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Heimat<br />

2/<strong>2017</strong>


Editorial<br />

Heimat – ein Ort? ein Gefühl? eine Utopie?<br />

Wir leben in einer<br />

offenen, mobilen<br />

Gesellschaft,<br />

selbstbestimmt und<br />

weitgehend frei von<br />

Zwängen durch Konvention<br />

und Tradition.<br />

Doch diese Freiheit<br />

macht Menschen nicht unbedingt<br />

glücklich. Sie streben nach Verortung,<br />

nach einem sicheren Hort in dieser verunsichernden<br />

Welt. Die Globalisierung hat<br />

im Gegenzug zur Wertschätzung des Vertrauten,<br />

Engkreisigen geführt. Kein Wunder,<br />

dass in unserer Zeit der Begriff Heimat<br />

eine Renaissance erlebt.<br />

Beim Wort Heimat denkt man in erster<br />

Linie an einen Ort: den Geburtsort, den<br />

Ort, in dem man aufgewachsen ist, oder<br />

an einen Ort, der einem später zur zweiten<br />

Heimat wird. – Heimat kann auch in<br />

der geistigen Welt verortet sein. Für Wilhelm<br />

von Humboldt war die Sprache<br />

Heimat, für Max Frisch der heimatliche<br />

Dialekt. Theodor Storm brauchte die äußerliche<br />

Enge der Kleinstadt Husum, um<br />

innerlich ins Weite zu gehen. Und Eduard<br />

Mörike schuf die Insel Orplid, sein „Land,<br />

das ferne leuchtet“. Heimat als Wunschtraum,<br />

als Imagination, als Utopie.<br />

Am Begriff Heimat lässt sich deutsche<br />

Geschichte ablesen. In der Romantik als<br />

Sehnsuchtsort und Traumlandschaft<br />

idea lisiert, wurde das Wort im späten 19.<br />

Jahrhundert und im Ersten Weltkrieg politisch<br />

aufgeladen als Abgrenzung gegen<br />

das Fremde, vor allem gegen den Erzfeind<br />

Frankreich. Im Nationalsozialismus<br />

wurde die heimatliche Scholle zum Wurzelgrund<br />

der Blut- und Bodenideologie.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Heimat<br />

für viele Deutsche ein Verlust- und Hoffnungswort:<br />

Trauer um Verlorenes, aber<br />

dann „auferstanden aus Ruinen...“. Wiederaufbau,<br />

Neuansiedlung von Vertriebenen<br />

aus dem Osten, neue Verortung<br />

im Westen.<br />

Nicht nur Kriege, auch Naturkatastrophen<br />

und die moderne Zivilisation können<br />

Menschen heimatlos machen. Dem<br />

Straßenbau fallen allerorts Häuser, Bauernhöfe<br />

und Siedlungen zum Opfer. Durch<br />

den Braunkohle-Tagebau verschwinden<br />

in der Lausitz und im Rheinischen ganze<br />

Dörfer – wie die kleine Gemeinde Immerath.<br />

Die Menschen müssen sich eine<br />

neue Heimat aufbauen.<br />

Was Heimatverlust bedeutet, können<br />

wahrscheinlich nur selber Betroffene<br />

richtig ermessen. Aber es muss nicht unbedingt<br />

ein Land oder ein Wohnort sein,<br />

dem man nachtrauert. Für mich war der<br />

Abschied vom Haus meiner Kindheit ein<br />

schmerzlicher Verlust. Das schon etwas<br />

baufällige Haus wurde kurz nach unserem<br />

Wegzug in die Stadt abgerissen und<br />

das ganze Gelände in einen asphaltierten<br />

Firmenparkplatz umgewandelt. Wann<br />

immer ich später daran vorbei fuhr, überkamen<br />

mich wehmütige Erinnerungen<br />

an mein verschwundenes Gärtchen und<br />

mein Versteck in der Buchsbaumhecke.<br />

Auf dem gelb markierten Feld Nummer 17<br />

stand früher der Hasenstall und auf Feld<br />

Nummer 24 der Kirschbaum mit den verbotenen,<br />

aber doch heimlich geplünderten<br />

Kirschen.<br />

Der Begriff Heimat kann offenbar, wie<br />

eine Umfrage von Spiegel-ONLINE zeigt,<br />

noch weiter gefasst werden. Da lautet<br />

eine Antwort auf die Frage „Was ist für<br />

Sie Heimat?“: „Heimat ist für mich da, wo<br />

meine Zahnbürste steht.“ Und eine andere:<br />

„Heimat ist da, wo ich einen anständigen<br />

Internet-Anschluss habe.“ – Darauf<br />

wäre ich nicht gekommen. Und Sie? Was<br />

würden Sie antworten, wenn ein Reporter<br />

Sie nach Ihrem Heimatverständnis oder<br />

Ihrem Heimatgefühl fragte?<br />

Irma Hildebrandt<br />

Inhalt<br />

Thema:Heimat<br />

Editorial.............................................................................2<br />

Heimat – Facetten eines komplexen Themas.......................3<br />

Heimat hat mit Menschen zu tun.........................................4<br />

Land, das ferne leuchtet.....................................................6<br />

Nachdenkgedanken...........................................................7<br />

„Für mich hat Heimat etwas Ausgrenzendes“......................8<br />

Traute Heimat – Na ja ........................................................9<br />

Sterben die Dialekte aus?................................................ 10<br />

Deutsche? Schweizerin? Europäerin?..................................11<br />

Fotowettbewerb: Meine Heimat.................................... 12/13<br />

Wir stellen vor: Swetlana Pflieger-Fefer.............................. 14<br />

„verortungen. heimt. fremde“........................................... 15<br />

Heimat auf engstem Raum................................................ 16<br />

„Weh dem, der keine Heimat hat!“.................................... 17<br />

Weitere Themen:<br />

Neue Medien – Smartphone............................................. 18<br />

Umwelt: Klimawandel und Migration................................. 19<br />

Für Sie gelesen ................................................................20<br />

Aktuelle Kunstsaison........................................................22<br />

Das wird Sie interessieren................................................23<br />

Aus dem Verband:<br />

Einweihung des Luise-Büchner-Denkmals / Im Team..........24<br />

Gruppenberichte..............................................................25<br />

Seminarvorschau / Impressum......................................... 31<br />

Titelfoto: Blick von der Festung Königstein auf die Elbe


Thema<br />

Heimatliche Altstadt – ein Ort, der Emotionen weckt und wo man sich wieder zuhause fühlt.<br />

