bik news - Büro für Internationale Kulturprojekte
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ik <strong>news</strong><br />
Dezember 2006<br />
Hengelbrock mit Idomeneo in Paris<br />
Il Re pastore in Salzburg<br />
Don Giovanni in Feldkirch<br />
Portrait Michael Behringer<br />
Legrenzis Giustino in Schwetzingen
Liebe Leserinnen und Leser<br />
Wir freuen uns, in Form unserer neu gestalteten<br />
„<strong>bik</strong> <strong>news</strong>“ einen kleinen Überblick über die Projekte<br />
von Balthasar-Neumann-Chor, Balthasar-<br />
Neumann-Ensemble und Thomas Hengelbrock<br />
geben zu können.<br />
Die zurückliegenden Monate haben uns auf<br />
viele künstlerische Entdeckungsreisen gehen<br />
lassen und mit außergewöhnlichen Künstlern<br />
zusammengeführt. Einer der Höhepunkte war<br />
sicherlich die Aufführung von Mozarts „Il Re<br />
pastore“ bei den Salzburger Festspielen, die<br />
anschließend beim Musikfest Bremen und dem<br />
Beethovenfest Bonn gezeigt wurde.<br />
Auch <strong>für</strong> das kommende Jahr haben wir Spannendes<br />
vor. Aber lesen Sie selbst. Wir wünschen<br />
Ihnen viel Freude beim Durchblättern dieses<br />
Heftes!<br />
Das <strong>Büro</strong> <strong>für</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Kulturprojekte</strong><br />
wünscht Ihnen frohe Weihnachten und einen<br />
guten Start in das neue Jahr!<br />
Mit herzlichen Grüßen<br />
Ihr BIK-Team Thomas Krümpelmann, Clemens Pustejovsky, Birgit Gantenberg, Annett Baumeister, Silvia Bleile, Katharina Götz
„Musikalisch prallen die Gegensätze schon in der Ouvertüre unvermittelt, mitreißend und ausgefeilt aufeinander.<br />
Das Balthasar-Neumann-Ensemble bietet instrumentalen Feinschliff. Bemerkenswert ist die Behandlung der Rezitative,<br />
die die Dramatik des Geschehens geradezu explosiv vorantreiben... Hengelbrocks Deutung fasziniert, auch ob ihrer an<br />
musikalischen Details orientierten Personenregie. Das alles hat mehr als nur ,einen Hauch von Mozart’.<br />
Es hat Festspielformat, allerdings jenseits von Glamour und High Society.“ OPERNWELT
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
(1756 – 1791)<br />
Don Giovanni<br />
Dramma giocoso KV 527<br />
Libretto von Lorenzo da Ponte<br />
Prager Fassung<br />
Thomas Hengelbrock Regie und<br />
Leitung<br />
Freo Mayer Mitarbeit Regie<br />
Renato Uz Bühne<br />
Petra Weikert Kostüme<br />
Roland Edrich Licht<br />
Georg Nigl Don Giovanni<br />
Svetlana Doneva Donna Anna<br />
Andreas Karasiak Don Ottavio<br />
Boris Petronje Komtur<br />
Arpiné Rahdjian Donna Elvira<br />
Tiziano Bracci Leporello<br />
Manfred Bittner Masetto<br />
Katharina Persicke Zerlina<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
„Senza alcun ordine la danza sia“<br />
Don Giovanni beim Feldkirch Festival<br />
Nach seiner erfolgreichen Inszenierung von<br />
Purcells „King Arthur“ zeigte Thomas Hengelbrock<br />
mit Mozarts „Don Giovanni“erneut eine<br />
viel beachtete Regiearbeit. Im Rahmen des<br />
diesjährigen Feldkirch Festivals begeisterte der<br />
Dirigent und Regisseur gemeinsam mit seinem<br />
Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble sowie<br />
herausragenden Sänger-Darstellern das<br />
Publikum der Montfortstadt. Den Don<br />
Giovanni verkörperte Georg Nigl, der bereits<br />
in der Produktion „Der Winterkönig“ Werke<br />
von Schubert und Maxwell Davies faszinierend<br />
in Szene gesetzt hatte.<br />
„Packendes, tief schürfendes Musiktheater“<br />
brachte Hengelbrock auf die Bühne und verschrieb<br />
sich auf das ureigenste Mittel des<br />
Schauspiels: den spielenden Menschen. Dabei<br />
orientiert sich seine ausgefeilte Personenregie<br />
eng an der Musik der stringenten Prager<br />
Urfassung. Zudem bildete ein eingehendes<br />
Studium der Ursprünge des Stoffes die Basis<br />
<strong>für</strong> seine musikalische wie szenische Interpretation<br />
des Stückes.<br />
Ausgehend vom ersten überlieferten Don<br />
Giovanni-Text, dem Drama „El burlador de<br />
Sevilla“ des Spaniers Tirso de Molina, über<br />
verschiedene italienische Autoren und den<br />
„Don Juan“ Molières bis hin zu Mozarts Zeitgenossen<br />
konnte eine Genese dieses Stücks<br />
erarbeitet werden. So ließ sich ein neues Bild<br />
gewinnen, auf welcher Basis da Ponte und<br />
Mozart ihren „Don Giovanni“ geschrieben<br />
haben. Woher stammen die Figuren, wie<br />
verlief die Rezeption der Don Giovanni-<br />
Geschichte zwischen 1600 und 1787? Hengelbrock<br />
interessierte, was die Zeitgenossen<br />
irritiert haben mochte, denen die Figur des<br />
großen Verführers durch die vielen hundert<br />
Versionen des Stoffes vertraut war.<br />
5
„Am Pult seines Balthasar-Neumann-Ensembles sorgte Hengelbrock <strong>für</strong> ein Farbpanorama, in dem auch die üblicherweise selten zu<br />
hörenden Mittelstimmen hervortraten. Geschärftes Rhythmusprofil, lebhafte Klanggestik, besonders in den Rezitativen mit phantasievollen<br />
Hammerflügel-Improvisationen, kennzeichneten die Originalklang-Praxis, auf die sich ebenso die acht ausdrucksstarken Sänger<br />
verstanden. Und der gewandten, Figuren und Handlung plastisch charakterisierenden Personenführung Hengelbrocks war anzumerken,<br />
dass der umtriebige Geiger, Musikforscher, Ensemblegründer und -leiter eigentlich kein Regie-Neuling ist. An beiden Opernabenden<br />
herrschte unter Künstlern wie Publikum gleichermaßen familiäre Hochstimmung.“ FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
Die Inszenierung zeigt vor allem eines:<br />
„Don Giovanni“ ist kein moralisierendes<br />
Stück. Mozart klagt nicht an, behält sich<br />
aber stets die Ironie des Betrachters vor. Im<br />
Vordergrund steht die zerstörerische Kraft<br />
Don Giovannis: die des „Burlador“, des<br />
Wüstlings.<br />
Das Darsteller-Ensemble beeindruckte<br />
durch seine Spiellust auf der wandelbaren,<br />
multifunktionalen Bühne von Renato Uz.<br />
Neben dem grandios aufspielenden Georg<br />
Nigl als Don Giovanni zeigte der junge<br />
italienische Sänger Tiziano Bracci als<br />
Leporello, welch großes schauspielerisches<br />
Talent in ihm steckt. Arpiné Rahdjian verkörperte eine Donna<br />
Elvira „von aufgewühlter Dramatik und Innigkeit“. Über Donna<br />
Anna schreibt die Neue Zürcher Zeitung: „Ihre beiden Arien<br />
werden Dank Svetlana Donevas warmem Sopran zu Höhepunkten<br />
der Aufführung. Wenn sich hier im Orchester die<br />
Themen und Motive der Holzbläser zärtlich umschlingen und<br />
ihre eigene Sprache sprechen, tut sich das Herz weit auf.“ Die<br />
junge Zerlina Katharina Persicke bestach durch ihren glockenreinen<br />
Sopran und ihr lockendes Spiel und „machte nicht nur<br />
Giovanni und Masetto<br />
schwach“. Manfred<br />
Bittner gelang eine<br />
furiose Darstellung des<br />
vor Zorn bebenden,<br />
betrogenen Masetto<br />
und Andreas Karasiak<br />
