Eingesperrtes Licht. Photonische Kristallfasern
Eingesperrtes Licht. Photonische Kristallfasern
Eingesperrtes Licht. Photonische Kristallfasern
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also über 100 000 km/h! Seine kinetische Energie beträgt<br />
dann 0,7 pJ.<br />
Heller als 10 000 Sonnen<br />
Die vielleicht wichtigste Eigenschaft eines photonischen<br />
Kristalls ist die dramatisch veränderte Dispersion im Vergleich<br />
zum unstrukturierten Material, die aus der Aufprägung<br />
des periodischen Gitters resultiert. Dieser Effekt basiert<br />
fundamental auf den Eigenmoden eines solchen<br />
Gitters, den aus der Festkörpertheorie bekannten Bloch-<br />
Wellen. Diese verteilen das <strong>Licht</strong> bei sich ändernder <strong>Licht</strong>frequenz<br />
neu in den Faserregionen mit niedrigem und hohem<br />
Brechungsindex. Das Lochgitter in einer Vollkern-PCF<br />
hat beispielsweise einen maximalen axialen Index, der mit<br />
wachsender <strong>Licht</strong>frequenz zunimmt.<br />
Damit lassen sich PCF realisieren, die bei allen Wellenlängen<br />
nur die Fundamentalmode im Kernbereich führen,<br />
während höhere Moden abgestrahlt werden. In einer solchen<br />
Faser sinkt der Brechungsindexkontrast zwischen<br />
Kern und Mantel mit kürzer werdender Wellenlänge,so dass<br />
nur die Grundmode geführt wird. Ein solches Verhalten<br />
wird auf Englisch auch „endlessly Single Mode Guidance“<br />
genannt, also auf Deutsch „endlose Einzelmodenführung“.<br />
In Vollkern-PCF mit großen Luftlochanteilen und kleinen<br />
Kerndurchmessern (d ≈ 1 µm) beeinflusst zudem die Wellenleiterdispersion<br />
die Fundamentalmode so stark,dass sich<br />
das Vorzeichen der Gesamtdispersion umgekehrt. Damit<br />
lässt sich der Nulldurchgang des Dispersionskoeffizienten<br />
bis in den grünen Spektralbereich verschieben. Diese<br />
Nulldispersions-Wellenlänge (Zero Dispersion Wavelength)<br />
liegt sonst bei reinem SiO2 bei 1,3 μm, also im Infraroten.<br />
Seit langer Zeit ist der Einfluss der Dispersion bei der<br />
Formung von Solitonen und bei Vier-Wellen-Mischprozessen<br />
bekannt (siehe Physik in unserer Zeit 2007, 38(2), 73). Vor<br />
der Realisierung von PCF gab es jedoch faktisch keine Möglichkeit,<br />
die Dispersion in nichtlinearen Fasern nach Belieben<br />
einzustellen. Mit den PCF ist das nun möglich. Deshalb<br />
beflügeln sie besonders diesen Forschungsbereich in der<br />
nichtlinearen Optik. Eine der wichtigsten Anwendung von<br />
Vollkern-PCF ist die Generation von sogenannten optischen<br />
Superkontinua: Solches „weißes Laserlicht“ besitzt ein extrem<br />
breites Frequenzspektrum, das mehr als eine Oktave<br />
überspannen kann, wobei es aus vielen scharfen Einzellinien<br />
besteht [5]. Als <strong>Licht</strong>quellen dienen Kurzpulslaser, zum<br />
Beispiel ein Ti:Saphir-Laser (Pulslänge 120 fs), ein Nd:YLF-<br />
Laser (600 ps) oder ein Faserlaser (5 ps) (Abbildung 5). Mit<br />
dem Faserlaser lässt sich ein Superkontinuum mit einer beachtenswerten<br />
Strahlungsdichte von 4,5 mW/nm im gesamten<br />
Spektralbereich zwischen 450 nm und bis 800 nm<br />
