben<br />
bewusst diese drei Begriffe gewählt, um die Thematik offener zu belassen und<br />
somit eine größere Vielfalt an Texten zu ermöglichen. Am Cover sind die frontalen<br />
Kirchenfenster der Pauliner Kirche, die vom bekannten Schwazer Künstler<br />
Carl Rieder stammen, zu sehen. Die Kirche als Gebäude gehört der Diözese (und<br />
somit der katholischen Kirche). Sie ist ein Ort der Religionsausübung und ein Ort<br />
des Glaubens. Deshalb sollen die Fotos im Titelthema symbolisch für diese drei<br />
Begriffe stehen. Wir haben bewusst auf die Platzierung von Text auf der Titelseite<br />
verzichtet, um die Wirkung des Kunstwerks nicht zu stören.
<strong>etcetera</strong>.<br />
8 TITELTHEMA<br />
GLAUBE UND RELIGION<br />
Konfliktpotenzial und Lösungsansätze<br />
Text: Johanna Stüger<br />
Schon John Lennon sang:<br />
Imagine there's no heaven<br />
It's easy if you try<br />
No hell below us<br />
Above us only sky<br />
Imagine all the people<br />
Living for today …<br />
Eigentlich eint die großen Weltreligionen<br />
ja der Wille zu einem guten<br />
Zusammenleben: Sie wollen uns zu<br />
einem besseren, friedlichen Leben<br />
führen, indem sie uns Vorbilder<br />
geben, sei es Jesus, Mohammed oder<br />
Buddha, uns durch weise Texte zum<br />
Nachdenken anregen, sei es die Tora,<br />
das Lunyu oder die Bhagavad Gita,<br />
und uns eine Gemeinschaft geben, in<br />
der wir durch Gespräche mit Gleichgesinnten<br />
wachsen können. Doch<br />
blickt man auf die Entstehung von<br />
Kriegen, sei es vor fünfhundert Jahren<br />
oder heute, sei es in Europa oder am<br />
anderen Ende der Welt, fällt eines auf:<br />
Irgendwie ist immer die Religion im<br />
Spiel. Ebenso stehen sehr viele politische<br />
Spannungen in Zusammenhang<br />
mit Religion. Als Beispiele könnte man<br />
von den Kreuzzügen im Mittelalter bis<br />
hin zur Judenverfolgung im Dritten<br />
Reich sowie der neuen Islamfeindlichkeit<br />
(stark propagiert durch Nationalisten<br />
wie dem US-Präsidenten Donald<br />
Trump) viele nennen. Doch warum gibt<br />
es diese riesige Diskrepanz zwischen<br />
Intention und Realität und wie können<br />
wir dagegen ankämpfen?<br />
Der Unterschied zwischen<br />
Religion und Glaube<br />
In obigem Absatz habe ich bewusst den<br />
Begriff „Religion“ anstatt „Glauben“<br />
verwendet. Denn jeder Mensch glaubt<br />
an etwas, egal ob an Gott, die Wissenschaft<br />
oder auch daran, dass es<br />
keinen Gott gibt. Religion hingegen ist<br />
laut Definition des Dudens der „meist<br />
von einer größeren Gemeinschaft angenommene,<br />
bestimmte, durch Lehre<br />
und Satzungen festgelegte Glaube<br />
und sein Bekenntnis“. Glaube an sich<br />
ist also etwas ganz Menschliches, ja<br />
Essentielles. Im Kollektiv ausgeübt,<br />
wie es bei Religion der Fall ist, entwickelt<br />
sich eine gewisse Gruppendynamik,<br />
die sehr positiv sein kann.<br />
Gefährlich wird es allerdings, wenn<br />
man nur mehr die eigenen Ansichten<br />
gelten lässt, und seine Religion als<br />
wertvoller oder richtiger begreift als<br />
jeden anderen Glauben. Auf die nicht<br />
vorhandene gleiche Akzeptanz eines<br />
jeden Glaubens hat vor einiger Zeit<br />
ganz deutlich Niko Alm aufmerksam<br />
gemacht, indem er durchgesetzt hat,<br />
auf seinem Führerscheinfoto ein Nudelsieb<br />
als Kopfbedeckung tragen zu<br />
dürfen. Dadurch wird deutlich, dass in<br />
Österreich der katholische Glauben<br />
mehr geachtet wird als andere,<br />
weniger übliche Glaubensformen.<br />
Voriges Beispiel ist sehr überspitzt,<br />
trotzdem zeigt es, dass wir noch weit<br />
von einem laizistischen Staat (strikte<br />
Trennung von Staat und Religion)<br />
entfernt sind. Dies ist für unser aller<br />
friedliches Zusammenleben äußerst<br />
gefährlich.<br />
Und was ist mit Atheisten? Sind sie<br />
vor den Gefahren, die Religionen in<br />
sich bergen, gefeit? Nein, denn Atheisten<br />
haben ja einen gemeinsamen<br />
Glauben, also könnte man sie als<br />
Religionsgemeinschaft auffassen. Der<br />
österreichische Physiker und Nobelpreisträger<br />
Wolfang Pauli hat es auf<br />
den Punkt gebracht, indem er in Bezug<br />
auf Paul Dirac, einem überzeugten<br />
Atheisten, gesagt hat: „Es gibt keinen<br />
Gott, und Dirac ist sein Prophet.“ Den<br />
Atheisten fällt es im Allgemeinen aber<br />
schwerer, sich zu organisieren, da sie<br />
kein religiöses Oberhaupt anerkennen.<br />
Dies könnte sie also schon im<br />
Kollektiv friedlicher machen.<br />
So gesehen müssten Agnostiker,<br />
also jene, die nicht wissen, ob es<br />
etwas Göttliches gibt oder nicht, die<br />
friedlichsten Menschen sein. Denn<br />
sie stellen sich die Frage nach der<br />
Existenz Gottes gar nicht; für sie ist<br />
von Vornherein klar, dass das ihre Fähigkeiten<br />
als Mensch übersteigt. Doch<br />
woher nehmen sie dann ihre ethischen<br />
Grundsätze? Nun, diese orientieren<br />
sich ganz stark an der Praxis, an ihrer<br />
Wirkung für die Gemeinschaft. Und<br />
das sollte jeder von uns tun, was<br />
folgendes Zitat eines Bekannten verdeutlicht:<br />
„Egal, wie man ihn nennt,<br />
aber Gott hat uns sicher nicht dazu geschaffen,<br />
die Natur zu zerstören und<br />
andere Menschen, Tiere und Pflanzen<br />
zu quälen. Dieser Planet ist das Paradies<br />
und ich halte jeden, der denkt, er<br />
käme erst im nächsten Leben dorthin,<br />
für verrückt!“<br />
Daher glaube ich, dass es nicht<br />
schaden würde, ein bisschen von der<br />
Bescheidenheit eines Agnostikers<br />
in unseren persönlichen Glauben zu<br />
integrieren, egal ob Mohammedaner,<br />
Christ oder Atheist. Denn meines<br />
Erachtens ist diese Einstellung sehr<br />
wohl mit einer streng ausgerichteten<br />
Religiosität kompatibel: Wie klein,<br />
ja menschlich müsste so ein Gott<br />
sein, wenn wir Menschen ihn fassen<br />
und beschreiben könnten? So, mit<br />
dieser agnostischen Bescheidenheit<br />
in Bezug auf unser (Nicht-) Wissen,<br />
können wir uns sehr wohl an ethische<br />
Grundsätze einer Religion orientieren<br />
und durch Gebete Halt in schwierigen<br />
Zeiten bekommen. Trotzdem sollten<br />
wir niemals den nüchternen Blick auf<br />
all unser Handeln verlieren und es<br />
gründlich auf seine Konsequenzen<br />
prüfen. Und vor allem ist es wichtig,<br />
die Religion als etwas Weltliches und<br />
nicht Göttliches aufzufassen, als etwas<br />
Menschliches. Denn dann wird klar,<br />
dass die von Menschen gemachte<br />
Religion menschliche Fehler hat und<br />
nicht absolut ist. Dann wird der Anhänger<br />
irgendeines Glaubens wie der mit<br />
meinen Ansichten geachtet.<br />
Wenn wir die Gefahren von Religion<br />
erkennen und ihnen somit den Wind<br />
aus den Segeln nehmen, dann wird<br />
Religion wieder zu dem, was sie wirklich<br />
ist: nämlich eine Bereicherung für<br />
uns Menschen. Eine von uns Menschen<br />
gemachte Bereicherung für uns<br />
Menschen.<br />
Scio me nihil scire.
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
9
<strong>etcetera</strong>.<br />
10 TITELTHEMA
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
11<br />
Glaube<br />
Glaube<br />
lässt uns hoffen. Lässt<br />
uns atmen, wenn wir keine Luft<br />
bekommen. Wir greifen zurück auf Gebete,<br />
wenn uns Situationen aussichtslos erscheinen.<br />
Glaube hilft und unterstützt. Wir alle glauben. Verneinen<br />
wir zu glauben, glauben wir, dass nichts Höheres existiert.<br />
Auch dann glauben wir zu wissen, was oder ob es etwas Göttliches,<br />
eine Kraft, im Universum gibt. Wenn wir glauben, fühlen wir<br />
uns weniger verloren. Fühlen Halt. Etwas, das Einfluss hat. Zu dem<br />
wir bitten können. Dem wir die Schuld geben, dem wir danken können.<br />
Glaube lässt Menschen überleben und hilft ihnen auch in den düstersten<br />
Tagen ein Fünkchen Licht zu erkennen. Nicht nur in unseren Religionen<br />
können wir glauben. Wir glauben an die Menschen, die wir lieben. An die<br />
Menschlichkeit. An die Menschheit. An das Gute in jedem Einzelnen. Wir<br />
glauben an uns selbst, an Entscheidungen, die wir treffen, und Meinungen,<br />
die wir vertreten. Wir glauben an Hoffnung, Glück und Liebe. An ein gutes<br />
Ende. Glaube schenkt unseren Herzen den Mut, weiterzumachen. Wir alle<br />
bestreiten den Alltag, weil wir an ein erfülltes Leben glauben. Weil wir<br />
daran glauben, die Welt zu einem besseren Ort machen zu können.<br />
Glauben hat keine Definition. Es ist etwas, das in uns wohnt. Etwas,<br />
das wir mit ganzem Herzen, voll und ganz vertreten. Es ist Teil<br />
unserer Persönlichkeit und Teil unseres Seins. Es macht<br />
uns zu dem, was wir sind. Es treibt uns an. Gibt uns<br />
Kraft. Lässt uns jedem Tag entgegentreten. Weil<br />
wir ihn nie verlieren:<br />
Glaube<br />
Text: Alicia Nail, Illustration: Maria Grubinger
<strong>etcetera</strong>.<br />
12 TITELTHEMA<br />
Interview mit der Schulamtsleiterin<br />
MARIA PLANKENSTEINER-SPIEGEL<br />
Text: Johanna Stüger, Interview: Johanna Stüger, Michael Huber<br />
Maria Plankensteiner-Spiegel, die Leiterin des Bischöflichen Schulamts der Diözese Innsbruck, spricht mit der <strong>etcetera</strong><br />
über Jugendliche und ihren Bezug zur Katholischen Kirche, die Notwendigkeit kirchlicher Privatschulen und die Situation<br />
am Paulinum.<br />
<strong>etcetera</strong>: Es fällt uns auf, dass gerade<br />
in der Oberstufe des Paulinums viele<br />
Jugendliche eine kirchenferne Einstellung<br />
in Bezug auf „Glauben“ haben.<br />
Wie sehen sie das?<br />
Frau Plankensteiner-Spiegel: Dass<br />
Jugendliche mit 18 Institutionen gegenüber<br />
Vorbehalte haben, das finde<br />
ich mehr als normal, alles andere wäre<br />
komisch. Was ich schon glaube, ist,<br />
dass Jugendliche und Menschen allen<br />
Alters die Auseinandersetzung mit<br />
Dingen, die über ihren Erfahrungshorizont<br />
hinausgehen, wahrnehmen. Es<br />
gibt Situationen im Leben, in denen ich<br />
mich als getragen oder alleine erfahre,<br />
die über die sinnlich-wahrnehmbare<br />
Realität hinausragen. Die Sehnsucht,<br />
dort Antworten zu bekommen, sich<br />
geliebt, angenommen zu wissen und<br />
die Frage, welchen Sinn das irdische<br />
Leben hat, die ist allen Menschen<br />
gemeinsam. Christentum gibt Antworten<br />
auf die Fragen danach, woher wir<br />
kommen, wozu wir auf der Welt sind<br />
und wohin es geht. Und das sind die<br />
grundlegenden Fragen, die sich sicher<br />
jeder Jugendliche auf die eine oder<br />
andere Weise stellt, nicht zuletzt bei<br />
der Entscheidung, wie man sich im<br />
eigenen Leben weiterentwickelt.<br />
Dass Jugendliche mit 18 Institutionen<br />
gegenüber Vorbehalte<br />
haben, das finde ich mehr als<br />
normal, alles andere wäre<br />
komisch.<br />
Inwiefern sehen Sie einen Änderungsbedarf,<br />
Jugendliche stärker in die<br />
Kirche zu involvieren?<br />
Wir erleben, dass junge Menschen sich<br />
nicht mehr gerne auf Dauer binden.<br />
Das betrifft fast alle Organisationen,<br />
auch die Kirche. Jugendliche sind zu<br />
ganz hohem Engagement bereit, wenn<br />
es zeitlich begrenzt ist, also bei einzelnen<br />
Projekten. Dauerhafte Bindung,<br />
wie eine fünfjährige Mitgliedschaft im<br />
Pfarrgemeinderat oder einen Messebesuch<br />
jeden Sonntag, mögen viele<br />
allerdings nicht.<br />
Es ist natürlich ein wichtiges Anliegen<br />
der Kirche, den Kontakt zu jungen<br />
Menschen nicht zu verlieren, da muss<br />
die Kirche auch lernen und von der<br />
Idee weggehen, dass Jugendliche zu<br />
kirchlichen Institutionen hinkommen<br />
und sich dann dort engagieren. Ich<br />
erlebe oft, wie Kirche versucht, dort<br />
hinzugehen, wo die Jugendlichen<br />
sind. Das ist auch ein Grund, warum<br />
wir die katholische Privatschule erhalten.<br />
Es ist der Kirche wichtig, den<br />
Jugendlichen einen Raum zum Lernen<br />
und Sich-Entwickeln zu geben, der<br />
von einer gewissen Geisteshaltung<br />
geprägt und so offen wie möglich ist.<br />
Diesen Raum, in dem es um sie als<br />
Menschen geht und in dem man nicht<br />
in erster Linie schneller, höher, schöner<br />
sein muss, können Jugendliche auch<br />
genießen.<br />
Der Weg ist also insgesamt, dort hinzugehen,<br />
wo Jugendliche sind. So<br />
arbeitet die Katholische Jugend zum<br />
Beispiel viel übers Netz und mit Apps,<br />
denn dort sind Jugendliche.<br />
“<br />
Eine Kirche, die sich der Kritik<br />
verschließt, verschließt sich der<br />
Entwicklung.<br />
Uns fällt ein sehr lebendiger Dialog an<br />
unserer Schule auf, und dass wir auch<br />
die Möglichkeit haben, kritisch zu sein.<br />
Hoffentlich! Eine Kirche, die sich der<br />
Kritik verschließt, verschließt sich der<br />
Entwicklung. Seit dem Zweiten Vatikanischen<br />
Konzil hat die Kirche dezidiert<br />
die Aufgabe, in Dialog zu sein mit den<br />
Zeichen der Zeit. Kirche verwirklicht<br />
sich immer nur dort und in der Welt,<br />
in der Menschen leben. Sich dem zu<br />
verschließen, würde heißen, sich der<br />
Welt zu verschließen, und das ist nicht<br />
der Weg der Kirche.<br />
Der katholischen Privatschule wird<br />
jedoch immer wieder Abgrenzung<br />
vorgeworfen …<br />
Katholische Privatschulen in Tirol<br />
haben 88 Prozent katholische Schüler,<br />
der Taufschein ist also nicht Eingangssiegel<br />
in die Schule. Wir haben im<br />
Paulinum auch evangelische Schüler<br />
und solche ohne Bekenntnis. Weshalb<br />
wir noch keine muslimischen Schüler<br />
haben, liegt an der Organisation.<br />
Muslimische Schüler haben die Pflicht,<br />
muslimischen Religionsunterricht<br />
zu besuchen, da man sich in einer<br />
katholischen Privatschule nicht vom<br />
Religionsunterricht abmelden kann,<br />
unabhängig davon, welcher Religionsgemeinschaft<br />
man angehört. Wir<br />
haben uns also einfach noch nicht<br />
dem organisatorischen Aufwand gestellt,<br />
aber es gibt keinen prinzipiellen
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
13<br />
Vorbehalt, im Gegenteil: In Hinblick<br />
auf die Entwicklung der Gesellschaft<br />
ist nämlich klar, dass der Dialog mit<br />
Menschen ohne oder einer anderen<br />
Religion wesentlich ist.<br />
Nach welchen Kriterien werden<br />
Schüler also aufgenommen oder<br />
nicht?<br />
Prinzipiell gelten dieselben Aufnahmeregeln<br />
wie an öffentlichen Gymnasien.<br />
Es gibt keinen prinzipiellen<br />
Ausschlussgrund, nur organisatorische<br />
Überlegungen. Wir sind nicht gegen<br />
eine Religion, aber jede der 16 anerkannten<br />
Religionsgemeinschaften hat<br />
in Österreich das Recht auf eigenen<br />
Religionsunterricht. Das ist ein wahnsinniger<br />
Aufwand im Stundenplan<br />
und vor allem in Kombination mit<br />
dem Pauliner Betreuungssystem fast<br />
nicht machbar. Der Religionsunterricht<br />
würde dann unter Umständen an<br />
einer anderen Schule erteilt werden<br />
müssen, was für die Schülerinnen und<br />
Schüler einer Minderheitenreligion am<br />
Paulinum nicht nur attraktiv ist.<br />
Was machen Schüler ohne Bekenntnis?<br />
Sie wählen einen Religionsunterricht<br />
als Freifach, da sie sich an einer katholischen<br />
Privatschule nicht davon<br />
abmelden können.<br />
Welchen Sinn sieht die Kirche in der<br />
Erhaltung der Privatschule neben der<br />
von Ihnen bereits angesprochenen<br />
Bereitstellung eines offenen Raumes?<br />
Schülerinnen und Schüler des Paulinums<br />
sind durch eine Bildung mit<br />
einer gewissen Geisteshaltung und<br />
einem gewissen Menschenbild gegangen<br />
und haben gelernt, dass das<br />
Übernehmen von Verantwortung Teil<br />
der Aufgabe eines Menschen ist. Wir<br />
hoffen, dass etwas davon ihr weiteres<br />
Leben trägt.<br />
Bildung kann der Staat auch, dafür<br />
braucht es nicht mehr katholische<br />
Privatschulen.<br />
Man muss verstehen, dass katholische<br />
Privatschulen primär aus einer Not<br />
entstanden sind. Kirche hat angefangen,<br />
Kindern, die sonst nicht in die<br />
Schule gehen hätten dürfen, Bildung<br />
zu ermöglichen. Daher war katholische<br />
Privatschule zunächst überwiegend<br />
Mädchenschule, da Mädchen sonst<br />
keine Möglichkeit gehabt hätten, in die<br />
Schule zu gehen. Das Paulinum ist da<br />
eine Ausnahme mit dem Hintergrund,<br />
begabten jungen Männern das Priestertum<br />
zu ermöglichen. Das ist heute<br />
nicht mehr das Ziel. Aber die erste<br />
höhere Schule für Mädchen waren<br />
die Ursulinen. Wenn also eine junge<br />
Frau Matura machen wollte, hatte sie<br />
dazu nur die Möglichkeit in einer katholischen<br />
Privatschule. Insofern war<br />
Kirche Vorreiterin in Sachen Bildung.<br />
Inzwischen übernimmt großteils der<br />
Staat die Bildung. Genauso war Kirche<br />
Vorreiterin bei den Krankenhäusern.<br />
Kirche hat die Aufgabe, an die Ränder<br />
der Gesellschaft zu gehen, gerade<br />
jetzt mit Papst Franziskus. Da stellt sich<br />
die Frage, was „Ränder“ heute bedeutet.<br />
In dem Kontext ist es immer wieder<br />
eine Überlegung, wofür Kirche sich<br />
engagiert und Geld einsetzt. Bildung<br />
ist aber sehr wichtig. Denn es gibt<br />
keinen wirklich neutralen Unterricht,<br />
im Hintergrund befindet sich immer<br />
ein Wertekorsett, und eine katholische<br />
Schule macht sichtbar, welche Werte<br />
das sind. Bei anderen weiß man das<br />
nicht immer.<br />
Das hängt dann zum Beispiel von der<br />
politischen Situation ab.<br />
Zum Beispiel. Gerade den autoritären<br />
Systemen waren die katholischen Privatschulen<br />
immer ein Dorn im Auge,<br />
nicht umsonst haben die Nationalsozialisten<br />
das Paulinum sofort aufgelöst.<br />
Solche Systeme halten keine Schulen<br />
aus, die nicht der Staatsideologie<br />
dienen. Es ist weiterhin die Aufgabe<br />
des Paulinums, eine Schule zu bieten,<br />
die gesellschaftliche Entwicklungen<br />
hinterfragt. Wenn jetzt zum Beispiel<br />
Ausbildung die beste Vorbereitung<br />
für einen Beruf und für die Wirtschaft<br />
bedeutet, dann ist es wichtig, eine<br />
ganzheitliche Schule zu haben, die<br />
über Berufsqualifikationen hinaus<br />
bildet und wo ästhetische Bildung und<br />
Spiritualität einen Wert haben. Damit<br />
entzieht sich der Bildungsbegriff im<br />
Paulinum, von der Idee her zumindest,<br />
ein Stück weit der Effizienzorientierung,<br />
dass Schüler für die Wirtschaft<br />
brauchbar gemacht werden.<br />
Dass der Mensch also nicht instrumentalisiert<br />
wird.<br />
Ganz genau.<br />
Man hört immer wieder von kritischen<br />
Stimmen in Bezug auf Privatschule<br />
innerhalb der Kirche, zum Beispiel<br />
vonseiten Priester …<br />
Es gibt sicher unterschiedliche<br />
Strömungen. Vielleicht hören Sie in<br />
Schwaz, das Paulinum sei eine elitäre<br />
Schule, in die nur die Guten, Reichen<br />
und Schönen hineinkommen würden.<br />
Prinzipiell sehe ich zwei Richtungen<br />
beim Paulinum: Auf der einen Seite<br />
soll es eine wirklich gute Ausbildung<br />
bieten und Jugendliche gut vorbereiten<br />
auf Matura und Berufsleben,<br />
auf der anderen Seite sollen sie auch<br />
geschult werden, Verantwortung zu<br />
übernehmen in sozialer Hinsicht. Das<br />
geschieht zum Beispiel durch die Beschäftigung<br />
mit Menschen, die nicht<br />
auf der Sonnenseite des Lebens sind,<br />
beim Compassion-Projekt, durch das<br />
Engagement für Flüchtlinge, was mindestens<br />
genauso wichtig ist. Christentum<br />
hat immer eine soziale Ambition.<br />
Das lernen Schülerinnen und Schüler<br />
im Paulinum auch, was leider nicht alle<br />
sehen.<br />
“<br />
Es gibt keinen neutralen Unterricht,<br />
im Hintergrund steht<br />
immer ein Wertekorsett.<br />
Pauliner Lehrer müssen sich ja zum<br />
christlichen Glauben bekennen.<br />
Inwiefern ist aber die Einstellung beispielsweise<br />
eines Mathematiklehrers<br />
relevant für seine Beschäftigung am<br />
Paulinum?<br />
Nehmen Sie als Beispiel ein Mathematikbuch<br />
aus der Zeit des Nationalsozialismus.<br />
Da gab es Rechenbeispiele<br />
dazu, wieviel ein Kranker<br />
die Gesellschaft kostet und wieviel<br />
sich diese ersparen kann, wenn sie<br />
kranke Menschen liquidiert. Es gibt<br />
keine wertfreie Mathematik, genauso,<br />
wie es keine wertfreie Geographie,<br />
Beispiel Klimawandel – Leugnen oder<br />
Bejahen, oder kein wertfreies Englisch<br />
gibt. Welche Texte ausgewählt<br />
werden, aus welchen Bereichen die<br />
Beispiele kommen, ist immer von der<br />
gesellschaftlichen Situation und der<br />
Einstellung der Lehrenden beeinflusst.<br />
Auch in der Mathematik kann man<br />
Schüler vernichten oder nicht. Mit<br />
welchem Menschenbild eine Lehrperson<br />
unterrichtet, hat also große Auswirkungen.<br />
Es gibt kein wirklich neutrales<br />
Fach. Daher ist Religion nicht allein<br />
eine Sache von zwei Wochenstunden<br />
der Religionslehrenden, sondern ein<br />
Geist, der die Schule trägt – oder eben<br />
nicht.<br />
Wir kontrollieren bei Lehrpersonen<br />
nicht den Lebenslauf oder den<br />
sonntäglichen Kirchgang, wir fragen<br />
allerdings, ob sich eine Lehrperson mit<br />
einem christlichen Menschenbild identifizieren<br />
kann oder es mies macht.<br />
Wenn jemand an einer katholischen<br />
Privatschule unterrichten möchte,<br />
muss er oder sie ein christliches Menschenbild<br />
mittragen können.<br />
Vielen Dank für das Interview!
