12.12.2012 Aufrufe

M erke - IPZV

M erke - IPZV

M erke - IPZV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

42 DIP 6/12 Basics<br />

Richtig ...<br />

... bergAuf-<br />

und<br />

bergabreiten<br />

Haben Sie sich schon mal gefragt, wie man<br />

korrekt und Pferde schonend bergauf und<br />

bergab reitet? Oder machen Sie es eher<br />

in s tinktiv? Bildet das Bergaufgehen im<br />

Schritt mehr Muskulatur aus, als das Hinauftraben?<br />

Darf man einen Hügel hinunter<br />

galoppieren oder sollte man es besser<br />

lassen? Können Islandpferde von Haus aus<br />

bergabgehen oder müssen sie es lernen?<br />

All diese Fragen und noch mehr hat Rosl<br />

Rößner uns aus ihrer langjährigen Erfahrung<br />

beantwortet.<br />

Bergauf reiten<br />

Basics, Teil 4<br />

Von Rosl Rößner,<br />

Text und Fotos: Christiane Späte<br />

Bergauf reitet man immer im Entlastungssitz oder sogar im leichten<br />

Sitz. Der Entlastungssitz hat den Vorteil, dass man ihn mit normaler<br />

Steigbügellänge reiten kann, während man beim leichten<br />

Sitz die Bügel (je nach Körpergröße) zwingend drei bis sechs Löcher<br />

kürzer schnallen muss (je größer der Reiter ist, desto mehr Löcher).<br />

In der Realität wird man bei einem Ausritt die Steigbügel nicht nur<br />

für das Überwinden eines Hügels kürzer schnallen, sondern den<br />

Entlastungssitz wählen (siehe rechts). Ob der Reiter schon im<br />

Schritt entlastet, ist von der Länge und Steilheit des Hügels sowie<br />

der Kraft des Pferdes abhängig. Im Galopp sollte deutlicher entlastet<br />

werden als im Schritt.<br />

Das ist natürlich bei einem wettkampfmäßigen Geländeritt anders;<br />

hier muss zwingend im leichten Sitz geritten werden.<br />

Das richtige Zügelmaß gibt dem Pferd einerseits die Möglichkeit,<br />

sich auszubalancieren, und sorgt andererseits dafür, dass es nicht<br />

vom rechten Weg abkommt. Es soll in freier Haltung gehen und Bewegungsfreiheit<br />

in Kopf und Hals haben. Die Zügellänge sollte den-<br />

ILLUSTRATION: JEANNE KLOEPFER


Der Entlastungssitz<br />

noch so bemessen sein, dass sie es dem Reiter ermöglicht einzuwirken,<br />

denn Pferde, denen es zu anstrengend wird, suchen sich<br />

gern „Alternativ-Routen“.<br />

Die meisten Pferde freuen sich, wenn sie (am besten noch in Gesellschaft)<br />

einen Berg hochrennen dürfen, und es spricht generell<br />

nichts dagegen, das im Trab oder im Galopp zu tun. Gangart und<br />

Geschwindigkeit müssen nur individuell gewählt werden. Der Reiter<br />

sollte sich vorher überlegen, ob das Pferd es schaffen wird, den ganzen<br />

Berg in der gewählten Geschwindigkeit/Gangart hinaufzulaufen.<br />

Reiter von jungen Pferden, die noch zu wenig Kraft haben, oder<br />

von faulen Pferden sollten von vornherein vermeiden, dass die Pferde<br />

am halben Berg aufgeben müssen, weil sie nicht mehr können.<br />

Sie sollten am besten die erste Hälfte des Berges im Schritt zurücklegen<br />

und erst angaloppieren, wenn sie sicher sind, dass das Pferd<br />

es bis ganz oben schaffen wird, damit das Pferd auch das Erfolgserlebnis<br />

hat, oben anzukommen!<br />

Bei einem Pferd, dass die Tendenz hat, immer davon zu stürmen<br />

und an der Grenze des Durchgehens ist, ist es sinnvoll und hilfreich<br />

43<br />

einen Berg zu nutzen, um dem Pferd seine Grenzen aufzuzeigen<br />

und die Einsicht zu nähren, dass es sich seine Kräfte doch besser<br />

einteilen sollte.<br />

■M <strong>erke</strong>: Der Reiter sollte einen Berg/Hügel nur in dem Tempo<br />

und der Gangart reiten, in dem/in der das Pferd ihn auch bewältigen<br />

kann.<br />

Viele Reiter haben ihre festen Runden und reiten die einzelnen<br />

Streckenabschnitte fast immer gleich (Schritt, Tölt, Galopp). Grundsätzlich<br />

