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etcetera - Ausgabe 66

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<strong>etcetera</strong>.<br />

2 EDITORIAL<br />

WIR<br />

SAGEN<br />

DANKE!<br />

Zum Zeitpunkt, an dem ich dies schreibe, sitze ich gerade<br />

vorm PC und layoute die für mich letzte <strong>Ausgabe</strong> der<br />

<strong>etcetera</strong>. Wie das angefangen hat, weiß ich heute nicht<br />

mehr. Plötzlich saß ich bei einer Redaktionssitzung und<br />

es war kein Layouter da. Irgendwie habe ich das dann<br />

in die Hand genommen und schon war ich mittendrin.<br />

Seitdem hat sich viel getan, ich habe viel dazugelernt<br />

und kann mich in dieser <strong>Ausgabe</strong> noch ein letztes Mal<br />

mit einem neuen, moderneren Layout ausprobieren.<br />

Obwohl ich durch die Gestaltung irgendwie an jedem<br />

Artikel der <strong>etcetera</strong> seit <strong>Ausgabe</strong> 59 beteiligt war, hat<br />

man trotzdem nie aktiv etwas von mir gelesen. Das will<br />

ich in meiner letzten <strong>Ausgabe</strong> ändern und wende mich<br />

deshalb mit diesem Text einmal direkt an die Leserschaft.<br />

Ich möchte mich bei allen Leserinnen und Lesern<br />

bedanken und hoffe, dass meine Layouts dem ein oder<br />

anderen gefallen haben. Wer mich kennt, weiß, dass<br />

ich sehr viel fotografiere, daher würde ich mich freuen,<br />

wenn ihr auf meiner Website mikhubphoto.at oder auf<br />

meiner Facebook-Seite „mikhubphoto“ vorbeischauen<br />

würdet. Aber genug der Werbung, abschließend will<br />

ich einfach nur Danke sagen!<br />

Michael Huber<br />

Als ich mit Michael kürzlich über eine eventuelle Änderung<br />

für diese <strong>Ausgabe</strong> diskutierte, fiel von ihm<br />

folgende Aussage: „Aber es is‘ halt die <strong>etcetera</strong>.“ In<br />

diesem Moment wurde ich wirklich wehmütig und<br />

ein bisschen traurig, unser „Baby“ bald verlassen zu<br />

müssen. Denn so viel wir darin Arbeit investiert hatten,<br />

so sehr ist sie mir auch ans Herz gewachsen. Am<br />

Anfang, das war in der fünften Klasse, war es wahnsinnig<br />

befreiend und aufregend, einfach das schreiben zu<br />

können, was man will und es dann in einem gedruckten<br />

Magazin vorzufinden. Und mit der Zeit wurde unsere<br />

Schülerzeitung sicherlich zu einem der für mich prägendsten<br />

und wichtigsten Projekte meiner Schulzeit.<br />

Neben einer schreiberischen Weiterentwicklung lernte<br />

ich auch, meinen Standpunkt in Worte zu fassen und in<br />

vielen Diskussionen zu verteidigen, total zu scheitern<br />

und mit viel Kritik umgehen zu müssen, bekam dann<br />

aber auch wieder motivierendes und aufbauendes Lob.<br />

Dadurch wuchs mein journalistisches Interesse und ich<br />

werde mich sicher auch nach der Matura auf die ein<br />

oder andere Art mit Medien beschäftigen. Danke für<br />

diese Erfahrung!<br />

Johanna Stüger


<strong>etcetera</strong>.<br />

EDITORIAL<br />

3<br />

EDITORIAL<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Wir freuen uns, dass ihr nun die <strong>66</strong>. <strong>Ausgabe</strong> der <strong>etcetera</strong> in der<br />

Hand hält. Dies ist für uns, die jetzige Chefredaktion, die letzte<br />

<strong>Ausgabe</strong>, weshalb wir ein gerade an einer katholischen Privatschule<br />

besonders interessantes Titelthema ausgewählt haben: Glaube –<br />

Kirche – Religion. Wir haben eine Umfrage unter den Schülern dazu<br />

durchgeführt, dabei sind uns aber einige Fehler unterlaufen, weshalb<br />

wir deren Ergebnisse nicht abdrucken können. Stattdessen haben<br />

wir mehrere Interviewpartner befragt und uns selbst einige Gedanken<br />

dazu gemacht. Dabei ist es uns wichtig anzumerken, dass auch<br />

unsere Argumente keineswegs objektiv sind, was bei einem solchen<br />

Thema auch fast unmöglich ist. Wir wissen, dass unsere Denkergebnisse<br />

vorläufig und fehlerhaft sind, doch gerade deshalb finden wir<br />

es wichtig, sie auf den Punkt zu bringen, um sie der Diskussion zu<br />

stellen und selbst daran wachsen zu können.<br />

Außerdem haben wir uns mit „Die Pauliner Tagespresse“ auf eine<br />

neue, seriösere Art der Berichterstattung eingelassen – aber an<br />

dieser Stelle möchten wir dazu nicht mehr verraten, lest am besten<br />

selbst. Weiters ist Amelie Jochmus für das Motto „America first, Paulinum<br />

second“ und Vanessa Gogl hat einen sehr persönlichen Artikel<br />

zu Introversion verfasst. Erstmals haben Redakteure Konzerte für die<br />

<strong>etcetera</strong> besucht, wobei auch Fotos entstanden sind. Daneben gibt<br />

es noch viele andere unterhaltsame, informative, spannende… aber<br />

allesamt lesenswerte Artikel.<br />

Wie immer freuen wir uns über spannende Diskussionen persönlich<br />

oder per E-Mail (<strong>etcetera</strong>.paulinum@gmail.com).<br />

Wir möchten uns abschließend noch bei euch Leserinnen und Leser<br />

für eure Treue bedanken und hoffen, dass euch die „gemeinsamen“<br />

vier Jahre genau so viel Freude bereitet haben wie uns und die <strong>etcetera</strong><br />

noch lange bestehen bleibt.<br />

Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch noch einmal unserem<br />

Betreuer Prof. Erlacher, der viel seiner Freizeit opfert, um uns bei der<br />

Schülerzeitung zu unterstützen.<br />

Stellvertretend für die gesamte Redaktion<br />

Michael Huber & Johanna Stüger


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<strong>etcetera</strong>.<br />

INHALT<br />

5<br />

Glaube und Religion –<br />

8 Konfliktpotenzial und<br />

Lösungsansätze<br />

11 Prosa-Text „Glaube“<br />

Interview mit der<br />

12 Schulamtsleiterin Maria<br />

Plankensteiner-Spiegel<br />

Interview mit dem Schwazer<br />

14<br />

Pfarrer Rudolf Theurl<br />

Der religiöse Egoismus des<br />

16<br />

Menschen – Ein Denkanstoß<br />

18 Politik im Namen Gottes<br />

Quiz: Spruchreife Zitate aus<br />

19 Bibel, Koran und Herr der<br />

Ringe<br />

Wie lebt es sich als<br />

Priesterkind?<br />

20<br />

22 Glaube und Sport<br />

23 Die Grenzen der Toleranz<br />

Vier Schüler – vier Ansichten<br />

24<br />

zum Thema Glaube<br />

Die Rolle der Philosophie im<br />

26 Verhältnis zu Wissenschaft<br />

und Theologie<br />

8 Jahre Paulinum – was<br />

31<br />

bleibt?<br />

Vorstellung neuer<br />

32<br />

Lehrpersonen<br />

Ein Tag mit Prof. Thomas<br />

34<br />

Heinzel<br />

35 Übergang 4.-5. Klasse<br />

Schreibwettbewerb: Paulinum<br />

36<br />

2050<br />

38 Schülervertretungsseite<br />

39 <strong>etcetera</strong>-Rookies<br />

44 Donald Trump – eine Satire<br />

America First – Paulinum<br />

45<br />

Second<br />

46 Baseball in Schwaz<br />

48<br />

Introversion in einer extrovertierten<br />

Welt<br />

49 Die Macht der Sprache<br />

49 Schönheitswahn<br />

50 Ist Normalität normal?<br />

Schulpartnerschaften einfach<br />

53<br />

erklärt<br />

Konzerte in Innsbruck: AnnenMayKantereit<br />

und Wanda<br />

56<br />

58 Rezensionen<br />

TITELTHEMA:<br />

GLAUBE - KIRCHE - RELIGION<br />

NEUE<br />

LEHRPERSONEN<br />

AB SEITE 7<br />

SEITE 32 SEITE 34<br />

SATIRE<br />

DONALD TRUMP<br />

SEITE 44<br />

INHALT<br />

EIN TAG MIT<br />

PROF. HEINZEL<br />

SGA, PV, SV...<br />

WAS IST DAS?<br />

SEITE 52<br />

<strong>etcetera</strong>. – Schülerzeitung, <strong>Ausgabe</strong> <strong>66</strong>, Sommersemester 2017<br />

Medieninhaber & Herausgeber: Schülerzeitung <strong>etcetera</strong>, Bischöfliches Gymnasium Paulinum,<br />

Paulinumweg 1, A-6130 Schwaz; Chefredaktion: Michael Huber, Johanna Stüger; Redaktion: David<br />

Astl, Verena Deutsch, Elisabeth Fischer, Vanessa Gogl, Ruth Hochenwarter, Andreas Hörmann,<br />

Michael Huber, Amelie Jochmus, Christoph Kirchmair, Simon Kirchmair, Lea Klemm, Selina Lintner,<br />

Alicia Mercedes Nail, Hannah Mühlegger, Carina Prem, Daniel Pungg, Lea Schwaiger, Johanna<br />

Stüger, Anna Sophia Tschuggnall, Lukas Tschuggnall; Zeichnungen: Maria Grubinger; Layout &<br />

Fotos: Michael Huber; Druck: www.onlineprinters.at<br />

Alle verwendeten Logos und Schutzmarken sind Eigentum ihrer jeweiligen Besitzer. Für Satz- und<br />

Druckfehler übernehmen wir keine Haftung.<br />

Alle Rechte vorbehalten © <strong>etcetera</strong> 2017<br />

Kontakt: <strong>etcetera</strong>.paulinum@gmail.com


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

7<br />

Glaube<br />

Kirche<br />

Religion<br />

Da diese Begriffe und das damit Verbundene an unserer Schule einen großen Stellenwert<br />

haben, stellen „Glaube – Kirche – Religion“ das Titelthema dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

dar. Eine vollständige und gänzlich objektive Auseinandersetzung mit besagtem<br />

Thema erscheint uns unmöglich, trotzdem möchten wir uns ihm aber mit verschiedenen<br />

Artikeln nähern, um zum Denken und zur Diskussion anzuregen. Wir haben<br />

bewusst diese drei Begriffe gewählt, um die Thematik offener zu belassen und<br />

somit eine größere Vielfalt an Texten zu ermöglichen. Am Cover sind die frontalen<br />

Kirchenfenster der Pauliner Kirche, die vom bekannten Schwazer Künstler<br />

Carl Rieder stammen, zu sehen. Die Kirche als Gebäude gehört der Diözese (und<br />

somit der katholischen Kirche). Sie ist ein Ort der Religionsausübung und ein Ort<br />

des Glaubens. Deshalb sollen die Fotos im Titelthema symbolisch für diese drei<br />

Begriffe stehen. Wir haben bewusst auf die Platzierung von Text auf der Titelseite<br />

verzichtet, um die Wirkung des Kunstwerks nicht zu stören.


<strong>etcetera</strong>.<br />

8 TITELTHEMA<br />

GLAUBE UND RELIGION<br />

Konfliktpotenzial und Lösungsansätze<br />

Text: Johanna Stüger<br />

Schon John Lennon sang:<br />

Imagine there's no heaven<br />

It's easy if you try<br />

No hell below us<br />

Above us only sky<br />

Imagine all the people<br />

Living for today …<br />

Eigentlich eint die großen Weltreligionen<br />

ja der Wille zu einem guten<br />

Zusammenleben: Sie wollen uns zu<br />

einem besseren, friedlichen Leben<br />

führen, indem sie uns Vorbilder<br />

geben, sei es Jesus, Mohammed oder<br />

Buddha, uns durch weise Texte zum<br />

Nachdenken anregen, sei es die Tora,<br />

das Lunyu oder die Bhagavad Gita,<br />

und uns eine Gemeinschaft geben, in<br />

der wir durch Gespräche mit Gleichgesinnten<br />

wachsen können. Doch<br />

blickt man auf die Entstehung von<br />

Kriegen, sei es vor fünfhundert Jahren<br />

oder heute, sei es in Europa oder am<br />

anderen Ende der Welt, fällt eines auf:<br />

Irgendwie ist immer die Religion im<br />

Spiel. Ebenso stehen sehr viele politische<br />

Spannungen in Zusammenhang<br />

mit Religion. Als Beispiele könnte man<br />

von den Kreuzzügen im Mittelalter bis<br />

hin zur Judenverfolgung im Dritten<br />

Reich sowie der neuen Islamfeindlichkeit<br />

(stark propagiert durch Nationalisten<br />

wie dem US-Präsidenten Donald<br />

Trump) viele nennen. Doch warum gibt<br />

es diese riesige Diskrepanz zwischen<br />

Intention und Realität und wie können<br />

wir dagegen ankämpfen?<br />

Der Unterschied zwischen<br />

Religion und Glaube<br />

In obigem Absatz habe ich bewusst den<br />

Begriff „Religion“ anstatt „Glauben“<br />

verwendet. Denn jeder Mensch glaubt<br />

an etwas, egal ob an Gott, die Wissenschaft<br />

oder auch daran, dass es<br />

keinen Gott gibt. Religion hingegen ist<br />

laut Definition des Dudens der „meist<br />

von einer größeren Gemeinschaft angenommene,<br />

bestimmte, durch Lehre<br />

und Satzungen festgelegte Glaube<br />

und sein Bekenntnis“. Glaube an sich<br />

ist also etwas ganz Menschliches, ja<br />

Essentielles. Im Kollektiv ausgeübt,<br />

wie es bei Religion der Fall ist, entwickelt<br />

sich eine gewisse Gruppendynamik,<br />

die sehr positiv sein kann.<br />

Gefährlich wird es allerdings, wenn<br />

man nur mehr die eigenen Ansichten<br />

gelten lässt, und seine Religion als<br />

wertvoller oder richtiger begreift als<br />

jeden anderen Glauben. Auf die nicht<br />

vorhandene gleiche Akzeptanz eines<br />

jeden Glaubens hat vor einiger Zeit<br />

ganz deutlich Niko Alm aufmerksam<br />

gemacht, indem er durchgesetzt hat,<br />

auf seinem Führerscheinfoto ein Nudelsieb<br />

als Kopfbedeckung tragen zu<br />

dürfen. Dadurch wird deutlich, dass in<br />

Österreich der katholische Glauben<br />

mehr geachtet wird als andere,<br />

weniger übliche Glaubensformen.<br />

Voriges Beispiel ist sehr überspitzt,<br />

trotzdem zeigt es, dass wir noch weit<br />

von einem laizistischen Staat (strikte<br />

Trennung von Staat und Religion)<br />

entfernt sind. Dies ist für unser aller<br />

friedliches Zusammenleben äußerst<br />

gefährlich.<br />

Und was ist mit Atheisten? Sind sie<br />

vor den Gefahren, die Religionen in<br />

sich bergen, gefeit? Nein, denn Atheisten<br />

haben ja einen gemeinsamen<br />

Glauben, also könnte man sie als<br />

Religionsgemeinschaft auffassen. Der<br />

österreichische Physiker und Nobelpreisträger<br />

Wolfang Pauli hat es auf<br />

den Punkt gebracht, indem er in Bezug<br />

auf Paul Dirac, einem überzeugten<br />

Atheisten, gesagt hat: „Es gibt keinen<br />

Gott, und Dirac ist sein Prophet.“ Den<br />

Atheisten fällt es im Allgemeinen aber<br />

schwerer, sich zu organisieren, da sie<br />

kein religiöses Oberhaupt anerkennen.<br />

Dies könnte sie also schon im<br />

Kollektiv friedlicher machen.<br />

So gesehen müssten Agnostiker,<br />

also jene, die nicht wissen, ob es<br />

etwas Göttliches gibt oder nicht, die<br />

friedlichsten Menschen sein. Denn<br />

sie stellen sich die Frage nach der<br />

Existenz Gottes gar nicht; für sie ist<br />

von Vornherein klar, dass das ihre Fähigkeiten<br />

als Mensch übersteigt. Doch<br />

woher nehmen sie dann ihre ethischen<br />

Grundsätze? Nun, diese orientieren<br />

sich ganz stark an der Praxis, an ihrer<br />

Wirkung für die Gemeinschaft. Und<br />

das sollte jeder von uns tun, was<br />

folgendes Zitat eines Bekannten verdeutlicht:<br />

„Egal, wie man ihn nennt,<br />

aber Gott hat uns sicher nicht dazu geschaffen,<br />

die Natur zu zerstören und<br />

andere Menschen, Tiere und Pflanzen<br />

zu quälen. Dieser Planet ist das Paradies<br />

und ich halte jeden, der denkt, er<br />

käme erst im nächsten Leben dorthin,<br />

für verrückt!“<br />

Daher glaube ich, dass es nicht<br />

schaden würde, ein bisschen von der<br />

Bescheidenheit eines Agnostikers<br />

in unseren persönlichen Glauben zu<br />

integrieren, egal ob Mohammedaner,<br />

Christ oder Atheist. Denn meines<br />

Erachtens ist diese Einstellung sehr<br />

wohl mit einer streng ausgerichteten<br />

Religiosität kompatibel: Wie klein,<br />

ja menschlich müsste so ein Gott<br />

sein, wenn wir Menschen ihn fassen<br />

und beschreiben könnten? So, mit<br />

dieser agnostischen Bescheidenheit<br />

in Bezug auf unser (Nicht-) Wissen,<br />

können wir uns sehr wohl an ethische<br />

Grundsätze einer Religion orientieren<br />

und durch Gebete Halt in schwierigen<br />

Zeiten bekommen. Trotzdem sollten<br />

wir niemals den nüchternen Blick auf<br />

all unser Handeln verlieren und es<br />

gründlich auf seine Konsequenzen<br />

prüfen. Und vor allem ist es wichtig,<br />

die Religion als etwas Weltliches und<br />

nicht Göttliches aufzufassen, als etwas<br />

Menschliches. Denn dann wird klar,<br />

dass die von Menschen gemachte<br />

Religion menschliche Fehler hat und<br />

nicht absolut ist. Dann wird der Anhänger<br />

irgendeines Glaubens wie der mit<br />

meinen Ansichten geachtet.<br />

Wenn wir die Gefahren von Religion<br />

erkennen und ihnen somit den Wind<br />

aus den Segeln nehmen, dann wird<br />

Religion wieder zu dem, was sie wirklich<br />

ist: nämlich eine Bereicherung für<br />

uns Menschen. Eine von uns Menschen<br />

gemachte Bereicherung für uns<br />

Menschen.<br />

Scio me nihil scire.


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

9


<strong>etcetera</strong>.<br />

10 TITELTHEMA


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

11<br />

Glaube<br />

Glaube<br />

lässt uns hoffen. Lässt<br />

uns atmen, wenn wir keine Luft<br />

bekommen. Wir greifen zurück auf Gebete,<br />

wenn uns Situationen aussichtslos erscheinen.<br />

Glaube hilft und unterstützt. Wir alle glauben. Verneinen<br />

wir zu glauben, glauben wir, dass nichts Höheres existiert.<br />

Auch dann glauben wir zu wissen, was oder ob es etwas Göttliches,<br />

eine Kraft, im Universum gibt. Wenn wir glauben, fühlen wir<br />

uns weniger verloren. Fühlen Halt. Etwas, das Einfluss hat. Zu dem<br />

wir bitten können. Dem wir die Schuld geben, dem wir danken können.<br />

Glaube lässt Menschen überleben und hilft ihnen auch in den düstersten<br />

Tagen ein Fünkchen Licht zu erkennen. Nicht nur in unseren Religionen<br />

können wir glauben. Wir glauben an die Menschen, die wir lieben. An die<br />

Menschlichkeit. An die Menschheit. An das Gute in jedem Einzelnen. Wir<br />

glauben an uns selbst, an Entscheidungen, die wir treffen, und Meinungen,<br />

die wir vertreten. Wir glauben an Hoffnung, Glück und Liebe. An ein gutes<br />

Ende. Glaube schenkt unseren Herzen den Mut, weiterzumachen. Wir alle<br />

bestreiten den Alltag, weil wir an ein erfülltes Leben glauben. Weil wir<br />

daran glauben, die Welt zu einem besseren Ort machen zu können.<br />

Glauben hat keine Definition. Es ist etwas, das in uns wohnt. Etwas,<br />

das wir mit ganzem Herzen, voll und ganz vertreten. Es ist Teil<br />

unserer Persönlichkeit und Teil unseres Seins. Es macht<br />

uns zu dem, was wir sind. Es treibt uns an. Gibt uns<br />

Kraft. Lässt uns jedem Tag entgegentreten. Weil<br />

wir ihn nie verlieren:<br />

Glaube<br />

Text: Alicia Nail, Illustration: Maria Grubinger


<strong>etcetera</strong>.<br />

12 TITELTHEMA<br />

Interview mit der Schulamtsleiterin<br />

MARIA PLANKENSTEINER-SPIEGEL<br />

Text: Johanna Stüger, Interview: Johanna Stüger, Michael Huber<br />

Maria Plankensteiner-Spiegel, die Leiterin des Bischöflichen Schulamts der Diözese Innsbruck, spricht mit der <strong>etcetera</strong><br />

über Jugendliche und ihren Bezug zur Katholischen Kirche, die Notwendigkeit kirchlicher Privatschulen und die Situation<br />