<strong>etcetera</strong>.<br />
14 TITELTHEMA<br />
Interview mit Pfarrer Rudolf Theurl<br />
„BLEIBTS MENSCHEN“<br />
Text: Johanna Stüger, Interview: Johanna Stüger, Michael Huber<br />
Immer wieder hört man Kritik am Paulinum von Rudolf Theurl, dem Pfarrer der Schwazer Pfarrgemeinde St. Barbara.<br />
Um den öffentlichen Diskurs anzuregen und Klarheit im Gerüchtedschungel zu schaffen, haben wir diese mit einem<br />
Interview aufgearbeitet.<br />
<strong>etcetera</strong>: Sie sind dafür bekannt, eine<br />
kritische Einstellung in Bezug auf das<br />
Paulinum zu haben. Können Sie uns<br />
Ihren Standpunkt kurz darlegen?<br />
Pfarrer Theurl: Ich beobachte das<br />
Paulinum jetzt seit 47 Jahren, das ist<br />
fast ein halbes Jahrhundert, in denen<br />
es sich sehr stark verändert hat. Dabei<br />
stelle ich mir aber schon die kritische<br />
Frage, ob das immer im Sinne der<br />
Kirche war. Ursprünglich war es die<br />
Kaderschmiede für Priesternachwuchs<br />
und ein Gymnasium für Burschen.<br />
Dann hatte ich den Eindruck,<br />
die Schule hatte zu wenig Burschen,<br />
also hat sie sich auch für Mädchen<br />
geöffnet.<br />
Jetzt haben wir zwei Gymnasien in<br />
Schwaz, das BRG und das Paulinum,<br />
und mitten drin zwei Neue Mittelschulen.<br />
Beide Gymnasien sind ohne Frage<br />
sehr gute Gymnasien, sie sind gleich<br />
gut und haben sehr gute Lehrer, und<br />
Lehrer machen die Schule. Ich habe<br />
einmal gesagt, auch bei den Pauliner<br />
Lehrern gibt es Flaschen. Da hat man<br />
dann gesagt, der Theurl hätte gesagt,<br />
die Pauliner Lehrer seien Flaschen.<br />
Das stimmt nicht und das habe ich nie<br />
gesagt, aber es gibt überall Flaschen,<br />
unter Lehrern wie unter Priestern, wie<br />
überall.<br />
Das Paulinum kann sich die begabtesten,<br />
bravsten, gut geordnetsten<br />
Schüler des Bezirkes aussuchen, die<br />
NMS müssen alles nehmen. Wir sind<br />
in diesen fünfzig Jahren eine sehr<br />
bunte Stadt geworden, wir haben<br />
einen hohen Ausländeranteil, 700<br />
Muslime, 500 Mitglieder der orthodoxen<br />
Kirche und viele Flüchtlinge.<br />
Die Kirche hat einen starken Auftrag,<br />
die Integration der Stadt mitzutragen,<br />
das kann man nicht alleine den NMS<br />
überlassen. Dies gilt vor allem, da das<br />
Wort „Paulinum“ vom Apostel Paulus<br />
kommt, einem innovativen, großen,<br />
starken Apostel. Und wir haben jetzt<br />
einen Papst Franziskus, der immer<br />
wieder sagt, die kirchlichen Einrichtungen<br />
müssten Plätze schaffen und<br />
finanzieren für Menschen, die von den<br />
Rändern der Gesellschaft kommen,<br />
Ihr kommt hingegen eher aus einem<br />
behüteten Milieu.<br />
Ich finde, man muss immer auf die<br />
Etikette schauen. Wir zum Beispiel<br />
von Sankt Barbara, Barbara heißt<br />
„die Fremde“, wir bemühen uns unwahrscheinlich<br />
um die Fremde: Mit<br />
unserem Sozialladen, mit den Besuchen<br />
im Gefängnis, im Flüchtlingsheim<br />
und so weiter. Und das Paulinum heißt<br />
Paulinum, sonst müsstet ihr Euch vielleicht<br />
einen anderen Namen geben,<br />
oder den Franziskus einmal fragen.<br />
Das Paulinum muss stark mithelfen, für<br />
die Integration in Schwaz zu arbeiten,<br />
die ist eher schwieriger, da müssen<br />
wir gemeinsam etwas tun. Die Kirchen<br />
müssen etwas tun und natürlich das<br />
Paulinum als kirchliche Einrichtung.<br />
Wir haben aber auch Flüchtlinge an<br />
unserer Schule.<br />
Anteilsmäßig sind etwa fünf Flüchtlingen<br />
bei circa 600 Schülern gerade<br />
einmal ein Prozent. Ihr bemüht euch<br />
draußen sicher um soziale Projekte,<br />
da bin ich voll überzeugt, wie zum<br />
Beispiel Compassion, und das ist auch<br />
recht so, ihr seid ja nicht arm, das tut<br />
euch nicht weh. Aber da braucht es<br />
sicher mehr! Und das ist so entscheidend,<br />
da ihr später einmal führende<br />
Posten bekleiden werdet, für die man<br />
zuerst einmal die Basis kennen muss.<br />
Ich bin seit elf Jahren im Gefängnis<br />
tätig, ich weiß schon, wie das Leben<br />
läuft. Da erlebe ich zum Beispiel junge<br />
Richter, die über Türken herfahren,<br />
dass es nur so kracht. Die kommen<br />
aus einem höheren Milieu und haben<br />
eine große Verantwortung. Oder im<br />
Krankenhaus, da gibt es Ärzte, für die<br />
gilt jede Person ganz gleich, es gibt<br />
aber auch solche, die eine türkische<br />
Putzfrau nicht einmal grüßen! Dann<br />
frag ich mich, wo ist die Bildung, wo ist<br />
das Herz! Wir brauchen die türkische<br />
Putzfrau genauso wie den Primar!<br />
Das ist nämlich die Zukunft, dass<br />
Schüler so ausgebildet werden, dass<br />
sie nicht hochnäsig werden, sondern<br />
für die Menschen da sind, als Arzt, als<br />
Betriebsführer.<br />
Aber es ist ja meist der Fall, dass<br />
Muslime nicht in eine katholische Privatschule<br />
gehen wollen.<br />
Ja, das kann passieren, aber man<br />
darf sich nicht hinter dieser Sache<br />
verstecken.<br />
Das Paulinum steht anderen Glaubensgemeinschaften<br />
ja prinzipiell<br />
offen, es steht ja nirgendwo, dass
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
15<br />
Muslime nicht ans Paulinum gehen<br />
dürfen, es hat auch noch nie einer<br />
gefragt. Dann müsste man einen<br />
eigenen muslimischen Religionsunterricht<br />
anbieten, da man sich bei uns<br />
nicht vom Religionsunterricht abmelden<br />
kann wie an einer öffentlichen<br />
Schule.<br />
Wäre das ein Problem? Wenn es auf<br />
der Theologischen Fakultät an der<br />
Universität möglich ist, einen eigenen<br />
islamischen Lehrgang mit muslimischen<br />
Lehrern zu haben, dann wird<br />
das wohl auch am Paulinum möglich<br />
sein!<br />
Hat eine katholische Privatschule<br />
noch einen Sinn für Sie?<br />
Mein Bruder war Administrator an der<br />
katholischen Privatschule in Hall, den<br />
Ursulinen, mit dem habe ich viel diskutiert.<br />
Ich glaube, die Frage, ob eine<br />
katholische Privatschule heute noch<br />
Sinn hat, müssen wir an Franziskus<br />
stellen. Und er sagt, wir müssen an<br />
die Ränder der Gesellschaft gehen,<br />
und wir tun das in unserer Pfarre. Wir<br />
gehen ins Gefängnis, ins Altersheim,<br />
ins Krankenhaus, und nicht nur wie<br />
bei Compassion für vierzehn Tage,<br />
sondern ständig, das ist mir ein großes<br />
Anliegen. Wir gehen ins Asylantenheim<br />
und helfen ihnen ganz praktisch,<br />
zum Beispiel mit Fahrrädern. Ihr habt<br />
vielleicht wenig Ahnung, wie Flüchtlinge<br />
leben müssen. Oder gerade jetzt<br />
einmal habe ich von Euch zwei kleine<br />
Pakete fürs Gefängnis bekommen,<br />
das war mir ein bisschen zu wenig<br />
bei fünfhundert Gefangenen. Mutter<br />
Teresa hat gesagt, man soll geben, bis<br />
es wehtut.<br />
“<br />
Das packt der Herrgott<br />
schon, wenn die paar nicht<br />
an ihn glauben.<br />
Es fällt uns auf, dass gerade in der<br />
Oberstufe des Paulinums viele Jugendliche<br />
eine kirchenferne Einstellung<br />
in Bezug auf „Glauben“ haben,<br />
es gibt zum Beispiel einige Atheisten,<br />
wie sehen sie das?<br />
Schaut, was ist schon Atheismus? Ich<br />
erlebe als Pfarrer oft, dass auf der<br />
Straße Leute sagen, sie würden nicht<br />
an Gott glauben. Das packt der Herrgott<br />
schon, wenn die paar nicht an ihn<br />
glauben. Aber wenn jemand aus der<br />
Familie krank ist, wenn man in der Intensivstation<br />
oder der Palliativstation<br />
im Krankenhaus liegt, da erlebe ich<br />
keine Atheisten. Wenn es einem gut<br />
geht, dann kann man leicht sagen,<br />
man glaube nicht an Gott. Das wirkliche<br />
Leben schaut ganz anders aus.<br />
Denn wenn‘ s wo zwickt, wiss‘ ma alle,<br />
wo die Mama isch. lacht<br />
Oft fällt in Bezug auf das Paulinum<br />
das Wort „Scheinheiligkeit“. Können<br />
Sie uns da Beispiele geben?<br />
Früher war es noch Vorschrift, dass<br />
die Pauliner Professoren am Sonntag<br />
in die Kirche gehen müssen. Die paar<br />
Scheinheiligen sind gegangen, kaum<br />
war das aufgehoben, dann habe ich<br />
sie nicht mehr gesehen. Wo ist denn<br />
da die Ehrlichkeit, das Wirkliche? Die<br />
sind nur gegangen, damit sie einen<br />
netten Posten haben, mit den nettesten<br />
Schülern vom Bezirk.<br />
Aber nicht nur bei den Lehrern, auch<br />
bei den Eltern ist es oft nicht stimmig:<br />
Ich kenne manche Ungetaufte in<br />
Schwaz, die bei jeder Gelegenheit<br />
übers Paulinum schimpfen. Und dann<br />
wollen sie doch ihre Kinder dorthin<br />
schicken. Oder es ist mir schon einige<br />
Male passiert, dass welche zu mir<br />
kommen und ihr Kind taufen lassen<br />
wollen. Hintenrum erfahre ich dann,<br />
dass sie das nur wollen, damit ihr Kind<br />
einen Platz im Paulinum bekommt.<br />
Das ist nicht ehrlich, sondern verlogen.<br />
Man soll sich auch nicht mit dem<br />
rühmen, dass man heuer zwei Konfessionslose<br />
aufnehmen wird.<br />
Außerdem schicken viele Eltern ihr<br />
Kind ins Paulinum, damit es nicht<br />
neben einem türkischen Kind in der<br />
Schule sitzen muss. Die Kinder hätten<br />
damit aber kein Problem, das sind nur<br />
die Eltern.<br />
Man muss aber für die Aufnahme<br />
ans Paulinum sicher Kriterien finden,<br />
und in Österreich haben wir ein Notensystem,<br />
das zwar anzweifelbar<br />
ist, am Paulinum jedoch auch für die<br />
Aufnahme entscheidend ist.<br />
Ich will euch zwei Zitate sagen. Ein<br />
sehr erfahrener Mittelschuldirektor<br />
sagte einmal: „Ans Paulinum integrieren<br />
die Reichen!“ Und als mein Bruder<br />
als Administrator zu einem Zillertaler<br />
Hotelier gesagt hat, sie könnten das<br />
Kind wegen des schlechten Zeugnisses<br />
nicht aufnehmen, da meinte der<br />
Zillertaler: „Ja oftan, Herr Professor,<br />
hätten‘s ma des decht friaga gsagt, die<br />
Lehrerin hätt‘ i ma scho grichtet!“<br />
Was ist Ihr persönlicher Bezug zum<br />
Paulinum?<br />
Ich habe schon einen Schlag bekommen,<br />
als ich damals das Eltern-Kind-Zentrum<br />
gebaut habe, zu<br />
der Zeit, als das Paulinum restauriert<br />
wurde. Da ist ins Paulinum unendlich<br />
viel Geld geflossen, während ich<br />
genau 250 Euro bekommen habe. Mir<br />
hat man gesagt, für solche Projekte<br />
sei die Kirche nicht da. Da frage ich<br />
mich schon, ob nicht für junge, alleinerziehende<br />
Mütter mehr Geld da sein<br />
müsste!<br />
“<br />
Denn wenn‘ s wo zwickt,<br />
wiss‘ ma alle, wo die<br />
Mama isch.<br />
Welche Lösung schlagen Sie also vor?<br />
Wir müssen neue Wege gehen. Ich<br />
kann mich nicht erinnern, dass der<br />
Paulus eine Villa gehabt hat in der<br />
Türkei und da Sommer gemacht hat.<br />
lacht Das war er nicht, der war schon<br />
auf dem Weg, bei den Leuten! Und<br />
Franziskus, das Oberhaupt der Katholischen<br />
Kirche, noch über dem Katholischen<br />
Schulamt, ist auch so.<br />
Es ist meine tiefste Überzeugung,<br />
dass es in Zukunft Privatschulen<br />
geben soll, aber diese müssen in der<br />
Trägerschaft von Elternvereinen sein,<br />
die Kirche hat in Zukunft andere Aufgaben,<br />
nämlich an die Ränder der Gesellschaft<br />
zu gehen. Mutter Teresa war<br />
auch Lehrerin an einer Schule für reichere<br />
Mädchen in Kalkutta, und beim<br />
Einkaufen ist sie über die toten und<br />
sterbenden Kinder auf der Straße gefallen.<br />
Und da hat sie gesagt: „Dieses<br />
Leben halte ich nicht mehr aus!“ Sie<br />
hat die Schule aufgegeben und ist auf<br />
die Straße gegangen. Das meint Papst<br />
Franziskus. Die Katholische Kirche hat<br />
andere Aufgaben. Ich bin für Privatschulen,<br />
aber nicht dafür, dass diese<br />
auch von der Kirche finanziert werden.<br />
Wenn einer 600 Euro verdient, und<br />
der andere 6.000 Euro, dann lässt sich<br />
das schon anders finanzieren. Für die<br />
konkrete Umsetzung bin ich nicht zuständig,<br />
aber dies ist sicher auch nicht<br />
Aufgabe der Kirche.<br />
Vielen Dank für das Interview!<br />
Bleibts Menschen,<br />
ge, bleibts Menschen.
W<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
16 TITELTHEMA<br />
Der religiöse Egoismus des Menschen - Ein Denkanstoss<br />
WARUM SOLLTE GOTT AN UNS GLAUBEN?<br />
Text: Johanna Stüger<br />
Der biblische Glaube, dass Gott den<br />
Menschen als sein Ebenbild geschaffen<br />
hat, scheint in einem geozentrischen<br />
Weltbild durchaus vernünftig.<br />
Gott setzte uns demnach in den<br />
Mittelpunkt von allem und betraute<br />
uns mit der Aufgabe, als Herrscher<br />
über allem anderen Leben zu stehen.<br />
So heißt es im 1. Mosebuch – Kapitel<br />
1, Vers 28: „Gott segnete sie und<br />
sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und<br />
mehrt euch und füllt die Erde und<br />
macht sie euch untertan.“ Passt doch<br />
alles wunderbar zusammen, oder?<br />
Da verwundert es auch keineswegs,<br />
dass die Religionsführer not amused<br />
waren, als Nikolaus Kopernikus ein<br />
heliozentrisches Weltbild unter den<br />
Menschen verbreitete. Dabei war<br />
er nicht der erste: Schon einige<br />
große Denker im Alten Griechenland<br />
wussten vom Kreisen der Erde um<br />
die Sonne und der Inder Aryabhata<br />
stellte rund 500 Jahre nach Christus<br />
komplexe Berechnungen dazu an.<br />
Seit Kopernikus hat sich aber einiges<br />
neues Wissen über unsere Stellung im<br />
Universum aufgetan: Auch die Sonne<br />
ist nämlich nicht der Mittelpunkt von<br />
allem, sondern nur ein winziger Stern<br />
am äußeren Teil eines Seitenarmes<br />
einer nicht gerade großen Galaxie<br />
mit etwa 100 Milliarden Sternen, und<br />
Wissenschafter heute gehen von etwa<br />
einer Billion Galaxien im gesamten<br />
Universum aus. (siehe Grafik rechts)<br />
Doch nicht nur örtlich, sondern auch<br />
zeitlich ist unsere Rolle im Universum<br />
unendlich gering: Zur Verdeutlichung<br />
von für uns unvorstellbaren Zeiträumen<br />
soll die Geschichte des Universums<br />
bis heute auf ein Kalenderjahr<br />
umgelegt werden: Am 1. Jänner um<br />
00:00 Uhr ist der Urknall, Anfang September<br />
entstehen Sonne und Erde. Am<br />
Ende desselben Monats entwickeln<br />
sich erste Formen von Leben, erst<br />
Mitte Dezember schwimmen Fische im<br />
Meer. Um den 20. Dezember kommen<br />
Landwirbeltiere hinzu, Dinosaurier<br />
gibt es vom 28. bis zum 30. Dezember.<br />
Am 31. Dezember, wenige Minuten vor<br />
Mitternacht, taucht dann der Mensch<br />
auf. Die gesamte menschliche Kulturgeschichte,<br />
auf die wir ja so stolz<br />
sind, schrumpft im Maßstab dieses<br />
Kalenders auf die letzten Sekunden<br />
vor Mitternacht. Vier Sekunden vor<br />
Mitternacht entsteht das Christentum,<br />
zwei Sekunden davor prägen die<br />
Kreuzzüge das Mittelalter und eine<br />
Sekunde davor löst Martin Luther die<br />
Reformation aus. Und bei Mitternacht<br />
sind wir in der Jetztzeit angelangt.<br />
Doch wie lange wird es uns noch<br />
geben? Würden wir es eine Minute<br />
schaffen, was etwa 26.065 realen Erdjahren<br />
entspricht, dann wäre das fast<br />
schon ein Wunder. Sicher ist jedoch,<br />
dass es den Menschen am zweiten<br />
Jänner schon nicht mehr gibt. Mitte Juli<br />
des neuen Jahres bläht sich die Sonne<br />
schließlich zu einem Roten Riesen auf,<br />
was ihren Untergang einläutet.<br />
Betrachten wir nun einmal ein verbreitetes<br />
Gottesbild vor dem Hintergrund<br />
dieses kosmischen Kalenders: Unser<br />
Schöpfer soll in den unendlichen<br />
Weiten des Universums also nichts<br />
Besseres zu tun gehabt haben, als<br />
sich in Gestalt einer zufällig entstandenen<br />
und bald wieder aussterbenden<br />
Affenart auf so einem Staubkorn wie<br />
unserer Erde zu inkarnieren und dann<br />
gekreuzigt zu werden? Und nun sollte<br />
er sich daran stören, sollte diese affenartige<br />
Lebensform nicht fünfmal am<br />
Tag arabische Sätze aufsagen oder<br />
zu bestimmten Zeiten, die manche<br />
„Sabbat“ nennen, ein Licht anmachen?<br />
Wie größenwahnsinnig und egozentrisch<br />
ist der Mensch eigentlich,<br />
dass er glaubt, das seien absolute<br />
Wahrheiten, für die sich sogar Krieg<br />
lohnt? Welch ein vermessenes Bild<br />
haben wir Menschen von unserem<br />
einerseits so großen Schöpfer, dass<br />
er so eine „kosmische Eintagsfliege“<br />
wie uns „auserwählt“? Dass unser Gott<br />
so viele menschliche Eigenschaften<br />
besitzt, beweist eigentlich, dass er<br />
in dieser Form ein rein menschliches<br />
Konstrukt ist. Das ist ja per se nichts<br />
Schlechtes, würden es uns die Religionen<br />
nicht anders verkaufen, um<br />
wiederum Macht für sich selbst zu<br />
gewinnen. Dabei verliert der Mensch,<br />
der in seiner Denkfaulheit lieber einer<br />
netten Geschichte glaubt, als selbst<br />
Verantwortung zu übernehmen, sein<br />
rationales Denkvermögen.<br />
Der Glaube an einen Gott kann zwar<br />
durchaus Sinn machen, wenn man ihn<br />
aus einem ethischen Gesichtspunkt<br />
betrachtet. Es kann dem Menschen zu<br />
einem besseren Zusammenleben und<br />
einem glücklicheren Leben verhelfen,<br />
eine schützende, liebende Kraft um<br />
sich zu wissen. Welche wirren Gedankengänge<br />
die Religionen aber um<br />
diesen Gott gestrickt haben, entbehrt<br />
größtenteils jeglicher Vernunft. Natürlich<br />
können auch die Religionen für<br />
viele Menschen eine Bereicherung<br />
sein, allerdings sollten ihre Gottbilder<br />
und „Geschichten“ als symbolisch<br />
anstatt tatsächlich, als menschlich<br />
anstatt göttlich aufgefasst werden.<br />
Die Conclusio aus dem Ganzen: Der<br />
Mensch kann an Gott glauben und<br />
Gott kann eine große Rolle in seinem<br />
Leben spielen, aber dass Gott an uns<br />
Menschen glaubt und wir für „ihn“<br />
ebenso bedeutend sind wie der<br />
Glaube an ihn für uns, ist ein ebenso<br />
unvernünftiger wie auch egoistischer<br />
und (größen-) wahnsinniger Gedanke.<br />
Bedenken wir nur den oben vorgestellten<br />
kosmischen Kalender oder<br />
werfen einen Blick in die Weiten des<br />
Universums, dann relativiert sich vieles<br />
wieder und wir werden BESCHEIDEN.<br />
Warum sollte also Gott an uns<br />
glauben? Nur damit weltliche Religionsführer<br />
Macht in die Hände gespielt<br />
bekommen.<br />
Viele Ideen und Formulierungen in<br />
diesem Artikel sind an das sehr empfehlenswerte<br />
Buch Keine Macht den<br />
Doofen. Eine Streitschrift von Dr. phil<br />
Michael Schmidt-Salomon angelehnt,<br />
in dem er zum Widerstand gegen den<br />
Irrsinn unserer Zeit aufruft.
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
17<br />
Winzigkeit der Erde im Universum<br />
Kommentar<br />
DIE RETTER DES<br />
CHRISTLICHEN<br />
ABENDLANDES<br />
Text: Johanna Stüger<br />
Heute auf Facebook begegnete mir<br />
ein Ausschnitt aus einem Südtiroler<br />
Boulevardblatt mit der Headline: Die<br />
kleine Nichte missbraucht: Mann<br />
muss 8 Jahre ins Gefängnis. Ein<br />
Mann hat dieses Bild gepostet, versehen<br />
mit dem Text „Zu wenig! Eier<br />
abschneiden!“<br />
Vorfälle wie dieser begegnen mir<br />
beinahe täglich: Leute quer durch<br />
alle Altersschichten mokieren sich<br />
über zu geringe Strafen bei Gewaltdelikten<br />
und fordern ein rigoroseres<br />
Vorgehen. Vor allem gerichtliche<br />
Urteile über Ausländer können ihnen<br />
nicht scharf genug sein.<br />
Einer meiner Freunde hat dann darunter<br />
gepostet: Wer von Euch – in<br />
dieser grauenvollen Sachlage – für<br />
„Eier ab“ ist, der wird konsequenterweise<br />
auch Steinigung bei Ehebruch<br />
und Handabhacken bei Diebstahl<br />
fordern. Und genau das finde ich<br />
hochinteressant: Es sind genau diese<br />
vermeintlichen Retter des christlichen<br />
Abendlandes, die das gleiche<br />
undemokratische Rechtssystem<br />
wie etwa das der saudi-arabischen<br />
Scharia-Auslegung herbeisehnen,<br />
um unsere christlichen Werte zu<br />
verteidigen.<br />
Na dann, frohe Ostern, christliches<br />
Abendland!
<strong>etcetera</strong>.<br />
18 TITELTHEMA<br />
„So wahr mir Gott helfe“<br />
POLITIK IM NAMEN GOTTES<br />
Text: Verena Deutsch<br />
Ein Blick in unsere Vergangenheit<br />
reicht, um zu erkennen, welcher<br />
Schaden bereits mit Religion angerichtet<br />
wurde. Jahrhunderte hindurch<br />
tötete die Menschheit im Namen<br />
irgendeines Gottes. Auch das Christentum<br />
richtete allein mit den Kreuzzügen<br />
unwiderruflichen Schaden an<br />
der Bevölkerung und der Geschichte<br />
an. Hexenverbrennungen oder Hinrichtungen<br />
aufgrund von Ketzerei<br />
gehörten für die Kirche zum Alltag und<br />
forderten unzählige Menschenleben.<br />
Bis hin zum Zweiten Weltkrieg, als aus<br />
krankhafter Angst vor einer Religion<br />
Massenvernichtungen vonstattengingen,<br />
wurde der Begriff Religion missbraucht.<br />
Mittlerweile hält die Republik<br />
Österreich Politisches und Staatliches<br />
von religiösen Einflüssen fern. Man<br />
möge meinen, die Vergangenheit hat<br />
uns endlich bekehrt. Uns eines Besseren<br />
gelehrt. Doch man muss nicht<br />
weit in die Welt hinausblicken, um zu<br />
erkennen, dass wir eben nicht bekehrt<br />
wurden. Dass die Vergangenheit uns<br />
eben nichts gelehrt hat.<br />
„So wahr mir Gott helfe“ – dieser<br />
Spruch war klar und deutlich auf den<br />
Wahlplakaten des FPÖ-Politikers<br />
Norbert Hofer auszumachen, als<br />
der Bundespräsidentenwahlkampf<br />
in Österreich voriges Jahr Jahres in<br />
die letzte Runde ging. Es wurde versucht,<br />
die Menschen mit Hilfe ihrer<br />
religiösen Zugehörigkeit zum Wählen<br />
zu mobilisieren. Es wurde damit spekuliert,<br />
dass genügend überzeugte<br />
und wahlberechtigte Christen den<br />
freiheitlichen Politiker wählen würden.<br />
Es wurden Mittel angewendet, welche<br />
die Aufgabe hatten, die Menschen mit<br />
Hilfe ihrer religiösen Überzeugung zu<br />
beeinflussen und zu steuern. Dass<br />
Wahlkampf immer mit Manipulation in<br />
Zusammenhang steht, ist nicht überraschend.<br />
Doch die Mittel, zu denen hier<br />
gegriffen wurde, sind sehr zweifelhaft.<br />
Ein weiteres und vermutlich noch<br />
viel drastischeres Beispiel ist auf der<br />
anderen Seite des Atlantiks vorzufinden.<br />
Man schrieb den 20. Jänner 2017,<br />
als die Welt nach Washington blickte<br />
und die Angelobung des 45. Präsidenten<br />
der Vereinigten Staaten von<br />
Amerika mitverfolge. Donald Trumps<br />
Absichten, seine Pläne, seine Ziele<br />
und wahnwitzigen Ideen: Alles wurde<br />
unter den Schutz Gottes gestellt. Gott<br />
möge ihn unterstützen, Gott möge<br />
helfen, „America great again“ zu<br />
machen. Auch hier wird mit den gleichen<br />
Mitteln gekämpft. Mit Hilfe der<br />
Religion versucht der neue US-Präsident,<br />
seine Ziele zu rechtfertigen. Die<br />
politische Zugehörigkeit wird mit den<br />
innersten Werten der Menschen manipuliert.<br />
Ganz nach dem Motto: Wenn<br />
Gott Trump unterstützt, müssen wir ihn<br />
auch unterstützen.<br />
Ich selbst begann mich zu fragen:<br />
Kann ich stolz darauf sein, Teil einer<br />
Religion zu sein, welche von solchen<br />
Menschen missbraucht wird? Will ich<br />
überhaupt der gleichen Religion angehören,<br />
auf dessen Schutz sich ein<br />
Herr Trump beruft? Soll ich zu Leuten<br />
gehören, die bestärkt von „christlichen<br />
Werten“ und allein aufgrund von Religion<br />
politische Ideen, denen ich mehr<br />
als abgeneigt bin, unterstützen?<br />
All dies sind Fragen, die nur jeder für<br />
sich selbst beantworten kann. Es zeigt<br />
sich, dass Glaube und Religion nicht<br />
das Gleiche sind. Ja, ich glaube an<br />
den christlichen Gedanken. Doch in<br />
Momenten, in denen Trump stolz das<br />
Wort „Gott“ in den Mund nimmt oder<br />
ich an den bereits angesprochenen<br />
Wahlplakaten vorbeigehe, bin ich<br />
mir nicht mehr sicher, ob ich auf dem<br />
Blatt Papier wirklich eine Christin sein<br />
möchte.<br />
Für mich steht außer Frage, dass<br />
eine politische Manipulation mit Hilfe<br />
von Religion niveaulos ist. Religiöse<br />
Zugehörigkeit ist eine persönliche<br />
Entscheidung, welche in staatlichen<br />
und politischen Angelegenheiten in<br />
der heutigen Zeit absolut nichts mehr<br />
zu suchen haben sollte.
