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Zwangsarbeit in Siegburg, Langfassung - Dr. Peter Zenker

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Organisation Todt (OT = Sonderorganisation des NS-Regimes für Baumaßnahmen).<br />

Der Plan auf dem Gelände zur Weiterverarbeitung von Zellwolle auch e<strong>in</strong>e größere<br />

Sp<strong>in</strong>nerei und Weberei zu bauen, wurde mangels Baumaterial und Masch<strong>in</strong>en nicht<br />

realisiert. Infolge des hohen Verwaltungsaufwandes <strong>in</strong> Zuchthaus wurde jedoch die<br />

Anstaltskirche <strong>in</strong> Büroraum umgebaut. 25<br />

E<strong>in</strong> Massensterben unter den E<strong>in</strong>gesperrten setzte im Zuchthaus <strong>Siegburg</strong> Anfang<br />

1945 <strong>in</strong> Folge des Ausbruchs e<strong>in</strong>er Fleckfieberepedemie (Lagertyphus) e<strong>in</strong>. Auslöser<br />

für diese Epidemie waren die katastrophalen hygienischen Verhältnissen (u.a. Verlausung,<br />

Wäschewechsel alle 3 Wochen), die Unterernährung und die Nichtbehandlung<br />

der erkrankten Menschen mit entsprechenden Medikamenten. So hatten die Betriebskrankenkassen<br />

die Ausgabe von Medikamenten an „Ostarbeiter“ verboten. 26<br />

7. Tod, Vernichtung, Befreiung<br />

Wegen Unterernährung, der schlechten sanitären Verhältnisse und der fehlenden<br />

Medikamente war die Erkrankung unter den <strong>Zwangsarbeit</strong>er sehr hoch. Diese Erkrankungen<br />

führten häufig <strong>in</strong> den Tod. Das Massensterben im Gefängnis/Zuchthaus <strong>Siegburg</strong><br />

war das Ergebnis dieser Verhältnisse. Die von der Anstaltsleitung im Jahre 1943<br />

beantragte bauliche Vergrößerung des Lazaretts wurde verweigert. Viele <strong>Zwangsarbeit</strong>er<br />

fanden auch den Tod bei Luftangriffen, da sie nicht die Luftschutzräume wie die<br />

Bürger <strong>Siegburg</strong>s nutzen durften.<br />

Hunderte von <strong>Zwangsarbeit</strong>er fanden <strong>in</strong> <strong>Siegburg</strong> den Tod. Wie viele es genau waren,<br />

lässt sich im Rahmen dieser Studie nicht genau beziffern, da <strong>in</strong> die Daten des<br />

Standesamtes <strong>Siegburg</strong> aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht e<strong>in</strong>gesehen werden<br />

durfte.<br />

Anders verhält es sich mit den toten <strong>Zwangsarbeit</strong>er des Gefängnisses/Zuchthauses<br />

<strong>Siegburg</strong> mit den angeschlossenen Arbeitskommandos. Die Daten hierüber standen<br />

im Hauptstaatsarchiv, Düsseldorf dem Autor zur Verfügung. Auch Aufschreibungen<br />

des Friedhofes <strong>Siegburg</strong> trugen bedeutend zur Klärung der Geschehnisse bei. 27<br />

Gestorbene <strong>Zwangsarbeit</strong>er fanden ihre letzte Ruhe zunächst meist auf verschiedenen<br />

Feldern des Nordfriedhofs. Auf dem Alter Friedhof (Johannisstrasse), Judenfried-<br />

hof und Klosterfriedhof fanden wenige Beerdigungen statt.<br />

Auf dem Nordfriedhof wurden (<strong>in</strong> den Jahren 1939 bis1945) 401 <strong>Zwangsarbeit</strong>er der<br />

Haftanstalt <strong>Siegburg</strong> beerdigt, darunter alle<strong>in</strong> 133 Franzosen. Nach dem Krieg wurden<br />

die meisten Beigesetzten umgebettet und <strong>in</strong> ihre Heimat überführt, um dort die<br />

letzte Ruhe zu f<strong>in</strong>den. So wurden die Gräber der Franzosen 1948 umgebettet, 25 italienische<br />

Tote wurde 1953 exhumiert und <strong>in</strong> ihre Heimat überführt. Gleiches galt für<br />

die <strong>in</strong> Deutschland umgekommenen belgischen <strong>Zwangsarbeit</strong>er. (Bild 8). 30<br />

25 Stadtarchiv <strong>Siegburg</strong>: Bestand III Nr. 103 und 239;<br />

26 We<strong>in</strong>mann, M. (Hrsg.): Das nationalsozialistische Lagersystem (CCP), Frankfurt a. M. 1998;<br />

27 Kreisstadt <strong>Siegburg</strong>: Akte „Ehrenfriedhof, Grabfelder E25, E27“, Stand 10/2005;<br />

28 Schubert, F.: Verwaltung Nordfriedhof der Stadt <strong>Siegburg</strong>, Interview am 25.10.2005;<br />

29 Beyer, R.: Grünflächenamt der Stadt <strong>Siegburg</strong>, Interview 31.10.2005;<br />

30 Arentz, H.: Le Bataillon des Chasseurs Ardennais 1946-1949, <strong>Siegburg</strong> 1949;<br />

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