12.12.2012 Aufrufe

ICH KAUF' MIR WAS! - SCA Sundsvall

ICH KAUF' MIR WAS! - SCA Sundsvall

ICH KAUF' MIR WAS! - SCA Sundsvall

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

customer<br />

Magazine<br />

<strong>ICH</strong> KAUF’<br />

<strong>MIR</strong> <strong>WAS</strong>!<br />

Revival für die<br />

Modezeichnung<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

1<br />

3/2003 GRAPHIC PAPER<br />

Wallpaper-Relaunch


4 Neuer alter Trend<br />

Modezeichnungen geben Zeitschriften einen Touch von<br />

Exklusivität. Das ist ein guter Grund, warum Illustrationen eine<br />

internationale Renaissance erleben. Und schwedische Zeichner<br />

stehen hoch im Kurs<br />

7 Für Kenner: Elchkäse<br />

In der Nähe von Umeå liegt Schwedens erste Elchfarm. Hier<br />

entsteht der wahrscheinlich teuerste Blauschimmelkäse der Welt<br />

mit einem Kilopreis von rund 350 Euro<br />

8 Löcher im schweizer Pressemarkt<br />

Die Schweizer lesen gerne Zeitung. Aber seit etwa zwei<br />

Jahrzehnten vollzieht sich eine stetige Machtkonzentration, hin<br />

zu monopolgleichen Positionen<br />

11 Gute Nachrichten<br />

Seit zehn Jahren berichtet die schwedische Zeitung Goda Nyheter<br />

ausschließlich Erfreuliches. Herausgeber Erkki Persson will ein Gegengewicht<br />

zur Katastrophenberichterstattung anderer Medien sein<br />

12 Schnäppchen als Lebensphilosophie<br />

Shopping ist stubenrein geworden. Wissenschaftler interessieren<br />

sich schon lange für das Verhalten von Verbrauchern, und nun<br />

haben die Verlage den Trend erkannt. Lucky Magazine erschien<br />

2001 in den USA, im vergangenen Winter folgte Ruby in Schweden<br />

und im Frühjahr Shopping in Frankreich<br />

18 Pettersson und seine Maschine<br />

Mats Pettersson entschied sich, seinen Job in der Papierfabrik<br />

Ortviken gegen die Steuerknüppel einer Walderntemaschine<br />

zu tauschen. Er landete in einer Welt modernsten High-Techs<br />

20 Handlich und weit gereist<br />

The International Herald Tribune ist die globale Zeitung für<br />

Kosmopoliten aller Welt. Sie ist kompakt genug, um während dem<br />

Warten auf einen Flug gelesen zu werden, und enthält dennoch<br />

ein umfassendes Themenspektrum<br />

22 Tapetenwechsel bei Wallpaper<br />

Nach knapp sieben Jahren hat Wallpaper ein neues Gewand<br />

bekommen. Laut Chefredakteur Jeremy Langmead soll das<br />

Magazin zeitlos, sexy und extravagant sein. Genau wie früher also,<br />

nur ganz anders<br />

<strong>SCA</strong> CUSTOMER MAGAZINE, GRAPHIC PAPER Das internationale Magazin für die<br />

Medienbranche und grafische Industrie. Herausgegeben von <strong>SCA</strong> Forest Products<br />

AB, Box 846, SE-851 23 <strong>Sundsvall</strong>.<br />

CHEFREDAKTEURIN: Anne-Sofie Cadeskog<br />

HERAUSGEBER (nach schwedischem Recht für den Inhalt verantwortlich): Peter Nyquist<br />

PROJEKTLEITUNG: Luise Steinberger, Elisabet Tapio Neuwirth<br />

E-mail: luise.steinberger@chello.se/red.media@comhem.com<br />

GRAFISCHES DESIGN: Bo Mellerstedt<br />

REPRO UND DRUCK: Accidenstryckeriet, <strong>Sundsvall</strong><br />

TITELFOTO: Olle Melkerhed<br />

Das Material in dieser Zeitschrift ist von der Redaktion bestellt, durchgesehen und<br />

abgenommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Redaktion oder <strong>SCA</strong> die Meinungen<br />

der Autoren in jedem Fall teilen.<br />

Möchten Sie ein eigenes Gratisexemplar von <strong>SCA</strong> Customer Magazine, oder möchten<br />

Sie diese Zeitschrift für einen Kollegen bestellen? Schicken oder faxen Sie Ihren Namen,<br />

Ihre Adresse und eventuell den Namen Ihres Unternehmens an <strong>SCA</strong> Forest Products AB,<br />

Margaretha Wallström, SE-851 23 <strong>Sundsvall</strong>, Schweden. Telefon: +46-60-19 34 95. Telefax:<br />

+46-60-19 31 34. E-Mail: margaretha.wallstrom@sca.com<br />

<strong>SCA</strong> FOREST PRODUCTS produziert Druckpapier für Zeitungen,<br />

Zeitschriften und Kataloge sowie Zellstoff, Schnittholzwaren<br />

und Biobrennstoffe aus der Forstwirtschaft. <strong>SCA</strong> Forest<br />

Products verwaltet auch den großen Waldbesitz der<br />

<strong>SCA</strong>, versorgt die schwedischen Industriebetriebe<br />

des Konzerns mit Holzrohstoffen und bietet den<br />

Geschäftseinheiten der <strong>SCA</strong> wirtschaftliche<br />

Transportlösungen an.<br />

Der Umsatz des Unternehmens beläuft sich auf<br />

1,3 Milliarden Euro, die Mitarbeiterzahl auf 4 000.<br />

Die Forstwirtschaft der <strong>SCA</strong> ist gemäß FSC<br />

(Forest Stewardship Council) zertifiziert.<br />

2 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

Inhalt 3/2003<br />

4 Modeillustrationen<br />

liegen voll im Trend.<br />

Trotzdem können nur<br />

wenige Zeichner einzig<br />

und allein davon leben<br />

12 Neue Freundinnen<br />

für Einkaufstaschen:<br />

Dem Konsumfreak<br />

helfen nunmehr Hochglanzmagazine<br />

durch<br />

den Warendschungel<br />

18 Mats Pettersson<br />

hat einen zentralen<br />

Beruf in der Papierbranche:<br />

Er fällt die<br />

Bäume, die zu Zellstoff<br />

verarbeitet werden<br />

Peace,<br />

Love and<br />

Paper<br />

NIE ZUVOR IN moderner Zeit haben<br />

sich Menschen so sehr für feines<br />

Papier interessiert. Besondere Läden<br />

bieten Bögen an, um kleine Mitteillungen,<br />

Einladungen oder Dankeskarten<br />

zu schreiben, aber auch für<br />

die Schönschriftkunst Kalligrafie.<br />

„Die Einrichtungstrends spiegeln<br />

die Trends beim Papier wider“, sagt<br />

Ulrica Meyer, Filialleiterin einer<br />

exklusiven schwedischen Papierboutique.<br />

Schlicht und strikt ist<br />

das Papier, das die meisten Kunden<br />

kaufen, vielleicht ein Zeichen unserer<br />

derzeitigen wirtschaftlichen<br />

Zeit. Wer das kleine effektvolle<br />

Extra sucht, wählt ein dünnes,<br />

blankes Papier mit Perlmutglanz.<br />

Eine Trendwende ist jedoch in<br />

Sicht. Auf der Paper World-Messe<br />

in Frankfurt war zu hören, dass<br />

Retro- und Flower Power-Muster der<br />

Siebzigerjahre im Kommen sind.<br />

Ob man dafür dankbar sein soll,<br />

oder nur Verständnis zeigen, ist<br />

eine andere Frage.<br />

Neuer Mitarbeiter<br />

in Österreich<br />

SEIT ANFANG September<br />

verstärkt Dieter Mayr das<br />

Kundendienst-Team der<br />

<strong>SCA</strong> Graphic Laakirchen<br />

AG. Nach seiner Ausbildung<br />

zum Offsetdrucker<br />

und einigen Jahren bei<br />

der Firma Körner in Sindelfingen<br />

absolvierte er die<br />

Johannes–Gutenberg–<br />

Schule (Drucktechnik).<br />

Die letzten acht Jahre<br />

arbeitete Dieter Mayr im DIETER MAYR<br />

Technischen Service der<br />

PVV Deutschland GmbH<br />

(Papiervertrieb). Er wird seine fundierten<br />

Kenntnisse vor allem in Süd- und<br />

Osteuropa einsetzen.