überzeugte in der Rolle<br />
des Don Ottavio als<br />
„Es gelang dem ambitionierten künstlerischen Leiter Thomas Hengelbrock,<br />
diesem vielfach malträtierten Meisterwerk ungewohnte neue Aspekte<br />
abzutrotzen. Im Zusammenspiel mit der musikalischen Interpretation wird<br />
das Werk tatsächlich unerwartet revolutionär. Was Hengelbrock seinem<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble an Schroffheit, Rasanz und Tempowechsel<br />
entlockt, entstammt einer sehr persönlich gefärbten, aber gerade darum<br />
interessanten und gegen den Mainstream gerichteten Sicht. Der Jubel des<br />
Publikums gab dem künstlerischen Leiter, der im Vorfeld den Feldkircher<br />
Festspielgästen eine Begeisterung <strong>für</strong> diese Lesart zugetraut hatte, Recht.”<br />
DAS OPERNGLAS<br />
korrekter Jurist. In zahlreichen Nebenrollen ergänzten die<br />
Sänger des Balthasar-Neumann-Chores das Spiel auf beeindruckend<br />
präsente Weise.<br />
Thomas Hengelbrock löste sein Versprechen ein, das Balthasar-<br />
Neumann-Ensemble als Theaterorchester zu führen, das den<br />
Charakter der jeweiligen Figur beziehungsweise Szene lebendig<br />
und ausdrucksvoll gestaltete. Die Behandlung der Rezitative<br />
mit Michael Behringer am Hammerflügel beeindruckte, sie<br />
trieben die Dramatik des Geschehens „explosionsartig“ voran.<br />
Ausdrucksstarke Sänger und ein<br />
charismatisches Orchester sorgten<br />
<strong>für</strong> frenetischen Jubel und standing<br />
ovations bei den Feldkircher Aufführungen.<br />
Hier trat uns „Mozart ganz<br />
ohne Perücke und Puder in atemberaubender<br />
Vitalität entgegen“.<br />
7
Künstlerische Leitung niedergelegt<br />
Im Jahr 2001 hat Thomas Hengelbrock<br />
das Feldkirch Festival <strong>für</strong> die<br />
Stadt Feldkirch konzipiert und als<br />
künstlerischer Leiter zusammen mit<br />
dem <strong>Büro</strong> <strong>für</strong> <strong>Internationale</strong> <strong>Kulturprojekte</strong><br />
geplant und durchgeführt.<br />
Es ist in den letzten Jahren gelungen,<br />
das Festival zu einem international<br />
beachteten Programmfestival zu entwickeln.<br />
Mit einer 85-prozentigen Auslastung<br />
stellte das diesjährige Festival einen<br />
Höhepunkt in seiner sechsjährigen<br />
Geschichte dar.<br />
Trotz des überragenden künstlerischen<br />
und wirtschaftlichen Erfolgs<br />
konnte die Stadt Feldkirch entgegen<br />
ihrer Zusage die dringend notwendige<br />
Verbesserung der Organisationsstruktur<br />
vor Ort nicht realisieren. Eine<br />
verbindliche Budgetzusage <strong>für</strong> das<br />
kommende Jahr wurde nicht erteilt<br />
und eine grundsätzliche Diskussion<br />
über die zukünftige Ausrichtung des<br />
Festivals auf politischer Ebene angekündigt.<br />
Damit war der aufwendigen<br />
Konzeption des Feldkirch Festivals<br />
2007 die erforderliche Planungssicherheit<br />
entzogen. Aus diesem Grund sah<br />
sich Thomas Hengelbrock gezwungen,<br />
die künstlerische Leitung des Feldkirch<br />
Festivals niederzulegen.<br />
The Secret Agent von Simon Wills<br />
Uraufführung beim Feldkirch Festival<br />
Eine weitere Opernproduktion machte beim<br />
diesjährigen Feldkirch Festival Furore: die Uraufführung<br />
„The Secret Agent“. Der englische<br />
Komponist Simon Wills erhielt den Auftrag zur<br />
Komposition, die von einem beeindruckenden<br />
Solistenensemble (Bernhard Landauer, Barbara<br />
Ostertag, Peter Kajlinger, Rafael Vazquez,<br />
Yehuda Almagor) in einem alten Feldkircher<br />
Hallenbad uraufgeführt wurde – vom Publikum<br />
frenetisch gefeiert und von der Presse als<br />
„Sensationserfolg“ gelobt.<br />
Die Oper basiert auf dem 1907 erschienenen<br />
gleichnamigen Roman des Schriftstellers Joseph<br />
Conrad. Ort des Geschehens ist London: Im<br />
Hinterzimmer eines Ladens wird die anarchistische<br />
Revolution vorbereitet. Geheimagent<br />
Charles Verloc erhält den Auftrag, die Sternwarte<br />
von Greenwich, den Inbegriff des Fortschritts,<br />
in die Luft zu jagen. Doch durch einen<br />
schrecklichen Unfall verändert sich Verlocs<br />
Leben grundsätzlich und auf dramatische<br />
Weise. Conrad stellt in seinem Roman Archetypen<br />
menschlichen Daseins in ein Experimentierfeld:<br />
Pflicht, Verantwortung, Entfremdung,<br />
Kommunikation, Liebe und Hass prallen aufeinander<br />
und erzeugen eine Atmosphäre, in<br />
der <strong>für</strong> menschliches Handeln kein Platz mehr<br />
zu sein scheint. Er schildert eindringlich, wie<br />
leicht sich die Grenzen zwischen Zivilisation<br />
und Unmenschlichkeit in einer Extremsituation<br />
auflösen. Obwohl diese Thematik mehr denn<br />
je brandaktuell ist, legt Simon Wills Wert<br />
darauf, dass seine Oper keine künstlerische<br />
Antwort auf den aktuellen Terrorismus darstellt.<br />
Er sieht sein Werk vielmehr als Studie<br />
Simon Wills und Katrin Hiller<br />
über Verrat und zwischenmenschliche Kälte,<br />
als „eine bittere Geschichte, eine kleine häusliche<br />
Tragödie über kleine, unbedeutende Menschenleben,<br />
die durch das große Spiel der<br />
Realpolitik ausgelöscht werden.“<br />
Die Regisseurin Katrin Hiller hat gemeinsam<br />
mit dem türkischen Künstler Irfan Önürmen<br />
ein Bühnenkonzept entwickelt, das die Atmosphäre<br />
des Stückes auf kongeniale Weise in<br />
den besonderen Aufführungsraum in Feldkirch<br />
transportiert. Angesichts des enormen<br />
Publikumserfolgs wurden vom Feuilleton einhellig<br />
Wiederaufführungen dieser großartigen<br />
Kammeroper gefordert.<br />
9
„Schon mit der stürmischen Ouvertüre bläst Hengelbrock alle vermeintliche Niedlichkeit aus dieser Pastorale – die Partitur des 19-jährigen<br />
Mozart wird Takt <strong>für</strong> Takt ernst genommen, ohne sie auf der anderen Seite mit Deutungsballast zu erschlagen. Spannender und intensiver,<br />
als das Hengelbrock und sein Balthasar-Neumann-Ensemble tun, lässt sich Mozart heutzutage schwerlich musizieren.“<br />
GENERALANZEIGER BONN
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
(1756 – 1791)<br />
Il Re pastore<br />
Serenata in zwei Akten KV 208<br />
Text von Pietro Metastasio<br />
Thomas Hengelbrock Regie und<br />
Leitung<br />
Aniara Amos Mitarbeit Regie<br />
Choreographie<br />
Mirella Weingarten Ausstattung<br />
Jeannot Bessière Licht<br />
Kresimir Spicer Alessandro<br />
Annette Dasch Aminta<br />
Marlis Petersen Elisa<br />
Arpiné Rahdjian Tamiri<br />
Andreas Karasiak Agenore<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Eine Koproduktion der<br />
Salzburger Festspiele mit dem<br />
Musikfest Bremen und dem<br />
Beethovenfest Bonn<br />
Eröffnung der Salzburger Festspiele<br />
Hengelbrock begeistert mit Il Re pastore<br />
Das Werk eines 19-jährigen eröffnete in diesem<br />
Jahr die Salzburger Festspiele und damit das<br />
Projekt „Mozart 22“ zum 250. Geburtstag<br />