am Paulinum.<br />

<strong>etcetera</strong>: Es fällt uns auf, dass gerade<br />

in der Oberstufe des Paulinums viele<br />

Jugendliche eine kirchenferne Einstellung<br />

in Bezug auf „Glauben“ haben.<br />

Wie sehen sie das?<br />

Frau Plankensteiner-Spiegel: Dass<br />

Jugendliche mit 18 Institutionen gegenüber<br />

Vorbehalte haben, das finde<br />

ich mehr als normal, alles andere wäre<br />

komisch. Was ich schon glaube, ist,<br />

dass Jugendliche und Menschen allen<br />

Alters die Auseinandersetzung mit<br />

Dingen, die über ihren Erfahrungshorizont<br />

hinausgehen, wahrnehmen. Es<br />

gibt Situationen im Leben, in denen ich<br />

mich als getragen oder alleine erfahre,<br />

die über die sinnlich-wahrnehmbare<br />

Realität hinausragen. Die Sehnsucht,<br />

dort Antworten zu bekommen, sich<br />

geliebt, angenommen zu wissen und<br />

die Frage, welchen Sinn das irdische<br />

Leben hat, die ist allen Menschen<br />

gemeinsam. Christentum gibt Antworten<br />

auf die Fragen danach, woher wir<br />

kommen, wozu wir auf der Welt sind<br />

und wohin es geht. Und das sind die<br />

grundlegenden Fragen, die sich sicher<br />

jeder Jugendliche auf die eine oder<br />

andere Weise stellt, nicht zuletzt bei<br />

der Entscheidung, wie man sich im<br />

eigenen Leben weiterentwickelt.<br />

Dass Jugendliche mit 18 Institutionen<br />

gegenüber Vorbehalte<br />

haben, das finde ich mehr als<br />

normal, alles andere wäre<br />

komisch.<br />

Inwiefern sehen Sie einen Änderungsbedarf,<br />

Jugendliche stärker in die<br />

Kirche zu involvieren?<br />

Wir erleben, dass junge Menschen sich<br />

nicht mehr gerne auf Dauer binden.<br />

Das betrifft fast alle Organisationen,<br />

auch die Kirche. Jugendliche sind zu<br />

ganz hohem Engagement bereit, wenn<br />

es zeitlich begrenzt ist, also bei einzelnen<br />

Projekten. Dauerhafte Bindung,<br />

wie eine fünfjährige Mitgliedschaft im<br />

Pfarrgemeinderat oder einen Messebesuch<br />

jeden Sonntag, mögen viele<br />

allerdings nicht.<br />

Es ist natürlich ein wichtiges Anliegen<br />

der Kirche, den Kontakt zu jungen<br />

Menschen nicht zu verlieren, da muss<br />

die Kirche auch lernen und von der<br />

Idee weggehen, dass Jugendliche zu<br />

kirchlichen Institutionen hinkommen<br />

und sich dann dort engagieren. Ich<br />

erlebe oft, wie Kirche versucht, dort<br />

hinzugehen, wo die Jugendlichen<br />

sind. Das ist auch ein Grund, warum<br />

wir die katholische Privatschule erhalten.<br />

Es ist der Kirche wichtig, den<br />

Jugendlichen einen Raum zum Lernen<br />

und Sich-Entwickeln zu geben, der<br />

von einer gewissen Geisteshaltung<br />

geprägt und so offen wie möglich ist.<br />

Diesen Raum, in dem es um sie als<br />

Menschen geht und in dem man nicht<br />

in erster Linie schneller, höher, schöner<br />

sein muss, können Jugendliche auch<br />

genießen.<br />

Der Weg ist also insgesamt, dort hinzugehen,<br />

wo Jugendliche sind. So<br />

arbeitet die Katholische Jugend zum<br />

Beispiel viel übers Netz und mit Apps,<br />

denn dort sind Jugendliche.<br />

“<br />

Eine Kirche, die sich der Kritik<br />

verschließt, verschließt sich der<br />

Entwicklung.<br />

Uns fällt ein sehr lebendiger Dialog an<br />

unserer Schule auf, und dass wir auch<br />

die Möglichkeit haben, kritisch zu sein.<br />

Hoffentlich! Eine Kirche, die sich der<br />

Kritik verschließt, verschließt sich der<br />

Entwicklung. Seit dem Zweiten Vatikanischen<br />

Konzil hat die Kirche dezidiert<br />

die Aufgabe, in Dialog zu sein mit den<br />

Zeichen der Zeit. Kirche verwirklicht<br />

sich immer nur dort und in der Welt,<br />

in der Menschen leben. Sich dem zu<br />

verschließen, würde heißen, sich der<br />

Welt zu verschließen, und das ist nicht<br />

der Weg der Kirche.<br />

Der katholischen Privatschule wird<br />

jedoch immer wieder Abgrenzung<br />

vorgeworfen …<br />

Katholische Privatschulen in Tirol<br />

haben 88 Prozent katholische Schüler,<br />

der Taufschein ist also nicht Eingangssiegel<br />

in die Schule. Wir haben im<br />

Paulinum auch evangelische Schüler<br />

und solche ohne Bekenntnis. Weshalb<br />

wir noch keine muslimischen Schüler<br />

haben, liegt an der Organisation.<br />

Muslimische Schüler haben die Pflicht,<br />

muslimischen Religionsunterricht<br />

zu besuchen, da man sich in einer<br />

katholischen Privatschule nicht vom<br />

Religionsunterricht abmelden kann,<br />

unabhängig davon, welcher Religionsgemeinschaft<br />

man angehört. Wir<br />

haben uns also einfach noch nicht<br />

dem organisatorischen Aufwand gestellt,<br />

aber es gibt keinen prinzipiellen


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

13<br />

Vorbehalt, im Gegenteil: In Hinblick<br />

auf die Entwicklung der Gesellschaft<br />

ist nämlich klar, dass der Dialog mit<br />

Menschen ohne oder einer anderen<br />

Religion wesentlich ist.<br />

Nach welchen Kriterien werden<br />

Schüler also aufgenommen oder<br />

nicht?<br />

Prinzipiell gelten dieselben Aufnahmeregeln<br />

wie an öffentlichen Gymnasien.<br />

Es gibt keinen prinzipiellen<br />

Ausschlussgrund, nur organisatorische<br />

Überlegungen. Wir sind nicht gegen<br />

eine Religion, aber jede der 16 anerkannten<br />

Religionsgemeinschaften hat<br />

in Österreich das Recht auf eigenen<br />

Religionsunterricht. Das ist ein wahnsinniger<br />

Aufwand im Stundenplan<br />

und vor allem in Kombination mit<br />

dem Pauliner Betreuungssystem fast<br />

nicht machbar. Der Religionsunterricht<br />

würde dann unter Umständen an<br />

einer anderen Schule erteilt werden<br />

müssen, was für die Schülerinnen und<br />

Schüler einer Minderheitenreligion am<br />

Paulinum nicht nur attraktiv ist.<br />

Was machen Schüler ohne Bekenntnis?<br />

Sie wählen einen Religionsunterricht<br />

als Freifach, da sie sich an einer katholischen<br />

Privatschule nicht davon<br />

abmelden können.<br />

Welchen Sinn sieht die Kirche in der<br />

Erhaltung der Privatschule neben der<br />

von Ihnen bereits angesprochenen<br />

Bereitstellung eines offenen Raumes?<br />

Schülerinnen und Schüler des Paulinums<br />

sind durch eine Bildung mit<br />

einer gewissen Geisteshaltung und<br />

einem gewissen Menschenbild gegangen<br />

und haben gelernt, dass das<br />

Übernehmen von Verantwortung Teil<br />

der Aufgabe eines Menschen ist. Wir<br />

hoffen, dass etwas davon ihr weiteres<br />

Leben trägt.<br />

Bildung kann der Staat auch, dafür<br />

braucht es nicht mehr katholische<br />

Privatschulen.<br />

Man muss verstehen, dass katholische<br />

Privatschulen primär aus einer Not<br />

entstanden sind. Kirche hat angefangen,<br />

Kindern, die sonst nicht in die<br />

Schule gehen hätten dürfen, Bildung<br />

zu ermöglichen. Daher war katholische<br />

Privatschule zunächst überwiegend<br />

Mädchenschule, da Mädchen sonst<br />

keine Möglichkeit gehabt hätten, in die<br />

Schule zu gehen. Das Paulinum ist da<br />

eine Ausnahme mit dem Hintergrund,<br />

begabten jungen Männern das Priestertum<br />

zu ermöglichen. Das ist heute<br />

nicht mehr das Ziel. Aber die erste<br />

höhere Schule für Mädchen waren<br />

die Ursulinen. Wenn also eine junge<br />

Frau Matura machen wollte, hatte sie<br />

dazu nur die Möglichkeit in einer katholischen<br />

Privatschule. Insofern war<br />

Kirche Vorreiterin in Sachen Bildung.<br />

Inzwischen übernimmt großteils der<br />

Staat die Bildung. Genauso war Kirche<br />

Vorreiterin bei den Krankenhäusern.<br />

Kirche hat die Aufgabe, an die Ränder<br />

der Gesellschaft zu gehen, gerade<br />

jetzt mit Papst Franziskus. Da stellt sich<br />

die Frage, was „Ränder“ heute bedeutet.<br />

In dem Kontext ist es immer wieder<br />

eine Überlegung, wofür Kirche sich<br />

engagiert und Geld einsetzt. Bildung<br />

ist aber sehr wichtig. Denn es gibt<br />

keinen wirklich neutralen Unterricht,<br />

im Hintergrund befindet sich immer<br />

ein Wertekorsett, und eine katholische<br />

Schule macht sichtbar, welche Werte<br />

das sind. Bei anderen weiß man das<br />

nicht immer.<br />

Das hängt dann zum Beispiel von der<br />

politischen Situation ab.<br />

Zum Beispiel. Gerade den autoritären<br />

Systemen waren die katholischen Privatschulen<br />

immer ein Dorn im Auge,<br />

nicht umsonst haben die Nationalsozialisten<br />

das Paulinum sofort aufgelöst.<br />

Solche Systeme halten keine Schulen<br />

aus, die nicht der Staatsideologie<br />

dienen. Es ist weiterhin die Aufgabe<br />

des Paulinums, eine Schule zu bieten,<br />

die gesellschaftliche Entwicklungen<br />

hinterfragt. Wenn jetzt zum Beispiel<br />

Ausbildung die beste Vorbereitung<br />

für einen Beruf und für die Wirtschaft<br />

bedeutet, dann ist es wichtig, eine<br />

ganzheitliche Schule zu haben, die<br />

über Berufsqualifikationen hinaus<br />

bildet und wo ästhetische Bildung und<br />

Spiritualität einen Wert haben. Damit<br />

entzieht sich der Bildungsbegriff im<br />

Paulinum, von der Idee her zumindest,<br />

ein Stück weit der Effizienzorientierung,<br />

dass Schüler für die Wirtschaft<br />

brauchbar gemacht werden.<br />

Dass der Mensch also nicht instrumentalisiert<br />

wird.<br />

Ganz genau.<br />

Man hört immer wieder von kritischen<br />

Stimmen in Bezug auf Privatschule<br />

innerhalb der Kirche, zum Beispiel<br />

vonseiten Priester …<br />

Es gibt sicher unterschiedliche<br />

Strömungen. Vielleicht hören Sie in<br />

Schwaz, das Paulinum sei eine elitäre<br />

Schule, in die nur die Guten, Reichen<br />

und Schönen hineinkommen würden.<br />

Prinzipiell sehe ich zwei Richtungen<br />

beim Paulinum: Auf der einen Seite<br />

soll es eine wirklich gute Ausbildung<br />

bieten und Jugendliche gut vorbereiten<br />

auf Matura und Berufsleben,<br />

auf der anderen Seite sollen sie auch<br />

geschult werden, Verantwortung zu<br />

übernehmen in sozialer Hinsicht. Das<br />

geschieht zum Beispiel durch die Beschäftigung<br />

mit Menschen, die nicht<br />

auf der Sonnenseite des Lebens sind,<br />

beim Compassion-Projekt, durch das<br />

Engagement für Flüchtlinge, was mindestens<br />

genauso wichtig ist. Christentum<br />

hat immer eine soziale Ambition.<br />

Das lernen Schülerinnen und Schüler<br />

im Paulinum auch, was leider nicht alle<br />

sehen.<br />

“<br />

Es gibt keinen neutralen Unterricht,<br />

im Hintergrund steht<br />

immer ein Wertekorsett.<br />

Pauliner Lehrer müssen sich ja zum<br />

christlichen Glauben bekennen.<br />

Inwiefern ist aber die Einstellung beispielsweise<br />

eines Mathematiklehrers<br />

relevant für seine Beschäftigung am<br />

Paulinum?<br />

Nehmen Sie als Beispiel ein Mathematikbuch<br />

aus der Zeit des Nationalsozialismus.<br />

Da gab es Rechenbeispiele<br />

dazu, wieviel ein Kranker<br />

die Gesellschaft kostet und wieviel<br />

sich diese ersparen kann, wenn sie<br />

kranke Menschen liquidiert. Es gibt<br />

keine wertfreie Mathematik, genauso,<br />

wie es keine wertfreie Geographie,<br />

Beispiel Klimawandel – Leugnen oder<br />

Bejahen, oder kein wertfreies Englisch<br />

gibt. Welche Texte ausgewählt<br />

werden, aus welchen Bereichen die<br />

Beispiele kommen, ist immer von der<br />

gesellschaftlichen Situation und der<br />

Einstellung der Lehrenden beeinflusst.<br />

Auch in der Mathematik kann man<br />

Schüler vernichten oder nicht. Mit<br />

welchem Menschenbild eine Lehrperson<br />

unterrichtet, hat also große Auswirkungen.<br />

Es gibt kein wirklich neutrales<br />

Fach. Daher ist Religion nicht allein<br />

eine Sache von zwei Wochenstunden<br />

der Religionslehrenden, sondern ein<br />

Geist, der die Schule trägt – oder eben<br />

nicht.<br />

Wir kontrollieren bei Lehrpersonen<br />

nicht den Lebenslauf oder den<br />

sonntäglichen Kirchgang, wir fragen<br />

allerdings, ob sich eine Lehrperson mit<br />

einem christlichen Menschenbild identifizieren<br />

kann oder es mies macht.<br />

Wenn jemand an einer katholischen<br />

Privatschule unterrichten möchte,<br />

muss er oder sie ein christliches Menschenbild<br />

mittragen können.<br />

Vielen Dank für das Interview!


<strong>etcetera</strong>.<br />

14 TITELTHEMA<br />

Interview mit Pfarrer Rudolf Theurl<br />

„BLEIBTS MENSCHEN“<br />

Text: Johanna Stüger, Interview: Johanna Stüger, Michael Huber<br />

Immer wieder hört man Kritik am Paulinum von Rudolf Theurl, dem Pfarrer der Schwazer Pfarrgemeinde St. Barbara.<br />

Um den öffentlichen Diskurs anzuregen und Klarheit im Gerüchtedschungel zu schaffen, haben wir diese mit einem<br />

Interview aufgearbeitet.<br />

<strong>etcetera</strong>: Sie sind dafür bekannt, eine<br />

kritische Einstellung in Bezug auf das<br />

Paulinum zu haben. Können Sie uns<br />

Ihren Standpunkt kurz darlegen?<br />

Pfarrer Theurl: Ich beobachte das<br />

Paulinum jetzt seit 47 Jahren, das ist<br />

fast ein halbes Jahrhundert, in denen<br />

es sich sehr stark verändert hat. Dabei<br />

stelle ich mir aber schon die kritische<br />

Frage, ob das immer im Sinne der<br />

Kirche war. Ursprünglich war es die<br />

Kaderschmiede für Priesternachwuchs<br />

und ein Gymnasium für Burschen.<br />

Dann hatte ich den Eindruck,<br />

die Schule hatte zu wenig Burschen,<br />

also hat sie sich auch für Mädchen<br />

geöffnet.<br />

Jetzt haben wir zwei Gymnasien in<br />

Schwaz, das BRG und das Paulinum,<br />

und mitten drin zwei Neue Mittelschulen.<br />

Beide Gymnasien sind ohne Frage<br />

sehr gute Gymnasien, sie sind gleich<br />

gut und haben sehr gute Lehrer, und<br />

Lehrer machen die Schule. Ich habe<br />

einmal gesagt, auch bei den Pauliner<br />

Lehrern gibt es Flaschen. Da hat man<br />

dann gesagt, der Theurl hätte gesagt,<br />

die Pauliner Lehrer seien Flaschen.<br />

Das stimmt nicht und das habe ich nie<br />

gesagt, aber es gibt überall Flaschen,<br />

unter Lehrern wie unter Priestern, wie<br />

überall.<br />

Das Paulinum kann sich die begabtesten,<br />

bravsten, gut geordnetsten<br />

Schüler des Bezirkes aussuchen, die<br />

NMS müssen alles nehmen. Wir sind<br />

in diesen fünfzig Jahren eine sehr<br />

bunte Stadt geworden, wir haben<br />

einen hohen Ausländeranteil, 700<br />

Muslime, 500 Mitglieder der orthodoxen<br />

Kirche und viele Flüchtlinge.<br />

Die Kirche hat einen starken Auftrag,<br />

die Integration der Stadt mitzutragen,<br />

das kann man nicht alleine den NMS<br />

überlassen. Dies gilt vor allem, da das<br />

Wort „Paulinum“ vom Apostel Paulus<br />

kommt, einem innovativen, großen,<br />

starken Apostel. Und wir haben jetzt<br />

einen Papst Franziskus, der immer<br />

wieder sagt, die kirchlichen Einrichtungen<br />

müssten Plätze schaffen und<br />

finanzieren für Menschen, die von den<br />

Rändern der Gesellschaft kommen,<br />

Ihr kommt hingegen eher aus einem<br />

behüteten Milieu.<br />

Ich finde, man muss immer auf die<br />

Etikette schauen. Wir zum Beispiel<br />

von Sankt Barbara, Barbara heißt<br />

„die Fremde“, wir bemühen uns unwahrscheinlich<br />

um die Fremde: Mit<br />

unserem Sozialladen, mit den Besuchen<br />

im Gefängnis, im Flüchtlingsheim<br />

und so weiter. Und das Paulinum heißt<br />

Paulinum, sonst müsstet ihr Euch vielleicht<br />

einen anderen Namen geben,<br />

oder den Franziskus einmal fragen.<br />

Das Paulinum muss stark mithelfen, für<br />

die Integration in Schwaz zu arbeiten,<br />

die ist eher schwieriger, da müssen<br />

wir gemeinsam etwas tun. Die Kirchen<br />

müssen etwas tun und natürlich das<br />

Paulinum als kirchliche Einrichtung.<br />

Wir haben aber auch Flüchtlinge an<br />

unserer Schule.<br />

Anteilsmäßig sind etwa fünf Flüchtlingen<br />

bei circa 600 Schülern gerade<br />

einmal ein Prozent. Ihr bemüht euch<br />

draußen sicher um soziale Projekte,<br />

da bin ich voll überzeugt, wie zum<br />

Beispiel Compassion, und das ist auch<br />

recht so, ihr seid ja nicht arm, das tut<br />

euch nicht weh. Aber da braucht es<br />

sicher mehr! Und das ist so entscheidend,<br />

da ihr später einmal führende<br />

Posten bekleiden werdet, für die man<br />

zuerst einmal die Basis kennen muss.<br />

Ich bin seit elf Jahren im Gefängnis<br />

tätig, ich weiß schon, wie das Leben<br />

läuft. Da erlebe ich zum Beispiel junge<br />

Richter, die über Türken herfahren,<br />

dass es nur so kracht. Die kommen<br />

aus einem höheren Milieu und haben<br />

eine große Verantwortung. Oder im<br />

Krankenhaus, da gibt es Ärzte, für die<br />

gilt jede Person ganz gleich, es gibt<br />

aber auch solche, die eine türkische<br />

Putzfrau nicht einmal grüßen! Dann<br />

frag ich mich, wo ist die Bildung, wo ist<br />

das Herz! Wir brauchen die türkische<br />

Putzfrau genauso wie den Primar!<br />

Das ist nämlich die Zukunft, dass<br />

Schüler so ausgebildet werden, dass<br />

sie nicht hochnäsig werden, sondern<br />

für die Menschen da sind, als Arzt, als<br />

Betriebsführer.<br />

Aber es ist ja meist der Fall, dass<br />

Muslime nicht in eine katholische Privatschule<br />

gehen wollen.<br />

Ja, das kann passieren, aber man<br />

darf sich nicht hinter dieser Sache<br />

verstecken.<br />

Das Paulinum steht anderen Glaubensgemeinschaften<br />

ja prinzipiell<br />

offen, es steht ja nirgendwo, dass


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

15<br />

Muslime nicht ans Paulinum gehen<br />

dürfen, es hat auch noch nie einer<br />

gefragt. Dann müsste man einen<br />

eigenen muslimischen Religionsunterricht<br />

anbieten, da man sich bei uns<br />

nicht vom Religionsunterricht abmelden<br />

kann wie an einer öffentlichen<br />

Schule.<br />

Wäre das ein Problem? Wenn es auf<br />

der Theologischen Fakultät an der<br />

Universität möglich ist, einen eigenen<br />

islamischen Lehrgang mit muslimischen<br />

Lehrern zu haben, dann wird<br />

das wohl auch am Paulinum möglich<br />

sein!<br />

Hat eine katholische Privatschule<br />

noch einen Sinn für Sie?<br />

Mein Bruder war Administrator an der<br />

katholischen Privatschule in Hall, den<br />

Ursulinen, mit dem habe ich viel diskutiert.<br />

Ich glaube, die Frage, ob eine<br />

katholische Privatschule heute noch<br />

Sinn hat, müssen wir an Franziskus<br />

stellen. Und er sagt, wir müssen an<br />

die Ränder der Gesellschaft gehen,<br />

und wir tun das in unserer Pfarre. Wir<br />

gehen ins Gefängnis, ins Altersheim,<br />

ins Krankenhaus, und nicht nur wie<br />

bei Compassion für vierzehn Tage,<br />

sondern ständig, das ist mir ein großes<br />

Anliegen. Wir gehen ins Asylantenheim<br />

und helfen ihnen ganz praktisch,<br />

zum Beispiel mit Fahrrädern. Ihr habt<br />

vielleicht wenig Ahnung, wie Flüchtlinge<br />

leben müssen. Oder gerade jetzt<br />

einmal habe ich von Euch zwei kleine<br />

Pakete fürs Gefängnis bekommen,<br />

das war mir ein bisschen zu wenig<br />

bei fünfhundert Gefangenen. Mutter<br />

Teresa hat gesagt, man soll geben, bis<br />

es wehtut.<br />

“<br />

Das packt der Herrgott<br />

schon, wenn die paar nicht<br />

an ihn glauben.<br />

Es fällt uns auf, dass gerade in der<br />

Oberstufe des Paulinums viele Jugendliche<br />

eine kirchenferne Einstellung<br />

in Bezug auf „Glauben“ haben,<br />

es gibt zum Beispiel einige Atheisten,<br />

wie sehen sie das?<br />

Schaut, was ist schon Atheismus? Ich<br />

erlebe als Pfarrer oft, dass auf der<br />

Straße Leute sagen, sie würden nicht<br />

an Gott glauben. Das packt der Herrgott<br />

schon, wenn die paar nicht an ihn<br />

glauben. Aber wenn jemand aus der<br />

Familie krank ist, wenn man in der Intensivstation<br />

oder der Palliativstation<br />

im Krankenhaus liegt, da erlebe ich<br />

keine Atheisten. Wenn es einem gut<br />

geht, dann kann man leicht sagen,<br />

man glaube nicht an Gott. Das wirkliche<br />

Leben schaut ganz anders aus.<br />

Denn wenn‘ s wo zwickt, wiss‘ ma alle,<br />

wo die Mama isch. lacht<br />

Oft fällt in Bezug auf das Paulinum<br />

das Wort „Scheinheiligkeit“. Können<br />

Sie uns da Beispiele geben?<br />

Früher war es noch Vorschrift, dass<br />

die Pauliner Professoren am Sonntag<br />

in die Kirche gehen müssen. Die paar<br />

Scheinheiligen sind gegangen, kaum<br />

war das aufgehoben, dann habe ich<br />

sie nicht mehr gesehen. Wo ist denn<br />

da die Ehrlichkeit, das Wirkliche? Die<br />

sind nur gegangen, damit sie einen<br />

netten Posten haben, mit den nettesten<br />

Schülern vom Bezirk.<br />

Aber nicht nur bei den Lehrern, auch<br />

bei den Eltern ist es oft nicht stimmig:<br />

Ich kenne manche Ungetaufte in<br />

Schwaz, die bei jeder Gelegenheit<br />

übers Paulinum schimpfen. Und dann<br />

wollen sie doch ihre Kinder dorthin<br />

schicken. Oder es ist mir schon einige<br />

Male passiert, dass welche zu mir<br />

kommen und ihr Kind taufen lassen<br />

wollen. Hintenrum erfahre ich dann,<br />

dass sie das nur wollen, damit ihr Kind<br />

einen Platz im Paulinum bekommt.<br />

Das ist nicht ehrlich, sondern verlogen.<br />

Man soll sich auch nicht mit dem<br />

rühmen, dass man heuer zwei Konfessionslose<br />

aufnehmen wird.<br />

Außerdem schicken viele Eltern ihr<br />

Kind ins Paulinum, damit es nicht<br />

neben einem türkischen Kind in der<br />

Schule sitzen muss. Die Kinder hätten<br />

damit aber kein Problem, das sind nur<br />

die Eltern.<br />

Man muss aber für die Aufnahme<br />

ans Paulinum sicher Kriterien finden,<br />

und in Österreich haben wir ein Notensystem,<br />

das zwar anzweifelbar<br />

ist, am Paulinum jedoch auch für die<br />

Aufnahme entscheidend ist.<br />

Ich will euch zwei Zitate sagen. Ein<br />

sehr erfahrener Mittelschuldirektor<br />

sagte einmal: „Ans Paulinum integrieren<br />

die Reichen!“ Und als mein Bruder<br />

als Administrator zu einem Zillertaler<br />

Hotelier gesagt hat, sie könnten das<br />

Kind wegen des schlechten Zeugnisses<br />

nicht aufnehmen, da meinte der<br />

Zillertaler: „Ja oftan, Herr Professor,<br />

hätten‘s ma des decht friaga gsagt, die<br />

Lehrerin hätt‘ i ma scho grichtet!“<br />

Was ist Ihr persönlicher Bezug zum<br />

Paulinum?<br />

Ich habe schon einen Schlag bekommen,<br />

als ich damals das Eltern-Kind-Zentrum<br />

gebaut habe, zu<br />

der Zeit, als das Paulinum restauriert<br />

wurde. Da ist ins Paulinum unendlich<br />

viel Geld geflossen, während ich<br />

genau 250 Euro bekommen habe. Mir<br />

hat man gesagt, für solche Projekte<br />

sei die Kirche nicht da. Da frage ich<br />

mich schon, ob nicht für junge, alleinerziehende<br />

Mütter mehr Geld da sein<br />

müsste!<br />

“<br />

Denn wenn‘ s wo zwickt,<br />

wiss‘ ma alle, wo die<br />

Mama isch.<br />

Welche Lösung schlagen Sie also vor?<br />

Wir müssen neue Wege gehen. Ich<br />

kann mich nicht erinnern, dass der<br />

Paulus eine Villa gehabt hat in der<br />

Türkei und da Sommer gemacht hat.<br />

lacht Das war er nicht, der war schon<br />

auf dem Weg, bei den Leuten! Und<br />

Franziskus, das Oberhaupt der Katholischen<br />

Kirche, noch über dem Katholischen<br />

Schulamt, ist auch so.<br />

Es ist meine tiefste Überzeugung,<br />

dass es in Zukunft Privatschulen<br />

geben soll, aber diese müssen in der<br />

Trägerschaft von Elternvereinen sein,<br />

die Kirche hat in Zukunft andere Aufgaben,<br />

nämlich an die Ränder der Gesellschaft<br />

zu gehen. Mutter Teresa war<br />

auch Lehrerin an einer Schule für reichere<br />

Mädchen in Kalkutta, und beim<br />

Einkaufen ist sie über die toten und<br />

sterbenden Kinder auf der Straße gefallen.<br />

Und da hat sie gesagt: „Dieses<br />

Leben halte ich nicht mehr aus!“ Sie<br />

hat die Schule aufgegeben und ist auf<br />

die Straße gegangen. Das meint Papst<br />

Franziskus. Die Katholische Kirche hat<br />

andere Aufgaben. Ich bin für Privatschulen,<br />

aber nicht dafür, dass diese<br />

auch von der Kirche finanziert werden.<br />

Wenn einer 600 Euro verdient, und<br />

der andere 6.000 Euro, dann lässt sich<br />

das schon anders finanzieren. Für die<br />

konkrete Umsetzung bin ich nicht zuständig,<br />

aber dies ist sicher auch nicht<br />

Aufgabe der Kirche.<br />

Vielen Dank für das Interview!<br />

Bleibts Menschen,<br />

ge, bleibts Menschen.


W<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

16 TITELTHEMA<br />

Der religiöse Egoismus des Menschen - Ein Denkanstoss<br />

WARUM SOLLTE GOTT AN UNS GLAUBEN?<br />

Text: Johanna Stüger<br />

Der biblische Glaube, dass Gott den<br />

Menschen als sein Ebenbild geschaffen<br />

hat, scheint in einem geozentrischen<br />

Weltbild durchaus vernünftig.<br />

Gott setzte uns demnach in den<br />

Mittelpunkt von allem und betraute<br />

uns mit der Aufgabe, als Herrscher<br />

über allem anderen Leben zu stehen.<br />

So heißt es im 1. Mosebuch – Kapitel<br />

1, Vers 28: „Gott segnete sie und<br />

sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und<br />

mehrt euch und füllt die Erde und<br />

macht sie euch untertan.“ Passt doch<br />

alles wunderbar zusammen, oder?<br />

Da verwundert es auch keineswegs,<br />

dass die Religionsführer not amused<br />

waren, als Nikolaus Kopernikus ein<br />

heliozentrisches Weltbild unter den<br />

Menschen verbreitete. Dabei war<br />

er nicht der erste: Schon einige<br />

große Denker im Alten Griechenland<br />

wussten vom Kreisen der Erde um<br />

die Sonne und der Inder Aryabhata<br />

stellte rund 500 Jahre nach Christus<br />

komplexe Berechnungen dazu an.<br />

Seit Kopernikus hat sich aber einiges<br />

neues Wissen über unsere Stellung im<br />

Universum aufgetan: Auch die Sonne<br />

ist nämlich nicht der Mittelpunkt von<br />

allem, sondern nur ein winziger Stern<br />

am äußeren Teil eines Seitenarmes<br />

einer nicht gerade großen Galaxie<br />

mit etwa 100 Milliarden Sternen, und<br />

Wissenschafter heute gehen von etwa<br />

einer Billion Galaxien im gesamten<br />

Universum aus. (siehe Grafik rechts)<br />

Doch nicht nur örtlich, sondern auch<br />

zeitlich ist unsere Rolle im Universum<br />

unendlich gering: Zur Verdeutlichung<br />

von für uns unvorstellbaren Zeiträumen<br />

soll die Geschichte des Universums<br />

bis heute auf ein Kalenderjahr<br />

umgelegt werden: Am 1. Jänner um<br />

00:00 Uhr ist der Urknall, Anfang September<br />

entstehen Sonne und Erde. Am<br />

Ende desselben Monats entwickeln<br />

sich erste Formen von Leben, erst<br />

Mitte Dezember schwimmen Fische im<br />

Meer. Um den 20. Dezember kommen<br />

Landwirbeltiere hinzu, Dinosaurier<br />

gibt es vom 28. bis zum 30. Dezember.<br />

Am 31. Dezember, wenige Minuten vor<br />

Mitternacht, taucht dann der Mensch<br />

auf. Die gesamte menschliche Kulturgeschichte,<br />

auf die wir ja so stolz<br />

sind, schrumpft im Maßstab dieses<br />

Kalenders auf die letzten Sekunden<br />

vor Mitternacht. Vier Sekunden vor<br />

Mitternacht entsteht das Christentum,<br />

zwei Sekunden davor prägen die<br />

Kreuzzüge das Mittelalter und eine<br />

Sekunde davor löst Martin Luther die<br />

Reformation aus. Und bei Mitternacht<br />

sind wir in der Jetztzeit angelangt.<br />

Doch wie lange wird es uns noch<br />

geben? Würden wir es eine Minute<br />

schaffen, was etwa 26.065 realen Erdjahren<br />

entspricht, dann wäre das fast<br />

schon ein Wunder. Sicher ist jedoch,<br />

dass es den Menschen am zweiten<br />

Jänner schon nicht mehr gibt. Mitte Juli<br />

des neuen Jahres bläht sich die Sonne<br />

schließlich zu einem Roten Riesen auf,<br />

was ihren Untergang einläutet.<br />

Betrachten wir nun einmal ein verbreitetes<br />

Gottesbild vor dem Hintergrund<br />

dieses kosmischen Kalenders: Unser<br />

Schöpfer soll in den unendlichen<br />

Weiten des Universums also nichts<br />

Besseres zu tun gehabt haben, als<br />

sich in Gestalt einer zufällig entstandenen<br />

und bald wieder aussterbenden<br />

Affenart auf so einem Staubkorn wie<br />

unserer Erde zu inkarnieren und dann<br />

gekreuzigt zu werden? Und nun sollte<br />

er sich daran stören, sollte diese affenartige<br />

Lebensform nicht fünfmal am<br />

Tag arabische Sätze aufsagen oder<br />

zu bestimmten Zeiten, die manche<br />

„Sabbat“ nennen, ein Licht anmachen?<br />

Wie größenwahnsinnig und egozentrisch<br />

ist der Mensch eigentlich,<br />

dass er glaubt, das seien absolute<br />

Wahrheiten, für die sich sogar Krieg<br />

lohnt? Welch ein vermessenes Bild<br />

haben wir Menschen von unserem<br />

einerseits so großen Schöpfer, dass<br />

er so eine „kosmische Eintagsfliege“<br />

wie uns „auserwählt“? Dass unser Gott<br />

so viele menschliche Eigenschaften<br />

besitzt, beweist eigentlich, dass er<br />

in dieser Form ein rein menschliches<br />

Konstrukt ist. Das ist ja per se nichts<br />

Schlechtes, würden es uns die Religionen<br />

nicht anders verkaufen, um<br />

wiederum Macht für sich selbst zu<br />

gewinnen. Dabei verliert der Mensch,<br />

der in seiner Denkfaulheit lieber einer<br />

netten Geschichte glaubt, als selbst<br />

Verantwortung zu übernehmen, sein<br />

rationales Denkvermögen.<br />

Der Glaube an einen Gott kann zwar<br />

durchaus Sinn machen, wenn man ihn<br />

aus einem ethischen Gesichtspunkt<br />

betrachtet. Es kann dem Menschen zu<br />

einem besseren Zusammenleben und<br />

einem glücklicheren Leben verhelfen,<br />

eine schützende, liebende Kraft um<br />

sich zu wissen. Welche wirren Gedankengänge<br />

die Religionen aber um<br />

diesen Gott gestrickt haben, entbehrt<br />

größtenteils jeglicher Vernunft. Natürlich<br />

können auch die Religionen für<br />

viele Menschen eine Bereicherung<br />

sein, allerdings sollten ihre Gottbilder<br />

und „Geschichten“ als symbolisch<br />

anstatt tatsächlich, als menschlich<br />

anstatt göttlich aufgefasst werden.<br />

Die Conclusio aus dem Ganzen: Der<br />

Mensch kann an Gott glauben und<br />

Gott kann eine große Rolle in seinem<br />

Leben spielen, aber dass Gott an uns<br />

Menschen glaubt und wir für „ihn“<br />

ebenso bedeutend sind wie der<br />

Glaube an ihn für uns, ist ein ebenso<br />

unvernünftiger wie auch egoistischer<br />

und (größen-) wahnsinniger Gedanke.<br />

Bedenken wir nur den oben vorgestellten<br />

kosmischen Kalender oder<br />

werfen einen Blick in die Weiten des<br />

Universums, dann relativiert sich vieles<br />

wieder und wir werden BESCHEIDEN.<br />

Warum sollte also Gott an uns<br />

glauben? Nur damit weltliche Religionsführer<br />

Macht in die Hände gespielt<br />

bekommen.<br />

Viele Ideen und Formulierungen in<br />

diesem Artikel sind an das sehr empfehlenswerte<br />

Buch Keine Macht den<br />

Doofen. Eine Streitschrift von Dr. phil<br />

Michael Schmidt-Salomon angelehnt,<br />

in dem er zum Widerstand gegen den<br />

Irrsinn unserer Zeit aufruft.