Heimat – Facetten eines komplexen Themas<br />

Der Begriff „Heimat“ erfährt dieser Tage<br />

einen ungeheuren Boom, allerorten und<br />

in vielen durchaus verschiedenen Bereichen<br />

– der Gesellschaftspolitik, der Literatur,<br />

dem Film, dem Theater und auch<br />

der Kunst – taucht er in einer irritierenden<br />

Pluralität auf, da er auf eigentümliche Weise<br />

Erinnerungen an etwas Nostalgisches<br />

heraufbeschwört. Doch einfach sind weder<br />

die Fixierung noch der Umgang mit<br />

dem Thema.<br />

„Etwas, das allen in die Kindheit<br />

scheint und worin noch niemand war:<br />

Heimat“, so von dem Philosophen Ernst<br />

Bloch in seinem Werk „Das Prinzip Hoffnung“<br />

eher als Imagination und Utopie<br />

umrissen, vermag die Vorstellung von<br />

Heimat also auf die Polarisierung von<br />

Zeit und Ort zu verweisen, wesentliche<br />

Kategorien, die dem vielschichtigen Verständnis<br />

sowie dem komplex beladenen<br />

Begriff innewohnen. Im „Brockhaus-Lexikon“<br />

heißt es unter dem Stichwort „Heimat“<br />

kurz und lapidar: „Ort, wo man zu<br />

Hause ist, Wohnort und Umgebung oder<br />

Geburtsort, Ursprungs-, Herkunftsland“.<br />

Wenn auch die Ortsbestimmung als primäre<br />

Bedeutungsebene auftaucht, so<br />

sind daneben noch andere, weiträumigere<br />

Bereiche angefügt, die quasi in Kurzform<br />

schon auf den Spannungsbogen<br />

regionaler Verankerung und internationalem<br />

Migrantentum unserer Gegenwart<br />

zu verweisen scheinen. Auch Bernhard<br />

Schlink formulierte in seinem Essay „Heimat<br />

als Utopie“ aus dem Jahre 2000 geradezu<br />

in philosophischer Rezeption: „Heimat<br />

ist ein Ort, nicht als der, der er ist,<br />

sondern als der, der er nicht ist.“ Ähnliches,<br />

aber durchaus verständlich ausgedrückt,<br />

kann man bei der Schriftstellerin<br />

Thea Dorn und ihrem Kollegen Richard<br />

Wagner in dem Werk „Die deutsche Seele“<br />

aus dem Jahre 2011 nachlesen: „Zur<br />

Heimat hat die deutsche Öffentlichkeit<br />

ein kompliziertes Verhältnis, es sei denn,<br />

Heimat steht für etwas anderes und ist<br />

ein Ersatz.“<br />

Doch lässt sich vom Begriff selbst<br />

wie auch der Reflexion über Heimat die<br />

Dimension der Zeit nicht abkoppeln,<br />

zu genuin sind Vergangenheit und Gegenwart<br />

wie auch Zukunft miteinander<br />

verzahnt, bedingen und durchdringen<br />

sich. Die Erinnerung als die individuelle,<br />

aber auch als kollektive Archivinstanz<br />

kann auf entlegene Geschehnisse<br />

zurückgreifen, um als Gegenpol zur<br />

sichtbaren Welt einstige Erlebnisse sowie<br />

sinnliche Eindrücke aller Art zu vergegenwärtigen.<br />

Dagegen jedoch formt<br />

etwa im Religionsverständnis des Christentums<br />

die Jenseitserwartung das gegenwärtige<br />

Leben, wie beispielsweise<br />

für Augustinus der Himmel das Synonym<br />

für Heimat bedeutete. Blickt man<br />

allerdings auf die Historie, so zeichnen<br />

sich auch problematische Bezüge ab, da<br />

Vereinnahmungen zu Verunglimpfungen<br />

führten, nicht nur in der vermeintlich<br />

romantischen Verfremdung und Trivialisierung,<br />

sondern speziell in der politischen<br />

Instrumentalisierung und im<br />

Missbrauch durch die nationalsozialistische<br />

„Blut-und -Boden-Ideologie“.<br />

3


Thema<br />

Für P.A.<br />

Du hast mit deinen Sternen nicht gespart.<br />

Die Fernen drängen sich an deine Tür.<br />

Es bricht der dürre Ast der Gegenwart,<br />

Die guten alten Mächte dienen dir.<br />

Denn wo ist Heimat?<br />

Keiner weiß Bescheid.<br />

Wo Schwalben nisten, sind wir nicht allein.<br />

Die Chrysanthemen nehmen unser Leid<br />

Hinüber in ihr leises Anderssein.<br />

Wenn Schatten heut dein Lorbeer sind, verhüll<br />

Das Antlitz, bis die Möwe wiederkehrt.<br />

Es ist so dunkel wie dein Herz es will,<br />

Das staunend seinen Wert von dir erfährt.<br />

Ein Raunen reiht sich deinen Dingen an.<br />

Du stehst mit vielen Stimmen schon im Bund.<br />

Vergiss, wann diese kleine Zeit begann.<br />

Die großen Zeiten segnen deinen Mund.<br />

Dagegen stellte die Lyrikerin Rose<br />

Ausländer (1901–1988) in existenzieller<br />

Bedrängnis die bange Frage „Denn<br />

wo ist Heimat?“ in einem ihrem Landsmann<br />

und Kollegen Paul Celan 1944 gewidmeten<br />

Gedicht: „Für P.A.“<br />

Als Jüdin von den SS-Truppen verfolgt,<br />

ist aus ihren Zeilen der Verlust<br />

von Sicherheit und Zugehörigkeit auf<br />

beklemmende Weise herauszulesen.<br />

Ihr wird das Wort zur Heimat, das sie<br />

formt und bis zuletzt schöpferisch gestaltet.<br />

Gegenüber diesen schlaglichtartig<br />

beleuchteten Aspekten ist Heimat<br />

vielmehr ein qualitativer Begriff für<br />

innere und äußere Prägung, abhängig<br />

von der sozialen und kulturellen Umwelt,<br />

die es dem Menschen ermöglicht,<br />

sich nach eigenen Vorstellungen<br />

räumlich und geistig zu verorten. Anstelle<br />

des eher altmodisch anmutenden<br />

Begriffs „Heimat“ – der allerdings<br />

in unseren Tagen eine ungeahnte Wiederkehr<br />

erlebt – ist die Identifikation,<br />

die Erfahrungen solcher Art entstehen<br />

lässt, getreten. Emotionale, soziale<br />

und strukturelle Profilierungen führen<br />

zur Entwicklung eines polyvalenten,<br />

sich aus sehr verschiedenartigen Facetten<br />

rekrutierenden Heimatbildes. Trotz<br />

aller positiven Einflüsse wird Heimat<br />

Rose Ausländer<br />

vielfach auch als Schutzzone, als Ort<br />

privaten und familiären Rückzuges verstanden,<br />

da sich Identität und Sicherheit<br />

erst im Abgrenzen einnisten.<br />

Elisabeth Kessler-Slotta<br />

Heimat hat mit Menschen zu tun<br />

4<br />

Im Wort Heimat steckt das Wort Heim,<br />

Home, My home is my castle. Ein Platz,<br />

wo man mich versteht, wo ich mich wohlfühle,<br />

wo ich Gleichgesinnte finde: Das<br />

kann überall auf der Welt sein. In Bad<br />

Zurzach, Paris, in der Wüste. Denn Heimat<br />

ist eigentlich weniger ein bestimmter<br />

Ort als ein Gefühl. Heimat ist für mich<br />

auch der Moment, in dem ich den Zug<br />

oder die Autobahn verlasse und durch<br />

das Tor meines Heimatortes in die Hauptstraße<br />

einbiege, von wo ich aus der Ferne<br />

schon das Dachgeschoss jenes Hauses<br />

erkenne, in dem ich aufgewachsen<br />

bin. In diesem Moment weiß ich: Jetzt<br />

bin ich wieder zu Hause. Ich fahre hinein<br />

in die Stadt und kurble das Fenster<br />

hinunter. Die Luft scheint anders zu sein<br />

hier, der Himmel weiter. Und ich kann<br />

frei atmen. Klar, wenn ich dann endlich<br />

einen Parkplatz gefunden habe, rieche<br />

ich den Duft der Platanen, die ich als Bub<br />

erklettert habe oder, je nach Jahreszeit,<br />

weht mir ein warmes, föhniges Lüftchen<br />

oder eine eisige winterliche Brise ins Gesicht.<br />

Jetzt bin ich endlich wieder daheim.<br />

Auf der Suche nach Heimat<br />

Es funktioniert auch in der Gegenrichtung,<br />

auf der Suche vom Ort, wo ich aufgewachsen<br />

bin zum Ort, wo ich heute lebe. Auch<br />

auf dieser Reise gibt es diese speziellen<br />

Augenblicke, die in mir Emotionen wecken,<br />

weil ich mich plötzlich wieder zu Hause fühle.<br />

Heimat ist, wenn ich die Wohnungstüre<br />

aufsperre und mich die Bilder an den<br />

Wänden wie altbekannte Wesen begrüßen.<br />

Oder wenn mein langjähriger liebenswürdiger<br />

Nachbar klingelt, um mir das Neueste<br />

– nicht nur das Wichtigste – aus unserem<br />

Quartier zu berichten.<br />

Heimat ist auch, wenn ich meinen<br />

Bruder in Boston USA besuche und uns<br />

schon in den ersten Sekunden nach der<br />

Landung am Flughafen das Gefühl überfällt,<br />

wir wären doch schon seit Wochen<br />

zusammen. Auch hier bin ich etwas zu<br />

Hause.<br />

Heimat ist also doch auch ein Ort, der<br />

mit anderen Menschen zu tun hat, mit<br />

Leuten, die ich mag und die mich mögen.<br />

Ich habe nie so richtig verstanden,<br />

warum viele Menschen niemals den Ort<br />

verlassen wollen, an dem sie aufgewachsen<br />

sind – obwohl sie sich hier ganz offensichtlich<br />

nicht entfalten können. Ein<br />

Freund, mit dem ich zur Schule gegangen<br />

bin, sitzt lieber jeden Donnerstagabend<br />

mit immer den selben Leuten im Gasthof<br />

„Schützen“ zusammen und beklagt<br />

sich darüber, dass nichts weitergeht in<br />

seinem Leben. Eigentlich erwartet er von


Thema<br />

seinen Kumpanen keine Lösungen seiner<br />

Sorgen; es reicht ihm, wenn man sein Unbehagen<br />

bestätigt.<br />

Heimat ist somit oft auch jener Ort,<br />

den man liebevoll kritisiert, hinterfragt<br />

und der ab und zu auch die Funktion einer<br />

Klagemauer übernimmt. Im Fricktal<br />

habe ich vor Jahren eine alte Frau kennen<br />

gelernt, die trotz ihres hohen Alters<br />

nie in ihrem Leben in Basel oder Zürich<br />

oder im Ausland gewesen ist; zeitlebens<br />

ist sie ihrem Geburtsort treu geblieben.<br />

Ihre Weltsicht und -erfahrung beschränkten<br />

sich auf ihr Dorf und die unmittelbare<br />

Umgebung und ihre Nachbarn. – Heimat<br />

entsteht, wenn man die Fähigkeit hat,<br />

sich wohl zu fühlen dort, wo man ist. Wer<br />

das nicht kann, ist wahrscheinlich nie daheim<br />

– selbst wenn er seinen Geburtsort<br />

niemals verlassen hat. Heimat kann man<br />

sich machen.<br />

Heimat gibt es in verschiedenen<br />

Ausführungen<br />

ren Ort zu Schule, lassen uns woanders<br />

ausbilden und gehen, oft an verschiedenen<br />

Orten, zur Arbeit. Viele dieser Wechsel<br />

finden oft „zufällig“ statt oder sogar<br />

unter dem Druck der Umstände.<br />

Heimat gibt es<br />

selten auf Dauer<br />

Und Heimat gibt es nicht immer und nicht<br />

überall. Oft bin ich nur 5 Minuten, an manchem<br />

Tag 30 Minuten in Gedanken und Gefühlen<br />

in einer meiner Heimat(en). Lange<br />

gedankliche Ausflüge sind eher selten,<br />

denn das braucht Konzentration und seelische<br />

Kraft. Solche Gedankenflüge werden<br />

meist von etwas ausgelöst. Etwa vom<br />

Duft einer bestimmten Speise, einer Melodie,<br />

einer Geste, einer Mundart, einem<br />

Augenblick, der mich, aus welchen Gründen<br />

auch immer, in eine andere Zeit, an<br />

einen anderen Ort versetzt.<br />

Zurzeit sind über 50 Millionen Menschen<br />

unterwegs, auf der Flucht vor Kriegen,<br />

Unruhen, Klimaveränderungen.<br />