des Komponisten.Thomas Hengelbrock sorgte<br />
– in Personalunion als Regisseur und Dirigent –<br />
mit seiner Neuinterpretation von„Il Re pastore“<br />
<strong>für</strong> eine Ehrenrettung des unterschätzten<br />
Werkes, das zum ersten Mal im Rahmen der<br />
Festspiele zu Gehör kam und als „Publikumserfolg“<br />
und „Geheimtipp“ des diesjährigen<br />
Festivals galt.<br />
In Szene gesetzt wurde auf einer einfachen<br />
Guckkastenbühne ein Spiel im Spiel: Eine<br />
Gruppe von fünf Freunden findet sich zum<br />
Gesellschaftsspiel „Il Re pastore“ zusammen.<br />
Die Rollen werden via Spielkarten vergeben,<br />
dazu herrlich phantasievolle Kostüme (Mirella<br />
Weingarten) und los geht’s. Doch im Verlauf<br />
des Spiels verlieren die Darsteller die ironische<br />
Distanz zu ihren Figuren, ihre Rollen beginnen<br />
sich mit dem eigenen Schicksal zu<br />
vermischen. Damit gelingt ein „wunderbar<br />
verspieltes Stück Musiktheater mit dramatischem<br />
Biss“, das tiefes menschliches Gefühl<br />
mit szenischer und klanglicher Sensibilität<br />
deutet.<br />
11
„Mit diesem Start pusteten Thomas<br />
Hengelbrock und sein auf Originalinstrumenten<br />
musizierendes Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
die Ohren<br />
frei und verwöhnten sie mit einem<br />
plastischen, konturscharfen, farbiglebendigen<br />
Mozart-Klang.“<br />
MÜNCHNER MERKUR<br />
„ Jubel und Standing Ovations in der<br />
Salzburger Universitätsaula.“<br />
WIENER ZEITUNG<br />
„Thomas Hengelbrock, der Dirigent<br />
und Regisseur in Personalunion, verpasst<br />
der Pastorale von Anfang an<br />
doppelte Böden, lässt es unter der<br />
Oberfläche brodeln. Mit juvenilem<br />
Elan und Hochspannungs-Spiel legt<br />
sein Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
den Gehalt des Werks frei, ohne<br />
kammermusikalische Intimität missen<br />
zu lassen. Thomas Hengelbrock<br />
gelang ein lichtes Plädoyer <strong>für</strong> die<br />
Serenata eines 19-jährigen.“<br />
SALZBURGER VOLKSZEITUNG
Neuerscheinung<br />
Il Re pastore auf DVD<br />
Die Aufführung „Il Re pastore“ bei<br />
den Salzburger Festspielen 2006 ist<br />
als DVD in der Reihe „Mozart 22“<br />
erschienen und <strong>für</strong> ca. 27,– Euro im<br />
Handel erhältlich:<br />
Deutsche Grammophon<br />
DVD Video (9) 004400734225<br />
Die Live-Aufnahmen der Salzburger<br />
Festspiele 2006 mit allen 22 Bühnenwerken<br />
Mozarts erscheinen in einer<br />
exklusiven DVD-Box und sind <strong>für</strong><br />
ca. 330,– Euro erhältlich.<br />
Mit Marlis Petersen (Elisa) und Annette<br />
Dasch (Aminta) brillierten auf der Bühne zwei<br />
Sängerinnen, die mit hohem Können und fein<br />
nuanciertem Ausdruck ihre Figuren lebendig<br />
werden ließen. „Da stimmt alles, die Wucht<br />
der Koloraturen, die Vielfalt des Ausdrucks.“<br />
Arpiné Rahdjian (Tamiri) setzte dem einen<br />
„dunkel-timbrierten, fülligen Sopran“ entgegen.<br />
Die Auftritte des Königs wurden mit<br />
einer gehörigen Portion Ironie durchsetzt,<br />
wunderbar dargestellt von Kresimir Spicer.<br />
„Da hat Hengelbrock wie immer ganz genau<br />
in die Partitur geschaut, die an diesen Stellen<br />
so konventionell wie nur möglich ist“. Andreas<br />
Karasiak ist der Spielleiter des Ganzen und<br />
überzeugte als Agenore in seiner glutvollen<br />
Arie. Herausragend war Michael Behringer<br />
am Hammerklavier, der zeigte, dass selbst<br />
„im simpelsten Akkord eines Secco-Rezitativs<br />
Leben stecken kann“.<br />
Das Balthasar-Neumann-Ensemble zeigte auf<br />
beeindruckende Weise die Vielschichtigkeit<br />
der Partitur und ging dramatisch zu Werke.<br />
„Was Hengelbrock da mit seinem brillanten<br />
Originalklang-Ensemble aus jeder Arie an individuellen<br />
Farben herausholt, wie dieser Mozart<br />
unter dem Zugriff auf die Tiefenschichten der<br />
Partitur alle vorgebliche Harmlosigkeit verliert,<br />
wie die Dissonanzen explodieren, wie die<br />
Flöten trauern und die Trompeten sich parodistisch<br />
aufplustern – all das erstaunt und<br />
begeistert.“<br />
Nicht weniger enthusiastisch waren die Reaktionen<br />
des Publikums bei den Koproduktionspartnern<br />
in Bremen und Bonn während der<br />
anschließenden Tournee.<br />
13
„Was hat doch dieser von den Salonorchestern in aller Welt systematisch zugrundegerichtete Grieg <strong>für</strong> ein dramatisches Gefühl! Natürlich<br />
braucht man dazu auch einen dem oberflächlichen Effekt abholden Dirigenten wie Thomas Hengelbrock, um das wiederentdecken zu dürfen.<br />
Und Klaus Maria Brandauer rezitiert den verrückten Außenseiter aus dem Norden – halb Faust, halb Münchhausen – mit berückender<br />
14Intensität.“<br />
SALZBURGER NACHRICHTEN
Peer Gynt<br />
Ein dramatisches Gedicht<br />
von Henrik Ibsen mit Musik<br />
von Edvard Grieg<br />
Klaus Maria Brandauer Peer Gynt<br />
Maria Hengge Åse<br />
Marianne Hamre Trumpeterstråle<br />
Paul Sigmund Master Cotton<br />
Florian Lebek Monsieur Ballon<br />
Ingolf Müller von Eberkopf<br />
Maximilian Brockstedt Ein Bräutigam<br />
Yohanna Schwertfeger Solveig<br />
Marie Luisa von Spieß Die Grüne<br />
Malin Hartelius Solveig, Säterin<br />
Marta Kosztolányi Anitra<br />
Hanne Weber Säterin<br />
Gabriele Weinfurter Säterin<br />
Wolfgang Klose Dieb<br />
Timo Zimmer Hehler<br />
Chor und Symphonieorchester des<br />
Bayerischen Rundfunks<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
Konzeption: Thomas Hengelbrock und<br />
Klaus Maria Brandauer<br />
07. und 08.12.06 München Gasteig<br />
09.12.06 Festspielhaus Baden-Baden<br />
Dramatik pur – Brandauer und<br />
Hengelbrock mit Peer Gynt auf Tour<br />
Schauspielmusiken wirken auf den ersten<br />
Blick unmodern. Unser heutiges Theater verzichtet<br />
oftmals auf historisches Beiwerk. Eine<br />
kommentierende Begleitmusik, live gespielt von<br />
einem großen Orchesterapparat, fällt aus dem<br />
Rahmen moderner Theaterästhetik.<br />
Der bedeutendste Dramatiker Norwegens sah<br />
das 1874 anders und bat den führenden Komponisten<br />
seines Landes, die Musik zu seinem<br />
dramatischen Gedicht zu schreiben. Edvard<br />
Grieg nahm das Angebot Henrik Ibsens an und<br />
setzte das Drama des haltlosen Sinnsuchers<br />
Peer Gynt musikalisch um. Die Schauspielmusik<br />
baut Brücken von Szene zu Szene, lässt<br />
Stimmungen nachklingen, kommentiert, greift<br />
in die Handlung ein. Auf faszinierende Weise<br />
verbinden sich Musik und Drama zu einem<br />
eindrucksvollen Portrait<br />
nordischer Seelenmystik.<br />
Mit seiner Schicksalsschwere,<br />
der Hassliebe<br />
zur den Naturgewalten,<br />
seiner freischweifenden<br />
Phantasie ist die Figur des<br />
Peer Gynt eine Art nordischer<br />
Faust. Voller Un-<br />
Henrik Ibsen<br />
ruhe und verwirrt von dämonischen Trieben<br />
jagt er einem Ideal nach, übersieht dabei aber<br />
das nahe Glück und vertut sein Leben.<br />
