Glück auf! - Alexandra Wolff
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REISE & AUSFLUG<br />
<strong>Glück</strong> <strong>auf</strong>!<br />
Der Wolfgangsee und Makkaroni unter meterdicken Felsen –<br />
die Rübeländer Tropfsteinhöhlen<br />
Geburtstagsführung<br />
Wider Erwarten geht es zunächst<br />
eine Treppe hoch und dann eine<br />
Schräge mit 16 Prozent Steigung hin<strong>auf</strong>.<br />
Dennoch wird am Ende dieses Weges<br />
die Luft kälter, die Wände bestehen aus<br />
nacktem Fels und die ersten abstrakten<br />
Säulen und Zapfen verraten, dass wir<br />
uns in einer ganz besonderen Höhle<br />
befinden: in der Baumannshöhle voller<br />
Tropfsteine.<br />
Gut einen halben Meter über den Stufen<br />
ist der Fels unbearbeitet. Abgesehen<br />
von diesen Treppen und der elektrischen<br />
Beleuchtung soll hier alles sich<br />
selbst überlassen bleiben. Deswegen<br />
dürfen Hunde nicht in die Höhle und niemand<br />
soll die Tropfsteine anfassen, weil<br />
das Hautfett das Wasser abperlen lassen<br />
würde, das ja mit den gelösten Mineralien<br />
die Steine wachsen lässt. Verführe-<br />
24 TOP MAGAZIN<br />
risch wäre es aber schon, diese Wunderwerke<br />
mal zu berühren. Fühlen sich die<br />
Steine so glitschig an wie sie aussehen?<br />
„Nass und kalt“, antwortet die Höhlenführerin<br />
Sabine Krüger.<br />
Eselsbrücke für die Tropfsteine<br />
„Seit 1646 gibt es in den Rübeländer<br />
Höhlen Führungen“, erzählt Krüger.<br />
„Damals mussten die Besucher noch<br />
<strong>auf</strong> allen vieren hier entlang kriechen.“<br />
Auch wenn Treppen und Geländer die<br />
Wege schon sehr komfortabler machen,<br />
empfiehlt es sich für Zeitgenossen über<br />
1,50 Metern Körpergroße, an der einen<br />
oder anderen Stelle den Kopf tief in die<br />
Schultern zu ziehen. Nicht schlimm,<br />
denn ein Blick nach oben lohnt sich:<br />
Die Felswände in Rübeland, einem Ortsteil<br />
der Stadt Elbingerode im Harz, sind<br />
steil und bergen (im wahrsten Sinne des<br />
Wortes) geheimnisvolle Schätze: Stalaktiten,<br />
Stalagmiten und Stalagnaten. „Ein<br />
T zeigt nach unten, Stalaktiten auch. Wer<br />
ein M schreibt, malt zwei Stalagmiten“,<br />
verrät die Höhlenführerin eine jugendfreie<br />
Eselsbrücke anhand der man sich<br />
merken kann, welche Tropfsteine von<br />
oben nach unten und welche von unten<br />
nach oben wachsen. Wenn ein Stalaktit<br />
und ein Stalagmit zusammengewachsen<br />
sind, heißen sie Sintersäulen oder eben<br />
Stalagnate. Mit Sinter meint man mineralische<br />
Ablagerungen.<br />
Die Natur als Künstlerin<br />
Gewaltige Wassermassen eines Nebenflusses<br />
der Bode formten über Abertausende<br />
von Jahren die Höhlen. Auch Fels-
ocken, die sich von der Decke lösten<br />
und sich verkeilten, übten sich hier als<br />
Bildhauer. Auf der Palette standen den<br />
malerischen Elementen Kalkweiß, Algengrün,<br />
Eisenbraun und Manganschwarz<br />
zur Auswahl. Über einem Eingang zu einem<br />