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
19<br />
Spruchreife Zitate aus Bibel, Koran und Herr der Ringe<br />
QUIZ ZUM AUSFÜLLEN<br />
Text: Selina Lintner, Lea Schwaiger<br />
„Der Koran ist ein Schriftstück, in dem es von brutalen Texten und blutigen Versen nur so wimmelt, die Bibel hingegen ist<br />
ein Werk berstend voll von Nächstenliebe, Toleranz und Aufgeklärtheit.“<br />
Dies sind gängige Vorurteile gegenüber Bibel und Koran, doch beide Schriften enthalten sowohl (für heutige Verhältnisse)<br />
radikal anmutende und entsetzliche als auch friedliche und sehr berührende Texte. Oft wird der Koran als „gewaltverherrlichend“<br />
angekreidet, die Bibel ist jedoch auch nicht wirklich „heilig“, wenn es um Unterdrückung oder Bestrafungen geht.<br />
Es hängt immer davon ab, wie Verse übersetzt und interpretiert werden. Leider gibt es sie nicht: Die perfekte, 100 Prozent<br />
gewaltfreie, tolerante, gleichberechtigende Religion ist nur eine Utopie in unseren Köpfen.<br />
Wer wirklich mehr erfahren will, an was GENAU er/sie glaubt, dem wird wärmstens ans Herz gelegt, die Heilige Schrift<br />
seiner Religion zu lesen und auch in den Manifesten anderer Religionen zu schmökern, denn mehr wissen schadet nie.<br />
Euer Wissen über Zitate aus Koran und Bibel könnt ihr in folgendem Quiz testen. Damit es etwas schwieriger wird, haben<br />
wir auch Teile aus J.J.R. Tolkiens „Herr der Ringe“ eingeführt, und ihr werdet sehen, dass man von Vorurteilen schnell auf<br />
eine falsche Fährte gelockt wird.<br />
(Anm. d. Red.: Wir wollen keinesfalls eine bestimmte Religion schlechtmachen, sondern nur zeigen, wie wenig über<br />
manche Inhalte bekannt ist).<br />
Zitat Bibel Koran Herr der Ringe<br />
1. „Eine Frau soll sich in Ruhe und Unterwerfung belehren lassen“<br />
2. „Die Tinte des Gelehrten und das Blut des Märtyrers haben vor dem Himmel<br />
den gleichen Wert.”<br />
3. „Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen<br />
das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem<br />
Todesurteil bei der Hand.”<br />
4. „Wenn du meinen Befehlen nicht gehorchst und meine Gesetze verabscheust,<br />
wirst du das Fleisch deiner eigenen Söhne und Töchter essen.“<br />
5. „Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen.“<br />
6. „Meine Freunde, ihr verneigt euch vor niemandem.“<br />
7. „Niemals werde ich dir meine Hilfe entziehen, nie dich im Stich lassen.“<br />
8. „Wenn jemand das Rechte tut, so tut er es für sich selbst; und wenn jemand<br />
Böses tut, so handelt er gegen sich selbst.“<br />
9. „So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die<br />
keine Jungfrau mehr sind, aber die Mädchen, die unberührt sind, lasst für euch<br />
leben.“<br />
10. „Wer seine Freundlichkeit verliert, verliert seine Religiosität.“<br />
11. „Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten“<br />
12. „Mut findest du, wo du ihn am wenigsten erwartest“<br />
13. „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt<br />
nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht ungebärdig, sie suchet<br />
nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie<br />
freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit.“<br />
LÖSUNGEN<br />
Bibel: 1. 3. 5. 9. 11. 13.<br />
Koran: 2. 8. 10.<br />
Der Herr der Ringe: 3. 6. 12.
20 TITELTHEMA<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
Wie lebt es sich als<br />
PRIESTERKIND?<br />
Text: Ruth Hochenwarter<br />
Was, dein Papa ist Priester? Ihr seid<br />
evangelisch, oder? Dieser einen Frage<br />
müssen sich Kinder von Priestern des<br />
Öfteren stellen. Dann gilt es freundlich<br />
lächelnd zu erklären, dass man sehr<br />
wohl katholisch sei. Und ja, der Papa<br />
ist Pfarrer.<br />
Für viele ist das erstmals ein kleiner<br />
„Schock“, weil es doch das Zölibat<br />
gibt.<br />
Zölibat, das oder der<br />
religiös begründete Standespflicht,<br />
besonders der katholischen Geistlichen,<br />
sexuell enthaltsam zu leben<br />
und nicht zu heiraten<br />
Begründet wird die freie, zölibatäre<br />
Lebensweise damit, dass das Vorbild<br />
Jesu Christi selbst unverheiratet und<br />
enthaltsam gelebt hat und in seinem<br />
Namen zur Nachfolge aufruft. Obwohl<br />
im neuen Testament keine Rede<br />
von einer Ehe Jesu ist, sind manche<br />
dennoch der Meinung, dass Jesus wie<br />
alle Juden auch verheiratet gewesen<br />
sei. Mit der Begründung, dass zur<br />
Zeit Jesu Christi die ehelos lebende<br />
Gemeinschaft der Essener existierte,<br />
widerlegen Historiker und Theologen<br />
die Theorie einer Ehe Jesu.<br />
Das Zölibat wäre also die Grundlage<br />
eines Priesteramtes. Wie kommt<br />
es dennoch dazu, dass der Begriff<br />
„Priesterkinder“ in Gesprächen nicht<br />
selten fällt? Laut einer Studie aus<br />
dem Jahre 2012 gibt es in Österreich<br />
rund 500 sogenannte Priesterkinder.<br />
Manche dürfen ihren biologischen<br />
Vater nie kennenlernen oder müssen<br />
mit der Lüge leben, der Papa sei nach<br />
Amerika ausgewandert.<br />
Im Zuge unseres Titelthemas wurden<br />
uns im Rahmen eines Interviews mit<br />
Lisa* (18) Einblicke in ein doch so<br />
normales, lustiges und offenes Familienleben<br />
einer Familie mit einem katholischen<br />
Priester als Vater gewährt.<br />
Doch wie kommt es dazu?<br />
Die Eltern kennen sich, seit sie Teenager<br />
waren und obwohl der Vater<br />
nach seinem Schulabschluss die<br />
Priesterausbildung begann, kamen<br />
die beiden zusammen. Es war dem<br />
Paar klar, dass eine Heirat unmöglich<br />
ist. Als sich später Lisa ankündigte,<br />
wollte ihr Vater ihr zuliebe aus der<br />
Kirche austreten, gleichzeitig konnte<br />
er sich aber nicht vorstellen, seinen<br />
Job aufzugeben. So war das ein oder<br />
andere klärende Gespräch nötig und<br />
schließlich wurde die Lebenssituation<br />
so akzeptiert, wie sie ist: ein Priester,<br />
der mit Kind und Frau zusammenlebt.<br />
Eine Sache wollte Lisa von vornherein<br />
klarstellen, nämlich die Tatsache, dass<br />
sie nicht im Widum leben! Das sei eine<br />
der am häufigsten gestellten Fragen,<br />
wenn jemand erfährt, dass ihr Vater<br />
Priester ist. Lisas Vater ist nicht in<br />
derselben Pfarrgemeinde tätig, in der<br />
die Familie lebt und das scheint für sie<br />
von Vorteil zu sein. Lisa erzählt, dass<br />
besonders ältere Damen und Herren,<br />
die streng konservativ aufgewachsen<br />
sind, wenig Verständnis für ihre<br />
Lebenssituation hätten. Ihre Freunde<br />
sowie generell junge Menschen hätten<br />
eine offenere Einstellung und würden<br />
sie als ganz normales Mädchen in einer<br />
ganz normalen Familie sehen. Einmal<br />
hätte sie die Messe in der Pfarre ihres<br />
Vaters besucht, wo sie dem einen<br />
oder anderen sofort aufgefallen und in<br />
der Bank hinter ihr getuschelt worden<br />
wäre.<br />
“<br />
Die Kirche hat das natürlich<br />
nicht gut gefunden, aber<br />
was soll man machen, ich<br />
bin halt einmal da!<br />
Lisa findet jedoch, dass es zu weit<br />
ginge, wenn die Mutter oftmals als die<br />
Schuldige bezichtigt wird. Die Frauen<br />
würden ja die armen Priester verführen.<br />
„Ich kann nur sagen, dass es bei
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
21<br />
meinen Eltern nicht so war“, betont<br />
sie. Dennoch hätte sich der Beruf ihres<br />
Vaters noch nie negativ auf ihr Leben<br />
oder ihren schulischen Werdegang<br />
ausgewirkt.<br />
Mein Papa ist<br />
“<br />
immer offen<br />
und erzählt einer neuen<br />
Gemeinde, dass er ein<br />
Kind hat und ob das ein<br />
Problem für sie sei.<br />
Bis jetzt habe es noch nie Probleme<br />
gegeben. Wenn die Gemeinde seine<br />
Lebensumstände nicht akzeptieren<br />
würde, dann wäre er eben woanders<br />
Priester geworden.<br />
Vielen stellt sich dabei schon die<br />
nächste Frage. „Wohnst du mit deinem<br />
Papa zusammen unter einem Dach?“<br />
Lisa erzählt mir, dass sie alle zusammenwohnen<br />
würden, ihr Vater aber<br />
dennoch nur zweimal in der Woche<br />
zuhause sei und die restliche Zeit in<br />
einer Wohnung im Ort seiner Pfarre<br />
verbringen würde.<br />
„Das ist aber nur, damit er nicht immer<br />
pendeln muss. Die Kirche hat ihm<br />
das nicht vorgeschrieben, wie viele<br />
denken“, erklärt mir Lisa. Daher würde<br />
sie sich umso mehr freuen, wenn ihr<br />
Papa zuhause ist. Lisa erzählt mir, dass<br />
sie oft gefragt werde, was ihr Papa<br />
den ganzen Tag mache.<br />
„Das Klischee des Priesters ist anscheinend<br />
immer noch, dass er den<br />
ganzen Tag in der Bibel liest, betet<br />
und keine Hobbys hat.“ Denn auch die<br />
Frage nach der Freizeitbeschäftigung<br />
werde ihr nicht selten gestellt. „Ja natürlich<br />
hat er Hobbys, er ist sportlich,<br />
geht gerne Rad fahren und war auch<br />
schon oft paragleiten.“<br />
Besonders interessant war zu hören,<br />
dass sich viele das Leben in einer<br />
Familie mit einem Papa als Priester<br />
streng, heilig und betend vorstellen.<br />
Wichtig war ihr daher richtigzustellen,<br />
dass ein Pfarrer auch ein ganz normaler<br />
Mensch ist.<br />
„Und nein, wir haben keinen heiligen<br />
Platz zuhause, den man anbeten muss,<br />
wenn man unsere Wohnung betritt. Ich<br />
werde auch total oft gefragt, ob ich<br />
auch ‚so‘ sei. Aber was heißt ‚so‘?“<br />
Lisa ist ein ganz normales Mädchen<br />
und ob sie nun die „typischen“ Charaktereigenschaften<br />
eines Priesterkindes<br />
hat, wisse sie nicht.<br />
„Ich weiß, dass es andere Priester<br />
gibt, die Freundinnen haben, aber<br />
von anderen Kindern weiß ich nichts<br />
und kann mich daher auch nicht<br />
‚vergleichen‘.“<br />
Doch nicht jedes Kind hat das Glück,<br />
ein so normales Familienleben zu<br />
führen. Früher wurden jene Kinder oft<br />
verstoßen, heimlich aufgezogen oder<br />
weggegeben und auch heute gibt es<br />
noch Kinder, die ihren leiblichen Vater<br />
nie kennenlernen dürfen. Manchmal<br />
kommt es dabei sogar vor, dass den<br />
Priestern verschwiegen wird, dass sie<br />
Vater sind. So stellt sich dem ein oder<br />
anderen wohl langsam die Frage, aus<br />
welchem Grund es das Zölibat noch<br />
gibt? Was bewegt den modernen<br />
Menschen von heute dazu? Hat ein<br />
„Gesetz“, dessen Grundlage tausende<br />
Jahre zurückliegt, überhaupt noch<br />
Zukunft? Genauere Auseinandersetzung<br />
mit dieser Frage würde jedoch<br />
den Rahmen dieses Artikels sprengen.<br />
Darüber hinaus muss erwähnt werden,<br />
dass es jedem selbst überlassen<br />
ist, wie er sein Leben leben will. Ob<br />
sich nun jemand für das Zölibat, eine<br />
vegane Ernährung oder ein Leben<br />
im Minimalismus entscheidet, alles in<br />
allem ist es doch eines jeden Einzelnen<br />
Entscheidung und sollte daher<br />
auch respektiert werden.<br />
“<br />
Außerdem fährt er mit mir<br />
wirklich JEDE Achterbahn!<br />
Lisa wünscht sich von der katholischen<br />
Kirche ein bisschen mehr Offenheit.<br />
„Ich finde nicht, dass das Zölibat aufgehoben<br />
werden muss, aber es sollte<br />
den Priestern selber überlassen sein,<br />
ob sie zölibatär leben wollen oder<br />
nicht. Wenn die Kirche in ein paar Angelegenheiten<br />
offener wäre, wäre das<br />
sicher ein Fortschritt!“<br />
*Name von der Redaktion geändert<br />
RELIGIÖSE SYMBOLE AN<br />
ÖFFENTLICHEN PLÄTZEN<br />
Text: Anna Sophia Tschuggnall,<br />
Elisabeth Fischer<br />
Bei uns denkt man sich nicht viel<br />
dabei, wenn in einem Klassenraum<br />
ein Kreuz hängt. Als Bischöfliches<br />
Privatgymnasium ist dies aber<br />
auch nicht ungewöhnlich. Wären<br />
wir jedoch in einer anderen Schule<br />
und hätten eine andere Religion,<br />
würden wir das wahrscheinlich<br />
nicht akzeptieren. Wie würdest du<br />
reagieren, wenn in deiner Klasse<br />
ein Halbmond hängen würde?<br />
Erst kürzlich hat der Europäische<br />
Gerichtshof beschlossen, dass<br />
Unternehmen ihren Mitarbeitern<br />
verbieten dürfen, ein Kopftuch zu<br />
tragen. Nun wird stark diskutiert,<br />
ob Christinnen und Christen ihren<br />
Hals mit einem Kreuzanhänger<br />
schmücken dürfen. Vielen Menschen<br />
ist es sehr wichtig, ein religiöses<br />
Symbol bei sich zu haben. Die<br />
Debatte nun ist folgende: Dürfen<br />
Christen ihre Religion öffentlich<br />
zeigen, aber Muslime nicht? Und<br />
kann man ein kleines Kreuz mit<br />
einem Kopftuch vergleichen?<br />
Nehmen wir einmal an, wir sind<br />
Muslime. Wir gehen in die örtliche<br />
Mittelschule in eine Klasse, die<br />
überwiegend aus Menschen christlichen<br />
Glaubens besteht. In dem<br />
Klassenzimmer hängt ein Kreuz<br />
und wenn wir einmal einen Halbmondanhänger<br />
tragen, werden<br />
wir als Extremisten abgestempelt.<br />
Zurück in die Realität: Wir persönlich<br />
würden es nicht gutheißen,<br />
wenn in unserer Schule die Kreuze<br />
abgehängt werden würden, wir<br />
gelten jedoch dann gleich als intolerant<br />
und rassistisch.<br />
Eine gute Lösung wäre sicher,<br />
wenn in öffentlichen Schulen<br />
Toleranz vorgelebt wird und muslimische<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
genauso akzeptiert wie Klassenkameraden<br />
anderer Religionen<br />
werden würden.
22 TITELTHEMA<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
Wenn sich Profisportler zur Religion bekennen<br />
DER GLAUBE UND DER SPORT<br />
Text: Andreas Hörmann<br />
Wie stark ist der Glaube von Leistungssportlern ausgeprägt und wie sehr benötigen ihn die topbezahlten Athleten? Besonders<br />
in Zeiten der Verletzungen oder des Misserfolgs ist auch der Glaube gefragt. Der eine betet vielleicht vor dem<br />
Spiel zu Gott, der andere glaubt einfach an sich selbst und an seine Qualitäten. Jeder Sportler muss, um erfolgreich<br />
zu sein, zumindest an sich selber glauben, denn genau das zeichnet die Besten der Besten über weite Strecken aus.<br />
Es gibt unendlich viele Beispiele aus<br />
der Welt des Sports, die zeigen, dass<br />
auch die Stars ihres Faches mal ein<br />
kurzes Stoßgebet zum Himmel schicken,<br />
um Gott für einen erfolgreichen<br />
Arbeitstag zu bitten. Jeder hat diese<br />
Posen schon einmal beobachtet, aber<br />
was ist mit Spielern, die man nie in auf<br />
den Knien betend am Rasen verweilen<br />
zu Gesicht bekommt. Heißt das, dass<br />
diese Akteure nicht glauben? Womöglich<br />
nicht an Gott, Allah oder an wen<br />
auch immer. Meistens glauben diese<br />
Menschen sehr stark an sich selbst<br />
und das hilft mindestens gleich viel,<br />
wie wenn man den Vater im Himmel<br />
um Hilfe ersucht. Der Glaube und der<br />
Sport gehen also Hand in Hand. Schon<br />
in der Bibel (Phil 3,4) steht geschrieben:<br />
„eines aber tue ich: Vergessend<br />
was dahinten, und mich ausstreckend<br />
nach dem, was vorn ist, jage ich, das<br />
Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis<br />
der Berufung Gottes nach oben<br />
in Jesus Christus.“<br />
Ich möchte euch, werte Leserinnen<br />
und Leser, ein weiteres Beispiel vor<br />
Augen führen. Stellt euch nun vor, ihr<br />
steht im Starthaus der weltbekannten,<br />
brutalen Ski-Rennstrecke in Kitzbühel.<br />
Euch stockt der Atem und ihr habt<br />
Angst. Wäre euer Glaube – an euch<br />
selbst oder an Gott – stärker als die<br />
Angst vor einem Sturz oder einer<br />
Blamage? Rennfahrer müssen also<br />
einen gewaltigen Glauben an sich<br />
selbst haben. Daher muss man jedem<br />
gratulieren, der sich wagemutig dem<br />
heißen Tanz auf der „Streif“ in der<br />
Gamsstadt stellt.<br />
„Der Fußballgott hat es gut mit uns<br />
gemeint!“ Diese Aussage hört man<br />
nur zu oft nach diversen Matches.<br />
Doch was oder wer ist damit eigentlich<br />
gemeint: Ist es ein alter Herr, der<br />
mit einem FC-Bayern-Trikot auf einer<br />
Wolke sitzt? Schlussendlich ist ein<br />
positives Resümee nach einer Partie<br />
immer dem Glauben an sich selbst,<br />
der Leistung und der Taktik zuzuschreiben.<br />
Für mich ist der Fußballgott<br />
ein Symbol oder eine Metapher für<br />
den Glauben einer Mannschaft an sich<br />
selbst und dass man jede Herausforderung<br />
bewältigen kann. Wenn einem<br />
Team das tatsächlich gelingen sollte,<br />
sprechen wir hier vom Phänomen<br />
„Fußballgott“.<br />
Der Glaube ist also eigentlich wie<br />
ein Training: Man kann nicht sofort<br />
die ganze Distanz laufen, kann nicht<br />
gleich alle Antworten finden. Doch<br />
wenn man nicht an sich glaubt, dann<br />
wird man schnell das Ziel aus den<br />
Augen verlieren. Also ist der Glaube<br />
beim Sport essenziell.<br />
Sport als Religionsersatz?<br />
Im Sport fließen oft Qualität und<br />
Glaube zusammen. Wenn dies passiert,<br />
ergibt das unterm Strich eine<br />
gute Leistung und viele Menschen<br />
verehren die Sportler dann oft wie<br />
Heilige. Sport und Körperkult mag für<br />
viele Menschen auf der Welt bereits<br />
eine Ersatzreligion geworden sein,<br />
doch ein Religionsersatz wird der<br />
Sport nie sein können.<br />
Viele Sportler haben in der Vergangenheit<br />
mit schweren Verletzungen zu<br />
kämpfen gehabt. Zweimal hintereinander<br />
hat er sich schon das Kreuzband<br />
gerissen, ein zu frühes Comeback<br />
war die Folge eines weiteren Kreuzbandrisses.<br />
Bereits zehn Minuten<br />
nach seiner langersehnten Rückkehr,<br />
musste der damals 18-jährige Fußballspieler<br />
Simon Pirkl ausgewechselt<br />
werden. Auch er hat an sich geglaubt<br />
und ist stark zurückgekommen.
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
23<br />
DIE GRENZEN DER TOLERANZ<br />
Text: Andreas Hörmann, Illustration: Maria Grubinger<br />
Ich möchte meinen Artikel mit einem<br />
typischen Beispiel aus dem Altag<br />
unserer modernen Gesellschaft beginnen.<br />
Du sitzt in der U-Bahn oder<br />
im Zug und neben dir ist eine unbekannte<br />
Person, die so laut Musik hört,<br />
dass du schon überlegst, ob du dir<br />
einen anderen Sitzplatz suchst. Doch<br />
was, wenn kein anderer Platz frei ist?<br />
Dir bleibt nichts anderes übrig, als<br />
den Lärm zu ertragen, doch gutheißen<br />
würdest du die Unruhe sicherlich nicht.<br />
Es gibt unendlich viele Beispiele, die<br />
den Unterschied zwischen Akzeptanz<br />
und Toleranz offen legen. Doch was<br />
sind eigentlich Akzeptanz oder Toleranz<br />
genau?<br />
Akzeptanz heißt, dass man eine<br />
Lösung oder eine Tatsache für gut<br />
erachtet oder diese unterstützt. Viele<br />
Menschen in unserer Gesellschaft<br />
denken, dass Toleranz und Akzeptanz<br />
etwas ähnliches oder gar dasselbe<br />
sind, doch dem ist nicht so. Wenn<br />
man etwas oder auch eine Personengruppe<br />
nur toliert, dann heißt das,<br />
dass man etwas oder einen Menschen<br />
nur gerade noch so ertragen kann, ihn<br />
also eigentlich sogar beleidigt. Wenn<br />
zum Beispiel jemand sagt, dass die<br />
Sonne am Ende des Tages ins Meer<br />
fällt, muss man diese Meinung in<br />
einer gegenwärtigen Gesellschaft tolerieren,<br />
doch als rational denkender<br />
Mensch kann man diese Aussage keineswegs<br />
akzeptieren, also gutheißen.<br />
Doch für alles gibt es Grenzen. So wie<br />
es Staats- oder Stadtgrenzen gibt, so<br />
gibt es auch Grenzen der Toleranz.<br />
Eine Grenze verläuft zwischen dem<br />
was man nicht tolieren darf und dem<br />
was man tolerieren sollte. Die zweite<br />
Grenze teilt Toleranz und Akzeptanz.<br />
Man muss also unterscheiden zwischen<br />
dem was man tolerieren muss<br />
und dem was man nicht tolerieren darf.<br />
Die offene Gesellschaft &<br />
ihr Aufbau<br />
Offene Gesellschaft – was ist das?<br />
Diese zwei Wörter fallen in letzter<br />
Zeit immer öfter. Doch was ist das eigentlich,<br />
die offene, moderne Gesellschaft?<br />
Die Grundlage der offenen Gesellschaft<br />
ist Demokratie. Doch diese<br />
haben wir, genauso wie Meinungs-,<br />
Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit,<br />
bereits erreicht. Zukunftmusik ist<br />
es jedoch, endlich Randgruppen und<br />
Minderheiten nicht nur zu tolerieren,<br />
sondern auch zu akzeptieren. Auch<br />
die Trennung von Staat und Religion<br />
spielt in dieser Konstruktion der modernen<br />
Gesellschaft, der wir uns in<br />
kleinen Schritten annähern müssen,<br />
eine wichtige Rolle. Da aber die religiösen<br />
Werte auch in Österreich immer<br />
noch in der Verfassung verankert<br />
sind, wird dieses Unterfangen äußerst<br />
difficil. In der offenen Gesellschaft<br />
sollte, nein muss religiöse Neutralität<br />
oberste Priorität haben. Viele dieser<br />
Ziele konnten wir schon ad acta legen,<br />
allerdings ist es noch ein weiter Weg<br />
den wir zur modernen, offenen Gesellschaft<br />
meistern müssen. Der Aufbau<br />
der modernen Gesellschaft lässt sich<br />
aber auch leicht anhand von vier<br />
Säulen erklären:<br />
● Individualismus: Gesamtheit aller<br />
Merkmale, die einen von einer<br />
anderen Person unterscheiden<br />
● Egilatarismus: Selber Anspruch auf<br />
Rechte für alle (Machtkontrolle)<br />
● Liberalismus: Freiheit für alle<br />
● Säkularismus: Trennung von Staat<br />
und Religion<br />
Aber warum ist es jetzt so wichtig,<br />
dass wir uns bald schon moderne,<br />
offene Gesellschaft nennen dürfen?<br />
Wenn man jetzt über die Probleme<br />
in unserer Gesellschaft nachdenkt,<br />
kommen einem viele Gedanken in den<br />
Sinn, zum einen muss man natürlich<br />
die Begriffe Toleranz und Akzeptanz<br />
wieder ins Spiel bringen, zum anderen<br />
sollte man sich fragen warum diese<br />
Probleme zu solchen geworden sind.<br />
Andersfarbige, Homosexuelle, Menschen<br />
anderer Konfessionen sollten<br />
akzeptiert anstatt nur toleriert zu<br />
werden. Das wäre ein Schritt in die<br />
richtige Richtung. Es schmerzt mich<br />
zu wissen, dass viele Mitglieder in<br />
unserer Gesellschaft denken, dass sie<br />
mehr Recht auf Glück, Besitz, Freiheit<br />
und Familie hätten als andere. Vergessen<br />
wir nicht: Jeder ist von Natur aus<br />
gleich. Diese Probleme gehen uns alle<br />
etwas an. Darum ist es so wichtig diese<br />
vorhandenen, ungelösten Aufgaben<br />
zu bewältigen und sich gemeinsam<br />
dem Gesellschaftsidol zu nähern. Es<br />
wird Zeit einen Meilenstein zu setzen.<br />
Genaueres kann im Buch „Die Grenzen<br />
der Toleranz“ von Michael Schmidt-Salomon<br />
nachgelesen werden. Dieses<br />
Buch kann ich euch nur empfehlen!