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

17<br />

Winzigkeit der Erde im Universum<br />

Kommentar<br />

DIE RETTER DES<br />

CHRISTLICHEN<br />

ABENDLANDES<br />

Text: Johanna Stüger<br />

Heute auf Facebook begegnete mir<br />

ein Ausschnitt aus einem Südtiroler<br />

Boulevardblatt mit der Headline: Die<br />

kleine Nichte missbraucht: Mann<br />

muss 8 Jahre ins Gefängnis. Ein<br />

Mann hat dieses Bild gepostet, versehen<br />

mit dem Text „Zu wenig! Eier<br />

abschneiden!“<br />

Vorfälle wie dieser begegnen mir<br />

beinahe täglich: Leute quer durch<br />

alle Altersschichten mokieren sich<br />

über zu geringe Strafen bei Gewaltdelikten<br />

und fordern ein rigoroseres<br />

Vorgehen. Vor allem gerichtliche<br />

Urteile über Ausländer können ihnen<br />

nicht scharf genug sein.<br />

Einer meiner Freunde hat dann darunter<br />

gepostet: Wer von Euch – in<br />

dieser grauenvollen Sachlage – für<br />

„Eier ab“ ist, der wird konsequenterweise<br />

auch Steinigung bei Ehebruch<br />

und Handabhacken bei Diebstahl<br />

fordern. Und genau das finde ich<br />

hochinteressant: Es sind genau diese<br />

vermeintlichen Retter des christlichen<br />

Abendlandes, die das gleiche<br />

undemokratische Rechtssystem<br />

wie etwa das der saudi-arabischen<br />

Scharia-Auslegung herbeisehnen,<br />

um unsere christlichen Werte zu<br />

verteidigen.<br />

Na dann, frohe Ostern, christliches<br />

Abendland!


<strong>etcetera</strong>.<br />

18 TITELTHEMA<br />

„So wahr mir Gott helfe“<br />

POLITIK IM NAMEN GOTTES<br />

Text: Verena Deutsch<br />

Ein Blick in unsere Vergangenheit<br />

reicht, um zu erkennen, welcher<br />

Schaden bereits mit Religion angerichtet<br />

wurde. Jahrhunderte hindurch<br />

tötete die Menschheit im Namen<br />

irgendeines Gottes. Auch das Christentum<br />

richtete allein mit den Kreuzzügen<br />

unwiderruflichen Schaden an<br />

der Bevölkerung und der Geschichte<br />

an. Hexenverbrennungen oder Hinrichtungen<br />

aufgrund von Ketzerei<br />

gehörten für die Kirche zum Alltag und<br />

forderten unzählige Menschenleben.<br />

Bis hin zum Zweiten Weltkrieg, als aus<br />

krankhafter Angst vor einer Religion<br />

Massenvernichtungen vonstattengingen,<br />

wurde der Begriff Religion missbraucht.<br />

Mittlerweile hält die Republik<br />

Österreich Politisches und Staatliches<br />

von religiösen Einflüssen fern. Man<br />

möge meinen, die Vergangenheit hat<br />

uns endlich bekehrt. Uns eines Besseren<br />

gelehrt. Doch man muss nicht<br />

weit in die Welt hinausblicken, um zu<br />

erkennen, dass wir eben nicht bekehrt<br />

wurden. Dass die Vergangenheit uns<br />

eben nichts gelehrt hat.<br />

„So wahr mir Gott helfe“ – dieser<br />

Spruch war klar und deutlich auf den<br />

Wahlplakaten des FPÖ-Politikers<br />

Norbert Hofer auszumachen, als<br />

der Bundespräsidentenwahlkampf<br />

in Österreich voriges Jahr Jahres in<br />

die letzte Runde ging. Es wurde versucht,<br />

die Menschen mit Hilfe ihrer<br />

religiösen Zugehörigkeit zum Wählen<br />

zu mobilisieren. Es wurde damit spekuliert,<br />

dass genügend überzeugte<br />

und wahlberechtigte Christen den<br />

freiheitlichen Politiker wählen würden.<br />

Es wurden Mittel angewendet, welche<br />

die Aufgabe hatten, die Menschen mit<br />

Hilfe ihrer religiösen Überzeugung zu<br />

beeinflussen und zu steuern. Dass<br />

Wahlkampf immer mit Manipulation in<br />

Zusammenhang steht, ist nicht überraschend.<br />

Doch die Mittel, zu denen hier<br />

gegriffen wurde, sind sehr zweifelhaft.<br />

Ein weiteres und vermutlich noch<br />

viel drastischeres Beispiel ist auf der<br />

anderen Seite des Atlantiks vorzufinden.<br />

Man schrieb den 20. Jänner 2017,<br />

als die Welt nach Washington blickte<br />

und die Angelobung des 45. Präsidenten<br />

der Vereinigten Staaten von<br />

Amerika mitverfolge. Donald Trumps<br />

Absichten, seine Pläne, seine Ziele<br />

und wahnwitzigen Ideen: Alles wurde<br />

unter den Schutz Gottes gestellt. Gott<br />

möge ihn unterstützen, Gott möge<br />

helfen, „America great again“ zu<br />

machen. Auch hier wird mit den gleichen<br />

Mitteln gekämpft. Mit Hilfe der<br />

Religion versucht der neue US-Präsident,<br />

seine Ziele zu rechtfertigen. Die<br />

politische Zugehörigkeit wird mit den<br />

innersten Werten der Menschen manipuliert.<br />

Ganz nach dem Motto: Wenn<br />

Gott Trump unterstützt, müssen wir ihn<br />

auch unterstützen.<br />

Ich selbst begann mich zu fragen:<br />

Kann ich stolz darauf sein, Teil einer<br />

Religion zu sein, welche von solchen<br />

Menschen missbraucht wird? Will ich<br />

überhaupt der gleichen Religion angehören,<br />

auf dessen Schutz sich ein<br />

Herr Trump beruft? Soll ich zu Leuten<br />

gehören, die bestärkt von „christlichen<br />

Werten“ und allein aufgrund von Religion<br />

politische Ideen, denen ich mehr<br />

als abgeneigt bin, unterstützen?<br />

All dies sind Fragen, die nur jeder für<br />

sich selbst beantworten kann. Es zeigt<br />

sich, dass Glaube und Religion nicht<br />

das Gleiche sind. Ja, ich glaube an<br />

den christlichen Gedanken. Doch in<br />

Momenten, in denen Trump stolz das<br />

Wort „Gott“ in den Mund nimmt oder<br />

ich an den bereits angesprochenen<br />

Wahlplakaten vorbeigehe, bin ich<br />

mir nicht mehr sicher, ob ich auf dem<br />

Blatt Papier wirklich eine Christin sein<br />

möchte.<br />

Für mich steht außer Frage, dass<br />

eine politische Manipulation mit Hilfe<br />

von Religion niveaulos ist. Religiöse<br />

Zugehörigkeit ist eine persönliche<br />

Entscheidung, welche in staatlichen<br />

und politischen Angelegenheiten in<br />

der heutigen Zeit absolut nichts mehr<br />

zu suchen haben sollte.


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

19<br />

Spruchreife Zitate aus Bibel, Koran und Herr der Ringe<br />

QUIZ ZUM AUSFÜLLEN<br />

Text: Selina Lintner, Lea Schwaiger<br />

„Der Koran ist ein Schriftstück, in dem es von brutalen Texten und blutigen Versen nur so wimmelt, die Bibel hingegen ist<br />

ein Werk berstend voll von Nächstenliebe, Toleranz und Aufgeklärtheit.“<br />

Dies sind gängige Vorurteile gegenüber Bibel und Koran, doch beide Schriften enthalten sowohl (für heutige Verhältnisse)<br />

radikal anmutende und entsetzliche als auch friedliche und sehr berührende Texte. Oft wird der Koran als „gewaltverherrlichend“<br />

angekreidet, die Bibel ist jedoch auch nicht wirklich „heilig“, wenn es um Unterdrückung oder Bestrafungen geht.<br />

Es hängt immer davon ab, wie Verse übersetzt und interpretiert werden. Leider gibt es sie nicht: Die perfekte, 100 Prozent<br />

gewaltfreie, tolerante, gleichberechtigende Religion ist nur eine Utopie in unseren Köpfen.<br />

Wer wirklich mehr erfahren will, an was GENAU er/sie glaubt, dem wird wärmstens ans Herz gelegt, die Heilige Schrift<br />

seiner Religion zu lesen und auch in den Manifesten anderer Religionen zu schmökern, denn mehr wissen schadet nie.<br />

Euer Wissen über Zitate aus Koran und Bibel könnt ihr in folgendem Quiz testen. Damit es etwas schwieriger wird, haben<br />

wir auch Teile aus J.J.R. Tolkiens „Herr der Ringe“ eingeführt, und ihr werdet sehen, dass man von Vorurteilen schnell auf<br />

eine falsche Fährte gelockt wird.<br />

(Anm. d. Red.: Wir wollen keinesfalls eine bestimmte Religion schlechtmachen, sondern nur zeigen, wie wenig über<br />

manche Inhalte bekannt ist).<br />

Zitat Bibel Koran Herr der Ringe<br />

1. „Eine Frau soll sich in Ruhe und Unterwerfung belehren lassen“<br />

2. „Die Tinte des Gelehrten und das Blut des Märtyrers haben vor dem Himmel<br />

den gleichen Wert.”<br />

3. „Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen<br />

das Leben. Kannst du es ihnen geben? Dann sei auch nicht so rasch mit einem<br />

Todesurteil bei der Hand.”<br />

4. „Wenn du meinen Befehlen nicht gehorchst und meine Gesetze verabscheust,<br />

wirst du das Fleisch deiner eigenen Söhne und Töchter essen.“<br />

5. „Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen.“<br />

6. „Meine Freunde, ihr verneigt euch vor niemandem.“<br />

7. „Niemals werde ich dir meine Hilfe entziehen, nie dich im Stich lassen.“<br />

8. „Wenn jemand das Rechte tut, so tut er es für sich selbst; und wenn jemand<br />

Böses tut, so handelt er gegen sich selbst.“<br />

9. „So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die<br />

keine Jungfrau mehr sind, aber die Mädchen, die unberührt sind, lasst für euch<br />

leben.“<br />

10. „Wer seine Freundlichkeit verliert, verliert seine Religiosität.“<br />

11. „Ach Gott, wolltest du doch die Gottlosen töten“<br />

12. „Mut findest du, wo du ihn am wenigsten erwartest“<br />

13. „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt<br />

nicht Mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht ungebärdig, sie suchet<br />

nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie<br />

freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit.“<br />

LÖSUNGEN<br />

Bibel: 1. 3. 5. 9. 11. 13.<br />

Koran: 2. 8. 10.<br />

Der Herr der Ringe: 3. 6. 12.


20 TITELTHEMA<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

Wie lebt es sich als<br />

PRIESTERKIND?<br />

Text: Ruth Hochenwarter<br />

Was, dein Papa ist Priester? Ihr seid<br />

evangelisch, oder? Dieser einen Frage<br />

müssen sich Kinder von Priestern des<br />

Öfteren stellen. Dann gilt es freundlich<br />

lächelnd zu erklären, dass man sehr<br />

wohl katholisch sei. Und ja, der Papa<br />

ist Pfarrer.<br />

Für viele ist das erstmals ein kleiner<br />

„Schock“, weil es doch das Zölibat<br />

gibt.<br />

Zölibat, das oder der<br />

religiös begründete Standespflicht,<br />

besonders der katholischen Geistlichen,<br />

sexuell enthaltsam zu leben<br />

und nicht zu heiraten<br />

Begründet wird die freie, zölibatäre<br />

Lebensweise damit, dass das Vorbild<br />

Jesu Christi selbst unverheiratet und<br />

enthaltsam gelebt hat und in seinem<br />

Namen zur Nachfolge aufruft. Obwohl<br />

im neuen Testament keine Rede<br />

von einer Ehe Jesu ist, sind manche<br />

dennoch der Meinung, dass Jesus wie<br />

alle Juden auch verheiratet gewesen<br />

sei. Mit der Begründung, dass zur<br />

Zeit Jesu Christi die ehelos lebende<br />

Gemeinschaft der Essener existierte,<br />

widerlegen Historiker und Theologen<br />

die Theorie einer Ehe Jesu.<br />

Das Zölibat wäre also die Grundlage<br />

eines Priesteramtes. Wie kommt<br />

es dennoch dazu, dass der Begriff<br />

„Priesterkinder“ in Gesprächen nicht<br />

selten fällt? Laut einer Studie aus<br />

dem Jahre 2012 gibt es in Österreich<br />

rund 500 sogenannte Priesterkinder.<br />

Manche dürfen ihren biologischen<br />

Vater nie kennenlernen oder müssen<br />

mit der Lüge leben, der Papa sei nach<br />

Amerika ausgewandert.<br />

Im Zuge unseres Titelthemas wurden<br />

uns im Rahmen eines Interviews mit<br />

Lisa* (18) Einblicke in ein doch so<br />

normales, lustiges und offenes Familienleben<br />

einer Familie mit einem katholischen<br />

Priester als Vater gewährt.<br />

Doch wie kommt es dazu?<br />

Die Eltern kennen sich, seit sie Teenager<br />

waren und obwohl der Vater<br />

nach seinem Schulabschluss die<br />

Priesterausbildung begann, kamen<br />

die beiden zusammen. Es war dem<br />

Paar klar, dass eine Heirat unmöglich<br />

ist. Als sich später Lisa ankündigte,<br />

wollte ihr Vater ihr zuliebe aus der<br />

Kirche austreten, gleichzeitig konnte<br />

er sich aber nicht vorstellen, seinen<br />

Job aufzugeben. So war das ein oder<br />

andere klärende Gespräch nötig und<br />

schließlich wurde die Lebenssituation<br />

so akzeptiert, wie sie ist: ein Priester,<br />

der mit Kind und Frau zusammenlebt.<br />

Eine Sache wollte Lisa von vornherein<br />

klarstellen, nämlich die Tatsache, dass<br />

sie nicht im Widum leben! Das sei eine<br />

der am häufigsten gestellten Fragen,<br />

wenn jemand erfährt, dass ihr Vater<br />

Priester ist. Lisas Vater ist nicht in<br />

derselben Pfarrgemeinde tätig, in der<br />

die Familie lebt und das scheint für sie<br />

von Vorteil zu sein. Lisa erzählt, dass<br />

besonders ältere Damen und Herren,<br />

die streng konservativ aufgewachsen<br />

sind, wenig Verständnis für ihre<br />

Lebenssituation hätten. Ihre Freunde<br />

sowie generell junge Menschen hätten<br />

eine offenere Einstellung und würden<br />

sie als ganz normales Mädchen in einer<br />

ganz normalen Familie sehen. Einmal<br />

hätte sie die Messe in der Pfarre ihres<br />

Vaters besucht, wo sie dem einen<br />

oder anderen sofort aufgefallen und in<br />

der Bank hinter ihr getuschelt worden<br />

wäre.<br />

“<br />

Die Kirche hat das natürlich<br />

nicht gut gefunden, aber<br />

was soll man machen, ich<br />

bin halt einmal da!<br />

Lisa findet jedoch, dass es zu weit<br />

ginge, wenn die Mutter oftmals als die<br />

Schuldige bezichtigt wird. Die Frauen<br />

würden ja die armen Priester verführen.<br />

„Ich kann nur sagen, dass es bei


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

21<br />

meinen Eltern nicht so war“, betont<br />

sie. Dennoch hätte sich der Beruf ihres<br />

Vaters noch nie negativ auf ihr Leben<br />

oder ihren schulischen Werdegang<br />

ausgewirkt.<br />

Mein Papa ist<br />

“<br />

immer offen<br />

und erzählt einer neuen<br />

Gemeinde, dass er ein<br />

Kind hat und ob das ein<br />

Problem für sie sei.<br />

Bis jetzt habe es noch nie Probleme<br />

gegeben. Wenn die Gemeinde seine<br />

Lebensumstände nicht akzeptieren<br />

würde, dann wäre er eben woanders<br />

Priester geworden.<br />

Vielen stellt sich dabei schon die<br />

nächste Frage. „Wohnst du mit deinem<br />

Papa zusammen unter einem Dach?“<br />

Lisa erzählt mir, dass sie alle zusammenwohnen<br />

würden, ihr Vater aber<br />

dennoch nur zweimal in der Woche<br />

zuhause sei und die restliche Zeit in<br />

einer Wohnung im Ort seiner Pfarre<br />

verbringen würde.<br />

„Das ist aber nur, damit er nicht immer<br />

pendeln muss. Die Kirche hat ihm<br />

das nicht vorgeschrieben, wie viele<br />

denken“, erklärt mir Lisa. Daher würde<br />

sie sich umso mehr freuen, wenn ihr<br />

Papa zuhause ist. Lisa erzählt mir, dass<br />

sie oft gefragt werde, was ihr Papa<br />

den ganzen Tag mache.<br />

„Das Klischee des Priesters ist anscheinend<br />

immer noch, dass er den<br />

ganzen Tag in der Bibel liest, betet<br />

und keine Hobbys hat.“ Denn auch die<br />

Frage nach der Freizeitbeschäftigung<br />

werde ihr nicht selten gestellt. „Ja natürlich<br />

hat er Hobbys, er ist sportlich,<br />

geht gerne Rad fahren und war auch<br />

schon oft paragleiten.“<br />

Besonders interessant war zu hören,<br />

dass sich viele das Leben in einer<br />

Familie mit einem Papa als Priester<br />

streng, heilig und betend vorstellen.<br />

Wichtig war ihr daher richtigzustellen,<br />

dass ein Pfarrer auch ein ganz normaler<br />

Mensch ist.<br />

„Und nein, wir haben keinen heiligen<br />

Platz zuhause, den man anbeten muss,<br />

wenn man unsere Wohnung betritt. Ich<br />

werde auch total oft gefragt, ob ich<br />

auch ‚so‘ sei. Aber was heißt ‚so‘?“<br />

Lisa ist ein ganz normales Mädchen<br />

und ob sie nun die „typischen“ Charaktereigenschaften<br />

eines Priesterkindes<br />

hat, wisse sie nicht.<br />

„Ich weiß, dass es andere Priester<br />

gibt, die Freundinnen haben, aber<br />

von anderen Kindern weiß ich nichts<br />

und kann mich daher auch nicht<br />

‚vergleichen‘.“<br />

Doch nicht jedes Kind hat das Glück,<br />

ein so normales Familienleben zu<br />

führen. Früher wurden jene Kinder oft<br />

verstoßen, heimlich aufgezogen oder<br />

weggegeben und auch heute gibt es<br />

noch Kinder, die ihren leiblichen Vater<br />

nie kennenlernen dürfen. Manchmal<br />

kommt es dabei sogar vor, dass den<br />

Priestern verschwiegen wird, dass sie<br />

Vater sind. So stellt sich dem ein oder<br />

anderen wohl langsam die Frage, aus<br />

welchem Grund es das Zölibat noch<br />

gibt? Was bewegt den modernen<br />

Menschen von heute dazu? Hat ein<br />

„Gesetz“, dessen Grundlage tausende<br />

Jahre zurückliegt, überhaupt noch<br />

Zukunft? Genauere Auseinandersetzung<br />

mit dieser Frage würde jedoch<br />

den Rahmen dieses Artikels sprengen.<br />

Darüber hinaus muss erwähnt werden,<br />

dass es jedem selbst überlassen<br />

ist, wie er sein Leben leben will. Ob<br />

sich nun jemand für das Zölibat, eine<br />

vegane Ernährung oder ein Leben<br />

im Minimalismus entscheidet, alles in<br />

allem ist es doch eines jeden Einzelnen<br />

Entscheidung und sollte daher<br />

auch respektiert werden.<br />

“<br />

Außerdem fährt er mit mir<br />

wirklich JEDE Achterbahn!<br />

Lisa wünscht sich von der katholischen<br />

Kirche ein bisschen mehr Offenheit.<br />

„Ich finde nicht, dass das Zölibat aufgehoben<br />

werden muss, aber es sollte<br />

den Priestern selber überlassen sein,<br />

ob sie zölibatär leben wollen oder<br />

nicht. Wenn die Kirche in ein paar Angelegenheiten<br />

offener wäre, wäre das<br />

sicher ein Fortschritt!“<br />

*Name von der Redaktion geändert<br />

RELIGIÖSE SYMBOLE AN<br />

ÖFFENTLICHEN PLÄTZEN<br />

Text: Anna Sophia Tschuggnall,<br />

Elisabeth Fischer<br />

Bei uns denkt man sich nicht viel<br />

dabei, wenn in einem Klassenraum<br />

ein Kreuz hängt. Als Bischöfliches<br />

Privatgymnasium ist dies aber<br />

auch nicht ungewöhnlich. Wären<br />

wir jedoch in einer anderen Schule<br />

und hätten eine andere Religion,<br />

würden wir das wahrscheinlich<br />

nicht akzeptieren. Wie würdest du<br />

reagieren, wenn in deiner Klasse<br />

ein Halbmond hängen würde?<br />

Erst kürzlich hat der Europäische<br />

Gerichtshof beschlossen, dass<br />

Unternehmen ihren Mitarbeitern<br />

verbieten dürfen, ein Kopftuch zu<br />

tragen. Nun wird stark diskutiert,<br />

ob Christinnen und Christen ihren<br />

Hals mit einem Kreuzanhänger<br />

schmücken dürfen. Vielen Menschen<br />

ist es sehr wichtig, ein religiöses<br />

Symbol bei sich zu haben. Die<br />

Debatte nun ist folgende: Dürfen<br />

Christen ihre Religion öffentlich<br />

zeigen, aber Muslime nicht? Und<br />

kann man ein kleines Kreuz mit<br />

einem Kopftuch vergleichen?<br />

Nehmen wir einmal an, wir sind<br />

Muslime. Wir gehen in die örtliche<br />

Mittelschule in eine Klasse, die<br />

überwiegend aus Menschen christlichen<br />

Glaubens besteht. In dem<br />

Klassenzimmer hängt ein Kreuz<br />

und wenn wir einmal einen Halbmondanhänger<br />

tragen, werden<br />

wir als Extremisten abgestempelt.<br />

Zurück in die Realität: Wir persönlich<br />

würden es nicht gutheißen,<br />

wenn in unserer Schule die Kreuze<br />

abgehängt werden würden, wir<br />

gelten jedoch dann gleich als intolerant<br />

und rassistisch.<br />

Eine gute Lösung wäre sicher,<br />

wenn in öffentlichen Schulen<br />

Toleranz vorgelebt wird und muslimische<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

genauso akzeptiert wie Klassenkameraden<br />

anderer Religionen<br />

werden würden.


22 TITELTHEMA<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

Wenn sich Profisportler zur Religion bekennen<br />

DER GLAUBE UND DER SPORT<br />

Text: Andreas Hörmann<br />

Wie stark ist der Glaube von Leistungssportlern ausgeprägt und wie sehr benötigen ihn die topbezahlten Athleten? Besonders<br />

in Zeiten der Verletzungen oder des Misserfolgs ist auch der Glaube gefragt. Der eine betet vielleicht vor dem<br />

Spiel zu Gott, der andere glaubt einfach an sich selbst und an seine Qualitäten. Jeder Sportler muss, um erfolgreich<br />

zu sein, zumindest an sich selber glauben, denn genau das zeichnet die Besten der Besten über weite Strecken aus.<br />

Es gibt unendlich viele Beispiele aus<br />

der Welt des Sports, die zeigen, dass<br />

auch die Stars ihres Faches mal ein<br />

kurzes Stoßgebet zum Himmel schicken,<br />

um Gott für einen erfolgreichen<br />

Arbeitstag zu bitten. Jeder hat diese<br />

Posen schon einmal beobachtet, aber<br />

was ist mit Spielern, die man nie in auf<br />

den Knien betend am Rasen verweilen<br />

zu Gesicht bekommt. Heißt das, dass<br />

diese Akteure nicht glauben? Womöglich<br />

nicht an Gott, Allah oder an wen<br />

auch immer. Meistens glauben diese<br />

Menschen sehr stark an sich selbst<br />

und das hilft mindestens gleich viel,<br />

wie wenn man den Vater im Himmel<br />

um Hilfe ersucht. Der Glaube und der<br />

Sport gehen also Hand in Hand. Schon<br />

in der Bibel (Phil 3,4) steht geschrieben:<br />

„eines aber tue ich: Vergessend<br />

was dahinten, und mich ausstreckend<br />

nach dem, was vorn ist, jage ich, das<br />

Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis<br />

der Berufung Gottes nach oben<br />

in Jesus Christus.“<br />

Ich möchte euch, werte Leserinnen<br />

und Leser, ein weiteres Beispiel vor<br />

Augen führen. Stellt euch nun vor, ihr<br />

steht im Starthaus der weltbekannten,<br />

brutalen Ski-Rennstrecke in Kitzbühel.<br />

Euch stockt der Atem und ihr habt<br />

Angst. Wäre euer Glaube – an euch<br />

selbst oder an Gott – stärker als die<br />

Angst vor einem Sturz oder einer<br />

Blamage? Rennfahrer müssen also<br />

einen gewaltigen Glauben an sich<br />

selbst haben. Daher muss man jedem<br />

gratulieren, der sich wagemutig dem<br />

heißen Tanz auf der „Streif“ in der<br />

Gamsstadt stellt.<br />

„Der Fußballgott hat es gut mit uns<br />

gemeint!“ Diese Aussage hört man<br />

nur zu oft nach diversen Matches.<br />

Doch was oder wer ist damit eigentlich<br />

gemeint: Ist es ein alter Herr, der<br />

mit einem FC-Bayern-Trikot auf einer<br />

Wolke sitzt? Schlussendlich ist ein<br />

positives Resümee nach einer Partie<br />

immer dem Glauben an sich selbst,<br />

der Leistung und der Taktik zuzuschreiben.<br />

Für mich ist der Fußballgott<br />

ein Symbol oder eine Metapher für<br />

den Glauben einer Mannschaft an sich<br />

selbst und dass man jede Herausforderung<br />

bewältigen kann. Wenn einem<br />

Team das tatsächlich gelingen sollte,<br />

sprechen wir hier vom Phänomen<br />

„Fußballgott“.<br />

Der Glaube ist also eigentlich wie<br />

ein Training: Man kann nicht sofort<br />

die ganze Distanz laufen, kann nicht<br />

gleich alle Antworten finden. Doch<br />

wenn man nicht an sich glaubt, dann<br />

wird man schnell das Ziel aus den<br />

Augen verlieren. Also ist der Glaube<br />

beim Sport essenziell.<br />

Sport als Religionsersatz?<br />

Im Sport fließen oft Qualität und<br />

Glaube zusammen. Wenn dies passiert,<br />

ergibt das unterm Strich eine<br />

gute Leistung und viele Menschen<br />

verehren die Sportler dann oft wie<br />

Heilige. Sport und Körperkult mag für<br />

viele Menschen auf der Welt bereits<br />

eine Ersatzreligion geworden sein,<br />

doch ein Religionsersatz wird der<br />

Sport nie sein können.<br />

Viele Sportler haben in der Vergangenheit<br />

mit schweren Verletzungen zu<br />

kämpfen gehabt. Zweimal hintereinander<br />

hat er sich schon das Kreuzband<br />

gerissen, ein zu frühes Comeback<br />

war die Folge eines weiteren Kreuzbandrisses.<br />

Bereits zehn Minuten<br />

nach seiner langersehnten Rückkehr,<br />

musste der damals 18-jährige Fußballspieler<br />

Simon Pirkl ausgewechselt<br />

werden. Auch er hat an sich geglaubt<br />

und ist stark zurückgekommen.