erreichen. Das schon erwähnte modengekoppelte Titan-Saphir-Lasersystem<br />
ermöglichte die Erzeugung eines oktavbreiten<br />
Spektralkamms aus wohldefinierten Frequenzen.<br />
Theodor Hänsch (Nobelpreis für Physik 2005) verwendete<br />
ihn, um auf einfache Weise optische Frequenzen mit einer<br />
Genauigkeit kleiner 10 –15 zu vermessen (siehe Physik in unserer<br />
Zeit 2005, 36(5), 258 und 2006, 37(2), 63).<br />
PHOTONISCHE KRISTALLFASERN<br />
| OPTIK<br />
ZUSTANDSDICHTE UND FELDVERTEILUNG IM FASERMANTEL<br />
Zustandsdichte und ausgewählte Feldverteilungen des periodischen Mantelbereichs<br />
einer photonischen Kristallfaser. (Grafik: Greg Pearce, Uni. Erlangen.)<br />
Im Bild rechts oben ist ein Ausschnitt<br />
aus dem Mantel einer photonischen<br />
Kristallfaser zu sehen (schwarz: Glasmaterial,<br />
weiß: Luftkanal). Die anderen<br />
Bilder zeigen, wie sich in ihm das <strong>Licht</strong><br />
in Abhängigkeit von der Wellenlänge<br />
ausbreitet und bei welchen Wellenlängen<br />
sich die Bandlücke des photonischen<br />
Kristalls auftut. <strong>Licht</strong> dieser<br />
Wellenlänge kann sich also dort nicht<br />
ausbreiten. Die Wellenlänge steckt bei<br />
dieser Betrachtung allerdings implizit<br />
im Wellenvektor kk, für dessen Betrag<br />
k = 2π/λ gilt.<br />
Die Grafik ganz links zeigt die computersimulierte<br />
Zustandsdichte des<br />
betrachteten Mantelausschnitts. Dabei<br />
trennt die <strong>Licht</strong>linie (Air Line) die<br />
Bereiche der Moden mit effektivem<br />
Brechungsindex größer als 1 (rechts<br />
von der Air Line) von denen mit einen<br />
Index kleiner 1 (links von der Air Line).<br />
Der rote Bereich zwischen den Punkten<br />
A und B repräsentiert die photonische<br />
Bandlücke, wohingegen die Region<br />
rechts vom Punkt C jenseits des maximalen<br />
Wellenvektors für die <strong>Licht</strong>aus-<br />
breitung entlang der Faserachse liegt.<br />
Λ ist die Gitterkonstante des photonischen<br />
Kristalls, k0 der Vakuumwellenvektor.<br />
Die drei Feldverteilungen (Bilder<br />
A, B, C) geben den axialen Poynting-<br />
Vektor an den jeweiligen Punkten A, B,<br />
C wieder. Bereiche hoher Intensität sind<br />
gelb, mittlerer rot und niedriger<br />
Intensität blau dargestellt.<br />
Im Bild C hat die Feldamplitude in<br />
jedem Schwingungsknoten das gleiche<br />
Vorzeichen. In Bild B wechselt das<br />
Vorzeichen zwischen zwei benachbarten<br />
Knoten. In Punkt A hat das zentrale<br />
Maximum dagegen ein Vorzeichen, das<br />
seinen sechs umgebenden Nachbarmaxima<br />
entgegengesetzt ist. Entsprechend<br />
ihres Luftflächenanteils werden<br />
die Bandkanten in den Punkten A und B<br />
als Luftbandkante oder dielektrische<br />
Kante bezeichnet. Die Mode in C stellt<br />
hingegen den fundamentalen Raumfüllungsmode<br />
(Fundamental Space-filling<br />
Mode) dar: Der Raumfüllungsmode<br />
ist die Mode mit höchstem effektiven<br />
Brechungsindex.<br />
© 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.phiuz.de 4/2008 (39)<br />
| Phys. Unserer Zeit<br />
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