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Unternehmer_Juli_2016_Web

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Recht, Gesetz.<br />

Regress des Motorfahrzeugversicherers u. a. bei Fahren<br />

in angetrunkenem Zustand<br />

Der Nachweis von Alkohol bei einem Verkehrsunfall<br />

kann zahlreiche unangenehme<br />

und weitreichende Folgen nach sich<br />

ziehen. Neben allfälligen strafrechtlichen<br />

oder verwaltungs(straf)rechtlichen<br />

Konsequenzen für den Fahrzeuglenker,<br />

wie beispielsweise Bussen oder Führerscheinentzug<br />

etc., stellen sich insbesondere<br />

auch aus versicherungsrechtlicher<br />

Sicht in Bezug auf die Motorhaftpflichtversicherung<br />

zahlreiche Fragen.<br />

Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmitteloder<br />

Arzneimitteleinfluss oder aus anderen<br />

Gründen nicht über die erforderliche<br />

körperliche und geistige Leistungsfähigkeit<br />

verfügt, gilt während dieser Zeit als<br />

fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen<br />

(Art. 29 Abs. 2 Strassenverkehrsgesetz).<br />

Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung<br />

(Angetrunkenheit) gilt in jedem<br />

Fall als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer<br />

eine Blutalkohol-Konzentration<br />

von 0,8 oder mehr Gewichtspromillen<br />

aufweist oder eine Alkoholmenge im<br />

Körper hat, die zu einer solchen Blutalkohol-Konzentration<br />

führt (Art. 2 Abs. 2<br />

Verkehrsregelnverordnung). Fahrzeugführer,<br />

bei denen Anzeichen von Fahrunfähigkeit<br />

vorliegen, können einem Alkoholtest<br />

unterzogen werden.<br />

Verursacht ein Lenker einen Verkehrsunfall<br />

in angetrunkenem Zustand, wird<br />

dieses Verhalten nach der gängigen<br />

Rechtsauffassung immer als grobfahrlässig<br />

taxiert. Grobfahrlässig handelt<br />

grundsätzlich, wer die elementarsten<br />

Vorsichtsgebote nicht beachtet.<br />

Bei einem Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss,<br />

Drogen sowie beispielsweise<br />

auch für «Raser» besteht gemäss den<br />

allgemeinen Versicherungsbedingungen<br />

und des Versicherungsvertragsgesetzes<br />

sowie der Strassenverkehrsgesetzgebung<br />

aufgrund grobfahrlässiger Herbeiführung<br />

des Schadensereignisses seitens<br />

des Motorhaftpflichtversicherers<br />

ein Rückgriffsrecht auf den Versicherungsnehmer<br />

und somit wird von den<br />

Versicherungsunternehmen bei Fahren<br />

im angetrunkenen Zustand je nach Grad<br />

der Alkoholisierung ein Leistungsabzug<br />

wegen Grobfahrlässigkeit vorgenommen.<br />

Der Geschädigte hat im Rahmen<br />

der obligatorischen Motorhaftpflichtversicherungsdeckung<br />

dabei gemäss<br />

dem Strassenverkehrsgesetz zwar ein<br />

direktes Forderungsrecht gegenüber<br />

dem Versicherer, diesem steht jedoch<br />

ein entsprechendes Rückgriffs- oder<br />

Regressrecht gegenüber dem Versicherungsnehmer<br />

oder Versicherten zu. Ein<br />

Ausschluss der Grobfahrlässigkeit bei Fahren<br />

in angetrunkenem Zustand ist zudem<br />

aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung<br />

mit der Versicherung nicht zulässig.<br />

Die daraus resultierende Rückgriffsquote<br />

kann dabei je nach Versicherung variieren<br />

und beträgt in der Regel zwischen<br />

10 und 40 %. Im Allgemeinen belaufen<br />

sich die Grobfahrlässigkeitsabzüge in<br />

Fällen von Alkohol am Steuer bei 0,8<br />

bis 1,2 ‰ auf ca. 20 %, von 1,2 bis 1,6 ‰<br />

auf ca. 30 % und bei 1,6 bis 2,0 ‰ auf<br />

ca. 40 %. Die diesbezügliche Rechtsprechung<br />

in der Schweiz hat in der Vergangenheit<br />

jedoch bereits höhere Rückgriffe<br />

als 40 % zugelassen. Die Versicherungsunternehmen<br />

verfügen meist über entsprechende<br />

interne Richtlinien, welche<br />

den Grobfahrlässigkeitsabzug festlegen<br />

und welche sich grundsätzlich an der einschlägigen<br />

Rechtsprechung orientieren.<br />

Bei der Festlegung des effektiven Rückgriffs<br />

kommt den Versicherungsunternehmen<br />

gemäss den internen Richtlinien<br />

aber in der Regel ein gewisser<br />

Ermessensspielraum zu. Der Rückgriff<br />

trägt in der Regel dem Verschulden und<br />

der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit<br />

der Person, auf welche Rückgriff genommen<br />

wird, Rechnung. Sofern jemand beispielsweise<br />

bedürftig ist oder umfangreiche<br />

Unterhaltsverpflichtungen oder<br />

Ähnliches hat, wird darauf in der Regel<br />

entsprechend Rücksicht genommen.<br />

Bei wiederholten alkoholbedingten Schadenfällen<br />

wird je nach Versicherungsunternehmen<br />

bereits nach dem ersten Fall<br />

gegenüber dem Versicherungsnehmer<br />

angekündigt, dass künftig ein 100 % Haftungsrückgriff<br />

erfolgen wird, sofern es<br />

erneut zu einem Verkehrsunfall unter<br />

Alkoholeinfluss kommen würde.<br />

Je nach Schwere des verursachten<br />

Unfalls, beispielsweise bei schweren<br />

Körperverletzungen oder einem Unfall<br />

mit Todesfolgen, aber auch bei hohen<br />

Schadenssummen bei entstandenem<br />

Sachschaden, kann Fahren unter Alkoholeinfluss<br />

aufgrund des Rückgriffs des<br />

Versicherers somit auch zu weitreichenden<br />

finanziellen Konsequenzen für den<br />

Unfallverursacher führen.<br />

. Siegbert Lampert, Rechtsanwalt<br />

Rechtsanwälte<br />

Attorneys at Law<br />

lampert & partner<br />

Rechtsanwälte Aktiengesellschaft<br />

Landstrasse 104, P.O. Box 1257<br />

9490 Vaduz, Liechtenstein<br />

T +423 233 45 40, F +423 233 45 41<br />

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unternehmer. <strong>Juli</strong> / <strong>2016</strong><br />

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