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

23<br />

DIE GRENZEN DER TOLERANZ<br />

Text: Andreas Hörmann, Illustration: Maria Grubinger<br />

Ich möchte meinen Artikel mit einem<br />

typischen Beispiel aus dem Altag<br />

unserer modernen Gesellschaft beginnen.<br />

Du sitzt in der U-Bahn oder<br />

im Zug und neben dir ist eine unbekannte<br />

Person, die so laut Musik hört,<br />

dass du schon überlegst, ob du dir<br />

einen anderen Sitzplatz suchst. Doch<br />

was, wenn kein anderer Platz frei ist?<br />

Dir bleibt nichts anderes übrig, als<br />

den Lärm zu ertragen, doch gutheißen<br />

würdest du die Unruhe sicherlich nicht.<br />

Es gibt unendlich viele Beispiele, die<br />

den Unterschied zwischen Akzeptanz<br />

und Toleranz offen legen. Doch was<br />

sind eigentlich Akzeptanz oder Toleranz<br />

genau?<br />

Akzeptanz heißt, dass man eine<br />

Lösung oder eine Tatsache für gut<br />

erachtet oder diese unterstützt. Viele<br />

Menschen in unserer Gesellschaft<br />

denken, dass Toleranz und Akzeptanz<br />

etwas ähnliches oder gar dasselbe<br />

sind, doch dem ist nicht so. Wenn<br />

man etwas oder auch eine Personengruppe<br />

nur toliert, dann heißt das,<br />

dass man etwas oder einen Menschen<br />

nur gerade noch so ertragen kann, ihn<br />

also eigentlich sogar beleidigt. Wenn<br />

zum Beispiel jemand sagt, dass die<br />

Sonne am Ende des Tages ins Meer<br />

fällt, muss man diese Meinung in<br />

einer gegenwärtigen Gesellschaft tolerieren,<br />

doch als rational denkender<br />

Mensch kann man diese Aussage keineswegs<br />

akzeptieren, also gutheißen.<br />

Doch für alles gibt es Grenzen. So wie<br />

es Staats- oder Stadtgrenzen gibt, so<br />

gibt es auch Grenzen der Toleranz.<br />

Eine Grenze verläuft zwischen dem<br />

was man nicht tolieren darf und dem<br />

was man tolerieren sollte. Die zweite<br />

Grenze teilt Toleranz und Akzeptanz.<br />

Man muss also unterscheiden zwischen<br />

dem was man tolerieren muss<br />

und dem was man nicht tolerieren darf.<br />

Die offene Gesellschaft &<br />

ihr Aufbau<br />

Offene Gesellschaft – was ist das?<br />

Diese zwei Wörter fallen in letzter<br />

Zeit immer öfter. Doch was ist das eigentlich,<br />

die offene, moderne Gesellschaft?<br />

Die Grundlage der offenen Gesellschaft<br />

ist Demokratie. Doch diese<br />

haben wir, genauso wie Meinungs-,<br />

Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit,<br />

bereits erreicht. Zukunftmusik ist<br />

es jedoch, endlich Randgruppen und<br />

Minderheiten nicht nur zu tolerieren,<br />

sondern auch zu akzeptieren. Auch<br />

die Trennung von Staat und Religion<br />

spielt in dieser Konstruktion der modernen<br />

Gesellschaft, der wir uns in<br />

kleinen Schritten annähern müssen,<br />

eine wichtige Rolle. Da aber die religiösen<br />

Werte auch in Österreich immer<br />

noch in der Verfassung verankert<br />

sind, wird dieses Unterfangen äußerst<br />

difficil. In der offenen Gesellschaft<br />

sollte, nein muss religiöse Neutralität<br />

oberste Priorität haben. Viele dieser<br />

Ziele konnten wir schon ad acta legen,<br />

allerdings ist es noch ein weiter Weg<br />

den wir zur modernen, offenen Gesellschaft<br />

meistern müssen. Der Aufbau<br />

der modernen Gesellschaft lässt sich<br />

aber auch leicht anhand von vier<br />

Säulen erklären:<br />

● Individualismus: Gesamtheit aller<br />

Merkmale, die einen von einer<br />

anderen Person unterscheiden<br />

● Egilatarismus: Selber Anspruch auf<br />

Rechte für alle (Machtkontrolle)<br />

● Liberalismus: Freiheit für alle<br />

● Säkularismus: Trennung von Staat<br />

und Religion<br />

Aber warum ist es jetzt so wichtig,<br />

dass wir uns bald schon moderne,<br />

offene Gesellschaft nennen dürfen?<br />

Wenn man jetzt über die Probleme<br />

in unserer Gesellschaft nachdenkt,<br />

kommen einem viele Gedanken in den<br />

Sinn, zum einen muss man natürlich<br />

die Begriffe Toleranz und Akzeptanz<br />

wieder ins Spiel bringen, zum anderen<br />

sollte man sich fragen warum diese<br />

Probleme zu solchen geworden sind.<br />

Andersfarbige, Homosexuelle, Menschen<br />

anderer Konfessionen sollten<br />

akzeptiert anstatt nur toleriert zu<br />

werden. Das wäre ein Schritt in die<br />

richtige Richtung. Es schmerzt mich<br />

zu wissen, dass viele Mitglieder in<br />

unserer Gesellschaft denken, dass sie<br />

mehr Recht auf Glück, Besitz, Freiheit<br />

und Familie hätten als andere. Vergessen<br />

wir nicht: Jeder ist von Natur aus<br />

gleich. Diese Probleme gehen uns alle<br />

etwas an. Darum ist es so wichtig diese<br />

vorhandenen, ungelösten Aufgaben<br />

zu bewältigen und sich gemeinsam<br />

dem Gesellschaftsidol zu nähern. Es<br />

wird Zeit einen Meilenstein zu setzen.<br />

Genaueres kann im Buch „Die Grenzen<br />

der Toleranz“ von Michael Schmidt-Salomon<br />

nachgelesen werden. Dieses<br />

Buch kann ich euch nur empfehlen!


24 TITELTHEMA<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

VIER SCHÜLER - VIER ANSICHTEN<br />

Text: Johanna Stüger, Interview: Selina Lintner, Carina Prem, Lea Schwaiger<br />

Vier Schüler – zwei Oberstufe,<br />

zwei Unterstufe, je einer eher<br />

„gläubig“, je einer eher „ungläubig“<br />

im katholischen Sinne<br />

– beantworten kurz und bündig<br />

unsere Fragen zum Titelthema<br />

Glaube – Kirche – Religion.<br />

FRAGEN<br />

1. Wie würdest du deinen Glauben beschreiben?<br />

2. Brauchst du die Kirche für deinen Glauben?<br />

3. Wie oft gehst du in die Kirche (ausgenommen<br />

Schulgottesdienste)?<br />

4. Wie oft betest du?<br />

5. Auf einer Skala von 1-10, wie stark ist dein<br />

Glaube an 1. etwas Göttliches / eine höhere<br />

Macht 2. Gott Vater 3. Jesus Christus als Sohn<br />

Gottes 4. den Heiligen Geist<br />

6. Inwiefern ist der Religionsunterricht<br />

für deinen Glauben relevant?<br />

7. Was prägt und beeinflusst deinen<br />

Glauben?<br />

8. In welchem/n Punkt/en stimmst du<br />

der katholischen Kirche am meisten zu?<br />

9. In welchem/n Punkt/en kritisierst du<br />

die Kirche am meisten?<br />

GLÄUBIG<br />

GLÄUBIG, UNTERSTUFE<br />

1. Glaube ist stärkend für mich, meine Familie ist religiös. Ich vertraue<br />

auf Jesus, es gibt jedoch vieles an der Kirche zu kritisieren.<br />

Ich wünsche mir einige Veränderungen und dass die kirchliche<br />

Gemeinschaft offener wird.<br />

2. Weder die Institution Kirche noch der Ort sind für mich<br />

notwendig. Man kann auch ohne sie glauben.<br />

3. ein Mal in der Woche<br />

4. in der Früh, am Abend, Tischgebet, in schwierigen Situationen<br />

5. Gott Vater 10, Jesus Christus 10, Heiliger Geist 10<br />

6. abhängig vom Lehrer; für mich ist er sehr relevant, die<br />

Fakten bereichern mich; mein Glaube wird dadurch aber nicht<br />

beeinflusst<br />

7. Papst, Oma, Pfarrer<br />

8. Kirchenasyl, Spendenaktionen<br />

9. Abtreibung in manchen Fällen, Ausgrenzung von<br />

Menschenbild<br />

gläubig, oberstufe<br />

1. starker Glaube, Familie sehr gläubig<br />

stimme mit den Werten der Bibel überein, glaube aber nicht alles<br />

1:1, wie zum Beispiel die Schöpfungsgeschichte; vieles ist einfach<br />

eine schöne Erklärung; jeder Mensch soll seinen eigenen Glauben<br />

haben können. Ich glaube an Gott, widerspreche aber in vielen<br />

Ansichten der Katholischen Kirche. Das macht mich aber nicht zu<br />

einer „Weniger-Gläubigen“.<br />

2. Man kann auch ohne die Institution Kirche glauben, es gibt viele<br />

Widersprüche (Akzeptanz)<br />

Der Ort Kirche ist für mich wichtig, um Glaube zu erfahren.<br />

3. fast jede Woche am Sonntag<br />

4. beten ist für nicht gleich ein Gebet aussprechen, sondern kann<br />

auch bedeuten, einfach an Gott zu denken; ich bete daher jeden<br />

Tag<br />

5. Gott Vater 10, Jesus Christus 10, Heiliger Geist 10<br />

6. sehr wenig; der Stoff ist nicht relevant für meinen persönlichen<br />

Glauben, man erhält fast nur geschichtliche Daten<br />

7. Familie und gute bzw. schlechte Geschehnisse<br />

8. Toleranz aller Menschen, Kirchenasyl, keine Verfolgung<br />

9. Zölibat, Homosexualität, Abtreibung in bestimmten Situationen<br />

NICHT GLÄUBIG<br />

nicht gläubig, unterstufe<br />

1. Ich stimme nicht mit dem katholischen Glauben überein. Ich<br />

glaube teilweise an etwas Höheres, aber eigentlich eher nicht.<br />

2. Nein: Für Glauben ist generell keine Institution oder etwas<br />

Monumentales notwendig.<br />

3. Weihnachten, Begräbnis<br />

4. nie<br />

5. Gott Vater 0-1, Jesus Christus 0-1, Heiliger Geist 0, eine<br />

andere höhere Macht 2<br />

6. gar nicht<br />

7. durch niemanden<br />

8. die Gemeinschaft<br />

9. Kirchensteuer, Vorschriften der Kirche, Familienbild,<br />

Scheinheiligkeit<br />

nicht gläubig, oberstufe<br />

1. Ich glaube an mich selbst. Ich verneine nicht, dass es etwas<br />

Höheres gibt, glaube aber nicht an Gott.<br />

2. Nein, sie baut seit Jahren Scheiße. Die Institution Kirche ist für das<br />

Konzept eines Gottesglaubens nicht nötig.<br />

3. Taufe; nur zu Anlässen oder für meinen kleinen Bruder<br />

4. seit Jahren nicht mehr, auch nicht vor Schularbeiten<br />

5. Gott Vater 0, Jesus Christus kirchlich 0, Heiliger Geist 0, andere<br />

höhere Macht 10<br />

6. Diskussionen über Glauben, Anhören verschiedener Ansichten<br />

7. Familie<br />

8. Barmherzigkeit, Nächstenliebe<br />

9. Rolle der Frau, Bild von Familie, Homosexualität


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

25


26 TITELTHEMA<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

Essay zum Bundeswettbewerb der Philosophieolympiade<br />

DIE ROLLE DER PHILOSOPHIE<br />

Text: Michael Huber<br />

Im Rahmen der Philosophieolympiade<br />

hat unser Chefredakteur Michael<br />

Huber in Wien diesen Essay über<br />

das Verhältnis von Wissenschaft,<br />

Theologie und Philosophie verfasst<br />

und damit den 4. Platz belegt. Es ist<br />

anzumerken, dass der Essay bewusst<br />

provokant und polemisch geschrieben<br />

ist, um einen Diskurs anzuregen.<br />

Der „gewöhnliche“ Mensch („gewöhnlich“<br />

soll hier in keiner Weise<br />

abwertend verstanden werden, er<br />

spiegelt vielmehr das wider, was ich<br />

bei Gesprächen mit Familie, Freunden<br />

und Bekannten im Durchschnitt<br />

bezüglich ihrer Einstellung zu den von<br />

mir thematisierten Dingen erfahren<br />

konnte) respektiert die Wissenschaft.<br />

Das ist auch gut so. Nicht umsonst hat<br />

sie wohl die meisten der menschlichen<br />

Erfolge und Errungenschaften möglich<br />

gemacht. Der „gewöhnliche“ Mensch<br />

respektiert auch die Theologie. Ob das<br />

gut ist, lasse ich an dieser Stelle noch<br />

offen. Doch zwischen beiden gebe es<br />

noch etwas, ein „Niemandsland“, wie<br />

Bertrand Russell es bezeichnet: die<br />

Philosophie. Die Philosophie ist dem<br />

„gewöhnlichen“ Menschen ein Rätsel.<br />

Oftmals erkennt er ihre Sinnhaftigkeit<br />

nicht: Denn sie stellt Fragen, die sie<br />

aber nicht endgültig beantworten<br />

kann. Der „gewöhnliche“ Mensch<br />

stellt sich die Frage: „Wozu meine Zeit<br />

für etwas verschwenden, das kein Ergebnis<br />

bringt?“ Die Wissenschaft und<br />

vor allem die Theologie bieten in den<br />

meisten Fällen absolute, endgültige<br />

Antworten. Doch Bertrand Russell<br />

stellt fest, dass die großen, spekulativen<br />

Fragen eigentlich von beiden<br />

nicht wirklich beantwortet werden<br />

können. Während die Wissenschaft<br />

tiefgehendere Fragen nach beispielsweise<br />

dem Ursprung von allem, die<br />

αρχή, wie es die großen griechischen<br />

Philosophen bereits nannten, unbeantwortet<br />

lässt, fährt die Theologie<br />

hier mit ihrer allumfassenden Wunderwaffe<br />

auf: Gott. Doch wenn man sich<br />

länger mit Thesen und Erklärungen<br />

der Theologie befasst, wird einem<br />

schnell klar, dass das nicht die ernsthafte<br />

Lösung für all unsere essentiellen<br />

Fragen sein kann. Welche Rolle<br />

aber spielt die Philosophie in diesem<br />

gesamten Konstrukt?<br />

1. DIE WISSENSCHAFT<br />

Beginnen wir noch einmal von vorne:<br />

„Wissenschaft“, das sagt der Name, ist<br />

etwas, das „Wissen schafft“. Wodurch<br />

macht sie dies? Durch rationale, nachvollziehbare<br />

Arbeitsprozesse, erst<br />

wird eine Hypothese formuliert, diese<br />

wird dann empirisch überprüft usw.<br />

Die Wissenschaft als großes Ganzes<br />

übt auch eine große Selbstkontrolle<br />

über sich aus, Wissenschaftler/innen<br />

verifizieren oder falsifizieren Ergebnisse<br />

ihrer Kollegen/Kolleginnen<br />

relativ schnell. Eine Wissenschaft darf<br />

sich auch erst Wissenschaft nennen,<br />

wenn sie bestimmte Kriterien erfüllt:<br />

innere Widerspruchsfreiheit, äußere<br />

Widerspruchsfreiheit, Überprüfbarkeit<br />

usw. Das heißt, die Wissenschaft gibt<br />

Antworten, denen wir in den meisten<br />

Fällen vertrauen können. Dies ist zwar<br />

gut und richtig, gleichzeitig nimmt es<br />

aber auch die Möglichkeit, komplexe,<br />

tiefgehende Dinge wie den Sinn des<br />

Lebens zu erforschen. Denn dies<br />

sprengt die Grenzen der Wissenschaft<br />

und hier liegt auch das Problem, das<br />

laut Bertrand Russell im Zusammenhang<br />

mit der Wissenschaft existiert.<br />

2. DIE (CHRISTLICHE) THEOLOGIE<br />

Eine Jungfrau wird schwanger, gebärt<br />

den Sohn eines übermenschlichen<br />

Wesens, der erst mehrere Wunder vollbringt,<br />

anschließend einen Opfertod<br />

für die gesamte Menschheit stirbt und<br />

als großes Finale dann wieder aufersteht.<br />

Was klingt wie ein schräger Actionthriller,<br />

wird den meisten von uns<br />

in die Wiege gelegt und von Kindheit<br />

an gelehrt. Am Sonntag in die Kirche<br />

zu gehen, ein Vater Unser zu beten<br />

und zu beichten, nachdem man eine<br />

Sünde begangen hat (von noch absurderen<br />

Dingen wie Zölibat, Umgang mit<br />

Homosexualität usw. soll hier gar nicht<br />

die Rede sein) - rein rational betrachtet<br />

macht es keinen Sinn, dass ein übermenschliches<br />

Wesen, falls es denn<br />

existiert, von uns genau dies verlangt,<br />

um seine Gunst zu gewinnen. Und falls<br />

dies trotzdem stimmt, warum sollten<br />

dann andere Religionen existieren,<br />

die ganz andere Regeln besitzen, die<br />

aber doch alle den Anspruch auf eine<br />

„Gottgegebenheit“, auf eine „Gottgewolltheit“<br />

erheben? Die Theologie gibt<br />

auf Fragen, die die Wissenschaft nicht<br />

beantworten kann, trotzdem eine<br />

Antwort. Und hiermit lässt sich auch<br />

schon das Problem schließen, das<br />

sich in logischer Konsequenz daraus<br />

ergibt: Die Wissenschaft beantwortet<br />

nur Dinge, die überprüfbar, logisch,<br />

widerspruchsfrei sind. Wenn nun eine<br />

andere Lehre, die „Lehre von Gott“,<br />

Anspruch darauf erhebt, die Fragen<br />

zu beantworten, die die Wissenschaft<br />

nicht beantworten kann, muss an der<br />

Sache etwas faul sein (Es gibt ja auch<br />

einen Grund dafür, dass die Wissenschaft<br />

sie unbeantwortet lässt). Die<br />

Theologie kann also nicht ebenbürtig<br />

mit der Wissenschaft sein. Trotzdem<br />

interessiert diese Tatsache den „gewöhnlichen“<br />

Menschen nicht, denn er<br />

braucht Sicherheit, Gewissheit. Und<br />

diese Sicherheit in seinem Leben gibt<br />

ihm die Religion.<br />

3. DIE PHILOSOPHIE<br />

Doch kann man diese Sicherheit im<br />

Leben nicht auch auf andere Weise<br />

erlangen? Braucht man auf wirklich<br />

alles eine Antwort? Ist es nicht genau<br />

diese Antwortlosigkeit, die das Leben<br />

ausmacht? Die Philosophie steht laut<br />

Russell zwischen der Theologie und<br />

der Wissenschaft. Für mich steht<br />

die Philosophie aber eng neben der<br />

Wissenschaft, während die Theologie<br />

am anderen Ende, so weit weg wie<br />

nur möglich, steht. Die Philosophie,<br />

die Wissenschaft und die Theologie<br />

könnte ich mir als drei Geschwister<br />

vorstellen: Die Philosophie ist der<br />

jüngere, querdenkende Bruder, der


<strong>etcetera</strong>.<br />

TITELTHEMA<br />

27<br />

sich über alles Mögliche Gedanken<br />

macht, die Wissenschaft der ältere,<br />

weise Bruder, der den jungen Bruder<br />

und seine Gedanken bewertet/weiterführt<br />

und die Theologie der mittlere,<br />

abgestürzte Bruder, den eigentlich<br />

keiner der beiden anderen will und<br />

der sich mit Lügen durchs Leben<br />

schummelt. Das klingt jetzt hart, objektiv<br />

gesehen ist es aber meines<br />

Erachtens so.<br />

Als genauere Veranschaulichung des<br />

Verhältnisses zwischen Philosophie<br />

und Wissenschaft stelle man sich eine<br />

erfolgreiche Fernsehserie vor, von der<br />

immer zu einer bestimmten Zeit im<br />

Jahr eine neue Staffel und somit jede<br />

Woche eine neue Folge erscheint. Was<br />

die Spannung an der Serie ausmacht,<br />

ist das Ungewisse. Niemand weiß, was<br />

in der nächsten Folge, geschweige<br />

denn in der nächsten Staffel passieren<br />

wird, und das führt unter der Masse<br />

an Fans zu Diskussionen, zu Spekulationen<br />

und teilweise auch zu Streit.<br />

Der weitere Verlauf der Handlung der<br />

Serie ist ungewiss und dem jeweiligen<br />

Drehbuchautor vorbehalten, Diskussionen<br />

über den weiteren Verlauf<br />

führen also zu nichts. Die Fans stellen<br />

sich Fragen, die sie nicht beantworten<br />

können – und trotzdem diskutieren sie<br />

darüber. Und das beschreibt auch gut<br />

den Reiz der Philosophie. Hätten sich<br />

die alten Griechen bestimmte Fragen<br />

nicht gestellt, so wären manche Wissenschaftler<br />

wohl nicht auf die Idee<br />

gekommen, sich mit der endgültigen<br />

Beantwortung dieser Fragen zu beschäftigen<br />

und uns würden einige alltägliche<br />

Dinge fehlen. Genauso kann<br />

man das wieder auf das Serienbeispiel<br />

übertragen. Während die Fans über<br />

den weiteren Verlauf der Serie diskutieren,<br />

stellen Philosophen Thesen<br />

über verschiedene essentielle Fragen<br />

des Lebens auf. Der Macher der Serie<br />

erfährt von Vorschlägen aus den Diskussionen<br />

der Fans, erachtet einige<br />

Ideen als sinnvoll und versucht, diese<br />

in seine Serie einzubauen. Genauso<br />

wird ein Wissenschaftler, der von<br />

einer interessanten These eines Philosophen<br />

erfährt, versuchen, diese in<br />

seine Forschungen miteinzubeziehen,<br />

soweit das möglich ist. Die Serie ist<br />

irgendwann zu Ende, weil der Macher<br />

der Serie beschließt, dass es nichts<br />

Weiteres zu erzählen gibt, die Fans<br />

geben sich damit aber nicht zufrieden<br />

und schreiben sogenannte „Fan-Fictions“,<br />

in denen sie spekulieren, wie<br />

es denn theoretisch weitergehen<br />

könnte. Ob diese „Fan-Fiction“ stimmt,<br />

erfahren sie aber nie, die Serie ist<br />

schließlich beendet. Und in dieser<br />

Situation befindet sich auch die<br />

heutige Philosophie: Während die<br />

Wissenschaft in früheren Jahrhunderten<br />

immer wieder Fragen der Philosophie<br />

beantworten konnte, sind wir<br />

heute immer mehr an dem Punkt, an<br />

dem wir sagen können, dass unsere<br />

„Serie“, die Wissenschaft, heutzutage<br />

großteils bereits existierendes Wissen<br />

immer weiter vertieft und die Fragen,<br />

die sich die heutige Philosophie stellt,<br />

weit über den Umfang unserer „Serie“<br />

hinausreichen. Die Philosophie bleibt<br />

somit lediglich eine „Fan-Fiction“ über<br />

das Leben und alles darüber hinaus.<br />

Somit ist also mein Verständnis vom<br />

Verhältnis zwischen Philosophie und<br />

Wissenschaft geklärt. Durch den Input<br />

der Philosophie wird eine wissenschaftliche<br />

Forschung inspiriert, und<br />

genau deshalb ist die Philosophie<br />

auch unverzichtbar.<br />

4. POPULARITÄT DER PHILOSOPHIE<br />

Und trotz dieser nun dargelegten<br />

Wichtigkeit der Philosophie scheint es<br />

so, als gebe es eine gesellschaftliche<br />

„Philosophie-Verdrossenheit“. Philosophie-Studenten<br />

werden meistens als<br />

faul dargestellt, werden etwas belächelt<br />

und nicht auf gleicher Ebene mit<br />

einem Medizin-Studenten gesehen.<br />

Wie bereits erwähnt, erachtet es der<br />

„gewöhnliche“ Mensch für sinnlos,<br />

sich mit einem philosophischen<br />

Thema auseinanderzusetzen, weil er<br />

dort keine Antworten findet. Er ist es<br />

gewohnt, ein Ergebnis zu bekommen,<br />

und gedankliche Arbeit ohne ein Ergebnis<br />

zu vollbringen – dafür ist er zu<br />

faul. Und darin liegt auch das Problem.<br />

Genauso wie in der Politik, die vielen<br />

Menschen „zu kompliziert“ ist, sollte<br />

auch die Philosophie jeden etwas<br />

angehen. Die Fragen „Wo kommen wir<br />

her?“, „Wo gehen wir hin?“, „Was ist der<br />

Sinn des Lebens?“ betreffen nicht nur<br />

Menschen, die sich mit Philosophie<br />

beschäftigen, sie betreffen jeden. Teilschuld<br />

hat auch der Lehrplan unseres<br />

Schulsystems. In der AHS sind für<br />

das Fach Philosophie zwei Wochenstunden<br />

in der 8. Klasse vorgesehen.<br />

Die Beschäftigung mit der Philosophie<br />

sollte aber viel früher beginnen.<br />

Kinder sind die Art von Menschen,<br />

die am meisten hinterfragen. „Mama,<br />

warum ist das so?“ ist wohl eine der<br />

meistgefragten Fragen von Kindern.<br />

Warum kommt man dieser jungen<br />

Offenheit nicht entgegen und lässt<br />

sie spielerisch in die Welt der Philosophie<br />

eintauchen? Erwachsene und<br />

teilweise bereits Jugendliche haben<br />

sich meistens schon abgewöhnt,<br />

Dinge zu hinterfragen. Sie nehmen<br />

alles so wie es ist, und deshalb erachtet<br />

der „gewöhnliche“ Mensch die<br />

Philosophie auch als sinnlos. Dies ist<br />

aber der falsche Weg. „Non scholae,<br />

sed vitae discimus“ wird wohl vielen<br />

vom Lateinprofessor schon als Lebensmotto<br />

vorgepaukt worden sein<br />

– in gewissen Bereichen würde ich<br />

diesem Zitat aber widersprechen. Wo<br />

das Zitat aber 100%ig zutrifft, das ist<br />

die Philosophie. Mathe braucht man<br />

vertieft nur in bestimmten Berufen,<br />

genauso verhält es sich mit Chemie<br />

oder Physik. Ein philosophisches Verständnis<br />

aber kann einem Menschen<br />

in jedem Lebensbereich weiterhelfen<br />

– in der Philosophie geht es nicht<br />

nur um Wissen, sondern mindestens<br />

genauso viel um das Denken. Wenn<br />

der Mensch beginnt, sich mit sich<br />

selbst auseinanderzusetzen, dann<br />

gibt es auch eine viel höhere Chance,<br />

dass es keine Notwendigkeit mehr für<br />

Absurditäten wie Nationalismus, religiöser<br />

Fanatismus oder Kriege gibt.<br />

Und diese Auseinandersetzung muss<br />

wie gesagt von Kindheit an gefördert<br />

werden.<br />

5. CONCLUSIO<br />

Zusammenfassend ist zu sagen: Wir<br />

sollten beginnen, uns mehr damit<br />

auseinanderzusetzen, was wir nicht<br />

wissen, anstatt mit dem zu prahlen,<br />

was wir bereits wissen. Denn wenn<br />

keiner daran denkt, wie der nächste<br />

Schritt theoretisch aussehen könnte,<br />

dann kann er praktisch auch nicht<br />

gemacht werden. Wir dürfen nicht primitive<br />

religiöse Antworten akzeptieren,<br />

nur damit es irgendeine Antwort<br />

gibt. Frei nach dem sokratischen Motto<br />

„οιδα ουκ ειδως“ („Ich weiß, dass ich<br />

nichts weiß“) sollten wir erkennen,<br />

wie klein wir eigentlich sind. Wenn<br />

wir dies tun und uns selbst erkennen,<br />

dann brauchen wir auch so etwas wie<br />

die Theologie nicht mehr. „Ich weiß,<br />

dass ich nichts weiß, und das macht<br />

mich besser als die anderen, weil sie<br />

glauben, alles zu wissen.“ Kein Satz ist<br />

treffender für das Wesen der Philosophie<br />

im Verhältnis zur Theologie. Wir<br />

brauchen die Wissenschaft, viel mehr<br />

brauchen wir die Philosophie, doch<br />

brauchen wir die Theologie?


