Johannesweg 2017 - So gesehen anders gesehen
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Der <strong>Johannesweg</strong> <strong>2017</strong>-<br />
<strong>So</strong> <strong>gesehen</strong> <strong>anders</strong> <strong>gesehen</strong>...<br />
Humor soll dein Leben begleiten,<br />
denn er beflügelt deinen Geist und erfreut die Gesellschaft.<br />
Als spiritueller Wanderweg gepriesen war es nicht mein Plan nach<br />
irgendeiner Erleuchtung zu suchen. Einfach darauf losgehen und sehen<br />
was daraus wird, wie es wird, ob es wird.<br />
Zwölf Stationen mit jeweils einer anderen Lebensweisheit sollen dir<br />
Vorschlag sein, zu dir zu finden.<br />
Auf meiner Wanderung lese ich sie alle, und jede für sich hat ihre<br />
Wichtigkeit. Am zweiten Tag allerdings, wo es die - im Vergleich zur<br />
ersten Etappe - leichte Strecke erlaubt seinen Gedanken freien Lauf zu<br />
lassen, gebe ich mir scheinbar selbst die Antwort darauf, welche der 12<br />
Lebensweisheiten wohl am besten auf mich zutrifft. Denn ständig sehe<br />
ich Dinge und überlege mir dazu surreale Geschichten aus, die wahr<br />
sein KÖNNTEN, oder auch nicht Völlig ohne daran zu denken ob das<br />
jetzt so gut ist, oder ob ich eigentlich was anderes denken sollte sprudelt<br />
es wie von selbst aus mir heraus, so sehr dass ich mir auf kleine Zettel<br />
Notizen machen muss, damit ich ja nichts vergesse.<br />
Es ist eben so dass ich mich zum Beispiel über die Taschentücher am<br />
Wegesrand nicht genug aufregen kann. Stattdessen fängt mein Hirn –<br />
ohne dass ich es dazu aufgefordert habe- an, eine Geschichte zu dem<br />
Thema zu erfinden, die zwar abwegig, aber nicht ganz unwahrscheinlich<br />
erscheint, maximal grenzwertig. Sie ist allerdings etwas „unappetitlich“,<br />
weswegen ich sie hier nicht erwähne...<br />
<strong>So</strong> wandere ich durch die Gegend, nehme alles um mich wahr, und<br />
ersinne gleichzeitig Geschichten zum <strong>Johannesweg</strong>, die vielleicht<br />
jemanden zum Lachen bringen könnten.<br />
Ist DAS mein Weg ?<br />
Wer also einen Teil des <strong>Johannesweg</strong>s „auf meine Art“ sehen möchte,<br />
möge die folgenden Episoden lesen.<br />
Wer das nicht möchte, dem rate ich, an DIESER STELLE<br />
zu lesen aufzuhören.
Episode 1<br />
Die erste Etappe von Pierbach nach St. Leonhard ist die mit Abstand am<br />
anstrengendste ! Von Pierbach bis zum Herrgottsitz macht man schon<br />
einige Höhenmeter, der Rest bis zur Mittagspause in Prandegg ist<br />
schönes Wandern. Die Höhenmeter spüre ich deutlich in den Beinen,<br />
doch wie sich herausstellen sollte, sollte der anstrengendere Teil erst<br />
kommen. Denn beim letzte Abschnitt, der etwa 4 Stunden in Anspruch<br />
nimmt, geht man praktisch nur mehr – teilweise SEHR steil - bergauf.<br />
Ohne meinen W<strong>anders</strong>tock, auf den ich mich immer für drei Schritte<br />
abstützen kann, wäre ich vermutlich gar nicht angekommen.<br />
Um ca. 17:00 Uhr erreiche ich mit Ach und Krach meine Unterkunft, ein<br />
Gasthaus. Ich schleppe mich zur Rezeption und verneine die Einladung<br />
auf ein Getränk. Ich will nur mehr in mein Zimmer, duschen, die Füße<br />
kalt abspritzen, mich hinlegen. Rasten!!!<br />
Die Wirtin gibt mir die Schlüssel und weißt mir den Weg zum Zimmer. Ich<br />
schrecke zurück ! Unmöglich !! Das kann doch nicht wahr sein !!!<br />
Wir stehen vor einer...Stiege, das Zimmer ist im ersten Stock !!!!<br />
Meine Beine sind schwer wie Blei, mein Puls rast, Schweiß läuft über<br />
mein Gesicht, die Wirtin verschwindet aus meinem Blickfeld. Ich bin<br />
geliefert !<br />
Kurz überlege ich, ein Base-Camp einzurichten und erst morgen den<br />
Summit-Push ins Zimmer zu wagen.<br />
Aber ich mobilisiere meine letzten Kraftreserven und schleppe mich die<br />
Stiege, Stufe für Stufe, auf allen vieren empor, der grob gewebte Teppich<br />
reisst mir stellenweise die Haut vom Leib.<br />
Nach einer gefühlten Ewigkeit und mit aufgescheuerten Knien und<br />
blutigen Ellenbogen erreiche ich den ersten Stock: geschafft ! Ich drehe<br />
mich auf den Rücken, versuche wieder zu Luft zu kommen,<br />
da begegnet mir die Wirtin, sie steigt gerade aus dem Lift aus...