WELTKLASSEFORSCHUNG<br />

Legolas (Orlando Blom) und Aragorn (Viggo Mortensen) im<br />

Fangornwald<br />

EINE INTERNATIONALE unabhängige<br />

Auswertungsgruppe hat die vorbildliche<br />

Zusammenarbeit der schwedischen<br />

Hochschule Mitthögskolan in <strong>Sundsvall</strong><br />

mit der örtlichen Wirtschaft<br />

gerühmt. FSCN, Fibre Science and<br />

Communication Network, heißt das<br />

forstwirtschaftliche Forschungszentrum<br />

der Hochschule, an dem <strong>SCA</strong> Graphic<br />

Research eine bedeutende Rolle als<br />

Geldgeber und Kooperationspartner<br />

spielt. Die Studie stellt fest, dass das<br />

FSCN eine starke Forschungsressource<br />

darstellt und in kurzer Zeit zu einem<br />

globalen Akteur in Sachen Forschung<br />

zur industriellen Anwendung von Holzfasern<br />

geworden ist. Das Auswertungskomitee<br />

geht auch für die Zukunft von<br />

weiteren Erfolgen aus. „Wir waren<br />

am Start der forstwirtschaftlichen Forschung<br />

der Mitthögskola beteiligt. Das<br />

gibt uns die Möglichkeit, den Schwerpunkt<br />

auf Produktentwicklung und<br />

Industrierelevanz zu legen. Es wird<br />

immer wichtiger, die Wünsche der<br />

Kunden nach hochveredelten Produkten<br />

zu erfüllen. Diesem Trend müssen<br />

wir folgen,“ sagt Örjan Pettersson,<br />

Geschäftsführer der <strong>SCA</strong> Graphic<br />

Research und Vorsitzender des Leitungsorgans<br />

des FSCN. „Die Forschung<br />

konnte bereits in konkrete<br />

Resultate umgesetzt werden. Das ist<br />

der Grund, warum wir dafür Mittel zur<br />

Verfügung stellen.“<br />

Wussten Sie<br />

schon...<br />

...dass der in Schweden<br />

berühmt-berüchtigte Uhu<br />

namens Eloff gestorben ist?<br />

Im Februar 1999 verursachte<br />

der Vogel einen Stromausfall<br />

für 50 000 Haushalte und Schäden<br />

in Millionenhöhe in der<br />

<strong>SCA</strong>-Fabrik im schwedischen<br />

<strong>Sundsvall</strong> (daher der Name:<br />

Eloff wie Electricity off). Der<br />

Uhu kollidierte mit einer Hochspannungsleitung<br />

und verletzte<br />

sich an den Flügeln, die nicht<br />

mehr weiter wuchsen. Vogelexperten<br />

glauben daher, dass<br />

er an den Spätfolgen seines<br />

Unfalls gestorben ist. Eloff<br />

wurde zehn Jahre alt.<br />

Filmstars mit Laub und Nadeln<br />

HABEN SIE die Tolkien-Verfilmung Die zwei Türme gesehen?<br />

Nein? Dann tun Sie es – und wundern Sie sich. Die wichtigsten<br />

Helden sind nämlich: Bäume. Als alles am Dunkelsten aussieht,<br />

taucht nämlich das Baum-Geschlecht der Elben auf und rettet<br />

die Welt.<br />

Tausende Stunden hinter Computerschirmen waren nötig, um<br />

die Baumarmee zu erschaffen. Und falls Ihnen der Film gefällt,<br />

empfehlen wir den Roman von J R R Tolkien. Darin spielen die<br />

Bäume eine noch wichtigere Rolle. Im Film musste man die<br />

Handlung nämlich kürzen.<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

3


4 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper


Pinseln für den<br />

CATWALK<br />

Nachdem sie einige Jahrzehnte lang völlig out waren, erleben<br />

Modezeichnungen derzeit ein neues Hoch. Dicke Bücher und<br />

Ausstellungen werden über sie gemacht – und immer mehr<br />

Zeitschriften beschäftigen die fleißigen Pinsler<br />

VON Imke Janoschek<br />

ILLUSTRATIONEN Liselotte Watkins, Kristian Russell<br />

1994, NEW YORK. Eine junge Schwedin<br />

nimmt all ihren Mut zusammen und<br />

ruft einen Bekannten mit Kontakten<br />

zum Warenhaus Barneys an, bekannt<br />

für seine vom französischen Modezeichner<br />

Jean-Philippe Delhomme kreirten<br />

Anzeigenkampagnen. „Ist man jung<br />

und waghalsig, dann traut man sich so<br />

was“, erinnert sich Liselotte Watkins,<br />

heute eine von mehreren erfolgreichen<br />

schwedischen Modezeichnerinnen. Gemessen<br />

an der Anzahl seiner Einwohner<br />

hat Schweden erstaunlich viele international<br />

anerkannte Zeichner hervorgebracht.<br />

Zu Liselotte Watkins Auftraggebern<br />

gehören Vogue in Großbritannien,<br />

USA, Japan und Italien, Amica in Italien,<br />

Elle in den USA, Großbritannien,<br />

Deutschland, Schweden und Frankreich,<br />

Wallpaper sowie Kleidermarken<br />

wie Barneys, Max Mara, Anna Sui und<br />

Marks & Spencer.<br />

Watkins pendelt heute zwischen New<br />

York und Stockholm. „Oft fragen die<br />

Leute: Wie ist dir das eigentlich gelungen?<br />

Aber eigentlich geht es nur darum,<br />

sich zu trauen“, sagt Liselotte per<br />

Telefon von New York.<br />

INTERPRETIERTE ZEIT<br />

Das ganze 20. Jahrhundert hindurch<br />

mussten Modezeichner ihren Mut zusammennehmen,<br />

um sich zu trauen,<br />

diesen künstlerischen Beruf in einer<br />

Branche zu ergreifen, in der die Loyalität<br />

der Auftraggeber so schnelllebig ist<br />

wie die Trends. Anfang des vorigen<br />

Jahrhunderts war der Markt groß, größer<br />

als heute. So lange Fotografien zu<br />

unscharf waren um Details hervorzuheben,<br />

den Fall von Stoffen oder Schnitte,<br />

ruhte die Hauptverantwortung für die<br />

Vermittlung vom Gefühl eines neuen<br />

Looks auf den Modezeichnern. Als eine<br />

der ersten Trendzeitschriften gilt die<br />

1912 erschienene La Gazette du bon<br />

ton. Hier interpretierten die bekanntesten<br />

Zeichner ihrer Zeit die damalige<br />

Mode. Der zweite Boom kam nach<br />

dem Ersten Weltkrieg. Mode war wieder<br />

comme il faut und Tageszeitungen, die<br />

über Rocklängen und Silhuettenveränderungen<br />

berichteten, beschäftigten<br />

eigene Zeichner. Aber die Modezeichnung<br />

wurde seltener und Ende der<br />

1960-erjahre übernahm die Fotografie<br />

gänzlich das Heft. Erst in den 1990erjahren<br />

kam die Renaissance.<br />

WALLPAPER ALS TRENDSETTER<br />

Laut Laird Borelli, Historikerin am<br />

New Yorker Institute of Technology<br />

und Autorin des Buches Fashion Illustration<br />

Now, bahnte das Warenhaus<br />

Barneys zwischen 1993 und 1996 mit<br />

gezeichneten Anzeigenkampagnen den<br />

Weg, gemeinsam mit dem Lifestylemagazin<br />

Wallpaper, das 1996 erschien.<br />

Dass Modemagazine und Tageszeitung<br />

die Zeichnung wieder ent-deckt haben,<br />

hat verschiedene Gründe, sagt Liselotte<br />

Watkins. Einer ist, dass es heute wieder<br />

akzeptabel ist, mit Mode zu arbeiten.<br />

Vor noch zehn Jahren sei dies als oberflächlich<br />

und unintelligent abgetan worden.<br />

„Ein anderer Grund ist, dass die<br />

Modefotografie an einen Scheideweg<br />

gekommen ist. Heute geht es darum, zu<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

5


schockieren. Aber wenn Modefotografen<br />

Modelle beim Sex mit Schafen zeigen,<br />

ist nicht mehr viel Extremeres übrig. Da<br />

bietet die Zeichnung einen Ausweg. Mit<br />

einer Zeichnung kann man ziemlich weit<br />

gehen, ohne dass es als abstoßend aufgefasst<br />

wird. Ich glaube, wir werden künftig<br />

noch sehr viel häufiger gewagte, pro-<br />

„Es ist eine Selbstverständlichkeit,<br />

dass<br />

Modezeichnungen<br />

den Trends folgen“<br />

LOTTA AHLVAR, GESCHÄFTSFÜHRERIN,<br />

SVENSKA MODERÅDET<br />

Liselotte Watkins, bekannt für ihren anspruchsvollen Stil, liegen ihre gezeichneten Mädchen<br />

am Herzen. „Oft sind Leute aus meiner Umgebung das Vorbild, oder Fotografien“, sagt sie<br />

6 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

vozierende Modezeichnungen sehen, die<br />

immer noch publizierbar sind.“<br />

Die Modefotografie tangiert heute<br />

häufig die Grenzen der Illustration,<br />

meint Watkins. Die Bilder werden im<br />

Computer bearbeitet, Collagen werden<br />

hergestellt, oft werden Zeichnungen<br />

über einen fotografierten Hintergrund<br />

montiert. Die Grenzen verfließen.<br />

EIN GEFÜHL VON LUXUS<br />

Ein weiterer Grund, warum Zeitschriften<br />

Modeillustrationen kaufen, ist die Tatsache,<br />

dass sie relativ billig sind. „Verglichen<br />

mit den Kosten für Fotograf, Stylist,<br />

Modelle und andere Ausrüstung ist eine<br />

Illustration preiswert.“ Zeichnungen<br />

geben der Zeitschrift darüber hinaus<br />

einen Hauch von Exklusivität. Jemand<br />

hat eine Handarbeit gemacht, das ist<br />

sichtbar, auch wenn die Zeichnung im<br />

Computer angefertigt wurde.<br />

Wenn es darum geht, die neuesten<br />

Kollektionen zu zeigen, wird die Zeichnung<br />

jedoch niemals mit der Fotografie<br />

konkurrieren können. „Ganze Modereportagen<br />

darf man heute als Zeichner<br />

nur sehr selten machen. Besonders in<br />

den internationalen Modezeitschriften<br />

fordern die Annonceure mehr oder weniger,<br />

dass ihre Waren auch auf den redaktionellen<br />

Seiten auf Fotos zu sehen<br />

sind“, sagt Liselotte Watkins. Der Werbeeffekt<br />

von Fotos ist einfach größer.<br />

VIELE AUF ENGEM MARKT<br />

Als Trendsetter in Sachen Modeillustration<br />

nennt Laird Borelli Zeitschriften<br />

wie Numéro, Citizen K, Nylon und die<br />

japanische Vogue. Liselotte Watkins<br />

lobt unter anderem Jalouse und die<br />

britische und italienische Ausgabe der<br />

Vogue. Nur wenige Zeichner leben einzig<br />

und allein von Modeillustrationen,<br />

das gilt auch für die erfolgreichen<br />

Schweden. „Der schwedische Markt<br />

ist viel zu klein“, sagt Nina Beckmann,<br />

eine der Gründerinnen von Agent Form,<br />

einer Agentur für Zeichner und Grafiker.<br />

„Es besteht durchaus ein gesteigertes<br />

Interesse an Modezeichnungen. Es<br />

wird darüber geschrieben, nicht zuletzt<br />

seit das Kulturhaus in Stockholm und<br />

eine Galerie in Paris eine Ausstellung mit<br />

dem Titel Catwalk gezeigt haben. Aber<br />

ich kann nicht sagen, dass die Nachfrage<br />

daraufhin deutlich gestiegen sei.“<br />

„Es wird heute viel über Modezeichnungen<br />

geredet“, bestätigt auch Molly<br />

Bartling, die unter anderem für die Tageszeitung<br />

Dagens Nyheter arbeitet.<br />

„Als ich die Kunsthochschule besuchte,<br />

war die Vorstellung, Modezeichnungen<br />

zu machen noch ziemlich absurd. Heute


liegt die Modezeichnung ganz anders<br />

im Bewusstsein. Und viel mehr Illustrateure<br />

arbeiten damit.“<br />

STIL- UND NISCHENFINDUNG<br />

Das A und O eines Modezeichners ist<br />

es, sich mit den gängigen Trends á jour<br />

zu halten. „Es ist eine Selbstverständlichkeit,<br />

dass Modezeichnungen den<br />

Trends folgen“, sagt Lotta Ahlvar,<br />

Geschäftsführerin von Svenska Moderådet,<br />

einer Branchenorganisation<br />

der schwedischen Mode- und Textilindustrie.<br />

„In den 1980-erjahren sollten<br />

die Zeichnungen mit Airbrush-Technik<br />

ausgeführt sein. Dann kam Mats Gustafson<br />

mit seinen phantastischen Aquarellen.<br />

Heute leben eine Reihe Stile nebeneinander.<br />

Linien- oder Computergezeichnet.<br />

Einige arbeiten etwas roher,<br />

andere mit perfekten Flächen. Es gilt,<br />

eine Nische zu finden.“<br />

Laird Borelli teilt die Zeichner in<br />

drei Kategorien ein. Sensualisten wie<br />

Mats Gustafson, Ruben Alterio und<br />

François Berthoud, die fast impressionistische<br />

Bilder malen. Extravagante<br />

Künstler wie Liselotte Watkins und<br />

Jean-Philippe Delhomme. Und Futuristen,<br />

die Computeranimationen verwenden,<br />

wie Kristian Russel oder Jason<br />

Brooks.<br />

LEBENDE ZE<strong>ICH</strong>NUNGEN<br />

Wie entwickelt ein Zeichner seinen Stil<br />

weiter? Wie folgt man den Trends? Liselotte<br />

Watkins meint, das gehe automatisch.<br />

„Neulich warf ich einen Blick auf<br />

eine alte Zeichnung aus der Wallpaper-<br />

Zeit. Der Stil ist heute weit weg. Man<br />

findet andere Interessen im Leben und<br />

das spiegelt sich auch in den Zeichnungen,<br />

die man macht.“<br />

Sie würde ihre hübschen, lächelnden,<br />

gezeichnenten Modemädels jedoch<br />

niemals einem bewussten Trendupgrade<br />

unterziehen. „Nie. Ich mag meine Mädels<br />

und lebe mit ihnen. Die Inspiration<br />

kommt oft von Menschen aus meiner<br />

Umgebung oder von Fotos, ich würde<br />

sie niemals erniedrigen, durch Sex mit<br />

Schafen oder so.“<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Quellen:<br />