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PAULINER SCHULLEBEN<br />

31<br />

8 JAHRE PAULINUM - WAS BLEIBT?<br />

Text: David Astl<br />

Nach acht Jahren geht unsere Zeit am<br />

Paulinum zu Ende. Es ist dies die letzte<br />

<strong>etcetera</strong>-<strong>Ausgabe</strong>, an welcher wir als<br />

Schüler aktiv mitwirken können, in<br />

Kürze steht die Reifeprüfung an. Bald<br />

schon werden wir am Paulinum der<br />

Vergangenheit angehören. Nach acht<br />

Jahren stellt sich somit eine Frage:<br />

Was bleibt?<br />

Es hat geregnet. Ein kalter Wind blies.<br />

Es war im September 2009, als wir,<br />

der spätere Maturajahrgang 2017, zum<br />

ersten Mal wirklich mit dem Bischöflichen<br />

Gymnasium Paulinum Schwaz in<br />

Kontakt kamen.<br />

Nun vermag ich nur meine eigenen<br />

Gefühle auch tatsächlich beschreiben<br />

können, die ich an besagtem ersten<br />

Schultag hatte, doch werden diese<br />

wohl nicht weit abweichend von der<br />

allgemeinen Gemütslage der damals<br />

neuen Schülerinnen und Schüler sein.<br />

Nervös, aber schon auch mit einiger<br />

Vorfreude, angespannt, man wusste<br />

ja nicht, was einen erwartet, und von<br />

einer gewissen Unsicherheit begleitet.<br />

Neue Schule, neue Mitschüler,<br />

neue Lehrpersonen, neue Fächer – im<br />

Grunde war nichts mehr so wie früher,<br />

früher in der Volksschule. Alles war<br />

neu.<br />

Gute acht Jahre später. April 2017. Es<br />

regnet wieder. Es ist wie damals, vor<br />

mehr als acht Jahren. Vor mehr als acht<br />

(!) Jahren. Zumindest das Wetter ist<br />

wie damals. So ziemlich alles andere<br />

hat sich aber grundliegend geändert.<br />

Die Unsicherheit ist gewichen und bei<br />

vielen auch der in der Unterstufe weit<br />

verbreitete Gedanke „Schnellstmöglich<br />

raus aus der Schule!“. Längst nicht<br />

mehr wird nach dem Unterricht auf<br />

direktem Weg das Gebäude verlassen,<br />

längst nicht mehr die Schule als<br />

„Zwang zur Bildung“ betrachtet. Diese<br />

Denkweise hat sich in den letzten<br />

Jahren entwickelt, entwickelt von der<br />

„Schule fürs Lernen“ zur „Schule fürs<br />

Leben“.<br />

Nun ist das oben angeführte Bild<br />

einer Schule fürs Leben schon ein<br />

sehr idealistisches. Ebenso idealistisch<br />

wie es – allein schon bedingt<br />

durch sein Naturell – auch das Leitbild<br />

des Paulinums ist. Darin ist von der<br />

„Entfaltung selbstverantwortlicher<br />

Persönlichkeiten“, vom Erkennen und<br />

aktiven Eintreten gegen „Benachteiligungen<br />

und gesellschaftspolitische<br />

Ungerechtigkeiten“ die Rede, ebenso<br />

davon, „Verantwortung für andere<br />

zu übernehmen“. Ein Miteinander<br />

verschiedener „Kulturen, Konfessionen<br />

und Religionen“ wird angestrebt<br />

sowie der Erwerb einer „begründeten<br />

Werteorientierung“.<br />

Ja, ich gebe zu: Auch wir haben,<br />

schülertypisch, nicht nur einmal uns<br />

genau darüber vielleicht sogar ein<br />

wenig lustig gemacht. All das erlernen<br />

– im Paulinum?! Was wir lernen, ist<br />

Mathematik, Deutsch, sind Naturwissenschaften,<br />

ja, aber in welchem Fach<br />

bitte werden oben genannte Aspekte<br />

vermittelt?<br />

Nun, nach acht Jahren, wissen wir<br />

es. Es gibt kein Fach für „Verantwortung“,<br />

kein Fach für „Persönlichkeit“.<br />

Im Paulinum, und das ist es, was wir<br />

erfahren durften, werden diese Werte<br />

vermittelt und gelebt. In jedem Fach.<br />

In jedem Gang der Schule, in jedem<br />

Klassenzimmer. Dies zeigt sich in Diskussionen,<br />

die uns im ersten Moment<br />

vielleicht als vollkommen sinnlos erscheinen.<br />

Dies zeigt sich, wenn ältere<br />

Schüler die Probleme jüngerer Menschen<br />

erkennen, helfen, ihnen Mut<br />

zusprechen. Und dies zeigt sich auch,<br />

wenn ganz salopp einmal ein Lehrer<br />

eine Standpauke vor der Klasse hält<br />

und genau auf diese Werte hinweist,<br />

für sie einsteht und sie vertritt. Ehrlich<br />

vertritt. Und nicht gespielt – denn<br />

diesen Unterschied bemerken Schüler<br />

sofort!<br />

Und es zeigt sich – in seiner ausgewachsensten<br />

Form – wenn einmal<br />

etwas genau Gegenteiliges geschieht.<br />

Wenn Unrecht passiert, wenn Diskriminierung<br />

stattfindet. Es gibt keine<br />

zehn Schüler in unserem Haus,<br />

welche tatenlos dabei zusehen, wie<br />

ein Erstklässler gestoßen wird. Wie<br />

ein Schüler über einen Mitmenschen<br />

anderer Herkunft herzieht. Versprochen.<br />

Denn genau das, eben nicht<br />

tatenlos zusehen, sondern selbst die<br />

Initiative zu ergreifen, das wurde uns<br />

gelehrt.<br />

Eine fundierte Allgemeinbildung ist<br />

wichtig. Sie wird uns im Paulinum<br />

allemal vermittelt. Im Leitbild, aber<br />

auch in der Praxis. Aber was noch<br />

viel höher einzuschätzen ist, ist die<br />

soziale Komponente der Schule.<br />

Aus den eingangs beschriebenen,<br />

verunsicherten Erstklässlern werden<br />

Menschen, welche sich nicht scheuen,<br />

Verantwortung zu übernehmen, sich<br />

zu positionieren und diese Positionen<br />

auch zu argumentieren und zu verteidigen.<br />

Aus Knospen werden Rosen.<br />

Aus Kindern Persönlichkeiten.<br />

Unsere Zeit am Paulinum geht nun<br />

zu Ende. Ich sage ganz offen: Ich bedauere<br />

das sehr. Und ich weiß, ich bin<br />

mit dieser Ansicht nicht alleine. Doch<br />

es gibt ein gutes Gefühl, zu wissen,<br />

dass es am Paulinum so weitergehen<br />

wird. Werteorientiert, nach klarem<br />

Konzept und mit viel Menschlichkeit.<br />

Aus Knospen werden Rosen. Aus<br />

Kindern Persönlichkeiten. Auch nach<br />

uns wird das so sein. Es gibt ein gutes<br />

Gefühl, seine wohl bisher wichtigste<br />

Lebensphase in einem Haus verbracht<br />

zu haben, in dem Noten zweifellos<br />

wichtig sind. In dem Bildung eine hohe<br />

Priorität genießt. Aber das dennoch so<br />

viel mehr ist als „nur Schule“.


<strong>etcetera</strong>.<br />

32 PAULINER SCHULLEBEN<br />

Vorstellung<br />

NEUER LEHRPERSONEN<br />

Text: Ruth Hochenwarter<br />

Gudrun Geelhaar-Schett<br />

Alter: 32 Jahre<br />

Unterrichtsfächer: Englisch und Geschichte<br />

Stationen der bisherigen Ausbildung: Volksschule,<br />

Hauptschule, Bundesoberstufenrealgymnasium, Universität<br />

Innsbruck, Unterrichtspraktikum, 5 Jahre Lehrtätigkeit<br />

an einer NMS<br />

1) Was hat Sie dazu bewegt, Lehrerin<br />

zu werden? Gab es jemanden oder<br />

etwas, das sie dazu inspiriert hat?<br />

Ich komme aus einer Lehrerfamilie, bin<br />

quasi erblich vorbelastet: Mein Opa,<br />

mein Vater und mein Onkel waren/sind<br />

Lehrer. Das hat mich geprägt. Außerdem<br />

gebe ich gerne Wissen weiter, es<br />

macht mir große Freude, Jugendlichen<br />

etwas beizubringen.<br />

2) Was hat Sie persönlich als Schülerin<br />

am meisten an Lehrpersonen gestört?<br />

In der Unterstufe hatte ich einen<br />

Englischlehrer, der uns Schülern bei<br />

schriftlichen Vokabelüberprüfungen<br />

die deutschen Vokabeln so schnell<br />

ansagte und dann auch so schnell<br />

absammelte, dass ich keine Chance<br />

hatte, alle englischen Wörter niederzuschreiben,<br />

obwohl ich brav die Vokabeln<br />

gelernt hatte. Das hat mich immer<br />

furchtbar aufgeregt.<br />

3) Waren Sie eine gute Schülerin, wie<br />

war Ihre Einstellung zur Schule?<br />

Ich war eigentlich immer eine gute<br />

Schülerin und ich ging sehr gerne zur<br />

Schule. Vor allem in der Oberstufe<br />

hätte ich keinen Tag in der Schule<br />

missen wollen, weil ich mit meinen<br />

Mitschülern immer einen Riesenspaß<br />

hatte. Hätte ich geschwänzt, hätte ich<br />

immer das Gefühl gehabt, einen neuen<br />

Insiderschmäh verpasst zu haben.<br />

4) Würden Sie etwas anders machen,<br />

könnten Sie noch einmal zur Schule<br />

gehen?<br />

Ich habe den musischen Zweig des<br />

Borg Lienz besucht und als Instrument<br />

das Klavier gewählt, obwohl ich schon<br />

an der Musikschule Klavier spielen<br />

gelernt habe. Heute würde ich Gitarre<br />

wählen. Ich würde wirklich gerne<br />

Gitarre spielen können!<br />

5) Wie würden Sie sich mit fünf Adjektiven<br />

beschreiben?<br />

Genau, hilfsbereit, geduldig, hungrig<br />

(ohne Jause gehe ich nicht in die<br />

Schule), neugierig (im positiven Sinn<br />

;-))<br />

6) Was war Ihr erster Eindruck vom<br />

Paulinum?<br />

„Da ist also mein Vater zur Schule<br />

gegangen...“<br />

7) Können Sie jetzt schon ein Fazit aus<br />

dem ersten Jahr am Paulinum ziehen?<br />

Wenn ja, wie würde es lauten?<br />

Der Beginn des Schuljahres war eine<br />

große Herausforderung und es war<br />

sehr spannend für mich, meine neuen<br />

Schüler besser kennenzulernen. Ich<br />

denke, ich habe mich nun recht gut<br />

eingelebt.<br />

8) Was würden Sie sich von unserer<br />

Bildungsministerin wünschen, wenn<br />

Sie drei Wünsche frei hätten?<br />

1. Mehr Geld in Bildung zu investieren,<br />

da dies im Endeffekt in anderen Bereichen<br />

Geld sparen würde.<br />

2. Den Lehrern mehr Gehör zu<br />

schenken. Sie sind es, die zusammen<br />

mit den Schülern und Eltern Schule<br />

hautnah erleben und genau wissen,<br />

welche Veränderungen es bräuchte.<br />

Zwei Wünsche reichen, ich bin<br />

bescheiden.<br />

9) Welche Fächer könnten Sie auf<br />

gar keinen Fall unterrichten, und was<br />

wäre der Grund dafür?<br />

Mathematik, Physik und Chemie –<br />

Naturwissenschaften sind nicht unbedingt<br />

meine Stärke.


<strong>etcetera</strong>.<br />

PAULINER SCHULLEBEN<br />

33<br />

Petros Moraitis<br />

Alter: 37<br />

Unterrichtsfächer: Musikerziehung<br />

Stationen der bisherigen Ausbildung: verschiedene<br />

Konservatorien in Thessaloniki (Harmonielehre, Kontrapunkt,<br />

Fuge und Klavier), Kunstakademie an der Aristoteles<br />

Universität Thessaloniki (Musikwissenschaft und<br />

Komposition) und Universität für Musik und Darstellende<br />

Kunst in Graz (Komposition und Kompositions- und<br />

Musiktheoriepädagogik)<br />

1) Was hat Sie dazu bewegt, Lehrer<br />

zu werden? Gab es jemanden oder<br />

etwas, das sie dazu inspiriert hat?<br />

Ich weiß es nicht genau... ich wollte<br />

nur Musik studieren und es hat sich<br />

halt so ergeben! Inspiriert haben mich<br />

Komponisten, Musiker und Künstler<br />

aller Stilrichtungen sowie Volksmusik<br />

aus aller Welt und alle meine bisherigen<br />

Lehrer; es gibt nichts Besseres als<br />

die Weitergabe eines Feuers.<br />

2) Was hat Sie persönlich als Schüler<br />

am meisten an Lehrpersonen gestört?<br />

Das ständige Fehlen von Begeisterung<br />

bzw. wenn sie keine innere<br />

Flamme für das Fach hatten und nur<br />

Dienst ableistet haben.<br />

3) Waren Sie ein guter Schüler, wie<br />

war Ihre Einstellung zur Schule?<br />

Jein, ich war ein normaler und durchschnittlicher<br />

Schüler; meine Einstellung<br />

war sehr positiv und die Allgemeinbildung<br />

hat mich schon immer<br />

interessiert, dann aber allmählich<br />

mehr und mehr die Musik.<br />

4) Würden Sie etwas anders machen,<br />

könnten Sie noch einmal zur Schule<br />

gehen?<br />

Der berühmte Konjunktiv wird nicht<br />

so oft in meiner Muttersprache<br />

(Griechisch) verwendet; ich bin so<br />

aufgewachsen bzw. erzogen worden,<br />

dass ich auf hypothetische Fragen<br />

lieber keine Antwort geben mag, weil<br />

es egal ist, was ich jetzt behaupten<br />

würde, ich könnte es so oder so eher<br />

nicht ändern!<br />

5) Wie würden Sie sich mit fünf Adjektiven<br />

beschreiben?<br />

Selbstdefinierend, selbstständig,<br />

selbstbewusst, selbstkritisch und<br />

selbstzweifelnd!<br />

6) Was war Ihr erster Eindruck vom<br />

Paulinum?<br />

Man spürt sofort etwas hier, was<br />

sich mit Worten nicht so einfach beschreiben<br />

lässt. Ich versuche es aber<br />

trotzdem: Also, eine sehr angenehme,<br />

offene, lebendige, spannende, abwechslungsreiche<br />

bzw. kontrastreiche<br />

Atmosphäre und eine produktive<br />

Spannung zwischen Lehrern und<br />

Schülern.<br />

7) Können Sie jetzt schon ein Fazit aus<br />

dem ersten Jahr am Paulinum ziehen?<br />

Wenn ja, wie würde es lauten?<br />

Da Musik(-erziehung) automatisch mit<br />

Kreativität, Phantasie und Begeisterung<br />

verbunden ist bzw. mit Entdecken,<br />

Erkennen, Imitieren, Erfinden,<br />

Ausprobieren, Selber-Gestalten und<br />

Herumexperimentieren zu tun hat,<br />

finde ich es nur irgendwie schade,<br />

dass sie oft als „Partytime“ seitens<br />

der Schüler wahrgenommenen wird.<br />

Natürlich hat sie mit Lust und Freude<br />

bzw. Spaß und Unterhaltung zu tun,<br />

dennoch man darf nicht vergessen,<br />

dass man klarerweise nicht nur zum<br />

eigenen Vergnügen musiziert oder<br />

singt, sondern auch zur Freude der<br />

Zuhörer. Das Konzert und die Öffentlichkeit<br />

(positive Erfahrungen mit Auftritten<br />

bzw. Präsentation der Lernergebnisse)<br />

sollte das Ziel der Schule<br />

sein, denn ich verstehe Theorie und<br />

Praxis nicht als getrennte, sondern als<br />

komplementäre Zusammenarbeit und<br />

musikalische Erfahrungen in ihrer Gesamtheit.<br />

Musik und Kunst überhaupt<br />

ist ja total subjektiv und Geschmackssache<br />

und lässt sich schwer messen<br />

oder bewerten (die Musikschulen<br />

sorgen für die Perfektionierung bzw.<br />

Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit<br />

jungen Künstler, nicht die Schulen).<br />

Aber keine Schularbeiten und kein<br />

Notendruck in der Schule heißt ja<br />

nicht unbedingt „loslassen“!<br />

8) Was würden Sie sich von unserer<br />

Bildungsministerin wünschen, wenn<br />

Sie drei Wünsche frei hätten?<br />

Mehr Realität, mehr Individualität und<br />

nicht alle(s) in einen Topf werfen<br />

9) Welche Fächer könnten Sie auf<br />

gar keinen Fall unterrichten, und was<br />

wäre der Grund dafür?<br />

Ich verstehe die Frage nicht ganz!<br />

Abgesehen davon, dass ich andere<br />

Fächer klarerweise nicht unterrichten<br />

kann, im Mittelpunkt des Musikunterrichts<br />

sollte das Glaube an das<br />

Individuum stehen. (Die Kraft liegt ja<br />

in der Vielfalt!) Der Musikunterricht ist<br />

praxisnahe und auf die Bedürfnisse<br />

und Interessen der Schülerinnen und<br />

Schüler abgestimmt. Es geht (mir) hier<br />

darum, eigene Prioritäten zu setzen,<br />

eigene Entscheidungen zu treffen und<br />

eigene Wege gehen zu können. Ich<br />

bin (nicht nur) dazu da, Techniken und<br />

Methoden bzw. Regeln und Normen<br />

der Vergangenheit und Repertoires<br />

beizubringen. Meine Aufgabe als<br />

Lehrer sehe ich nicht darin, die Schüler<br />

danach zu formen, was mir persönlich<br />

gefällt – das wäre ja verantwortungslos<br />

– sondern sie nur musikalisch zu<br />

aktivieren und animieren. Deshalb<br />

stelle ich es mir schwierig vor, andere<br />

Fächer zu unterrichten!


<strong>etcetera</strong>.<br />

34<br />

PAULINER SCHULLEBEN<br />

Feuerspucker, Magier, Vorradlberger<br />

Ein Tag mit<br />

PROF. THOMAS HEINZEL<br />

Text: Lea Schwaiger, Alicia Nail, Ruth Hochenwarter<br />

Am 26.10.1965 erblickte unser „Heinzelmännchen“<br />

auf der Treppe des<br />

Krankenhauses von Feldkirch in Vorarlberg<br />

das Licht der Welt. Als am Ende<br />

der 1. Klasse Volksschule seine Schule<br />

abbrannte, wurde in ihm der Funke für<br />

seine wahre Berufung entfacht („Feuerteufel“).<br />

Ansonsten verbrachte er<br />

eine glückliche Kindheit in Tisis, wo er<br />

auch zehn Jahre lang ministrierte und<br />

schon im zarten Alter von 16 Jahren<br />

vier Jahre lang im Pfarrgemeinderat<br />

tätig war. Nach seiner Matura erfolgte<br />

der Dienst im Bundesheer in Lienz, wo<br />

er nach der Grundausbildung Wurstsemmeln<br />

verkaufte. Mehrmals erwähnte<br />

er, wie gerne er sich an diese<br />

Zeit erinnere und er empfiehlt diesen<br />

Job herzlich an alle Jungs weiter.<br />

1985 begann er, Chemie und Physik<br />

zu studieren, wechselte jedoch nach<br />

dem ersten Semester von Physik zu<br />

Geschichte. Er wusste schon immer,<br />

dass er Lehrer werden wollte, da er<br />

bereits in der Oberstufe Nachhilfe gab<br />

und ihn die Arbeit mit Jugendlichen<br />

faszinierte. 1990 lernte er bei einer<br />

Exkursion seine zukünftige Ehefrau<br />

kennen und besuchte mit ihr gemeinsam<br />

Vorlesungen, bis er 1993 sein<br />

Studium abschloss. Nebenher arbeitete<br />

er in der Forschungsabteilung der<br />

Firma „Hilti“. Durch seinen Nachbarn<br />

gelangte Herr Professor Heinzel 1993<br />

zunächst als Praktikant ans Paulinum.<br />

Da unsere Schule allerdings dringend<br />

einen Chemielehrer benötigte, wurde<br />

er vom damaligen Direktor Otto<br />

Larcher sofort eingestellt. Mittlerweile<br />

liegen diese Ereignisse einige Jahre<br />

zurück, Herr Professor Heinzel blieb<br />

jedoch fleißig: Drei Kinder und eine<br />

Hochzeit fanden in der Zwischenzeit<br />

statt. In seiner Laufbahn als Lehrer<br />

gerieten nur zwei seiner Experimente<br />

außer Kontrolle. Beim einen handelte<br />

es sich um den Bau einer Rakete,<br />

wobei er sich die Hand verbrannte.<br />

Außerdem fiel ihm einmal im Laufe<br />

einer Vorführung eine Brom-Flasche<br />

um, sodass der Raum binnen Sekunden<br />

evakuiert werden musste. Neben<br />

dem Fach Geschichte Vertiefend<br />

bietet er, seitdem er am Paulinum ist,<br />

auch noch die Chemie-Olympiade an.<br />

Da Feuer schon immer eine gewisse<br />

Faszination auf ihn ausübte, ist auch<br />

heute noch Rot seine Lieblingsfarbe.<br />

„I bin a kloana Feuerteufel“, so Herr<br />

Professor Heinzel. Außerdem kocht er<br />

wahnsinnig gerne und liest am liebsten<br />

Geo Epoche und alles, was seine Frau<br />

ihm empfiehlt. Unter seinen Lieblingsfilmen<br />

befinden sich Klassiker wie Star<br />

Trek, Matrix und die Herr der Ringe-Trilogie,<br />

die er wegen der filmgeschichtlichen<br />

Ebenen sehr schätzt. Hin und<br />

wieder schätzt er auch ein gutes Glas<br />

Wein oder ein Maß Bier zu entweder<br />

klassischem, österreichischem Essen,<br />

italienischer oder französischer Küche<br />

(von der er besonders Wild und Ziegenkäse<br />

schätzt). Fast-Food-Restaurants<br />

wie McDonald’s verabscheut er,<br />

seinen morgendlichen Kaffee genießt<br />

er gerne bei „Ruetz“ und auch Pizza<br />

und Kebab sind manchmal in seinem<br />

Speiseplan zu finden. Prof. Heinzel<br />

verreist gerne, am liebsten dorthin, wo<br />

er sein Rad mitnehmen und sein Zelt<br />

aufschlagen kann. Schwimmen geht<br />

er nur in Seen, wie dem Hecht-und<br />

Achensee. Seine liebste historische<br />

Epoche war früher immer die griechisch-römische<br />

Antike, jetzt hat es<br />

ihm jedoch das Mittelalter am meisten<br />

angetan. Einen Fernseher sucht man<br />

im Hause Heinzel umsonst, denn die<br />

Familie besitzt einen Beamer, also<br />

eine richtige Heimkino-Anlage. Wenn<br />

man Herrn Professor Heinzel ärgern<br />

will, spielt man ihm am besten Schlager-Hits<br />

oder Klassiker vor, da seine<br />

bevorzugte Musikrichtung moderner<br />

Pop ist.<br />

Zusammenfassend kann man sagen,<br />

dass seine Leidenschaften „Geschichte“<br />

und „Chemie“ den Alltag<br />

bestimmen. Herr Professor Heinzel,<br />

seine Fächer und seine Schüler sind<br />

wie Pech und Schwefel: einfach<br />

unzertrennlich.


<strong>etcetera</strong>.<br />

PAULINER SCHULLEBEN<br />

35<br />

Griechisch oder Französisch?<br />

Wie geht es nach der 4. Klasse weiter?<br />

ÜBERGANG ZUR OBERSTUFE<br />

Text: Andreas Hörmann<br />

Derzeit besuchen ca. 90 Schüler die achte Schulstufe hier am Paulinum. Einige haben sich bereits vor vielen Wochen<br />

und Monaten dazu entschieden, die Schule zu verlassen und ihre schulische Laufbahn an einer anderen Bildungsstätte<br />

fortzusetzen. Demgegenüber will der Großteil der Viertklässler allerdings an der Schule bleiben. Sie alle stellen sich<br />

Fragen wie: Werde ich mit meinem besten Freund in der gleichen Klasse sein? Welche Lehrer werden mich unterrichten?<br />

Circa 65 (Dabei handelt es sich um<br />

eine Schätzung des Redakteurs,<br />

Anm.) von 90 Schülern wollen auch im<br />

nächsten Schuljahr das Paulinum weiterhin<br />

besuchen. Ob es im nächsten<br />

Schuljahr zwei oder tatsächlich drei<br />

Klassen gibt, wird sich zeigen. In einer<br />

Oberstufenklasse dürfen maximal<br />

36 Schüler sein. Sofern mich meine<br />

Rechenkünste nicht im Stich lassen,<br />

ist eine Lösung mit zwei größeren<br />

Klassen wahrscheinlicher als drei kleinere<br />

Klassen. Käme es tatsächlich zu<br />

der Zwei-Klassen-Lösung, würde der<br />

Unterricht in den Hauptfächern wohl<br />

geteilt werden.<br />

Ab der fünften Klasse muss man sich<br />

für eine weitere Sprache entscheiden:<br />

Französisch oder Altgriechisch. Viele<br />

Schüler überlegen lange, welche<br />

Sprache besser zu ihnen passt, ehe<br />

sie sich entscheiden. Doch wie findet<br />

man heraus, ob man Französisch oder<br />

Griechisch wählen soll? Hier ein paar<br />

Tipps zur richtigen Wahl:<br />

● Stelle dir die Frage, ob dir Englisch<br />

oder Latein besser gefällt. Wenn du<br />

Latein lieber magst, solltest du vielleicht<br />

Altgriechisch wählen. Wenn du<br />

Englisch vorziehst, nimm Französisch.<br />

● Du redest viel und gerne? Dann<br />

könnte eine moderne Fremdsprache<br />

wie Französisch die richtige Wahl für<br />

dich sein.<br />

● Dir gefällt die antike Mythologie,<br />

also griechische oder römische Sagen<br />

und Mythen? Außerdem würde es dir<br />

gefallen, eine neue Schrift zu erlernen?<br />

Dann ist Griechisch wohl das<br />

beste für dich.<br />

Weiters ist es bei der Wahl sehr<br />

wichtig, dass man sich nicht vom<br />

besten Freund beeinflussen lässt.<br />

Auch wenn der Freund eine andere<br />

Sprache wählt, kann es gut sein, dass<br />

man in der Oberstufe in der gleichen<br />

Klasse ist.<br />

In der 5. Klasse wird einiges neu sein,<br />

doch es liegt an uns Schülern, diese<br />

Veränderungen zu bewältigen.<br />

Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα,<br />

πολύτροπον, ὃς μάλα πολλὰ<br />

πλάγχθη, ἐπεὶ Τροίης ἱερὸν<br />

πτολίεθρον ἔπερσε·<br />

Hier die Beweggründe zweier Schüler, die sich unterschiedlich entschieden<br />

haben:<br />

ALTGRIECHISCH<br />

„Ganz besonders gefallen mir die<br />

griechische Mythologie und die<br />

Sagen. Außerdem finde ich es<br />

cool, eine neue Schrift zu erlernen.<br />

Ausschlaggebend für meine Wahl<br />

war allerdings, dass man diese<br />

Sprache nur am Paulinum erlernen<br />

kann. Man kann also etwas, das<br />

nicht jeder kann.“<br />

FRANZÖSISCH<br />

„Mir gefällt Englisch sehr gut und<br />

ich liebe es, mit anderen Menschen<br />

zu kommunizieren. Ich will<br />

eine weitere moderne Fremdsprache<br />

erlernen und außerdem<br />

möchte ich gerne mal nach Frankreich<br />

reisen“<br />

Lorsque j’avais six ans j’ai vu, une<br />

fois, une magnifique image, dans<br />

un livre sur la Forêt Vierge qui s’appelait<br />

« Histoires Vécues ».<br />

Griechenland oder Frankreich – das Resieziel in der 7. Klasse<br />

hängt davon ab, welche Sprache ihr wählt – trotzdem solltet ihr<br />

eure Wahl nicht aufgrund eines Reiseziels treffen!