In Norwegen wurde „Peer Gynt“ stürmisch gefeiert,<br />
das Echo außerhalb des eigenen Landes<br />
blieb jedoch verhalten. Grieg wirkte dem<br />
Vergessen seiner Musik entgegen, indem er<br />
zweimal vier Stücke zu den<br />
bekannten Peer-Gynt-Suiten<br />
umarrangierte, die auch<br />
heute noch in vieler Ohren<br />
sind – nicht zuletzt durch<br />
die Fernsehwerbung. Die<br />
eigentliche Intention des<br />
Komponisten wird jedoch<br />
erst in der vollständigen<br />
Fassung der Schauspielmusik<br />
deutlich.<br />
Edvard Grieg<br />
Klaus Maria Brandauer und Thomas Hengelbrock<br />
sehen gerade in dieser vielfältigen Verbindung<br />
von gesprochenem Wort und Musik<br />
die Möglichkeit, etwas aufregend Anderes zu<br />
schaffen. Eine komprimierte Konzertfassung<br />
von Ibsens Drama mit der Grieg’schen Schauspielmusik<br />
mit einer ausgefeilten Regie- und<br />
Lichtkonzeption ergeben ein Gesamtkunstwerk,<br />
dem sich keiner verschließen kann.<br />
Kein alltägliches Schauspiel, kein normales<br />
Konzert, sondern ein Kunsterlebnis, das alle<br />
Sinne anspricht. In München und Baden-<br />
Baden bannten sie damit das Publikum zwei<br />
volle Stunden lang.<br />
15
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
(1756 – 1791)<br />
Idomeneo<br />
Dramma per musica KV 366<br />
Libretto von Giambattista Varesco<br />
Thomas Hengelbrock Leitung<br />
Luc Bondy Regie<br />
Erich Wonder Bühne<br />
Arco Renz Choreographie<br />
Rudy Sabounghi Kostüme<br />
Dominique Brughière Licht<br />
Ramon Vargas Idomeneo<br />
Joyce DiDonato Idamante<br />
Camilla Tilling Ilia<br />
Mireille Delunsch Elettra<br />
Thomas Moser Arbace<br />
Xavier Mas Il sacerdote<br />
Ilya Bannik La voce<br />
Jason Bridges Il messagero<br />
Orchestre et Chœurs<br />
de l’Opéra national de Paris<br />
Paris, Palais Garnier<br />
30.11. 2006,<br />
03/05/11/15/18/22/27/29.12. 2006<br />
Thomas Hengelbrock in Paris<br />
Nach seiner Aufsehen erregenden Interpretation<br />
von Glucks „Orpheus” in einer Choreographie<br />
von Pina Bausch im letzten Jahr steht<br />
Thomas Hengelbrock nun erneut am Pult der<br />
Pariser Oper im Palais Garnier. Mit der Pariser<br />
Neuinszenierung des „Idomeneo” in diesem<br />
Dezember schließt sich <strong>für</strong> Hengelbrock der<br />
Kreis des Mozart-Jahres 2006, wie man es sich<br />
kaum intensiver wünschen<br />
könnte. So sehr sich der<br />
Dirigent den frühen Seria-<br />
Opern, besonders natürlich<br />
„Il Re pastore” verbunden<br />
fühlt, sieht er in „Idomeneo”<br />
doch den eigentlichen künstlerischen<br />
Durchbruch Mozarts<br />
kurz vor dem Beginn seiner<br />
Wiener Zeit. Während Glucks<br />
Opernreform ihre Impulse<br />
vor allem aus Veränderungen<br />
der Libretti bezogen hatte,<br />
durchbricht Mozart die überkommene Operaseria-Tradition<br />
mit einer zutiefst subjektiven<br />
Musiksprache. Mit unerschöpflichem Einfallsreichtum<br />
beginnt Mozart das Seelenleben<br />
seiner Opernhelden nicht nur in der Gesangslinie,<br />
sondern nun auch mit instrumentalen<br />
Mitteln zu beschreiben. Es ist die Geburtsstunde<br />
des Orchesterkommentars, wie er <strong>für</strong><br />
Mozarts spätere da-Ponte-Opern typisch ist.<br />
Er gab der Operngeschichte auf dem Weg zur<br />
großen romantischen Oper eine völlig neue<br />
Richtung. Luc Bondys Inszenierung spürt<br />
dieser veränderten, in Richtung des Sturm und<br />
Drang weisenden Figurenzeichnung mit einer<br />
feinen Personenführung nach und betont<br />
dabei das konflikthafte Vater-Sohn-Verhältnis<br />
zwischen Idomeneo und Idamante, das<br />
mehr als in den anderen Opern Mozarts autobiographische<br />
Züge aufweist. Für die aufgewühlten<br />
Seelenlandschaften der Protagonisten<br />
haben der Bühnenbildner Erich Wonder und<br />
die Lichtdesignerin Dominique Brughière eine<br />
beeindruckende Kulisse entworfen, die an<br />
Turners späte Seestücke denken lässt, vor allem<br />
aber die verstörenden Bilder der Tsunami-<br />
Katastrophe aus dem Jahr 2004 aufgreift.<br />
17
Motetten und Kantaten<br />
von Purcell und Bach<br />
Henry Purcell<br />
Anthems<br />
Funeral music on the Death<br />
of Queen Mary<br />
Johann Ludwig Bach<br />
„Wir wissen, so unser irdisches Haus“<br />
Motette<br />
Johann Sebastian Bach<br />
„Christ lag in Todesbanden“<br />
Kantate BWV 4<br />
„Nach dir, Herr, verlanget mich“<br />
Kantate BWV 150<br />
„Komm, Jesu, komm“<br />
Motette BWV 229<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
und Solisten<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
20.03.07 Forum Ludwigsburg<br />
21. 03. 07 Herkulessaal München<br />
22.03.07 Reitstadl Neumarkt<br />
25.03.07 Festspielhaus Baden-Baden<br />
Sterbensschöne Traurigkeit<br />
„Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble<br />
rissen das Publikum in der Jakobskirche<br />
Köthen mit ihrem Programm zu stehenden<br />
Ovationen hin. Der Aufsehen<br />
erregende Vortrag schenkte<br />
dem Festival einige jener seltenen<br />
Glücksmomente, die<br />
man mit keiner Eintrittskarte<br />
der Welt kaufen kann.<br />
Momente, die das Werk mit<br />
den Interpreten und den Zuhörern im gemeinsamen<br />
Empfinden vereinigen. Hinter dem<br />
schlichten Titel ,Kantaten und Motetten’<br />
verbarg sich ein Programm von höchster<br />
Exklusivität.<br />
Sauberer in der Intonation und edler im<br />
Klang wäre der Part des elfköpfigen Kammerorchesters<br />
nicht vorstellbar gewesen. Derweil<br />
errichteten knapp 20 Sängerinnen und Sänger<br />
intime Klangbilder von atemberaubender<br />
Intensität. Hengelbrock forderte seinen Musikern<br />
exzentrische Dramatik und insistierende<br />
Emotionalität ab, seine ausgreifende Gestik<br />
formte den Chorklang wie weiches Wachs.<br />
Zum Schluss die doppelchörige Motette<br />
,Komm, Jesu, komm’ – inständiges Bitten,<br />
zartes Flehen. Fast unanständig schön war<br />
das.“ So schrieb die Mitteldeutsche Zeitung<br />
in diesem Sommer, als Balthasar-Neumann-<br />
Chor und -Ensemble mit ihrem Konzertpro-<br />
gramm auf Tournee gingen. Eine Fortsetzung<br />
in mehreren Städten Deutschlands ist nun<br />
<strong>für</strong> den März 2007 geplant.<br />
Purcells „Funeral<br />
music“ steht den<br />
<strong>für</strong> dieses Programmausgewählten<br />
Werken des<br />
FRANKFURTER RUNDSCHAU<br />
Leipziger Thomaskantors<br />
weitaus<br />
näher, als man auf den ersten Blick denken<br />
mag. Bach schrieb seine Motetten nicht <strong>für</strong><br />
den gewöhnlichen sonntäglichen Gottesdienst,<br />
sondern <strong>für</strong> besondere Anlässe, meist<br />
Begräbnisfeiern bedeutender Leipziger Persönlichkeiten.<br />
Ihrer Bestimmung entsprechend<br />
sind die Werke von sehr intimem und<br />
konzentriertem Charakter. Zugleich wählte<br />
Bach nicht, wie man erwarten könnte, einen<br />