Fashion Illustration Now, Laird Borelli,<br />

Verlag Thames and Hudson<br />

Catwalk – svensk modeteckning, Illustratörcentrum<br />

und Arvinius Förlag, Form Förlag<br />

Königlich<br />

Es ist ein Paradies für Jäger: Im<br />

Haus des Elches (Älgens Hus)<br />

im nordschwedischen Bjurholm<br />

erlebt man den König<br />

der Wälder wirklich aus der<br />

Nähe. Zuerst gibt Charlie<br />

Hüfchen, und zur Stärkung<br />

danach gibt es eine Brotzeit<br />

mit Käse aus Elchmilch<br />

VON Mats Wigardt FOTO Bo Fernström<br />

ANFANG DER 1980-erjahre kehrte der<br />

Langläufer Christer Johansson nach<br />

erfolgreicher Karriäre – einschließlich<br />

eines WM-Goldes in der Stafette 1978 –<br />

auf seinen Heimathof nach Bjurholm<br />

zurück. Dort, etwa 60 Kilometer vom<br />

nordschwedischen Umeå entfernt, dachte<br />

er über seine künftigen Einnahmequellen<br />

nach. Er überlegte, daß in dieser<br />

naturschönen Gegend eigentlich Tourismus<br />

eine echte Alternative sein könnte.<br />

Allein es fehlte die eine Touristenattraktion.<br />

Doch da kam er auf eine geniale<br />

Idee. Gemeinsam mit Ehefrau Ulla etablierte<br />

Christer Johansson Schwedens erste<br />

Elchfarm. Dort leben heute insgesamt<br />

fünfzehn zahme Waldkönige.<br />

STRE<strong>ICH</strong>ELN, REITEN – UND MELKEN<br />

Nach Bjurholm kommen jährlich fast<br />

30 000 Besucher, um Charlie und seine<br />

Kumpane zu streicheln und zu fotografieren.<br />

Und eventuell sogar auch auf<br />

einem der Vierbeiner zu reiten.<br />

Doch damit nicht genug: Nach mehreren<br />

Jahren sind die Elche heute so zahm,<br />

dass sie sich von den Johanssons sogar<br />

melken lassen. Was allerdings viel Ruhe<br />

und Geduld erfordert. Das Melken kann<br />

Kuhmilch hat einen Fettgehalt von<br />

gut zwei Prozent, während Elchmilch<br />

bis zu elf Prozent Fett enthält. Das<br />

verleiht Elchkäse ein mildes, fast butterweiches<br />

Aroma. Tief und reif, sagen<br />

Kenner mit feinen Geschmacksnerven<br />

bis zu zwei Stunden dauern, resultiert<br />

dann aber in zwei Liter sehr nährstoffreicher<br />

Milch. „Da liegt es ja dann auf der<br />

Hand, Käse daraus zu machen“, fand<br />

Daniel Johansson, Sohn und Universalangestellter<br />

des Hauses. Gedacht, getan.<br />

350 EURO PRO KILO<br />

In Russland wird die fette und eiweißreiche<br />

Elchmilch schon von alters her als<br />

Medizin verwendet, unter anderem gegen<br />

Magengeschwüre und Krebs. Aber in<br />

Schweden sind die Bjurholmer bislang die<br />

Einzigen, die Elchmilch verarbeiten. Drei<br />

Mal jährlich wird Käse gemacht. Gemeinsam<br />

mit Lebensmittelchemikern und Molkereiexperten<br />

hat Küchenchef Ari Achrén<br />

drei Sorten cremigen Elchmilchkäse entwickelt:<br />

Blauschimmel, Weißschimmel<br />

und Feta. „Drei Elchkühe geben je drei<br />

Monate nach dem Kalben Milch. Das<br />

reicht für 250 bis 300<br />

Kilo Käse pro Jahr“,<br />

sagt Daniel Johansson.<br />

Aber Elchkäse<br />

kostet. Mit einem<br />

Kilopreis um<br />

350 Euro ist er<br />

der vielleicht<br />

teuerste Käse der<br />

Welt. Andererseits<br />

ist das Geschmackserlebnis<br />

königlich!<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

7


In kaum einem Land gibt es umgerechnet auf<br />

die Bevölkerung mehr Zeitungen und<br />

Zeitschriften als in der Schweiz. Doch die<br />

Vielfalt ist bedroht. Schuld sind sinkende<br />

Leserzahlen und der Einbruch der<br />

Werbeeinnahmen<br />

Bedrohte<br />

Pressevielfalt<br />

VON Martin Arnold FOTO IBL<br />

DIE SCHWEIZER LESEN gerne Zeitung.<br />

Auf 1000 Einwohner werden 385 Zeitungsexemplare<br />

gedruckt. Kein anderes<br />

Land der Welt besitzt im Verhältnis<br />

zur Größe eine derartige Zeitungsdichte.<br />

224 Zeitungen und Zeitschriften<br />

sind auf dem Markt. Doch das sind 67<br />

Titel weniger als noch vor sieben Jahren.<br />

Seit zwei Jahrzehnten spielt sich<br />

ein Konzentrationsprozess in der Medienlandschaft<br />

ab, der für eine Basisdemokratie,<br />

wie sie in dem sieben Millionen<br />

Einwohner zählenden Land<br />

existiert, bedrohlich ist. Denn viele der<br />

eingegangenen Titel zielten auf ein lokales<br />

oder regionales Publikum. Dort<br />

erlangten die überlebenden Konkurrenten<br />

monopolähnliche Positionen.<br />

„Der öffentliche Diskurs über Sachthemen<br />

vor Abstimmungen ist nicht<br />

mehr garantiert“, erklärt der Berner<br />

Medienwissenschaftler Roger Blum.<br />

FREIE AUSS<strong>ICH</strong>T<br />

Noch vor 20 Jahren kämpften in der<br />

Schweizer Presselandschaft parteinahe<br />

8 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

Blätter um die Gunst der Leser. Inzwischen<br />

ist die sozialdemokratisch und<br />

die christlich orientierte Presse praktisch<br />

vom Markt verschwunden. Die<br />

übrig gebliebenen regional und national<br />

orientierten Medien mutierten zu<br />

so genannten Forumsblättern. Blum<br />

sieht diese Entwicklung gelassen:<br />

„Wenn ein Leser vor 20 Jahren nur<br />

eine Zeitung abonniert hat, war er einseitiger<br />

informiert als heute.“<br />

Vor allem für national und international<br />

interessierte Leser ist die Medienvielfalt<br />

heute größer als je zuvor. Es<br />

gibt insgesamt sieben Sonntagszeitungen;<br />

hinzu kommt eine große Anzahl<br />

Wirtschaftszeitungen und Zeitschriften,<br />

die wöchentlich erscheinen. Aber<br />

auch deutsche und französische Nachrichtenmagazine<br />

und Wochenzeitungen<br />

erzielen in der Schweiz beachtliche<br />

Auflagen.<br />

ZEITUNGSLEKTÜRE IM ZUG<br />

Die Eidgenossen legen weltweit pro<br />

Kopf die meisten Kilometer im Zug<br />

zurück. Und dort lesen viele Pendler<br />

schon am frühen Morgen ihr Leibblatt.<br />

Das sind in Zürich, der größten Stadt<br />

der Schweiz, die renommierte, inhaltlich<br />

und vom Erscheinungsbild her konservative<br />

Neue Zürcher Zeitung (NZZ)<br />

oder der Tages-Anzeiger und bei der<br />

Jugend die Gratiszeitung 20 Minuten.<br />

In der französischsprachigen Schweiz<br />

werden Zeitungen wie Le Temps und le<br />

Journal de Genève gelesen; die italienische<br />

Schweiz liest Corriere del Ticino<br />

und Giornale del Popolo. Frühstücksfernsehen<br />

hat bei den Eidgenossen keine<br />

Chance. Die unkoordinierte Boomphase<br />

der Privatsender vor zehn Jahren endete<br />

mit dem überstürzten Rückzug der<br />

Geldgeber.<br />

Die Medien besitzen eine grosse Bedeutung.<br />

Von 100 000 Schweizern arbeiten<br />

129 als Journalisten. In Deutschland<br />

liegt die Quote bei 66, in Frankreich bei<br />

46. Die Ausgaben für Werbung sind die<br />

höchsten in Europa, und davon fließen<br />

über 70 Prozent Zeitungen und Zeitschriften<br />

zu. Im europäischen Durchschnitt<br />

sind dies nur 55 Prozent.<br />

Solche Zahlen erklären die enorme<br />

Vielfalt der gedruckten Medien zwischen<br />

Bodensee und Genfersee.


Volksabstimmungen auf dem Dorfplatz<br />

sind in einigen Kantonen ein Grundstein der<br />

schweizerischen Demokratie. Um abstimmen<br />

zu können, muss man sich informieren, und<br />

dazu sind lokale und regionale Zeitungen<br />

wichtig<br />

Doch die gegenwärtige Wirtschaftskrise<br />

hat in der Schweiz auch die Werbewirtschaft<br />

und mit Verspätung Zeitungen<br />

und Zeitschriften erfasst.<br />

ANZEIGENSORGEN<br />

Seit März 2001 sinken die Werbeeinnahmen<br />

kontinuierlich und sind<br />

mittlerweile schon deutlich unter dem<br />

Niveau von 1997, das ebenfalls als<br />

unerfreuliches Jahr in die Geschichte<br />

der schweizer Werbung eingegangen<br />

ist. Während ihres Engagements im<br />

Privatfernsehen und den Internetauftritten<br />

haben viele schweizer Verlage<br />

Geld verloren. Nicht wenige Zeitungen,<br />

die sich mit einer Auflage von<br />

100 000 Exemplaren schon zu den<br />

Großen zählen dürfen, besitzen nur<br />

noch eine dünne Kapitaldecke. Der<br />

redaktionelle Teil wird eingeschränkt.<br />

Selbst die NZZ musste Personal entlassen,<br />

denn eine Besserung ist nicht in<br />

Sicht. Besonders hart betroffen sind<br />

die lokalen Blätter mit Kleinstauflagen<br />

von unter 10 000 Exemplaren. Das<br />

eidgenössische Parlament berät nun<br />

„Wenn ein Leser vor 20 Jahren nur eine<br />

Zeitung abonniert hatte, war er einseitiger<br />

informiert als heute“<br />

ROGER BLUM, MEDIENFORSCHER<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

9


auf Kommissionsebene, ob diese Zeitungen<br />

nicht in irgendeiner Form zusätzlich<br />

unterstützt werden könnten.<br />

Wegen ihrer Bedeutung befürwortet<br />

Blum die Idee, doch sei sie schwierig<br />

in die Praxis umzusetzen. „Die Besitzverhältnisse<br />

sind oft unklar. Nicht selten<br />

sind bereits große Verlage Aktionäre<br />

und würden ebenfalls profitieren.“<br />

SPRACHENVIELFALT<br />

Auf einer anderen Ebene kennt man in<br />

der Schweiz allerdings schon eine<br />

Form der Medienförderung. Ohne<br />

Quersubventionen könnte das Tessiner<br />

Fernsehen für seine 300 000 Zuschauer<br />

niemals ein Programm ausstrahlen,<br />

das es mit jedem italienischen Sender<br />

aufnehmen kann. Und auch für die<br />

30 000 Rätoromanen gäbe es kaum<br />

ein Programm-Fenster im nationalen<br />

Fernsehen.<br />

Jüngstes Beispiel gezielter Presseförderung:<br />

Ohne die Unterstützung von<br />

Bund und Kanton Graubünden für die<br />

rätoromanische Nachrichtenagentur<br />

könnte die in der Kunstsprache Rumantsch<br />

Grischun erscheinende Zeitung<br />

La Quotidiana kaum überleben.<br />

Blum schlägt vor, dieses Minderheitenförderungs-Konzept<br />

auszudehnen.<br />

In keinem Land Europas leben im<br />

Vergleich zur einheimischen Bevölkerung<br />

mehr Ausländer. Es sprechen<br />

immer mehr Leute serbokroatisch,<br />

türkisch, albanisch, spanisch oder portugiesisch.<br />

„Gut gemachte und gegenüber<br />

dem Gastland loyale Zeitungen<br />

oder Zeitschriften könnten die Integration<br />

unterstützen.“ Zwar gibt es<br />

Plattformen für die 20 Prozent Ausländer.<br />

Aber das sind oft Multikulti-<br />

Radiostationen mit einer sehr kleinen<br />

Hörerschar. Doch das Erscheinen ausländischer<br />

Zeitungen ist vorderhand<br />

Zukunftsmusik. Zuvor werden noch<br />

zahlreiche Titel eingestellt und die<br />

Pressevielfalt, die freilich im europäischen<br />

Vergleich besonders auffällig ist,<br />

weiter verkleinert.<br />

10 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Nachbarn als Orientierungshilfe<br />