36 PAULINER <strong>etcetera</strong>.<br />

SCHULLEBEN<br />

Unterstufenschreibwettbewerb:<br />

PAULINUM IM JAHR 2050<br />

Das Paulinum im Jahr 2050. Ob eine düstere Zukunft, peinliche Momente, high-tech Bildungsequipment oder abenteuerlustige,<br />

neue Ausflüge, alles war in den Einsendungen zum Schreibwettbewerb vertreten. Spannende und<br />

packende Texte erreichten unsere Schülerzeitung, die bewundernd zu ihrem Ergebnis kam. Aus unterschiedlichen,<br />

abwechslungsreichen und sprachlich tollen Geschichten, erkor die <strong>etcetera</strong>. Die nun folgenden Texte zu den ,,Top 3".<br />

Besonders speziell ist, dass die Nummer eins und somit der Gewinner des Schreibwettbewerbes sein Schriftstück<br />

auf Englisch verfasste, das nach denselben Kriterien wie die anderen Texte bewertet wurde und als Sieger hervorging.<br />

Wir haben uns jedoch über jeden einzelnen Text gefreut und bedanken uns bei allen Teilnehmern.<br />

1. Platz: Arne Vais (2B)<br />

Paulinum 2050<br />

March 30th 2050. This is a normal school day for TC. At the<br />

moment he’s in the special shuttle-elevator with his classmates.<br />

What a view! The cabin is accelerating and the old school building<br />

along with the silver town of Schwaz are getting smaller and<br />

smaller. In a few seconds all they can see is clouds, blue sky and<br />

after a while they are in the stratosphere, in the new Paulinum!<br />

The door opens and all kids follow the signs on the screens to<br />

their classrooms, or actually “learning labs” as they are called<br />

now. The 1st subject today is maths. TC is often thinking of what<br />

his father has told him. He was going to Paulinum about 30 years<br />

ago and he had a great time! Things are a bit different<br />

nowadays, but in fact, a lot is the same. The old building<br />

has been a museum since 2046. Visitors come from all<br />

over the world to see the original classrooms, the chapel<br />

and the huge gym. But like most of his classmates, TC prefers<br />

the new multiplex campus. Have you been there? Well, if not, it’s<br />

worth a visit! First of all, all “learning labs” have a huge table in the<br />

middle with large interactive “oating screens”. The learners are<br />

sitting around the table and when they do group work or special<br />

projects the table splits into four smaller ones.<br />

Then there is the brand new library. TC loves it! At the touch<br />

of a button a whole bookcase comes up in front of you with all<br />

the books on the subject you want. Yes, they still love books in<br />

Paulinum. You know, in a digital world reading a real book is an<br />

experience!<br />

However, TC’s favourite place is the “Earth hall”. They are meeting<br />

there after the lunch break. This is THE place for GE, BI, PH, CH<br />

and all the new science subjects. It’s so exciting! There is an xD<br />

Earth model and the projectors make it feel like you are in different<br />

places. One day you are in the rainforest and the next day<br />

on the Moon!<br />

It’s 14:20 now. TC has just !nished dictating a german text for his<br />

favourite professor and is getting ready for their daily space walk.<br />

They all put on their special suits and follow the PE expert. They<br />

can clearly see Venus on the right and some of the bigger planets<br />

in the background. Twenty minutes later they are into the shuttle-elevator<br />

and back to Schwaz. TC is already looking forward to<br />

the next school day!


<strong>etcetera</strong>.<br />

PAULINER SCHULLEBEN<br />

37<br />

2. Platz: Julia Rigger (4C)<br />

Ein Geräusch – und alles ist vorbei!<br />

Jener Tag begann wie jeder andere. Durch das zersplitterte<br />

Glas meines staubigen Fensters blickte ich auf eine<br />

von Nebelschwaden durchzogene Wiese. Dann strich<br />

ich mir meinen Ring über den Finger. Jedem, der in Tirol<br />

geboren wurde, wurde ein solcher ausgehändigt. Darauf<br />

war eine Kapsel befestigt, die, wenn man darauf biss,<br />

ein Gift freisetzte. Es tötete einen Menschen innerhalb<br />

weniger Sekunden. Dies sollte allerdings nur eingesetzt<br />

werden, wenn man die körperlichen Schmerzen nicht ertragen<br />

konnte.<br />

Ich besaß das Privileg, ans Paulinum gehen zu dürfen. Es<br />

war eine der wenigen Schulen, die nicht Mitte der 30er zu<br />

einer Militärakademie umfunktioniert wurde. Im Gegenteil:<br />

Es stand für Frieden.<br />

Mit Beginn des Dritten Weltkriegs im Jahr 2032 hatte sich<br />

alles verändert. Meine Mutter sprach oft von der Menschheit,<br />

wie sie sich mit hoher Geschwindigkeit weiterentwickelt<br />

hatte. Doch seit Beginn des Krieges hatte sich alles<br />

zurück entwickelt. Und nun stand alles still. Selbst die Zeit<br />

schien manchmal stehen zu bleiben.<br />

Nachdem ich meinen Schulweg hinter mich gebracht<br />

hatte, begann der Unterricht wie üblich mit zwei Stunden<br />

Sozialkunde. In der dritten Stunde fand der Unterricht in<br />

einem anderen Raum statt. Doch, da ich noch etwas mit<br />

einer Lehrperson besprechen musste, war ich ziemlich<br />

spät dran und entschied mich eine Abkürzung zu nehmen,<br />

die mich einen Gang passieren ließ, den Schüler eigentlich<br />

nicht betreten durften. Mit schnellen Schritten versuchte<br />

ich den unscheinbaren Gang zu durchqueren, doch in der<br />

Mitte des Flures ließ mich ein Blubbern und Schmatzen<br />

innehalten. Man konnte es mit den Geräuschen eines<br />

Sumpfes vergleichen, die er von sich gab, wenn er etwas<br />

in die Tiefe riss. Hinter einer Tür war es besonders laut zu<br />

hören. Vorsichtig drückte ich die Türklinke hinunter und<br />

hielt vor Spannung den Atem an.<br />

Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich in den Raum.<br />

Überall war Blut. Eine Person stand vor einem Tisch,<br />

die einen blutverschmierten Arztkittel anhatte. Mir ging<br />

langsam die Luft aus, doch ich wagte nicht zu atmen. Was<br />

ich auf dem Tisch entdeckte, ließ mich empört keuchen.<br />

„Wie können Sie es nur wagen, diese Schule für Frieden<br />

stehen zu lassen, aber im Verborgenen so etwas zu tun?“,<br />

waren meine letzten Worte, bevor ich auf die Kapsel<br />

meines Rings biss. Schon kurze Zeit später verschwamm<br />

meine Sicht, ich sank zu Boden und das Letzte, was ich<br />

hörte, bevor ich ins schwarze Nichts gerissen wurde, war:<br />

„Du hast das falsch verstanden.“<br />

3. Platz: Maximilian Steinlechner (1B)<br />

Peinlich, peinlicher, am peinlichsten<br />

Da stehe ich nun, halbnackt in meiner Klasse und werde<br />

ausgelacht. Wie es dazu kam: An einem schönen Montagmorgen<br />

flog ich, ein elfjähriger Junge namens Florian,<br />

der seit Herbst die 1B des Paulinums besucht, mit meinem<br />

fliegenden Hoverboard zur Schule. Auf dem Weg dorthin<br />

begegnete ich meinen Freunden Alex und Bob. Bob hatte<br />

seine nagelneue Drohne mit, die er uns unbedingt vorführen<br />

wollte. Diese hatte sogar einen eingebauten Greifarm,<br />

der Sachen greifen konnte. Das war wirklich sehr beeindruckend.<br />

Doch als er seinen Greifarm benutzen wollte,<br />

um meine Schultasche zu greifen, hob er versehentlich<br />

mich hoch und als er mich wieder fallen lassen wollte,<br />

zerriss die Drohne mein Shirt und meine Hose. Da nicht<br />

mehr genug Zeit war, zurück nach Hause zu fliegen, blieb<br />

mir nichts anderes übrig, als in die Klasse im dritten Stock<br />

zu fliegen und in den Fundsachen nach Ersatzkleidung<br />

zu suchen. Das Problem war nur, dass wir sehr spät dran<br />

waren und deshalb die ganze Klasse schon anwesend<br />

war. Als ich in die Klasse kam, sind wir wieder am Anfang<br />

der Geschichte. Als wäre das nicht schon peinlich genug,<br />

kommt auch noch meine Lehrerin ins Klassenzimmer und<br />

sieht, wie ich in Unterwäsche von meinen Mitschülern<br />

verspottet werde. „Lasst Florian in Ruhe oder ihr bekommt<br />

einen Klassenbucheintrag!“, schrie meine Lehrerin und<br />

sagte zu mir: „Geh schnell zu den Fundsachen und ziehe<br />

dich um.“ Als ich das getan hatte, dachte ich mir, dass ich<br />

da noch mal Glück hatte. Trotzdem war das das Peinlichste<br />

in meinem bisherigen Leben.


38 SCHÜLERVERTRETUNG<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

SCHÜLERVERTRETUNGSSEITE<br />

Eure SV informiert<br />

Liebe Schülerinnen und Schüler!<br />

Was war?<br />

Mittlerweile ist es schon einige Monate her, seit ihr uns zur neuen Schülervertretung gewählt habt! Diese Zeit war für<br />

uns eine Zeit der Ideensammlung, eine Zeit voller Gespräche und eine Zeit der Umsetzung! Unser erstes großes Projekt<br />

konnten wir in Form der „Schushi-Aktion“ im März starten. Wir hoffen, dass mit der neuen <strong>etcetera</strong>-<strong>Ausgabe</strong> die ersten<br />

Pullis, Taschen und T-Shirts bereits geliefert wurden und ihr euch an ihnen erfreuen könnt!<br />

Auf unserer Schulwebsite findet ihr außerdem unter „Quicklinks“ den Link zu unserem neu eingeführten Nachhilfeprojekt<br />

„Schüler für Schüler“. Schüler der Oberstufe haben sich bereit erklärt, unter der angegeben E-Mail-Adresse für Schüler,<br />

Lehrer und Eltern bei Interesse bezüglich Nachhilfe erreichbar zu sein. Anklicken, kontaktieren, organisieren. Von Schüler<br />

zu Schüler wird Wissen meist einfacher und logischer vermittelt und nebenbei eine Menge Geld gespart.<br />

Was wird sein?<br />

Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, schmücken diverse Kunstwerke seit geraumer Zeit den hinteren Teil der Wände<br />

beim Zeichensaal. In Kooperation mit unserem Herrn Prof. Gander-Schwarzenauer stehen diese Wände euch ganz unter<br />

dem Motto „Graffiti-Streetwork“ zur Verfügung. Die „Vintage-Couch“ soll jedoch nicht die einzige Möglichkeit bleiben,<br />

auch außerhalb des Treffs ein ruhiges Örtchen zum Verweilen zu finden. Bunte Sofas, Tischchen und Boxen mit Spielen<br />

werden bald im ganzen Schulgebäude an bestimmten Ecken platziert. Außerdem stellen wir euch den Tischfußball an<br />

einen freundlicheren Platz und sorgen durch die Abschaffung der 50c pro 10 Bälle für hoffentlich mehr Spielbegeisterte.<br />

Ein weiteres Anliegen ist uns das Schulfest. Da es vor zwei Jahren wetterbedingt ausfiel und letztes Jahr trotz aufwendiger<br />

und professioneller Vorbereitung aufgrund mangelnder Besucher nicht wirklich Fest genannt werden konnte, wollen<br />

wir uns heuer umso mehr mit der Frage auseinandersetzen, was eurer Meinung nach bei einem gelungenen Schulfest<br />

nicht fehlen darf und sind für Anregungen in jeglicher Hinsicht offen!<br />

Wie auch schon den Nachhilfelink wollen wir einen Link bezüglich Schülerrechte auf unsere Website stellen. Welche<br />

Rechte habe ich als Schüler? Was darf ich fordern? Was gilt speziell bei uns am Paulinum?<br />

Mit einem offenen Ohr für eure Wünsche, Vorstellungen und Anliegen hoffen wir auf weitere Monate des gemeinsamen<br />

Gelingens!<br />

Eure Schülervertretung


<strong>etcetera</strong>.<br />

ETCETERA-ROOKIES<br />

39<br />

REDEN<br />

Text: Alina Astl, 3C<br />

Wir alle haben einen Mund. Das dürfte<br />

einigen unter euch schon aufgefallen<br />

sein, anderen scheinbar noch nicht.<br />

Oder sie ignorieren diese Tatsache<br />

einfach nur geflissentlich. Neben der<br />

Nahrungsaufnahme ist er auch noch<br />

für etwas Anderes sehr nützlich: um zu<br />

reden. Diese überaus nützliche Eigenschaft<br />

sollten wir auch nutzen.<br />

Sei es nun, ob Du mit Deinen Freunden<br />

streitest, mit der Herangehensweise<br />

deines Lehrers nicht einverstanden<br />

bist oder dir die falsche Pizza geliefert<br />

wurde. Sag es. Ob man’s glaubt oder<br />

<strong>etcetera</strong>ROOKIES<br />

Wie in jeder <strong>Ausgabe</strong> hatten auch die Schüler der Unterstufe die Möglichkeit,<br />

ihre Texte einzuschicken. In dieser <strong>Ausgabe</strong> haben wir leider nur einen Artikel<br />

erhalten. Wir freuen uns aber jetzt schon auf eure Artikel für die nächste <strong>Ausgabe</strong>:<br />

Schickt einfach eine E-Mail an <strong>etcetera</strong>.paulinum@gmail.com. Danke!<br />

nicht, die meisten Konflikte können<br />

mit ein paar Worten gelöst werden.<br />

Ein Missverständnis kann ganz einfach<br />

gelöst werden, indem man seinem<br />

Gegenüber erklärt, was man wirklich<br />

meint.<br />

Auch wenn der nächste Streit mit<br />

euren Eltern keinen 30-jährigen Krieg<br />

auslösen wird, kann jeder zum Weltfrieden<br />

beitragen. Mit einfachen Kleinigkeiten<br />

wie „tut mir leid“ oder „so<br />

habe ich das eigentlich gemeint“.<br />

Eines der größten Probleme der Menschen<br />

ist nämlich, dass sie zu schnell<br />

zu den Waffen greifen. Wenn Österreich-Ungarn<br />

1914 mit Serbien geredet<br />

hätte, hätte es möglicherweise nie<br />

einen Ersten Weltkrieg gegeben. Aber<br />

diese Gespräche fanden nicht statt<br />

– und plötzlich waren da 17 Millionen<br />

Tote, von denen niemand wusste,<br />

woher sie kamen.<br />

Miteinander zu kämpfen ist nicht der<br />

einzige Weg, Konflikte zu „lösen“.<br />

Wir müssen miteinander reden! Denn<br />

Krieg beginnt, wo Worte aufhören.<br />

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40 PAULINER <strong>etcetera</strong>.<br />

SCHULLEBEN<br />

Ein Paulinum ohne <strong>etcetera</strong>. wäre<br />

wie ein Paulinum ohne Elternverein:<br />

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_s<br />

f_hlt *<br />

was!<br />

Darum unterstützt der Elternverein des<br />

Paulinums auch diesmal wieder <strong>etcetera</strong>.<br />

Bitte unterstützen Sie auch den Elternverein<br />

– auch aktiv.<br />

ELTERNVEREIN<br />

PAULINUM<br />

*) Zum Beispiel das Fest „Paulinum picknickt“ im Juni!<br />

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#glaubandich


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<strong>etcetera</strong>.<br />

PAULINER SCHULLEBEN<br />

41<br />

FOLGE DEN ZUGVÖGELN.<br />

Für die ZUGVOGEL SPEDITIONS GMBH ist der Name Programm. Er ist gleichermaßen<br />

Motivation und Garantie für eine erfolgreiche Partnerschaft mit Ihnen. Wir vereinen höchste<br />

Werte und folgen unbeirrt dem Ziel, die optimale Transportlösung für Ihre individuellen<br />

Anforderungen zu finden.<br />

Erfüllen Sie diese Werte mit Leben und folgen Sie den Zugvögeln!<br />

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42 SATIRE<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

DiEPAULINERTAGESPRESSE<br />

AUSGABE 1, 21.04.2017 DIE ZWEIFELLOS SERIÖSESTE SCHÜLERZEITUNG AM GANZEN PAULINUM PREIS: € 0,00<br />

OPERATION WEGEN TURNSTUNDE<br />

ABGEBROCHEN<br />

Vom OP in den Turnsaal: Weil Frau Prof. Bruci auf eine Teilnahme<br />

am Turnunterricht bestand, musste die Operation des gebrochenen<br />

Fußes einer Schülerin kurzfristig abgebrochen werden. Die<br />

Schülerin nahm anschließend auf dem Krankenbett an der Turnstunde<br />

teil. Weil sie aber für das Fußballspielen aufgrund ihres<br />

gebrochenen Fußes nicht geeignet war, musste sie im Bett Bankdrücken.<br />

Nach der 45-minütigen Turnstunde konnte die Schülerin<br />

wieder in das Krankenhaus überstellt und dort erfolgreich weiteroperiert<br />

werden. Schulrechtsexperten prüfen nun, ob die Berufung<br />

von Prof. Bruci auf ein fehlendes Attest der Schulärztin wirklich für<br />

die Unterbrechung einer Operation ausreicht.<br />

HAUSMEISTER NIMMT URLAUB<br />

VOM URLAUB<br />

Schock für die Pauliner Schulgemeinschaft: Nachdem seine<br />

Bürozeiten urlaubsbedingt auf die große Pause am 29. Februar<br />

reduziert wurden, zieht sich Hausmeister Wolfgang Klingler nun<br />

für unbestimmte Zeit von seinem Urlaub zurück. Laut Insider-Informationen<br />

wurde ihm die Belastung zu viel. Deshalb zog er sich angeblich<br />

für eine Selbstfindungsphase in den Kreuzgarten zurück.<br />

Wer nun für die eklatanten Zustände an der Schule verantwortlich<br />

gemacht werden darf, ist noch fraglich. Experten sagen aber eine<br />

schnelle Genesung voraus, sodass Wolfang in Kürze wieder als<br />

Sündenbock dienen kann.<br />

LEAK: UNTERLAGEN<br />

VON PROF. HEINZEL IM<br />

INTERNET AUFGETAUCHT<br />

Skandal am Paulinum: Die von Prof.<br />

Heinzel mit Mühe selbst erstellten Chemieunterlagen<br />

für den Oberstufenunterricht<br />

wurden von einem mysteriösen<br />

Hacker namens „AGMueller“ auf der<br />

Seite „arge-chemie.tsn.at“ veröffentlicht.<br />

Nicht nur die Arbeitsaufgaben, sondern<br />

auch alle Tests sind seit der Veröffentlichung<br />

im Umlauf.<br />

KRITIKUNFÄHIGE<br />

LEHRERIN<br />

LÄSST SCHÜLER<br />

DURCHFALLEN, DER<br />

IHR KRITIKUNFÄHIGKEIT<br />

UNTERSTELLT<br />

Im Rahmen des verpflichtenden, anonymen<br />

Feedbacks bemängelte ein Schüler<br />

die Kritikunfähigkeit einer Lehrerin.<br />

Diese konnte das Feedback aber nicht<br />

nachvollziehen und mit Unterstützung<br />

von Schriftanalytikern der Cobra herausfinden,<br />

wer der Schüler war, der dieses<br />

Feedback verfasst hatte. Der Schüler<br />

wurde anschließend zur Rede gestellt<br />

und muss die Klasse nun wiederholen.<br />

ERFRORENER SCHÜLER<br />

GEFUNDEN: PROF. BREM<br />

BESTREITET JEGLICHE SCHULD<br />

Letztes Jahr erschütterte ein grausames Ereignis<br />

die Pauliner Schulgemeinschaft. Die Leiche<br />

des Schülers Edwin K., der seit einem Waldlauf<br />

letzten Winter als vermisst galt, wurde letzte<br />

Woche im Gebüsch entdeckt. Die Polizei ermittelt<br />

nun gegen Prof. Brem, der am Tag, an dem<br />

Edwin verloren ging, mit ihm und seiner Klasse<br />

bei -10°C in den Wald laufen gegangen war. Prof.<br />

Brem bestreitet bisher aber jegliche Schuld, auf<br />

Anfrage verriet er uns: „Des muaß was anderes<br />

gwesn sei, weil i woaß, wanns guat is, und an<br />

dem Tog is no logga zum Laffn gongen!“<br />

MÄDCHENKLOS<br />

GRÜNDEN BETRIEBSRAT<br />

WEGEN ZAHLREICHER<br />

MISSHANDLUNGEN<br />

Nach unzähligen Misshandlungen der Toilettenschüsseln<br />

und Kabinen gab die österreichische<br />

Gewerkschaft der Mädchenklos (ÖGeMäK)<br />

bekannt, dass am Paulinum ein Betriebsrat gegründet<br />

werde. Schmierereien an den Wänden,<br />

fehlendes Klopapier, verstopfte Klos, überfüllte<br />

Mülleimer und am Boden liegende Klobrillen<br />

sollen dank täglicher Kontrollen der Betriebsratmitglieder<br />

von nun der Vergangenheit<br />

angehören.<br />

VERRÜCKTE<br />

MODERNISIERUNG:<br />

INFOSCREENS WERDEN<br />

VON NUN AN AUCH FÜR<br />

NOTRUFE VERWENDET<br />

Das Paulinum geht mit der Zeit, das<br />

beweist die neueste Änderung: Ab<br />

sofort werden über die Infoscreens<br />

nicht nur Schüler ins Sekreteriat beordert<br />

oder wichtige Veranstaltungen<br />

angekündigt, nein, seit dieser Woche<br />

werden darüber sogar Notrufe getätigt:<br />

Bei der Verletzung eines Schülers<br />

muss nur ein Kollege dieses Schülers<br />

zum Direktor laufen, dieser kann<br />

dann die Notrufmeldung über den<br />

Infoscreen abgeben und der erste im<br />

Schulgebäude, der diese Meldung<br />

sieht, kann anschließend die Rettung<br />

verständigen. Lob bekommt das<br />

Paulinum dafür auch aus Innsbruck<br />

– der zuständige Landesschulinspektor<br />

Plankensteiner verriet uns<br />

auf Anfrage: „Das Paulinum beweist<br />

hier wieder mal, dass es mit seinem<br />

Weitblick allen anderen Schulen<br />

einen Schritt voraus ist. Diese Neuerung<br />

beschleunigt die Verständigung<br />

eines Rettungsdienstes immens und<br />

kann so zu einer schnelleren Behandlung<br />

der Verletzungen führen!<br />

Gratulation!“


<strong>etcetera</strong>.<br />

SATIRE<br />

43<br />

VEGETARIER<br />

BOYKOTTIEREN<br />

SCHULBUFFET<br />

Weil das vegetarische Angebot am<br />

Schulbuffet zu wünschen übrig lässt, hat<br />

die VeVeSPa (Vereinigung Vegetarischer<br />

Schüler*innen Paulinum) zu einem großen<br />

Boykott aufgerufen: Anhänger der Vereinigung<br />

sollten ihre Käufe am Schulbuffet<br />

einstellen und stattdessen selbstgebrachte<br />

Speisen und Getränke verzehren.<br />

Die Schulbuffetbetreiber waren für ein<br />

Statement bisher leider nicht erreichbar.<br />

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„SKANDALÖSE ZUSTÄNDE“<br />

PROF. ATZL KRITISIERT<br />

PREIS DER SCHULSHIRTS<br />

Gleich nach der Präsentation der neuen<br />

Schulshirts durch die Schülervertretung<br />

wurde schon Kritik laut. Frau Prof. Atzl kritisiert<br />

den unzumutbaren Preis der Schulshirts,<br />

durch die den Kindern ihrer<br />

Meinung nach ein falsches Qualitätsbewusstsein<br />

eingeimpft werden würde:<br />

„Ein Shirt unter 150€ ist absolut unrealistisch!<br />

Bei mir muss es schon mindestens<br />

Versace sein.“ Wir meinen: Super, endlich<br />

jemand, der auf diesen großen Missstand<br />

hinweist und Stilbewusstsein beweist.<br />

SCHULPSYCHOLOGE<br />

FÜR OBERSTUFLER<br />

EINGERICHTET<br />

Wegen der immer häufiger auftretenden<br />

verbalen und körperlichen Übergriffe<br />

von Unterstuflern auf Oberstufler wurde<br />

eine Beratungs- und Rückzugsstelle eingerichtet.<br />

Ein Schulpsychologe betreut<br />

die Opfer und zeigt ihnen, wie sie sich in<br />

Zukunft präventiv vor solchen Angriffen<br />

schützen können. Für die Unterstufler<br />

wird ein Workshop „Wie verhalte ich mich<br />

höflich gegenüber älteren Schülern?“ in<br />

den Pflichtunterricht integriert.<br />

DAS PAULINUM ALS ORT GELEBTER VIELFALT<br />

Am Paulinum ist für jeden Platz: Eine aktuelle Untersuchung der Sofas im Treff hat ergeben,<br />

dass sich dort zehmal so viele Bakterien wie auf einer benützten Klobürste befinden.<br />

Unsere Anfrage blieb vonseiten der Bakterien unbeantwortet, Experten vermuten aber,<br />

dass viele der Baktieren die Lebensqualität erkannt und sich mittlerweile ihren Hauptwohnsitz<br />

auf den Couchen eingerichtet haben.<br />

SCHLAGZEILEN<br />

+++ Tag der geschlossenen Tür – Die Tore des<br />

Paulinums sind am nächsten Wochenende ausnahmsweise<br />

zugesperrt +++<br />

+++ Vorletzte Schulwoche wird gestrichen – „Es<br />

wird eh nur Film geschaut“ +++<br />

+++ Neuer Rasenmähertraktor: Für die Rückkehr<br />

von Wolfgang wurde bereits im Voraus ein neuer<br />

Rasenmähertraktor angeschafft – erneuten Überstunden<br />

steht damit nichts mehr im Weg +++<br />

+++ Prof. Heinzels Chemielabor wird als Favorit<br />

für einen Kunstpreis gehandelt – Kunstkritiker:<br />

„Der postmodern eingerichtete Raum mit seiner<br />

Unordnung steht ohne Zweifel als Metapher für die<br />

Vielseitigkeit des Lebens – grandios!“ +++<br />

+++ Prof. Walder wünscht sich Jahreswechsel – „Ich<br />

halte es nicht aus, überall hört man nur noch Zweitausendsibsen,<br />

und alle sprechen es auch noch<br />

falsch aus! Wir brauchen Zweitausendachtzehn!“<br />

PROF. SCHWEIGLS TAFELBILDER<br />

ZU WELTKULTURERBE ERKLÄRT<br />

Anfangs der Geheimtipp in der Kunstszene,<br />

entwickelten sich Prof. Martina Schweigls<br />

Tafelbilder zu einem wahren Publikumsmagneten.<br />

Touristen von Nah und Fern touren seit<br />

der Veröffentlichung der besten Tafelbilder in<br />

der renommierten Kunstzeitschrift „art“ ans<br />

Paulinum, um hautnah die Entstehung dieser<br />

Meisterwerke mitzuverfolgen. Nun folgte der<br />

einzig logische Schritt: Alle Tafelbilder von Prof.<br />

Schweigl wurden zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />

erklärt. Alle von ihr benutzten Tafeln im Paulinum<br />

stehen ab sofort unter Denkmalschutz. Prof.<br />

Schweigl verriet uns auf Anfrage das Geheimnis<br />

ihres Erfolgs: „Ich gehe einfach in die Tafel hinein<br />

und lasse meinen Gedanken freien Lauf – das ist<br />

eigentlich popelig einfach!“<br />

POWERED BY<br />

<strong>etcetera</strong>.