24 TITELTHEMA<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
VIER SCHÜLER - VIER ANSICHTEN<br />
Text: Johanna Stüger, Interview: Selina Lintner, Carina Prem, Lea Schwaiger<br />
Vier Schüler – zwei Oberstufe,<br />
zwei Unterstufe, je einer eher<br />
„gläubig“, je einer eher „ungläubig“<br />
im katholischen Sinne<br />
– beantworten kurz und bündig<br />
unsere Fragen zum Titelthema<br />
Glaube – Kirche – Religion.<br />
FRAGEN<br />
1. Wie würdest du deinen Glauben beschreiben?<br />
2. Brauchst du die Kirche für deinen Glauben?<br />
3. Wie oft gehst du in die Kirche (ausgenommen<br />
Schulgottesdienste)?<br />
4. Wie oft betest du?<br />
5. Auf einer Skala von 1-10, wie stark ist dein<br />
Glaube an 1. etwas Göttliches / eine höhere<br />
Macht 2. Gott Vater 3. Jesus Christus als Sohn<br />
Gottes 4. den Heiligen Geist<br />
6. Inwiefern ist der Religionsunterricht<br />
für deinen Glauben relevant?<br />
7. Was prägt und beeinflusst deinen<br />
Glauben?<br />
8. In welchem/n Punkt/en stimmst du<br />
der katholischen Kirche am meisten zu?<br />
9. In welchem/n Punkt/en kritisierst du<br />
die Kirche am meisten?<br />
GLÄUBIG<br />
GLÄUBIG, UNTERSTUFE<br />
1. Glaube ist stärkend für mich, meine Familie ist religiös. Ich vertraue<br />
auf Jesus, es gibt jedoch vieles an der Kirche zu kritisieren.<br />
Ich wünsche mir einige Veränderungen und dass die kirchliche<br />
Gemeinschaft offener wird.<br />
2. Weder die Institution Kirche noch der Ort sind für mich<br />
notwendig. Man kann auch ohne sie glauben.<br />
3. ein Mal in der Woche<br />
4. in der Früh, am Abend, Tischgebet, in schwierigen Situationen<br />
5. Gott Vater 10, Jesus Christus 10, Heiliger Geist 10<br />
6. abhängig vom Lehrer; für mich ist er sehr relevant, die<br />
Fakten bereichern mich; mein Glaube wird dadurch aber nicht<br />
beeinflusst<br />
7. Papst, Oma, Pfarrer<br />
8. Kirchenasyl, Spendenaktionen<br />
9. Abtreibung in manchen Fällen, Ausgrenzung von<br />
Menschenbild<br />
gläubig, oberstufe<br />
1. starker Glaube, Familie sehr gläubig<br />
stimme mit den Werten der Bibel überein, glaube aber nicht alles<br />
1:1, wie zum Beispiel die Schöpfungsgeschichte; vieles ist einfach<br />
eine schöne Erklärung; jeder Mensch soll seinen eigenen Glauben<br />
haben können. Ich glaube an Gott, widerspreche aber in vielen<br />
Ansichten der Katholischen Kirche. Das macht mich aber nicht zu<br />
einer „Weniger-Gläubigen“.<br />
2. Man kann auch ohne die Institution Kirche glauben, es gibt viele<br />
Widersprüche (Akzeptanz)<br />
Der Ort Kirche ist für mich wichtig, um Glaube zu erfahren.<br />
3. fast jede Woche am Sonntag<br />
4. beten ist für nicht gleich ein Gebet aussprechen, sondern kann<br />
auch bedeuten, einfach an Gott zu denken; ich bete daher jeden<br />
Tag<br />
5. Gott Vater 10, Jesus Christus 10, Heiliger Geist 10<br />
6. sehr wenig; der Stoff ist nicht relevant für meinen persönlichen<br />
Glauben, man erhält fast nur geschichtliche Daten<br />
7. Familie und gute bzw. schlechte Geschehnisse<br />
8. Toleranz aller Menschen, Kirchenasyl, keine Verfolgung<br />
9. Zölibat, Homosexualität, Abtreibung in bestimmten Situationen<br />
NICHT GLÄUBIG<br />
nicht gläubig, unterstufe<br />
1. Ich stimme nicht mit dem katholischen Glauben überein. Ich<br />
glaube teilweise an etwas Höheres, aber eigentlich eher nicht.<br />
2. Nein: Für Glauben ist generell keine Institution oder etwas<br />
Monumentales notwendig.<br />
3. Weihnachten, Begräbnis<br />
4. nie<br />
5. Gott Vater 0-1, Jesus Christus 0-1, Heiliger Geist 0, eine<br />
andere höhere Macht 2<br />
6. gar nicht<br />
7. durch niemanden<br />
8. die Gemeinschaft<br />
9. Kirchensteuer, Vorschriften der Kirche, Familienbild,<br />
Scheinheiligkeit<br />
nicht gläubig, oberstufe<br />
1. Ich glaube an mich selbst. Ich verneine nicht, dass es etwas<br />
Höheres gibt, glaube aber nicht an Gott.<br />
2. Nein, sie baut seit Jahren Scheiße. Die Institution Kirche ist für das<br />
Konzept eines Gottesglaubens nicht nötig.<br />
3. Taufe; nur zu Anlässen oder für meinen kleinen Bruder<br />
4. seit Jahren nicht mehr, auch nicht vor Schularbeiten<br />
5. Gott Vater 0, Jesus Christus kirchlich 0, Heiliger Geist 0, andere<br />
höhere Macht 10<br />
6. Diskussionen über Glauben, Anhören verschiedener Ansichten<br />
7. Familie<br />
8. Barmherzigkeit, Nächstenliebe<br />
9. Rolle der Frau, Bild von Familie, Homosexualität
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
25
26 TITELTHEMA<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
Essay zum Bundeswettbewerb der Philosophieolympiade<br />
DIE ROLLE DER PHILOSOPHIE<br />
Text: Michael Huber<br />
Im Rahmen der Philosophieolympiade<br />
hat unser Chefredakteur Michael<br />
Huber in Wien diesen Essay über<br />
das Verhältnis von Wissenschaft,<br />
Theologie und Philosophie verfasst<br />
und damit den 4. Platz belegt. Es ist<br />
anzumerken, dass der Essay bewusst<br />
provokant und polemisch geschrieben<br />
ist, um einen Diskurs anzuregen.<br />
Der „gewöhnliche“ Mensch („gewöhnlich“<br />
soll hier in keiner Weise<br />
abwertend verstanden werden, er<br />
spiegelt vielmehr das wider, was ich<br />
bei Gesprächen mit Familie, Freunden<br />
und Bekannten im Durchschnitt<br />
bezüglich ihrer Einstellung zu den von<br />
mir thematisierten Dingen erfahren<br />
konnte) respektiert die Wissenschaft.<br />
Das ist auch gut so. Nicht umsonst hat<br />
sie wohl die meisten der menschlichen<br />
Erfolge und Errungenschaften möglich<br />
gemacht. Der „gewöhnliche“ Mensch<br />
respektiert auch die Theologie. Ob das<br />
gut ist, lasse ich an dieser Stelle noch<br />
offen. Doch zwischen beiden gebe es<br />
noch etwas, ein „Niemandsland“, wie<br />
Bertrand Russell es bezeichnet: die<br />
Philosophie. Die Philosophie ist dem<br />
„gewöhnlichen“ Menschen ein Rätsel.<br />
Oftmals erkennt er ihre Sinnhaftigkeit<br />
nicht: Denn sie stellt Fragen, die sie<br />
aber nicht endgültig beantworten<br />
kann. Der „gewöhnliche“ Mensch<br />
stellt sich die Frage: „Wozu meine Zeit<br />
für etwas verschwenden, das kein Ergebnis<br />
bringt?“ Die Wissenschaft und<br />
vor allem die Theologie bieten in den<br />
meisten Fällen absolute, endgültige<br />
Antworten. Doch Bertrand Russell<br />
stellt fest, dass die großen, spekulativen<br />
Fragen eigentlich von beiden<br />
nicht wirklich beantwortet werden<br />
können. Während die Wissenschaft<br />
tiefgehendere Fragen nach beispielsweise<br />
dem Ursprung von allem, die<br />
αρχή, wie es die großen griechischen<br />
Philosophen bereits nannten, unbeantwortet<br />
lässt, fährt die Theologie<br />
hier mit ihrer allumfassenden Wunderwaffe<br />
auf: Gott. Doch wenn man sich<br />
länger mit Thesen und Erklärungen<br />
der Theologie befasst, wird einem<br />
schnell klar, dass das nicht die ernsthafte<br />
Lösung für all unsere essentiellen<br />
Fragen sein kann. Welche Rolle<br />
aber spielt die Philosophie in diesem<br />
gesamten Konstrukt?<br />
1. DIE WISSENSCHAFT<br />
Beginnen wir noch einmal von vorne:<br />
„Wissenschaft“, das sagt der Name, ist<br />
etwas, das „Wissen schafft“. Wodurch<br />
macht sie dies? Durch rationale, nachvollziehbare<br />
Arbeitsprozesse, erst<br />
wird eine Hypothese formuliert, diese<br />
wird dann empirisch überprüft usw.<br />
Die Wissenschaft als großes Ganzes<br />
übt auch eine große Selbstkontrolle<br />
über sich aus, Wissenschaftler/innen<br />
verifizieren oder falsifizieren Ergebnisse<br />
ihrer Kollegen/Kolleginnen<br />
relativ schnell. Eine Wissenschaft darf<br />
sich auch erst Wissenschaft nennen,<br />
wenn sie bestimmte Kriterien erfüllt:<br />
innere Widerspruchsfreiheit, äußere<br />
Widerspruchsfreiheit, Überprüfbarkeit<br />
usw. Das heißt, die Wissenschaft gibt<br />
Antworten, denen wir in den meisten<br />
Fällen vertrauen können. Dies ist zwar<br />
gut und richtig, gleichzeitig nimmt es<br />
aber auch die Möglichkeit, komplexe,<br />
tiefgehende Dinge wie den Sinn des<br />
Lebens zu erforschen. Denn dies<br />
sprengt die Grenzen der Wissenschaft<br />
und hier liegt auch das Problem, das<br />
laut Bertrand Russell im Zusammenhang<br />
mit der Wissenschaft existiert.<br />
2. DIE (CHRISTLICHE) THEOLOGIE<br />
Eine Jungfrau wird schwanger, gebärt<br />
den Sohn eines übermenschlichen<br />
Wesens, der erst mehrere Wunder vollbringt,<br />
anschließend einen Opfertod<br />
für die gesamte Menschheit stirbt und<br />
als großes Finale dann wieder aufersteht.<br />
Was klingt wie ein schräger Actionthriller,<br />
wird den meisten von uns<br />
in die Wiege gelegt und von Kindheit<br />
an gelehrt. Am Sonntag in die Kirche<br />
zu gehen, ein Vater Unser zu beten<br />
und zu beichten, nachdem man eine<br />
Sünde begangen hat (von noch absurderen<br />
Dingen wie Zölibat, Umgang mit<br />
Homosexualität usw. soll hier gar nicht<br />
die Rede sein) - rein rational betrachtet<br />
macht es keinen Sinn, dass ein übermenschliches<br />
Wesen, falls es denn<br />
existiert, von uns genau dies verlangt,<br />
um seine Gunst zu gewinnen. Und falls<br />
dies trotzdem stimmt, warum sollten<br />
dann andere Religionen existieren,<br />
die ganz andere Regeln besitzen, die<br />
aber doch alle den Anspruch auf eine<br />
„Gottgegebenheit“, auf eine „Gottgewolltheit“<br />
erheben? Die Theologie gibt<br />
auf Fragen, die die Wissenschaft nicht<br />
beantworten kann, trotzdem eine<br />
Antwort. Und hiermit lässt sich auch<br />
schon das Problem schließen, das<br />
sich in logischer Konsequenz daraus<br />
ergibt: Die Wissenschaft beantwortet<br />
nur Dinge, die überprüfbar, logisch,<br />
widerspruchsfrei sind. Wenn nun eine<br />
andere Lehre, die „Lehre von Gott“,<br />
Anspruch darauf erhebt, die Fragen<br />
zu beantworten, die die Wissenschaft<br />
nicht beantworten kann, muss an der<br />
Sache etwas faul sein (Es gibt ja auch<br />
einen Grund dafür, dass die Wissenschaft<br />
sie unbeantwortet lässt). Die<br />
Theologie kann also nicht ebenbürtig<br />
mit der Wissenschaft sein. Trotzdem<br />
interessiert diese Tatsache den „gewöhnlichen“<br />
Menschen nicht, denn er<br />
braucht Sicherheit, Gewissheit. Und<br />
diese Sicherheit in seinem Leben gibt<br />
ihm die Religion.<br />
3. DIE PHILOSOPHIE<br />
Doch kann man diese Sicherheit im<br />
Leben nicht auch auf andere Weise<br />
erlangen? Braucht man auf wirklich<br />
alles eine Antwort? Ist es nicht genau<br />
diese Antwortlosigkeit, die das Leben<br />
ausmacht? Die Philosophie steht laut<br />
Russell zwischen der Theologie und<br />
der Wissenschaft. Für mich steht<br />
die Philosophie aber eng neben der<br />
Wissenschaft, während die Theologie<br />
am anderen Ende, so weit weg wie<br />
nur möglich, steht. Die Philosophie,<br />
die Wissenschaft und die Theologie<br />
könnte ich mir als drei Geschwister<br />
vorstellen: Die Philosophie ist der<br />
jüngere, querdenkende Bruder, der
<strong>etcetera</strong>.<br />
TITELTHEMA<br />
27<br />
sich über alles Mögliche Gedanken<br />
macht, die Wissenschaft der ältere,<br />
weise Bruder, der den jungen Bruder<br />
und seine Gedanken bewertet/weiterführt<br />
und die Theologie der mittlere,<br />
abgestürzte Bruder, den eigentlich<br />
keiner der beiden anderen will und<br />
der sich mit Lügen durchs Leben<br />
schummelt. Das klingt jetzt hart, objektiv<br />
gesehen ist es aber meines<br />
Erachtens so.<br />
Als genauere Veranschaulichung des<br />
Verhältnisses zwischen Philosophie<br />
und Wissenschaft stelle man sich eine<br />
erfolgreiche Fernsehserie vor, von der<br />
immer zu einer bestimmten Zeit im<br />
Jahr eine neue Staffel und somit jede<br />
Woche eine neue Folge erscheint. Was<br />
die Spannung an der Serie ausmacht,<br />
ist das Ungewisse. Niemand weiß, was<br />
in der nächsten Folge, geschweige<br />
denn in der nächsten Staffel passieren<br />
wird, und das führt unter der Masse<br />
an Fans zu Diskussionen, zu Spekulationen<br />
und teilweise auch zu Streit.<br />
Der weitere Verlauf der Handlung der<br />
Serie ist ungewiss und dem jeweiligen<br />
Drehbuchautor vorbehalten, Diskussionen<br />
über den weiteren Verlauf<br />
führen also zu nichts. Die Fans stellen<br />
sich Fragen, die sie nicht beantworten<br />
können – und trotzdem diskutieren sie<br />
darüber. Und das beschreibt auch gut<br />
den Reiz der Philosophie. Hätten sich<br />
die alten Griechen bestimmte Fragen<br />
nicht gestellt, so wären manche Wissenschaftler<br />
wohl nicht auf die Idee<br />
gekommen, sich mit der endgültigen<br />
Beantwortung dieser Fragen zu beschäftigen<br />
und uns würden einige alltägliche<br />
Dinge fehlen. Genauso kann<br />
man das wieder auf das Serienbeispiel<br />
übertragen. Während die Fans über<br />
den weiteren Verlauf der Serie diskutieren,<br />
stellen Philosophen Thesen<br />
über verschiedene essentielle Fragen<br />
des Lebens auf. Der Macher der Serie<br />
erfährt von Vorschlägen aus den Diskussionen<br />
der Fans, erachtet einige<br />
Ideen als sinnvoll und versucht, diese<br />
in seine Serie einzubauen. Genauso<br />
wird ein Wissenschaftler, der von<br />
einer interessanten These eines Philosophen<br />
erfährt, versuchen, diese in<br />
seine Forschungen miteinzubeziehen,<br />
soweit das möglich ist. Die Serie ist<br />
irgendwann zu Ende, weil der Macher<br />
der Serie beschließt, dass es nichts<br />
Weiteres zu erzählen gibt, die Fans<br />
geben sich damit aber nicht zufrieden<br />
und schreiben sogenannte „Fan-Fictions“,<br />
in denen sie spekulieren, wie<br />
es denn theoretisch weitergehen<br />
könnte. Ob diese „Fan-Fiction“ stimmt,<br />
erfahren sie aber nie, die Serie ist<br />
schließlich beendet. Und in dieser<br />
Situation befindet sich auch die<br />
heutige Philosophie: Während die<br />
Wissenschaft in früheren Jahrhunderten<br />
immer wieder Fragen der Philosophie<br />
beantworten konnte, sind wir<br />
heute immer mehr an dem Punkt, an<br />
dem wir sagen können, dass unsere<br />
„Serie“, die Wissenschaft, heutzutage<br />
großteils bereits existierendes Wissen<br />
immer weiter vertieft und die Fragen,<br />
die sich die heutige Philosophie stellt,<br />
weit über den Umfang unserer „Serie“<br />
hinausreichen. Die Philosophie bleibt<br />
somit lediglich eine „Fan-Fiction“ über<br />
das Leben und alles darüber hinaus.<br />
Somit ist also mein Verständnis vom<br />
Verhältnis zwischen Philosophie und<br />
Wissenschaft geklärt. Durch den Input<br />
der Philosophie wird eine wissenschaftliche<br />
Forschung inspiriert, und<br />
genau deshalb ist die Philosophie<br />
auch unverzichtbar.<br />
4. POPULARITÄT DER PHILOSOPHIE<br />
Und trotz dieser nun dargelegten<br />
Wichtigkeit der Philosophie scheint es<br />
so, als gebe es eine gesellschaftliche<br />
„Philosophie-Verdrossenheit“. Philosophie-Studenten<br />
werden meistens als<br />
faul dargestellt, werden etwas belächelt<br />
und nicht auf gleicher Ebene mit<br />
einem Medizin-Studenten gesehen.<br />
Wie bereits erwähnt, erachtet es der<br />
„gewöhnliche“ Mensch für sinnlos,<br />
sich mit einem philosophischen<br />
Thema auseinanderzusetzen, weil er<br />
dort keine Antworten findet. Er ist es<br />
gewohnt, ein Ergebnis zu bekommen,<br />
und gedankliche Arbeit ohne ein Ergebnis<br />
zu vollbringen – dafür ist er zu<br />
faul. Und darin liegt auch das Problem.<br />
Genauso wie in der Politik, die vielen<br />
Menschen „zu kompliziert“ ist, sollte<br />
auch die Philosophie jeden etwas<br />
angehen. Die Fragen „Wo kommen wir<br />
her?“, „Wo gehen wir hin?“, „Was ist der<br />
Sinn des Lebens?“ betreffen nicht nur<br />
Menschen, die sich mit Philosophie<br />
beschäftigen, sie betreffen jeden. Teilschuld<br />
hat auch der Lehrplan unseres<br />
Schulsystems. In der AHS sind für<br />
das Fach Philosophie zwei Wochenstunden<br />
in der 8. Klasse vorgesehen.<br />
Die Beschäftigung mit der Philosophie<br />
sollte aber viel früher beginnen.<br />
Kinder sind die Art von Menschen,<br />
die am meisten hinterfragen. „Mama,<br />
warum ist das so?“ ist wohl eine der<br />
meistgefragten Fragen von Kindern.<br />
Warum kommt man dieser jungen<br />
Offenheit nicht entgegen und lässt<br />
sie spielerisch in die Welt der Philosophie<br />
eintauchen? Erwachsene und<br />
teilweise bereits Jugendliche haben<br />
sich meistens schon abgewöhnt,<br />
Dinge zu hinterfragen. Sie nehmen<br />
alles so wie es ist, und deshalb erachtet<br />
der „gewöhnliche“ Mensch die<br />
Philosophie auch als sinnlos. Dies ist<br />
aber der falsche Weg. „Non scholae,<br />
sed vitae discimus“ wird wohl vielen<br />
vom Lateinprofessor schon als Lebensmotto<br />
vorgepaukt worden sein<br />
– in gewissen Bereichen würde ich<br />
diesem Zitat aber widersprechen. Wo<br />
das Zitat aber 100%ig zutrifft, das ist<br />
die Philosophie. Mathe braucht man<br />
vertieft nur in bestimmten Berufen,<br />
genauso verhält es sich mit Chemie<br />
oder Physik. Ein philosophisches Verständnis<br />
aber kann einem Menschen<br />
in jedem Lebensbereich weiterhelfen<br />
– in der Philosophie geht es nicht<br />
nur um Wissen, sondern mindestens<br />
genauso viel um das Denken. Wenn<br />
der Mensch beginnt, sich mit sich<br />
selbst auseinanderzusetzen, dann<br />
gibt es auch eine viel höhere Chance,<br />
dass es keine Notwendigkeit mehr für<br />
Absurditäten wie Nationalismus, religiöser<br />
Fanatismus oder Kriege gibt.<br />
Und diese Auseinandersetzung muss<br />
wie gesagt von Kindheit an gefördert<br />
werden.<br />
5. CONCLUSIO<br />
Zusammenfassend ist zu sagen: Wir<br />
sollten beginnen, uns mehr damit<br />
auseinanderzusetzen, was wir nicht<br />
wissen, anstatt mit dem zu prahlen,<br />
was wir bereits wissen. Denn wenn<br />
keiner daran denkt, wie der nächste<br />
Schritt theoretisch aussehen könnte,<br />
dann kann er praktisch auch nicht<br />
gemacht werden. Wir dürfen nicht primitive<br />
religiöse Antworten akzeptieren,<br />
nur damit es irgendeine Antwort<br />
gibt. Frei nach dem sokratischen Motto<br />
„οιδα ουκ ειδως“ („Ich weiß, dass ich<br />
nichts weiß“) sollten wir erkennen,<br />
wie klein wir eigentlich sind. Wenn<br />
wir dies tun und uns selbst erkennen,<br />
dann brauchen wir auch so etwas wie<br />
die Theologie nicht mehr. „Ich weiß,<br />
dass ich nichts weiß, und das macht<br />
mich besser als die anderen, weil sie<br />
glauben, alles zu wissen.“ Kein Satz ist<br />
treffender für das Wesen der Philosophie<br />
im Verhältnis zur Theologie. Wir<br />
brauchen die Wissenschaft, viel mehr<br />
brauchen wir die Philosophie, doch<br />
brauchen wir die Theologie?
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31<br />
8 JAHRE PAULINUM - WAS BLEIBT?<br />
Text: David Astl<br />
Nach acht Jahren geht unsere Zeit am<br />
Paulinum zu Ende. Es ist dies die letzte<br />
<strong>etcetera</strong>-<strong>Ausgabe</strong>, an welcher wir als<br />
Schüler aktiv mitwirken können, in<br />
Kürze steht die Reifeprüfung an. Bald<br />
schon werden wir am Paulinum der<br />
Vergangenheit angehören. Nach acht<br />
Jahren stellt sich somit eine Frage:<br />
Was bleibt?<br />
Es hat geregnet. Ein kalter Wind blies.<br />
Es war im September 2009, als wir,<br />
der spätere Maturajahrgang 2017, zum<br />
ersten Mal wirklich mit dem Bischöflichen<br />
Gymnasium Paulinum Schwaz in<br />
Kontakt kamen.<br />
Nun vermag ich nur meine eigenen<br />
Gefühle auch tatsächlich beschreiben<br />
können, die ich an besagtem ersten<br />
Schultag hatte, doch werden diese<br />
wohl nicht weit abweichend von der<br />
allgemeinen Gemütslage der damals<br />
neuen Schülerinnen und Schüler sein.<br />
Nervös, aber schon auch mit einiger<br />
Vorfreude, angespannt, man wusste<br />
ja nicht, was einen erwartet, und von<br />
einer gewissen Unsicherheit begleitet.<br />
Neue Schule, neue Mitschüler,<br />
neue Lehrpersonen, neue Fächer – im<br />
Grunde war nichts mehr so wie früher,<br />
früher in der Volksschule. Alles war<br />
neu.<br />
Gute acht Jahre später. April 2017. Es<br />
regnet wieder. Es ist wie damals, vor<br />
mehr als acht Jahren. Vor mehr als acht<br />
(!) Jahren. Zumindest das Wetter ist<br />
wie damals. So ziemlich alles andere<br />
hat sich aber grundliegend geändert.<br />
Die Unsicherheit ist gewichen und bei<br />
vielen auch der in der Unterstufe weit<br />
verbreitete Gedanke „Schnellstmöglich<br />
raus aus der Schule!“. Längst nicht<br />
mehr wird nach dem Unterricht auf<br />
direktem Weg das Gebäude verlassen,<br />
längst nicht mehr die Schule als<br />
„Zwang zur Bildung“ betrachtet. Diese<br />
Denkweise hat sich in den letzten<br />
Jahren entwickelt, entwickelt von der<br />
„Schule fürs Lernen“ zur „Schule fürs<br />
Leben“.<br />
Nun ist das oben angeführte Bild<br />
einer Schule fürs Leben schon ein<br />
sehr idealistisches. Ebenso idealistisch<br />
wie es – allein schon bedingt<br />
durch sein Naturell – auch das Leitbild<br />
des Paulinums ist. Darin ist von der<br />
„Entfaltung selbstverantwortlicher<br />
Persönlichkeiten“, vom Erkennen und<br />
aktiven Eintreten gegen „Benachteiligungen<br />
und gesellschaftspolitische<br />
Ungerechtigkeiten“ die Rede, ebenso<br />
davon, „Verantwortung für andere<br />
zu übernehmen“. Ein Miteinander<br />
verschiedener „Kulturen, Konfessionen<br />
und Religionen“ wird angestrebt<br />
sowie der Erwerb einer „begründeten<br />
Werteorientierung“.<br />
Ja, ich gebe zu: Auch wir haben,<br />
schülertypisch, nicht nur einmal uns<br />
genau darüber vielleicht sogar ein<br />
wenig lustig gemacht. All das erlernen<br />
– im Paulinum?! Was wir lernen, ist<br />
Mathematik, Deutsch, sind Naturwissenschaften,<br />
ja, aber in welchem Fach<br />
bitte werden oben genannte Aspekte<br />
vermittelt?<br />
Nun, nach acht Jahren, wissen wir<br />
es. Es gibt kein Fach für „Verantwortung“,<br />
kein Fach für „Persönlichkeit“.<br />
Im Paulinum, und das ist es, was wir<br />
erfahren durften, werden diese Werte<br />
vermittelt und gelebt. In jedem Fach.<br />
In jedem Gang der Schule, in jedem<br />
Klassenzimmer. Dies zeigt sich in Diskussionen,<br />
die uns im ersten Moment<br />
vielleicht als vollkommen sinnlos erscheinen.<br />
Dies zeigt sich, wenn ältere<br />
Schüler die Probleme jüngerer Menschen<br />
erkennen, helfen, ihnen Mut<br />
zusprechen. Und dies zeigt sich auch,<br />
wenn ganz salopp einmal ein Lehrer<br />
eine Standpauke vor der Klasse hält<br />
und genau auf diese Werte hinweist,<br />
für sie einsteht und sie vertritt. Ehrlich<br />
vertritt. Und nicht gespielt – denn<br />
diesen Unterschied bemerken Schüler<br />
sofort!<br />
Und es zeigt sich – in seiner ausgewachsensten<br />
Form – wenn einmal<br />
etwas genau Gegenteiliges geschieht.<br />
Wenn Unrecht passiert, wenn Diskriminierung<br />
stattfindet. Es gibt keine<br />
zehn Schüler in unserem Haus,<br />
welche tatenlos dabei zusehen, wie<br />
ein Erstklässler gestoßen wird. Wie<br />
ein Schüler über einen Mitmenschen<br />
anderer Herkunft herzieht. Versprochen.<br />
Denn genau das, eben nicht<br />
tatenlos zusehen, sondern selbst die<br />
Initiative zu ergreifen, das wurde uns<br />
gelehrt.<br />
Eine fundierte Allgemeinbildung ist<br />
wichtig. Sie wird uns im Paulinum<br />
allemal vermittelt. Im Leitbild, aber<br />
auch in der Praxis. Aber was noch<br />
viel höher einzuschätzen ist, ist die<br />
soziale Komponente der Schule.<br />
Aus den eingangs beschriebenen,<br />
verunsicherten Erstklässlern werden<br />
Menschen, welche sich nicht scheuen,<br />
Verantwortung zu übernehmen, sich<br />
zu positionieren und diese Positionen<br />
auch zu argumentieren und zu verteidigen.<br />
Aus Knospen werden Rosen.<br />
Aus Kindern Persönlichkeiten.<br />
Unsere Zeit am Paulinum geht nun<br />
zu Ende. Ich sage ganz offen: Ich bedauere<br />
das sehr. Und ich weiß, ich bin<br />
mit dieser Ansicht nicht alleine. Doch<br />
es gibt ein gutes Gefühl, zu wissen,<br />
dass es am Paulinum so weitergehen<br />
wird. Werteorientiert, nach klarem<br />
Konzept und mit viel Menschlichkeit.<br />
Aus Knospen werden Rosen. Aus<br />
Kindern Persönlichkeiten. Auch nach<br />
uns wird das so sein. Es gibt ein gutes<br />
Gefühl, seine wohl bisher wichtigste<br />
Lebensphase in einem Haus verbracht<br />
zu haben, in dem Noten zweifellos<br />
wichtig sind. In dem Bildung eine hohe<br />
Priorität genießt. Aber das dennoch so<br />
viel mehr ist als „nur Schule“.