IN DER SCHWEIZ leben 7,2 Millionen<br />

Einwohner, verteilt auf 25 Kantone.<br />

Die Arbeitslosigkeit beträgt drei Prozent,<br />

das Volkseinkommen pro Einwohner<br />

liegt bei 33 000 Euro. Es gibt<br />

vier offizielle Landssprachen, die<br />

auch verfassungsrechtlich geschützt<br />

sind. Da sie zugleich Amtssprachen<br />

sind, werden Gesetze, Steuerformulare<br />

und andere behördliche Papiere<br />

in diese Sprachen übersetzt. Die Medien<br />

haben in den jeweils anderen<br />

Landesteilen relativ wenig Resonanz.<br />

Die Bevölkerung orientiert sich an<br />

den eigenen Publikationen und jenen<br />

der entsprechenden Kulturnati-<br />

on: Deutschland für die Deutschschweizer,<br />

Frankreich für die Westschweizer<br />

und Italien für die Tessiner.<br />

Die gedruckten Produkte erhalten<br />

über eine Porto-Vergünstigung verdeckte,<br />

staatliche Unterstützung. Am<br />

Kiosk sind schweizer Zeitungen kaum<br />

teuerer als anderswo in Europa. Sie<br />

finanzieren sich vorwiegend über<br />

Inserate und dieses Geschäft lief über<br />

lange Jahre hinweg beachtlich. Wegen<br />

der niedrigen Arbeitslosigkeit mussten<br />

Unternehmen jeweils ein Stelleninserat<br />

gleich mehrmals schalten,<br />

bis sie den Arbeitsplatz besetzen<br />

konnten.


GUT GEGEN<br />

DEN STROM<br />

Guter Journalismus. Da denkt man meist an kritisches<br />

Hinterfragen. In Göteborg interpretiert man den Begriff<br />

etwas anders – und macht eine Zeitung, die nur<br />

Erfreuliches berichtet<br />

VON Catrin Reth FOTO Olle Melkerhed<br />

SEIT ZEHN JAHREN hebt Goda Nyheter<br />

(Gute Nachrichten) die positiven Seiten<br />

des Lebens hervor. Herausgeber Erkki<br />

Persson findet nämlich, dass sich die<br />

meisten Medien zu sehr auf die Berichterstattung<br />

negativer Ereignisse konzentrieren.<br />

Muss wirklich über jedes Unglück,<br />

jede Katastrophe geschrieben werden?<br />

Müssen die Opfer breit zur Schau gestellt<br />

und jeder, der nicht perfekt spurt,<br />

von den Medien zerfleddert werden?<br />

Persson ist sich natürlich der wichtigen<br />

Rolle bewusst, die die Medien als untersuchende<br />

Instanz spielen. Aber es bedarf<br />

eines Ausgleichs, findet er: „Es ist belegt,<br />

dass es den Menschen nicht gut bekommt,<br />

wenn sie massiv mit Unglück und Elend<br />

konfrontiert werden. Deshalb ist es eine<br />

Herausforderung, ausschließlich über<br />

gute Nachrichten zu schreiben“, sagt er.<br />

„Schon durch ihre Existenz stellt unsere<br />

Zeitung den breiten Raum in Frage, der<br />

negativen Ereignissen in den anderen<br />

Medien zugestanden wird.“<br />

GÖTEBORG LOKAL<br />

Erkki Persson möchte den Alltag normaler<br />

Leute hervorheben. Das umfasst alles,<br />

von Unternehmergeist und Erfindungen<br />

bis hin zu Projekten für Arme oder<br />

die Verbreitung von guter Laune durch<br />

einen Künstler.<br />

Vor allem aber hat die Zeitung, die<br />

vier Mal jährlich in einer Auflage von<br />

7 700 Exemplaren erscheint, einen deutlichen<br />

westschwedischen Charakter.<br />

Schwerpunkte sind lokale Unternehmer,<br />

vor allem aus dem Schiffbau sowie dem<br />

Hafen-, Umwelt- und Technikbereich.<br />

Die Themenwahl ist eine natürliche Folge<br />

von Perssons eigener Herkunft als<br />

Ingenieur mit dreißigjähriger Werfterfahrung.<br />

„Die Idee entstand, als ich ein<br />

Buch über meine Jahre als Chef der<br />

City-Werft schrieb und die Gelegenheit<br />

„Es soll Spaß machen, die Zeitung zu<br />

lesen“, findet die Redaktion<br />

wahrnahm, mich über die negative Presse<br />

auszulassen, die wir bekommen hatten.<br />

Ich fand, man müsste eine Zeitung<br />

mit nur guten Nachrichten herausgeben.<br />

Andere waren gleicher Meinung und wir<br />

machten uns dran“, erzählt Persson.<br />

UNTERNEHMENSABOS<br />

Aus finanziellen Gründen ist die Redaktion<br />

minimal, das meiste schreibt Erkki<br />

Persson selbst. Mangel an Themen<br />

herrscht jedoch nicht. Ein Kontaktnetz,<br />

zu einem gewissen Grad bestehend aus<br />

den Abonnenten, unterrichtet die Redaktion<br />

über Berichtenswertes. Die meisten<br />

Abonnenten sind Unternehmen, die die<br />

Zeitung für ihre Angestellten halten.<br />

Aber auch etwa 2000 Privatpersonen in<br />

Schweden beziehen Goda Nyheter. Die<br />

Zeitung nennt sich eine Oase in der Medienwüste<br />

und hofft darauf, dass der<br />

Erfolg anhält.<br />

Dass Zeitungsinitiator<br />

Erkki<br />

Persson so langsam<br />

älter wird,<br />

soll das Konzept<br />

nicht gefährden.<br />

„Ich habe begonnen,<br />

mich nach<br />

Nachfolgern umzusehen.<br />

Aber die<br />

müssen die richtigeGrundeinstellung<br />

mitbringen.<br />

Das hier ist eine Aufgabe für Menschen<br />

mit einem Geist für diese Zeitung!“<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

