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Die Kriegszeit und das Kriegsende in der Gemeinde Thuine

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Der Hof Hazelbecke wurde<br />

am 07.04.1945 zerstört …<br />

Durch den 2. Weltkrieg<br />

waren <strong>in</strong> Thu<strong>in</strong>e 16 Häuser<br />

ausgebrannt bzw. schwer<br />

beschädigt.<br />

Vor 60 Jahren –<br />

<strong>Die</strong> <strong>Kriegszeit</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>Kriegsende</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Thu<strong>in</strong>e<br />

Bericht von Bernhard Bruns über se<strong>in</strong>en Vater, Ignatz Bruns, <strong>der</strong><br />

als Bürgermeister während des 2. Weltkrieges <strong>in</strong> Thu<strong>in</strong>e wirkte:<br />

Anfang des 2. Weltkrieges wurde me<strong>in</strong> Vater, Ignatz Bruns, Bürgermeister<br />

von Thu<strong>in</strong>e. Er war Nachfolger von Küster Bernhard Holle<br />

aus Thu<strong>in</strong>e. Er leitete, unter oft schweren Bed<strong>in</strong>gungen, die Geschicke<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de während des 2. Weltkrieges. Er hatte viel zu<br />

tun mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>berufung <strong>der</strong> Väter <strong>und</strong> Söhne aus den Familien zum<br />

Militär. Außerdem war er damit beschäftigt, die landwirtschaftlichen<br />

Betriebe mit Arbeitskräften durch Gefangene zu besetzen, da die<br />

eigenen Väter <strong>und</strong> Söhne im Krieg waren.<br />

Gegen Ende des Krieges wurde die Angelegenheit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de<br />

für ihn immer bedrohlicher. In <strong>der</strong> Woche nach Ostern, als die Front<br />

sich L<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ems genähert hatte, spitzte sich die Lage dramatisch<br />

zu. <strong>Die</strong> ersten Gehöfte wurden durch Tiefflieger <strong>in</strong> Brand<br />

gesetzt, unter an<strong>der</strong>em auch die Gastwirtschaft Siegbert.<br />

Me<strong>in</strong>e Mutter, die am <strong>Die</strong>nstag nach Ostern aus dem Krankenhaus<br />

wegen e<strong>in</strong>er Operation entlassen worden war, hatte man bei Kemmers<br />

Volbers e<strong>in</strong>quartiert. Alfons, me<strong>in</strong> Bru<strong>der</strong> <strong>und</strong> ich, 10 <strong>und</strong> 12<br />

Jahre, kamen auch dort h<strong>in</strong>.<br />

Unser Hof war r<strong>und</strong>um von Militär <strong>und</strong> Geschützen besetzt. Am 6.<br />

April, e<strong>in</strong>em Freitag, spitzte sich die Lage gefährlich zu. <strong>Die</strong> Front<br />

war schon <strong>in</strong> Baccum. Me<strong>in</strong> Vater hatte schon e<strong>in</strong>e weiße Fahne an<br />

e<strong>in</strong>em Besenstiel befestigt <strong>und</strong> sie h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em Schrank im Pferdestall<br />

versteckt. <strong>Die</strong>se wurde von e<strong>in</strong>em SS–Leutnant gef<strong>und</strong>en.<br />

Der junge Leutnant kam dann zu me<strong>in</strong>em Vater <strong>und</strong> bat ihn, nach<br />

draußen zu kommen. Dort sah me<strong>in</strong> Vater, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong>e Militäreskorte<br />

mit aufgeschraubtem Bajonett stand. Me<strong>in</strong> Vater kannte dieses Bild,<br />

denn er hatte im 1. Weltkrieg aktiv an vor<strong>der</strong>ster Front <strong>in</strong> Frankreich<br />

gelegen. Er bat den Leutnant, noch e<strong>in</strong>e Unterschrift als Bürgermeister<br />

leisten zu dürfen, was ihm auch gewährt wurde. Doch statt nach<br />

vorne, wo die Eskorte wartete, flüchtete er durchs Schlafzimmerfenster,<br />

durch Garten <strong>und</strong> Büsche <strong>in</strong> den nahegelegenen Wald. E<strong>in</strong><br />