<strong>etcetera</strong>.<br />
32 PAULINER SCHULLEBEN<br />
Vorstellung<br />
NEUER LEHRPERSONEN<br />
Text: Ruth Hochenwarter<br />
Gudrun Geelhaar-Schett<br />
Alter: 32 Jahre<br />
Unterrichtsfächer: Englisch und Geschichte<br />
Stationen der bisherigen Ausbildung: Volksschule,<br />
Hauptschule, Bundesoberstufenrealgymnasium, Universität<br />
Innsbruck, Unterrichtspraktikum, 5 Jahre Lehrtätigkeit<br />
an einer NMS<br />
1) Was hat Sie dazu bewegt, Lehrerin<br />
zu werden? Gab es jemanden oder<br />
etwas, das sie dazu inspiriert hat?<br />
Ich komme aus einer Lehrerfamilie, bin<br />
quasi erblich vorbelastet: Mein Opa,<br />
mein Vater und mein Onkel waren/sind<br />
Lehrer. Das hat mich geprägt. Außerdem<br />
gebe ich gerne Wissen weiter, es<br />
macht mir große Freude, Jugendlichen<br />
etwas beizubringen.<br />
2) Was hat Sie persönlich als Schülerin<br />
am meisten an Lehrpersonen gestört?<br />
In der Unterstufe hatte ich einen<br />
Englischlehrer, der uns Schülern bei<br />
schriftlichen Vokabelüberprüfungen<br />
die deutschen Vokabeln so schnell<br />
ansagte und dann auch so schnell<br />
absammelte, dass ich keine Chance<br />
hatte, alle englischen Wörter niederzuschreiben,<br />
obwohl ich brav die Vokabeln<br />
gelernt hatte. Das hat mich immer<br />
furchtbar aufgeregt.<br />
3) Waren Sie eine gute Schülerin, wie<br />
war Ihre Einstellung zur Schule?<br />
Ich war eigentlich immer eine gute<br />
Schülerin und ich ging sehr gerne zur<br />
Schule. Vor allem in der Oberstufe<br />
hätte ich keinen Tag in der Schule<br />
missen wollen, weil ich mit meinen<br />
Mitschülern immer einen Riesenspaß<br />
hatte. Hätte ich geschwänzt, hätte ich<br />
immer das Gefühl gehabt, einen neuen<br />
Insiderschmäh verpasst zu haben.<br />
4) Würden Sie etwas anders machen,<br />
könnten Sie noch einmal zur Schule<br />
gehen?<br />
Ich habe den musischen Zweig des<br />
Borg Lienz besucht und als Instrument<br />
das Klavier gewählt, obwohl ich schon<br />
an der Musikschule Klavier spielen<br />
gelernt habe. Heute würde ich Gitarre<br />
wählen. Ich würde wirklich gerne<br />
Gitarre spielen können!<br />
5) Wie würden Sie sich mit fünf Adjektiven<br />
beschreiben?<br />
Genau, hilfsbereit, geduldig, hungrig<br />
(ohne Jause gehe ich nicht in die<br />
Schule), neugierig (im positiven Sinn<br />
;-))<br />
6) Was war Ihr erster Eindruck vom<br />
Paulinum?<br />
„Da ist also mein Vater zur Schule<br />
gegangen...“<br />
7) Können Sie jetzt schon ein Fazit aus<br />
dem ersten Jahr am Paulinum ziehen?<br />
Wenn ja, wie würde es lauten?<br />
Der Beginn des Schuljahres war eine<br />
große Herausforderung und es war<br />
sehr spannend für mich, meine neuen<br />
Schüler besser kennenzulernen. Ich<br />
denke, ich habe mich nun recht gut<br />
eingelebt.<br />
8) Was würden Sie sich von unserer<br />
Bildungsministerin wünschen, wenn<br />
Sie drei Wünsche frei hätten?<br />
1. Mehr Geld in Bildung zu investieren,<br />
da dies im Endeffekt in anderen Bereichen<br />
Geld sparen würde.<br />
2. Den Lehrern mehr Gehör zu<br />
schenken. Sie sind es, die zusammen<br />
mit den Schülern und Eltern Schule<br />
hautnah erleben und genau wissen,<br />
welche Veränderungen es bräuchte.<br />
Zwei Wünsche reichen, ich bin<br />
bescheiden.<br />
9) Welche Fächer könnten Sie auf<br />
gar keinen Fall unterrichten, und was<br />
wäre der Grund dafür?<br />
Mathematik, Physik und Chemie –<br />
Naturwissenschaften sind nicht unbedingt<br />
meine Stärke.
<strong>etcetera</strong>.<br />
PAULINER SCHULLEBEN<br />
33<br />
Petros Moraitis<br />
Alter: 37<br />
Unterrichtsfächer: Musikerziehung<br />
Stationen der bisherigen Ausbildung: verschiedene<br />
Konservatorien in Thessaloniki (Harmonielehre, Kontrapunkt,<br />
Fuge und Klavier), Kunstakademie an der Aristoteles<br />
Universität Thessaloniki (Musikwissenschaft und<br />
Komposition) und Universität für Musik und Darstellende<br />
Kunst in Graz (Komposition und Kompositions- und<br />
Musiktheoriepädagogik)<br />
1) Was hat Sie dazu bewegt, Lehrer<br />
zu werden? Gab es jemanden oder<br />
etwas, das sie dazu inspiriert hat?<br />
Ich weiß es nicht genau... ich wollte<br />
nur Musik studieren und es hat sich<br />
halt so ergeben! Inspiriert haben mich<br />
Komponisten, Musiker und Künstler<br />
aller Stilrichtungen sowie Volksmusik<br />
aus aller Welt und alle meine bisherigen<br />
Lehrer; es gibt nichts Besseres als<br />
die Weitergabe eines Feuers.<br />
2) Was hat Sie persönlich als Schüler<br />
am meisten an Lehrpersonen gestört?<br />
Das ständige Fehlen von Begeisterung<br />
bzw. wenn sie keine innere<br />
Flamme für das Fach hatten und nur<br />
Dienst ableistet haben.<br />
3) Waren Sie ein guter Schüler, wie<br />
war Ihre Einstellung zur Schule?<br />
Jein, ich war ein normaler und durchschnittlicher<br />
Schüler; meine Einstellung<br />
war sehr positiv und die Allgemeinbildung<br />
hat mich schon immer<br />
interessiert, dann aber allmählich<br />
mehr und mehr die Musik.<br />
4) Würden Sie etwas anders machen,<br />
könnten Sie noch einmal zur Schule<br />
gehen?<br />
Der berühmte Konjunktiv wird nicht<br />
so oft in meiner Muttersprache<br />
(Griechisch) verwendet; ich bin so<br />
aufgewachsen bzw. erzogen worden,<br />
dass ich auf hypothetische Fragen<br />
lieber keine Antwort geben mag, weil<br />
es egal ist, was ich jetzt behaupten<br />
würde, ich könnte es so oder so eher<br />
nicht ändern!<br />
5) Wie würden Sie sich mit fünf Adjektiven<br />
beschreiben?<br />
Selbstdefinierend, selbstständig,<br />
selbstbewusst, selbstkritisch und<br />
selbstzweifelnd!<br />
6) Was war Ihr erster Eindruck vom<br />
Paulinum?<br />
Man spürt sofort etwas hier, was<br />
sich mit Worten nicht so einfach beschreiben<br />
lässt. Ich versuche es aber<br />
trotzdem: Also, eine sehr angenehme,<br />
offene, lebendige, spannende, abwechslungsreiche<br />
bzw. kontrastreiche<br />
Atmosphäre und eine produktive<br />
Spannung zwischen Lehrern und<br />
Schülern.<br />
7) Können Sie jetzt schon ein Fazit aus<br />
dem ersten Jahr am Paulinum ziehen?<br />
Wenn ja, wie würde es lauten?<br />
Da Musik(-erziehung) automatisch mit<br />
Kreativität, Phantasie und Begeisterung<br />
verbunden ist bzw. mit Entdecken,<br />
Erkennen, Imitieren, Erfinden,<br />
Ausprobieren, Selber-Gestalten und<br />
Herumexperimentieren zu tun hat,<br />
finde ich es nur irgendwie schade,<br />
dass sie oft als „Partytime“ seitens<br />
der Schüler wahrgenommenen wird.<br />
Natürlich hat sie mit Lust und Freude<br />
bzw. Spaß und Unterhaltung zu tun,<br />
dennoch man darf nicht vergessen,<br />
dass man klarerweise nicht nur zum<br />
eigenen Vergnügen musiziert oder<br />
singt, sondern auch zur Freude der<br />
Zuhörer. Das Konzert und die Öffentlichkeit<br />
(positive Erfahrungen mit Auftritten<br />
bzw. Präsentation der Lernergebnisse)<br />
sollte das Ziel der Schule<br />
sein, denn ich verstehe Theorie und<br />
Praxis nicht als getrennte, sondern als<br />
komplementäre Zusammenarbeit und<br />
musikalische Erfahrungen in ihrer Gesamtheit.<br />
Musik und Kunst überhaupt<br />
ist ja total subjektiv und Geschmackssache<br />
und lässt sich schwer messen<br />
oder bewerten (die Musikschulen<br />
sorgen für die Perfektionierung bzw.<br />
Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit<br />
jungen Künstler, nicht die Schulen).<br />
Aber keine Schularbeiten und kein<br />
Notendruck in der Schule heißt ja<br />
nicht unbedingt „loslassen“!<br />
8) Was würden Sie sich von unserer<br />
Bildungsministerin wünschen, wenn<br />
Sie drei Wünsche frei hätten?<br />
Mehr Realität, mehr Individualität und<br />
nicht alle(s) in einen Topf werfen<br />
9) Welche Fächer könnten Sie auf<br />
gar keinen Fall unterrichten, und was<br />
wäre der Grund dafür?<br />
Ich verstehe die Frage nicht ganz!<br />
Abgesehen davon, dass ich andere<br />
Fächer klarerweise nicht unterrichten<br />
kann, im Mittelpunkt des Musikunterrichts<br />
sollte das Glaube an das<br />
Individuum stehen. (Die Kraft liegt ja<br />
in der Vielfalt!) Der Musikunterricht ist<br />
praxisnahe und auf die Bedürfnisse<br />
und Interessen der Schülerinnen und<br />
Schüler abgestimmt. Es geht (mir) hier<br />
darum, eigene Prioritäten zu setzen,<br />
eigene Entscheidungen zu treffen und<br />
eigene Wege gehen zu können. Ich<br />
bin (nicht nur) dazu da, Techniken und<br />
Methoden bzw. Regeln und Normen<br />
der Vergangenheit und Repertoires<br />
beizubringen. Meine Aufgabe als<br />
Lehrer sehe ich nicht darin, die Schüler<br />
danach zu formen, was mir persönlich<br />
gefällt – das wäre ja verantwortungslos<br />
– sondern sie nur musikalisch zu<br />
aktivieren und animieren. Deshalb<br />
stelle ich es mir schwierig vor, andere<br />
Fächer zu unterrichten!
<strong>etcetera</strong>.<br />
34<br />
PAULINER SCHULLEBEN<br />
Feuerspucker, Magier, Vorradlberger<br />
Ein Tag mit<br />
PROF. THOMAS HEINZEL<br />
Text: Lea Schwaiger, Alicia Nail, Ruth Hochenwarter<br />
Am 26.10.1965 erblickte unser „Heinzelmännchen“<br />
auf der Treppe des<br />
Krankenhauses von Feldkirch in Vorarlberg<br />
das Licht der Welt. Als am Ende<br />
der 1. Klasse Volksschule seine Schule<br />
abbrannte, wurde in ihm der Funke für<br />
seine wahre Berufung entfacht („Feuerteufel“).<br />
Ansonsten verbrachte er<br />
eine glückliche Kindheit in Tisis, wo er<br />
auch zehn Jahre lang ministrierte und<br />
schon im zarten Alter von 16 Jahren<br />
vier Jahre lang im Pfarrgemeinderat<br />
tätig war. Nach seiner Matura erfolgte<br />
der Dienst im Bundesheer in Lienz, wo<br />
er nach der Grundausbildung Wurstsemmeln<br />
verkaufte. Mehrmals erwähnte<br />
er, wie gerne er sich an diese<br />
Zeit erinnere und er empfiehlt diesen<br />
Job herzlich an alle Jungs weiter.<br />
1985 begann er, Chemie und Physik<br />
zu studieren, wechselte jedoch nach<br />
dem ersten Semester von Physik zu<br />
Geschichte. Er wusste schon immer,<br />
dass er Lehrer werden wollte, da er<br />
bereits in der Oberstufe Nachhilfe gab<br />
und ihn die Arbeit mit Jugendlichen<br />
faszinierte. 1990 lernte er bei einer<br />
Exkursion seine zukünftige Ehefrau<br />
kennen und besuchte mit ihr gemeinsam<br />
Vorlesungen, bis er 1993 sein<br />
Studium abschloss. Nebenher arbeitete<br />
er in der Forschungsabteilung der<br />
Firma „Hilti“. Durch seinen Nachbarn<br />
gelangte Herr Professor Heinzel 1993<br />
zunächst als Praktikant ans Paulinum.<br />
Da unsere Schule allerdings dringend<br />
einen Chemielehrer benötigte, wurde<br />
er vom damaligen Direktor Otto<br />
Larcher sofort eingestellt. Mittlerweile<br />
liegen diese Ereignisse einige Jahre<br />
zurück, Herr Professor Heinzel blieb<br />
jedoch fleißig: Drei Kinder und eine<br />
Hochzeit fanden in der Zwischenzeit<br />
statt. In seiner Laufbahn als Lehrer<br />
gerieten nur zwei seiner Experimente<br />
außer Kontrolle. Beim einen handelte<br />
es sich um den Bau einer Rakete,<br />
wobei er sich die Hand verbrannte.<br />
Außerdem fiel ihm einmal im Laufe<br />
einer Vorführung eine Brom-Flasche<br />
um, sodass der Raum binnen Sekunden<br />
evakuiert werden musste. Neben<br />
dem Fach Geschichte Vertiefend<br />
bietet er, seitdem er am Paulinum ist,<br />
auch noch die Chemie-Olympiade an.<br />
Da Feuer schon immer eine gewisse<br />
Faszination auf ihn ausübte, ist auch<br />
heute noch Rot seine Lieblingsfarbe.<br />
„I bin a kloana Feuerteufel“, so Herr<br />
Professor Heinzel. Außerdem kocht er<br />
wahnsinnig gerne und liest am liebsten<br />
Geo Epoche und alles, was seine Frau<br />
ihm empfiehlt. Unter seinen Lieblingsfilmen<br />
befinden sich Klassiker wie Star<br />
Trek, Matrix und die Herr der Ringe-Trilogie,<br />
die er wegen der filmgeschichtlichen<br />
Ebenen sehr schätzt. Hin und<br />
wieder schätzt er auch ein gutes Glas<br />
Wein oder ein Maß Bier zu entweder<br />
klassischem, österreichischem Essen,<br />
italienischer oder französischer Küche<br />
(von der er besonders Wild und Ziegenkäse<br />
schätzt). Fast-Food-Restaurants<br />
wie McDonald’s verabscheut er,<br />
seinen morgendlichen Kaffee genießt<br />
er gerne bei „Ruetz“ und auch Pizza<br />
und Kebab sind manchmal in seinem<br />
Speiseplan zu finden. Prof. Heinzel<br />
verreist gerne, am liebsten dorthin, wo<br />
er sein Rad mitnehmen und sein Zelt<br />
aufschlagen kann. Schwimmen geht<br />
er nur in Seen, wie dem Hecht-und<br />
Achensee. Seine liebste historische<br />
Epoche war früher immer die griechisch-römische<br />
Antike, jetzt hat es<br />
ihm jedoch das Mittelalter am meisten<br />
angetan. Einen Fernseher sucht man<br />
im Hause Heinzel umsonst, denn die<br />
Familie besitzt einen Beamer, also<br />
eine richtige Heimkino-Anlage. Wenn<br />
man Herrn Professor Heinzel ärgern<br />
will, spielt man ihm am besten Schlager-Hits<br />
oder Klassiker vor, da seine<br />
bevorzugte Musikrichtung moderner<br />
Pop ist.<br />
Zusammenfassend kann man sagen,<br />
dass seine Leidenschaften „Geschichte“<br />
und „Chemie“ den Alltag<br />
bestimmen. Herr Professor Heinzel,<br />
seine Fächer und seine Schüler sind<br />
wie Pech und Schwefel: einfach<br />
unzertrennlich.
<strong>etcetera</strong>.<br />
PAULINER SCHULLEBEN<br />
35<br />
Griechisch oder Französisch?<br />
Wie geht es nach der 4. Klasse weiter?<br />
ÜBERGANG ZUR OBERSTUFE<br />
Text: Andreas Hörmann<br />
Derzeit besuchen ca. 90 Schüler die achte Schulstufe hier am Paulinum. Einige haben sich bereits vor vielen Wochen<br />
und Monaten dazu entschieden, die Schule zu verlassen und ihre schulische Laufbahn an einer anderen Bildungsstätte<br />
fortzusetzen. Demgegenüber will der Großteil der Viertklässler allerdings an der Schule bleiben. Sie alle stellen sich<br />
Fragen wie: Werde ich mit meinem besten Freund in der gleichen Klasse sein? Welche Lehrer werden mich unterrichten?<br />
Circa 65 (Dabei handelt es sich um<br />
eine Schätzung des Redakteurs,<br />
Anm.) von 90 Schülern wollen auch im<br />
nächsten Schuljahr das Paulinum weiterhin<br />
besuchen. Ob es im nächsten<br />
Schuljahr zwei oder tatsächlich drei<br />
Klassen gibt, wird sich zeigen. In einer<br />
Oberstufenklasse dürfen maximal<br />
36 Schüler sein. Sofern mich meine<br />
Rechenkünste nicht im Stich lassen,<br />
ist eine Lösung mit zwei größeren<br />
Klassen wahrscheinlicher als drei kleinere<br />
Klassen. Käme es tatsächlich zu<br />
der Zwei-Klassen-Lösung, würde der<br />
Unterricht in den Hauptfächern wohl<br />
geteilt werden.<br />
Ab der fünften Klasse muss man sich<br />
für eine weitere Sprache entscheiden:<br />
Französisch oder Altgriechisch. Viele<br />
Schüler überlegen lange, welche<br />
Sprache besser zu ihnen passt, ehe<br />
sie sich entscheiden. Doch wie findet<br />
man heraus, ob man Französisch oder<br />
Griechisch wählen soll? Hier ein paar<br />
Tipps zur richtigen Wahl:<br />
● Stelle dir die Frage, ob dir Englisch<br />
oder Latein besser gefällt. Wenn du<br />
Latein lieber magst, solltest du vielleicht<br />
Altgriechisch wählen. Wenn du<br />
Englisch vorziehst, nimm Französisch.<br />
● Du redest viel und gerne? Dann<br />
könnte eine moderne Fremdsprache<br />
wie Französisch die richtige Wahl für<br />
dich sein.<br />
● Dir gefällt die antike Mythologie,<br />
also griechische oder römische Sagen<br />
und Mythen? Außerdem würde es dir<br />
gefallen, eine neue Schrift zu erlernen?<br />
Dann ist Griechisch wohl das<br />
beste für dich.<br />
Weiters ist es bei der Wahl sehr<br />
wichtig, dass man sich nicht vom<br />
besten Freund beeinflussen lässt.<br />
Auch wenn der Freund eine andere<br />
Sprache wählt, kann es gut sein, dass<br />
man in der Oberstufe in der gleichen<br />
Klasse ist.<br />
In der 5. Klasse wird einiges neu sein,<br />
doch es liegt an uns Schülern, diese<br />
Veränderungen zu bewältigen.<br />
Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα,<br />
πολύτροπον, ὃς μάλα πολλὰ<br />
πλάγχθη, ἐπεὶ Τροίης ἱερὸν<br />
πτολίεθρον ἔπερσε·<br />
Hier die Beweggründe zweier Schüler, die sich unterschiedlich entschieden<br />
haben:<br />
ALTGRIECHISCH<br />
„Ganz besonders gefallen mir die<br />
griechische Mythologie und die<br />
Sagen. Außerdem finde ich es<br />
cool, eine neue Schrift zu erlernen.<br />
Ausschlaggebend für meine Wahl<br />
war allerdings, dass man diese<br />
Sprache nur am Paulinum erlernen<br />
kann. Man kann also etwas, das<br />
nicht jeder kann.“<br />
FRANZÖSISCH<br />
„Mir gefällt Englisch sehr gut und<br />
ich liebe es, mit anderen Menschen<br />
zu kommunizieren. Ich will<br />
eine weitere moderne Fremdsprache<br />
erlernen und außerdem<br />
möchte ich gerne mal nach Frankreich<br />
reisen“<br />
Lorsque j’avais six ans j’ai vu, une<br />
fois, une magnifique image, dans<br />
un livre sur la Forêt Vierge qui s’appelait<br />
« Histoires Vécues ».<br />
Griechenland oder Frankreich – das Resieziel in der 7. Klasse<br />
hängt davon ab, welche Sprache ihr wählt – trotzdem solltet ihr<br />
eure Wahl nicht aufgrund eines Reiseziels treffen!
36 PAULINER <strong>etcetera</strong>.<br />
SCHULLEBEN<br />
Unterstufenschreibwettbewerb:<br />
PAULINUM IM JAHR 2050<br />
Das Paulinum im Jahr 2050. Ob eine düstere Zukunft, peinliche Momente, high-tech Bildungsequipment oder abenteuerlustige,<br />
neue Ausflüge, alles war in den Einsendungen zum Schreibwettbewerb vertreten. Spannende und<br />
packende Texte erreichten unsere Schülerzeitung, die bewundernd zu ihrem Ergebnis kam. Aus unterschiedlichen,<br />
abwechslungsreichen und sprachlich tollen Geschichten, erkor die <strong>etcetera</strong>. Die nun folgenden Texte zu den ,,Top 3".<br />
Besonders speziell ist, dass die Nummer eins und somit der Gewinner des Schreibwettbewerbes sein Schriftstück<br />
auf Englisch verfasste, das nach denselben Kriterien wie die anderen Texte bewertet wurde und als Sieger hervorging.<br />
Wir haben uns jedoch über jeden einzelnen Text gefreut und bedanken uns bei allen Teilnehmern.<br />
1. Platz: Arne Vais (2B)<br />
Paulinum 2050<br />
March 30th 2050. This is a normal school day for TC. At the<br />
moment he’s in the special shuttle-elevator with his classmates.<br />
What a view! The cabin is accelerating and the old school building<br />
along with the silver town of Schwaz are getting smaller and<br />
smaller. In a few seconds all they can see is clouds, blue sky and<br />
after a while they are in the stratosphere, in the new Paulinum!<br />
The door opens and all kids follow the signs on the screens to<br />
their classrooms, or actually “learning labs” as they are called<br />
now. The 1st subject today is maths. TC is often thinking of what<br />
his father has told him. He was going to Paulinum about 30 years<br />
ago and he had a great time! Things are a bit different<br />
nowadays, but in fact, a lot is the same. The old building<br />
has been a museum since 2046. Visitors come from all<br />
over the world to see the original classrooms, the chapel<br />
and the huge gym. But like most of his classmates, TC prefers<br />
the new multiplex campus. Have you been there? Well, if not, it’s<br />
worth a visit! First of all, all “learning labs” have a huge table in the<br />
middle with large interactive “oating screens”. The learners are<br />
sitting around the table and when they do group work or special<br />
projects the table splits into four smaller ones.<br />
Then there is the brand new library. TC loves it! At the touch<br />
of a button a whole bookcase comes up in front of you with all<br />
the books on the subject you want. Yes, they still love books in<br />
Paulinum. You know, in a digital world reading a real book is an<br />
experience!<br />
However, TC’s favourite place is the “Earth hall”. They are meeting<br />
there after the lunch break. This is THE place for GE, BI, PH, CH<br />
and all the new science subjects. It’s so exciting! There is an xD<br />
Earth model and the projectors make it feel like you are in different<br />
places. One day you are in the rainforest and the next day<br />
on the Moon!<br />
It’s 14:20 now. TC has just !nished dictating a german text for his<br />
favourite professor and is getting ready for their daily space walk.<br />
They all put on their special suits and follow the PE expert. They<br />
can clearly see Venus on the right and some of the bigger planets<br />
in the background. Twenty minutes later they are into the shuttle-elevator<br />
and back to Schwaz. TC is already looking forward to<br />
the next school day!