11


Manche kaufen, um glücklich zu sein. Andere<br />

zur Identitätsstiftung. Konsum wird<br />

mehr und mehr zum Lebensstil.<br />

Forscher beackern unsere Kauf-<br />

gewohnheiten aus wissenschaft-<br />

lichem Blickwinkel. Und Verlage<br />

mit Trendgefühl geben<br />

Magazine zum Thema<br />

heraus<br />

12 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

EIN


KAUFEN<br />

alsHOBBY<br />

Meist haben Frauen Shopping als Hobby.<br />

Männer gehen mit, wenn sie hinterher<br />

zum Fußball gehen können<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

13


14 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

VON Elisabet Tapio Neuwirth FOTO Olle Melkerhed<br />

SHOPPING IST STUBENREIN geworden.<br />

Ja, Einkaufen ist sogar zur anerkannten<br />

Freizeitbeschäftigung avanciert, wie<br />

Golf spielen oder segeln etwa. Fluggesellschaften<br />

organisieren Tagesreisen<br />

in Shoppingmetropolen wie London,<br />

Mailand oder Paris. Läden bieten heute<br />

nicht mehr nur gute Waren, es geht darum,<br />

das richtige Erlebnis zu schaffen.<br />

Deswegen macht der Einzelhandel alle<br />

möglichen Kapriolen, um die Kunden<br />

glücklich zu machen. Im gelobten Shopping-Land<br />

USA haben sich Geschäfte<br />

sogar in Vergnügungsparks verwandelt.<br />

Verlage mit einem Riecher für die<br />

richtigen Trends geben bereits Zeitschriften<br />

für Frauen mit Shopping als<br />

Hobby heraus. Denn es sind nach wie<br />

vor meist Frauen, die ihren Einkaufsinstinkt<br />

bejahen und pflegen, auch wenn<br />

jüngere Männer beginnen, Schaufenster<br />

zu beäugen, aus Spaß und als Gesellschaftsspiel.<br />

Eine der ersten Shoppingzeitschriften<br />

auf dem westlichen Markt war das<br />

amerikansiche Lucky Magazine, das<br />

2001 das Licht der Welt erblickte. In<br />

Schweden kam Ruby im vergangenen<br />

Winter auf den Markt, Shopping in<br />

Frankreich folgte im Frühjahr. Die<br />

Inspiration kommt aus Japan, wo so<br />

genannte Magalogs (Magazinkataloge)<br />

schon seit Jahrzehnten gang und gäbe<br />

sind.<br />

TRENDBEWUSSTE LESER<br />

Wie kommt es, dass Verbraucher über<br />

Waren lesen möchten? „Menschen, die<br />

gerne einkaufen, möchten wissen was<br />

Hot und Neu ist“, erklärt Dr. Sue Eccles,<br />

Lektorin an der Marketing School<br />

der britischen Lancaster Universität.<br />

„Sie wollen auf dem neuesten Stand<br />

sein und die Lektüre eines Shoppingmagazins<br />

bietet Gelegenheit etwas zu lesen,<br />

was sie wirklich interessiert.“ Dr. Eccles<br />

hebt hervor, dass diese Leser in der Regel<br />

nicht oberflächlicher sind als andere,<br />

sofern jemand dies glauben sollte:<br />

„Frauen, die normalerweise Frauenzeitschriften<br />

lesen, lieben es, sich in gefühlsbetonte<br />

Themen zu vertiefen.<br />

Aber das hier gehört ja ebenfalls zu<br />

ihrem Lebensstil“, so Eccles.<br />

Denn Shopping ist ein Lebensstil. Bei<br />

den Einkaufstouren geht es nicht nur<br />

darum, in der erst besten Boutique sein<br />

Geld los zu werden. Nein, für Frauen<br />

ist Einkaufen oft ein Weg, soziale Kontakte<br />

zu pflegen, eine Art, das Nützliche<br />

mit dem Angenehmen zu verbinden.<br />

Erst kauft man mit den Freundinnen<br />

ein, dann isst man zu Mittag und<br />

bespricht die Schnäppchen. Eine Spezialzeitschrift<br />

gibt da Mehrwert. „Viele<br />

Frauen lieben es, Wissen und Information<br />

zu verbreiten. Da entstehen interessante<br />

Gespräche über einen Caffe<br />

Latte Macchiato. Die Freundin weiß<br />

womöglich zu berichten, welcher Mascara<br />

im neuesten Verbrauchertest die<br />

beste Note erhielt.<br />

„Einkaufende Menschen teilen sich<br />

nämlich gerne mit. Das gehört auch<br />

zum Lebensstil, genau wie die aktive<br />

Suche nach dem Neuesten, Besten oder<br />

Chickesten“, sagt Sue Eccles, die zum<br />

Thema Verbraucherverhalten forscht.<br />

ERERBTE EINKAUFSINSTINKTE<br />

Der Mensch als Verbraucher ist für<br />

Wissenschaftler ein sehr interessantes<br />

Thema, zu dem alle erdenkliche Forschung<br />

betrieben wird. Meist sind wir<br />

uns der einfachen Psychologie, die<br />

unser Verhalten lenkt, bewusst. Etwa,<br />

warum Süßigkeiten in Augen- und vor<br />

allem Kniehöhe an der Kasse von Supermärkten<br />

platziert ist. Wessen wir<br />

uns ziemlich unbewusst sind, ist jedoch<br />

die Tatsache, dass wir eine Tendenz<br />

haben, Dinge „mitzunehmen“, die wir<br />

eigentlich gar nicht brauchen. Jeder<br />

und jede hat sicher einen Blazer, der auf<br />

unerklärliche Weise da im dunklen Teil<br />

des Kleiderschrankes zu hängen gekommen<br />

ist.<br />

Es gibt Psychologen, die glauben,


○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

Die Mär vom<br />

hässlichen Entlein<br />

NUR WENIGE GLAUBTEN an die Idee<br />

von Lucky Magazine, als das Blatt<br />

vor zwei Jahren in den Zeitschriftenregalen<br />

auftauchte. Wegen seines<br />

katalogähnlichen Aussehens<br />

und seines Fokus auf Shopping<br />

musste es einigen Spott ausstehen<br />

und kaum jemand glaubte an ein<br />

Überleben. Heute hat sich das Monatsmagazin<br />

in ein Objekt der Kritikerbewunderung<br />

verwandelt.<br />

Hinter dem Erfolg steht Chefredakteurin<br />

Kim Frances. Sie ist Shoppingguru<br />

und Medienrevolutionärin<br />

genannt worden, aber im Grunde<br />

ist sie Journalistin und wollte<br />

eigentlich als solche weiter arbeiten.<br />

Als der Verlag Condé Nast Publishing<br />

mit der Frage an sie herantrat,<br />

eine neue Modezeitschrift zu<br />

starten, lehnte sie zunächst ab,<br />

auch dies ein pikantes Detail in<br />

der Erfolgsstory.<br />

Mit einer Auflage von 818 000<br />

Exemplaren ist Lucky Magazine als<br />

das „ehrlichste Modemagazin der<br />

Branche“ gepriesen worden.<br />

Gleichzeitig kritisiert für Oberflächlickeit.<br />

Kim Frances folgt<br />

Frauen besitzen einen ererbten Einkaufstrieb,<br />

gemäß der Regel, dass<br />

Frauen Sammlerinnen sind und Männer<br />

Jäger. Der britische Forscher David<br />

Lewis hat festgestellt, dass Männer und<br />

Frauen beim Betreten eines Ladens unterschiedlich<br />

reagieren. Männer reagieren<br />

leicht mit Stress und bekommen<br />

LUCKY MAGAZINE<br />

einer einfachen Philosofie: „Lucky<br />

besitzt nicht die Ambition, sagen<br />

wir, ein Heilmittel gegen Krebs zu<br />

finden. Was aber nicht bedeutet,<br />

dass uns alles egal ist. Wir machen<br />

einfach etwas anderes.“ Und dieses<br />

Andere ist Shopping.<br />

Im Unterschied zu anderen Frauenzeitschriften<br />

gibt es keine Artikel,<br />

die sich außerhalb dieses Themenkreises<br />

bewegen. Das Magazin<br />

als Werkzeug zum Geld-ausgeben.<br />

Da gibt es „Muss-haben“-Seiten mit<br />

Information über eine Ware und wo<br />

man sie kaufen kann. Schöne Bilder<br />

und leicht zugängliche Texte über<br />

Mode, Schönheit und Einrichtung<br />

sowohl zu Low-Budget- als auch<br />

Luxuspreisen locken die Leserin.<br />

Und Vergleiche. Zum Einkaufsglück<br />

gehört das Finden der richtigen<br />

Ware zum absolut besten Preis.<br />

Supermodelle, mit denen man sich<br />

eventuell vergleichen muss, fehlen,<br />

eine Technikalität die viele Leserinnen<br />

hoch schätzen. In den USA<br />

hat das Konzept loyale Anhänger,<br />

auch bei den Anzeigenkunden,<br />

was recht ungewöhnlich ist auf<br />

dem harten amerikanischen Markt.<br />

Etwa 35 Prozent der Druckseiten<br />

sind Anzeigen, weswegen andere<br />

Verlage nun das ehemals hässliche<br />

Entlein kopieren. Condé Nast Publishing<br />

plant ein entsprechendes<br />

Magazin für eine männliche<br />

Zielgruppe.<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

„Jüngere Männer<br />

shoppen auf die<br />

gleiche Weise wie<br />

Frauen. Sie verlassen<br />

sich nicht länger auf<br />

den Geschmack<br />

der Mutter oder<br />

Partnerin“<br />

SUE ECCLES, MARKETING-LEKTORIN<br />

FAKTEN<br />

Dr. Sue Eccles ist Lektorin an der<br />

Marketing School der Lancaster<br />

Universität in Großbritannien. Ihre<br />

Forschung befasst sich mit Verbraucherverhalten,<br />

insbesondere<br />

Extremverhalten. Unter anderem<br />

hat sie britische Frauen studiert,<br />

die ihre Kaufimpulse nicht kontrollieren<br />

können. „Ich selbst bin<br />

an Shopping nicht besonders<br />

interessiert“, sagt sie.<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

15


○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

SHOPPING<br />

Französin in<br />

Einkaufslaune<br />

VON Jean-Paul Pouron<br />

FRANKRE<strong>ICH</strong>S ERSTES Einkaufsmagazin,<br />

Shopping, ist eine Art Kreuzung<br />

aus dem Katalog La Redoute und<br />

der Zeitschrift La Gazette Drouot<br />

und dient als ein wahrhaftes Lexikon<br />

der neuesten Trends. „Frauen<br />

lieben den Einkaufsbummel und<br />

bislang hat es keine Zeitschrift<br />

gegeben, die diesen Lieblingssport<br />

aufgreift. Shopping deckt einen<br />

Bedarf“, erklärt Chefredakteurin<br />

Maryse Bonnet.<br />

Das Magazin erscheint bei der<br />

Gruner + Jahr-Tochter Prisma Presse,<br />

in Sachen Wochenzeitschriften<br />

die Nummer zwei in Frankreich.<br />

Zunächst war Shopping als Beilage<br />

für die Zeitschrift Femme Actuelle<br />

gedacht. Mehr aus Zufall wurde<br />

eine eigene Zeitschrift daraus,<br />

denn aus Steuergründen lohnt sich<br />

für eine Wochenzeitschrift die Herausgabe<br />

von mehr als acht Beilagen<br />

pro Jahr nicht. Deshalb wurde<br />