Sie haben nicht das Glück, ihre Heimat<br />

aus freien Stücken zu wählen. Und ihre<br />

Gefühle und Gedanken an ihre angestammte<br />

Heimat werden nicht nur von<br />

guten, sondern von traumatischen Erinnerungen<br />

geprägt. Erinnerungen, die<br />

sie nicht mehr los werden, oft ein Leben<br />

lang.<br />

Heimat kann somit auch zu Last werden.<br />

Dann bleibt nur noch die Suche nach<br />

einer neuen Heimat. Im Fernsehen lief<br />

vor einiger Zeit die Reality-Soap „Meine<br />

fremde Heimat“: Menschen der zweiten,<br />

Je älter man wird, desto eher erkennen wir:<br />

Heimat gibt es für viele Menschen nicht nur<br />

einmal. Heimat ist ein Teil unseres Ichs,<br />

ein Teil unserer Identität; und beide verändern<br />

sich im Laufe des Lebens. Die Suche<br />

nach Heimat schickt den Menschen<br />

auf eine äußere und innere Reise, nach<br />

Orten, nach Menschen, nach Dingen, die<br />

ihm etwas bedeuten oder bedeutet haben.<br />

Die meisten Menschen haben nicht<br />

nur eine einzige Heimat, denn heute sind<br />

wir moderne Nomaden: wir werden irgendwo<br />

geboren, gehen an einem andedritten<br />

oder vierten Generation gehen auf<br />

Spurensuche ins Land ihrer Vorfahren –<br />

ein Land, zu dem sie kaum einen Bezug<br />

haben. Es ist eine Reise zurück zu ihren<br />

Wurzeln: In ihrer fremden Heimat treffen<br />

sie auf Menschen und Lebenswelten,<br />

die ihnen oft vertraut, oft aber auch<br />

fremd erscheinen. Heimat weckt in vielen<br />

Menschen melancholische, zwiespältige,<br />

fremdartige Gefühle.<br />

Heimat bedeutet Identität<br />

Für manche scheint Heimat, „Heimisch-<br />

Sein“, eine unabdingbare Bedingung der<br />

„richtigen Existenz“, des nicht mehr Provisorischen<br />

zu sein. Der Platz, „an den<br />

man gehört“, der einem vertraut ist, unabhängig<br />

von den örtlichen Widrigkeiten.<br />

Daher wird ja „Heimat“ durch Auswanderer<br />

auch in die Ferne mitgenommen, etwa<br />

durch Festhalten von Traditionen, Ritualen,<br />

Glauben.<br />

Viele suchen eine neue Heimat im Internet.<br />

Diese „Heimat“ ist weitgehend<br />

nicht lokalisierbar, denn der Chatroom<br />

ist kein Raum, der sich bildlich festhalten<br />

lässt. Beim Chatten, Skypen, Mailen,<br />

oft von unterwegs, bleibt alles in Bewegung<br />

und ist unstet; oft begegnet man<br />

sich nur selten, vielleicht hin und wieder<br />

oder bleibt ganz auf Distanz, in neugieriger<br />

Erwartung auf den großen Moment<br />

des totalen Glücks.<br />

Der anthropologische Aspekt von Heimat<br />

aber bleibt. Heimat ohne menschliche<br />

Anbindung geht nicht. Im Zentrum<br />

der virtuellen Suche nach Heimat steht<br />

der Mensch, dem man vertrauen möchte,<br />

vielleicht nicht ein Leben lang, aber für<br />

ein paar Monate, selten Jahre. Im Internet<br />

suchen wir oft ein imaginäres Heimatgefühl,<br />

Kontakt mit Geistesverwandten,<br />

Gleichgesinnten. Die virtuelle Existenz<br />

mit ihren spirituellen Dimensionen büßt<br />

ihre geografischen Komponenten, ihre irdische<br />

Sinnlichkeit ein, wird oft imaginär<br />

und erinnert uns eindringlich und immer<br />

wieder von Neuem an die Vergänglichkeit<br />

unseres Seins.<br />

Roy Oppenheim<br />

Roy Oppenheim (geb. 1940) ist Publizist und<br />

Fernsehproduzent (art-tv).<br />

5


Thema<br />

Land, das ferne leuchtet<br />

Literarische Spurensuche<br />

Dietmar Albrecht:<br />

Annäherungen an Heimat<br />

Heinrich Heine ersann sein fernes Bimini,<br />

Pfarrvikar Mörike seine Insel Orplid. „Du<br />

bist Orplid, mein Land, das ferne leuchtet!“<br />

Ein Land, das „uns allen in die Kindheit<br />

scheint und worin noch niemand war“,<br />

Traum für Eduard Mörike, Hoffnung für<br />

Ernst Bloch.<br />

Einem Freiherrn von Liliencron, dem<br />

Offizier und sinnenfrohen Augenmenschen,<br />

stellt sich Heimat anders dar als<br />

Hebbel, dem Sohn dürftiger Enge, der in<br />

geistige Freiheit und Weite der Welt ausbricht,<br />

oder als dem Bürgeradvokaten<br />

und Kleinstadtpatrizier Storm, oder als<br />

dem Bauernsohn Timm Kröger, der mit<br />

neunzehn den Pflug verlässt. „Ich bedarf<br />

äußerlich der Enge, um innerlich ins Weite<br />

zu gehen“, bekannte Storm im letzten<br />

Lebensjahrzehnt. Fontane bespöttelte<br />

diese „Husumerei“.<br />

Ernst Barlachs Werk und Wirkung<br />

kristallisieren deutsches Schicksal, lassen<br />

Deutsche sich über Grenzen begegnen.<br />

Dieser „seinem Beruf verschworene<br />

Künstler deutscher Geburt und Verwurzelung“<br />

schreibt 1937, ein Jahr vor seinem<br />

Tode, vom Verbot der Berufsausübung<br />

bedroht:<br />

„Von meinen insgesamt siebenundsechzig<br />

Lebensjahren habe ich wiederum<br />

fünfzig Jugend- und Mannesjahre auf der<br />

Scholle zwischen meinem Geburtsort bei<br />

Hamburg und meiner Wahlheimat Güstrow<br />

zugebracht und fühle bei zunehmenden<br />

Jahren immer mehr die unauflösliche<br />

Verbundenheit mit dem Heimatboden.<br />

Ich weiß, dass ich nur dahin gehöre, wo<br />

ich bisher gearbeitet und gelebt habe.“<br />

Annäherungen an Heimat auf den<br />

Spuren deutscher Kultur können zu faszinierenden<br />

Entdeckungen geraten: Wanderungen<br />

mit Fontane durch die Mark<br />

Brandenburg, Reisen zu Luther von Möhra<br />

bis Wittenberg, zu den Lebensstätten<br />

Ernst Barlachs in Holstein und Mecklenburg,<br />

Fahrten mit Fritz Reuter von Dömitz<br />

6<br />

bis Stavenhagen, mit Gerhart Hauptmann<br />

von Hiddensee bis Agnetendorf –<br />

Land, das ferne leuchtet.<br />

Hermann Hesse: Heimat<br />

Zwischen Bremen und Neapel, zwischen<br />

Wien und Singapore habe ich manche hübsche<br />

Stadt gesehen, Städte am Meer und<br />

Städte hoch auf Bergen, und aus manchem<br />

Brunnen habe ich als Pilger einen Trunk<br />

getan, aus dem mir später das süße Gift<br />

des Heimwehs wurde. Die schönste Stadt<br />

von allen aber, die ich kenne, ist Calw an<br />

der Nagold, ein kleines, altes, schwäbisches<br />

Schwarzwaldstädtchen.<br />

Wenn ich jetzt etwa wieder einmal<br />

nach Calw komme, dann gehe ich langsam<br />

vom Bahnhof hinabwärts, an der<br />

katholischen Kirche, am Adler und am<br />

Waldhorn vorbei und durch die Bischofstraße<br />

an der Nagold hin bis zum Weinsteg<br />

oder auch bis zum Brühl, dann über<br />

den Fluss und durch die untere Ledergasse,<br />

durch eine der steilen Seitengassen<br />

zum Marktplatz hinauf, unter der Halle<br />

des Rathauses durch, an den zwei mächtigen<br />

alten Brunnen vorbei, tue auch einen<br />

Blick hinauf gegen die alten Gebäude<br />

der Lateinschule, höre im Garten des<br />

Kannenwirts die Hühner gackern, wende<br />

mich wieder abwärts, am Hirschen und<br />

Rössle vorüber, und bleibe dann lang auf<br />

der Brücke stehen. Das ist mir der liebste<br />

Platz im Städtchen, der Domplatz von<br />

Florenz ist mir nichts dagegen.<br />

Heinrich Böll:<br />

Eine Straße in Köln<br />

Durch Straßen wie diese führte mein<br />

Schulweg, sieben Jahre lang; viele tausend<br />

Male bin ich durch solche Straßen<br />

gegangen, aber nie in sie eingedrungen;<br />

erst viel später – in der Erinnerung – begriff<br />

ich, was diese Straßen bedeuten, ich<br />

begriff es, wie man plötzlich Träume begreift,<br />

wenn ich in fremden Städten stundenlang<br />

durch die Straßen ging und eine<br />

wie diese suchte, aber nicht fand....<br />

Mädchen kreuzten meinen Schulweg,<br />

balgten sich am Straßenrand...<br />

Streikende sah ich, rote Fahnen, Panzer<br />

fuhren auf, und die Polizisten leiteten<br />

unseren Schulweg auf sichere Pfade um,<br />

durch bürgerliche Straßen, mit strengen,<br />

abweisenden Fronten, leer waren diese<br />

Straßen, nur selten spielte dort einmal<br />

ein Kind, langweilig waren sie, und<br />

ich war froh, wenn der Streik vorüber war<br />

und der Schulweg wieder durch heitere<br />

Straßen wie diese verlief...<br />

Vielleicht wird nur in den Straßen, wie<br />

diese eine ist, richtig gelebt; heftig ist die<br />

Blüte der Frauen: Blumen im Haar, und<br />

der Troubadour hängt, wenn er zu Be-


Thema<br />

such kommt, seine Mandoline neben das<br />

Muttergottesbild, vor dem die rote Lampe<br />

brennt; heftig sind die Gefühle: Liebe<br />

und Hass, Mitleid und Härte, und man<br />

hat ein Gefühl für Unmenschlichkeit und<br />

für das Lächerliche: niemals ist die SA<br />

frohen Mutes durch solche Straßen marschiert;<br />

der Wurfgeschosse gibt es viele:<br />

Apfelsinen, Blumentopf, Nachtgeschirr...<br />

Straßen wie diese bilden sich nicht<br />

mehr neu; wie alles, was heidnische Züge<br />

hat, sind sie an uralte Konvention gebunden<br />

und an den Ort, an die Laren; sie sind<br />

nicht zu verpflanzen, ihr Geist geht unter<br />

mit dem Ort, an dem sie lagen; zum Glück<br />

haben einige von ihnen das Bombardement<br />

überdauert, die leeren Fensterhöhlen<br />

sind wieder mit Glas und Gardinen,<br />

mit Blumen gefüllt, Frauen mit Säuglingen<br />

auf dem Arm stehen wieder in den<br />

Türen, rote Samtpolster werden wieder<br />

durch die Straße getragen, mit goldenen<br />

Symbolen für Glaube, Hoffnung, Liebe:<br />

Kreuz, Anker und Herz. Diese Straßen<br />

können nur als Ganzes leben, nicht<br />

in Partikeln, sie sind wie Pflanzenkolonien,<br />

die sich aus geheimen Wurzeln nähren;<br />

in ihnen lebt noch uralt, stolz, unnahbar<br />

und seinen Gesetzen treu: Volk.<br />

Bertolt Brecht: Exil<br />

Vertriebene sind wir, Verbannte. / Und<br />

kein Heim, ein Exil soll das Land sein,<br />

das uns da aufnahm / Unruhig sitzen<br />

wir so, möglichst nahe den Grenzen /<br />

Wartend des Tags der Rückkehr, jede<br />

kleinste Veränderung / Jenseits der<br />

Grenze beobachtend, jeden Ankömmling<br />

/ Eifrig befragend, nichts vergessend<br />

und nichts aufgebend / Und auch<br />

verzeihend nichts, was geschah, nichts<br />

verzeihend.<br />

Franz Kafka: Heimkehr<br />

Ich bin zurückgekehrt, ich habe den Flur<br />

durchschritten und blicke mich um. Es ist<br />

meines Vaters alter Hof. Die Pfütze in der<br />

Mitte. Altes, unbrauchbares Gerät, ineinanderverfahren,<br />

verstellt den Weg zur<br />

Bodentreppe. Die Katze lauert auf dem<br />

Geländer. Ein zerrissenes Tuch, einmal<br />

im Spiel um eine Stange gewunden, hebt<br />

sich im Wind. Ich bin angekommen. Wer<br />