<strong>etcetera</strong>.<br />
PAULINER SCHULLEBEN<br />
37<br />
2. Platz: Julia Rigger (4C)<br />
Ein Geräusch – und alles ist vorbei!<br />
Jener Tag begann wie jeder andere. Durch das zersplitterte<br />
Glas meines staubigen Fensters blickte ich auf eine<br />
von Nebelschwaden durchzogene Wiese. Dann strich<br />
ich mir meinen Ring über den Finger. Jedem, der in Tirol<br />
geboren wurde, wurde ein solcher ausgehändigt. Darauf<br />
war eine Kapsel befestigt, die, wenn man darauf biss,<br />
ein Gift freisetzte. Es tötete einen Menschen innerhalb<br />
weniger Sekunden. Dies sollte allerdings nur eingesetzt<br />
werden, wenn man die körperlichen Schmerzen nicht ertragen<br />
konnte.<br />
Ich besaß das Privileg, ans Paulinum gehen zu dürfen. Es<br />
war eine der wenigen Schulen, die nicht Mitte der 30er zu<br />
einer Militärakademie umfunktioniert wurde. Im Gegenteil:<br />
Es stand für Frieden.<br />
Mit Beginn des Dritten Weltkriegs im Jahr 2032 hatte sich<br />
alles verändert. Meine Mutter sprach oft von der Menschheit,<br />
wie sie sich mit hoher Geschwindigkeit weiterentwickelt<br />
hatte. Doch seit Beginn des Krieges hatte sich alles<br />
zurück entwickelt. Und nun stand alles still. Selbst die Zeit<br />
schien manchmal stehen zu bleiben.<br />
Nachdem ich meinen Schulweg hinter mich gebracht<br />
hatte, begann der Unterricht wie üblich mit zwei Stunden<br />
Sozialkunde. In der dritten Stunde fand der Unterricht in<br />
einem anderen Raum statt. Doch, da ich noch etwas mit<br />
einer Lehrperson besprechen musste, war ich ziemlich<br />
spät dran und entschied mich eine Abkürzung zu nehmen,<br />
die mich einen Gang passieren ließ, den Schüler eigentlich<br />
nicht betreten durften. Mit schnellen Schritten versuchte<br />
ich den unscheinbaren Gang zu durchqueren, doch in der<br />
Mitte des Flures ließ mich ein Blubbern und Schmatzen<br />
innehalten. Man konnte es mit den Geräuschen eines<br />
Sumpfes vergleichen, die er von sich gab, wenn er etwas<br />
in die Tiefe riss. Hinter einer Tür war es besonders laut zu<br />
hören. Vorsichtig drückte ich die Türklinke hinunter und<br />
hielt vor Spannung den Atem an.<br />
Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich in den Raum.<br />
Überall war Blut. Eine Person stand vor einem Tisch,<br />
die einen blutverschmierten Arztkittel anhatte. Mir ging<br />
langsam die Luft aus, doch ich wagte nicht zu atmen. Was<br />
ich auf dem Tisch entdeckte, ließ mich empört keuchen.<br />
„Wie können Sie es nur wagen, diese Schule für Frieden<br />
stehen zu lassen, aber im Verborgenen so etwas zu tun?“,<br />
waren meine letzten Worte, bevor ich auf die Kapsel<br />
meines Rings biss. Schon kurze Zeit später verschwamm<br />
meine Sicht, ich sank zu Boden und das Letzte, was ich<br />
hörte, bevor ich ins schwarze Nichts gerissen wurde, war:<br />
„Du hast das falsch verstanden.“<br />
3. Platz: Maximilian Steinlechner (1B)<br />
Peinlich, peinlicher, am peinlichsten<br />
Da stehe ich nun, halbnackt in meiner Klasse und werde<br />
ausgelacht. Wie es dazu kam: An einem schönen Montagmorgen<br />
flog ich, ein elfjähriger Junge namens Florian,<br />
der seit Herbst die 1B des Paulinums besucht, mit meinem<br />
fliegenden Hoverboard zur Schule. Auf dem Weg dorthin<br />
begegnete ich meinen Freunden Alex und Bob. Bob hatte<br />
seine nagelneue Drohne mit, die er uns unbedingt vorführen<br />
wollte. Diese hatte sogar einen eingebauten Greifarm,<br />
der Sachen greifen konnte. Das war wirklich sehr beeindruckend.<br />
Doch als er seinen Greifarm benutzen wollte,<br />
um meine Schultasche zu greifen, hob er versehentlich<br />
mich hoch und als er mich wieder fallen lassen wollte,<br />
zerriss die Drohne mein Shirt und meine Hose. Da nicht<br />
mehr genug Zeit war, zurück nach Hause zu fliegen, blieb<br />
mir nichts anderes übrig, als in die Klasse im dritten Stock<br />
zu fliegen und in den Fundsachen nach Ersatzkleidung<br />
zu suchen. Das Problem war nur, dass wir sehr spät dran<br />
waren und deshalb die ganze Klasse schon anwesend<br />
war. Als ich in die Klasse kam, sind wir wieder am Anfang<br />
der Geschichte. Als wäre das nicht schon peinlich genug,<br />
kommt auch noch meine Lehrerin ins Klassenzimmer und<br />
sieht, wie ich in Unterwäsche von meinen Mitschülern<br />
verspottet werde. „Lasst Florian in Ruhe oder ihr bekommt<br />
einen Klassenbucheintrag!“, schrie meine Lehrerin und<br />
sagte zu mir: „Geh schnell zu den Fundsachen und ziehe<br />
dich um.“ Als ich das getan hatte, dachte ich mir, dass ich<br />
da noch mal Glück hatte. Trotzdem war das das Peinlichste<br />
in meinem bisherigen Leben.
38 SCHÜLERVERTRETUNG<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
SCHÜLERVERTRETUNGSSEITE<br />
Eure SV informiert<br />
Liebe Schülerinnen und Schüler!<br />
Was war?<br />
Mittlerweile ist es schon einige Monate her, seit ihr uns zur neuen Schülervertretung gewählt habt! Diese Zeit war für<br />
uns eine Zeit der Ideensammlung, eine Zeit voller Gespräche und eine Zeit der Umsetzung! Unser erstes großes Projekt<br />
konnten wir in Form der „Schushi-Aktion“ im März starten. Wir hoffen, dass mit der neuen <strong>etcetera</strong>-<strong>Ausgabe</strong> die ersten<br />
Pullis, Taschen und T-Shirts bereits geliefert wurden und ihr euch an ihnen erfreuen könnt!<br />
Auf unserer Schulwebsite findet ihr außerdem unter „Quicklinks“ den Link zu unserem neu eingeführten Nachhilfeprojekt<br />
„Schüler für Schüler“. Schüler der Oberstufe haben sich bereit erklärt, unter der angegeben E-Mail-Adresse für Schüler,<br />
Lehrer und Eltern bei Interesse bezüglich Nachhilfe erreichbar zu sein. Anklicken, kontaktieren, organisieren. Von Schüler<br />
zu Schüler wird Wissen meist einfacher und logischer vermittelt und nebenbei eine Menge Geld gespart.<br />
Was wird sein?<br />
Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, schmücken diverse Kunstwerke seit geraumer Zeit den hinteren Teil der Wände<br />
beim Zeichensaal. In Kooperation mit unserem Herrn Prof. Gander-Schwarzenauer stehen diese Wände euch ganz unter<br />
dem Motto „Graffiti-Streetwork“ zur Verfügung. Die „Vintage-Couch“ soll jedoch nicht die einzige Möglichkeit bleiben,<br />
auch außerhalb des Treffs ein ruhiges Örtchen zum Verweilen zu finden. Bunte Sofas, Tischchen und Boxen mit Spielen<br />
werden bald im ganzen Schulgebäude an bestimmten Ecken platziert. Außerdem stellen wir euch den Tischfußball an<br />
einen freundlicheren Platz und sorgen durch die Abschaffung der 50c pro 10 Bälle für hoffentlich mehr Spielbegeisterte.<br />
Ein weiteres Anliegen ist uns das Schulfest. Da es vor zwei Jahren wetterbedingt ausfiel und letztes Jahr trotz aufwendiger<br />
und professioneller Vorbereitung aufgrund mangelnder Besucher nicht wirklich Fest genannt werden konnte, wollen<br />
wir uns heuer umso mehr mit der Frage auseinandersetzen, was eurer Meinung nach bei einem gelungenen Schulfest<br />
nicht fehlen darf und sind für Anregungen in jeglicher Hinsicht offen!<br />
Wie auch schon den Nachhilfelink wollen wir einen Link bezüglich Schülerrechte auf unsere Website stellen. Welche<br />
Rechte habe ich als Schüler? Was darf ich fordern? Was gilt speziell bei uns am Paulinum?<br />
Mit einem offenen Ohr für eure Wünsche, Vorstellungen und Anliegen hoffen wir auf weitere Monate des gemeinsamen<br />
Gelingens!<br />
Eure Schülervertretung
<strong>etcetera</strong>.<br />
ETCETERA-ROOKIES<br />
39<br />
REDEN<br />
Text: Alina Astl, 3C<br />
Wir alle haben einen Mund. Das dürfte<br />
einigen unter euch schon aufgefallen<br />
sein, anderen scheinbar noch nicht.<br />
Oder sie ignorieren diese Tatsache<br />
einfach nur geflissentlich. Neben der<br />
Nahrungsaufnahme ist er auch noch<br />
für etwas Anderes sehr nützlich: um zu<br />
reden. Diese überaus nützliche Eigenschaft<br />
sollten wir auch nutzen.<br />
Sei es nun, ob Du mit Deinen Freunden<br />
streitest, mit der Herangehensweise<br />
deines Lehrers nicht einverstanden<br />
bist oder dir die falsche Pizza geliefert<br />
wurde. Sag es. Ob man’s glaubt oder<br />
<strong>etcetera</strong>ROOKIES<br />
Wie in jeder <strong>Ausgabe</strong> hatten auch die Schüler der Unterstufe die Möglichkeit,<br />
ihre Texte einzuschicken. In dieser <strong>Ausgabe</strong> haben wir leider nur einen Artikel<br />
erhalten. Wir freuen uns aber jetzt schon auf eure Artikel für die nächste <strong>Ausgabe</strong>:<br />
Schickt einfach eine E-Mail an <strong>etcetera</strong>.paulinum@gmail.com. Danke!<br />
nicht, die meisten Konflikte können<br />
mit ein paar Worten gelöst werden.<br />
Ein Missverständnis kann ganz einfach<br />
gelöst werden, indem man seinem<br />
Gegenüber erklärt, was man wirklich<br />
meint.<br />
Auch wenn der nächste Streit mit<br />
euren Eltern keinen 30-jährigen Krieg<br />
auslösen wird, kann jeder zum Weltfrieden<br />
beitragen. Mit einfachen Kleinigkeiten<br />
wie „tut mir leid“ oder „so<br />
habe ich das eigentlich gemeint“.<br />
Eines der größten Probleme der Menschen<br />
ist nämlich, dass sie zu schnell<br />
zu den Waffen greifen. Wenn Österreich-Ungarn<br />
1914 mit Serbien geredet<br />
hätte, hätte es möglicherweise nie<br />
einen Ersten Weltkrieg gegeben. Aber<br />
diese Gespräche fanden nicht statt<br />
– und plötzlich waren da 17 Millionen<br />
Tote, von denen niemand wusste,<br />
woher sie kamen.<br />
Miteinander zu kämpfen ist nicht der<br />
einzige Weg, Konflikte zu „lösen“.<br />
Wir müssen miteinander reden! Denn<br />
Krieg beginnt, wo Worte aufhören.<br />
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40 PAULINER <strong>etcetera</strong>.<br />
SCHULLEBEN<br />
Ein Paulinum ohne <strong>etcetera</strong>. wäre<br />
wie ein Paulinum ohne Elternverein:<br />
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_s<br />
f_hlt *<br />
was!<br />
Darum unterstützt der Elternverein des<br />
Paulinums auch diesmal wieder <strong>etcetera</strong>.<br />
Bitte unterstützen Sie auch den Elternverein<br />
– auch aktiv.<br />
ELTERNVEREIN<br />
PAULINUM<br />
*) Zum Beispiel das Fest „Paulinum picknickt“ im Juni!<br />
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Die Schulzeit ist schwer genug.<br />
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<strong>etcetera</strong>.<br />
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OPERATION WEGEN TURNSTUNDE<br />
ABGEBROCHEN<br />
Vom OP in den Turnsaal: Weil Frau Prof. Bruci auf eine Teilnahme<br />
am Turnunterricht bestand, musste die Operation des gebrochenen<br />
Fußes einer Schülerin kurzfristig abgebrochen werden. Die<br />
Schülerin nahm anschließend auf dem Krankenbett an der Turnstunde<br />
teil. Weil sie aber für das Fußballspielen aufgrund ihres<br />
gebrochenen Fußes nicht geeignet war, musste sie im Bett Bankdrücken.<br />
Nach der 45-minütigen Turnstunde konnte die Schülerin<br />
wieder in das Krankenhaus überstellt und dort erfolgreich weiteroperiert<br />
werden. Schulrechtsexperten prüfen nun, ob die Berufung<br />
von Prof. Bruci auf ein fehlendes Attest der Schulärztin wirklich für<br />
die Unterbrechung einer Operation ausreicht.<br />
HAUSMEISTER NIMMT URLAUB<br />
VOM URLAUB<br />
Schock für die Pauliner Schulgemeinschaft: Nachdem seine<br />
Bürozeiten urlaubsbedingt auf die große Pause am 29. Februar<br />
reduziert wurden, zieht sich Hausmeister Wolfgang Klingler nun<br />
für unbestimmte Zeit von seinem Urlaub zurück. Laut Insider-Informationen<br />
wurde ihm die Belastung zu viel. Deshalb zog er sich angeblich<br />
für eine Selbstfindungsphase in den Kreuzgarten zurück.<br />
Wer nun für die eklatanten Zustände an der Schule verantwortlich<br />
gemacht werden darf, ist noch fraglich. Experten sagen aber eine<br />
schnelle Genesung voraus, sodass Wolfang in Kürze wieder als<br />
Sündenbock dienen kann.<br />
LEAK: UNTERLAGEN<br />
VON PROF. HEINZEL IM<br />
INTERNET AUFGETAUCHT<br />
Skandal am Paulinum: Die von Prof.<br />
Heinzel mit Mühe selbst erstellten Chemieunterlagen<br />
für den Oberstufenunterricht<br />
wurden von einem mysteriösen<br />
Hacker namens „AGMueller“ auf der<br />
Seite „arge-chemie.tsn.at“ veröffentlicht.<br />
Nicht nur die Arbeitsaufgaben, sondern<br />
auch alle Tests sind seit der Veröffentlichung<br />
im Umlauf.<br />
KRITIKUNFÄHIGE<br />
LEHRERIN<br />
LÄSST SCHÜLER<br />
DURCHFALLEN, DER<br />
IHR KRITIKUNFÄHIGKEIT<br />
UNTERSTELLT<br />
Im Rahmen des verpflichtenden, anonymen<br />
Feedbacks bemängelte ein Schüler<br />
die Kritikunfähigkeit einer Lehrerin.<br />
Diese konnte das Feedback aber nicht<br />
nachvollziehen und mit Unterstützung<br />
von Schriftanalytikern der Cobra herausfinden,<br />
wer der Schüler war, der dieses<br />
Feedback verfasst hatte. Der Schüler<br />
wurde anschließend zur Rede gestellt<br />
und muss die Klasse nun wiederholen.<br />
ERFRORENER SCHÜLER<br />
GEFUNDEN: PROF. BREM<br />
BESTREITET JEGLICHE SCHULD<br />
Letztes Jahr erschütterte ein grausames Ereignis<br />
die Pauliner Schulgemeinschaft. Die Leiche<br />
des Schülers Edwin K., der seit einem Waldlauf<br />
letzten Winter als vermisst galt, wurde letzte<br />
Woche im Gebüsch entdeckt. Die Polizei ermittelt<br />
nun gegen Prof. Brem, der am Tag, an dem<br />
Edwin verloren ging, mit ihm und seiner Klasse<br />
bei -10°C in den Wald laufen gegangen war. Prof.<br />
Brem bestreitet bisher aber jegliche Schuld, auf<br />
Anfrage verriet er uns: „Des muaß was anderes<br />
gwesn sei, weil i woaß, wanns guat is, und an<br />
dem Tog is no logga zum Laffn gongen!“<br />
MÄDCHENKLOS<br />
GRÜNDEN BETRIEBSRAT<br />
WEGEN ZAHLREICHER<br />
MISSHANDLUNGEN<br />
Nach unzähligen Misshandlungen der Toilettenschüsseln<br />
und Kabinen gab die österreichische<br />
Gewerkschaft der Mädchenklos (ÖGeMäK)<br />
bekannt, dass am Paulinum ein Betriebsrat gegründet<br />
werde. Schmierereien an den Wänden,<br />
fehlendes Klopapier, verstopfte Klos, überfüllte<br />
Mülleimer und am Boden liegende Klobrillen<br />
sollen dank täglicher Kontrollen der Betriebsratmitglieder<br />
von nun der Vergangenheit<br />
angehören.<br />
VERRÜCKTE<br />
MODERNISIERUNG:<br />
INFOSCREENS WERDEN<br />
VON NUN AN AUCH FÜR<br />
NOTRUFE VERWENDET<br />
Das Paulinum geht mit der Zeit, das<br />
beweist die neueste Änderung: Ab<br />
sofort werden über die Infoscreens<br />
nicht nur Schüler ins Sekreteriat beordert<br />
oder wichtige Veranstaltungen<br />
angekündigt, nein, seit dieser Woche<br />
werden darüber sogar Notrufe getätigt:<br />
Bei der Verletzung eines Schülers<br />
muss nur ein Kollege dieses Schülers<br />
zum Direktor laufen, dieser kann<br />
dann die Notrufmeldung über den<br />
Infoscreen abgeben und der erste im<br />
Schulgebäude, der diese Meldung<br />
sieht, kann anschließend die Rettung<br />
verständigen. Lob bekommt das<br />
Paulinum dafür auch aus Innsbruck<br />
– der zuständige Landesschulinspektor<br />
Plankensteiner verriet uns<br />
auf Anfrage: „Das Paulinum beweist<br />
hier wieder mal, dass es mit seinem<br />
Weitblick allen anderen Schulen<br />
einen Schritt voraus ist. Diese Neuerung<br />
beschleunigt die Verständigung<br />
eines Rettungsdienstes immens und<br />
kann so zu einer schnelleren Behandlung<br />
der Verletzungen führen!<br />
Gratulation!“
<strong>etcetera</strong>.<br />
SATIRE<br />
43<br />
VEGETARIER<br />
BOYKOTTIEREN<br />
SCHULBUFFET<br />
Weil das vegetarische Angebot am<br />
Schulbuffet zu wünschen übrig lässt, hat<br />
die VeVeSPa (Vereinigung Vegetarischer<br />
Schüler*innen Paulinum) zu einem großen<br />
Boykott aufgerufen: Anhänger der Vereinigung<br />
sollten ihre Käufe am Schulbuffet<br />
einstellen und stattdessen selbstgebrachte<br />
Speisen und Getränke verzehren.<br />
Die Schulbuffetbetreiber waren für ein<br />
Statement bisher leider nicht erreichbar.<br />
BEZAHLTE ANZEIGE<br />
„SKANDALÖSE ZUSTÄNDE“<br />
PROF. ATZL KRITISIERT<br />
PREIS DER SCHULSHIRTS<br />
Gleich nach der Präsentation der neuen<br />
Schulshirts durch die Schülervertretung<br />
wurde schon Kritik laut. Frau Prof. Atzl kritisiert<br />
den unzumutbaren Preis der Schulshirts,<br />
durch die den Kindern ihrer<br />
Meinung nach ein falsches Qualitätsbewusstsein<br />
eingeimpft werden würde:<br />
„Ein Shirt unter 150€ ist absolut unrealistisch!<br />
Bei mir muss es schon mindestens<br />
Versace sein.“ Wir meinen: Super, endlich<br />
jemand, der auf diesen großen Missstand<br />
hinweist und Stilbewusstsein beweist.<br />
SCHULPSYCHOLOGE<br />
FÜR OBERSTUFLER<br />
EINGERICHTET<br />
Wegen der immer häufiger auftretenden<br />
verbalen und körperlichen Übergriffe<br />
von Unterstuflern auf Oberstufler wurde<br />
eine Beratungs- und Rückzugsstelle eingerichtet.<br />
Ein Schulpsychologe betreut<br />
die Opfer und zeigt ihnen, wie sie sich in<br />
Zukunft präventiv vor solchen Angriffen<br />
schützen können. Für die Unterstufler<br />
wird ein Workshop „Wie verhalte ich mich<br />
höflich gegenüber älteren Schülern?“ in<br />
den Pflichtunterricht integriert.<br />
DAS PAULINUM ALS ORT GELEBTER VIELFALT<br />
Am Paulinum ist für jeden Platz: Eine aktuelle Untersuchung der Sofas im Treff hat ergeben,<br />
dass sich dort zehmal so viele Bakterien wie auf einer benützten Klobürste befinden.<br />
Unsere Anfrage blieb vonseiten der Bakterien unbeantwortet, Experten vermuten aber,<br />
dass viele der Baktieren die Lebensqualität erkannt und sich mittlerweile ihren Hauptwohnsitz<br />
auf den Couchen eingerichtet haben.<br />
SCHLAGZEILEN<br />
+++ Tag der geschlossenen Tür – Die Tore des<br />
Paulinums sind am nächsten Wochenende ausnahmsweise<br />
zugesperrt +++<br />
+++ Vorletzte Schulwoche wird gestrichen – „Es<br />
wird eh nur Film geschaut“ +++<br />
+++ Neuer Rasenmähertraktor: Für die Rückkehr<br />
von Wolfgang wurde bereits im Voraus ein neuer<br />
Rasenmähertraktor angeschafft – erneuten Überstunden<br />
steht damit nichts mehr im Weg +++<br />
+++ Prof. Heinzels Chemielabor wird als Favorit<br />
für einen Kunstpreis gehandelt – Kunstkritiker:<br />
„Der postmodern eingerichtete Raum mit seiner<br />
Unordnung steht ohne Zweifel als Metapher für die<br />
Vielseitigkeit des Lebens – grandios!“ +++<br />
+++ Prof. Walder wünscht sich Jahreswechsel – „Ich<br />
halte es nicht aus, überall hört man nur noch Zweitausendsibsen,<br />
und alle sprechen es auch noch<br />
falsch aus! Wir brauchen Zweitausendachtzehn!“<br />
PROF. SCHWEIGLS TAFELBILDER<br />
ZU WELTKULTURERBE ERKLÄRT<br />
Anfangs der Geheimtipp in der Kunstszene,<br />
entwickelten sich Prof. Martina Schweigls<br />
Tafelbilder zu einem wahren Publikumsmagneten.<br />
Touristen von Nah und Fern touren seit<br />
der Veröffentlichung der besten Tafelbilder in<br />
der renommierten Kunstzeitschrift „art“ ans<br />
Paulinum, um hautnah die Entstehung dieser<br />
Meisterwerke mitzuverfolgen. Nun folgte der<br />
einzig logische Schritt: Alle Tafelbilder von Prof.<br />
Schweigl wurden zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />
erklärt. Alle von ihr benutzten Tafeln im Paulinum<br />
stehen ab sofort unter Denkmalschutz. Prof.<br />
Schweigl verriet uns auf Anfrage das Geheimnis<br />
ihres Erfolgs: „Ich gehe einfach in die Tafel hinein<br />
und lasse meinen Gedanken freien Lauf – das ist<br />
eigentlich popelig einfach!“<br />
POWERED BY<br />
<strong>etcetera</strong>.
<strong>etcetera</strong>.<br />
44 SATIRE<br />
Donald Trump<br />
EINE SATIRE<br />
Text: Amelie Jochmus, Verena Deutsch<br />
Donald Trump. Der Aufstieg vom politisch<br />
unfähigen Multimilliardär zum<br />
mächtigsten Mann der Welt, dem 45.<br />
Präsidenten der Vereinigten Staaten<br />
von Amerika, der es mit der Wahrheit<br />
nicht ganz so genau nimmt. Wofür<br />
braucht man auch Wahrheit, wenn<br />
man alternative Fakten hat? Wenn ihr<br />
auch zu all jenen gehört, die sich die<br />
Frage stellen, wie ein Herr Trump so<br />
weit kommen konnte, dann wollen wir<br />
euch das Erfolgsrezept von unserem<br />
Donald nicht länger vorenthalten.<br />
Wir werden einen genaueren Blick<br />
auf seine Ideen und Taten richten<br />
und hoffen, dass uns dennoch auch<br />
in Zukunft die Einreise in die USA<br />
gewährt bleibt.<br />
Mit einem Löffelchen Geld, einer<br />
kleinen Prise Charisma und einer<br />
Portion (grenz-) genialer Ideen, an<br />
deren Umsetzung es leider noch<br />
etwas hapert, lässt sich ganz leicht ein<br />
machtsteigerndes Wundersüppchen<br />
zusammenbrauen. Donald „the Duck“<br />
Trump rühmt sich ja selber damit, der<br />
beste Präsident zu sein, den die USA<br />
jemals hatte. Eines muss man ihm<br />
ja lassen: Er versucht wenigstens,<br />
seine Wahlversprechen einzuhalten.<br />
Koste es, was es wolle. Da muss man<br />
schon auch mal härter durchgreifen,<br />
wenn es um die Durchsetzung des<br />
Einreiseverbots für Muslime aus<br />
sieben verschiedenen Ländern geht.<br />
Wie Trumps Pressesprecher Sean<br />
Spicer so schön sagte: „Man darf nicht<br />
aufgrund des Geschlechts oder des<br />
Alters eines Menschen darauf schließen,<br />
dass er nicht gefährlich ist!“ Das<br />
muss der kleine 5-jährige Muslim, der<br />
in Handschellen vom Flughafen abgeführt<br />
wurde, wohl erst noch lernen.<br />
Wir sollten laut Donald Trump Kinder<br />
ohnehin viel früher ernst nehmen<br />
und ihnen beibringen, sich selbst<br />
zu verteidigen. Zum Beispiel gegen<br />
die abertausenden Grizzlybären,<br />
die jedes Jahr blutige Massaker in<br />
Schulen anrichten. Klar muss man da<br />
Volksschulkindern eine Waffe in die<br />
Hand drücken, es geht schließlich um<br />
das Wohl der gesamten Bevölkerung.<br />
Die USA kann froh sein, einen so tatkräftigen<br />
Mann als Präsident zu haben,<br />
der sich ehrlich um sein Volk sorgt. In<br />
Sachen Sicherheit kennt Herr Trump ja<br />
offensichtlich keinen Spaß: Mit Schrecken<br />
mussten wir in den vergangenen<br />
Wochen lesen, dass Chicago zu einem<br />
Kriegsgebiet erklärt worden ist. Wenn<br />
wir uns nur vorstellen, wie wir unser<br />
Leben leichtsinnig aufs Spiel gesetzt<br />
haben, als wir unsere letzten Sommerferien<br />
dort verbrachten, kommt<br />
uns das Grauen. Interessieren würde<br />
uns nur, wie sich der neue Präsident<br />
die Lösung für das Chicago-Problem<br />
vorstellt. Wir könnten uns eine Mauer<br />
rund um die Stadt gut vorstellen,<br />
vielleicht ist Kanada als direktes Nachbarland<br />
am anderen Ende des Lake<br />
Michigan ja bereit, sich mit Mexiko<br />
kurzzuschließen, um für etwaige<br />
Kosten aufzukommen.<br />
A propos Mexiko: Die ganze Welt fragt<br />
sich, was sich dieses Land erlaubt. Da<br />
weigert sich Mexiko doch tatsächlich,<br />
dem Herrn Trump bei seinen Kosten<br />
für die Grenzmauer unter die Arme zu<br />
greifen. So eine Frechheit. Nur wegen<br />
deren Egoismus stehen jetzt viele<br />
aufstrebende Maurer ohne Job da.<br />
Wenn die Mexikaner die Mauer nicht<br />
wollen, sollen sie damit aufhören,<br />
sich als illegale Haushaltshilfen bei<br />
armen, unschuldigen Arbeitsministern<br />
einzuschleichen!<br />
Wobei die Indianer da wohl auch noch<br />
ein Wörtchen mitzureden haben: Dass<br />
unser Donald Schwierigkeiten bekommen<br />
könnte, wenn er eine riesige<br />
Mauer durch Indianergebiete bauen<br />
will, war ihm wohl nicht ganz klar, als<br />
ihm die Idee kam. Am Allerschlimmsten<br />
sind überhaupt die Naturschützer,<br />
die ebenfalls eine Mauer durch<br />
Naturschutzgebiete nicht gutheißen<br />
können. Ach, immer diese Naturschützer.<br />
Allen voran Leonardo DiCaprio<br />
schwafelt in einer Tour von dieser<br />
Klimaerwärmung: Dabei hat die doch
<strong>etcetera</strong>.<br />
SATIRE<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
45<br />
China erfunden, um die US-Produktion<br />
wettbewerbsunfähig zu machen.<br />
Und was macht der Rest der Welt?<br />
Die glaubt diesen Naturschützern<br />
auch noch und wettert fest gegen die<br />
geplante Neueröffnung der Kohlekraftwerke<br />
in Amerika. Schon wieder<br />
gehen Arbeitsplätz aufgrund von<br />
blankem Egoismus verloren! Da sollen<br />
sich doch halt ein paar Eisbären kurzfristig<br />
entschließen, auf Diät zu gehen.<br />
Na und? Das nennt man heutzutage<br />
Schönheitswahn! Trumps Ehefrau<br />
Melania ist schließlich damit bekannt<br />
geworden. Die Eisbären könnten doch<br />
nach New York kommen, „it’s freezing<br />
and snowing there!“<br />
Einzig und allein Kalifornien wirkt nicht<br />
so begeistert von Trumps Wahlsieg:<br />
Man startete eine Petition, um den sogenannten<br />
„Calexit“ voranzutreiben.<br />
Mit Europa als großem Beispiel eifern<br />
uns die Kalifornier wohl nun nach und<br />
wollen ganz nach dem „Brexit-Prinzip“<br />
die Vereinigten Staaten von Amerika<br />
verlassen. Einen Versuch ist es immerhin<br />
wert. Auf die Mauer rund um<br />
Kalifornien freuen wir uns jetzt schon.<br />
Es gibt noch Hoffnung für die Maurer!<br />
Ob sich die Amerikaner wohl überlegt<br />
haben, ob ein Mann, der in die Fußstapfen<br />
von George Washington und<br />
Abraham Lincoln tritt, nicht doch ein<br />
politisches Know-how besitzen sollte?<br />
Jetzt ist es zu spät. Oder doch nicht?<br />
Herr Schwarzenegger hätte ja eine<br />
Lösung aus der Trump-Misere: „Hey<br />
Donald, I have a great idea — why<br />
don’t we switch jobs? You take over<br />
TV, because you’re such an expert in<br />
ratings, and I take over your job. And<br />
then people can finally sleep comfortably<br />
again.“ Also wir würden den<br />
Vorschlag ja großartig finden.<br />
Doch wie auch immer: Wir wünschen<br />
dem neuen Präsidenten dennoch<br />
alles Gute und hoffen, dass er unser<br />
Land im Falle eines Besuches nicht<br />
mit Australia verwechselt. Ja, ein<br />
Geographie Crash-Kurs täte unserem<br />
Trump nämlich auch nicht schlecht:<br />
Wir finden ja auch, dass es in Belgien<br />
sehr schön ist, aber nein Herr Trump,<br />
diesem „alternative fact“ müssen wir<br />
leider wiedersprechen: Belgien ist<br />
und bleibt ein Land. Und auch wenn<br />
Belgien sicher dankbar für das nette<br />
Kompliment ist, scheint uns die Degradierung<br />
vom Land zur Stadt doch<br />
etwas hart, finden Sie nicht?<br />
America First<br />
PAULINUM SECOND<br />
Text: Amelie Jochmus<br />
In den Niederlanden hat alles begonnen. Im Zuge einer Fernsehshow<br />
wurde das Video „America first, Netherlands second“ veröffentlicht.<br />
Seitdem verbreiten sich dutzende dieser Clips aus aller Herren Länder<br />
viral im Internet. Alle wollen den heiß begehrten zweiten Platz in der<br />
Weltordnung nach den USA abstauben. Auch das Paulinum will den<br />
neuen Präsidenten, Donald Trump, herzlich willkommen heißen. Und<br />
damit keine alternativen Fakten entstehen und alles schön verständlich<br />
bleibt, ist folgender Willkommensgruß auf Englisch verfasst.<br />
Dear Mr. President<br />
This is an introduction article about “Paulinum”, the best school in the<br />
world. You will love it, it’s amazing. We are the most religious school in<br />
Europe. Regularly, only Christians can enrol, no Muslims, it’s great. We<br />
have heard that US Presidents only speak English! In Paulinum, we learn<br />
the best languages in history. At first there is Latin, which was spoken<br />
in the greatest empire that has ever existed, Rome. It was nearly as big<br />
as yours, wouldn’t there have been this tiny little village in France, well,<br />
doesn’t matter. We learn French as well, and ancient Greek, best language<br />
ever, you would love it. Everything in our school is orange, even the<br />
floors. We know that you love this colour because you are orange as<br />
well, so you would really like our school. By the way, there is a soccer<br />
field in front of the Paulinum. Everyone is allowed to play on it, except the<br />
pupils. Totally unfair. Same thing as your Mexican problem. We’re thinking<br />
about building a wall around the soccer field, and let the BRG pay<br />
for it. You have a golden Tower? There is a golden roof next to our place,<br />
it’s amazing. Are you impressed? We hope so. We totally understand it’s<br />
going to be “America First”. But can we just say “Paulinum second”?<br />
PS: Did you know that Mexico is part of America, too? Just wanted to tell<br />
you.