Shopping aus dem Konzept herausgelöst.<br />

Das Magazin wurde über die<br />

Wochenzeitschriften der Gruppe,<br />

darunter Voici, Gala und Femme,<br />

16 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

„Bist Du bald fertig?“ Männer sind<br />

leichter gestresst beim Einkaufen, laut<br />

einer britischen Studie<br />

hohen Blutdruck, Frauen reagieren<br />

weniger stark. Aber bei den Geschlechtsunterschieden<br />

handelt es sich vielleicht<br />

doch vor allem um die persönliche<br />

Einstellung. „Wir sehen in unserer<br />

Forschung eine Veränderung, einen<br />

Generationswechsel“, sagt Sue Eccles.<br />

„Jüngere Männer shoppen auf die gleiche<br />

Weise wie Frauen. Sie kaufen Kleider,<br />

Accessoires und Kosmetika. Sie<br />

verlassen sich nicht länger auf den Geschmack<br />

der Mutter oder Partnerin.“<br />

publik gemacht. Es wendet sich an<br />

eine sehr klar abgegrenzte Zielgruppe,<br />

nämlich Frauen zwischen 25 und 40<br />

Jahren. Das Ziel ist es, eine Trendbibel<br />

und ein praktischer Ratgeber zu sein,<br />

ein Spiegel neuer Lebensstile und eine<br />

Ideengrube mit Ratschlägen und Tipps<br />

auf allen Gebieten – von Kosmetik<br />

über Einrichtung bis hin zu Hundefrisuren.<br />

Die Redaktion betont die Vielfalt<br />

von Shopping: „Eine ständige Jagd nach<br />

neuen Talenten, die beste Mode, die<br />

besten Adressen, neue Trends entdecken,<br />

verrückte Ideen und kleine Details,<br />

sowie der Willen, die eigenen<br />

Geheimtipps zu verraten. Wir begnügen<br />

uns nicht mit Schaufenster-Shopping,<br />

wir möchten den Leserinnen<br />

helfen, ihre Einkäufe zu planen“, sagt<br />

Maryse Bonnet. „Und auf 132 Seiten<br />

ist es uns gelungen, auf eine selektive<br />

und moderne Art alles zu sammeln,<br />

wofür sich Frauen interessiert: Mode,<br />

Kosmetik, Accessoires, Einrichtung,<br />

Bücher, Reisen, Gesundheit und vieles<br />

mehr. Fast wie ein großes Warenhaus.<br />

Shopping ist ein Werkzeug für verschiedene<br />

Trends, ein Führer, eine<br />

lustvolle Schatzkammer.“<br />

Unter der Rubrik „Lifestyle“ kann<br />

man beispielsweise lesen, dass die<br />

„praktische Familie“ nach Stockholm<br />

Shopping und Urlaub bilden eine<br />

Einheit. Das beliebteste Reiseziel unter<br />

Frauen ist ein Shopping-Weekend in<br />

einer Großstadt. Zu diesem Ergebnis<br />

kommt eine Studie des Marktforschungsinsitutes<br />

Feedback Research,<br />

das im Auftrag des norwegischen<br />

fährt, eine Stadt, die Kinder wie<br />

Könige behandelt. Die „schicke Familie“<br />

reist nach Mauritius, denn<br />

dort ist die Zeit gleich (!). Die „Trendfamilie“<br />

fährt nach Peking, denn<br />

nächstes Jahr fahren dort alle hin.<br />

Für die zweite Ausgabe (Heft<br />

Nummer eins erschien im Mai und<br />

der Titel erscheint derzeit Quartalsweise<br />

in 390 000 Exemplaren) haben<br />

sich die rund 20 Redaktionsmitglieder<br />

von den Wünschen der Leser<br />

inspirieren lassen. Leser, die im Übrigen<br />

die neue Shoppingbibel sofort<br />

ins Herz geschlossen haben. „Wir<br />

befinden uns noch in einer Reifungsphase.<br />

Wir müssen die Rubriken<br />

noch etwas verändern, etwas mehr<br />

über Trends schreiben, die aus den<br />

kommenden Modenschauen resultieren<br />

und ein Testpanel zusammenstellen.<br />

Wir müssen kurz und<br />

gut noch einige Feineinstellungen<br />

machen. Einmal im Quartal herauszukommen<br />

reicht nicht. Um<br />

die Bedürfnisse der Leser besser zu<br />

befriedigen, müsste man alle zwei<br />

Monate erscheinen.“


○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

RUBY<br />

Einkaufsfreundin<br />

für Schwedinnen<br />

IM SCHWEDISCHEN MAGAZIN Ruby wurde<br />

die Einkaufstasche zum Symbol erhoben,<br />

das sich sogar im ersten Buchstaben<br />

des Titelschriftzuges wieder findet.<br />

Die Idee für die Zeitschrift entstand<br />

vor drei Jahren, doch die beiden Chefredakteurinnen<br />

Jenny Norberg und<br />

Johanna Swedberg waren ihrer Zeit<br />

etwas voraus, denn sie stießen mit<br />

ihrer Idee auf taube Ohren. „Unsere<br />

Gesprächspartner waren Männer über<br />

45, die ja überhaupt nicht zu unserer<br />

Zielgruppe gehören. Sie erkannten<br />

sich nicht wieder und verstanden<br />

nicht, dass sich hier eine neue Nische<br />

auftat, die diese Zeitschrift füllen<br />

könnte“, erzählt Jenny Norberg.<br />

Auf der anderen Seite des Atlantiks<br />

waren andere Verleger auf dieselbe<br />

Idee gekommen. Als das amerikanische<br />

Lucky Magazine das Licht der Welt<br />

erblickte, war auch in Schweden die<br />

Zeit reif, und Bonnier Tidskrifter entschloss<br />

sich, Ruby mit acht Heften pro<br />

Jahr in dem neu gegründeten Tochterverlag<br />

Bonzoo herauszugeben. Das<br />

erste Heft erschien im Februar und<br />

die Auflage beträgt 70 000 Exemplare.<br />

Die Zeitschrift hat überwiegend<br />

Anklang gefunden. „Das liegt wohl<br />

daran, dass Ruby nicht so oberflächlich<br />

ist, wie die Leute dachten. Sie ist mehr<br />

als nur ,mehr Konsum‘“, so Norberg.<br />

„Wir halten, was wir versprechen, das<br />

zeigen auch die Leserreaktionen. Ruby<br />

ist direkt im Ton. Wir behelligen unsere<br />

Leser nicht mit den üblichen Ratschlägen<br />

für Ehe und Familienleben“, sagt<br />

Norberg. Statt dessen kann die Shoppingfreundin<br />

sich in alle möglichen<br />

Tests vertiefen. Die Tatsache, dass die<br />

Zeitschrift keinerlei Tipps zum Thema<br />

„so ziehst Du Zuhause aus“, oder „das<br />

„Ruby ist mer als ,nur Konsum‘“<br />

JENNY NORBERG, CHEFREDAKEURIN RUBY<br />

hilft gegen Beschwerden in den Wechseljahren“<br />

gibt, hat Vorteile: sie wird<br />

alterslos. Denn Zwanzigjährige können<br />

ja in Sachen Schuhe denselben<br />

Geschmack haben wie Fünfzigjährige.<br />

Im Unterschied zur amerikanischen<br />

„Freundin Lucky“ geht das<br />

schwedische Magazin auch in die Tiefe.<br />

Da gibt es Artikel über Productplacement<br />

oder über Shopping als<br />

Phänomen. „Wir schreiben über H&M<br />

wie über Gucci. Genau wie in den Motormagazinen,<br />

dort möchte man über<br />

Volvo [der Volkswagen der Schweden,<br />

d.Red.] und Rolls Royce lesen“. Auf<br />

diese Weise bleiben Träume am Leben.<br />

„Ruby funktioniert auch als<br />

Schaufenster-Shopping. Ich bin sehr<br />

stolz darauf, dass es uns gelungen ist,<br />

ein gutes Gleichgewicht zwischen<br />

teuer und billig zu erreichen. Alle<br />

finden etwas, das ihnen gefällt“,<br />

sagt Chefredakteurin Norberg.<br />

Die Anzeigenkunden haben ebenfalls<br />

den Weg gefunden. „In unserer<br />

Zeitschrift sind die Anzeigenkunden<br />

wirklich wichtig. In anderen Zeitschriften<br />

werden die Leser manchmal<br />

ungehalten über zu viele Anzeigen.<br />

Unser Publikum ist trendbewusst<br />

und Anzeigen werden als Information<br />

aufgefasst.“ Ruby wird auch von jüngeren<br />

Männern gelesen. Kann man<br />

mit dem baldigen Erscheinen eines<br />

Ruben rechnen? „Nja“, sagt Jenny<br />

Norberg, „wir haben keine konkreten<br />

Pläne.“<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

ZERTIFIZIERTES ONLINE-SHOPPING<br />

Reiseveranstalters Prisma durchgeführt<br />

und in der norwegischen Tageszeitung<br />

Verdens Gang publiziert wurde. 1827<br />

Personen nahmen an der Befragung teil,<br />

drei von vier Frauen gaben an, den Besuch<br />

von Läden zu lieben. Nur der<br />

Hälfte ist es jedoch gelungen, diese<br />

Passion auf den Partner zu übertragen.<br />

Die Männer gehen mit – unter der Voraussetzung,<br />

dass sie am Nachmittag ein<br />

Fußballspiel sehen können. Andere gehen<br />

am liebsten Angeln.<br />

Die Theorie von den Sammlerinnen<br />

und den Jägern stimmt also nicht, oder?<br />

„Nein, meiner Ansicht nach nicht“,<br />

sagt Sue Eccles. Es geht da vor allem<br />

um die Wortwahl. Laut Dr. Eccles verbinden<br />

wir mit Shopping Frauen, weil<br />

wir bei dem Wort an Kleider, Kosmetika<br />

und Schuhe denken. Männer kaufen<br />

Bücher, Musik und Technik. Aber beide<br />

werden von den gleichen Mechanismen<br />

gesteuert. „Frauen kaufen traditionell<br />

visuelle Dinge, Männer intellektuelle.<br />

Aber sowohl Männer als auch Frauen<br />

möchten so viel wie möglich für’s Geld.<br />

Wir ‚jagen‘, das heißt schauen, untersuchen<br />

und erwägen in gleichem Maß vor<br />

einer Kaufentscheidung. Nur die Produkte<br />

sind unterschiedlich.“<br />

Genau so ist es mit dem Sammlerverhalten,<br />

das ebenfalls nicht Geschlechterspezifisch<br />

ist. „Ein Mann stellt seine<br />

neuesten Bücher so auf, dass sein Trendgefühl<br />

von allen anderen gesehen werden<br />

kann. Genau so machen es Frauen,<br />

jedoch vor allem mit Mode und Einrichtungsgegenständen.“<br />

Und genau das haben die Verlage<br />

bemerkt.<br />

Euro-Label, das europäische Internet-Shopping-Label, hat einen großen<br />

Schritt nach vorn gemacht. Verbraucher können das mehrsprachige<br />

E-Handelsportal nun direkt über die Homepage www.euro-label.com erreichen.<br />

Die Seite enthält Links zu ungefähr 200 Netz-Boutiquen. Die Kunden<br />

können zertifizierte Netzhändler, die den Regeln nicht folgen, anzeigen. Um<br />

das Euro-Label zu erhalten, müssen Händler unter anderem zuverlässige<br />

Dienste anbieten, deutliche Vertragsbedingungen haben und gewährleisten,<br />

dass die Lieferung hält, was bei der Bestellung versprochen wurde.<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