anderen Höhlensaal hat sich so viel<br />
Schwarz abgelagert, dass es aussieht,<br />
als hinge ein kleiner Mantarochen über<br />
der Öffnung.<br />
Auch künstliches Licht unterstützt<br />
die Phantasie. Krüger drückt <strong>auf</strong> einen<br />
Schalter und die Steinlandschaft verwandelt<br />
sich in einen Märchenwald. Rot<br />
zaubert aus zwei Steinen einen Gartenzwerg<br />
und sogar den Weihnachtsmann.<br />
Doch nicht nur Wichtelliebhaber kommen<br />
in der Baumannshöhle <strong>auf</strong> ihre<br />
Kosten: Kulinarische Genussmenschen<br />
erkennen in einigen Stalagmiten Baum-<br />
kuchen und Makkaroni in den Kalkröhrchen,<br />
die von der Decke hängen.<br />
Hochzeit am Wolfgangsee<br />
Romantische Ja-Sager fi nden in dem<br />
Goethesaal eine Außenstelle des Standesamtes.<br />
Viele Kerzen lassen den Goethesaal<br />
in einem romantischen Licht<br />
erstrahlen und unterstreichen die besondere<br />
Atmosphäre. Die einmalige Akustik<br />
lässt die Musik zur Untermalung, die das<br />
Brautpaar selbst aussuchen kann, sehr<br />
feierlich erklingen. Dezente Lichteffekte<br />
können die Frischvermählten besonders<br />
in Szene setzen. Dieses besondere Erlebnis<br />
hält ein professioneller und höhlenerfahrener<br />
Fotograf fest, den die Mitarbeiter<br />
der Rübelandhöhlen vermitteln<br />
können. Diese arrangieren auch gern ein<br />
Säulenhalle in der<br />
Baumannshöhle<br />
INFORMATIONEN<br />
REISE & AUSFLUG<br />
Rübeländer Tropfsteinhöhlen<br />
Tourismusbetrieb der Stadt Oberharz<br />
am Brocken<br />
Blankenburger Straße 35<br />
38889 Oberharz am Brocken<br />
(Ortsteil Rübeland)<br />
Höhlenführungen<br />
von Juli bis August (von 9.00 bis 17.30 Uhr)<br />
Anmeldung: Telefon 039454-49132<br />
Hermannshöhle<br />
Hasselfelder Straße 3, Rübeland<br />
Baumannshöhle<br />
Blankenburger Straße 36, Rübeland<br />
www.harzer-hoehlen.de<br />
THEATERAUFFÜHRUNGEN IN<br />
DER BAUMANNSHÖHLE:<br />
Die Reise zum Mittelpunkt<br />
der Erde<br />
12. und 14. Juli, 5., 7. August 2011<br />
jeweils 17.30 Uhr<br />
Rotkäppchen<br />
16., 19. und 21. Juli, 27., 28. August 2011<br />
jeweils 17.30 Uhr<br />
Hänsel und Gretel<br />
23., 24., 26. Juli, 12., 13., 14. August 2011<br />
jeweils 17.30 Uhr<br />
Die Schöne und das Biest<br />
29., 30. und 31. Juli, 1., 3., 4. August 2011<br />
jeweils 17.30 Uhr<br />
Nacht der Vampire<br />
13. und 20. August 2011<br />
jeweils 18.30 Uhr<br />
Foto by Jürgen Meusel<br />
TOP MAGAZIN 25
REISE & AUSFLUG<br />
kleines Canape-Buffet und einen Sektempfang,<br />
um das feierliche Ambiente<br />
abzurunden. Acht Meter hoch ist dieser<br />
Teil der Baumannshöhle. 25 Meter unter<br />
Fels erzählt hier Sabine Krüger, dass Johann<br />
Wolfgang von Goethe auch schon<br />
drei Mal an dieser Stelle gewesen sei und<br />
zeigt <strong>auf</strong> einen unterirdischen See: „Sie<br />
können zu Hause jedem erzählen, dass<br />
Sie heute am Wolfgangsee waren.“<br />
Theater unter Tage<br />
Es gibt wohl wenige Orte, die besser<br />