wird mich empfangen? Wer wartet hinter<br />

der Tür der Küche? Rauch kommt aus dem<br />

Schornstein, der Kaffee zum Abendessen<br />

wird gekocht. Ist dir heimatlich, fühlst du<br />

dich zu Hause? Ich weiß es nicht, ich bin<br />

sehr unsicher. Meines Vaters Haus ist es,<br />

aber kalt steht Stück neben Stück, als wäre<br />

jedes mit seinen eigenen Angelegenheiten<br />

beschäftigt, die ich teils vergessen<br />

habe, teils niemals kannte. Was kann ich<br />

ihnen nützen, was bin ich ihnen, und sei<br />

ich auch des Vaters, des alten Landwirts<br />

Sohn. Und ich wage nicht, an der Küchentür<br />

zu klopfen.<br />

Siegfried Lenz:<br />

Heimatmuseum<br />

Ich verstehe, mein Lieber, ich verstehe Sie<br />

schon: Sie möchten – wie Bernhard – die<br />

Heimat verantwortlich machen für eine gewisse<br />

Art von hochmütiger Beschränktheit,<br />

Sie möchten ihr Fremdenhass anlasten,<br />

den bornierten Dünkel der Sesshaftigkeit,<br />

Sie möchten sie verstehen als geheiligte<br />

Enge, in der man sich unvermeidlich seine<br />

Erwähltheit bestätigen muss, mit einem<br />

gehobelten Brett vor dem Kopf. Ich weiß,<br />

ich weiß: Heimat, das ist der Ort, wo sich<br />

der Blick von selbst nässt, wo das Gemüt<br />

zu brüten beginnt, wo Sprache durch ungenaues<br />

Gefühl ersetzt werden darf ...<br />

Damit Sie mich nicht missverstehen,<br />

lieber Martin Witt, ich gebe zu, dass dies<br />

Wort in Verruf gekommen ist, dass es<br />

missbraucht wurde, so schwerwiegend<br />

missbraucht, daß man es heute kaum<br />

ohne Risiko aussprechen kann. Und ich<br />

sehe auch ein, dass es in einer Landschaft<br />

aus Zement nichts gilt, in den Beton-Silos,<br />

in den kalten Wohnhöhlen aus<br />

Fertigteilen, das alles zugestanden; aber<br />

wenn es schon so ist: was spricht denn<br />

gegen den Versuch, dieses Wort von seinen<br />

Belastungen zu befreien? Ihm seine<br />

Unbescholtenheit zurückzugeben?<br />

Wie ich das meine? Ich vermute, dass<br />

Sie lächeln, doch ich sage es gegen Ihr<br />

Lächeln: Heimat, das ist für mich nicht allein<br />

der Ort, an dem die Toten liegen; es<br />

ist der Winkel vielfältiger Geborgenheit.<br />

Nachdenkgedanken<br />

Auf die Frage, wieviel Heimat der<br />

Mensch braucht, möchte ich sagen:<br />

umso mehr, je weniger davon er mit<br />

sich tragen kann.<br />

Jean Améry<br />

Ich bedarf äußerlich der Enge, um<br />

innerlich ins Weite zu gehen.<br />

Theodor Storm<br />

Heimat ist ein geistiger Raum, in den<br />

wir mit jedem Jahr tiefer eindringen.<br />

Reinhold Schneider<br />

Heimat kann man gewinnen und gestalten,<br />

sie ist keine unabänderliche<br />

Naturkonstante, die Menschen nur<br />

vorfinden und verlieren können.<br />

Willi Brandt<br />

Um sich beheimaten zu können,<br />

bedarf es einer Verzahnung mit der<br />

menschlichen Umwelt.<br />

Alexander Mitscherlich<br />

Heimat ist immer etwas Verlorenes,<br />

eine Sehnsucht, die sich nie erfüllen<br />

lässt.<br />

Edgar Reitz<br />

Ohne Heimat sein, heißt leiden.<br />

F. M. Dostojevskij<br />

Es ist von Übel, wenn der Mensch<br />

nicht da ist, wohin er gehört. Und ich<br />

gehöre nicht in die Stadt.<br />

Paula Modersohn-Becker<br />

Am Tage, da ich meinen Pass verlor,<br />

entdeckte ich mit 58 Jahren, dass<br />

man mit seiner Heimat mehr verliert<br />

als einen Fleck umgrenzter Erde.<br />

Stefan Zweig<br />

Das Gesetz der Fremde hat längst<br />

unsere Gesellschaft insgesamt<br />

ergriffen.<br />

Helmut Schelsky<br />

7


Thema<br />

„Für mich hat Heimat etwas Ausgrenzendes“<br />

Der Schriftsteller Christian Haller über den Begriff HEIMAT<br />

Ihnen gefällt der Begriff HEIMAT nicht –<br />

warum?<br />

Ich habe ein Problem damit, dass der Begriff<br />

Heimat wieder Konjunktur hat. Dazu<br />

ein Beispiel: Kürzlich sprach ich mit einem<br />

Theaterkünstler, der mir von einem<br />

Projekt mit Flüchtlingen erzählte, die in<br />

verschiedenen Zimmern über das Thema<br />

Heimat sprechen.<br />

Ich habe ihn gefragt, ob das Wort<br />

Heimat in der Sprache dieser Menschen<br />

überhaupt existiert. Er antwortete mir<br />

verwundert, dass es ihm noch nie in den<br />

Sinn gekommen sei, danach zu fragen.<br />

Das halte ich für typisch. Schon in unseren<br />

Nachbarländern existiert das Wort<br />

Heimat nicht.<br />

Für mich sind Wörter Gefäße, in denen<br />

sich vieles aus menschlichen Erfahrungen,<br />

Gefühlen, Wahrnehmungen<br />

gesammelt hat. Wenn man ein solches<br />

Gefäß öffnet, muss man sich bewusst<br />

machen, dass es besetzt ist mit vielen<br />

Assoziationen. Jedes Wort hat einen<br />

Kontext. Heimat ist ein Wort, das aus einem<br />

sehr nüchternen Umfeld stammt,<br />

es war hauptsächlich ein juristischer<br />

Begriff.<br />

Vor allem im 19. Jahrhundert erfuhr<br />

es eine Erweiterung, eine Umwertung.<br />

Die Romantik hat das Wort mit Gefühlen<br />

verbunden und aufgeladen. Diese Gefühle<br />

hatten auch etwas mit einer Reaktion<br />

nicht nur auf die Klassik, sondern auch<br />

auf die Industrialisierung zu tun. Mit Heimat<br />

verband sich eine Sehnsucht nach<br />

der Idylle.<br />

Für mich hat Heimat etwas Ausgrenzendes.<br />

Die Fremde bildet den Gegensatz<br />

zur Heimat. Zugleich erhält die Heimat<br />

eben dieses Idyllische, Idealisierende,<br />

als das Heile, Geordnete, als Ort,<br />

an dem man eingebettet, geborgen ist.<br />

Das Wort Heimat ließ sich gerade deshalb<br />

durch nationalistische, patriotische<br />

Bewegungen missbrauchen. Es wurde<br />

verwendet, um das Ausgrenzende zu<br />

betonen. Später setzte der Faschismus<br />

einerseits auf Mobilität, andererseits<br />

propagierte er ein pervertiertes Heimatbild<br />

von unbeweglichem Verwurzeltsein<br />

in „Blut und Boden“. In den 60er und<br />

70er Jahren brauchte man das Wort deshalb<br />

eher nicht mehr. Heimatkunde wurde<br />

in der Schule beispielsweise durch<br />

Realien ersetzt.<br />

Was führte zum Revival des Heimatbegriffs?<br />

Der Rechtspopulismus führte zum Wiedererwachen<br />

des Heimatbegriffs. Das kann<br />

man beispielsweise im Parteiprogramm<br />

der rechtsradikalen AFD (Alternative für<br />

Deutschland) nachlesen. Aber Heimat ist<br />

ein unglaublich komplexer Begriff mit einem<br />

großen Spektrum an Bedeutungen,<br />

und nicht jeder, der ihn verwendet, tut<br />

dies in einem rechtspopulistischen Sinn.<br />

Also kann man Heimat als Wort doch<br />

brauchen?<br />

Wörter sind Wesen, die man ganz schlecht<br />

umdeuten kann. Wenn man sie aufruft,<br />

kommt immer der ganze Inhalt mit. Es<br />

gab immer wieder Theorien, Heimat neu<br />

zu definieren. Man kann das unbewusst<br />

Schwingende aber nicht löschen, und so<br />

werden bei solch einem Begriff bei jeder<br />

Nennung auch wieder die alten Klischees<br />

aufgerufen.<br />

Aber was sollte man ändern?<br />

Wörter wie Heimat sollten nicht propagiert<br />

werden. Wörter sollte man nicht verbieten,<br />

auch nicht zensieren, aber man kann sie<br />

bewusst vermeiden. Bei dem Wort Heimat<br />

schwingen auch Inhalte wie Identität und<br />

Identifikation mit. Wir haben heute beides<br />

nicht mehr, das sind überholte Begriffe.<br />

Wir müssen uns einstellen auf eine andere<br />

Welt mit neuen Technologien, neuen<br />

Entdeckungen und einem neuen Weltbild.<br />

Das verunsichert und erzeugt Gegenreaktionen<br />

wie das Bedürfnis, sich zu verorten und<br />

integriert zu fühlen. Dieses echte Bedürfnis<br />

wird von politischen Mächten immer wieder<br />

missbraucht. Wir müssen jedoch akzeptieren<br />

lernen, dass die Dinge heute anders sind.<br />

Heute ist Flexibilität alles, das ‚Ich‘ ist eine<br />

Jonglage mit vielen Lebensfacetten geworden,<br />

und keine feste Größe mehr.<br />

Klingt da ein gewisser Pessimismus durch?<br />

Nein, ich denke, dass es wichtig ist, nach<br />

vorne zu schauen und nicht zurück. Vieles<br />

ist am zerfallen, und auch ich bedauere<br />

das. Es gibt aber auch eine enorme<br />

Erneuerung und Erweiterung, aus dem<br />

Neues entstehen wird.<br />

Interview: Regula Laux<br />

Christian Haller (geb. 1943) befasst sich<br />

in seinen Büchern oft mit der eigenen Biographie,<br />

mit seinen rumänischen Wurzeln.<br />

Im Herbst erscheint bei Luch terhand Band<br />

2 seiner Autobiographie: „Das unaufhaltsame<br />

Fließen“.<br />

Aber was ist daran schlecht?<br />

Aber der Mensch ist nicht immer aufgelegt zum Lachen,<br />

er wird manchmal still und ernst und denkt zurück in die Vergangenheit;<br />

denn die Vergangenheit ist die eigentliche Heimat seiner Seele,<br />

und es erfasst ihn ein Heimweh nach den Gefühlen,<br />

die er einst empfunden hat,<br />

und seien es auch Gefühle des Schmerzes.<br />

Heinrich Heine<br />

8


Thema<br />

Traute Heimat – Na ja ...<br />

„Ich grüße dich viel hundertmal/ mein<br />

schönes, weites Illertal, mein Heimatort,<br />

blüh‘ und gedeihe fort und fort!“ Das<br />

Vöhringer Heimatlied kannte kaum jemand<br />

noch beim letzten Klassentreffen. Lediglich<br />

Franz, der inzwischen in Berlin eine<br />

Akademie zur dörflichen Entwicklung leitete,<br />

ergänzte die 3. Strophe „Zwei Türme<br />

in den Himmel zeigen/ und dicht dabei<br />

Werkräder treiben;/ die einen weisen hin<br />

zu Gott, die andern geben uns das Brot.“<br />

Die kleine bayerische Gemeinde südlich<br />

von Ulm war und ist immer noch von<br />

der großen Firma geprägt, die den meisten<br />

Einwohnern Arbeit gibt.<br />

Jedes Jahr wurde in der großen Presshalle<br />

ein Weihnachtsspiel aufgeführt.<br />

Die Direktorentochter spielte die Maria,<br />

wir Arbeiterkinder standen als weiß gekleidete<br />

Engel im Hintergrund, waren<br />

aber dennoch sehr stolz, auf der Bühne<br />

zu stehen. Und jedes Jahr brachte der Vater<br />

seinen Kindern ein großzügiges Weihnachtsgeschenk<br />

mit. Mal ein in rotem<br />

Leder gebundenes Tagebuch mit einem<br />

Schloss und einem winzigen Schlüssel,<br />

dann mal einen Kosmetikkoffer, den ich<br />

heute noch benütze. Jeden Herbst gab<br />

es Kartoffelgeld und auch umsonst Äpfel,<br />

die meine Mutter auf dem Schlafzimmerschrank<br />

lagerte. Es gab immer nur diese<br />

Sorte zu essen, und ich mache heute<br />

Ein Tänzchen der blumenbekränzten Mädchen im Stadion bei der Heimatwoche 1951<br />