Episode 2<br />
Das schöne am <strong>Johannesweg</strong> ist auch, dass neben der Strecke immer<br />
wieder Früchte wachsen die dich förmlich zum naschen auffordern.<br />
An einer Stelle, zwischen Langfirling und Weitersfelden, war das<br />
Angebot besonders üppig: Himbeeren, rote Ribisel, schwarze Ribisel.<br />
Lecker !!! Bestimmt 15 Minuten mampfe ich die süsse Erfrischung, da<br />
sehe ich dort drüben auch noch Stachelbeeren, dort, neben dem Griller.<br />
Gleich rüber und fast alle vom Strauch runter gegessen. Auch auf die<br />
Erdbeeren neben dem Pool wollte ich natürlich nicht verzichten. Ich<br />
wurde erst stutzig als mich die Dame im Liegestuhl fragt, ob Sie mir<br />
vielleicht was kochen soll ?! Ich merke den ironischen Unterton in ihrer<br />
Stimme, verneine und gehe weiter.<br />
Pah ! Aufdringlich, diese Einheimischen...<br />
Episode 3<br />
Wie herrlich frisch geschnittenes Fichtenholz riecht<br />
kann man auf diesem Bild sehen.
Episode 4<br />
In Weitersfelden angekommen ist es Zeit für eine Kleinigkeit, eine<br />
Leberknödelsuppe vorzugsweise.<br />
Leider hat das Gasthaus heute keine Leberknödel, deshalb entscheide<br />
ich mich für eine Grießnockerlsuppe.<br />
Als der Wirt sie mir serviert muss ich mir ein Lachen verkneifen und<br />
gleichzeitig meine Enttäuschung verbergen: Zwei Grießnockerl, nicht<br />
einmal beide zusammen sind so groß wie ein Grießnockerl, die mir mein<br />
liebes Schnucki zu Hause macht.<br />
Im Nu ist die Suppe gegessen, da ich aber noch hungrig bin bestelle ich<br />
mir noch eine- mit dem Hinweis er möge doch bitte 4 Grießnockerl<br />
reingeben.<br />
Minuten später kommt er mit der zweiten Suppe- er hat sogar 5<br />
reingegeben !<br />
Sie schmeckt sehr gut !<br />
Zeit zu zahlen.<br />
„Das wären 12 Euro“, sagt der Wirt.<br />
Ich lege einen 10ner auf den Tisch und sage zum Spass : „ Stimmt so !“<br />
Der Wirt schaut verdutzt. Stockstarr steht er vor mir, sein Gesicht verrät<br />
mir das er angestrengt nachdenkt: „2 Grießnockerl, 4 Grießnockerl, 2<br />
Suppen, 5 Grießnockerl...“ Vielleicht waren es zu viele Zahlen auf<br />
einmal, jedenfalls kramt er in seiner Geldtasche und legt zögernd 2 Euro<br />
auf den Zehner.<br />
Ich schau auf das Geld, dann zum Wirt. Er blickt mich fragend an, ich<br />
erkenne das er unsicher ist. Mit zitternder Hand legt er noch einen Euro<br />
drauf.<br />
Ich sage: „Jetzt passt´s !“
Episode 5<br />
Der Handy-Tourist „Teil 1“<br />
Auf einem Teilstück geht man fast 1 ½ Stunden durch den Wald. Man<br />
verliert völlig die Orientierung, ohne Wegweiser oder Kompass und Karte<br />
wäre man völlig verloren. Ich bin mir nicht sicher ob ich richtig bin, da<br />
komme ich aus dem Wald heraus und sehe ein Bauernhaus !<br />
„Shit“, wori do net scho ?“ .<br />
Ich ändere meinen Facebook-Status auf „verschollen“.<br />
Auf Whatsapp verabschiede ich mich von meinen 1377 Freunden.<br />