<strong>etcetera</strong>.<br />
46 SPORT<br />
BASEBALL<br />
in Schwaz<br />
Text: Simon Kirchmair, Fabian Gschwenter<br />
Jeder kennt den amerikanischen<br />
Kultsport. Doch die meisten Menschen<br />
setzen sich gar nicht erst damit<br />
auseinander, da sie die Regeln nicht<br />
kennen und so den Spielverlauf nicht<br />
verstehen.<br />
Baseball ist mit Brennball vergleichbar.<br />
Auf dem Spielfeld in Form eines<br />
Kreisviertel (Diamond) befinden sich<br />
vier sogenannte Bases (Safepoints).<br />
Jedes Team besteht aus neun<br />
Spielern. Zu Beginn startet die Auswärtsmannschaft<br />
mit dem Schlagen.<br />
Hierbei wirft der Pitcher (Werfer) der<br />
Heimmannschaft dem Schlagmann<br />
der gegnerischen Mannschaft einen<br />
Ball zu. Wenn der Schlagmann den<br />
Ball mit dem Schläger trifft, wird er<br />
zum Läufer und muss alle drei Bases<br />
einmal berühren, um zum Schlagmal<br />
(Home Plate) zurückzukehren. Je<br />
nach Weite des Schlags unterbricht<br />
der Läufer seinen Lauf an einer der<br />
drei Bases, um nicht „ausgemacht“<br />
zu werden. Ein Aus bedeutet, dass<br />
entweder der Läufer direkt mit dem<br />
Ball von einem „Fielder“ (Feldspieler)<br />
berührt wird (vgl. Tagout), oder der<br />
Ball vor dem laufenden Spieler an<br />
der Base angelangt (vgl. Forceout).<br />
Dann ist dieser Läufer aus und muss<br />
das Spielfeld verlassen. Während<br />
das gegnerische Team am Schlagen<br />
ist, muss die Heimmannschaft das<br />
Feld verteidigen und die gefangenen<br />
Bälle zu den Bases werfen. Das Spiel<br />
dauert 9 Innings. Ein Inning bedeutet,<br />
dass jedes Team einmal schlagen<br />
sowie verteidigen muss. Diese Innings<br />
können dann noch weiter in Halbinnings<br />
unterteil werden, welche nach<br />
drei „Outs“ enden.<br />
Soweit so gut. Auch in Schwaz gibt<br />
es, wie nicht viele wissen, ein Baseballteam:<br />
die Schwaz Tigers. Doch<br />
wie entstand und entwickelte sich der<br />
beliebte amerikanische Sport in der<br />
Silberstadt?<br />
Die amerikanische Trendsportart<br />
wurde bereits 1986 in Schwaz von<br />
einem Haufen engagierter Jugendlicher<br />
zum ersten Mal richtig – außerhalb<br />
eines Computerspiels – gespielt.<br />
Bereits im ersten Jahr nach der Gründung<br />
konnten die Tigers bedeutende<br />
Siege in der österreichischen Meisterschaft<br />
einfahren. Auf Anhieb erreichten<br />
sie den dritten Platz! Etwas später,<br />
im Jahre 1992, fand das Schwazer<br />
Team dann seinen ersten finanziellen<br />
Sponsor, das Restaurant Papa Joe‘s<br />
aus Innsbruck und wurde prompt<br />
danach benannt: Papa Joe‘s Tigers.<br />
1994 wurde durch die Verpflichtung<br />
von dem Trainer Bill Piela aus New<br />
York und dessen gute Aufbauarbeit<br />
ein weiterer Schritt in Richtung Spitze<br />
gemacht. Im darauffolgenden Jahr war<br />
es dann soweit: Die Papa Joe’s Tigers<br />
holten den Staatsmeistertitel erstmals<br />
nach Schwaz! Und auch der zweite<br />
Titel ließ nicht lange auf sich warten,<br />
denn 1998 wurden die Schwazer zum<br />
zweiten Mal Staatsmeister. Nach nun<br />
fast 20 Jahren als Verein spendierte<br />
die Stadt Schwaz ihren Baseballern<br />
nun Ende des Jahres 2005 endlich<br />
einen eigenen Baseballplatz.<br />
Zurzeit sind die Tigers wieder auf<br />
dem aufsteigenden Ast. Nach dem<br />
Titelgewinn in der Regionalliga hatten<br />
die Schwazer die Möglichkeit, in die<br />
Bundesliga aufzusteigen, entschieden<br />
sich jedoch dafür, eine weitere Saison<br />
in der Regionalliga zu bleiben, um sich<br />
verstärkt der Jugendarbeit zu widmen.<br />
Dafür holen sich die Tiger jährlich
<strong>etcetera</strong>.<br />
SPORT<br />
47<br />
einen Profi-Baseballtrainer oder einen<br />
ehemaligen Spieler aus den Vereinigten<br />
Staaten. In dieser Saison kommt,<br />
wie schon in der letzten, der Venezuelaner<br />
José Castillo. Er spielte bei den<br />
Boston Red Sox in der Minor League<br />
A, der amerikanischen 4. Bundesliga.<br />
In Österreich gibt es zum jetzigen<br />
Zeitpunkt 46 Vereine, von welchen<br />
vier in Tirol beheimatet sind. Neben<br />
den Tigers aus Schwaz ist auch Innsbruck<br />
mit den Pioneers sowie Kufstein<br />
mit den Vikings und Kitzbühel mit<br />
seinen Wolfins vertreten. Die Beliebtheit<br />
steigt, da immer mehr Personen<br />
einmal etwas Neues ausprobieren<br />
und von den typischen Sportarten<br />
wegkommen wollen.<br />
Des Weiteren verdanken wir dem in<br />
unseren Breitengraden eher unbekannten<br />
Sport auch eine Lehrperson<br />
am Paulinum. Frau Prof. Flöck hat<br />
durch Baseball ihren Mann kennengelernt<br />
und ist deswegen auch von<br />
Deutschland nach Tirol gekommen.<br />
Jeder ist herzlich eingeladen, einmal<br />
Baseball zu probieren und zu einem<br />
oder mehreren Training(s) zu kommen.<br />
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A-6068 Mils, Gewerbepark Süd
<strong>etcetera</strong>.<br />
48 SPOTLIGHTS<br />
INTROVERSION<br />
in einer extrovertierten Welt<br />
Text: Vanessa Gogl<br />
Hast Du schon einmal darüber nachgedacht,<br />
dass wir eigentlich in einer<br />
extrovertierten Gesellschaft leben?<br />
Menschen, die sich selbst vermarkten,<br />
gut reden können, aus sich herausgehen<br />
und einfach gute Laune verbreiten,<br />
werden gemocht und belohnt.<br />
Aber was ist mit dem Rest?<br />
Etwa zwanzig bis fünfzig Prozent<br />
aller Menschen sind introvertiert<br />
– das heißt, sie sind eher nach<br />
innen gewandt, still und schüchtern,<br />
während Extrovertierte den großen<br />
Auftritt und das Scheinwerferlicht<br />
lieben. Introvertierte neigen dazu, sich<br />
mehr mit ihren Gedanken und ihrem<br />
Inneren zu befassen als mit ihrer<br />
Außenwelt. Und im Alltag kann das<br />
oftmals ein Problem darstellen.<br />
Das Leben ist voll mit lauten, bunten,<br />
verrückten, charmanten, einnehmenden<br />
Personen, und dabei gehen die<br />
Stilleren oft unter, obwohl sie genauso<br />
magisch und besonders sein können.<br />
Die Introvertierten verschwinden<br />
schnell in der Menge, aber sie sind<br />
immer da, mit einem sanften Lächeln<br />
vom Nebentisch, einer leisen Entschuldigung,<br />
wenn sie in der Menge<br />
etwas zu nah an dir vorbeilaufen. Es<br />
muss nicht immer so sein, dass sich<br />
die Lauten hervorheben, aber oft ist<br />
das der Fall. Weil wir denken, dass die,<br />
die am lautesten rufen, am ehesten<br />
etwas zu sagen haben. Dabei hat jeder<br />
Mensch etwas zu sagen – ob er seine<br />
Meinung nun in die Welt hinausschreit<br />
oder sie dir leise ins Ohr flüstert.<br />
Zum Beispiel ist da die Sache mit der<br />
Schule. Schüchterne Leute stehen<br />
nicht gerne im Mittelpunkt und sagen<br />
deshalb nicht viel. Die Komfortzone<br />
zu verlassen, um aufzuzeigen und mit<br />
lauter, klarer Stimme zu sprechen, ist<br />
gar nicht so leicht. Was sich wiederum<br />
negativ auf die Mitarbeit und somit auf<br />
die Noten auswirkt, obwohl man ja<br />
eigentlich weiß, worum es geht. Nur<br />
erfordert es Mut, Gedanken in Worte<br />
umzuwandeln. Also schweigt man<br />
lieber. Wartet ab. Beobachtet und hört<br />
alles. Andere melden sich andauernd,<br />
halten hervorragende Referate und<br />
treten selbstsicher auf, und sie werden<br />
dafür gelobt – weil ihre Talente so offensichtlich<br />
sind.<br />
Was ist mit denen, die zuhause sitzen<br />
und die schönsten Zeichnungen<br />
anfertigen, die die Welt je gesehen<br />
hat? Was ist mit denen, die in ihrem<br />
Zimmer, allein und in vollkommener<br />
Stille, so schnell rechnen und so hervorragend<br />
schreiben können, wie sie<br />
es in einem flüsternden, wispernden,<br />
von der Stimme der Lehrperson und<br />
dem Ächzen der Kugelschreiber erfüllten<br />
Klassenzimmer einfach nicht fertig<br />
bringen?<br />
Es ist nicht einfach, in einer extrovertierten,<br />
lauten, sich ständig selbst präsentierenden<br />
Welt introvertiert zu sein.<br />
Leise Stimmen werden oft überhört.<br />
Die, die nicht im Mittelpunkt stehen,<br />
verschwimmen im Grau der Masse.<br />
Das grelle Scheinwerferlicht, das auf<br />
die Stars gerichtet wird, macht es unmöglich,<br />
die Gesichter der Menschen<br />
im Dunkeln rundherum zu erkennen.<br />
Häufiger Umgang mit anderen Leuten<br />
wird von der Allgemeinheit erwartet,<br />
introvertierte Tendenzen und Präferenzen<br />
zu haben ist aber nicht direkt<br />
die gesellschaftliche Norm, was man<br />
auch oft am mangelnden Verständnis<br />
anderer bemerkt.<br />
Ich gehöre zu den Menschen, die<br />
in einem Raum voller Leute lieber<br />
am Rand stehen als in der Mitte. Ich<br />
fürchte mich davor, auf einer Bühne<br />
zu stehen und vor Publikum sprechen<br />
zu müssen. Ich beginne zu zittern,<br />
wenn ich ein Referat halten muss.<br />
Ich bleibe lieber still und höre zu. Ich<br />
beginne nicht gerne Unterhaltungen<br />
mit Fremden; ich lächle ihnen dafür<br />
manchmal stumm zu. Ich sitze lieber<br />
mit einem Buch zuhause, als auf<br />
einem Fest in der Stadt mit anderen<br />
zu reden. Ich bin auf dem Spektrum<br />
der Intro- und Extraversion eher auf<br />
der stilleren, ruhigeren Seite. Ich bin<br />
eine von vielen. Und auch, wenn die<br />
Extrovertierten die Welt als Schauspieler,<br />
Verkäufer, Sportler, Artisten und<br />
Redner regieren mögen, sind es doch<br />
oft die Introvertierten, die als Maler,<br />
Autoren, Musiker oder Architekten<br />
Welten erschaffen.<br />
Wir sind Träumer und Idealisten und<br />
Genies und wir sind witzig und tollpatschig<br />
und viel mehr. Genau wie<br />
jeder andere auch. Egal, ob du eher<br />
introvertiert oder extrovertiert bist –<br />
schlussendlich sind wir alle Menschen,<br />
und wir sollten einander akzeptieren<br />
und aufeinander eingehen. Einander<br />
verstehen. Miteinander leben – ohne<br />
anderen den Platz zu nehmen, den sie<br />
für sich selbst benötigen.
<strong>etcetera</strong>.<br />
SPOTLIGHTS<br />
49<br />
DIE MACHT DER SPRACHE<br />
Text: Anna Sophia Tschuggnall<br />
SCHÖNHEITSWAHN<br />
Text: Hannah Mühlegger<br />
Worte können verletzen. Worte können Situationen<br />
eskalieren lassen. Worte können Hass auslösen. Worte<br />
können beruhigen. Worte können glücklich machen.<br />
Worte können trösten. Worte können verzeihen. Worte<br />
können verändern.<br />
Die Sprache ist uns etwas Selbstverständliches. Ein<br />
Leben ohne Sprache ist für uns nicht vorstellbar. Egal ob<br />
wir Worte oder Mimik verwenden, wir kommunizieren,<br />
das heißt wir wollen uns oder etwas jemandem mittteilen.<br />
Ohne Mitteilung gibt es keine Gemeinschaft. Wenn wir uns<br />
den Gebrauch der Sprache genau ansehen, bemerken<br />
wir, dass Sprache und Versprechen nahe beieinanderliegen.<br />
Tauf-und Hochzeitsversprechen werden sprachlich<br />
transportiert. „Am Anfang war das Wort“, steht im Johannesevangelium.<br />
Wir sollten uns eigentlich bewusst sein,<br />
dass Sprache etwas sehr Schönes und auch Besonderes<br />
sein sollte. Manchmal können wir es auch spüren: in<br />
einem Text, in einem Lied und auch in den Worten eines<br />
Menschen.<br />
Dennoch verwenden wir Sprache oftmals ohne nachzudenken.<br />
Wir beschimpfen einander, wir übernehmen<br />
Phrasen aus den sozialen Medien, wir machen uns lustig<br />
über Dinge, die uns fremd erscheinen und nicht unseren<br />
Vorstellungen entsprechen. Wir verwenden Sprache, um<br />
ab- und auszugrenzen. Unsere Worte kommen schnell<br />
über die Lippen, ein Spaß hier, ein Schimpfwort da, eine<br />
Beleidigung ausgesprochen, einen blöden Kommentar<br />
abgegeben. Wenn dies auch noch in der Gruppe passiert,<br />
erkennen wir nicht mehr, dass wir in einem Prozess sind,<br />
der Sprache eigentlich missbraucht und als Waffe einsetzt.<br />
Sprache verletzt.<br />
Sprache ist auch ein Thema in den sozialen Medien,<br />
schnell geschrieben, schnell gepostet, schnell verbreitet.<br />
Hundertfach gelikt und kopiert, verliert das Wort seine<br />
Einzigartigkeit, die es in einem Buch, in einem Gedicht<br />
hat.<br />
Sprache hat einen Zauber. Wir müssen uns entscheiden,<br />
wie wir diesen Zauber einsetzen, ob wir mit Menschen<br />
sprechen, uns ihnen zuwenden oder ob wir gedankenlos<br />
über Menschen hinweggehen, ob wir stützen oder<br />
stürzen. Schlussendlich müssen wir uns bewusst sein,<br />
dass unsere Sprache ein Teil unserer Persönlichkeit ist,<br />
eigentlich unsere Eintrittskarte in unser Leben und in das<br />
Leben anderer. Wir sollten vorsichtig damit umgehen.<br />
Das perfekte Gesicht. Der perfekte Körper. Das perfekte<br />
Aussehen. Wer möchte das nicht? Wer möchte nicht makellos<br />
aussehen? Wer möchte nicht schön sein? Jeder will<br />
es. Jeder träumt davon. Jeder eifert einem Schönheitsideal<br />
nach. Immer besser. Immer schöner. Immer künstlicher.<br />
Wir wollen aussehen wie Puppen. Wie Porzellanfiguren.<br />
Wie Bilder. So schön. So makellos. So unübertrefflich. Was<br />
denkst du darüber? Was denkst du über Schönheitswahn?<br />
Was denkst du über das Verlangen, immer perfekter auszusehen.<br />
Ist es normal? Ist es normal, sich abzuhungern,<br />
um die perfekte Figur zu haben? Ist es normal, sich einmal<br />
im Monat die Lippen aufspritzen zu lassen? Sind all diese<br />
Dinge normal?<br />
Ich denke, wir werden von unserer Gesellschaft manipuliert.<br />
Unser Gehirn speichert automatisch ab, dass jeder<br />
schlank sein muss. Jeder muss volle Lippen haben. Jeder<br />
muss perfekt aussehen. Aber was macht man, wenn<br />
man all dies nicht hat? Nichts. Man lebt weiter. Ich werde<br />
auf jeden Fall nicht aufhören zu essen oder Ähnliches.<br />
Warum nicht? Weil ich es als absurd empfinde, etwas so<br />
Unwichtigem nachzueifern. Es hat für mich keinen Wert.<br />
Findet ihr es nicht auch fragwürdig, dass wir alle diesem<br />
einen Ideal folgen? Findet ihr es nicht auch fragwürdig,<br />
dass jeder versucht gleich auszusehen? Warum wollen<br />
wir überhaupt genau so aussehen? Wieso versuchen wir<br />
unseren Körper krampfhaft zu verändern? Ich will ganz<br />
ehrlich sagen, ich weiß es nicht. Ich habe nicht die geringste<br />
Ahnung, warum uns die Medien dieses falsche<br />
Bild geben. Dieses perfekte, nahezu makellose Bild eines<br />
Körpers.<br />
Ich will jetzt auch nicht jedem die üblichen Sprüche vortragen:<br />
„Du bist perfekt, so wie du bist. Es zählen nur die<br />
inneren Werte.“ Doch ich will sagen, dass man sich in<br />
seinem Körper wohlfühlen sollte. Denn das ist das Wichtigste.<br />
Als Allererstes musst du mit dir selbst zufrieden<br />
sein.<br />
Wie kommt man aber zu dieser Zufriedenheit? Wie kommt<br />
man dazu, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist? Sei<br />
einfach du. Sieh die positiven Dinge an dir. Dieses eine,<br />
an dem dich jeder erkennt. Dein Lächeln. Deine Laune.<br />
Deine Leidenschaft. Was macht dich einzigartig? Wäre<br />
es nicht schrecklich langweilig, wenn jeder gleich wäre?<br />
Wenn jeder gleich aussehen würde. Man könnte keinen<br />
mehr erkennen. Die Einzigartigkeit wäre verloren. Das,<br />
was den Menschen ausmacht, wäre einfach verloren.<br />
Unsere Einzigartigkeit.<br />
Du bist du und ich bin ich.
<strong>etcetera</strong>.<br />
50 SPOTLIGHTS<br />
IST NORMALITÄT NORMAL?<br />
Text: Anna Sophia Tschuggnall<br />
Stell dir vor, du bist in einem Supermarkt.<br />
Dein Blick schweift umher. Du<br />
siehst einen alten Mann mit langen<br />
Haaren und greller Sonnenbrille. Das<br />
ist doch nicht normal! An der Nebenkassa<br />
steht eine Frau mit Kleidergröße<br />
XXL. Das ist doch nicht normal! Das<br />
Kind neben dir hört einfach nicht auf,<br />
um Süßigkeiten zu betteln. Das ist<br />
doch nicht normal!<br />
Bin ich normal, seid ihr normal, was ist<br />
schon normal?<br />
Und die wichtigste Frage: Wer bestimmt,<br />
was normal ist? Wer bestimmt<br />
Normalität?<br />
Nehmen wir einmal an, die Normalität<br />
wird von der Mehrheit bestimmt.<br />
Aber die Frage der Mehrheit ist kompliziert.<br />
Ich lebe mit einer Mehrheit<br />
in der Klasse, mit einer Mehrheit bei<br />
Facebook und Instagram, mit einer<br />
Mehrheit in Österreich. Wir haben es<br />
mit unzähligen Mehrheiten zu tun, je<br />
nach dem Ausgangspunkt. Eigenartigerweise<br />
hat die Mehrheit nichts mit<br />
dem Durchschnitt zu tun.<br />
Es entspricht nicht dem Durchschnitt,<br />
dünn zu sein. Trotzdem eifern wir<br />
diesem Idealbild nach, das uns die<br />
Medien präsentieren. An jeder Ecke<br />
zeigen uns Plakate, wie toll es doch<br />
wäre, makellos, schlank, muskulös<br />
und wohlgeformt auszuschauen. Das<br />
gilt für Mädchen wie Jungs. Dieses<br />
Gift schleicht sich so langsam und<br />
unbemerkt in unsere Köpfe ein, dass<br />
wir diese perfekten Bilder als normal<br />
und erstrebenswert sehen. Auch Stars<br />
geben uns einen Trend vor. Trendig zu<br />
sein heißt für uns Jugendliche normal<br />
zu sein.<br />
Die Normalität<br />
“<br />
ist eine<br />
gepflasterte Straße, man<br />
kann gut darauf gehen –<br />
doch es wachsen keine<br />
Blumen auf ihr.<br />
Dieses Zitat stammt von Vincent van<br />
Gogh vor ca. 100 Jahren. Es zeigt,<br />
dass diese Problematik schon alt und<br />
nicht nur auf die neuen Medien zurückzuführen<br />
ist.<br />
Es ist so bequem, normal zu sein, auf<br />
der breiten Straßen zu gehen, nur<br />
innerhalb des Kreises der Normalität<br />
aufzufallen, dass wir beim Verlernen<br />
sind, wertzuschätzen, was es heißt,<br />
einzigartig und besonders zu sein,<br />
und das geht in zwei Richtungen: Der<br />
Bruder meiner Freundin ist schwer<br />
beeinträchtigt. Er wird wunderbar im<br />
Elisabethinum, einer Behinderteneinrichtung,<br />
betreut und gefördert. Nun<br />
sollen diese Sondereinrichtungen<br />
abgeschafft werden und gehandicapte<br />
Kinder in „normalen“ Schulen<br />
integriert werden. Es ist zwar schön,<br />
zu denken, dass alle Menschen gleich<br />
sind, aber nicht jeder Mensch kann die<br />
gleichen Aufgaben auf dieselbe Art<br />
und Weise lösen. Über diese Normalität<br />
und Gleichmacherei nimmt man<br />
aber gerade behinderten Menschen<br />
die Möglichkeit, sich individuell und<br />
besonders zu entwickeln. Hier wird<br />
über ein Ideal hinaus Realität verweigert<br />
und Gleichheit, wo es keine gibt,<br />
eingefordert. Wer würde jemals auf die<br />
Idee kommen, den wunderschönen<br />
Flug eines Schmetterlings mit dem<br />
majestätischen Gang eines Löwen zu<br />
vergleichen? Beide sind etwas Besonderes<br />
in ihrer Eigenart, auf ihre eigene<br />
Art.<br />
Auf der anderen Seite gefällt es uns<br />
auch nicht, wenn jemand aus der<br />
sogenannten Normalität ausbricht.<br />
Der, der anders ist und vielleicht das<br />
erreicht, was wir alle anstreben, wird<br />
nämlich auch argwöhnisch beäugt.<br />
Gerade wir Mädchen fangen an zu<br />
spotten und neidisch zu sein, wenn<br />
wir bemerken, dass unser Gegenüber<br />
besser, schöner und erfolgreicher ist<br />
als wir selbst. Wir sagen oftmals Sätze<br />
wie „Warum trainiert man drei Stunden<br />
am Tag? Das ist ja nicht normal! Schau<br />
dir den grellen Lippenstift an. Das ist<br />
ja nicht normal! Die zwei turteln schon<br />
wieder. Das ist ja nicht normal!<br />
So bewegen wir uns auf der asphaltierten<br />
Straße und wollen aus Bequemlichkeit<br />
oder Angst nicht, dass<br />
andere diese verlassen, denn sonst<br />
müssten ja auch wir aus der Normalität,<br />
aus dem Gewohnten, aus der<br />
Trägheit austreten. Der Weg ist vorgegeben.<br />
Keine Steine bringen uns zum<br />
Stolpern. Abzweigungen und Unebenheiten<br />
gibt es nicht, es gibt aber auch<br />
keine Blumen und Schmetterlinge.<br />
Beim Schreiben ist mir noch ein<br />
anderer Aspekt von Normalität aufgefallen.<br />
Wir gewöhnen uns nicht nur<br />
daran, wie wir sein sollten, sondern wir<br />
gewöhnen uns auch an Katastrophen<br />
und schlimme Nachrichten. Für uns<br />
ist so vieles normal geworden, weil<br />
wir es schon so oft gehört haben. Wir<br />
haben uns daran gewöhnt, dass keine<br />
Woche vergeht, ohne Krieg und Terrormeldungen.<br />
Kein Tag ohne Zerstörung<br />
und Bombardierung von Städten,<br />
keine Stunde, ohne dass eine Familie<br />
ihre Heimat verlassen muss, keine fünf<br />
Sekunden, ohne dass ein Kind unter<br />
zehn Jahren verhungert. Und Grenzzäune<br />
werden gebaut, um die Normalität<br />
einer sich selbst bestimmenden<br />
Mehrheit aufrechtzuerhalten. Wie<br />
absurd ist unsere Welt bitte, dass wir<br />
diese Meldungen als normal ansehen,<br />
aber ein übergewichtiges Kind als<br />
nicht normal kategorisieren?<br />
Wir können es drehen und wenden,<br />
wie wir wollen, die Normalität darf<br />
nicht zur Norm werden. Wir dürfen uns<br />
nicht von der Normalität bestimmen<br />
lassen. Es darf niemand als normal<br />
oder als nicht normal gewertet bzw.<br />
abgewertet werden.<br />
Ich wünsche mir eine Welt, in der wir<br />
die asphaltierte Straße verkleinern<br />
und den Schmetterlingen, den Blumen<br />
und den Menschen Platz lassen. Jeder<br />
Mensch ist etwas Besonderes, jeder<br />
Mensch ist etwas Einzigartiges und<br />
jeder Mensch hat das gleiche Recht,<br />
in seiner Individualität wertgeschätzt<br />
zu werden und nicht in der Normalität<br />
verloren zu gehen. Ich wünsche mir<br />
eine Welt, in der wir hinhören auf die<br />
Bedürfnisse der Menschen, mitfühlen<br />
mit den Nöten und Ängsten und umdenken,<br />
damit auf der Straße der Normalität<br />
Leben nicht niedergetrampelt<br />
wird. Ich wünsche mir eine Welt voller<br />
Farben, in der es eben nichts Besonderes<br />
ist, dass jeder so sein kann, wie<br />
er ist. Ich weiß, wir können die Welt im<br />
Großen nicht schnell verändern, aber<br />
unsere Sichtweise. In unserem Wirkungskreis<br />
müssen wir hinhören, mitfühlen<br />
und umdenken, damit unsere<br />
Mitmenschen unsere Aufmerksamkeit<br />
bekommen, aufrichtig und ehrlich und<br />
nicht normalisiert und klassifiziert.<br />
Dann werden unsere Familien, unsere<br />
Schulen, unsere Gesellschaft lebensund<br />
liebenswert. Lasst uns zusammen<br />
daran arbeiten!