<strong>etcetera</strong>.<br />

44 SATIRE<br />

Donald Trump<br />

EINE SATIRE<br />

Text: Amelie Jochmus, Verena Deutsch<br />

Donald Trump. Der Aufstieg vom politisch<br />

unfähigen Multimilliardär zum<br />

mächtigsten Mann der Welt, dem 45.<br />

Präsidenten der Vereinigten Staaten<br />

von Amerika, der es mit der Wahrheit<br />

nicht ganz so genau nimmt. Wofür<br />

braucht man auch Wahrheit, wenn<br />

man alternative Fakten hat? Wenn ihr<br />

auch zu all jenen gehört, die sich die<br />

Frage stellen, wie ein Herr Trump so<br />

weit kommen konnte, dann wollen wir<br />

euch das Erfolgsrezept von unserem<br />

Donald nicht länger vorenthalten.<br />

Wir werden einen genaueren Blick<br />

auf seine Ideen und Taten richten<br />

und hoffen, dass uns dennoch auch<br />

in Zukunft die Einreise in die USA<br />

gewährt bleibt.<br />

Mit einem Löffelchen Geld, einer<br />

kleinen Prise Charisma und einer<br />

Portion (grenz-) genialer Ideen, an<br />

deren Umsetzung es leider noch<br />

etwas hapert, lässt sich ganz leicht ein<br />

machtsteigerndes Wundersüppchen<br />

zusammenbrauen. Donald „the Duck“<br />

Trump rühmt sich ja selber damit, der<br />

beste Präsident zu sein, den die USA<br />

jemals hatte. Eines muss man ihm<br />

ja lassen: Er versucht wenigstens,<br />

seine Wahlversprechen einzuhalten.<br />

Koste es, was es wolle. Da muss man<br />

schon auch mal härter durchgreifen,<br />

wenn es um die Durchsetzung des<br />

Einreiseverbots für Muslime aus<br />

sieben verschiedenen Ländern geht.<br />

Wie Trumps Pressesprecher Sean<br />

Spicer so schön sagte: „Man darf nicht<br />

aufgrund des Geschlechts oder des<br />

Alters eines Menschen darauf schließen,<br />

dass er nicht gefährlich ist!“ Das<br />

muss der kleine 5-jährige Muslim, der<br />

in Handschellen vom Flughafen abgeführt<br />

wurde, wohl erst noch lernen.<br />

Wir sollten laut Donald Trump Kinder<br />

ohnehin viel früher ernst nehmen<br />

und ihnen beibringen, sich selbst<br />

zu verteidigen. Zum Beispiel gegen<br />

die abertausenden Grizzlybären,<br />

die jedes Jahr blutige Massaker in<br />

Schulen anrichten. Klar muss man da<br />

Volksschulkindern eine Waffe in die<br />

Hand drücken, es geht schließlich um<br />

das Wohl der gesamten Bevölkerung.<br />

Die USA kann froh sein, einen so tatkräftigen<br />

Mann als Präsident zu haben,<br />

der sich ehrlich um sein Volk sorgt. In<br />

Sachen Sicherheit kennt Herr Trump ja<br />

offensichtlich keinen Spaß: Mit Schrecken<br />

mussten wir in den vergangenen<br />

Wochen lesen, dass Chicago zu einem<br />

Kriegsgebiet erklärt worden ist. Wenn<br />

wir uns nur vorstellen, wie wir unser<br />

Leben leichtsinnig aufs Spiel gesetzt<br />

haben, als wir unsere letzten Sommerferien<br />

dort verbrachten, kommt<br />

uns das Grauen. Interessieren würde<br />

uns nur, wie sich der neue Präsident<br />

die Lösung für das Chicago-Problem<br />

vorstellt. Wir könnten uns eine Mauer<br />

rund um die Stadt gut vorstellen,<br />

vielleicht ist Kanada als direktes Nachbarland<br />

am anderen Ende des Lake<br />

Michigan ja bereit, sich mit Mexiko<br />

kurzzuschließen, um für etwaige<br />

Kosten aufzukommen.<br />

A propos Mexiko: Die ganze Welt fragt<br />

sich, was sich dieses Land erlaubt. Da<br />

weigert sich Mexiko doch tatsächlich,<br />

dem Herrn Trump bei seinen Kosten<br />

für die Grenzmauer unter die Arme zu<br />

greifen. So eine Frechheit. Nur wegen<br />

deren Egoismus stehen jetzt viele<br />

aufstrebende Maurer ohne Job da.<br />

Wenn die Mexikaner die Mauer nicht<br />

wollen, sollen sie damit aufhören,<br />

sich als illegale Haushaltshilfen bei<br />

armen, unschuldigen Arbeitsministern<br />

einzuschleichen!<br />

Wobei die Indianer da wohl auch noch<br />

ein Wörtchen mitzureden haben: Dass<br />

unser Donald Schwierigkeiten bekommen<br />

könnte, wenn er eine riesige<br />

Mauer durch Indianergebiete bauen<br />

will, war ihm wohl nicht ganz klar, als<br />

ihm die Idee kam. Am Allerschlimmsten<br />

sind überhaupt die Naturschützer,<br />

die ebenfalls eine Mauer durch<br />

Naturschutzgebiete nicht gutheißen<br />

können. Ach, immer diese Naturschützer.<br />

Allen voran Leonardo DiCaprio<br />

schwafelt in einer Tour von dieser<br />

Klimaerwärmung: Dabei hat die doch


<strong>etcetera</strong>.<br />

SATIRE<br />

<strong>etcetera</strong>.<br />

45<br />

China erfunden, um die US-Produktion<br />

wettbewerbsunfähig zu machen.<br />

Und was macht der Rest der Welt?<br />

Die glaubt diesen Naturschützern<br />

auch noch und wettert fest gegen die<br />

geplante Neueröffnung der Kohlekraftwerke<br />

in Amerika. Schon wieder<br />

gehen Arbeitsplätz aufgrund von<br />

blankem Egoismus verloren! Da sollen<br />

sich doch halt ein paar Eisbären kurzfristig<br />

entschließen, auf Diät zu gehen.<br />

Na und? Das nennt man heutzutage<br />

Schönheitswahn! Trumps Ehefrau<br />

Melania ist schließlich damit bekannt<br />

geworden. Die Eisbären könnten doch<br />

nach New York kommen, „it’s freezing<br />

and snowing there!“<br />

Einzig und allein Kalifornien wirkt nicht<br />

so begeistert von Trumps Wahlsieg:<br />

Man startete eine Petition, um den sogenannten<br />

„Calexit“ voranzutreiben.<br />

Mit Europa als großem Beispiel eifern<br />

uns die Kalifornier wohl nun nach und<br />

wollen ganz nach dem „Brexit-Prinzip“<br />

die Vereinigten Staaten von Amerika<br />

verlassen. Einen Versuch ist es immerhin<br />

wert. Auf die Mauer rund um<br />

Kalifornien freuen wir uns jetzt schon.<br />

Es gibt noch Hoffnung für die Maurer!<br />

Ob sich die Amerikaner wohl überlegt<br />

haben, ob ein Mann, der in die Fußstapfen<br />

von George Washington und<br />

Abraham Lincoln tritt, nicht doch ein<br />

politisches Know-how besitzen sollte?<br />

Jetzt ist es zu spät. Oder doch nicht?<br />

Herr Schwarzenegger hätte ja eine<br />

Lösung aus der Trump-Misere: „Hey<br />

Donald, I have a great idea — why<br />

don’t we switch jobs? You take over<br />

TV, because you’re such an expert in<br />

ratings, and I take over your job. And<br />

then people can finally sleep comfortably<br />

again.“ Also wir würden den<br />

Vorschlag ja großartig finden.<br />

Doch wie auch immer: Wir wünschen<br />

dem neuen Präsidenten dennoch<br />

alles Gute und hoffen, dass er unser<br />

Land im Falle eines Besuches nicht<br />

mit Australia verwechselt. Ja, ein<br />

Geographie Crash-Kurs täte unserem<br />

Trump nämlich auch nicht schlecht:<br />

Wir finden ja auch, dass es in Belgien<br />

sehr schön ist, aber nein Herr Trump,<br />

diesem „alternative fact“ müssen wir<br />

leider wiedersprechen: Belgien ist<br />

und bleibt ein Land. Und auch wenn<br />

Belgien sicher dankbar für das nette<br />

Kompliment ist, scheint uns die Degradierung<br />

vom Land zur Stadt doch<br />

etwas hart, finden Sie nicht?<br />

America First<br />

PAULINUM SECOND<br />

Text: Amelie Jochmus<br />

In den Niederlanden hat alles begonnen. Im Zuge einer Fernsehshow<br />

wurde das Video „America first, Netherlands second“ veröffentlicht.<br />

Seitdem verbreiten sich dutzende dieser Clips aus aller Herren Länder<br />

viral im Internet. Alle wollen den heiß begehrten zweiten Platz in der<br />

Weltordnung nach den USA abstauben. Auch das Paulinum will den<br />

neuen Präsidenten, Donald Trump, herzlich willkommen heißen. Und<br />

damit keine alternativen Fakten entstehen und alles schön verständlich<br />

bleibt, ist folgender Willkommensgruß auf Englisch verfasst.<br />

Dear Mr. President<br />

This is an introduction article about “Paulinum”, the best school in the<br />

world. You will love it, it’s amazing. We are the most religious school in<br />

Europe. Regularly, only Christians can enrol, no Muslims, it’s great. We<br />

have heard that US Presidents only speak English! In Paulinum, we learn<br />

the best languages in history. At first there is Latin, which was spoken<br />

in the greatest empire that has ever existed, Rome. It was nearly as big<br />

as yours, wouldn’t there have been this tiny little village in France, well,<br />

doesn’t matter. We learn French as well, and ancient Greek, best language<br />

ever, you would love it. Everything in our school is orange, even the<br />

floors. We know that you love this colour because you are orange as<br />

well, so you would really like our school. By the way, there is a soccer<br />

field in front of the Paulinum. Everyone is allowed to play on it, except the<br />

pupils. Totally unfair. Same thing as your Mexican problem. We’re thinking<br />

about building a wall around the soccer field, and let the BRG pay<br />

for it. You have a golden Tower? There is a golden roof next to our place,<br />

it’s amazing. Are you impressed? We hope so. We totally understand it’s<br />

going to be “America First”. But can we just say “Paulinum second”?<br />

PS: Did you know that Mexico is part of America, too? Just wanted to tell<br />

you.


<strong>etcetera</strong>.<br />

46 SPORT<br />

BASEBALL<br />

in Schwaz<br />

Text: Simon Kirchmair, Fabian Gschwenter<br />

Jeder kennt den amerikanischen<br />

Kultsport. Doch die meisten Menschen<br />

setzen sich gar nicht erst damit<br />

auseinander, da sie die Regeln nicht<br />

kennen und so den Spielverlauf nicht<br />

verstehen.<br />

Baseball ist mit Brennball vergleichbar.<br />

Auf dem Spielfeld in Form eines<br />

Kreisviertel (Diamond) befinden sich<br />

vier sogenannte Bases (Safepoints).<br />

Jedes Team besteht aus neun<br />

Spielern. Zu Beginn startet die Auswärtsmannschaft<br />

mit dem Schlagen.<br />

Hierbei wirft der Pitcher (Werfer) der<br />

Heimmannschaft dem Schlagmann<br />

der gegnerischen Mannschaft einen<br />

Ball zu. Wenn der Schlagmann den<br />

Ball mit dem Schläger trifft, wird er<br />

zum Läufer und muss alle drei Bases<br />

einmal berühren, um zum Schlagmal<br />

(Home Plate) zurückzukehren. Je<br />

nach Weite des Schlags unterbricht<br />

der Läufer seinen Lauf an einer der<br />

drei Bases, um nicht „ausgemacht“<br />

zu werden. Ein Aus bedeutet, dass<br />

entweder der Läufer direkt mit dem<br />

Ball von einem „Fielder“ (Feldspieler)<br />

berührt wird (vgl. Tagout), oder der<br />

Ball vor dem laufenden Spieler an<br />

der Base angelangt (vgl. Forceout).<br />

Dann ist dieser Läufer aus und muss<br />

das Spielfeld verlassen. Während<br />

das gegnerische Team am Schlagen<br />

ist, muss die Heimmannschaft das<br />

Feld verteidigen und die gefangenen<br />

Bälle zu den Bases werfen. Das Spiel<br />

dauert 9 Innings. Ein Inning bedeutet,<br />

dass jedes Team einmal schlagen<br />

sowie verteidigen muss. Diese Innings<br />

können dann noch weiter in Halbinnings<br />

unterteil werden, welche nach<br />

drei „Outs“ enden.<br />

Soweit so gut. Auch in Schwaz gibt<br />

es, wie nicht viele wissen, ein Baseballteam:<br />

die Schwaz Tigers. Doch<br />

wie entstand und entwickelte sich der<br />

beliebte amerikanische Sport in der<br />

Silberstadt?<br />

Die amerikanische Trendsportart<br />

wurde bereits 1986 in Schwaz von<br />

einem Haufen engagierter Jugendlicher<br />

zum ersten Mal richtig – außerhalb<br />

eines Computerspiels – gespielt.<br />

Bereits im ersten Jahr nach der Gründung<br />

konnten die Tigers bedeutende<br />

Siege in der österreichischen Meisterschaft<br />

einfahren. Auf Anhieb erreichten<br />

sie den dritten Platz! Etwas später,<br />

im Jahre 1992, fand das Schwazer<br />

Team dann seinen ersten finanziellen<br />

Sponsor, das Restaurant Papa Joe‘s<br />

aus Innsbruck und wurde prompt<br />

danach benannt: Papa Joe‘s Tigers.<br />

1994 wurde durch die Verpflichtung<br />

von dem Trainer Bill Piela aus New<br />

York und dessen gute Aufbauarbeit<br />

ein weiterer Schritt in Richtung Spitze<br />

gemacht. Im darauffolgenden Jahr war<br />

es dann soweit: Die Papa Joe’s Tigers<br />

holten den Staatsmeistertitel erstmals<br />

nach Schwaz! Und auch der zweite<br />

Titel ließ nicht lange auf sich warten,<br />

denn 1998 wurden die Schwazer zum<br />

zweiten Mal Staatsmeister. Nach nun<br />

fast 20 Jahren als Verein spendierte<br />

die Stadt Schwaz ihren Baseballern<br />

nun Ende des Jahres 2005 endlich<br />

einen eigenen Baseballplatz.<br />

Zurzeit sind die Tigers wieder auf<br />

dem aufsteigenden Ast. Nach dem<br />

Titelgewinn in der Regionalliga hatten<br />

die Schwazer die Möglichkeit, in die<br />

Bundesliga aufzusteigen, entschieden<br />

sich jedoch dafür, eine weitere Saison<br />

in der Regionalliga zu bleiben, um sich<br />

verstärkt der Jugendarbeit zu widmen.<br />

Dafür holen sich die Tiger jährlich


<strong>etcetera</strong>.<br />

SPORT<br />

47<br />

einen Profi-Baseballtrainer oder einen<br />

ehemaligen Spieler aus den Vereinigten<br />

Staaten. In dieser Saison kommt,<br />

wie schon in der letzten, der Venezuelaner<br />

José Castillo. Er spielte bei den<br />

Boston Red Sox in der Minor League<br />

A, der amerikanischen 4. Bundesliga.<br />

In Österreich gibt es zum jetzigen<br />

Zeitpunkt 46 Vereine, von welchen<br />

vier in Tirol beheimatet sind. Neben<br />

den Tigers aus Schwaz ist auch Innsbruck<br />

mit den Pioneers sowie Kufstein<br />

mit den Vikings und Kitzbühel mit<br />

seinen Wolfins vertreten. Die Beliebtheit<br />

steigt, da immer mehr Personen<br />

einmal etwas Neues ausprobieren<br />

und von den typischen Sportarten<br />

wegkommen wollen.<br />

Des Weiteren verdanken wir dem in<br />

unseren Breitengraden eher unbekannten<br />

Sport auch eine Lehrperson<br />

am Paulinum. Frau Prof. Flöck hat<br />

durch Baseball ihren Mann kennengelernt<br />

und ist deswegen auch von<br />

Deutschland nach Tirol gekommen.<br />

Jeder ist herzlich eingeladen, einmal<br />

Baseball zu probieren und zu einem<br />

oder mehreren Training(s) zu kommen.<br />

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info@trettler-kamin.at<br />

A-6068 Mils, Gewerbepark Süd


<strong>etcetera</strong>.<br />

48 SPOTLIGHTS<br />

INTROVERSION<br />

in einer extrovertierten Welt<br />

Text: Vanessa Gogl<br />

Hast Du schon einmal darüber nachgedacht,<br />

dass wir eigentlich in einer<br />

extrovertierten Gesellschaft leben?<br />

Menschen, die sich selbst vermarkten,<br />

gut reden können, aus sich herausgehen<br />

und einfach gute Laune verbreiten,<br />

werden gemocht und belohnt.<br />

Aber was ist mit dem Rest?<br />

Etwa zwanzig bis fünfzig Prozent<br />

aller Menschen sind introvertiert<br />

– das heißt, sie sind eher nach<br />

innen gewandt, still und schüchtern,<br />

während Extrovertierte den großen<br />

Auftritt und das Scheinwerferlicht<br />

lieben. Introvertierte neigen dazu, sich<br />

mehr mit ihren Gedanken und ihrem<br />

Inneren zu befassen als mit ihrer<br />

Außenwelt. Und im Alltag kann das<br />

oftmals ein Problem darstellen.<br />

Das Leben ist voll mit lauten, bunten,<br />

verrückten, charmanten, einnehmenden<br />

Personen, und dabei gehen die<br />

Stilleren oft unter, obwohl sie genauso<br />

magisch und besonders sein können.<br />

Die Introvertierten verschwinden<br />

schnell in der Menge, aber sie sind<br />

immer da, mit einem sanften Lächeln<br />

vom Nebentisch, einer leisen Entschuldigung,<br />

wenn sie in der Menge<br />

etwas zu nah an dir vorbeilaufen. Es<br />

muss nicht immer so sein, dass sich<br />

die Lauten hervorheben, aber oft ist<br />

das der Fall. Weil wir denken, dass die,<br />

die am lautesten rufen, am ehesten<br />

etwas zu sagen haben. Dabei hat jeder<br />

Mensch etwas zu sagen – ob er seine<br />

Meinung nun in die Welt hinausschreit<br />

oder sie dir leise ins Ohr flüstert.<br />

Zum Beispiel ist da die Sache mit der<br />

Schule. Schüchterne Leute stehen<br />

nicht gerne im Mittelpunkt und sagen<br />

deshalb nicht viel. Die Komfortzone<br />

zu verlassen, um aufzuzeigen und mit<br />

lauter, klarer Stimme zu sprechen, ist<br />

gar nicht so leicht. Was sich wiederum<br />

negativ auf die Mitarbeit und somit auf<br />

die Noten auswirkt, obwohl man ja<br />

eigentlich weiß, worum es geht. Nur<br />

erfordert es Mut, Gedanken in Worte<br />

umzuwandeln. Also schweigt man<br />

lieber. Wartet ab. Beobachtet und hört<br />

alles. Andere melden sich andauernd,<br />

halten hervorragende Referate und<br />

treten selbstsicher auf, und sie werden<br />

dafür gelobt – weil ihre Talente so offensichtlich<br />

sind.<br />

Was ist mit denen, die zuhause sitzen<br />

und die schönsten Zeichnungen<br />

anfertigen, die die Welt je gesehen<br />

hat? Was ist mit denen, die in ihrem<br />

Zimmer, allein und in vollkommener<br />

Stille, so schnell rechnen und so hervorragend<br />

schreiben können, wie sie<br />

es in einem flüsternden, wispernden,<br />

von der Stimme der Lehrperson und<br />

dem Ächzen der Kugelschreiber erfüllten<br />

Klassenzimmer einfach nicht fertig<br />

bringen?<br />

Es ist nicht einfach, in einer extrovertierten,<br />

lauten, sich ständig selbst präsentierenden<br />

Welt introvertiert zu sein.<br />

Leise Stimmen werden oft überhört.<br />

Die, die nicht im Mittelpunkt stehen,<br />

verschwimmen im Grau der Masse.<br />

Das grelle Scheinwerferlicht, das auf<br />

die Stars gerichtet wird, macht es unmöglich,<br />

die Gesichter der Menschen<br />

im Dunkeln rundherum zu erkennen.<br />

Häufiger Umgang mit anderen Leuten<br />

wird von der Allgemeinheit erwartet,<br />

introvertierte Tendenzen und Präferenzen<br />

zu haben ist aber nicht direkt<br />

die gesellschaftliche Norm, was man<br />

auch oft am mangelnden Verständnis<br />

anderer bemerkt.<br />

Ich gehöre zu den Menschen, die<br />

in einem Raum voller Leute lieber<br />

am Rand stehen als in der Mitte. Ich<br />

fürchte mich davor, auf einer Bühne<br />

zu stehen und vor Publikum sprechen<br />

zu müssen. Ich beginne zu zittern,<br />

wenn ich ein Referat halten muss.<br />

Ich bleibe lieber still und höre zu. Ich<br />

beginne nicht gerne Unterhaltungen<br />

mit Fremden; ich lächle ihnen dafür<br />

manchmal stumm zu. Ich sitze lieber<br />

mit einem Buch zuhause, als auf<br />

einem Fest in der Stadt mit anderen<br />

zu reden. Ich bin auf dem Spektrum<br />

der Intro- und Extraversion eher auf<br />

der stilleren, ruhigeren Seite. Ich bin<br />

eine von vielen. Und auch, wenn die<br />

Extrovertierten die Welt als Schauspieler,<br />

Verkäufer, Sportler, Artisten und<br />

Redner regieren mögen, sind es doch<br />

oft die Introvertierten, die als Maler,<br />

Autoren, Musiker oder Architekten<br />

Welten erschaffen.<br />

Wir sind Träumer und Idealisten und<br />

Genies und wir sind witzig und tollpatschig<br />

und viel mehr. Genau wie<br />

jeder andere auch. Egal, ob du eher<br />

introvertiert oder extrovertiert bist –<br />

schlussendlich sind wir alle Menschen,<br />

und wir sollten einander akzeptieren<br />

und aufeinander eingehen. Einander<br />

verstehen. Miteinander leben – ohne<br />

anderen den Platz zu nehmen, den sie<br />

für sich selbst benötigen.


<strong>etcetera</strong>.<br />

SPOTLIGHTS<br />

49<br />

DIE MACHT DER SPRACHE<br />

Text: Anna Sophia Tschuggnall<br />

SCHÖNHEITSWAHN<br />

Text: Hannah Mühlegger<br />

Worte können verletzen. Worte können Situationen<br />

eskalieren lassen. Worte können Hass auslösen. Worte<br />

können beruhigen. Worte können glücklich machen.<br />

Worte können trösten. Worte können verzeihen. Worte<br />

können verändern.<br />

Die Sprache ist uns etwas Selbstverständliches. Ein<br />

Leben ohne Sprache ist für uns nicht vorstellbar. Egal ob<br />

wir Worte oder Mimik verwenden, wir kommunizieren,<br />

das heißt wir wollen uns oder etwas jemandem mittteilen.<br />

Ohne Mitteilung gibt es keine Gemeinschaft. Wenn wir uns<br />

den Gebrauch der Sprache genau ansehen, bemerken<br />

wir, dass Sprache und Versprechen nahe beieinanderliegen.<br />

Tauf-und Hochzeitsversprechen werden sprachlich<br />

transportiert. „Am Anfang war das Wort“, steht im Johannesevangelium.<br />

Wir sollten uns eigentlich bewusst sein,<br />

dass Sprache etwas sehr Schönes und auch Besonderes<br />

sein sollte. Manchmal können wir es auch spüren: in<br />

einem Text, in einem Lied und auch in den Worten eines<br />

Menschen.<br />

Dennoch verwenden wir Sprache oftmals ohne nachzudenken.<br />

Wir beschimpfen einander, wir übernehmen<br />

Phrasen aus den sozialen Medien, wir machen uns lustig<br />

über Dinge, die uns fremd erscheinen und nicht unseren<br />

Vorstellungen entsprechen. Wir verwenden Sprache, um<br />

ab- und auszugrenzen. Unsere Worte kommen schnell<br />

über die Lippen, ein Spaß hier, ein Schimpfwort da, eine<br />

Beleidigung ausgesprochen, einen blöden Kommentar<br />

abgegeben. Wenn dies auch noch in der Gruppe passiert,<br />

erkennen wir nicht mehr, dass wir in einem Prozess sind,<br />

der Sprache eigentlich missbraucht und als Waffe einsetzt.<br />

Sprache verletzt.<br />

Sprache ist auch ein Thema in den sozialen Medien,<br />

schnell geschrieben, schnell gepostet, schnell verbreitet.<br />

Hundertfach gelikt und kopiert, verliert das Wort seine<br />

Einzigartigkeit, die es in einem Buch, in einem Gedicht<br />

hat.<br />

Sprache hat einen Zauber. Wir müssen uns entscheiden,<br />

wie wir diesen Zauber einsetzen, ob wir mit Menschen<br />

sprechen, uns ihnen zuwenden oder ob wir gedankenlos<br />

über Menschen hinweggehen, ob wir stützen oder<br />

stürzen. Schlussendlich müssen wir uns bewusst sein,<br />

dass unsere Sprache ein Teil unserer Persönlichkeit ist,<br />

eigentlich unsere Eintrittskarte in unser Leben und in das<br />

Leben anderer. Wir sollten vorsichtig damit umgehen.<br />

Das perfekte Gesicht. Der perfekte Körper. Das perfekte<br />

Aussehen. Wer möchte das nicht? Wer möchte nicht makellos<br />

aussehen? Wer möchte nicht schön sein? Jeder will<br />

es. Jeder träumt davon. Jeder eifert einem Schönheitsideal<br />

nach. Immer besser. Immer schöner. Immer künstlicher.<br />

Wir wollen aussehen wie Puppen. Wie Porzellanfiguren.<br />

Wie Bilder. So schön. So makellos. So unübertrefflich. Was<br />

denkst du darüber? Was denkst du über Schönheitswahn?<br />

Was denkst du über das Verlangen, immer perfekter auszusehen.<br />

Ist es normal? Ist es normal, sich abzuhungern,<br />

um die perfekte Figur zu haben? Ist es normal, sich einmal<br />

im Monat die Lippen aufspritzen zu lassen? Sind all diese<br />

Dinge normal?<br />

Ich denke, wir werden von unserer Gesellschaft manipuliert.<br />

Unser Gehirn speichert automatisch ab, dass jeder<br />

schlank sein muss. Jeder muss volle Lippen haben. Jeder<br />

muss perfekt aussehen. Aber was macht man, wenn<br />

man all dies nicht hat? Nichts. Man lebt weiter. Ich werde<br />

auf jeden Fall nicht aufhören zu essen oder Ähnliches.<br />

Warum nicht? Weil ich es als absurd empfinde, etwas so<br />

Unwichtigem nachzueifern. Es hat für mich keinen Wert.<br />

Findet ihr es nicht auch fragwürdig, dass wir alle diesem<br />

einen Ideal folgen? Findet ihr es nicht auch fragwürdig,<br />

dass jeder versucht gleich auszusehen? Warum wollen<br />

wir überhaupt genau so aussehen? Wieso versuchen wir<br />

unseren Körper krampfhaft zu verändern? Ich will ganz<br />

ehrlich sagen, ich weiß es nicht. Ich habe nicht die geringste<br />

Ahnung, warum uns die Medien dieses falsche<br />

Bild geben. Dieses perfekte, nahezu makellose Bild eines<br />

Körpers.<br />

Ich will jetzt auch nicht jedem die üblichen Sprüche vortragen:<br />

„Du bist perfekt, so wie du bist. Es zählen nur die<br />

inneren Werte.“ Doch ich will sagen, dass man sich in<br />

seinem Körper wohlfühlen sollte. Denn das ist das Wichtigste.<br />

Als Allererstes musst du mit dir selbst zufrieden<br />

sein.<br />

Wie kommt man aber zu dieser Zufriedenheit? Wie kommt<br />

man dazu, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist? Sei<br />

einfach du. Sieh die positiven Dinge an dir. Dieses eine,<br />

an dem dich jeder erkennt. Dein Lächeln. Deine Laune.<br />

Deine Leidenschaft. Was macht dich einzigartig? Wäre<br />

es nicht schrecklich langweilig, wenn jeder gleich wäre?<br />

Wenn jeder gleich aussehen würde. Man könnte keinen<br />

mehr erkennen. Die Einzigartigkeit wäre verloren. Das,<br />

was den Menschen ausmacht, wäre einfach verloren.<br />

Unsere Einzigartigkeit.<br />

Du bist du und ich bin ich.