Was jetzt ?!!<br />
Ah ! - Gott sei Dank habe ich mein Handy dabei !!! Ich gehe auf Google,<br />
gebe ein „Bauernhaus“, „Mühlviertel“. Die Suche ergibt 110.000 Treffer.<br />
Verzweifelt rufe ich meinen Versicherungsvertreter an, der kann mit<br />
Zahlen was anfangen. Leider kann er mir nicht weiterhelfen, meint aber<br />
eine Ablebensversicherung wäre jetzt sinnvoll. Er mailt mir die<br />
Unterlagen, ich maile sie unterschrieben zurück.<br />
Was aber nun ?<br />
Ah !- Ich gehe auf Google: Wahrscheinlichkeitsrechnung ! Ich tippe die<br />
Daten ein und als Ergebnis kommt heraus dass die Möglichkeit, dass<br />
das Ergebnis der Google-Suche mit der Wahrscheinlichkeit dass es der<br />
selbe Bauernhof ist, was zu tun hat, 1: 477.821.355.923 ist. Leider sagt<br />
mir das gar nichts.<br />
Und jetzt ?!!<br />
Ah ! Ich rufe beim Billa an. Ich werde mit der Filialleiterin verbunden und<br />
schildere ihr meine Situation. Sie klingt etwas überrascht, sagt aber dass<br />
es nicht unbedingt der selbe Bauernhof sein muss, weil es mehrere Höfe<br />
im Mühlviertel gibt. Ich solle doch einen Blick auf meine Karte machen!<br />
Und tatsächlich, die Karte verrät mir dass ich richtig bin.<br />
Ich ändere meinen Facebook-Status auf „gerettet“.<br />
Meinen Whatsapp-Freunden schreibe ich dass ich wieder da bin.<br />
Keiner schreibt zurück. Nur einer meldet sich mit: „toll..“<br />
Erleichtert denke ich mir: gut dass ich bei Billa angerufen habe - die<br />
haben Hausverstand !
Episode 6<br />
Ein gut gepackter Rucksack erleichtert die Wanderung ungemein.<br />
Genug zu Trinken einzupacken ist äusserst notwendig !<br />
Ein kleiner Trick ist es, eine große Flasche IM Rucksack mit zu nehmen,<br />
und eine kleinere Flasche AUSSEN an der Seitentasche. <strong>So</strong>mit muss<br />
man nicht immer den Rucksack aufmachen wenn man trinken möchte.<br />
In meinem Fall hatte dieser Trick einen kleinen Haken: Die Seitentasche<br />
war nicht hoch genug, sodass die Flasche, immer wenn ich den<br />
Rucksack abgelegt habe, mit Schwung heraus gefallen ist.<br />
Was ich am Anfang noch mit Geduld ertragen habe, entwickelte sich im<br />
Laufe der Zeit von einer Geduldsprobe zu einem reinen Wettstreit: ICH<br />
gegen die WASSERFLASCHE !<br />
<strong>So</strong>llte es mir wirklich einmal zu bunt werden ? Oder gibt die<br />
Wasserflasche irgendwann auf? Ich zähle auf meine mentale Stärke und<br />
bleibe jedes mal ruhig, wenn sie wieder und wieder davon kugelt, mir<br />
scheint sogar, dass sie dabei ein höhnisches Lächeln aufsetzt, so als<br />
würde sie mir sagen wollen: „Schau ! Schon wieder !“<br />
Ich versuche ruhig zu bleiben, doch ich merke dass ich innerlich koche.<br />
Am Gipfel des Haiderbergs angekommen dürstet mich. Ich lege also den<br />
Rucksack ab und da passiert es: Die Flasche, in der meine letzten<br />
Schluck Wasser sind, fällt heraus und kugelt den Abhang hinunter.