noch einen Bogen um die mehligen Boskoopäpfel.<br />

Da die wenigsten Wohnungen über<br />

eine Badewanne oder Dusche verfügten,<br />

hat die Firma Bäder installieren lassen.<br />

Jeden Mittwoch schleppte mich meine<br />

Mutter an der Pforte vorbei zur Badeanstalt,<br />

um mir in einer halbvoll gefüllten<br />

Badewanne den Rücken abzuschrubben.<br />

An dieses Ritual erinnere ich mich<br />

mit Grausen. Eine volle Badewanne – bis<br />

zum Hals im Wasser – ist seither für mich<br />

ein Muss. Später ließen sich meine Eltern<br />

zu einem Bad im Schrank überreden. Es<br />

wurde in der Wohnküche installiert, wo<br />

es aber wärmer war als in der Fabrik.<br />

Noch heute erinnere ich mich mit Unbehagen<br />

an Rituale in der Heimatwoche.<br />

Ein Gruppentanz im Dirndl und blumengeschmücktem<br />

Haar im Stadion, der Umzug<br />

durch den Ort – die Honorationen<br />

vorne weg, die Mädchen zum Schluss<br />

–, das Zelt mit Blasmusik, ich brav neben<br />

den Eltern auf der Bank sitzend, und<br />

schließlich gab es dann doch noch eine<br />

Bratwurst.<br />

Die Wohnung, in der wir 12 Jahre lang<br />

wohnten, gehörte zu einem Sägewerk.<br />

Für uns Kinder war dies eigentlich ein<br />

verbotenes, aber herrliches Gelände. Wir<br />

spielten zum Beispiel „Bälkefangerles“,<br />

bei dem wir nur auf den übereinander<br />

geschichteten Holzstämmen laufen durften.<br />

Obwohl ich oft zwischen die Balken<br />

rutschte, balanciere ich heute gerne noch<br />

auf einem gefällten Baum.<br />

Im Sommer hielten wir uns meist hinter<br />

dem Sägewerk auf. Im Mühlbach lehrte<br />

mich mein Vater mithilfe einer Stange<br />

und einem Gürtel schwimmen. Später<br />

hüpften wir von der Eisenbahnbrücke in<br />

den tiefen Bach. Am liebsten dann, um<br />

Erwachsene zu erschrecken, wenn wir am<br />

Rande der Brücke balancierten.<br />

Ein unvergessliches Vergnügen war<br />

das Dampfablassen einer kleinen Lokomotive<br />

direkt nach der Brücke. Sobald<br />

es zischte, rannten wir im Badeanzug<br />

los und stellten uns vor die Lok, die den<br />

Dampf nach vorne ausstieß. Ein Wettbewerb<br />

entstand, wer sich am nächsten vor<br />

den heißen Dampf wagte.<br />

Hinter dem Sägewerk pflegte mein<br />

Vater seinen Gemüsegarten: Stangenbohnen,<br />

Erbsen, Weißkohl, Kopfsalat,<br />

Kräuter und allerlei Beeren konnten wir<br />

dort ernten. Wie vermisse ich doch heute<br />

das herrliche Aroma der Tomaten aus unserem<br />

Garten oder die süßen Erdbeeren,<br />

die ich naschen durfte. Auch vermisse ich<br />

die speziellen Kohlrouladen meiner Mutter<br />

oder gar die Fleischbrühe aus Markknochen,<br />

die auf unserem Kohleherd lange<br />

und sachte köchelte.<br />

Die Zeit der typischen Gerüche, Geschmäcker<br />

und der spannenden Spiele<br />

rund um das Sägewerk endeten, als<br />

wir in eine andere Wohnung zogen, allerdings<br />

ohne eigenen Garten. Mit 13 Jahren<br />

wechselte ich zusammen mit vier Freundinnen<br />

aus dem Ort in die Mädchen-Mittel-Schule<br />

in Weißenhorn, die von Nonnen<br />

mit strenger Hand geführt wurde.<br />

Meinen Schulfreund Franz treffe ich<br />

heute noch in Berlin, wir reden zwar auch<br />

noch von vergangenen Zeiten, aber sind<br />

auch zukunftsorientiert. Vor Jahren gründeten<br />

wir zusammen mit einer Koreanerin<br />

eine deutsch-koreanische Akademie<br />

und planten eine Reise nach Südkorea. –<br />

Wer hätte dies damals gedacht.<br />

Ingeborg Ketterer<br />

9


Thema<br />

Sterben unsere Dialekte aus?<br />

„Die wahre Heimat ist eigentlich die<br />

Sprache“, war die Meinung von Wilhelm<br />

von Humboldt. Oder ist es die Sehnsucht<br />

des Menschen nach stärkerer Zusammengehörigkeit?<br />

In Deutschland sprechen noch heute<br />

viele Menschen so, wie ihnen der<br />

Schnabel gewachsen ist, in ihrer eigentlichen<br />

Muttersprache, dem Dialekt.<br />

Die einen babbeln, quatschen<br />

oder schnacken, die andern schwätzen<br />

oder verzählen. Die Unterschiede von<br />

Nord nach Süd sind zuweilen so groß,<br />

dass Außenstehende außer Zischlauten<br />

und Gemurmel nichts mehr verstehen.<br />

Ein waschechter Fischer aus Stralsund<br />

kann sich mit einem gebürtigen<br />

Winzer vom Kaiserstuhl nicht in der jeweils<br />

ureigenen Sprache verständigen.<br />

Frau Essmann, Mitglied der Gruppe<br />

Frau und Kultur Delmenhorst, hat<br />

lange eine „plattdeutsche Gruppe“ geleitet.<br />

„Einst waren es 20 bis 30 Mitglieder,<br />

die auch selbst etwas in Plattdeutsch<br />

vorlasen. Heute ist es nur noch<br />

ein kleines Grüppchen. Dort sprechen<br />

sie das Oldenburger Platt, es gibt auch<br />

noch das Bremer Platt und zur Küste<br />

hin das Ostfriesen Platt, bei dem auch<br />

ein bisschen das holländische Platt hineinspielt,<br />

so dass wir es nur schlecht<br />

verstehen“.<br />

Mag man es mit Kindern oder einem<br />

Hund leichter haben, als Zugezogene in<br />

einem Dorf neue Kontakte zu knüpfen,<br />

ist es für ältere Menschen, die z.B. zu<br />

ihrer Tochter ziehen, oft schwer, dort<br />

mit der Bevölkerung warm zu werden.<br />

20 Dialekträume<br />

Deutschland gehört sicher zu den Ländern<br />

der Welt mit auffallend vielen Dialekten.<br />

Dass sich so viele Dialekte bilden<br />

konnten, ist das Ergebnis jahrhundertelanger<br />

Prozesse: Historische Wellen von<br />

Massenmigration, religiöse und politische<br />

Teilungen, Handelsrouten und auch<br />

die Tatsache, dass Deutschland erst spät<br />

ein Nationalstaat geworden ist.<br />

10<br />

Bis zum Ende des Mittelalters war die<br />

Sprache der Professoren, Kleriker und<br />

Humanisten das Lateinische. Das Volk<br />

sprach Dialekt, je nach Ort und Region<br />

verschieden. Die Unterschiede zwischen<br />

den Dialektsprechern traten erst seit Luther<br />

und seiner einheitlichen Bibelübersetzung<br />

zu Tage. Die Frage war, in welcher<br />

Sprache die Bibel übersetzt werden sollte,<br />

so dass sie von der Nordsee bis nach<br />

Württemberg zu verstehen sei. In einer<br />

Tischrede von 1538 brachte es der Reformator<br />

auf den Punkt: „Es sind aber in<br />

der deutschen Sprache viel Dialecti, unterschiedliche<br />

Arten zu reden, dass oft einer<br />

den anderen nicht wohl versteht...“<br />

Schließlich setzte sich der Begriff „Dialekt“<br />

auch im allgemeinen Sprachgebrauch<br />

durch. Erst seit der Machtergreifung<br />

der Nationalsozialisten 1933 stieß<br />

man sich an dem lateinischen Wort „Dialekt“.<br />

„Mundart“ dagegen galt den Nazis<br />

als Sinnbild „echter Volkshaftigkeit“ und<br />

Verbundenheit mit der „Heimat“.<br />

In der Beliebtheitsskala liefern sich<br />

Bayerisch und Norddeutsch ein Kopf-an-<br />

Kopf-Rennen, während Sächsisch, Rheinisch<br />

oder Schwäbisch am unteren Ende<br />

der Skala rangieren.<br />

Klangfarbe oder Sympathie<br />

Wie kommt es, dass wir manche Dialekte<br />

gerne hören und manche einfach nicht ertragen<br />

können? Das Thema entzweit die<br />

Sprachwissenschaftler. Während die einen<br />

vermuten, dass wir einen Dialekt wegen seiner<br />

Klangfarbe sympathisch oder unsympathisch<br />

finden, sagen die anderen, es liege<br />

an der sozialen Komponente, also ob man<br />

Sympathien hege für Leute, die einen bestimmten<br />

Dialekt sprechen. So spricht man<br />

am besten in Berlin kein Schwäbisch, sonst<br />

wird man für viele Einheimische zum Feindbild.<br />

Die Berliner Verkehrsbetriebe bedruckten<br />

vor ein paar Monaten Busse mit dem<br />

Spruch: „Liebe Schwaben, wir bringen Euch<br />

gerne zum Flughafen“.<br />

60 % der Deutschen geben an, dass<br />

sie einen Dialekt sprechen und das auch<br />

gerne. Das ergab eine Umfrage des Instituts<br />

für deutsche Sprache in Mannheim. Mit<br />

der Einführung des Radios in den 1920er<br />

Jahren fing jedoch das Dialektsterben an.<br />

Heute verliert der Dialekt immer mehr an<br />

Bedeutung. Wir sind ständig mit der Hochsprache<br />

konfrontiert, sei es in der Schule,<br />

im Beruf und in den Medien. Es wäre jedoch<br />

falsch, pauschal anzunehmen, dass<br />

Dialekte vom „Aussterben“ bedroht sind.<br />

Zwar sind manche Dialektformen am Verschwinden,<br />

während sich in anderen Regionen<br />

Aussprachen seit 100 Jahren gehalten<br />

haben und wieder in anderen Regionen<br />

Dialektformen sogar zunehmen. Man wird<br />

noch lange einen Rheinländer oder einen<br />

Bayern am Klang erkennen.<br />

Inge Kellersmann<br />

heimat<br />

sag ich: mein land meine heimat –<br />

mein ich den staat sind es grenzen<br />

mit ihrem maß ihren wächtern<br />

den linien der landvermesser?<br />

oder der hügel vor meinem fenster<br />

ein oder zwei mäander<br />

des flüsschens ein marktplatz<br />

ein sprachklang mutterschoßwarm<br />

ein träumendes rudel sonniger dächer<br />

mit ragendem zeiger des kirchturms<br />

mehr ist es nicht – nicht mehr?<br />

wenn aber nur dies – vielleicht fände<br />

sich fern ein anderer hügel<br />

wie dieser ein bach und sicher<br />

friedliche dörfer und wohl auch<br />

freundschaft und menschliche wärme<br />

doch sollte ich die sprache verlassen –<br />

mein weitverzweigtes zuhause im wort<br />

sprache der mutter worte der dichter<br />

und kindergebete in großmutters arm<br />

das bliebe unaufgewogen – und fremd<br />

wär ich den heimstätten der erde<br />

Gudrun Reinboth


Thema<br />

Deutsche? Schweizerin? Europäerin?<br />

Kontakt mit Asylsuchenden<br />

Mitten auf der Rheinbrücke verläuft in Laufenburg die Grenze zwischen der Schweiz und<br />