als die Baumannshöhle dafür geeignet<br />
sind, ein Theaterstück wie „Die Reise<br />
zum Mittelpunkt der Erde“ <strong>auf</strong>zuführen.<br />
Klaus Heydenbluth adaptierte den<br />
Roman von Jules Verne für die (unterirdische)<br />
Bühne. Aber auch Grimms Märchen<br />
wie „Rotkäppchen“ oder „Hänsel<br />
und Gretel“ inszenierte der Regisseur<br />
des „Freien Theaters Harz“ in der stets<br />
acht Grad frischen Höhle. Auch das<br />
Anderswelt-Theater aus dem Südharz<br />
nutzt diesen ungewöhnlichen Ort für<br />
nicht minder ungewöhnliche Märchen.<br />
So läuft in der Baumannhöhle das Musical<br />
„Die Schöne und das Biest“ und zu<br />
26 TOP MAGAZIN<br />
der Gruselkomödie „Nacht der Vampire“<br />
fährt sogar der Theater- beziehungsweise<br />
Vampir-Express. Am 13. August bringt<br />
die Bergkönigin, eine historische Dampflokomotive,<br />
Draculas Freunde von Blankenburg<br />
nach Rübeland in den 60 Meter<br />
breiten Goethesaal.<br />
Zufallsentdeckungen<br />
Namensgeber der gesamten Höhle<br />
war der Bergmann Friedrich Baumann,<br />
der, wie eine alte Sage beschreibt, <strong>auf</strong><br />
der Suche nach Eisenerz die Höhle im<br />
Jahre 1536 zufällig entdeckte. Bis dahin<br />
war nur der Eingangsbereich bekannt.<br />
Ein Wassertropfen löschte sein Grubenlicht<br />
und so irrte Baumann drei Tage<br />
durch das stockfinstere Labyrinth. Was<br />
er in diesen drei Tagen durchgemacht<br />
hat, kann wohl besonders die zwölfjährige<br />
Maeve nachvollziehen: „Ich fühle<br />
mich in Höhlen nicht wohl“, gesteht sie.<br />
„Aber bei der Beleuchtung ist es trotzdem<br />
faszinierend, hier zu sein.“<br />
Nicht ganz so dramatisch war die Entdeckung<br />
der Hermannshöhle im Jahre<br />
1866. Bei Straßenbauarbeiten fand man<br />
sie und benannte sie nach ihrem Erfor-<br />
scher Hermann Grotrian. Bereits am 1.<br />
Mai 1890 wurde die Hermannshöhle als<br />
erste in Deutschland mit elektrischer<br />
Beleuchtung versehen. Herrliche Tropfsteine,<br />
imposante Sintergebilde und<br />
funkelnde Calcitkristalle kennzeichnen<br />
diese Höhle. In der Hermannshöhle<br />
beherbergt der Olmensee 13 Grottenolme.<br />
Die rund 30 Zentimeter langen<br />
Schwanzlurche gibt es sonst nirgendwo<br />
in Deutschland. Da sie kaum pigmentiert<br />
sind, erscheinen sie weiß bis rosa, weil<br />
das Blut durch ihre Haut schimmert.<br />
Grottenolme haben äußere Kiemen und<br />
Lungen, die jeweils wie drei Federbüsche<br />
aus den Kopfseiten wachsen. Weil<br />
sie in der Dunkelheit leben, sind die Augen<br />
zurückgebildet.<br />
Ihren Job hat die Höhlenführerin gut<br />
gemacht, findet Hannah: „Es war schön,<br />
dass wir zwischendurch immer wieder<br />
stehen bleiben durften. So konnten wir<br />
den Anblick der Tropfsteine richtig genießen.<br />
Einige glitzerten ja wie Kristalle“,<br />
erzählt die Zwölfjährige. ■<br />
Text: <strong>Alexandra</strong> <strong>Wolff</strong><br />
Fotos: Tourismusbetriebe Oberharz am Brocken,<br />
Jürgen Meusel