17


18 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

MATS


und seine Maschine<br />

Nach zehn Jahren als Forstarbeiter hatte Mats<br />

Pettersson genug. Er wurde Walzendreher im <strong>SCA</strong>-<br />

Werk Ortviken in <strong>Sundsvall</strong>. Aber da blieb immer eine<br />

Sehnsucht nach der Natur, und nach elf Jahren Fabrik<br />

war Mats wieder zurück im Wald – der sich in eine<br />

moderne High-Tech-Welt verwandelt hatte<br />

VON Luise Steinberger FOTO Bo Fernström<br />

HOLZFÄLLERLEBEN, das ist Schwerstarbeit.<br />

Stämme wuchten und kalte Füße.<br />

Aber dieses Bild stimmt ganz und gar<br />

nicht, erzählt Mats Pettersson, der nach<br />

elf Jahren Arbeit in der Papierfabrik<br />

Ortviken in <strong>Sundsvall</strong> wieder in seinen<br />

früheren Job im Wald zurück kehrte.<br />

„Als Erntemaschinenführer hat man<br />

große Freiheit, arbeitet mit High-Tech-<br />

Maschinen und hat das beste Arbeitsmillieu,<br />

das man sich denken kann“,<br />

sagt er enthusiastisch.<br />

Seit seiner früheren Arbeit im Wald<br />

hat sich vieles verändert. Mats Pettersson<br />

fährt einen fast nagelneuen Valmet<br />

911. Das große Fahrzeug, das an eine<br />

riesige Spinne erinnert, wurde erst im<br />

vorigen Herbst geliefert und ist ein Wunder<br />

moderner Technik. Das Cockpit führt<br />

die Gedanken zum Raumschiff Enterprise.<br />

Der Hauptunterschied zu anderen<br />

Arbeitsmaschinen ist die Tatsache, dass<br />

kein Lenkrad vorhanden ist.<br />

KNÖPFE UND HEBEL<br />

„So eine Erntemaschine, egal welcher<br />

Marke, arbeitet immer mit einem so<br />

genannten Maschinencomputer. Er kontrolliert<br />

Öldruck, Motortemperatur und<br />

solche Dinge. Außerdem können fünf<br />

verschiedene Fahrer ihre eigenen Voreinstellungen<br />

programmieren, beispielsweise<br />

wie sich der Kran bewegen soll. Wir<br />

Menschen sind ja verschieden und die<br />

Die Erntemaschine, mit der Mats Pettersson<br />

Bäume fällt, ist dank ihres Maschinencomputers<br />

ein High-Tech-Gerät a la Raumschiff<br />

Enterprise<br />

Fahrstile ebenso“, erklärt Pettersson.<br />

Sein Arbeitsgerät ist ein ganz normaler<br />

PC-Schirm und zwei Hebel, die jeweils<br />

mit mehreren Touch-Pads versehen sind,<br />

auch Ziehharmonika genannt. „Mit<br />

den Hebeln bewege ich den Kran, rauf,<br />

runter und zur Seite. Das Ernteaggregat,<br />

das die Bäume fällt und schneidet wird<br />

mit kleinen Touch-Pads an der Seite<br />

bedient.“<br />

SELBSTÄNDIGE MASCHINE<br />

Neben der Kontrolle über die Maschine<br />

verfügt der Computer auch über ausgezeichnete<br />

Lokalkenntnisse, denn er wird<br />

mit der Preisliste der Forstverwaltung<br />

gefüttert, nach der er selbständig arbeitet.<br />

„<strong>SCA</strong> Skog hat die Daten über seine<br />

Forste, inklusive Preisschätzung, sämtlich<br />

computerisiert. Man weiß genau,<br />

welcher Bestand in welcher Gemarkung<br />

steht, ob es sich um feines Fichtenholz<br />

oder Kiefern handelt und so weiter.“<br />

Für jede Gemarkung wird eine spezielle<br />

Preisliste ausgearbeitet und in den Wald<br />

übermittelt. Mats oder sein Kollege<br />

füttern den Maschinencomputer damit<br />

und dann geht es los. Das einzige, das<br />

Mats beim Fällen tun muss, ist einzugeben,<br />

um welche Holzart es sich handelt.<br />

Alles andere erledigt die Maschine.<br />

„Nehmen wir mal an, ich fälle eine<br />

richtig dicke Fichte. Der Baum wird<br />

dann durch das Aggregat geschoben,<br />

unter anderem zum Entästen. Gleichzeitig<br />

liest das Aggregat den Stamm ab<br />

und kann ermitteln, wie wir einen optimalen<br />

Preis erzielen. Es gibt mir dann<br />

die Information, dass ich zum Beispiel<br />

hier bei viereinhalb Metern kappen<br />

muss. Die Maschine teilt den Baum<br />

also so auf, dass er möglichst viel Geld<br />

einbringt“, erzählt Mats Pettersson.<br />

Damit der Erntewagen jedoch nicht zu<br />

selbständig wird, muss er die ganze<br />

Zeit einen Automatikknopf drücken.<br />

Lässt er den los, bleibt sofort alles stehen.<br />

JOB FÜR FRAUEN<br />

Ist die Arbeit im Wald nicht furchtbar<br />

anstrengend? „Nein, körperlich gar<br />

nicht“, sagt Mats. „Psychisch vielleicht<br />

ab und zu. Normalerweise fahren wir<br />

drei Stunden am Stück, dann machen<br />

wir eine Stunde Mittag und zwei Stunden<br />

eine andere Arbeit, dann fahren<br />

wir wieder drei Stunden bis abends.“<br />

In den zwei Pausenstunden wird unter<br />

anderem markiert, was in der nächsten<br />

Schicht gefällt werden soll. Eine Arbeit,<br />

die früher der Vormann machte. Aber<br />

einen Vormann gibt es heute nicht<br />

mehr. Dass die Erntemaschinenführer<br />

diese Arbeiten selber machen, erfordert<br />

einiges an Wissen über Umwelt- und<br />

Naturschutz. Gleichzeitig ist die Arbeit<br />

abwechslungsreicher geworden.<br />

„Viele haben einfach ein falsches<br />

Bild von der Arbeit im Wald“<br />

„Die Branche muss für diesen Job<br />

mehr Reklame machen, noch bevor die<br />

Jugendlichen ihre Ausbildung wählen.<br />

Die Arbeit eignet sich auch für Mädchen.<br />

Es ist überhaupt kein Problem für<br />

eine Frau, diesen Job zu machen. Ich<br />

glaube, viele haben einfach ein falsches<br />

Bild von der Arbeit im Wald“, sagt<br />

Mats Pettersson und fügt hinzu: „Das<br />

ist schade, denn ich finde, wir haben<br />

den besten Job der Welt“.<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

19


Kosmopolitin mit<br />

PONDUS<br />

Sie ist in Beirut ebenso Zuhause wie in Barcelona oder<br />

Buenos Aires. The International Herald Tribune rühmt sich,<br />

die erste und einzige globale Zeitung der Welt zu sein.<br />

Kompakt genug, um während dem Warten auf einen<br />

Flug gelesen zu werden, enthält sie dennoch ein<br />

überraschend breites Themenspektrum<br />

20 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

Die Machtelite der Weld liest die Trib. Zum<br />

Beispiel Hillary Rodham Clinton, wie aus<br />

ihren Memoiren Living History hervorgeht


VON Jonas Rehnberg FOTO Olle Melkerhed<br />

HANDL<strong>ICH</strong>, INTERNATIONAL und weit<br />

gereist. Amerikanerin mit starken<br />

Banden nach Frankreich. Sie sucht auf<br />

fünf Kontinenten von den Zeitungsregalen<br />

aus Ihren Blick und spielt eine<br />

Nebenrolle in einem französischen<br />

Filmklassiker. Geht es um ein Supermodell<br />

vom Catwalk in Paris? Nja, ihr<br />

Alter von 116 Jahren spricht dagegen.<br />

Nein, die Beschreibung gilt The International<br />

Herald Tribune, der Tageszeitung,<br />

die Reklame für sich macht mit<br />

den Worten: „Die erste richtig globale<br />

Zeitung und die führende Zeitung für<br />

internationale Meinungsbildner und<br />

Schlüsselpersonen in aller Welt.“ Die<br />

Trib, wie sie von ihren Lesern auch<br />

hingebungsvoll genannt wird, wurde<br />

am 4. Oktober 1887 geboren, als der<br />

amerikanische Unternehmer J. Gordon<br />

Bennet Jr. in Paris die erste Ausgabe der<br />

New York Herald’s European edition<br />

druckte. 1928 war The Herald die erste<br />

Zeitung, die per Flugzeug vertrieben<br />

wurde. Aus der französischen Hauptstadt<br />

wurde sie als aktuelle Frühstückslektüre<br />

nach London geflogen.<br />

1959 kaufte John Hay Whitney,<br />

damals amerikanischer Botschafter in<br />

Großbritannien, The New York Herald<br />

Tribune und deren europäische Ausgabe.<br />

Die New York-Ausgabe wurde 1966<br />

aufgegeben, aber die Familie Whitney<br />

behielt die Pariser Zeitung und suchte<br />

sich Kompagnons. Die Washington<br />

Post und die New York Times wurden<br />

Teilhaber und um die globale Perspektive<br />

zu betonen wurde der Titel in The<br />

International Herald Tribune geändert.<br />

1967 übernahm The New York Times<br />

Company die Zeitung ganz.<br />

KURZ, BÜNDIG UND VIELSEITIG<br />

„The International Herald Tribune<br />

wird an 25 Orten des Globus gedruckt,<br />

erreicht 264 000 Leser in 185 Ländern<br />

und versucht einem sehr speziellen<br />

Publikum gerecht zu werden“, sagt<br />

Catherine J. Mathis, Informationschefin<br />

bei der New York Times Company.<br />

„Wir schreiben für Leute, die wissen<br />

müssen, was passiert und welche Konsequenzen<br />

zu erwarten sind. Das sind<br />

Menschen, die sich über Kontinente und<br />

zwischen verschiedenen Sektoren und<br />

Industrien bewegen – und die in<br />

verschiedenen Kulturen Zuhause sind.“<br />

Im Unterschied zu einigen anderen<br />

Tageszeitungen, die so dick geworden<br />

sind, dass man glaubt, der Zeitungsträger<br />

ist ins Ziegelsteingeschäft umgestiegen,<br />

wenn die Zeitung am Morgen<br />

durch den Briefschlitz plumpst, ist die<br />

International Herald Tribune dünner als<br />

die meisten Lokalzeitungen. Ein Kennzeichen,<br />

das Leser, die zwischen zwei<br />

Flügen gerade mal eine halbe Stunde<br />

Zeit haben, sicher begrüßen. Catherine<br />

J. Mathis betont: „Die Redaktion ist<br />

sich bewusst, dass ihre Leser einer<br />

massiven Informationsflut ausgesetzt<br />

sind. Wir bieten daher eine sehr gewissenhafte<br />

Auswahl an Nachrichten an.<br />

Unsere Redakteure interpretieren<br />

vorsichtig frühe Signale von Quellen in<br />

aller Welt und geben den Lesern eine<br />

ausgewogene Analyse kommender<br />

Trends.“<br />

Diese Quellen umfassen das eigene<br />

Korrespondentennetz sowie die Ressourcen<br />

der New York Times. Außerdem<br />

unterhält die International Herald Tribune<br />

redaktionelle Kooperationen mit lokal<br />

ansässigen Unternehmen in sieben<br />

Ländern (Israel, Griechenland, Deutschland,<br />

Südkorea, Japan, Libanon und<br />

Spanien), um nationale Seiten mit<br />

einheimischen Inhalten in englischer<br />

Sprache publizieren zu können. Das<br />

macht das Produkt nicht nur ansprechender<br />

aus lokalem Blickwinkel, es<br />

fördert auch den Anzeigenverkauf, so<br />

Catherine J. Mathis.<br />

DICKE BRIEFTASCHEN<br />

Ein zweites Mittel, Anzeigenkunden<br />

zu locken, ist es zu betonen, dass der<br />

typische Leser über überdurchschnittlich<br />

viel Geld verfügt. Die Zeitung lancierte<br />

kürzlich einen Anzeigenplatz ausschließlich<br />

für Luxusgüter. Das Konzept baut<br />

auf den Luxusanzeigenplatz Page A3<br />

der New York Times auf, unter dessen<br />

Anzeigenkunden man Namen wie Bur-<br />

berry, Versace und MaxMara findet.<br />

In Sachen Inhaltsmix gelingt es der<br />

Redaktion ein überraschend breites<br />

Spektrum an Themen zu bieten: einen<br />

Kulturteil mit Kunst- und Buchbesprechungen,<br />

eine Schach- und Bridge-<br />

Ecke, Comics, Kreuzworträtsel, einen<br />

umfassenden Sportteil und sogar eine<br />

Klatschspalte. Obgleich die Zeitung als<br />

Allgmeinblatt gilt, sind 40 Prozent der<br />

Seiten für Wirtschafts- und Finanzberichterstattung<br />

reserviert, mit Statistik,<br />

Wertpapierkursen von 35 Börsen und<br />

den Wechselkursen für 47 Währungen.<br />

Auch eine Leserbriefseite gibt es, mit<br />

CATHERINE J. MATHIS,<br />

INFORMATIONSCHEFIN,<br />

NEW YORK TIMES<br />

COMPANY<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

DER TYPISCHE LESER<br />

Die meisten regelmäßigen The International<br />

Herald Tribune sind vermögend<br />

und gebildet:<br />

• Durchschnittliches Haushaltseinkommen<br />

von gut 140 000 Euro<br />

• Das durchschnittliche Vermögen<br />

liegt bei 1,2 Millionen Euro<br />

• 92 Prozent haben mindestens ein<br />

Universitätsexamen<br />

• 95 Prozent gehören einer Unternehmensleitung<br />

an<br />

• 24 Prozent sind europäische<br />

Meinungsbildner<br />

• 86 Prozent arbeiten in multinationalen<br />

Firmen<br />

• 51 Prozent beschäftigen einen<br />

persönlichen Anlagenberater<br />

• 41 Prozent sind 2002 sieben oder<br />

mehr Mal ins Ausland geflogen<br />

• 75 Prozent sind Männer, 25 Prozent<br />

Frauen<br />

Quelle:<br />

The International Herald Tribune<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