konservativen Tonfall <strong>für</strong> die altehrwürdige<br />
Gattung, sondern experimentierte mit den<br />
vielfältigen Möglichkeiten, die ihm seine<br />
Motettentexte boten und gab jedem Werk<br />
eine betont individuelle Form.<br />
So berühren sich die hier ausgewählten<br />
Werke Bachs mit Purcells Begräbnismusiken<br />
und Anthems nicht nur auf einer inhaltlichen<br />
Ebene, sondern auch in ihrem intimen<br />
Gestus und ihrer versöhnlichen Jenseitsgläubigkeit.<br />
„Mittlerweile sind diese von Thomas Hengelbrock<br />
zusammengeführten Musiker längst<br />
etabliert als eines der führenden Ensembles in<br />
Deutschland. Den Chor darf man dabei sogar<br />
als den vielleicht besten seiner Art bezeichnen.”<br />
19
Giovanni Legrenzi<br />
(1626 – 1690)<br />
Giustino<br />
Melodramma in tre atti<br />
Libretto von Niccolo Beregan<br />
Thomas Hengelbrock Leitung<br />
Nicolas Brieger Regie<br />
Katrin Nottrodt Bühne<br />
Jorge Jara Kostüme<br />
Alexander Koppelmann Licht<br />
Elisabeth Kulman Giustino<br />
Maya Boog Arianna<br />
Georg Nigl Anastasio<br />
Delphine Galou Eufemia<br />
Terry Wey Andronico<br />
Peter Kennel Vitaliano<br />
Hermann Oswald Amantino<br />
Manfred Bittner Polimante/<br />
Erasto<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Schwetzinger Festspiele,<br />
Rokokotheater<br />
26/28/29. 4. 07 und 01. 05. 07<br />
20<br />
Legrenzis Giustino – ein vergessenes<br />
venezianisches Erfolgsstück<br />
Trotz zahlreicher „Wiederentdeckungen”<br />
barocker Opern in den letzten Jahrzehnten<br />
zeigen die Spielpläne heutiger Opernhäuser<br />
immer noch eine erstaunliche Lücke. Nach<br />
Monteverdis „L’incoronatione di Poppea” von<br />
1643 gehört erst wieder Händels „Agrippina”<br />
von 1708 zum festen Bestandteil des Repertoirs.<br />
Über 50 Jahre Operngeschichte sind<br />
dem Publikum, ja sogar den meisten Musikhistorikern,<br />
nahezu unbekannt.<br />
Als Thomas Hengelbrock 2001 bei den<br />
Schwetzinger Festspielen Giovanni Legrenzis<br />
venezianische Oper „La divisione del mondo”<br />
aus dem Jahr 1675 präsentierte, wurde deutlich,<br />
wie interessant Werke dieser vergessenen<br />
Epoche gerade <strong>für</strong> das heutige Publikum sein<br />
können.<br />
Anders als noch in Monteverdis oder Cavallis<br />
Opern der Jahrhundertmitte sind gegen Ende<br />
des 17. Jahrhunderts die langgesponnen Soloszenen<br />
aus der venezianischen Oper verschwunden.<br />
Die Rezitative sind nun knapp<br />
gefasst und immer wieder von kleinen ariosen<br />
Passagen und sehr zahlreichen kurzen Arien<br />
(um die 80!) durchzogen. Es entsteht ein<br />
buntes und bewegliches Spiel aus vielen<br />
kleinen Mosaiksteinchen, das von der starren<br />
und immer gleichen Einteilung der späteren<br />
Opera seria in lange Rezitative und noch<br />
längere Da-capo-Arien denkbar weit entfernt<br />
ist. Beschleunigung und Kontrast, Überraschung,<br />
Staunen und die Faszination am<br />
Unerwarteten sind die Merkmale der venezianischen<br />
Oper des späten Seicento.
Was den Opernreformern einige Jahrzehnte<br />
später buchstäblich zu bunt geworden war,<br />
ist dem heutigen Betrachter eng vertraut.<br />
Schnelle und kurze Schnitte sind ein typisches<br />
Merkmal unserer Musikclip-Kultur,<br />
und die Aufteilung der Handlung in viele<br />
kleine Episoden hat sich auch im modernen<br />
Kino seit Robert Altmans „Short cuts” als<br />
äußerst produktives Stilmittel erwiesen.<br />
Für die Schwetzinger Festspiele 2007 wurde<br />
mit Giovanni Legrenzis „Giustino” die vielleicht<br />
erfolgreichste venezianische Oper des<br />
späten 17. Jahrhunderts ausgewählt. Nach der furios aufgenommenen<br />
venezianischen Uraufführung des „Giustino“ im<br />
Teatro San Salvatore 1683 wurde das Stück in den folgenden<br />
zwanzig Jahren von nahezu allen wichtigen Opernhäusern<br />
Italiens übernommen.<br />
Nicht nur die Musik des Maestro di cappella von San Marco,<br />
dessen Kompositionen noch Meister späterer Generationen wie<br />
J. S. Bach oder G. F. Händel zu schätzen wußten, sondern auch<br />
das <strong>für</strong> eine Barockoper selten stringente Libretto trug wesentlich<br />
zu diesem außergewöhnlichen Erfolg bei. Als Legrenzis<br />
Musik schließlich zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus der Mode<br />
gekommen war, blieb Niccolo Beregans Schilderung von sagenhaften<br />
Aufstieg des Bauern Giustino zum Kaiser immer noch<br />
präsent. Sie bildete die Grundlage <strong>für</strong> zahlreiche Neuvertonungen<br />
des Stoffes von Komponisten wie Albinoni, Vivaldi oder<br />
Händel: Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass Beregan mit<br />
seinem „Giustino” eines der bedeutensten Libretti des Barock<br />
geschaffen hat.<br />
Um das Stück in seiner ganzen Modernität wieder aufleben zu<br />
lassen, hat Thomas Hengelbrock eine eigene Spielfassung des<br />
seit der Barockzeit vergessenen und noch nie auf einer deutschen<br />
Bühne gezeigten Werkes erarbeitet. Grundlage der Aufführung<br />
wird eine von ihm herausgegebene neue Notenedition<br />
von Legrenzis „Giustino” sein, die in mühevoller Kleinarbeit Licht<br />
in das Dunkel der komplizierten Quellenüberlieferung bringt.<br />
Besonders großen Wert wurde auf eine sorgsame Rekonstruktion<br />
der instrumentalen Zwischenspiele gelegt, von denen nur die Basslinie<br />
überliefert ist. Teilweise konnte hier<strong>für</strong> auf eine neapolitanische<br />
Bearbeitung des Werkes von Alessandro Scarlatti zurückgegriffen<br />
werden; die übrige Musik wurde nach sorgfältigem<br />
Studium des überlieferten Materials von Michael Behringer im<br />
Stil Legrenzis neu komponiert. Neben einem hochkarätigen<br />
Solistenensemble und dem renommierten Regisseur Nicolas<br />
Brieger wird nicht zuletzt das aufführungspraktisch versierte<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble wesentlich zum Gelingen der<br />
Wiedererweckung des Werkes beitragen und intensiv die improvisatorischen<br />
Freiräume von Legrenzis Partitur zu nutzen wissen.<br />
21
Giuseppe Verdi<br />
(1813 – 1901)<br />
Falstaff<br />
Commedia lirica in tre atti<br />
Libretto von Arrigo Boito<br />
Thomas Hengelbrock Leitung<br />
Philippe Arlaud Regie, Bühne<br />
Licht<br />
Andrea Uhmann Kostüme<br />
Ina Wöllert Assistenz<br />
Ambrogio Maestri Falstaff<br />
Michael Volle Ford<br />
Raul Hernandez Fenton<br />
Robert Tear Dr. Cajus<br />
Jean-Paul Fouchecourt Bardolfo<br />
Graeme Broadbent Pistola<br />
Veronique Gens Alice Ford<br />
Maria Bengtsson Nannetta<br />
Jane Henschel Mrs. Quickly<br />
Karine Motyka Mrs. Meg Page<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Festpielhaus Baden-Baden<br />
25/27/29.05.07<br />
22<br />
Falstaff – Abgründe der Komödie<br />
Verdis letzte Oper im Klang der Uraufführungszeit!<br />
Thomas Hengelbrock und das Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