Flakfeldwebel aus Cloppenburg, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Geschützstellung bei uns<br />

im Garten hatte <strong>und</strong> mit dem me<strong>in</strong> Vater Bekanntschaft geschlossen<br />

hatte, beobachtete ihn dabei.<br />

� Sommer 2005 // www.thu<strong>in</strong>e.de �<br />

Me<strong>in</strong> Vater verbrachte den Nachmittag im Wald zur an Thu<strong>in</strong>e grenzenden<br />

Kötter<strong>in</strong>ge. Gegen Abend kamen Antonia Pünt <strong>und</strong> Antonia<br />

Apken, die bei uns <strong>das</strong> Vieh versorgten, zu Kemmers <strong>und</strong> suchten<br />

me<strong>in</strong>en Vater. Da wir nicht wussten, wo er sich aufhielt, berichteten<br />

sie, <strong>das</strong>s man im Hause von Küster Holle über se<strong>in</strong>e Erschießung<br />

verhandelt hatte, weil man die weiße Fahne gef<strong>und</strong>en hatte. „Dann<br />

ist er sicher schon tot“, war <strong>der</strong> Ausspruch <strong>der</strong> beiden Mädchen. Der<br />

SS–Leutnant hatte zu ihnen gesagt: „Sagen sie ihrem Bürgermeister,<br />

wir haben se<strong>in</strong>e weiße Fahne auf den Misthaufen geworfen.“ <strong>Die</strong><br />

Verhandlung des SS–Leutnants war von <strong>der</strong> Familie Holle mitgehört<br />

worden.<br />

„Dann ist er sicher schon tot“<br />

war <strong>der</strong> Ausspruch <strong>der</strong> beiden Mädchen<br />

Nachdem uns die Mädchen über <strong>das</strong> Verschw<strong>in</strong>den <strong>und</strong> die Verhandlung<br />

über unseren Vater berichtet hatten, war me<strong>in</strong>e Mutter<br />

total außer sich <strong>und</strong> sie rief immer wie<strong>der</strong> den Namen me<strong>in</strong>es<br />

Vaters. Plötzlich kam er aus dem angrenzenden dichten Wald <strong>und</strong><br />

fragte, was los wäre. Als Antwort sagte me<strong>in</strong>e Mutter: „Sie suchen<br />

Dich überall.“ Er wollte schon wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>das</strong> Dickicht, doch wir hielten<br />

ihn zurück. Er zog sich zur Tarnung noch e<strong>in</strong>mal an<strong>der</strong>s an <strong>und</strong><br />

stärkte sich etwas <strong>und</strong> lief wie<strong>der</strong> zurück <strong>in</strong> den nahen Wald. Es<br />

wurde schon dunkel.<br />

<strong>Die</strong> Nacht verbrachte er bei <strong>der</strong> Familie Rol<strong>in</strong>g auf <strong>der</strong> Hollenhorst.<br />

Um 3.00 Uhr nachts zum 7. April, es war Samstag vor dem Weißen<br />

Sonntag, kam zurückflutendes deutsches Militär bei Rol<strong>in</strong>gs vor <strong>und</strong><br />

er musste wie<strong>der</strong> flüchten. Am an<strong>der</strong>en Morgen, 11.00 Uhr, wir waren<br />

bei Kemmers im Bunker, kam er total erschöpft zu uns. Todmüde,<br />

aber glücklich, sank er <strong>in</strong> den Armen me<strong>in</strong>er noch kranken Mutter <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Tiefschlaf.<br />

Wir waren alle sehr froh, unseren noch lebenden Vater wie<strong>der</strong> zu<br />

haben! Bernhard Bruns (ältester Sohn von Ignatz Bruns)

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