– nicht nur beim Bergaufgaloppieren – sollte der Reiter immer<br />

mal wieder testen, ob er noch die Kontrolle hat oder ob das<br />

Pferd über Gangart und Geschwindigkeit entscheidet. Gerade in der<br />

Gruppe kann die Situation eine gewisse Eigendynamik entwickeln.<br />

Es ist eine gute Gehorsamsübung, den Berg, den man sonst immer<br />

hinaufgaloppiert, zwischendurch auch mal im Schritt zu bewältigen.<br />

Noch schwieriger ist, wenn ein Pferd hinaufgaloppiert und die anderen<br />

Schritt gehen. Eine weitere Steigerung: Alle bis auf einen galoppieren<br />

hinauf. In dieser Situation darf der Reiter allerdings nicht von<br />

seinem Pferd erwarten oder gar verlangen, dass es völlig entspannt


44 DIP 6/12 Basics<br />

und am lockeren Zügel am Fuße des Berges<br />

stehenbleibt oder hinaufgeht. Denn das<br />

Pferd ist ein Herdentier! Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass die Gangart Galopp auch<br />

noch das Zeichen für Gefahr im Verzug ist.<br />

Man sollte diese Art von Übungen auf keinen<br />

Fall übertreiben, weil sie das Pferd immer<br />

in einen Konflikt bringen: Instinkt gegen<br />

Gehorsam. Ganz wichtig ist dabei: Ist der<br />

Reiter nicht ganz sicher, dass diese Lektion<br />

klappen wird, dann sollte er besser darauf<br />

verzichten! Diese Übung ist nur dann eine<br />

gute Übung, wenn sie auch klappt. Klappt<br />

sie nicht, lernt das Pferd, dass es sich auf<br />

seinen Reiter nicht verlassen kann.<br />

Nach dem Motto: Gefahr erkannt, Gefahr<br />

gebannt, sollte man sich beim Reiten in der<br />

Gruppe in hügeligem Gelände vor einem<br />

Der lotrechte Sitz<br />

„Standardfehler“ hüten: Die Gruppe reitet<br />

einen Hügel hinunter und hat verabredet,<br />

die folgende Steigung hinaufzugaloppieren.<br />

Der erste Reiter ist in der Senke angekommen<br />

und galoppiert an. Jetzt passiert, was<br />

passieren muss: Alle anderen Pferde wollen<br />

hinterher und galoppieren los. Das kann<br />

nicht nur für den letzten der Gruppe sehr unangenehm<br />

werden.<br />

■M <strong>erke</strong>: Immer erst am Fuße des Berges<br />

sammeln, bevor gemeinsam angaloppiert<br />

wird.<br />

Bergaufreiten ist ein gutes Konditionstraining<br />

– egal in welcher Gangart. Im Schritt<br />

kann das Pferd am längsten durchhalten, im<br />

Galopp hingegen kann es – je nach indivi -<br />

duellem, konditionellem Zustand – even -<br />

tuell schon nach sehr kurzer Strecke am En-<br />

de seiner Kräfte sein. Islandpferde haben im<br />

Vergleich zu anderen Rassen sehr wenig<br />

Galoppausdauer; deshalb wird vielfach geraten,<br />

Berge/Hügel im Schritt zu erklimmen.<br />

■M <strong>erke</strong>: Grundsätzlich ist das für das<br />

Pferd gut, was es, ohne an die Grenze<br />

seiner Kraft zu gehen, schafft.<br />

Die Schwierigkeit für den Freizeitreiter besteht<br />

sicherlich darin zu wissen, wo diese<br />

Grenze genau liegt. Zumal das auch abhängig<br />

vom Temperament des Pferdes ist. Faule<br />

Pferde signalisieren eher, dass sie keine<br />

Lust mehr haben, als temperamentvolle. Es<br />

kann also sein, dass das faule Pferd noch<br />

lange nicht an seiner Grenze angekommen<br />

ist, während das temperamentvolle sie<br />

längst überschritten hat.<br />

Bei systematischem Konditionstraining für<br />

das Wander- oder Distanzreiten geht man in<br />

der Regel so vor, dass man sich eine bestimmte<br />

Strecke sucht und sie so schnell<br />

reitet wie die Kondition des Pferdes es zulässt.<br />

Das ist der Ausgangswert. Im Laufe<br />

des Trainings versucht man dann, die Strecke<br />

schneller zu reiten. Man steigert also die<br />

Intensität.<br />

Für den Freizeitbereich allerdings gilt der<br />

Grundsatz: Umfang vor Intensität!<br />

■M <strong>erke</strong>: Lieber fünfmal in der Woche reiten<br />

statt nur zweimal oder anderthalb<br />

Stunden statt einer.<br />

Und um der Gefahr der Überforderung vorzubeugen,<br />

reitet man in ruhigem, langsamem<br />

Tempo – am besten im Schritt.<br />

Ist das Gelände sehr steil oder unwegsam<br />

oder ist das Pferd nach einem langen, an-<br />

FOTO: AXEL HEIMKEN


�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Beim Bergabreiten die richtige Route wählen<br />