verwenden ausschließlich<br />
Instrumente aus der Verdi-Zeit<br />
und forschen intensiv nach dem Klangbild<br />
dieser Epoche. Bereits vor zwei Jahren waren<br />
sie im Festspielhaus Baden-Baden auf diese<br />
Weise mit Verdis „Rigoletto” höchst erfolgreich.<br />
Der Originalklang hat Verdi erreicht –<br />
das Ergebnis ist erstaunlich.<br />
Auch Regisseur Philippe Arlaud gehörte zum<br />
erfolgreichen „Rigoletto”-Team in Baden-<br />
Baden. Wenn sich der französische Künstler<br />
einer Oper erstmals nähert, sieht er bereits<br />
beim Hören der Musik Farben, die einen starken<br />
Eindruck hinterlassen. Und diese Farbeindrücke<br />
sind es, die dem Regisseur die jeweilige<br />
Grundstimmung eines Bühnenwerkes offenbaren,<br />
so dass sie in Form einer brillant ausgefeilten<br />
Lichtregie nicht selten zum zentralen<br />
Moment seiner Inszenierungen avancieren.<br />
Stehen die stimmungsmäßigen Eckpunkte in<br />
dieser Form erst einmal fest, wird Arlaud zum<br />
Sammler und legt alles in einem Schuhkarton<br />
ab, was ihm <strong>für</strong> sein neues Regieprojekt<br />
dienlich erscheint: Zettel, Zeichnungen, CDs,<br />
Zeitungsartikel...<br />
Mit einem international renommierten Solistenensemble<br />
wenden sich nun Philippe<br />
Arlaud und Thomas Hengelbrock Verdis<br />
„Falstaff” zu. Die Titelpartie der hintergründigen<br />
Komödie übernimmt Ambrogio Maestri,<br />
dem der internationale Durchbruch nach<br />
seinem Debüt als Falstaff am Teatro Verdi in<br />
Busseto und an der Mailänder Scala gelang.<br />
Lange Zeit wurde Verdis letzte Oper als heitere<br />
Verkleidungskomödie missverstanden, bis sich<br />
die Erkenntnis vieler Verdi-Forscher durchgesetzt<br />
hat, dass eine am Buffonesken orientierte<br />
Lesart dieses „dramma giocoso” seinem<br />
doppelbödigen Charakter nicht gerecht
werden kann. Arrigo Boito brennt in seinem Libretto ein<br />
wahres Feuerwerk an poetischen Kunstfertigkeiten ab<br />
und Verdi schreckt nicht vor Zitaten seiner eigenen<br />
Musik sowie der Offenbachs und Wagners zurück, um<br />
die Lächerlichkeit seines Titelhelden zu offenbaren –<br />
immer lauert hinter dem launig anmutenden Spiel mit<br />
der Tradition eine Distanz, die spätestens seit Berlioz<br />
und Baudelaire Grundlage jeder avancierten Kunst ist:<br />
Das Erschrecken darüber, dass vertraute Traditionen<br />
keinen Halt mehr in einer immer komplexer werdenden<br />
Welt bieten.<br />
Wie in den meisten Verdi-Opern geht es auch im<br />
„Falstaff ” um Machtphantasien: Der Titelheld glaubt,<br />
unbeschränkte Macht über Frauen zu haben, Ford<br />
glaubt Macht über seine Tochter zu haben, und alle<br />
Frauen glauben, die listig über Falstaff gewonnene<br />
Macht <strong>für</strong> ein grausames Ritual missbrauchen zu dürfen.<br />
Diese Phantasien und die von ihnen getriebenen<br />
Figuren werden rücksichtslos der Lächerlichkeit preisgegeben.<br />
Immer wieder wird sich der Hörer fragen, ob er nicht gerade<br />
eine hintersinnige Andeutung verpasst hat – vor allem an jenen<br />
Stellen, wo Verdis Musik besonders mitreißend ist in ihrer dramatischen<br />
Brillanz und orchestralen Vielfarbigkeit. Etwa wenn<br />
die Musik mit deutlichen Anklängen an die deutsch-österreichische<br />
Sinfonie-Tradition des 19. Jahrhunderts beginnt – es<br />
wird sogar wie in einem Sonatensatz ein kontrastierendes<br />
Seitenthema eingeführt und von Falstaff mit den Worten „Ecco<br />
la mia risposta” („Und dies ist meine Antwort”) kommentiert.<br />
Ist es übertrieben, hierin – wie in der Schlussfuge – eine ironische<br />
Abrechnung Verdis mit jenen Kritikern zu vermuten, denen<br />
die Beherrschung der Sonatenform alles bedeutete? Falstaffs<br />
Serenade im zweiten Akt zitiert weiterhin <strong>für</strong> jeden deutlich<br />
hörbar melodische Floskeln aus Beckmessers wirrer „Gegenarie”<br />
in Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg”.<br />
Kein Zweifel: Verdis „Falstaff ” ist ein kunstvoller Abgesang auf<br />
die Oper des 19. Jahrhunderts – eine kritische Reflexion über<br />
die eigene Gattung. Nicht zufällig stellte der britische Komponist<br />
Charles Villiers Stanford fest, dass „Verdis Studium der<br />
Beethovenschen Quartette” in der Partitur deutliche Spuren<br />
hinterlassen habe. Wie beim späten Beethoven führte auch<br />
bei Verdi das Überdenken der Voraussetzungen des eigenen<br />
Komponierens zu einer Distanzierung vom eigenen Ich. Sein<br />
Abschiedswerk ist dementsprechend auch keine launige Komödie,<br />
sondern eine der ergreifendsten und tiefsinnigsten Opern,<br />
die im 19. Jahrhundert komponiert wurden.<br />
23
Im Radio<br />
„Zeitgenossen“<br />
Persönlichkeiten im Gespräch<br />
auf SWR 2<br />
am 24. Dezember 2006<br />
um 14.05 Uhr<br />
Der Dirigent Thomas Hengelbrock<br />
im Gespräch mit Dr. Meinrad Walter<br />
Il Re pastore<br />
auf NDR Kultur<br />
Mitschnitt der Aufführung beim<br />
Musikfest Bremen<br />
am 26. Dezember 2006<br />
um 19.05 Uhr<br />
24<br />
Das BIK stellt sich vor<br />
Thomas Krümpelmann<br />
Dramaturgie<br />
Dem BIK ist Thomas Krümpelmann schon lange<br />
verbunden. Bereits während seines Studiums<br />
und später als freier Dramaturg begleitete<br />
der Musikwissenschaftler und Germanist das<br />
Treiben der Balthasar-Neumänner und -frauen.<br />
Eines seiner ersten Projekte waren die „Metamorphosen<br />
der Melancholie“, die ihm bis heute<br />
besonders am Herzen liegen. Seither hat er an<br />
vielen Programmen mitgearbeitet, darunter<br />
an „Bachs Notenbibliothek“, „Pur ti miro“<br />
oder „Römische Vespermusiken“. Besonders<br />
intensiv hat er sich mit der italienischen Musik<br />
des 17. Jahrhunderts auseinandergesetzt, und<br />
so schloss er auch sein Studium mit einer<br />
Arbeit über das Zusammenwirken von Musik<br />
und Bühnenspektakel in Giovanni Legrenzis<br />
„La divisione del mondo“ ab. Seit Anfang<br />
2006 betreut er als fester Dramaturg im BIK<br />
die Edition Balthasar Neumann und arbeitet<br />
gemeinsam mit Thomas Hengelbrock und den<br />
Ensemblemitgliedern an neuen Konzert- und<br />
Opernprojekten kreuz und quer durch alle<br />
Stile und Epochen.<br />
Landesstiftung stiftet Zukunft<br />
Die Landesstiftung Baden-Württemberg<br />
gGmbH fördert den Balthasar-Neumann-<br />
Chor sowie das Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
und unterstützt durch ihr Engagement<br />
außergewöhnliche Projekte der Ensembles in<br />
den kommenden Jahren.<br />
„Die Landesstiftung Baden-Württemberg<br />
unterstützt künstlerische Konzeptionen, die<br />
nicht nur von außergewöhnlicher Qualität<br />
sind, sondern auch neue Wege beschreiten.<br />
Die Ensembles haben gezeigt, dass sie international<br />
ihresgleichen suchen. Sie zählen<br />
mittlerweile zu den weltweit besten Ensembles<br />