Deutschland.<br />

Ich kann nicht wirklich sagen, wo meine<br />

Wurzeln liegen: Mein Vater hat norwegische<br />

Vorfahren, meine Mutter stammt aus<br />

der Innerschweiz, aufgewachsen bin ich<br />

in Nordrhein- Westfalen. Studiert habe ich<br />

in Bielefeld und Köln, dazwischen lagen<br />

Aufenthalte in Frankreich und Südamerika.<br />

Seit rund 25 Jahren lebe ich in der<br />

Schweiz, direkt am Rhein. Deutschland<br />

liegt nur einen Katzensprung entfernt,<br />

die Grenze verläuft mitten auf der Brücke,<br />

über die ich fast täglich fahre oder gehe.<br />

Ob ich mich eher als Schweizerin fühle<br />

oder als Deutsche? Ich weiß es nicht.<br />

Mein Mann ist Schweizer. Dass die Kinder<br />

neben schweizerdeutsch auch akzentfrei<br />

hochdeutsch sprechen, war mir von Anfang<br />

an wichtig.<br />

Als Kind fand ich es immer komisch,<br />

wenn Deutsche im Obstgeschäft meiner<br />

Tante in Luzern „es bitzeli Peterli“ oder<br />

„es Pampelmusli“ kauften. Sie hängten,<br />

um möglichst schweizerisch zu klingen,<br />

einfach überall ein i dran – und gaben<br />

mir, wenn ich ihnen die schwere Tasche<br />

nach Hause trug, besonders viel Trinkgeld,<br />

weil ich so gut hochdeutsch sprechen<br />

konnte. Dass ich in Deutschland<br />

wohnte, verriet ich ihnen natürlich nicht,<br />

ich hatte ja den echten Schweizer Vornamen<br />

Regula. Meine Schwester wurde<br />

nach der norwegischen Großmutter<br />

auf den Namen Thora getauft. Verwandtschaftliche<br />

und freundschaftliche Beziehungen<br />

führen über Deutschland und die<br />

Schweiz hinaus in andere Länder, vielleicht<br />

fühle ich mich deshalb wohl am<br />

ehesten als Europäerin. Aber das finde<br />

ich, ehrlich gesagt, auch nicht so wichtig,<br />

obwohl ich überzeugt bin, dass für jeden<br />

Menschen Herkunft und persönliche<br />

Lebensgeschichte prägend sind.<br />

Für das Miteinander hier und jetzt<br />

empfinde ich es als viel entscheidender,<br />

ob und wie sich jemand in die Gesellschaft<br />

einbringt. Ein Thema, das ich<br />

bei der Flüchtlingsfrage für besonders<br />

entscheidend halte. Abgelegene Flüchtlingscamps<br />

ohne Kontaktmöglichkeiten<br />

zur einheimischen Bevölkerung sind<br />

meiner Meinung nach kontraproduktiv.<br />

Denn sie nehmen den Asylsuchenden die<br />

Chance, sich mit Land, Leuten, der Sprache<br />

und den Gepflogenheiten vertraut zu<br />

machen.<br />

Klar, Integrationsmaßnahmen können<br />

anstrengend sein. Sie setzen Einfühlungsvermögen,<br />

Offenheit gegenüber<br />

Unbekanntem und Geduld voraus.<br />

Und sie kosten etwas – gut investiertes<br />

Geld, finde ich. Denn erstens erleichtern<br />

sie das Miteinander und – falls die geschulten<br />

Asylsuchenden abgeschoben<br />

werden sollten – kann man die Maßnahmen<br />

als hervorragende Entwicklungshilfe<br />

abbuchen. Denn Sozialkompetenz und<br />

Sprachkenntnisse sind in allen Ländern<br />

von Vorteil.<br />

Im Laufenburger „Treffpunkt“ finden sich<br />

jeden Donnerstag Freiwillige ein, um den<br />

Asylsuchenden, alles junge Männer, bei<br />

der Bewältigung ihres Alltags mit Rat und<br />

Tat zu helfen. Und Probleme gibt es genug.<br />

Die Männer leben auf engem Raum, viele<br />

von ihnen unterirdisch, und sie müssen<br />

mit 10 Franken pro Tag auskommen, für<br />

alles, Essen, Kleidung, öffentlichen Verkehr.<br />

Auch wenn sie sparsam leben und<br />

gemeinsam kochen, reicht das Geld kaum.<br />

Im benachbarten Deutschland einzukaufen,<br />

wo Lebensmittel und Textilien viel billiger<br />

sind, ist ihnen nicht erlaubt, sie dürfen<br />

die Grenze nicht überschreiten. Trotzdem<br />

machen die meisten von ihnen keinen unzufriedenen<br />

Eindruck, was mich erstaunt.<br />

Haben sie kein Heimweh?<br />

Ich fragte einige, die schon recht gut<br />

Deutsch können. Der 21-jährige Rohoullah<br />

aus Afghanistan antwortete spontan:<br />

„Ich liebe meine Heimat, aber wir haben<br />

so viele Probleme, so dass wir dort nicht<br />

leben können. In Afghanistan gibt es immer<br />

Krieg und immer Kämpfe. Jetzt lebe<br />

ich hier in der Schweiz, und es ist auch<br />

wie meine Heimat.“<br />

Und Amanuel aus Eritrea sagte: „Meine<br />

Heimat ist für mich natürlich meine<br />

Mutter in Eritrea. Meine Familie fehlt mir<br />

sehr, ich träume nachts von ihr. Hier in<br />

der Schweiz möchte ich gern eine Ausbildung<br />

machen, doch erstmal ist es am<br />

wichtigsten, die Sprache noch besser zu<br />

lernen. Im Moment ist Deutsch meine<br />

Freundin, die ich noch viel besser kennenlernen<br />

möchte.“ Ich war verblüfft<br />

über die sprachliche und inhaltliche Virtuosität<br />

des 21-Jährigen. Das hätten viele<br />

mit Deutsch als Muttersprache nicht so<br />

fein ausdrücken können, glaube ich. So<br />

kann ich nur dafür plädieren, den Amanuels,<br />

Mohammeds und Rohoullahs die<br />

Gelegenheit zu geben, uns ihre „neue<br />

Freundin“ vorzustellen. Sicher ein gewinnbringendes<br />

Training für alle – und<br />

für mich ein Schritt über Europa hinaus.<br />

Regula Laux<br />

11


Thema<br />

Fotowettbewerb: Meine Heimat<br />

Der Wettbewerb – passend zum Thema dieses Heftes –<br />

fand eine erfreuliche Resonanz. Die von der Jury ausgewählten<br />

Bilder zeigen, wie vielfältig das Motiv Heimat ist<br />

und wie unterschiedlich und individuell es mit der Kamera<br />

eingefangen werden kann. Die Redaktion dankt allen<br />

Teilnehmerinnen herzlich und wünscht ihnen weiterhin<br />

Spaß und Erfolg bei der Pirsch mit der Kamera in heimatlichem<br />

oder auch unbekanntem Gelände.<br />

Kamp-Lintfort war einst Bergbaustadt.Nun ist in einem Teil der<br />

alten Zechengebäude die Hochschule Rhein Waal eingezogen.<br />

Im Jahr 2020 wird auf dem restlichen Gelände die Landesgartenschau<br />

stattfinden. In meiner Heimat findet ein großer Wandel<br />

statt.<br />

Roswitha Dudek, Gruppe Kamp-Lintfort<br />

Das schöne Kötterhaus aus dem Jahre 1874, das die Familie größtenteils<br />

selbst renoviert hat, steht im Münsterland, der Heimat<br />

vieler unserer Vorfahren. W. Reinert-Reetz, Gruppe Münster<br />

Nicht nur Gäste, sondern auch wir, die<br />

wir hier leben, erfreuen uns am Freiburger<br />

Wochenmarkt. Er bietet alles aus Feld<br />

und Garten, aber auch Sonstiges für gute<br />

Küche und Haushalt in großer Fülle und<br />

Vielfalt. Das Ganze breitet sich unter der<br />

altehrwürdigen Kulisse des Freiburger<br />

Münsters, der historischen Brunnen und<br />

mittelalterlichen Häuserzeilen aus. Die<br />

zahlreichen Cafés laden zum Verweilen<br />

ein.!<br />

Als besonderes Erlebnis kann man<br />

schließlich noch herrliche „Orgelmusik<br />

zur Marktzeit“ im Freiburger Münster<br />

erleben.<br />

Ilse Gremmelspacher, Gruppe Freiburg<br />

12


Thema<br />

Wir genießen einen Spaziergang im Schlosspark Reinhardtsgrimma bei Dresden<br />

Elke Fischer, Gruppe Dresden<br />

Die Mandelblüte in der Südpfalz ist für mich immer eine<br />

Augenweide.<br />

Birgit Potthoff-Karl, Gruppe Ludwigshafen/Mannheim<br />

Heimatliches Glockengeläut vom Gießener Stadtkirchenturm und<br />

Frühlingslieder, gespielt vom Posaunenchor erfreuen Herz und<br />

Seele.<br />

Edith Mohr, Gruppe Gießen<br />

Mit meinen beiden Schwestern neben der großen<br />

Rhabarberstaude mit unseren niedlichen<br />

Puppen im vertrauten Garten.<br />

Ingeborg Harpain, Gruppe Bremen<br />

13


Thema<br />

Wir stellen vor: Swetlana Pflieger-Fefer,<br />

Leiterin eines Heimes für Asylbewerber<br />

Swetlana Pflieger-Fefer stammt aus Kasachstan<br />

– und spricht fast akzentfrei Deutsch.<br />

Das überrascht, klärt sich aber schnell auf:<br />

Ihre ganze Großfamilie ist deutschstämmig,<br />

und die deutsche Sprache wurde in<br />

dem kleinen Dorf, in dem sie aufgewachsen<br />

ist, über Generationen bewahrt und<br />

bewusst gepflegt. Ihre beiden Großmütter,<br />

Oma Olga und Oma Paulina, sprachen nur<br />

gebrochen Russisch und wurden deshalb<br />

oft gehänselt. Swetlanas Eltern, so erzählt<br />

sie, legten großen Wert auf eine gute Ausbildung<br />

der Kinder. Die Mutter unterrichtete<br />

in der Schule Deutsch als Fremdsprache,<br />

so lag es nahe, dass auch die Tochter<br />

ein Lehramtsstudium absolvierte. Die Tätigkeit<br />

als Lehrerin an der Grundschule<br />

machte Swetlana Spaß, ihre kleine Tochter<br />

konnte sie im Kindergarten unterbringen.<br />

Tochter Natalia, inzwischen 26, setzt die<br />

Familientradition fort und lässt sich auch<br />

fürs Lehramt ausbilden – nicht in Kasachstan,<br />

sondern in Bayern.<br />

In Bayern ist die Familie inzwischen<br />

längst heimisch geworden, nur mit dem<br />

bayerischen Dialekt hat Swetlana Pflieger-Fefer,<br />

im Gegensatz zu ihrer Tochter,<br />

noch immer einige Schwierigkeiten, obwohl<br />

sie gewohnt ist, sich im Sprachenwirrwar<br />

der Asylbewerber zurecht zu finden.<br />

Die Heimbewohner – zur Zeit sind es<br />

180 – stammen aus ganz verschiedenen<br />

Ländern, und nur wenige können sich in<br />

einer fremden Sprache ausdrücken. Der<br />

angebotene Deutschunterricht wird von<br />

den einen fleißig besucht und sie machen<br />

gute Fortschritte, andere sind wenig<br />

motiviert oder mit systematischem<br />

Lernen überfordert.<br />

Die Heimleiterin muss sich nicht nur<br />

mit Sprachschwierigkeiten befassen,<br />

sie muss auch auf besondere Lebensgewohnheiten,<br />

Traditionen und Wertvorstellungen<br />

der Heimbewohner eingehen,<br />

zum Beispiel auf die noch vorherrschende<br />

untergeordnete Stellung der Frau in<br />

der Familie und der Gesellschaft. 80 Prozent<br />

der Asylbewerber sind Moslems,<br />

mehr oder weniger strenggläubige, aber<br />

die meisten halten sich an die Regeln des<br />

Korans, beten, beachten den Fastenmonat<br />

Ramadan und essen kein Schweinefleisch.<br />

In einer Gemeinschaftsküche zu<br />

kochen, ist daher gar nicht so einfach.<br />

Nur noch ein fest angestellter Hausmeister<br />

steht der Heimleiterin zur Seite,<br />

alle anderen Kräfte arbeiten ehrenamtlich.<br />

Swetlana Pflieger-Fefer ist sehr<br />

dankbar für diese Hilfen. Dass die Bewältigung<br />

der Flüchtlingsströme in Deutschland<br />

nicht im Chaos endet, ist auch den<br />

vielen ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen<br />

zu verdanken, davon ist Swetlana<br />

Pflieger-Fefer überzeugt.<br />

Aber es gibt auch Widerstand in der<br />

Bevölkerung gegen „untätige“ Flüchtlinge<br />

und Asylbewerber. Doch manche von<br />

ihnen würden noch so gern arbeiten, dürfen<br />

aber nicht, so lange ihr Asylantrag<br />

nicht entschieden ist.<br />

Von den unangenehmen Vorkommnissen<br />

in ihrem Berufsalltag redet die<br />

Heimleiterin nicht gerne. Dass es gelegentlich<br />

zu Unstimmigkeiten zwischen<br />

Angehörigen verschiedener Nationalitäten<br />

oder Stämmen beim Zusammenleben<br />

auf so engem Raum kommt, ist nicht<br />

verwunderlich. Auch nicht, dass Asylbewerber<br />

spurlos verschwinden, wenn sie<br />

von ihrer Abschiebung Wind bekommen.<br />

Abschiebungen erfolgen meist nachts.<br />

Solche Nacht- und -Nebel-Aktionen bringen<br />

Unruhe und Verunsicherung ins<br />

Heim und Stress auch für die Leiterin.<br />

Erholung und Ruhe findet sie in ihrem<br />

Garten, ihrem Refugium. Bei der Gartenarbeit<br />

– für sie nicht Arbeit, sondern Entspannung<br />

– sammelt sie Kraft für kommende<br />

Herausforderungen. Vieles hat<br />

sie gemeinsam mit ihrem Mann gemeistert.<br />

Er leitet, wie sie, ein Asylbewerberheim<br />

in der Nähe von Passau. Der Erfahrungsaustausch<br />

mit ihm ist ihr wichtig<br />

und hilfreich.<br />

Kraft schöpft die heute 47-Jährige<br />

auch aus ihrem Glauben. Sie gehört<br />

der evangelischen Kirche an, einer Minderheit<br />

damals in Kasachstan und einer<br />

Minderheit heute in Bayern. Bei ihrem<br />

ersten Kirchenbesuch in Deutschland<br />

fühlte sie sich gleich heimisch. Die Hilfs-<br />

Swetlana Pflieger-Fefer (rechts oben im roten T-Shirt) mit Asylbewerbern<br />

14


Thema<br />

bereitschaft der evangelischen Gemeinde<br />

bei ihrer Ankunft mit der Großfamilie<br />

in Grafenau im Bayerischen Wald am 19.<br />

Dezember 1996 wird sie nie vergessen,<br />

und sie möchte die Hilfe und Anteilnahme,<br />

die sie damals erfahren hat, weitergeben<br />

an Menschen, die der Hilfe bedürfen.<br />

Im Asylbewerberheim fühlt sie sich<br />

an der richtigen Stelle.<br />

Der Anfang war nicht leicht, erinnert<br />

sie sich. Das Haus war damals noch Aussiedlerheim,<br />

und in ihrem kleinen Zimmer<br />

half sie den Mitbewohnern, Anträge<br />

auszufüllen und Verordnungen zu übersetzen,<br />

und sie begleitete die Hilflosen<br />

zu Ärzten und Behörden. Dass man ihr<br />

für ihre immer umfangreichere Berater-<br />

und Dolmetschertätigkeit bald ein eigenes<br />

Bürozimmer überließ, spornte sie<br />

an. „Meine Tür stand jederzeit offen“,<br />

sagt sie. Auch heute noch, nicht nur für<br />

Asylbewerber.<br />

2007 übernahm sie die Heimleitung.<br />

Seither hat sie noch mehr Möglichkeiten,<br />

den aus ihrer Heimat Geflüchteten<br />

beim Eingewöhnen in der Fremde zu helfen.<br />

„Diese Hilfe durfte ich hier auch erfahren,<br />

und so konnte ich Deutschland<br />

schnell als meine neue Heimat bezeichnen“,<br />

sagt sie überzeugt. Und: „Ich bin<br />

sehr froh, hier mit meiner Familie leben<br />

zu dürfen.“ - Kein Heimweh nach Kasachstan.<br />

Blick nach vorn.<br />

Irma Hildebrandt<br />

Heimatversuch<br />

Kleinkreisig vertraute Welt<br />

Geruch von Kellertreppen<br />

und wilden Nelken<br />

Wege barfuß<br />

durch Stoppelfelder<br />

traumwandelsicher<br />

zur Tür mit dem Messingknauf<br />

spaltbreit geöffnet<br />

aber das Zauberwort<br />

vergessen<br />

gegerbte Jahreshäute<br />

abzustreifen<br />

Irma Hildebrandt<br />

„verortungen. heimat. fremde“<br />

Projekt des Carl-Bosch-Gymnasiums Ludwigshafen<br />

„Verortungen“ der jungen Generation in einer<br />

digitalisierten Welt ... sind das die sozialen<br />

Netzwerke, der Computer mit Gewalt<br />

verherrlichenden Spielen im Kinderzimmer,<br />

das Treffen pubertierender Kids in Schnellrestaurants?<br />

Oder Solidarität mit dem neuen<br />

Mitschüler, der auf abenteuerliche Art und<br />

Weise aus seinem Heimatland die Flucht<br />

antreten musste und in Deutschland seine<br />

Zukunft und eine neue Heimat sieht?<br />

Die Gymnasiallehrerin Gabriela Weber-Schipke<br />

startete im Februar <strong>2017</strong> ein<br />

Film-Projekt mit Schülern der Klassenstufen<br />

6–12 des Carl-Bosch-Gymnasiums in<br />

Ludwigshafen.<br />

Alles begann im Klassenzimmer der<br />

6. Klasse. Aus dem Thema „Das Prinzip<br />

Hoffnung“ ergab sich die Frage „Was ist<br />

Heimat für Euch?“ und sorgte für eine offene<br />

emotionale Diskussion in der Unterstufe,<br />

die, bezeichnend für die heutige<br />

Bildungslandschaft, auch viele<br />

Kinder mit Migrationshintergrund aufweist.<br />

Der erste Dreh fand im Ernst-Bloch-<br />

Zentrum in Ludwigshafen zum Thema<br />

„Spurensuche: Mit Bloch auf der Suche<br />

nach Heimat“ statt.<br />

Der geplante Film startet aus dem<br />

Klassenzimmer in die Wohnzimmer und<br />

Straßen quer durch Deutschland. Die<br />

Schüler treffen junge und alte Einwohner,<br />

Einheimische und Asylanten, Gelehrte<br />

und einfache Menschen.<br />

Die ersten Dreharbeiten für den Film fanden im Ernst-Bloch-Zentrum statt.<br />

„Heimat ist manchmal ein Stück<br />

dunkles Brot essen“, so ein fast achtzigjähriger<br />

deutscher Auswanderer, der von<br />

den Schülern befragt wird. „Heimat während<br />

der Schulzeit ist Deutschland, in<br />

den Ferien Bulgarien, bei Oma“, so ein<br />

14-jähriger Schüler.<br />

Nach der ersten Projektphase mit Drehund<br />

Spielszenen im Ernst-Bloch-Zentrum<br />

und im Gymnasium folgt im August die 2.<br />

Phase mit dem Schwerpunkt: Doku-Material<br />

für den Film sammeln u.a. Spurensuche<br />

in den Partnerstädten, in Bulgarien,<br />

England und Frankreich. In den einzelnen<br />

Ländern gibt es feste Interviewpartner<br />

unterschiedlich ster Couleur. Von der alten<br />

britischen adligen Dame, den handfesten<br />

Arbeitern in einem Pub ... über ausgewanderte<br />

Pfälzer in Frankreich, arbeitslose Fischer<br />

an der bretonischen Küste, einem<br />

ehemaligen KZ-Häftling in Italien, Romas<br />

und einem erfolgreichen Künstler in Bulgarien<br />

mit einem Koffer in Berlin.<br />

Im Mai 2018 findet die Abschlussveranstaltung<br />

mit der Filmpremiere im<br />

Ernst-Bloch-Zentrum statt. Der Film soll<br />

dann als TV-Format bei einschlägigen<br />

Sendern und bei Filmfestivals eingereicht<br />

werden.<br />

Zusammenstellung:Inge Kellersmann<br />

15


Thema<br />

Heimat auf engstem Raum<br />

Die „Trinkhalle“ als lebendiges Relikt des Ruhrgebiets<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts in den Industriestädten<br />

des Ruhrgebiets:<br />

Aus dem Werkstoren der Zechen und<br />

Stahlwerke strömen erschöpfte Arbeiter<br />

ins Freie und wollen nur eines: Flüssigkeit<br />

durch ihre trockenen Kehlen laufen<br />

lassen. Rund um die industriellen<br />

Arbeitsstätten entstehen Trinkhallen, in<br />

denen sauberes Wasser ausgeschenkt<br />

wird, ein geschmacksneutraler und alkoholfreier<br />

Durstlöscher. Ungekochtes<br />

Leitungswasser ist in jener Zeit eine erhebliche<br />

Gesundheitsgefahr. Daher trinken<br />

die Arbeiter, anfangs mit Billigung<br />

der Grubenbetreiber, Bier und Schnaps.<br />

Denn die Fabrikbesitzer gehen davon<br />

aus, dass subventionierter Schnaps die<br />

Motivation und Leistungsfähigkeit ihrer<br />

Arbeiter steigern wird. Wegen der um sich<br />

greifenden Alkoholsucht und der damit<br />

verbundenen Unfallgefahr nehmen sie<br />

bald wieder Abstand von dieser Praxis.<br />

Die Geschichte der Trinkhallen im<br />

Ruhrgebiet, im hiesigen Sprachgebrauch<br />

„Bude“ oder „Büdchen“ genannt, ist<br />

also eng verknüpft mit der Entstehung<br />

Dieser Kiosk unter einem Fernwärmerohr im ehemaligen Hochofen-Vorort Dortmund-<br />

Hörde, einst Heimat industrieller Schwerstarbeit, existiert leider nicht mehr.<br />