Falsch!<br />

Falsch!<br />

Falsch!<br />

Falsch!<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Richtig!<br />

Richtig!<br />

Richtig!<br />

Richtig!<br />

45


ILLUSTRATION: JEANNE KLOEPFER<br />

46 DIP 6/12 Basics<br />

strengenden Ritt schon sehr müde und wiegt der Reiter zudem vielleicht<br />

80 kg und keine 50, dann zeugt es von Horsemanship, wenn<br />

der Reiter absteigt und den Hügel hin aufläuft.<br />

Bergab reiten<br />

Die Pferde gehen ganz unterschiedlich mit dem Bergabreiten um.<br />

Denjenigen, die von Natur aus gut ausbalanciert sind, fällt es leicht,<br />

anderen fällt es unglaublich schwer, im Schritt gleichmäßig einen<br />

Berg herunterzugehen. Sie gehen nur sehr zaghaft, weil ihnen die<br />

richtige Koordination fehlt. Bergab gehen ist ein sehr gutes Koordinations-<br />

und Gleichgewichtstraining für die Pferde.<br />

Auch wenn es manchem Reiter schwerfällt, heißt es: einen Hügel/<br />

Berg immer senkrecht – in der Falllinie – hinunterreiten, nicht quer<br />

zum Hang, wie wir es gern bevorzugen, denn das belastet die Gelenke<br />

zu sehr, und das Pferd kann leichter stürzen, wenn es zu rutschen<br />

beginnt.<br />

Die Frage nach der geeigneten Sitzform hängt mit der Gangart zusammen.<br />

Fast alle Reiter werden bergab sinnvollerweise den<br />

Schritt bevorzugen und hier tun sie instinktiv meist das Richtige: Sie<br />

sitzen lotrecht (zum lotrechten Sitz vgl. das Foto auf S. 44 unten).<br />

So fällt es den Pferden leichter, sich auszubalancieren, denn das<br />

Reitergewicht befindet sich dabei tendenziell mehr auf der Hinterhand.<br />

Beim Bergabtraben und -galoppieren säße man so allerdings<br />

hinter der Bewegung. Das geht natürlich nicht. Reitet man im Trab<br />

oder Galopp den Hügel hinunter, muss man also zwingend in den<br />

leichten Sitz. Das erfordert eine große Portion Mut und setzt natürlich<br />

voraus, dass man das Reiten im leichten Sitz beherrscht und dass<br />

man vorher die Bügel (drei bis sechs Löcher) kürzer geschnallt hat.<br />

Ginge es nur nach den Pferden, würden sie sicher das ein oder andere<br />

Mal bergab galoppieren – in freier Natur tun sie das durchaus,<br />

wenn sie Lust dazu haben …<br />

Richtig bergab tölten<br />

Falsch!<br />

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Mittel der Wahl bei<br />

einem sportlichen Geländeritt oder einer Jagd, bei denen man im<br />

schnellen Galopp unterwegs ist, der leichte Sitz ist.<br />

Der Entlastungssitz ist bergab nicht sinnvoll, weil er sehr instabil ist,<br />

der Reiter sehr auf der Vorhand sitzt und Gefahr läuft, vorn über zu<br />

kippen, wenn das Pferd stolpert.<br />

Viele Reiter denken, man könne durch Zügeleinwirkung verhindern,<br />

dass das Pferd stolpert. Das stimmt nicht. Wer sich davor fürchtet,<br />

dass sein Pferd bergab stürzt, der sollte lieber absteigen und laufen.<br />

Es gibt tatsächlich Pferde, die dazu neigen, bergab zu stolpern. Das<br />

kann z. B. daran liegen, dass sie einen Stellungsfehler haben, etwa<br />

sehr zeheneng sind oder mit der Hufspitze zuerst auffußen. Bei diesem<br />

Problem kann der Hufschmied manchmal helfen.<br />

Die Zügel dürfen nicht zu lang sein; tendenziell lieber etwas kürzer<br />

nehmen, aber das Pferd muss immer noch in freier Haltung gehen<br />

können, damit es sich ausbalancieren kann.<br />

■M <strong>erke</strong>: Immer kontrolliert den Berg hinunterreiten.<br />

Auf das Bergabtraben sollte man eher verzichten, weil die Vorderbeine<br />

aufgrund der Schwebephase zu stark belastet werden.<br />

Im Tölt kann man sehr gut überprüfen, wie sehr sich das Pferd<br />

selbst trägt. Liegt es auf der Hand und läuft auf der Vorhand, sollte<br />

man bergab nicht tölten, da das Pferd immer schneller wird und das<br />

Problem damit immer größer. Wenn es sich aber selbst trägt, läuft<br />

es nicht parallel zum Gefälle, sondern „setzt“ sich etwas und der<br />

Winkel zwischen Pferdelaib und Gefälle wird etwas größer. Das<br />

führt dazu, dass die Vorhand länger in der Luft ist und eine größere<br />

Bewegung bekommt; die Schulter wird freier.<br />

Das ist eine ausgezeichnete Übung für rittige Pferde, die im Tölt<br />

etwas passig sind. Die Übung funktioniert aber nicht, um zu verhindern,<br />

dass das Pferd auf der Hand liegt!<br />

Richtig!


�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Steil bergauf im Schritt Steil bergauf im Galopp<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

47

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!