ihrer Art und nehmen eine herausragende<br />
kulturelle Botschafterrolle <strong>für</strong> das<br />
Land Baden-Württemberg ein.“
Michael Behringer – Continuo<br />
Es trifft in mehrfacher Hinsicht zu, Michael Behringer als ein<br />
„Herzstück“ des Balthasar-Neumann-Ensembles zu beschreiben:<br />
als Continuospieler ist er in so mancher Produktion das<br />
musikalische Fundament des ganzen Ensembles. Dass die<br />
Instrumentalisten nicht nur musikalisch auf ihn bauen, sondern<br />
auch menschlich, zeigte<br />
sich, als das Ensemble ihn im<br />
vergangenen Jahr zu seinem<br />
Vorstand wählte.<br />
Dass der leidenschaftliche<br />
Tastenvirtuose seine berufliche<br />
Erfüllung in der Musik finden<br />
würde,war zu Schulzeiten allerdings<br />
bei Weitem noch nicht<br />
abzusehen. Zwar begann er als<br />
7jähriger auf eigenen Wunsch<br />
hin mit dem Klavierspielen und<br />
wechselte ebenfalls aus eigenem<br />
Interesse an Instrument<br />
und Repertoire mit 14 Jahren<br />
zur Orgel, doch hatte er noch<br />
erstaunliche Ambitionen ganz anderer Art! So wurden nicht<br />
selten im Hause Behringer verzweifelt die Fenster aufgerissen,<br />
um stinkende Dämpfe und dunstige Nebelschwaden aus dem<br />
Hause zu vertreiben. Das aber erschütterte den Wissenschaftler<br />
in spe nicht, denn wer ein ernstzunehmender Chemiker werden<br />
will, kann nie zu früh mit dem Experimentieren beginnen. So<br />
zumindest muss Michael Behringer damals gedacht haben, als<br />
er die Nerven und Riechorgane seiner Familie strapazierte.<br />
Sicherlich wäre aus ihm auch ein hervorragender Chemiker<br />
geworden, wenn nicht der Kantor, <strong>für</strong> dessen Gemeinde er<br />
lange Jahre den Gottesdienst<br />
musikalisch begleitete, ihn<br />
wegen seiner auffallenden Begabung<br />
an der Orgel schließlich<br />
doch dazu gebracht hätte,<br />
sich dem Musikstudium zu<br />
verschreiben.<br />
Während des Studiums der<br />
Schul- und Kirchenmusik fand<br />
der passionierte Hobbyfotograph<br />
und Motorradfahrer<br />
zum Generalbassspielen und<br />
sagt heute darüber, dass dies<br />
das Beste war, was ihm passieren<br />
konnte. Michael Behringer<br />
liebt die Arbeit im Ensemble;<br />
Cembalo, Orgel, Regal und Hammerflügel sind seine Instrumente.<br />
Sein vorrangiges musikalisches Interesse gehört dabei<br />
vor allem der kleinbesetzten Oper des 17. Jahrhunderts. In<br />
dieser Musik ist der Generalbass ein zentrales und besonders<br />
verantwortungsvolles Element des Ensembles: Er bildet das<br />
25
26<br />
Klangfundament und das harmonische Gerüst <strong>für</strong> die anderen<br />
Instrumente und die Vokalpartien. Da <strong>für</strong> den Generalbassspieler<br />
nur die linke Hand, also die mehr oder weniger bezifferte<br />
Bassstimme, notiert ist, muss die rechte Hand entsprechend<br />
während des Spielens ausgestaltet werden. Dies ermöglicht<br />
dem Instrumentalisten nicht nur die im Ensemble einmalige<br />
Mischung aus Reproduktion und Improvisation, sondern eröffnet<br />
ihm darüber hinaus die Möglichkeit, sich gerade in der<br />
Ausarbeitung dieser improvisatorischen Elemente ganz als<br />
Person mit in die Musik einzubringen. Dadurch befinden sich<br />
bis heute Teile der Werke in einem immerwährenden Entwicklungsprozess,<br />
der sich wiederum aus der jeweiligen Interpretation<br />
ergibt.<br />
Unter diesem Aspekt war die gerade mit großem Erfolg abgeschlossene<br />
„Il re pastore“-Tournee ein besonderes Abenteuer<br />
<strong>für</strong> Michael Behringer. Was das Instrumentarium angeht,<br />
befindet sich Mozart bereits in einem Grenzbereich. Der<br />
Hammerflügel ersetzt zunehmend das Cembalo und der<br />
Generalbassspieler muss sich umso intensiver mit Fragen wie<br />
diesen auseinandersetzen: Was spielt man? Wie weit darf man<br />
sich in das Orchester einmischen? Wo ist es wie sinnvoll? Was<br />
lässt sich entwickeln? Michael Behringer zieht bei Mozart den<br />
zwar leiseren, aber bereits pedalausgestatteten Hammerflügel<br />
dem durchdringenderen Cembalo vor, denn die klangliche<br />
Vielfalt des Hammerflügels ermöglicht ihm eine reichere und<br />
differenziertere Entfaltung der Musik.<br />
Für die bei den Schwetzinger Festspielen 2007 geplante Oper<br />
„Il Giustino“ von Giovanni Legrenzi kommt auf Michael Behringer<br />
neben dem Continuospiel eine weitere kreative Aufgabe zu.<br />
Die überlieferte venezianische Partitur weist Lücken in den
Instrumentalsätzen auf. Lediglich die Bassstimme und freie<br />
Systeme <strong>für</strong> die übrigen Instrumente sind überliefert. Neben<br />
allgemeinen Korrekturarbeiten an der Partitur steht Michael<br />
Behringer nun vor der Aufgabe, einen 5-stimmigen Satz zu komponieren,<br />
der sich thematisch und harmonisch in die entsprechenden<br />
Stellen einfügt. Dies erfordert von ihm eine intensive<br />
praktische und musiktheoretische Auseinandersetzung mit<br />
dem vorhandenen musikalischen Material, um auf der Basis<br />
von Wahrscheinlichkeit und Annahme die fehlenden Stellen zu<br />
ergänzen. Die so vollständig rekonstruierte Partitur der Oper<br />
wird in diesem Rahmen in der Balthasar-Neumann-Edition<br />
erscheinen.<br />
Michael Behringer ist seit mehr als 30 Jahren begeisterter<br />
Freiburger. Hier findet er die nötige Ruhe, die <strong>für</strong> ihn ein wichtiger<br />
Ausgleich zum berufsbedingten „en-route“-Sein ist. Symptomatisch<br />
ebenfalls, dass er seit 16 Jahren an ein und demselben<br />
Urlaubsziel an der französischen Atlantikküste festhält und<br />
sich auch mal daran erfreuen kann, in Japan bei all dem exotischen<br />
Unbekannten ein italienisches Restaurant zu entdecken.<br />
Wer so viel Neues und Unerwartetes erlebt, der braucht auch<br />
das Beständige! Und so bietet ihm seine Lehrtätigkeit an der<br />
Musikhochschule Freiburg ebenfalls eine regelmäßige Komponente<br />
in seinem Leben – ganz zu schweigen von seiner Familie.<br />
Er ist verheiratet und stolzer Vater von vier Kindern. Ob eines<br />
davon in seine Fußstapfen treten wird, bleibt noch abzuwarten.<br />
Unterstützen wird er sie jedenfalls in (fast) jedem Berufswunsch.<br />
Auch privat ist unser Tastenspezialist also stets auf der Suche<br />
nach der Balance zwischen Improvisation und festem Fundament<br />
– Generalbass-Spieler eben durch und durch!<br />
27
Impressum<br />
Herausgeber<br />
<strong>Büro</strong> <strong>für</strong> <strong>Internationale</strong><br />
<strong>Kulturprojekte</strong> GmbH<br />
Redaktion<br />
Birgit Gantenberg und<br />
Thomas Krümpelmann<br />
Layout<br />
Peter Schmitt<br />
Druck<br />
Schwarz auf Weiss, Freiburg i. Br.<br />
Fotos<br />
Bianca Claße: S. 20<br />
Festspielhaus Baden-Baden: S. 23<br />
Karl Forster: S. 10,11, 12, 13<br />
Katrin Heyer: S. 4, 5, 6<br />
Benjamin Krieg: S. 2, 4, 7, 8, 9, 14<br />
18, 25, 26, 27, 28, 29, 30<br />