Foto: Oliver Oster, Dortmund<br />

der Zechen und Stahlwerke. Betrieben<br />

werden viele dieser Buden von Unfall-Invaliden<br />

und Bergmanns- und Kriegerwitwen,<br />

die sich damit eine solide Existenz<br />

aufbauen können. Aus den Wasserhäuschen<br />

für Industriearbeiter werden im Laufe<br />

der Jahrzehnte Verkaufsstätten für jedermann.<br />

Die Kioskbetreiber verbreitern ihr<br />

Warenangebot und ziehen neue Käufergruppen<br />

an. Zeitungen, Zeitschriften, Unterhaltungsromane,<br />

Zigaretten, Bier und<br />

Hochprozentiges, Eis, Glanzbilder, Comic-Hefte<br />

und bunte Süßigkeiten gehören<br />

zum Grundsortiment eines jeden Kiosks.<br />

Woher stammt dieses seltsame Wort?<br />

Es kommt aus dem Persischen und bedeutet<br />

„Ecke“ oder „Winkel“. In der islamischen<br />

Kultur ist ein frei stehender<br />

Kiosk ein Gartenpavillon in Park- und Palastanlagen.<br />

Auf meinem Heimweg von der Schule<br />

kam ich an gleich zwei solcher „Buden“<br />

vorbei. Unter diesem Namen kannten wir<br />

die für uns Kinder so verlockenden Verkaufsstellen,<br />

in denen wir in den 1960er<br />

Jahren unser bescheidenes Taschengeld<br />

in bunten Zucker-Kram umsetzten. Mit<br />

kleinen Schäufelchen füllte die Kioskbetreiberin,<br />

meist eine ältere Frau, das spitze<br />

Papiertütchen genau nach unserer<br />

Wahl und was unsere Groschen hergaben.<br />

Nur am Monatsanfang nach der Taschengeldzahlung<br />

konnten wir uns diesen<br />

Luxus leisten.<br />

Mittlerweile sind fast alle Kohlezechen<br />

und Stahlwerke aus dem Ruhrgebiet<br />

verschwunden. Die Buden haben<br />

diesen wirtschaftlichen und sozialen<br />

Strukturwandel überlebt und existieren<br />

als lebendiges Kulturgut der Heimat weiter.<br />

Heute sind diese Wahrzeichen des<br />

Ruhrgebiets mehr denn je Treffpunkt<br />

und Nachrichtenbörse für Stammkäufer<br />

und Laufkundschaft gleichermaßen. Viele<br />

Kioskbetreiber bieten soziale Zusatzleistungen<br />

an wie Paketannahme für die<br />

Nachbarschaft, kleinere Lieferungen frei<br />

Haus an alte oder kranke Kunden oder<br />

den bargeldlosen Einkauf mittels Anschreiben.<br />

In diesen nur wenige Quadratmeter<br />

kleinen Verkaufshäuschen wird die Heimat<br />

bewahrt, und zugleich ist hier die<br />

halbe Welt zu Hause. Denn zahlreiche der<br />

rund 15.000 Trinkhallen im Ruhrgebiet –<br />

ihre genaue Zahl kennt niemand – sind<br />

von Zuwanderern übernommen oder neu<br />

eröffnet worden und werden als Familienbetriebe<br />

geführt. Für die Betreiber ist das<br />

Büdchen wegen der langen Öffnungszeiten<br />

ihr Zweitwohnsitz und oft sogar ihre<br />

erste Wohnung. Mit kaum etwas anderem<br />

kann man sich in seinem Stadtviertel<br />

schneller verankern als mit dem Betrieb<br />

einer Trinkhalle.<br />

Würde man jede der ungefähr 15.000<br />

Trinkhallen zwischen Duisburg und<br />

Dortmund auf einer Ruhrgebiets-Karte<br />

mit einem Lichtpunkt darstellen, das<br />

Ruhrgebiet wäre eine leuchtende Landschaft<br />

aus wohnortnahen Versorgungsstätten.<br />

Renate Zimmer<br />

16


Thema<br />

„Weh dem, der keine Heimat hat!“<br />

Ein Brief an die Mutter im fernen Afrika<br />

Diese letzte Zeile eines Nietzsche-Gedichtes<br />

ist heute aktueller denn je. Nietzsche<br />

selber hat allerdings im politisch unruhigen<br />

Jahr 1869 freiwillig auf die preußische<br />

Staatsbürgerschaft verzichtet und<br />

fortan als Staatenloser – auch Heimatloser<br />

– gelebt. Doch das ist die Ausnahme.<br />

Die meisten Menschen verlassen ihre Heimat<br />

nicht freiwillig, es sei denn, sie brechen<br />

als Auswanderer zu neuen Ufern auf.<br />

Oder sie wechseln aus beruflichen oder<br />

familiären Gründen das Land – mit dem<br />

beruhigenden Wissen, jederzeit zurückkehren<br />

zu können.<br />

Für Flüchtlinge und Vertriebene dagegen<br />

ist der Abschied aus ihrer vertrauten<br />

Umgebung ein endgültiger. Sie müssen<br />

ihr Heim meist überstürzt verlassen,<br />

nur mit einem Bündel Habseligkeiten<br />

im Arm oder gar mit leeren Händen. Das<br />

mühsam zusammengesparte Geld haben<br />

sie schon im Voraus an Schlepper und<br />

Fluchthelfer abliefern müssen. Deren<br />

skrupellose Geschäfte laufen glänzend.<br />

Die Schleuserbanden sind international<br />

vernetzt und mit modernster Technik ausgerüstet,<br />

so dass es der Polizei nur selten<br />

gelingt, einen Ring zu zerschlagen.<br />

Die Flüchtlinge werden von Schleppern<br />

über unwegsames, oft vermintes<br />

Grenzgelände gelotst und dann ihrem<br />

Schicksal überlassen. Oder sie werden<br />

in überfüllten Schlauchbooten übers Mittelmeer<br />

verfrachtet und irgendwo an italienischen<br />

Küsten abgesetzt – genauer:<br />

ausgesetzt. Wie viele Menschen dabei<br />

schon ums Leben kamen, kann kaum abgeschätzt<br />

werden. Die Medien berichten<br />

täglich von gekenterten Booten und katastrophalen<br />

Verhältnissen in den Auffanglagern<br />

von Lampedusa. Doch von solchen<br />

Horrormeldungen lassen sich Fluchtwillige<br />

nicht abschrecken, der Exodus aus Afrika<br />

geht weiter, die Flüchtlingsströme<br />

reißen nicht ab.<br />

Behörden und Hilfsorganisationen<br />

sind überfordert, und die Unterstützung<br />

aus Nachbarländern hält sich in<br />

Grenzen. Wenn Staaten des Ostblocks,<br />

die früher selber Hilfe von der Europäischen<br />

Gemeinschaft erhielten, sich nun<br />

weigern, ein bestimmtes Kontingent von<br />

Asylsuchenden aufzunehmen, zeugt<br />

das nicht von solidarischem Verhalten.<br />

Auch der G20-Gipfel in Hamburg brachte<br />

nicht die erhoffte Bereitschaft aller<br />

Teilnehmer, sich mit dem Flüchtlingsproblem<br />

zu befassen. Putin und Trump<br />

(America first!) setzten andere Schwerpunkte.<br />

In Erinnerung bleiben werden<br />

ohnehin nicht die Sachthemen und<br />

die friedlichen Demon strationen, sondern<br />

die Krawalle und Zerstörungsorgien<br />

schwarz vermummter Gewalttäter in<br />

Hamburgs Straßen.<br />

Doch die Flüchtlingsfrage wird uns<br />

weiter beschäftigen, und es geht dabei<br />

ganz zentral um Afrika, einen Kontinent<br />

mit rasant wachsender Bevölkerung. Experten<br />

schätzen, dass sich die Zahl der<br />

Afrikaner bis zum Jahr 2100 mehr als verdreifachen<br />

wird, von zur Zeit 1,3 Milliarden<br />

auf 4,5 Milliarden.<br />

Schon heute sind die Lebensbedingungen<br />

für die Menschen in den meisten<br />

afrikanischen Ländern schlecht, und sie<br />

werden von Jahr zu Jahr schlechter, trotz<br />

internationaler Unterstützung durch Entwicklungsprojekte.<br />

Diese Hilfsgelder verschwinden<br />

leider allzu oft in den Kassen<br />

korrupter Regierungsclans, und den<br />

Menschen bleibt als Ausweg aus ihrer<br />

hoffnungslosen Lage nur die Flucht.<br />

Foto: Jean-Marc Felix<br />

300 000 – so schätzt man – werden<br />

es bis zum Jahresende sein. Eine enorme<br />

Herausforderung für die Aufnahmeländer.<br />

Eine Herausforderung auch für uns,<br />

die wir in gesicherten Verhältnissen leben.<br />

Flucht, Vertreibung und Heimatverlust<br />

kennen die meisten nicht aus eigener<br />

Erfahrung. Doch sie können nachempfinden,<br />

was es heißt, in die Fremde, ins Ungewisse<br />

aufzubrechen und irgendwo, in<br />

einem unbekannten Land mit fremder<br />

Sprache, fremden Lebensgewohnheiten<br />

sich zurechtfinden zu müssen. In jeder<br />

Stadt gibt es Flüchtlingszentren, Asylantenheime,<br />

Verbände und Vereine, die<br />

sich um Menschen kümmern, die ihre<br />

Heimat verloren haben. Ihnen behilflich<br />

zu sein beim Vertrautwerden in der neuen<br />

Umgebung, bringt für beide Seiten Gewinn.<br />

Für Asylsuchende kann ein fremder<br />

Ort durch verständnisvolle Mitmenschen<br />

zur zweiten Heimat werden, und den Einheimischen<br />

gibt der Kontakt mit Flüchtlingen<br />

Einblick in eine fremde Lebenswelt<br />

und fremde Kultur.<br />

Wenn Asylbewerber in der Küche<br />

brutzeln und ein afghanisches Festmahl<br />

zubereiten, es aber nicht auf dem Tisch,<br />

sondern in einer Fußbodenrunde servieren,<br />

ist das ein lukullisches Erlebnis – und<br />

für die Köche eine wehmütige Erinnerung<br />

an die alte Heimat Afghanistan.<br />

Irma Hildebrandt<br />

17


Weitere Themen<br />

Neue Medien – Smartphone<br />

Das Internet – sei es ein Laptop oder Smartphone<br />

– gewinnt immer mehr an Bedeutung,<br />

da die klassischen Kommunikationswege<br />

immer mehr zurückgedrängt werden. Mittlerweile<br />

gehen laut einer Studie der Postbank<br />

schon 70 Prozent der Deutschen mit<br />

dem Smartphone ins Netz, bei den Jüngeren<br />

sind es bereits 91 Prozent.<br />

Kleine Alleskönner<br />

Handys und Smartphones waren der erste<br />

Schritt auf dem Weg zur mobilen Kommunikation.<br />

Mit einem Mobiltelefon kann<br />

man theoretisch jeden anderen Nutzer auf<br />

der Welt erreichen und sich mit ihm in Verbindung<br />

setzen. Das Smartphone bietet<br />

noch weitere Möglichkeiten, so etwa die<br />

Nutzung des mobilen Internets.<br />

Vorteile eines Smartphones<br />

Telefonieren und SMS schreiben kann man<br />

mit beiden Gerätetypen. Ein Smartphone<br />

ist ein kleiner Computer, dessen Funktionalität<br />

durch sogenannte Apps erweitert<br />

werden kann. Das kann ein Handy nicht.<br />

Ein weiterer Vorteil von Smartphones<br />

besteht im relativ großen Bildschirm, der<br />

sich auch zum Surfen im Internet oder<br />

für die Bearbeitung von Fotos und Texten<br />

eignet.Smartphones sind kleine Alleskönner<br />

– sie dienen als Kompaktkamera,<br />

einfache Videokamera, als Navigationsgerät,<br />

zur Verwaltung von Kontakten,<br />

können zum Surfen im Internet verwendet<br />

werden, aber auch zum Anschauen<br />

von Filmen aus dem Netz und zum Einstieg<br />

in soziale Netzwerke.<br />

Es können auch von unterwegs z.B.<br />

E-mails und WhatsApp-Nachrichten gelesen<br />

und verschickt werden. Oder man<br />

kann ein Hörbuch über z.B. Audible hören,<br />

sich Zugverbindungen über die DB<br />

App anzeigen lassen oder sogar online<br />

Fahrkarten kaufen oder sich in einer<br />

Stadt den Weg zeigen lassen.<br />

Es wird Geld gespart, da ein Smartphone<br />

viele Aufgaben übernehmen kann<br />

(z.B. die Aufgaben einer Digitalkamera,<br />

eines Navis oder mp3 Players) und es<br />

gibt jedem mehr Sicherheit (Notrufmöglichkeit,<br />

Navigationssystem und Ortungsfunktion).<br />

Nachteile eines Smartphones<br />

Ein Nachteil ist die Größe. Passen moderne<br />

Handys meist in die Hosentasche,<br />

sieht das bei aktuellen Smartphones oft<br />

anders aus. Sie sind schwerer und größer.<br />

Leistungsfähige Smartphones sind teurer<br />

als normale Handys.<br />

Die Akkulaufzeit eines Smartphones<br />

ist in der Regel wesentlich kürzer als die<br />

von herkömmlichen Handys. Man kann<br />

„süchtig“ danach werden, ständig erreichbar<br />

sein wollen und nie abschalten.<br />

Sicherheitsrisiken bedenken: Bluetooth-<br />

Verbindungen z.B. zwischen Smartphone<br />

und Auto lassen sich ausspähen, und auch<br />

eine WLAN-Verbindung mit dem Gerät,<br />

speziell in öffentlichen Netzen, ist nicht<br />

unbedenklich.<br />

Ein Smartphone kann von anderen<br />

Tätigkeiten ablenken. Besonders beim<br />

Autofahren kann das Lesen, Schreiben<br />

oder Telefonieren erhebliche Gefahren<br />

mit sich bringen.<br />

WhatsApp<br />

Was kann dieser Nachrichtendienst?<br />

Wer kennt ihn nicht, den charakteristischen<br />

Pfeifton (Whistle), der den Eingang<br />

einer neuen WhatsApp Nachricht<br />

ankündigt? Inzwischen nutzen weltweit<br />

ca. 1 Milliarde Menschen WhatsApp. Dieser<br />

Dienst hat zum deutlichen Rückgang<br />

von SMS, aber auch von E-mails geführt.<br />

Übrigens, Toneinstellungen lassen sich<br />

auch ändern!<br />

Voraussetzungen: Ein Smartphone<br />

mit Mobilfunknummer(vertrag). Whats-<br />

App lässt sich in der jeweils benötigten<br />

Version (Android z.B. für Samsung Handy<br />

oder iOS für I-Phone) herunterladen.<br />

Wie funktioniert WhatsApp? Ist die App<br />

installiert, fordert sie Zugriff auf das Telefonbuch<br />

des Nutzers. Danach kann man<br />

mit seinen Kontakten aus dem Telefonbuch,<br />

die ebenfalls WhatsApp installiert haben,<br />

Nachrichten schreiben, Sprachnachrichten<br />

aufzeichnen und versenden, Fotos und Videos<br />

versenden und Chatten. Die Verbindung<br />

läuft über das Internet, entweder<br />

über WLAN oder das mobile Datenvolumen<br />

seines Mobilfunkanbieters. Es kann<br />

auch mit mehreren Personen gleichzeitig<br />

gechattet werden – eine nützliche Funktion,<br />

wenn man sich verabreden möchte<br />

oder eine Information zeitgleich mit mehreren<br />

Menschen teilen will.<br />

Was kostet WhatsApp? Der Download<br />

der App ist kostenlos. Nach dem ersten<br />

kostenfreien Jahr zahlen Nutzer im Jahr<br />

2 Euro. Die Gebühr unterscheidet sich je<br />

nach Betriebssystem des Handys (Android,<br />

iOS). Auch eine Benutzung im Ausland<br />

führt nicht zu weiteren Kosten, sofern man<br />

über WLAN ins Internet gelangt.<br />

Was finden Datenschützer kritisch? Dass<br />

die Software auf das gesamte Telefonbuch<br />

des eigenen Smartphones zugreift<br />

und diese Daten auf einen Server in USA<br />

überträgt. WhatsApp gehört zu Facebook.<br />

Gibt es Alternativen zu WhatsApp? Ja,<br />

aber diese spielen bislang nur eine untergeordnete<br />

Rolle, mit relativ wenig Nutzern.<br />

Birgit Potthoff-Karl<br />

18


Weitere Themen<br />

Umwelt: Klimawandel und Migration<br />

Der Klimawandel rückt immer stärker in das<br />

öffentliche Bewusstsein – sei es durch Rekordfluten<br />

und desaströse Überschwemmungen<br />

in Südamerika, abschmelzende<br />

Gletscher in den Hochgebirgen, bedrohte<br />

Eisbären in der Arktis, verhungernde<br />

Menschen in Dürregebieten Afrikas oder<br />

das spektakuläre Aufkündigen des Klimaschutz-Abkommens<br />

durch die US-amerikanische<br />

Regierung unter Präsident Donald<br />

Trump.<br />

Wenn Naturkatastrophen oder anhaltende<br />

Umweltveränderungen Menschen<br />

dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen,<br />

spricht man von umweltbedingter Migration.<br />

Bei den meisten Klimaflüchtlingen<br />

handelt es sich um Binnenvertriebene,<br />

die innerhalb ihres Landes fliehen und<br />

keine internationalen Grenzen überschreiten.<br />

Im Sinne des Völkerrechts sind die<br />

durch Klimawandel Vertriebenen deshalb<br />

keine Flüchtlinge und haben somit<br />

kein Recht auf internationalen Schutz.<br />

Hinzu kommt, dass die Genfer Flüchtlingskonvention<br />

(Klima-)Flüchtlinge nur<br />

dann anerkennt, wenn eine Klimawandelfolge<br />

zu einem gewaltsamen Konflikt<br />

führt.<br />

Die Klimawandelfolgen können sich<br />

ganz verschieden auswirken. Sie gefährden<br />