<strong>etcetera</strong>.<br />

50 SPOTLIGHTS<br />

IST NORMALITÄT NORMAL?<br />

Text: Anna Sophia Tschuggnall<br />

Stell dir vor, du bist in einem Supermarkt.<br />

Dein Blick schweift umher. Du<br />

siehst einen alten Mann mit langen<br />

Haaren und greller Sonnenbrille. Das<br />

ist doch nicht normal! An der Nebenkassa<br />

steht eine Frau mit Kleidergröße<br />

XXL. Das ist doch nicht normal! Das<br />

Kind neben dir hört einfach nicht auf,<br />

um Süßigkeiten zu betteln. Das ist<br />

doch nicht normal!<br />

Bin ich normal, seid ihr normal, was ist<br />

schon normal?<br />

Und die wichtigste Frage: Wer bestimmt,<br />

was normal ist? Wer bestimmt<br />

Normalität?<br />

Nehmen wir einmal an, die Normalität<br />

wird von der Mehrheit bestimmt.<br />

Aber die Frage der Mehrheit ist kompliziert.<br />

Ich lebe mit einer Mehrheit<br />

in der Klasse, mit einer Mehrheit bei<br />

Facebook und Instagram, mit einer<br />

Mehrheit in Österreich. Wir haben es<br />

mit unzähligen Mehrheiten zu tun, je<br />

nach dem Ausgangspunkt. Eigenartigerweise<br />

hat die Mehrheit nichts mit<br />

dem Durchschnitt zu tun.<br />

Es entspricht nicht dem Durchschnitt,<br />

dünn zu sein. Trotzdem eifern wir<br />

diesem Idealbild nach, das uns die<br />

Medien präsentieren. An jeder Ecke<br />

zeigen uns Plakate, wie toll es doch<br />

wäre, makellos, schlank, muskulös<br />

und wohlgeformt auszuschauen. Das<br />

gilt für Mädchen wie Jungs. Dieses<br />

Gift schleicht sich so langsam und<br />

unbemerkt in unsere Köpfe ein, dass<br />

wir diese perfekten Bilder als normal<br />

und erstrebenswert sehen. Auch Stars<br />

geben uns einen Trend vor. Trendig zu<br />

sein heißt für uns Jugendliche normal<br />

zu sein.<br />

Die Normalität<br />

“<br />

ist eine<br />

gepflasterte Straße, man<br />

kann gut darauf gehen –<br />

doch es wachsen keine<br />

Blumen auf ihr.<br />

Dieses Zitat stammt von Vincent van<br />

Gogh vor ca. 100 Jahren. Es zeigt,<br />

dass diese Problematik schon alt und<br />

nicht nur auf die neuen Medien zurückzuführen<br />

ist.<br />

Es ist so bequem, normal zu sein, auf<br />

der breiten Straßen zu gehen, nur<br />

innerhalb des Kreises der Normalität<br />

aufzufallen, dass wir beim Verlernen<br />

sind, wertzuschätzen, was es heißt,<br />

einzigartig und besonders zu sein,<br />

und das geht in zwei Richtungen: Der<br />

Bruder meiner Freundin ist schwer<br />

beeinträchtigt. Er wird wunderbar im<br />

Elisabethinum, einer Behinderteneinrichtung,<br />

betreut und gefördert. Nun<br />

sollen diese Sondereinrichtungen<br />

abgeschafft werden und gehandicapte<br />

Kinder in „normalen“ Schulen<br />

integriert werden. Es ist zwar schön,<br />

zu denken, dass alle Menschen gleich<br />

sind, aber nicht jeder Mensch kann die<br />

gleichen Aufgaben auf dieselbe Art<br />

und Weise lösen. Über diese Normalität<br />

und Gleichmacherei nimmt man<br />

aber gerade behinderten Menschen<br />

die Möglichkeit, sich individuell und<br />

besonders zu entwickeln. Hier wird<br />

über ein Ideal hinaus Realität verweigert<br />

und Gleichheit, wo es keine gibt,<br />

eingefordert. Wer würde jemals auf die<br />

Idee kommen, den wunderschönen<br />

Flug eines Schmetterlings mit dem<br />

majestätischen Gang eines Löwen zu<br />

vergleichen? Beide sind etwas Besonderes<br />

in ihrer Eigenart, auf ihre eigene<br />

Art.<br />

Auf der anderen Seite gefällt es uns<br />

auch nicht, wenn jemand aus der<br />

sogenannten Normalität ausbricht.<br />

Der, der anders ist und vielleicht das<br />

erreicht, was wir alle anstreben, wird<br />

nämlich auch argwöhnisch beäugt.<br />

Gerade wir Mädchen fangen an zu<br />

spotten und neidisch zu sein, wenn<br />

wir bemerken, dass unser Gegenüber<br />

besser, schöner und erfolgreicher ist<br />

als wir selbst. Wir sagen oftmals Sätze<br />

wie „Warum trainiert man drei Stunden<br />

am Tag? Das ist ja nicht normal! Schau<br />

dir den grellen Lippenstift an. Das ist<br />

ja nicht normal! Die zwei turteln schon<br />

wieder. Das ist ja nicht normal!<br />

So bewegen wir uns auf der asphaltierten<br />

Straße und wollen aus Bequemlichkeit<br />

oder Angst nicht, dass<br />

andere diese verlassen, denn sonst<br />

müssten ja auch wir aus der Normalität,<br />

aus dem Gewohnten, aus der<br />

Trägheit austreten. Der Weg ist vorgegeben.<br />

Keine Steine bringen uns zum<br />

Stolpern. Abzweigungen und Unebenheiten<br />

gibt es nicht, es gibt aber auch<br />

keine Blumen und Schmetterlinge.<br />

Beim Schreiben ist mir noch ein<br />

anderer Aspekt von Normalität aufgefallen.<br />

Wir gewöhnen uns nicht nur<br />

daran, wie wir sein sollten, sondern wir<br />

gewöhnen uns auch an Katastrophen<br />

und schlimme Nachrichten. Für uns<br />

ist so vieles normal geworden, weil<br />

wir es schon so oft gehört haben. Wir<br />

haben uns daran gewöhnt, dass keine<br />

Woche vergeht, ohne Krieg und Terrormeldungen.<br />

Kein Tag ohne Zerstörung<br />

und Bombardierung von Städten,<br />

keine Stunde, ohne dass eine Familie<br />

ihre Heimat verlassen muss, keine fünf<br />

Sekunden, ohne dass ein Kind unter<br />

zehn Jahren verhungert. Und Grenzzäune<br />

werden gebaut, um die Normalität<br />

einer sich selbst bestimmenden<br />

Mehrheit aufrechtzuerhalten. Wie<br />

absurd ist unsere Welt bitte, dass wir<br />

diese Meldungen als normal ansehen,<br />

aber ein übergewichtiges Kind als<br />

nicht normal kategorisieren?<br />

Wir können es drehen und wenden,<br />

wie wir wollen, die Normalität darf<br />

nicht zur Norm werden. Wir dürfen uns<br />

nicht von der Normalität bestimmen<br />

lassen. Es darf niemand als normal<br />

oder als nicht normal gewertet bzw.<br />

abgewertet werden.<br />

Ich wünsche mir eine Welt, in der wir<br />

die asphaltierte Straße verkleinern<br />

und den Schmetterlingen, den Blumen<br />

und den Menschen Platz lassen. Jeder<br />

Mensch ist etwas Besonderes, jeder<br />

Mensch ist etwas Einzigartiges und<br />

jeder Mensch hat das gleiche Recht,<br />

in seiner Individualität wertgeschätzt<br />

zu werden und nicht in der Normalität<br />

verloren zu gehen. Ich wünsche mir<br />

eine Welt, in der wir hinhören auf die<br />

Bedürfnisse der Menschen, mitfühlen<br />

mit den Nöten und Ängsten und umdenken,<br />

damit auf der Straße der Normalität<br />

Leben nicht niedergetrampelt<br />

wird. Ich wünsche mir eine Welt voller<br />

Farben, in der es eben nichts Besonderes<br />

ist, dass jeder so sein kann, wie<br />

er ist. Ich weiß, wir können die Welt im<br />

Großen nicht schnell verändern, aber<br />

unsere Sichtweise. In unserem Wirkungskreis<br />

müssen wir hinhören, mitfühlen<br />

und umdenken, damit unsere<br />

Mitmenschen unsere Aufmerksamkeit<br />

bekommen, aufrichtig und ehrlich und<br />

nicht normalisiert und klassifiziert.<br />

Dann werden unsere Familien, unsere<br />

Schulen, unsere Gesellschaft lebensund<br />

liebenswert. Lasst uns zusammen<br />

daran arbeiten!


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SPOTLIGHTS<br />

53<br />

Schulpartnerschaften einfach erklärt<br />

von unterstuflern für unsterstufler<br />

SGA, PV, SV...<br />

Was bedeutet das alles?<br />

Jede gut funktionierende Schule braucht eine gelingende Schulpartnerschaft. Darunter versteht man die Zusammenarbeit<br />

von Lehrern, Eltern und Schülern. Dies ist gesetzlich vorgegeben. Die Umsetzung dieser Gesetze erfolgt in den<br />

unterschiedlichsten Formen, die wir euch jetzt erklären.<br />

Klassensprecher<br />

Der Klassensprecher und sein Stellvertreter werden<br />

demokratisch von den Klassenmitgliedern für ein Jahr<br />

gewählt. Wenn es Beschwerden über Lehrer oder Sonstiges<br />

gibt, ist es die Aufgabe des Klassensprechers, sich<br />

dieses Problems anzunehmen, indem er die Problematik<br />

dem Klassenvorstand oder dem betreffenden Lehrer<br />

mitteilt und an der Lösung mitwirkt. Klassensprecher und<br />

Klassensprecherstellvertreter können während eines<br />

Jahres eigentlich nicht einfach abgelöst werden. Sollte<br />

eine Klasse wirklich mit den Vertretern völlig unzufrieden<br />

sein, braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine<br />

Neuwahl. Daher sollte die Wahl des Klassensprechers /<br />

Klassensprecherstellvertreters von allen Schülern ernst<br />

genommen werden. Der Klassensprecher kann aber<br />

durchaus jedes Jahr noch einmal gewählt werden.<br />

Text: Elisabeth Fischer, Anna Sophia Tschuggnall<br />

SGA (Schulgemeinschaftsausschuss)<br />

Im SGA sind Vertreter von Eltern, Schülern, Lehrern und der Direktor vertreten. Der Direktor hat mindestens zweimal im<br />

Jahr eine Sitzung einzuberufen. Er hat dabei nur beratende Funktion, stimmberechtigt sind jeweils die drei Vertreter von<br />

Lehrern, Eltern und Schülern; d. h. es gibt insgesamt neun Stimmen. Bei den meisten Abstimmungen bedarf es einer<br />

einfachen Mehrheit, besonders wichtige Beschlüsse müssen allerding mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in jeder Gruppe beschlossen<br />

werden, man spricht von einer doppelten Zwei-Drittel-Mehrheit. Das hat den Sinn, dass Änderungen z. B. der<br />

Hausordnung nur mit Zustimmung aller Beteiligten möglich sind. Der Direktor hat aber das Recht, einen Beschluss, wenn<br />

er rechtswidrig oder aus organisatorischen Gründen nicht durchführbar ist, für ungültig zu erklären. Der SGA beschließt<br />

Dinge, die die Schulgemeinschaft betrifft, wie z. B. schulautonome Tage oder die Hausordnung, z. B. das heißumstrittene<br />

Handyverbot in der Unterstufe. Die Schülervertreter im SGA sind derzeit Lea Schwaiger, Ruth Hochenwarter und Felix<br />

Schwitzer, die Eltern werden von Brigitte Niessner, Michael Deutsch und Martin Gschwenter vertreten, als Lehrer sind<br />

momentan Birgit Tschuggnall, Birgit Christ und Martina Schweigl im SGA. Den Vorsitz hat unser Direktor, Kurt Leitl, inne.<br />

Schülersprecher<br />

Der Schülersprecher hat zwei Stellvertreter und wird von<br />

den Oberstufenschülern gewählt. Diese drei gewählten<br />

Vertreter sind gleichzeitig Teil des SGA (siehe oben) und<br />

Verbindungsglied zwischen Schülern, Lehrern, Eltern und<br />

Direktion. Der Aufgabenbereich der Schülervertretung<br />

umfasst einiges, über die Organisation eines Schulfestes bis<br />

hin zur Vertretung der Interessen der Schüler und Diskussionen<br />

über die Gestaltung des Schulalltags.<br />

Unterstufensprecher<br />

Der Unterstufensprecher wird von den Klassensprechern<br />

der Unterstufe gewählt. Er vertritt die Anliegen der Unterstufe.<br />

Allerdings ist dies eine Position, die gesetzlich nicht<br />

verankert ist, aber zeitweise am Paulinum schon verwirklicht<br />

wurde. Im Moment gibt es keinen Unterstufensprecher.<br />

Personalvertretung<br />

Die Lehrerinnen und Lehrer wählen<br />

– ähnlich wie die Schülerinnen und<br />

Schüler ihren Klassensprecher – drei<br />

Vertreter, die mit der Schulleitung<br />

und der Administration versuchen,<br />

Lösungen bei Herausforderungen im<br />

Schulalltag zu finden. Die Personalvertretung<br />

sorgt dafür, dass die Interessen<br />

der Lehrer vertreten werden.<br />

Momentan sind für diese Aufgabe<br />

gewählt: Prof. Birgit Tschuggnall, Prof.<br />

Manfred Nuener und Prof. Ursula<br />

Thummer-Wolf.<br />

Elternverein<br />

Der Elternverein ist der freiwillige Zusammenschluss<br />

interessierter Eltern.<br />

Er ist eine privatrechtliche Einrichtung,<br />

deren Mitglieder einen Beitrag zahlen.<br />

Aus diesem Geld kann der Elternverein<br />

verschiedene Aktivitäten wie Exkursionen,<br />

Sportveranstaltungen bzw.<br />

Seminare finanziell unterstützen. Der<br />

Elternverein entsendet auch Vertreter<br />

in den SGA.<br />

Genderbeauftragter<br />

An unserer Schule gibt es einen Genderbeauftragten,<br />

der dafür sorgt, dass<br />

Frauen und Männer gleichberechtigt<br />

sind. Am Paulinum übernimmt diese<br />

Aufgabe Stefan Lukasser, Karin Kirchmair<br />

hilft ihm dabei.


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56 KONZERTE<br />

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08.03.2017 - Innsbruck<br />

ANNENMAYKANTEREIT<br />

Text: Lea Schwaiger, Bilder: Michael Huber<br />

DIE BAND: Was zuerst wie ein alberner<br />

Zungenbrecher wirken mag, ist<br />

tatsächlich eine Band. Noch nie davon<br />

gehört? Dann spitzt eure Ohren für ein<br />

paar Fakten.<br />

Die Pop-Rock Band besteht aus vier<br />

Deutschen namens Christopher<br />

Annen, Henning May, Severin Kantereit<br />

und seit 2014 auch Malte Huck.<br />

Gegründet wurde sie im Jahre 2011<br />

von den drei Gründungsmitgliedern,<br />

aus denen sich der Name der Band<br />

zusammensetzt. Die Band ist vor allem<br />

bekannt für die tiefe, raue Stimme des<br />

Sängers Henning, der auch eine Single<br />

mit der deutschen Hip-Hop-Gruppe<br />

K.I.Z aufnahm, die den Titel „Hurra,<br />

diese Welt geht unter“ trägt. Zuerst<br />

startete das junge Trio als Straßenmusiker<br />

durch. 2013 erschien dann das<br />

erste selbst aufgenommene Album.<br />

Bekannt wurden sie mithilfe ihres<br />

YouTube-Kanals. Das Video zu dem<br />

Song „Wohin du gehst“ verschaffte<br />

ihnen schließlich den Durchbruch.<br />

Zuerst kam eine deutschlandweite<br />

Clubtour, es folgten einige Festivals<br />

im Sommer 2014 und gegen Ende<br />

desselben Jahres spielten sie auf<br />

mehreren Konzerten als Vorband der<br />

„Beatsteaks“ und von „Clueso“. Auch<br />

einen Fernsehauftritt bei der Sendung<br />

„Circus Halligalli“ kann die Band auf<br />

ihrer Liste der Erfolge verzeichnen.<br />

2015 unterzeichneten die Musiker<br />

dann einen Plattenvertrag bei „Universal“.<br />

Ihr erstes richtiges Album „Alles<br />

nix Konkretes“ veröffentlichten sie<br />

2016. Darauf befinden sich Songs wie<br />

„Pocahontas“, „Barfuß am Klavier“ und<br />

„Oft gefragt“, welches Henning seinem<br />

Vater widmete. Andere Songs sind<br />

vor allem von Liebe und vom Leben<br />

inspiriert, vom Erwachsenwerden und<br />

von Freundschaft. Auf Instagram kann<br />

die Band stolze 157.000 Follower verzeichnen.<br />

Prinzipiell sind sie allerdings<br />

der Technologie und sozialen Medien<br />

gegenüber skeptisch eingestellt und<br />

rufen auch während ihrer Konzerte auf,<br />

die Handys wegzulegen, um die Musik<br />

vollkommen genießen zu können.<br />

DAS KONZERT: Bevor die „Die höchste<br />

Eisenbahn” ihren Auftritt begann,<br />

brachte die Band, ebenfalls Deutsche,<br />

das Publikum mit Songs wie „Lisbeth“<br />

und „Blume“ bereits in Stimmung. Das<br />

Konzert von Annenmaykantereit war<br />

ausverkauft, die Musikgruppe begeisterte<br />

die Menge allein schon beim Betreten<br />

der Halle durch Lichterketten, die<br />

über den Köpfen hoch emporschwebten<br />

und einen in Staunen versetzten.<br />

Ohne Pannen und ohne Patzer spielte<br />

die Band fast zwei Stunden lang durch.<br />

Obwohl die Gruppe deutsche Songtexte<br />

schreibt, covern sie auch gerne<br />

so manchen englischen Song, wie zum<br />

Beispiel „Sunny“ von Marvin Gaye.<br />

Allerdings startete die Band den Song<br />

mit einem langsameren Rhythmus,<br />

ausschließlich Gitarrenbegleitung und<br />

der unverkennbaren Stimme Hennings<br />

– bis dann eine kurze Pause erfolgte<br />

und das Schlagzeug einen Rhythmuswechsel<br />

vorgab, inklusive Solo.<br />

Ab jenem Moment konnte sich die<br />

Menge nicht mehr halten und tanzte<br />

und sang lauthals mit. Ganz still wurde<br />

es wieder, als ein Freund der Band die<br />

Bühne betrat und ein beeindruckendes<br />

Saxophonsolo zur Schau stellte,<br />

während alle Lichter gedimmt wurden,<br />

außer ein einzelner, einsamer Scheinwerfer,<br />

der den Saxophonspieler<br />

namens Ferdinand Schwarz in weißes<br />

Licht hüllte. Die schnell stampfenden<br />

Beine und erhobenen Hände gingen<br />

in ein sachtes Kopfnicken und in wippende<br />

Hüften über. Alles in allem war<br />

der Abend voller Rhythmenwechsel,<br />

voll von hohen und tiefen Tönen, voll<br />

ruhigen und lauten Momenten. Am<br />

Ende jener Nacht ging jeder Einzelne<br />

mit einem Lächeln auf dem Gesicht<br />

und einem kratzigen Hals nach Hause.


<strong>etcetera</strong>.<br />

KONZERTE<br />

57<br />

22.12.2016 - Innsbruck<br />

WANDA<br />

Text: Selina Lintner, Bilder: Michael Huber<br />

„Auseinandergehen ist schwer“. Bei<br />

diesem Zitat müssen wir alle der<br />

Wiener Band „Wanda“, welche seit<br />

ihrer Gründung im Jahre 2012 nicht<br />

mehr aus dem österreichischen Musikgeschehen<br />

wegzudenken ist, rechtgeben.<br />

Der gleichnamige Song der vier<br />

Musiker rund um Leadsänger Michael<br />

Marco Fitzthum (Künstlername: Marco<br />

Michael Wanda) handelt zwar von<br />

einer schwierigen Trennung von zwei<br />

Liebenden, aber auch Konzertbesuchern<br />

von „Wanda“ fällt es schwer, sich<br />

von ihren Idolen zu trennen.<br />

Eines ist sonnenklar: Auf keiner österreichischen<br />

Party dürfen Hits wie<br />

„Bussi Baby“, „Bologna“ oder „Meine<br />

beiden Schwestern“ fehlen, schlechte<br />

Laune ist beim Erklingen der Beats<br />

nämlich fehl am Platz. Fitzthum und Co.<br />

verhelfen zum ultimativen Wir-Gefühl<br />

zwischen Zuhörerinnen und Zuhörern,<br />

etwas, das in der heutigen Musikszene<br />

rar geworden ist.<br />

„Musik mit Amore“, so die Äußerung<br />

Michael Marco Wandas zum Stil der<br />

Band. Die von Rock‘n Roll und Indie<br />

beeinflussten Pop-Songs finden<br />

Anklang bei Jung und Alt, denn es<br />

ist Musik, die vom Ohr sofort zum<br />

Herzen gelangt, durchdringend und<br />

gesellschaftskritisch, frisch und rau.<br />

Die „Amore“ ist fast greifbar, sei es bei<br />

ihren Konzerten oder den tausenden<br />

Fans, die „Wanda“ tief verehren.<br />

Beim Betreten der Bühne herrscht<br />

seitens des Publikums lautstarkes<br />

Johlen, beim Anstimmen der ersten<br />

Akkorde hingegen eine beinahe andächtige<br />

Stille. Kurz danach wird kräftig<br />

mitgesungen – ein weiteres Merkmal<br />

von „Wanda-Songs“ – denn die Texte<br />

gehen schnell ins Ohr und verlassen<br />

dieses auch auf dem Heimweg nicht<br />

so schnell.<br />

Der Reiz von „Wanda“ liegt einfach<br />

darin, gute Musik von einer am Boden<br />

gebliebenen Band und lässigen<br />

Schmäh zu einem einmaligen Unterhaltungserlebnis<br />

zu kombinieren. Und<br />

ja, das Auseinandergehen nach solch<br />

einzigartigen Konzerten ist wirklich<br />

schwer.


<strong>etcetera</strong>.<br />

58 REZENSIONEN<br />

REZENSIONEN<br />

Natürlich haben wir in dieser <strong>Ausgabe</strong> wieder Rezensionen für euch und unsere<br />

Redakteure haben sich auf die Suche Empfehlenswertem gemacht. Außerdem<br />

gibt es erstmals einen Wandertipp!<br />

BUCH: LADY MIDNIGHT<br />

Text: Vanessa Gogl<br />

Emma Carstairs gehört den Schattenjägern an, Menschen<br />

mit Engelsblut in ihren Adern, die ihr Leben der Dämonenjagd<br />

widmen – ganz besonders Emma. Seit dem Dunklen<br />

Krieg, in dem ihr Volk starke Verluste zu ertragen hatte,<br />

sind fünf Jahre vergangen, und Emma sinnt immer noch<br />

nach Rache für den Tod ihrer Eltern. Sie muss unbedingt<br />

den Mörder finden und hat diese Suche gewissermaßen<br />

zu ihrem einzigen Lebensinhalt gemacht. Denn der Rat<br />

mag zwar sagen, dass sie dem Krieg zum Opfer gefallen<br />

sind, aber das Mädchen hat da ganz andere Ansichten. Als<br />

dann nach langer ergebnisloser Suche plötzlich mehrere<br />

Leichen in ihrer Heimat Los Angeles auftauchen, die dieselben<br />

bizarren Runenmale aufweisen wie damals die<br />

sterblichen Überreste ihrer Eltern, wird Emmas Suche<br />

spannender und gefährlicher denn je. Bald häufen sich die<br />

Ereignisse – und mittendrin taucht auch Mark Blackthorn<br />

wieder auf, der für immer verloren geglaubte ältere Bruder<br />

von Emmas bestem Freund Julian. Schließlich gehörte Mark<br />

der Wilden Jagd an, einer Gruppe von Feenwesen. Und<br />

normalerweise gibt kein Feenwesen je wieder zurück, was<br />

einmal ihm gehört. Auch Julian, der in den letzten Jahren<br />

alles dafür getan hat, dass seine Familie und das Schattenjägerinstitut<br />

nicht auseinanderfallen, muss zusehen,<br />

wie alles zu bröckeln beginnt. Hinzu kommen heimliche<br />

Romanzen, Verrat, immer mehr mysteriöse Morde und tief<br />

vergrabene Geheimnisse, die schon fast vergessen weit<br />

unter dem Meer schliefen und nun enthüllt werden – nur<br />

um alles auf den Kopf zu stellen und die Schattenjägerwelt<br />

erneut zum Beben zu bringen.<br />

Lady Midnight ist vollgepackt mit Action, atemberaubenden<br />

Kulissen, magischen Charakteren und wunderschönen<br />

Momenten. Das Buch ist der erste Teil einer neuen Reihe<br />

von Cassandra Clare, der Autorin der Chroniken der Unterwelt<br />

und der Chroniken der Schattenjäger, wobei Lady<br />

Midnight als Fortsetzung von Ersteren gesehen werden<br />

kann, aber auch allein Sinn macht. Man taucht sofort in die<br />

Welt von Emma und Co. ein – und ist man einmal drin, will<br />

man nie wieder raus.<br />

Ich persönlich liebe dieses Buch und zähle es zu meinen<br />

absoluten Favoriten, da sehr viele Aspekte zusammen<br />

einen wunderbar spannenden, mitreißenden und teilweise<br />

sehr emotionalen Fantasyroman ergeben.<br />

SERIE: LUCIFER<br />

Text: Simon Kirchmair<br />

Lucifer Morningstar (Tom Ellis) hat das Dasein als Höllenfürst<br />

satt. Die dauernde Unzufriedenheit mit seinem<br />

Leben als Fürst der Finsternis veranlasst ihn dazu, sich auf<br />

der Erde zur Ruhe zu setzen. Deshalb beschließt er, sich<br />

im Los Angeles der Gegenwart unter die Menschen zu<br />

mischen und führt mit seiner befreundeten Dämonin Maze<br />

(Lesley-Ann Brandt) ein partyreiches Leben als Besitzer<br />

des stadtbekannten Nachtclubs LUX. Als jedoch eines<br />

Nachts eine Sängerin, deren Karriere von Lucifer gefördert<br />

wurde, direkt vor dem Club ermordet wird, ist Lucifer dazu<br />

entschlossen, den Mörder zur Rechenschaft zu ziehen.<br />

Seine persönlichen Ermittlungen bringen ihn mit Detective<br />

Chloe Decker (Lauren German) vom LAPD zusammen, die<br />

anfangs nicht sehr begeistert vom Charme des gefallenen<br />

Engels ist. Doch schon bald entwickelt sie eine gewisse<br />

Faszination für die Fähigkeiten des Teufels, an den sie<br />

einfach nicht glauben will. Während Lucifer tief in den Ermittlungen<br />

steckt, wird vom Himmelreich der Engel Amenadiel<br />

(DB Woodside) entsandt, um Lucifer zu überzeugen,<br />

wieder in die Unterwelt zurückzukehren, da dort aufgrund<br />

seiner Abwesenheit die Hölle los sei.<br />

Die Handlung der ersten Staffel von „Lucifer“ baut sich<br />

aufgrund der Kriminalfälle nur langsam auf, trotzdem steigert<br />

sich die Spannung in jeder Folge. Obwohl die Serie<br />

von einem theologischen Thema handelt, überzeugt sie<br />

mit cleveren Charakteren und humorvollen Dialogen. Die<br />

bescheidene Verwendung guter Spezialeffekte an den<br />

richtigen Stellen spricht für die Serie. Vor allem überzeugt<br />

Tom Ellis mit einer überragenden Schauspielleistung.


<strong>etcetera</strong>.<br />

REZENSIONEN<br />

59<br />

WANDERTIPP: HOCHZIRL – SOLSTEINHAUS – SCHARNITZ<br />

Text: Andreas Hörmann<br />

Das Rauschen eines Gebirgsbaches,<br />

das majestätische Bergpanorama, unbeschwertes<br />

Wandern über Almwiesen,<br />

ist man dann nicht stolz darauf,<br />

so eine tolle Naturlandschaft<br />

direkt vor seiner Haustür<br />

zu haben? Na ja, ich bin es<br />

jedenfalls.<br />

Ich möchte euch mit meinem<br />

Artikel auf einen unvergesslichen<br />

Wanderausflug<br />

einladen. Wandern mit der<br />

Familie oder mit Freunden<br />

ist nicht nur von der naturbelassenen<br />

Schönheit geprägt,<br />

sondern auch von viel Spaß.<br />

Außerdem ist das Wanderziel<br />

schneller erreicht als<br />

gedacht...<br />

Wenn man im Zug auf<br />

dem Weg zum Bahnhof<br />

Hochzirl sitzt und aus dem<br />

Fenster blickt, kann man<br />

schon erahnen, was einen erwartet.<br />

Am Bahnhof angekommen muss<br />

man einfach dem markierten Pfad<br />

in Richtung „Solsteinhaus“ folgen.<br />

Unterwegs kommt man an schönen<br />

Bergwiesen sowie kleinen Wasserfällen<br />

und Bächen vorbei. Am Solsteinhaus<br />

angekommen, erwartet einen<br />

Die wunderbare Sicht auf dem Wanderweg<br />

ein spektakuläres Panorama über das<br />

Inntal sowie eine köstliche Mahlzeit.<br />

Gehzeit: Hochzirl – Solsteinhaus ca.<br />

2,5h.<br />

Für trittsichere Wanderer gibt es ein<br />

weiteres „Gustostückerl“. Vom Solsteinhaus<br />

kann man nämlich über die<br />

Eppzirler Scharte Scharnitz erreichen.<br />

Allerdings kann man<br />

Scharnitz auch leichter<br />

vom Solsteinhaus aus<br />

erreichen. In Scharnitz<br />

kann man dann in den<br />

Zug steigen und den<br />

Heimweg antreten. Also<br />

begebt euch auf eine<br />

kleine Wanderung …<br />

Eine Übernachtung<br />

im Solsteinhaus ist<br />

möglich und absolut<br />

empfehlenswert.<br />

Gehzeit: Solsteinhaus –<br />

Scharnitz ca. 4,5h.<br />

Eine andere Möglichkeit<br />

wäre eine Wanderung<br />

zur Magdeburger Hütte.<br />

Diese Variante ist aber<br />

nur für trittsichere und schwindelfreie<br />

Bergsteiger zu empfehlen.<br />

TOP - FLOP<br />

TOP<br />

Endlich ein neuer Bundespräsident! Nach einem Jahr<br />

Wahlkampf, Wahl, Anfechtung, Wahlkampf, Wahlwiederholung<br />

und Wahlwiederholungsverschiebung<br />

haben wir seit Jänner endlich wieder ein offizielles<br />

Staatsoberhaupt: Alexander Van der Bellen. Es gab<br />

wohl keine Wahl, die sich so lange gezogen hat.<br />

FLOP<br />

Das WLAN funktioniert immer noch nicht – langsam<br />

wird es aber wirklich Zeit. Das große Jubiläumsjahr<br />

2016 ist schon lange hinter uns, aber von einem<br />

funktionierenden WLAN ist immer noch nichts zu<br />

sehen. Wie überall scheitert es wieder mal an der Bürokratie:<br />

Bisher konnte keine Nutzungsvereinbarung<br />

zusammengestellt werden, mit der alle Seiten übereinstimmen.<br />

Dabei gibt es eine solche Nutzungsvereinbarung<br />

an vielen anderen Tiroler Gymnasien nicht<br />

einmal – naja, mal schauen wie es weitergeht.


60 RUBRIK<br />

<strong>etcetera</strong>.

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