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SPOTLIGHTS<br />
51<br />
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SPOTLIGHTS<br />
53<br />
Schulpartnerschaften einfach erklärt<br />
von unterstuflern für unsterstufler<br />
SGA, PV, SV...<br />
Was bedeutet das alles?<br />
Jede gut funktionierende Schule braucht eine gelingende Schulpartnerschaft. Darunter versteht man die Zusammenarbeit<br />
von Lehrern, Eltern und Schülern. Dies ist gesetzlich vorgegeben. Die Umsetzung dieser Gesetze erfolgt in den<br />
unterschiedlichsten Formen, die wir euch jetzt erklären.<br />
Klassensprecher<br />
Der Klassensprecher und sein Stellvertreter werden<br />
demokratisch von den Klassenmitgliedern für ein Jahr<br />
gewählt. Wenn es Beschwerden über Lehrer oder Sonstiges<br />
gibt, ist es die Aufgabe des Klassensprechers, sich<br />
dieses Problems anzunehmen, indem er die Problematik<br />
dem Klassenvorstand oder dem betreffenden Lehrer<br />
mitteilt und an der Lösung mitwirkt. Klassensprecher und<br />
Klassensprecherstellvertreter können während eines<br />
Jahres eigentlich nicht einfach abgelöst werden. Sollte<br />
eine Klasse wirklich mit den Vertretern völlig unzufrieden<br />
sein, braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine<br />
Neuwahl. Daher sollte die Wahl des Klassensprechers /<br />
Klassensprecherstellvertreters von allen Schülern ernst<br />
genommen werden. Der Klassensprecher kann aber<br />
durchaus jedes Jahr noch einmal gewählt werden.<br />
Text: Elisabeth Fischer, Anna Sophia Tschuggnall<br />
SGA (Schulgemeinschaftsausschuss)<br />
Im SGA sind Vertreter von Eltern, Schülern, Lehrern und der Direktor vertreten. Der Direktor hat mindestens zweimal im<br />
Jahr eine Sitzung einzuberufen. Er hat dabei nur beratende Funktion, stimmberechtigt sind jeweils die drei Vertreter von<br />
Lehrern, Eltern und Schülern; d. h. es gibt insgesamt neun Stimmen. Bei den meisten Abstimmungen bedarf es einer<br />
einfachen Mehrheit, besonders wichtige Beschlüsse müssen allerding mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in jeder Gruppe beschlossen<br />
werden, man spricht von einer doppelten Zwei-Drittel-Mehrheit. Das hat den Sinn, dass Änderungen z. B. der<br />
Hausordnung nur mit Zustimmung aller Beteiligten möglich sind. Der Direktor hat aber das Recht, einen Beschluss, wenn<br />
er rechtswidrig oder aus organisatorischen Gründen nicht durchführbar ist, für ungültig zu erklären. Der SGA beschließt<br />
Dinge, die die Schulgemeinschaft betrifft, wie z. B. schulautonome Tage oder die Hausordnung, z. B. das heißumstrittene<br />
Handyverbot in der Unterstufe. Die Schülervertreter im SGA sind derzeit Lea Schwaiger, Ruth Hochenwarter und Felix<br />
Schwitzer, die Eltern werden von Brigitte Niessner, Michael Deutsch und Martin Gschwenter vertreten, als Lehrer sind<br />
momentan Birgit Tschuggnall, Birgit Christ und Martina Schweigl im SGA. Den Vorsitz hat unser Direktor, Kurt Leitl, inne.<br />
Schülersprecher<br />
Der Schülersprecher hat zwei Stellvertreter und wird von<br />
den Oberstufenschülern gewählt. Diese drei gewählten<br />
Vertreter sind gleichzeitig Teil des SGA (siehe oben) und<br />
Verbindungsglied zwischen Schülern, Lehrern, Eltern und<br />
Direktion. Der Aufgabenbereich der Schülervertretung<br />
umfasst einiges, über die Organisation eines Schulfestes bis<br />
hin zur Vertretung der Interessen der Schüler und Diskussionen<br />
über die Gestaltung des Schulalltags.<br />
Unterstufensprecher<br />
Der Unterstufensprecher wird von den Klassensprechern<br />
der Unterstufe gewählt. Er vertritt die Anliegen der Unterstufe.<br />
Allerdings ist dies eine Position, die gesetzlich nicht<br />
verankert ist, aber zeitweise am Paulinum schon verwirklicht<br />
wurde. Im Moment gibt es keinen Unterstufensprecher.<br />
Personalvertretung<br />
Die Lehrerinnen und Lehrer wählen<br />
– ähnlich wie die Schülerinnen und<br />
Schüler ihren Klassensprecher – drei<br />
Vertreter, die mit der Schulleitung<br />
und der Administration versuchen,<br />
Lösungen bei Herausforderungen im<br />
Schulalltag zu finden. Die Personalvertretung<br />
sorgt dafür, dass die Interessen<br />
der Lehrer vertreten werden.<br />
Momentan sind für diese Aufgabe<br />
gewählt: Prof. Birgit Tschuggnall, Prof.<br />
Manfred Nuener und Prof. Ursula<br />
Thummer-Wolf.<br />
Elternverein<br />
Der Elternverein ist der freiwillige Zusammenschluss<br />
interessierter Eltern.<br />
Er ist eine privatrechtliche Einrichtung,<br />
deren Mitglieder einen Beitrag zahlen.<br />
Aus diesem Geld kann der Elternverein<br />
verschiedene Aktivitäten wie Exkursionen,<br />
Sportveranstaltungen bzw.<br />
Seminare finanziell unterstützen. Der<br />
Elternverein entsendet auch Vertreter<br />
in den SGA.<br />
Genderbeauftragter<br />
An unserer Schule gibt es einen Genderbeauftragten,<br />
der dafür sorgt, dass<br />
Frauen und Männer gleichberechtigt<br />
sind. Am Paulinum übernimmt diese<br />
Aufgabe Stefan Lukasser, Karin Kirchmair<br />
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56 KONZERTE<br />
<strong>etcetera</strong>.<br />
08.03.2017 - Innsbruck<br />
ANNENMAYKANTEREIT<br />
Text: Lea Schwaiger, Bilder: Michael Huber<br />
DIE BAND: Was zuerst wie ein alberner<br />
Zungenbrecher wirken mag, ist<br />
tatsächlich eine Band. Noch nie davon<br />
gehört? Dann spitzt eure Ohren für ein<br />
paar Fakten.<br />
Die Pop-Rock Band besteht aus vier<br />
Deutschen namens Christopher<br />
Annen, Henning May, Severin Kantereit<br />
und seit 2014 auch Malte Huck.<br />
Gegründet wurde sie im Jahre 2011<br />
von den drei Gründungsmitgliedern,<br />
aus denen sich der Name der Band<br />
zusammensetzt. Die Band ist vor allem<br />
bekannt für die tiefe, raue Stimme des<br />
Sängers Henning, der auch eine Single<br />
mit der deutschen Hip-Hop-Gruppe<br />
K.I.Z aufnahm, die den Titel „Hurra,<br />
diese Welt geht unter“ trägt. Zuerst<br />
startete das junge Trio als Straßenmusiker<br />
durch. 2013 erschien dann das<br />
erste selbst aufgenommene Album.<br />
Bekannt wurden sie mithilfe ihres<br />
YouTube-Kanals. Das Video zu dem<br />
Song „Wohin du gehst“ verschaffte<br />
ihnen schließlich den Durchbruch.<br />
Zuerst kam eine deutschlandweite<br />
Clubtour, es folgten einige Festivals<br />
im Sommer 2014 und gegen Ende<br />
desselben Jahres spielten sie auf<br />
mehreren Konzerten als Vorband der<br />
„Beatsteaks“ und von „Clueso“. Auch<br />
einen Fernsehauftritt bei der Sendung<br />
„Circus Halligalli“ kann die Band auf<br />
ihrer Liste der Erfolge verzeichnen.<br />
2015 unterzeichneten die Musiker<br />
dann einen Plattenvertrag bei „Universal“.<br />
Ihr erstes richtiges Album „Alles<br />
nix Konkretes“ veröffentlichten sie<br />
2016. Darauf befinden sich Songs wie<br />
„Pocahontas“, „Barfuß am Klavier“ und<br />
„Oft gefragt“, welches Henning seinem<br />
Vater widmete. Andere Songs sind<br />
vor allem von Liebe und vom Leben<br />
inspiriert, vom Erwachsenwerden und<br />
von Freundschaft. Auf Instagram kann<br />
die Band stolze 157.000 Follower verzeichnen.<br />
Prinzipiell sind sie allerdings<br />
der Technologie und sozialen Medien<br />
gegenüber skeptisch eingestellt und<br />
rufen auch während ihrer Konzerte auf,<br />
die Handys wegzulegen, um die Musik<br />
vollkommen genießen zu können.<br />
DAS KONZERT: Bevor die „Die höchste<br />
Eisenbahn” ihren Auftritt begann,<br />
brachte die Band, ebenfalls Deutsche,<br />
das Publikum mit Songs wie „Lisbeth“<br />
und „Blume“ bereits in Stimmung. Das<br />
Konzert von Annenmaykantereit war<br />
ausverkauft, die Musikgruppe begeisterte<br />
die Menge allein schon beim Betreten<br />
der Halle durch Lichterketten, die<br />
über den Köpfen hoch emporschwebten<br />
und einen in Staunen versetzten.<br />
Ohne Pannen und ohne Patzer spielte<br />
die Band fast zwei Stunden lang durch.<br />
Obwohl die Gruppe deutsche Songtexte<br />
schreibt, covern sie auch gerne<br />
so manchen englischen Song, wie zum<br />
Beispiel „Sunny“ von Marvin Gaye.<br />
Allerdings startete die Band den Song<br />
mit einem langsameren Rhythmus,<br />
ausschließlich Gitarrenbegleitung und<br />
der unverkennbaren Stimme Hennings<br />
– bis dann eine kurze Pause erfolgte<br />
und das Schlagzeug einen Rhythmuswechsel<br />
vorgab, inklusive Solo.<br />
Ab jenem Moment konnte sich die<br />
Menge nicht mehr halten und tanzte<br />
und sang lauthals mit. Ganz still wurde<br />
es wieder, als ein Freund der Band die<br />
Bühne betrat und ein beeindruckendes<br />
Saxophonsolo zur Schau stellte,<br />
während alle Lichter gedimmt wurden,<br />
außer ein einzelner, einsamer Scheinwerfer,<br />
der den Saxophonspieler<br />
namens Ferdinand Schwarz in weißes<br />
Licht hüllte. Die schnell stampfenden<br />
Beine und erhobenen Hände gingen<br />
in ein sachtes Kopfnicken und in wippende<br />
Hüften über. Alles in allem war<br />
der Abend voller Rhythmenwechsel,<br />
voll von hohen und tiefen Tönen, voll<br />
ruhigen und lauten Momenten. Am<br />
Ende jener Nacht ging jeder Einzelne<br />
mit einem Lächeln auf dem Gesicht<br />
und einem kratzigen Hals nach Hause.
<strong>etcetera</strong>.<br />
KONZERTE<br />
57<br />
22.12.2016 - Innsbruck<br />
WANDA<br />
Text: Selina Lintner, Bilder: Michael Huber<br />
„Auseinandergehen ist schwer“. Bei<br />
diesem Zitat müssen wir alle der<br />
Wiener Band „Wanda“, welche seit<br />
ihrer Gründung im Jahre 2012 nicht<br />
mehr aus dem österreichischen Musikgeschehen<br />
wegzudenken ist, rechtgeben.<br />
Der gleichnamige Song der vier<br />
Musiker rund um Leadsänger Michael<br />
Marco Fitzthum (Künstlername: Marco<br />
Michael Wanda) handelt zwar von<br />
einer schwierigen Trennung von zwei<br />
Liebenden, aber auch Konzertbesuchern<br />
von „Wanda“ fällt es schwer, sich<br />
von ihren Idolen zu trennen.<br />
Eines ist sonnenklar: Auf keiner österreichischen<br />
Party dürfen Hits wie<br />
„Bussi Baby“, „Bologna“ oder „Meine<br />
beiden Schwestern“ fehlen, schlechte<br />
Laune ist beim Erklingen der Beats<br />
nämlich fehl am Platz. Fitzthum und Co.<br />
verhelfen zum ultimativen Wir-Gefühl<br />
zwischen Zuhörerinnen und Zuhörern,<br />
etwas, das in der heutigen Musikszene<br />
rar geworden ist.<br />
„Musik mit Amore“, so die Äußerung<br />
Michael Marco Wandas zum Stil der<br />
Band. Die von Rock‘n Roll und Indie<br />
beeinflussten Pop-Songs finden<br />
Anklang bei Jung und Alt, denn es<br />
ist Musik, die vom Ohr sofort zum<br />
Herzen gelangt, durchdringend und<br />
gesellschaftskritisch, frisch und rau.<br />
Die „Amore“ ist fast greifbar, sei es bei<br />
ihren Konzerten oder den tausenden<br />
Fans, die „Wanda“ tief verehren.<br />
Beim Betreten der Bühne herrscht<br />
seitens des Publikums lautstarkes<br />
Johlen, beim Anstimmen der ersten<br />
Akkorde hingegen eine beinahe andächtige<br />
Stille. Kurz danach wird kräftig<br />
mitgesungen – ein weiteres Merkmal<br />
von „Wanda-Songs“ – denn die Texte<br />
gehen schnell ins Ohr und verlassen<br />
dieses auch auf dem Heimweg nicht<br />
so schnell.<br />
Der Reiz von „Wanda“ liegt einfach<br />
darin, gute Musik von einer am Boden<br />
gebliebenen Band und lässigen<br />
Schmäh zu einem einmaligen Unterhaltungserlebnis<br />
zu kombinieren. Und<br />
ja, das Auseinandergehen nach solch<br />
einzigartigen Konzerten ist wirklich<br />
schwer.
<strong>etcetera</strong>.<br />
58 REZENSIONEN<br />
REZENSIONEN<br />
Natürlich haben wir in dieser <strong>Ausgabe</strong> wieder Rezensionen für euch und unsere<br />
Redakteure haben sich auf die Suche Empfehlenswertem gemacht. Außerdem<br />
gibt es erstmals einen Wandertipp!<br />
BUCH: LADY MIDNIGHT<br />
Text: Vanessa Gogl<br />
Emma Carstairs gehört den Schattenjägern an, Menschen<br />
mit Engelsblut in ihren Adern, die ihr Leben der Dämonenjagd<br />
widmen – ganz besonders Emma. Seit dem Dunklen<br />
Krieg, in dem ihr Volk starke Verluste zu ertragen hatte,<br />
sind fünf Jahre vergangen, und Emma sinnt immer noch<br />
nach Rache für den Tod ihrer Eltern. Sie muss unbedingt<br />
den Mörder finden und hat diese Suche gewissermaßen<br />
zu ihrem einzigen Lebensinhalt gemacht. Denn der Rat<br />
mag zwar sagen, dass sie dem Krieg zum Opfer gefallen<br />
sind, aber das Mädchen hat da ganz andere Ansichten. Als<br />
dann nach langer ergebnisloser Suche plötzlich mehrere<br />
Leichen in ihrer Heimat Los Angeles auftauchen, die dieselben<br />
bizarren Runenmale aufweisen wie damals die<br />
sterblichen Überreste ihrer Eltern, wird Emmas Suche<br />
spannender und gefährlicher denn je. Bald häufen sich die<br />
Ereignisse – und mittendrin taucht auch Mark Blackthorn<br />
wieder auf, der für immer verloren geglaubte ältere Bruder<br />
von Emmas bestem Freund Julian. Schließlich gehörte Mark<br />
der Wilden Jagd an, einer Gruppe von Feenwesen. Und<br />
normalerweise gibt kein Feenwesen je wieder zurück, was<br />
einmal ihm gehört. Auch Julian, der in den letzten Jahren<br />
alles dafür getan hat, dass seine Familie und das Schattenjägerinstitut<br />
nicht auseinanderfallen, muss zusehen,<br />
wie alles zu bröckeln beginnt. Hinzu kommen heimliche<br />
Romanzen, Verrat, immer mehr mysteriöse Morde und tief<br />
vergrabene Geheimnisse, die schon fast vergessen weit<br />
unter dem Meer schliefen und nun enthüllt werden – nur<br />
um alles auf den Kopf zu stellen und die Schattenjägerwelt<br />
erneut zum Beben zu bringen.<br />
Lady Midnight ist vollgepackt mit Action, atemberaubenden<br />
Kulissen, magischen Charakteren und wunderschönen<br />
Momenten. Das Buch ist der erste Teil einer neuen Reihe<br />
von Cassandra Clare, der Autorin der Chroniken der Unterwelt<br />
und der Chroniken der Schattenjäger, wobei Lady<br />
Midnight als Fortsetzung von Ersteren gesehen werden<br />
kann, aber auch allein Sinn macht. Man taucht sofort in die<br />
Welt von Emma und Co. ein – und ist man einmal drin, will<br />
man nie wieder raus.<br />
Ich persönlich liebe dieses Buch und zähle es zu meinen<br />
absoluten Favoriten, da sehr viele Aspekte zusammen<br />
einen wunderbar spannenden, mitreißenden und teilweise<br />
sehr emotionalen Fantasyroman ergeben.<br />
SERIE: LUCIFER<br />
Text: Simon Kirchmair<br />
Lucifer Morningstar (Tom Ellis) hat das Dasein als Höllenfürst<br />
satt. Die dauernde Unzufriedenheit mit seinem<br />
Leben als Fürst der Finsternis veranlasst ihn dazu, sich auf<br />
der Erde zur Ruhe zu setzen. Deshalb beschließt er, sich<br />
im Los Angeles der Gegenwart unter die Menschen zu<br />
mischen und führt mit seiner befreundeten Dämonin Maze<br />
(Lesley-Ann Brandt) ein partyreiches Leben als Besitzer<br />
des stadtbekannten Nachtclubs LUX. Als jedoch eines<br />
Nachts eine Sängerin, deren Karriere von Lucifer gefördert<br />
wurde, direkt vor dem Club ermordet wird, ist Lucifer dazu<br />
entschlossen, den Mörder zur Rechenschaft zu ziehen.<br />
Seine persönlichen Ermittlungen bringen ihn mit Detective<br />
Chloe Decker (Lauren German) vom LAPD zusammen, die<br />
anfangs nicht sehr begeistert vom Charme des gefallenen<br />
Engels ist. Doch schon bald entwickelt sie eine gewisse<br />
Faszination für die Fähigkeiten des Teufels, an den sie<br />
einfach nicht glauben will. Während Lucifer tief in den Ermittlungen<br />
steckt, wird vom Himmelreich der Engel Amenadiel<br />
(DB Woodside) entsandt, um Lucifer zu überzeugen,<br />
wieder in die Unterwelt zurückzukehren, da dort aufgrund<br />
seiner Abwesenheit die Hölle los sei.<br />
Die Handlung der ersten Staffel von „Lucifer“ baut sich<br />
aufgrund der Kriminalfälle nur langsam auf, trotzdem steigert<br />
sich die Spannung in jeder Folge. Obwohl die Serie<br />
von einem theologischen Thema handelt, überzeugt sie<br />
mit cleveren Charakteren und humorvollen Dialogen. Die<br />
bescheidene Verwendung guter Spezialeffekte an den<br />
richtigen Stellen spricht für die Serie. Vor allem überzeugt<br />
Tom Ellis mit einer überragenden Schauspielleistung.
<strong>etcetera</strong>.<br />
REZENSIONEN<br />
59<br />
WANDERTIPP: HOCHZIRL – SOLSTEINHAUS – SCHARNITZ<br />
Text: Andreas Hörmann<br />
Das Rauschen eines Gebirgsbaches,<br />
das majestätische Bergpanorama, unbeschwertes<br />
Wandern über Almwiesen,<br />
ist man dann nicht stolz darauf,<br />
so eine tolle Naturlandschaft<br />
direkt vor seiner Haustür<br />
zu haben? Na ja, ich bin es<br />
jedenfalls.<br />
Ich möchte euch mit meinem<br />
Artikel auf einen unvergesslichen<br />
Wanderausflug<br />
einladen. Wandern mit der<br />
Familie oder mit Freunden<br />
ist nicht nur von der naturbelassenen<br />
Schönheit geprägt,<br />
sondern auch von viel Spaß.<br />
Außerdem ist das Wanderziel<br />
schneller erreicht als<br />
gedacht...<br />
Wenn man im Zug auf<br />
dem Weg zum Bahnhof<br />
Hochzirl sitzt und aus dem<br />
Fenster blickt, kann man<br />
schon erahnen, was einen erwartet.<br />
Am Bahnhof angekommen muss<br />
man einfach dem markierten Pfad<br />
in Richtung „Solsteinhaus“ folgen.<br />
Unterwegs kommt man an schönen<br />
Bergwiesen sowie kleinen Wasserfällen<br />
und Bächen vorbei. Am Solsteinhaus<br />
angekommen, erwartet einen<br />
Die wunderbare Sicht auf dem Wanderweg<br />
ein spektakuläres Panorama über das<br />
Inntal sowie eine köstliche Mahlzeit.<br />
Gehzeit: Hochzirl – Solsteinhaus ca.<br />
2,5h.<br />
Für trittsichere Wanderer gibt es ein<br />
weiteres „Gustostückerl“. Vom Solsteinhaus<br />
kann man nämlich über die<br />
Eppzirler Scharte Scharnitz erreichen.<br />
Allerdings kann man<br />
Scharnitz auch leichter<br />
vom Solsteinhaus aus<br />
erreichen. In Scharnitz<br />
kann man dann in den<br />
Zug steigen und den<br />
Heimweg antreten. Also<br />
begebt euch auf eine<br />
kleine Wanderung …<br />
Eine Übernachtung<br />
im Solsteinhaus ist<br />
möglich und absolut<br />
empfehlenswert.<br />
Gehzeit: Solsteinhaus –<br />
Scharnitz ca. 4,5h.<br />
Eine andere Möglichkeit<br />
wäre eine Wanderung<br />
zur Magdeburger Hütte.<br />
Diese Variante ist aber<br />
nur für trittsichere und schwindelfreie<br />
Bergsteiger zu empfehlen.<br />
TOP - FLOP<br />
TOP<br />
Endlich ein neuer Bundespräsident! Nach einem Jahr<br />
Wahlkampf, Wahl, Anfechtung, Wahlkampf, Wahlwiederholung<br />
und Wahlwiederholungsverschiebung<br />
haben wir seit Jänner endlich wieder ein offizielles<br />
Staatsoberhaupt: Alexander Van der Bellen. Es gab<br />
wohl keine Wahl, die sich so lange gezogen hat.<br />
FLOP<br />
Das WLAN funktioniert immer noch nicht – langsam<br />
wird es aber wirklich Zeit. Das große Jubiläumsjahr<br />
2016 ist schon lange hinter uns, aber von einem<br />
funktionierenden WLAN ist immer noch nichts zu<br />
sehen. Wie überall scheitert es wieder mal an der Bürokratie:<br />
Bisher konnte keine Nutzungsvereinbarung<br />
zusammengestellt werden, mit der alle Seiten übereinstimmen.<br />
Dabei gibt es eine solche Nutzungsvereinbarung<br />
an vielen anderen Tiroler Gymnasien nicht<br />
einmal – naja, mal schauen wie es weitergeht.
60 RUBRIK<br />
<strong>etcetera</strong>.