„ Wilsoooooon !!!“, schreie ich. Verzweifelt versuche ich ihr<br />
nachzulaufen. „Wilsooon ! Wilsoooooooooon !!!“<br />
Doch ich muss einsehen dass ich die Flasche unmöglich erreichen<br />
kann. „Wilson es tut mir leid !!! Wilsooooon !!!“<br />
Ein letztes mal noch sehe ich die Flasche, dann verschwindet sie<br />
hinter dem steil abfallenden Gelände.<br />
Schweren Herzens lege ich mich auf den Gipfel.<br />
Ich fühle mich verlassen.<br />
Totenstille.<br />
Nur leise vernehme ich den weit entfernten Klang einer Oboe und ein<br />
paar Streichern...<br />
Episode 7<br />
Der Handy-Tourist „Teil 2“<br />
Eine wesentliche Rolle bei dieser Weitwanderung spielt das Wetter.<br />
Große Hitze wäre äusserst hinderlich - die Wanderung ist bei<br />
angenehmen Temperaturen schon anstrengend genug – auch das<br />
Gegenteil kann sehr unangenehm werden. Gerade bin ich zwischen<br />
Mötlas und der Ruine Ruttenstein unterwegs da ziehen bedrohlich<br />
dunkle Wolken auf. Plötzlich öffnet der Himmel seine Schleusen ! Es<br />
gießt wie aus Kübeln ! Doch halt : Meine Wetter-App hat mir heute in<br />
der Früh aber ganz was anderes angezeigt !!! Ungläubig checke ich<br />
das letzte Update: Regenwahrscheinlichkeit: 10% !<br />
Gibt´s nicht, denke ich mir und gegen-checke es im Internet. Da die<br />
Verbindung allerdings in Waldnähe sehr schlecht ist, gehe ich ca. 150<br />
Meter weiter weg, auf eine frisch gemähte Wiese hinaus. Ich stehe im<br />
strömenden Regen. Die einzige Seite auf die ich jetzt vertrauen kann<br />
ist „kachelmannwetter.com/at/“ . Der Seitenaufbau dauert ewig, aber<br />
das Warten hat sich gelohnt: Für dieses Gebiet werden zuverlässige<br />
100% Regenwahrscheinlichkeit angezeigt !<br />
Also doch ! Es regnet !!!<br />
Nass bis auf die Unterhose ziehe ich meine Regenjacke an.<br />
Ich denke mir: „Scheiß app !!!“
Episode 8<br />
Nach gut 4 Stunden kam ich an die<br />
Schlüsselstelle des heutigen Tages. Hier musste<br />
ich mich entscheiden zwischen dem "Normalweg"<br />
(rot) und der Voglkofler/Merkl-Verschneidung<br />
(blau), erstbegangen im Jahre 1851 von den Süd-<br />
Tirolern Sepp Voglkofler und Ignaz Merkl. Ich<br />
entschied mich für den Normalweg, da mir die<br />
Verschneidung im<br />
"reinen Alpin-Stil" nicht kletterbar erschien.
Episode 9<br />
An einem Kahlschlag treffe ich zwei Forstarbeiter. Wir kommen ins<br />
Gespräch und sie erklären mir dass das alles „Käferbäume“ waren, die<br />
gefällt werden mussten. Um nicht dumm dazustehen erwidere ich,<br />
dass ich es unglaublich finde, dass die Käfer die Bäume SO gerade<br />
abbeissen können !!! Die Forstarbeiter schauen sich schweigend an.<br />
Die haben wohl nicht damit gerechnet dass ich mich bei dem Thema<br />
so gut auskenne !<br />
Episode 10<br />
Der Fernseh.Tourist<br />
Auf meinem Weg nach Königswiesen kam ich nach<br />
mehrstündiger Wanderung an diese Hindernis. Die Frage die ich
Mir jetzt stellen musste war: Den ganzen Weg jetzt wieder Retour, oder<br />
das Hindernis umgehen ?!<br />
Wieder zurückgehen würde mich um Stunden zurückwerfen.<br />
Andererseits konnte ich mich noch an einen Teil der Fernsehserie<br />
„Universum“ erinnern, wo berichtet wurde dass alle Bäche im<br />
Mühlviertel Richtung Donau fließen, und diese ins Schwarze Meer<br />
mündet . Diese Möglichkeit kann ich also logischerweise nicht nutzen,<br />
da ich ja keinen Reisepass mithabe.<br />
Gott sei Dank habe ich aber letzte Woche noch eine passende Sendung<br />
im Fernsehen <strong>gesehen</strong>! <strong>So</strong> weiß ich also was zu tun ist.<br />
Ich ziehe mich bis auf die Unterhose aus, und stecke alle meine Sachen<br />
in den Rucksack. Noch einmal tief durchatmen, dann wate ich, den<br />
Rucksack über den Kopf haltend, knöcheltief durch den Bach.<br />
Geschafft !!!<br />
Die Wandergruppe am Ufer empfängt mich mit ungläubigen Blicken.<br />
ENDE