Opéra national de Paris:<br />
S. 16, 17, 29<br />
Monika Rittershaus: S. 22, 29<br />
Titelbild<br />
„Il Re pastore“<br />
Foto von Karl Forster<br />
28<br />
Gemeinsam <strong>für</strong> die Kunst<br />
Freunde sind wichtig. Freunde unterstützen,<br />
motivieren und begleiten. Für unsere Freunde<br />
besitzt Kunst einen hohen Stellenwert. In der<br />
Vergangenheit haben Balthasar-Neumann-<br />
Chor und -Ensemble mit Hilfe von Freunden<br />
und Förderern viele Ideen in die Tat umsetzen<br />
können. Dank der großzügigen finanziellen<br />
Zuwendung konnten zahlreiche musikalische<br />
Entdeckungsreisen angetreten werden.<br />
Möchten auch Sie die Arbeit des Balthasar-<br />
Neumann-Chores und -Ensembles fördern?<br />
Jede Zuwendung hilft. Und da Freundschaft<br />
<strong>für</strong> uns kein materieller Monolog ist, freuen<br />
wir uns, Ihnen auf unsere Weise Vieles geben<br />
zu können.<br />
Weitere Informationen zum Freundeskreis von<br />
Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble<br />
erhalten Sie bei:<br />
Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble e.V.<br />
Frau Birgit Gantenberg<br />
Wallstraße 12<br />
D-79098 Freiburg<br />
info@kulturprojekte.com<br />
www.kulturprojekte.com
EBN 5<br />
Claudio Monteverdi<br />
(1567 – 1643)<br />
Beatus vir Primo<br />
aus:<br />
Selva morale e spirituale<br />
(Venedig 1641)<br />
Praktische Ausgabe<br />
Besetzung:<br />
Coro SSATTB<br />
Violino I/II, B.c.<br />
Partitur 15,– €<br />
Chorpatitur 10,– €<br />
Instrumentalstimmen 3,– €<br />
Werkkatalog und Bestellung:<br />
www.kulturprojekte.com/edition<br />
Edition Balthasar Neumann<br />
Die von Thomas Hengelbrock herausgegebene<br />
Reihe „Edition Balthasar Neumann“ (EBN)<br />
macht die Ergebnisse einer ursprünglich <strong>für</strong><br />
den Konzertalltag geleisteten Arbeit nun auch<br />
anderen Ensembles und dem interessierten<br />
Publikum zugänglich. Die Edition wird von<br />
Musikwissenschaftlern betreut, und die<br />
Werke in kritischer oder praktischer Ausgabe<br />
vorgelegt. So sind u.a. Antonio Lottis „Credo<br />
a 4 in F“ (EBN 2) als kritische Ausgabe und<br />
Claudio Monteverdis „Gloria a 7 voci“ (EBN 4)<br />
als praktische Ausgabe erhältlich.<br />
1641, wenige Jahre vor seinem Tod, legte<br />
Claudio Monteverdi mit der Sammlung<br />
kirchenmusikalischer Werke „Selva morale e<br />
spirituale” ein umfangreiches Kompendium<br />
seiner beinahe dreißigjährigen Schaffenszeit<br />
als Maestro di cappella von San Marco in<br />
Venedig vor. Keine vergleichbare Sammlung<br />
dieser Zeit erreicht auch nur annähernd eine<br />
solche stilistische Vielfalt, die von strengen<br />
Mess-Sätzen über virtuose Solomotetten bis<br />
hin zu konzerthaften, großbesetzten Psalmvertonungen<br />
reicht. Ihre tiefe Ausdruckskraft<br />
beziehen viele Kompositionen des „Selva<br />
morale” aus der Vermischung von Kirchenstil<br />
mit Elementen des Madrigals oder sogar der<br />
Oper. Dies gilt besonders <strong>für</strong> die Psalmvertonung<br />
„Beatus vir”: Den ostinat gehenden<br />
Bass und die tänzerischen Violinritornelle<br />
übernahm Monteverdi aus seiner Canzonetta<br />
„Chiome d’oro“ des 7. Madrigalbuchs. Trotz<br />
dieser Nähe zum weltlichen Madrigal steht<br />
das Werk in engem Traditionsverhältnis<br />
mit anderen venezianischen Vertonungen<br />
dieses Vesperpsalms. Typisch hier<strong>für</strong> ist die<br />
refrainartige Anlage mit der wiederkehrenden<br />
heiter-beschwingten Anfangszeile „Beatus<br />
vir” und auch das – von Monteverdi besonders<br />
eindrucksvoll gestaltete – Ausdünnen<br />
und schließliche Verstummen der Stimmen<br />
bei „desiderium peccatorum peribit” („der<br />
Sünder Gelüste wird zunichte”). Mit seinem<br />
lebendigen Gestus und anschaulichen Textausdruck<br />
gehört das „Beatus vir” zu Monteverdis<br />
schönsten geistlichen Werken.<br />
29
30<br />
03. 12. 2006 Paris, Palais Garnier Mozart: Idomeneo<br />
05. 12. 2006 Paris, Palais Garnier Regie: Luc Bondy<br />
11. 12. 2006 Paris, Palais Garnier Ramon Vargas, Joyce DiDonato,<br />
15. 12. 2006 Paris, Palais Garnier Camilla Tilling, Mireille Delunsch,<br />
18. 12. 2006 Paris, Palais Garnier Thomas Moser u.a.<br />
22. 12. 2006 Paris, Palais Garnier Orchestre et choeurs de<br />
27. 12. 2006 Paris, Palais Garnier l’Opéra National de Paris<br />
29. 12. 2006 Paris, Palais Garnier Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
07. 12. 2006 München, Residenz Ibsen/Grieg: Peer Gynt<br />
08. 12. 2006 München, Residenz Klaus Maria Brandauer u.a.<br />
09. 12. 2006 Baden-Baden, Chor und Symphonieorchester des<br />
Festspielhaus Bayerischen Rundfunks<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
03. 02. 2007 Athen, Megaron Mozart: Requiem<br />
Heike Heilmann, Marion Eckstein,<br />
Hans Jörg Mammel, Marek Rzepka<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble und das<br />
Kammerorchester Athen<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
10. 02. 2007 Berlin, Philharmonie Händel: Pasticcio<br />
11. 02. 2007 Berlin, Philharmonie Elgar: Enigma-Variationen<br />
Sophie Karthäuser, Sopran<br />
Steve Davislim, Tenor<br />
Deutsches Symphonieorchester Berlin<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock
03. 03. 2007 Berlin, Komische Oper Händel: Orest<br />
11. 03. 2007 Berlin, Komische Oper Regie: Sebastian Baumgarten<br />
Charlotte Hellekant, Christina Clark, Maria<br />
Bengtsson, Michael Smallwood, James<br />
Creswell, Maria Streijffert, Carolin Mylord<br />
Orchester der Komischen Oper Berlin<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
19. 03. 2007 Ludwigsburg, Schulprojekt Motetten und Kantaten<br />
20. 03. 2007 Ludwigsburg, Forum Werke von Bach und Purcell<br />
21. 03. 2007 München, Herkulessaal Balthasar-Neumann-Chor und Solisten<br />
22. 03. 2007 Neumarkt, Reitstadl Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
25. 03. 2007 Baden-Baden, Festspielhaus Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
Schwetzinger Festspiele Legrenzi: Il Giustino<br />
26. 04. 2007 Schwetzingen, Theater Regie: Nicolas Brieger<br />
28. 04. 2007 Schwetzingen, Theater Elisabeth Kulman, Maya Boog, Georg Nigl,<br />
29. 04. 2007 Schwetzingen, Theater Delphine Galou, Terry Wey, Peter Kennel,<br />
01. 05. 2007 Schwetzingen, Theater Hermann Oswald, Manfred Bittner<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
Pfingstfestspiele Verdi: Falstaff<br />
25. 05. 2007 Baden-Baden, Festspielhaus Regie: Philippe Arlaud<br />
27. 05. 2007 Baden-Baden, Festspielhaus Ambrogio Maestri, Michael Volle,<br />
29. 05. 2007 Baden-Baden, Festspielhaus Raul Hernandez, Jean-Paul Fouchecourt,<br />
Veronique Gens, Maria Bengtsson u.a.<br />
Balthasar-Neumann-Chor<br />
Balthasar-Neumann-Ensemble<br />
Leitung: Thomas Hengelbrock<br />
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