21<br />

NEW YORK TIMES COMPANY


dem Ziel, ein „internationales Forum<br />

für anregende Debatten zu Themen zu<br />

bieten, die Geschäfts- und Regierungsleute<br />

interessieren.“ In der Ausgabe vom<br />

6. August ging es beispielsweise um die<br />

Frage, wie die Landwirtschaftssubventionen<br />

in den USA, Europa und Japan<br />

sowie deren Handelseinschränkunken<br />

die Bauern in den Entwicklungsländern<br />

treffen. Ob eine solche Debatte als provozierend<br />

aufgefasst wird, hängt von der<br />

eigenen Einstellung zum Freihandel ab.<br />

Aber das Thema „verarmte Bauern in<br />

Burkina Faso“ ist ohne Zweifel Lichtjahre<br />

entfernt von der Welt, die die<br />

Anzeigen von Eskortdiensten und<br />

Millionen-Dollar-Villen an der französischen<br />

Riviera zeichnen. Doch eine<br />

wirklich globale Zeitung muss sich der<br />

Unterschiede zwischen Arm und Reich<br />

annehmen.<br />

ATEMLOSER FILMSTAR<br />

Offenbar empfinden genügend Leser,<br />

dass ein Bedarf an einer Zeitung wie der<br />

International Herald Tribune besteht.<br />

„Sie berührt das Geschehen auf der<br />

ganzen Welt“, sagt Naphtalia, Lehrerin<br />

aus Anaheim in Kalifornien, die immer<br />

wieder als Englischlehrerin auf der<br />

anderen Atlantikseite arbeitet. „Manchmal<br />

ist der Aufmacher aus Afrika, und<br />

das kommt in amerikanischen Medien<br />

sehr selten vor. Eine Sichtweise, die<br />

weder Europa noch die USA ins Zentrum<br />

setzt, hilft uns, die Welt in einer<br />

neuen Perspektive zu sehen“, kommentiert<br />

sie auf der Website Epinions.com.<br />

Und der Status als Filmstar? The<br />

Herald Tribune (ihr damaliger Titel)<br />

ging durch den Jean-Luc Goddard-Film<br />

Außer Atem von 1960 in die Filmgeschichte<br />

ein. Jean Seberg spielte eine<br />

junge Amerikanerin, die Zeitungsverhökernd<br />

auf dem Champs Elysees herum<br />

spazierte und ab und zu Jean-Paul<br />

Belmondo Küsse aufdrückte.<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

FAKTEN<br />

Druckorte<br />

Frankfurt, Den Haag, London, Paris,<br />

New York, Madrid, Zürich, Bologna,<br />

Athen, Doha, Kuwait City, São Paolo,<br />

Tel Aviv, Beirut, Linköping, Bangkok,<br />

Hong Kong, Taipei, Tokio, Osaka, Jakarta,<br />

Singapore, Seoul, Kuala Lumpur<br />

und Manila.<br />

Quelle:<br />

The International Herald Tribune<br />

22 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

Tapetenwechsel


ei Wallpaper<br />

Gehören Sie zu den Leuten, die gerne Geld ausgeben? Sind<br />

Sie nach der neuesten Mode gekleidet, zwischen 25 und 45<br />

und ein begeisterter Jet-Setter? Ja? Dann ist die Chance groß,<br />

dass Sie sich mit Wallpaper Zuhause fühlen. Das hippe Einrichtungsmagazin<br />

hat eben einen Relaunch erlebt<br />

VON Greg McIvor FOTO OLLE MELKERHED<br />

ALS DER KANADISCHE Kriegsberichterstatter<br />

Tyler Brûlé 1996 Wallpaper<br />

lancierte, erreichte er unter den Reichen<br />

und Schönen der Städte – denjenigen,<br />

die es sich leisten können, 5 000 Euro<br />

für Möbel auszugeben und trotzdem<br />

noch das nötige Kleingeld für eine<br />

Handtasche von Prada oder eine<br />

Armbanduhr von Cartier haben –<br />

rasch den Status einer Ikone. Auf<br />

Hochglanzseiten wurden den Lesern<br />

gewagte Fotografie, innovative Reportagen<br />

und die neueste Mode geboten.<br />

SCHÖN ALLEIN GENÜGT N<strong>ICH</strong>T<br />

Im zarten Alter von sechs Jahren und<br />

neun Monaten wurde Wallpaper nun<br />

einem Relaunch unterzogen. Dessen<br />

Absicht ist, laut Chefredakteur Jeremy<br />

Langmead, ein „modernes, zeitloses,<br />

elegantes, sexy, ausgesuchtes und leicht<br />

zugängliches“ Aussehen. Aber Moment<br />

mal – ist das nicht schon immer<br />

das Konzept von Wallpaper gewesen?<br />

Langmead räumt ein, dass sich das<br />

Magazin in den letzten zwei Jahren<br />

etwas auf dem absteigenden Ast befunden<br />

hat. Sicheren Quellen in der<br />

britischen Medienindustrie zufolge<br />

entstand gegen Ende von Tyler Brûlés<br />

Amtszeit als Chef vom Dienst ein<br />

Vakuum. Der Kanadier verließ Wallpaper<br />

Ende Mai 2002, nachdem er<br />

sein Werk einige Jahre zuvor an den<br />

Mediengiganten AOL Time Warner<br />

verkauft hatte. „Wallpaper war voraussagbar<br />

geworden“, erklärte Jeremy<br />

Langmead die Veränderungen im New<br />

Observer. „Als die Zeitschrift auf dem<br />

Markt erschien, sah und hörte man sie.<br />

Bis vor kurzem waren dann sämtliche<br />

Überraschungselemente verschwunden.“<br />

KEINE BRACHIALVERÄNDERUNGEN<br />

Schon vor einem Jahr machte die<br />

Redaktion einen Versuch, das Layout<br />

zu verbessern. Aber Jeremy Langmead<br />

musste nach etwa einem halben Jahr<br />

feststellen, dass die Veränderung in die<br />

falsche Richtung gegangen war. „Die<br />

neue Typographie war strikt und nicht<br />

besonders ansprechend. Es war schwierig,<br />

sich zurechtzufinden. Die Veränderung<br />

gelang nicht wie beabsichtigt“,<br />

sagt er.<br />

Der Mangel an redaktioneller Überzeugungskraft<br />

zeichnete sich rasch in<br />

der Auflage ab. Das Magazin, das<br />

sowieso nie Gewinn eingefahren hatte,<br />

blutete weiter. Die Auflage fiel von<br />

130 000 zum Zeitpunkt des Ausscheidens<br />

von Tyler Brûlé auf heute 111 000<br />

Exemplare.<br />

Die sinkenden Zahlen beunruhigten<br />

die Eigentümer, die britische AOL-<br />

Tochter IPC Media. Um sie aufzuhalten,<br />

stellte man im vorigen Jahr Jeremy<br />

Langmead an, bisher Moderedakteur<br />

bei der Sunday Times.<br />

KLARER, ABER WEITER PROVOKATIV<br />

Das Ergebnis der neuerlichen Veränderungsarbeit<br />

hatte im Juniheft 2003<br />

Premiäre. Es umfasst eine neue Typographie<br />

(zwei Typen – Big Caston Italic<br />

und Amplitude – wurden exklusiv für<br />

Wallpaper geschaffen), neue Mitarbeiter<br />

und Beratung und Tipps zu geschlechtsneutraler<br />

Schönheit durch<br />

einen externen Redakteur. Die Seiten<br />

geben nun einen klareren, luftigeren<br />

und stromlinienförmigeren Eindruck.<br />

Der Inhalt hat neue Elemente und<br />

Rubriken bekommen, darunter eine<br />

Immobiliensektion.<br />

Am meisten fällt jedoch die gewagte<br />

– manche würden sagen: provokative –<br />

Fotografie ins Auge. Das Juniheft<br />

enthielt eine schillernde große Reisereportage<br />

mit Bildern unter anderem aus<br />

Berlin, New York, Prag, Moskau und<br />

Miami gezeichnet Helmut Newton.<br />

Ein Gegengewicht gegen Newtons<br />

schwermütige Bilder bildete eine Serie<br />

„Sexmöbel“ von Larry Sultan, der sich<br />

durch Schilderungen von Pornofilmaufnahmen<br />

in Los Angeles einen<br />

Namen gemacht hat.<br />

Kunst spielt eine größere Rolle in der<br />

neuen Wallpaper und umfasst eine Art<br />

Pin-Up!-Seite mit einem Druck in<br />

limitierter Auflage. Das Kunstwerk<br />

wird jeweils von einem ausgewählten<br />

Künstler exklusiv geschaffen und auf<br />

spezielles laminiertes Papier gedruckt,<br />

damit der Leser es heraustrennen und<br />

aufhängen kann. Junikünstler war der<br />

30-jährige Amerikaner Charlie White.<br />

MEHR FÜR ANSPRUCHSVOLLE<br />

Von Anfang an schon hat Wallpaper<br />

gebildete Kosmopoliten erreichen<br />

wollen, die auf hohen, möglichst<br />

kreativen Posten sitzen. Marktstudien<br />

zufolge verfügt der durchschnittliche<br />

Wallpaper-Leser über ein Jahreseinkommen<br />

von etwa 100 000 Euro und<br />

ist überwiegend ein Er – die Relation<br />

Männer-Frauen ist 60:40.<br />

Hat das Re-Design zum Ziel gehabt, die<br />

Leserbasis zu verbreitern? Verlagschef<br />

Richard Johnstone antwortet weder ja<br />

noch nein auf diese Frage: „Das Re-<br />

Design soll keine Veränderung in<br />

Konzept oder Zielgruppe signalisieren.<br />

Es geht eher darum, die hohen<br />

Ansprüche eines sowieso sehr designbewussten<br />

Publikums zu befriedigen,<br />

das Wallpaper überall auf der Welt<br />

liest. Das Ziel ist, das Produkt zu<br />

verbessern, ohne das innere Wesen<br />

von Wallpaper zu verlieren.“<br />

Ob das gelingt, werden die kommenden<br />

Monate zeigen.<br />

<strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

23


Förster Kenneth Asplund entnimmt eine Bohrprobe, um das Alter<br />

des Baums beurteilen zu können<br />

Richtung Norden,<br />

und dann immer<br />

geradeaus<br />

VON Luise Steinberger FOTO Kerstin Olofsson<br />

<strong>WAS</strong> UNTERSCHEIDET OKSAJÄRVI im Norden der schwedischen<br />

Provinz Norrbotten von Alaska oder Grönland? Der Breitengrad<br />

jedenfalls nicht. Es ist die Vegetation: In Oksajärvi wachsen<br />

Bäume, denn das Klima ist wegen des Golfstroms milder als auf<br />

Grönland oder in Alaska.<br />

In diesem Wald steht <strong>SCA</strong>s nördlichster Außenposten, zugleich<br />

einer der ältesten Bäume des Bestandes. Eine 28 Zentimeter breite,<br />

16 Meter hohe und 140 Jahre alte zweispitzige Kiefer.<br />

Die beiden Spitzen zeugen von einem rauen Klima. Vor langer<br />

Zeit muss in einem kalten Winter die Kiefer unter einer Schneelast<br />

abgebrochen sein. Deswegen hat der Baum zwei Spitzen entwickelt.<br />

Und gleichzeitig hat er an Wert verloren, was sich zeigen wird,<br />

wenn er einst als Vertäfelungsholz auf Export nach Japan, oder als<br />

Fußboden nach Norwegen reist. Bis dahin sind es jedoch noch<br />

zehn Jahre, denn mit dem Abholzen wartet man auf die Nachbarn<br />

im Wald. Und die sind etwas jünger, im Durchschnitt 118 Jahre alt,<br />

erklärt Förster Kenneth Asplund: „Die Umlaufzeit beträgt in dieser<br />

Gegend etwa 130 Jahre. Bis man überhaupt zum ersten Mal<br />

lichten kann, muss man 60 Jahre warten und es dauert 20 Jahre,<br />

bis der Bestand Christbaumgröße erreicht hat.“<br />

Eine Bohrprobe, die Asplund dem alten Stamm entnommen<br />

hat, zeigt dünne Jahresringe. „Bis zu seinem hundertsten Geburts-<br />

24 <strong>SCA</strong> Customer Magazine 3/2003 Graphic Paper<br />

tag wuchs der Baum gut. Aber in den letzten 20 Jahren ist nicht<br />

mehr viel passiert. Diese Kiefer hat ihr Lebensziel erreicht“, erklärt<br />

Asplund.<br />

Wenn der alte Wald geerntet wird, wird neu aufgeforstet, das ist<br />

gar keine Frage. „Die Pflänzchen werden es schwer haben. Wir<br />

rechnen damit, dass etwa die Hälfte von ihnen nicht überlebt, aber<br />

Nachpflanzen lohnt sich nicht. <strong>SCA</strong> betreibt auch hier oben eine<br />

aktive Forstwirtschaft, aber die richtig umfassenden Maßnahmen<br />

konzentrieren wir auf fruchtbarere Gegenden“, sagt Kenneth Asplund.<br />

○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○<br />

<strong>SCA</strong>-Wälder<br />

<strong>SCA</strong> verwaltet durch seine Einheit <strong>SCA</strong> Skog 2,6 Millionen<br />

Hektar Wald in Nordschweden, davon zwei Millionen Nutzwald.<br />

Etwa ein Drittel des Bestandes sind Kiefern, ein Viertel<br />

Fichten, ein weiteres Viertel Pinus Contorta, zehn Prozent<br />

Laubbäume und zehn Prozent der Fläche sind aus Naturschutzgründen<br />

von der Bewirtschaftung ausgenommen. Die gesamte<br />

Forstwirtschaft ist nach FSC (Forest Stewardship Council)<br />

zertifiziert. Der größte Teil, etwa 45 Prozent, ist jünger als 40<br />

Jahre. Etwa 15 Prozent des Bestandes ist älter als 110 Jahre.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!