Lebensgrundlagen, verschärfen<br />

(Ressourcen-) Konflikte und machen die<br />

Heimat von Millionen von Menschen zeitweise<br />

oder dauerhaft unbewohnbar.<br />

Besonders betroffen sind die Menschen,<br />

die am wenigsten für den Klimawandel<br />

verantwortlich sind: die<br />

Ärmsten aus den ärmsten Staaten. Sie<br />

können sich viel schlechter an den Klimawandel<br />

anpassen, da ihnen die Ressourcen<br />

dazu fehlen. Sie sind schlichtweg<br />

zu arm.<br />

Dagegen spüren die industrialisierten<br />

Länder mit ihren hohen CO2-Emissionen<br />

bislang verhältnismäßig wenig von<br />

den Folgen der globalen Erwärmung. Sie<br />

sind finanziell gut ausgestattet und können<br />

sich leichter anpassen.<br />

Weltweit dehnen sich die Trockengebiete immer weiter aus (hier: Peru)<br />

Klimafolgen als Auslöser<br />

von Migration<br />

Experten unterscheiden fünf Auslöser von<br />

Klimafolgen-bedingter Migration:<br />

• Extremereignisse wie Stürme, Dürren<br />

und Überschwemmungen zerstören die<br />

Lebensgrundlagen der Betroffenen. Trinkwasserverschmutzung,<br />

Ernteausfälle und<br />

Bodenverlust sowie die Zerstörung der Infrastruktur<br />

sind die Folgen. Sie zwingen<br />

die Menschen zur unmittelbaren Flucht.<br />

Eine Rückkehr in eine betroffene Region<br />

ist oft nicht möglich.<br />

• Klimaveränderungen mit ausbleibenden<br />

Niederschlägen, abnehmenden<br />

Schmelzflüssen und Austrocknung von<br />

regenarmen Gebieten haben eine zunehmende<br />

Wasserknappheit zur Folge. In 168<br />

Ländern gibt es heute großflächige Wüstengebiete.<br />

Zwei Drittel Afrikas sind von<br />

Trockenheit und Dürren betroffen und treiben<br />

Hunderttausende von Menschen in<br />

die Flucht. Die Trockenheit schränkt die<br />

Wasser- und Nahrungsverfügbarkeit dramatisch<br />

ein und treibt die Lebensmittelpreise<br />

in die Höhe. Laut Angaben der Vereinten<br />

Nationen sind allein am Horn von<br />

Afrika 13 Millionen Menschen direkt von der<br />

Dürre betroffen; Hunderttausende leben<br />

in notdürftigen Flüchtlingsunterkünften.<br />

• Meeresspiegelanstieg:<br />

Der von Klimaforschern prognostizierte<br />

Anstieg zwischen einem halben<br />

und zwei Metern bis zum Jahr 2100 ist für<br />

hunderte Millionen Menschen in Küstengebieten<br />

und auf Inseln eine existenzielle<br />

Bedrohung. Betroffen sind zum Beispiel<br />

die Hälfte von Bang ladesch sowie<br />

die Pazifikinseln Kiribati und Tuvalu. Ein<br />

Meeresspiegelanstieg von einem Meter<br />

würde für diese Menschen einen endgültigen<br />

Landverlust bedeuten.<br />

• Verlust von Ökosystemen und Biodiversität:<br />

Der durch den Klimawandel bedingte<br />

Verlust von Lebensräumen und Arten<br />

gefährdet die Ernährungssicherheit und<br />

damit die Lebensgrundlage vieler Menschen.<br />

Das trifft vor allem dort zu, wo Einkommensquellen<br />

unmittelbar von intakten<br />

Ökosystemen abhängen. Ein Beispiel<br />

sind die Inuit in der Arktis. Dort schreitet<br />

der Klimawandel mit hohem Tempo<br />

19


Weitere Themen<br />

voran und die Temperaturen erhöhen<br />

sich doppelt so stark wie im weltweiten<br />

Durchschnitt. So schmelzen die polaren<br />

Eisschilde und Gletscher immer schneller.<br />

Akut bedroht sind durch die Veränderungen<br />

nicht nur die Lebensräume der<br />

Eisbären, sondern auch die traditionelle<br />

Lebensweise und das soziale Gefüge der<br />

Inuit.<br />

• Gesundheitsrisiken:<br />

Letztendlich wirken sich all diese Faktoren<br />

auf die Gesundheit der Betroffenen aus.<br />

Weniger Wasser und steigende Temperaturen<br />

begünstigen die Ausbreitung von Keimen<br />

und Krankheitserregern beziehungsweise<br />

deren Überträgern. Klimabedingte<br />

Mangelernährung erhöht darüber hinaus<br />

noch die Anfälligkeit für Krankheiten.<br />

Anpassung vor Ort als Lösung<br />

Immer mehr Menschen werden zu Flucht,<br />

Migration und Umsiedlung gezwungen,<br />

weil die Lebensgrundlagen vor Ort nicht<br />

mehr gesichert sind und somit ein Überleben<br />

unmöglich wird.<br />

Von daher müssen Klimaschutz-Strategien<br />

und Entwicklungspolitik eng miteinander<br />

verbunden werden. Mehr Konsequenz<br />

beim Klimaschutz und mehr<br />

Unterstützung bei der lokalen Anpassung<br />

an den Klimawandel sind nötig, damit<br />

weniger Menschen zu Migration und<br />

Flucht gezwungen werden.<br />

Im Vordergrund muss dabei stehen,<br />

die Klimawandelfolgen so gut es geht<br />

zu vermeiden. Wo sie dennoch auftreten,<br />

muss man sie möglichst begrenzen,<br />

die Betroffenen bei der Anpassung un-<br />

terstützen und entsprechende Mittel zur<br />

Verfügung stellen.<br />

Dabei stehen die reichen Industrienationen<br />

wie Deutschland, Schweiz<br />

oder die USA moralisch besonders in<br />

der Pflicht; aber auch in vielen Schwellenländern,<br />

wie China, Indien oder Brasilien,<br />

muss ein Umdenken hin zu Ressourcen<br />

schonenderem Wirtschaften<br />

einsetzen.<br />

Mit den Worten des französischen<br />

Präsidenten Macron, als Reaktion auf<br />

Trumps Ankündigung des Rückzugs<br />

aus dem weltweiten Klimaschutz-Abkommen:<br />

„Die Rettung unseres Planeten<br />

können wir nur gemeinsam schaffen.“<br />

Thora Amend<br />

Dr. Thora Amend ist Beraterin für Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Für Sie gelesen<br />

Grüne Visionen<br />

Graue Hausfassaden, graue Straßen, graue<br />

Städte, immer breitere Straßen, immer<br />

mehr Asphalt – dagegen setzt der Baumexperte<br />

Conrad Amber seine grünen Visionen.<br />

Aber er ist kein Phantast, obwohl sich<br />

Bosco verticale, begrünte Hochhäuser in<br />

Mailand<br />

20<br />

viele seiner Ideen utopisch anhören. Den<br />

Wald in die Stadt holen will er, alle Brachflächen<br />

in den Städten nicht als Parkplätze<br />

benutzen, sondern in grüne Oasen verwandeln.<br />

Gesunde Luft in Ballungszentren<br />

einatmen statt Autoabgase.<br />

Häuserfassaden und Dächer begrünen<br />

und Straßen in Innenstädten als<br />

autofreie Baumalleen gestalten – eine<br />

Wohtltat fürs Auge und für die Lunge,<br />

aber nicht für die Stadtverwaltungen<br />

und die Immobilienbesitzer. Grün bringt<br />

nichts ein, verursacht nur Kosten. Das<br />

stimmt, doch wie viel sind uns die Gesundheit<br />

und Lebensqualität wert?<br />

Der Autor Amber weiß, dass es mit<br />

Appellen nicht getan ist, dass er beweisen<br />

muss, dass seine Ideen realisierbar<br />

sind. Er tut es im Anhang mit eindrucksvollen<br />

Fotos von begrünten Häusern,<br />

Plätzen und Straßen in verschiedenen<br />

Ländern Europas. Und er ist überzeugt:<br />

Unsere Zukunft ist grün!<br />

Conrad Amber: Bäume auf Dächer,<br />

Wälder in die Stadt! Projekte und Visionen<br />

eines Naturdenkers. Kosmos Verlag,<br />

Stuttgart <strong>2017</strong> (272 Seiten, 67 Farbfotos,<br />

Hardcover)<br />

Lieben Sie Pilze?<br />

Pilzgerichte gelten als Delikatesse auf der<br />

Speisekarte. Doch es gibt Menschen, die<br />

kein noch so lecker zubereitetes Pilzragout<br />

essen aus Angst, sich zu vergiften. In Restaurants,<br />

die auf ihren guten Ruf bedacht<br />

sind, wird ihnen das kaum passieren, und<br />

in der eigenen Küche sollte man keine Experimente<br />

wagen und die gesammelten<br />

Schätze von einem Pilzkenner kontrollieren<br />

lassen oder besser noch: sich selber<br />

Kenntnisse über essbare und gefährliche<br />

Pilzarten aneignen. Das neue Buch<br />

des Biologen und Naturfotografen Robert<br />

Hofrichter führt auf spannende Weise in


Weitere Themen<br />

die geheimnisvolle Welt der Pilze ein. Es<br />

unterscheidet sich von den üblichen Bestimmungsbüchern<br />

durch seine locker saloppe<br />

Erzählweise, ein Kapitel heißt zum<br />

Beispiel „Ötzis Reiseapotheke – Pilze als<br />

Wundermedizin?“, ein anderes „Vernetzung<br />

als Erfolgsmodell der Evolution“.<br />

Hilfreich sind die farbigen Abbildungen<br />

der einzelnen Pilze mit jeweils einem kurzen<br />

Kommentar.<br />

Robert Hofrichter: Das geheimnisvolle<br />

Leben der Pilze. Die faszinierenden<br />

Wunder einer verborgenen Welt. Gütersloher<br />

Verlagshaus, Gütersloh <strong>2017</strong><br />

(237 Seiten, 16 farbige Bilder, gebunden,<br />

mit Schutzumschlag, auch als E-Book erhältlich)<br />

Ein realistisches<br />

DDR-Märchen<br />

Wie kommt eine Amerikanerin dazu, einen<br />

Roman über die „Grüne Grenze“ im<br />

Harz zu schreiben, die damals Sperrgebiet<br />

der DDR war? – Die 1973 in Illinois<br />

geborene und in New York aufgewachsene<br />

Autorin Isabel Fargo Cole hat an der<br />

Humboldt-Universität in Ostberlin studiert<br />

und nebenher das Land erkundet.<br />

Der Harz mit seinen Wäldern und den alten<br />

Dörfern erinnert sie an ein estnisches<br />

Märchen von einem Kind, das sich im<br />

Zauberwald verirrt, und sie beschließt,<br />

den Roman über die DDR, der in ihrem<br />

Kopf langsam Gestalt annimmt, mit diesem<br />

Märchen und den Wäldern des Harzes<br />

zu verbinden. Allerdings sind diese<br />

nicht mehr märchenhaft, sondern entlang<br />

der Grenze mit heimtückischen Schießanlagen<br />

versehen.<br />

Die Handlung des ‚realen Märchens‘<br />

trägt zum Teil autobiografische Züge: Ein<br />

junges Künstlerpaar zieht von Berlin in<br />

ein kleines Harzdorf. Sie ist Bildhauerin<br />

und erhält ab und zu kleine Staatsaufträge.<br />

Er brütet an einem historisch verbrämten<br />

Roman über die Grenze. Seiner<br />

kleinen Tochter bringt er bei, was sie in<br />

der Schule sagen darf und was nicht. Als<br />

die Eltern kurz vor der Wende von ihrer<br />

Vergangenheit eingeholt werden, flüchtet<br />

die verstörte Tochter in den Wald und<br />

dann über die Grenze.<br />

Isabel Fargo Cole, die als Autorin und<br />

Übersetzerin in Berlin lebt, versteht es,<br />

Fiktion und genau recherchierte Realität<br />

in einer spannenden Romanhandlung zu<br />

verbinden. Wichtig ist ihr dabei, „die Verführungskraft<br />

von Utopien“ aufzuzeigen<br />

und das Bemühen, „aus der jeweiligen<br />

Situation das Beste zu machen“.<br />

Isabel Fargo Cole: Die Grüne Grenze.<br />

Roman. Edition Nautilus, Hamburg<br />

<strong>2017</strong> (490 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag).<br />

Das Buch – auch als E-Book –<br />

erscheint im September.<br />

Plädoyer für eine humanere<br />

und gerechtere Welt<br />

Das Buch eines Philosophen auf der Bestsellerliste?<br />

Wie ist das möglich? – Professor<br />

Nida-Rümelin hat‘s geschafft. Der wortmächtige<br />

frühere Kulturstaatsminister saß<br />

nie im Elfenbeinturm. In seinen Vorlesungen<br />

an der Universität München und in seinen<br />

Büchern hat er stets brisante Themen<br />

aufgegriffen und damit viel Lob und viel<br />

Kritik geerntet. Auch sein neuestes Buch<br />

„Über Grenzen denken“ wird kontrovers<br />

diskutiert. Es geht darin um das höchst<br />

aktuelle Thema Migration, speziell um<br />

die Frage, wie die Flüchtlingsströme aus<br />

Afrika bewältigt werden können. Der Autor<br />

ist gegen offene Grenzen, möchte aber<br />

nicht in die rechtspopulistische Ecke gestellt<br />

werden. Er ist überzeugt, dass offene<br />

Grenzen das Elend nicht mildern, sondern<br />

die Herkunftsländer sogar weiter schwächen<br />

würden.<br />

Und in den aufnehmenden Ländern,<br />

so seine Befürchtung, würden sich die<br />

sozialen Konflikte verschärfen.<br />

Nida-Rümelin entwickelt in seinem<br />

ausführlichen Essay eine eigene Ethik<br />

der Migration. Danach muss politisches<br />

Handeln stets auf den Werten und Normen<br />

der Humanität beruhen. – Bleibt zu<br />

hoffen, dass die wohlformulierten Forderungen<br />

den Praxistest bestehen werden.<br />

Julian Nida-Rümelin: Über Grenzen<br />

denken. Eine Ethik der Migration. Edition<br />

Körber-Stiftung, Hamburg <strong>2017</strong> (248<br />

Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag,<br />

auch als E-Book erhältlich)<br />

Das Fremde als<br />

Herausforderung<br />

Wir werden täglich mit neuen Meldungen<br />

über Flüchtlingskatastrophen, Integrationsschwierigkeiten<br />

und Überforderung<br />

der Behörden konfrontiert. Das Straßenbild<br />

in unseren Städten hat sich verändert,<br />

ist bunter geworden. Fest gefügte<br />

Dorfgemeinschaften werden durch den<br />

Zuzug von Flüchtlingen aufgebrochen,<br />

müssen sich neuen Herausforderungen<br />

stellen. Das bringt Unruhe, weckt Ängste.<br />

Wird die eigene Lebensqualität durch die<br />

Aufnahme und Eingliederung der Hilfsbedürftigen<br />

nicht geschmälert?<br />

Die diffuse oder auch konkrete Angst<br />

kann in Hass umschlagen. Emotionen und<br />

Ressentiments schaukeln sich hoch, enden<br />

nicht selten in blindem Fanatismus.<br />

– Wie können Angst und Hass in rationale<br />

Bahnen gelenkt werden? Wie kann der<br />

Mensch seine eigenen destruktiven Gefühle<br />

in den Griff bekommen? Das sind<br />

Fragen, denen die Jung‘sche Psychoanalytikerin<br />

Verena Kast in ihrem neuesten<br />

Buch nachgeht. Als Psychotherapeutin<br />

bringt sie aus der eigenen Praxis reiche Erfahrung<br />

im Umgang mit Angst- und Hassgefühlen<br />

ein. Der Angst vor dem Fremden<br />

vorbeugen, heißt ein Kapitel, und das<br />

Schlusskapitel trägt den zukunftsweisenden<br />

Titel: Mut zur Angst und Mut zur Hoffnung.<br />

– Ein Buch, das Impulse für ein neues<br />

Zusammenleben gibt.<br />

Verena Kast: Wider Angst und Hass.<br />

Das Fremde als Herausforderung zur Entwicklung.<br />

Patmos Verlag, Ostfildern <strong>2017</strong><br />

(140 Seiten, Hardcover, auch als E-Book)<br />

Irma Hildebrandt<br />

21


Weitere Themen<br />

Aktuelle Kunstsaison<br />

Eine Auswahl<br />

interessanter Ausstellungen:<br />

MATISSE – BONNARD<br />

Museum Städel, Frankfurt<br />

13. Sept. <strong>2017</strong> bis 14. Jan. 2018<br />

Das Frankfurter Museum zeigt zwei herausragende<br />

Protagonisten der Klassischen<br />

Moderne erstmals gemeinsam in<br />

Deutschland: Henri Matisse (1869–1954)<br />

und Pierre Bonnard (1867–1947). Anhand<br />

von über 100 Gemälden, Plastiken, Zeichnungen<br />

und Grafiken eröffnet die Schau einen<br />

Dialog zwischen Matisse und Bonnard<br />

und bietet damit neue Perspektiven auf die<br />

Entwicklung der europäischen Avantgarde<br />

vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum<br />

Ende des Zweiten Weltkrieges.<br />

„China und Ägypten.<br />

Wiegen der Welt“<br />

Neues Museum, Berlin<br />

bis 3. Dezember <strong>2017</strong><br />

Die Kulturen Ägyptens und Chinas zeichnen<br />

sich durch eine jahrtausendlange Geschichte<br />

und Tradition aus. In der Ausstellung<br />

„China und Ägypten. Wiegen der Welt“<br />

sind nun erstmals altägyptische und altchinesische<br />

Kunstschätze nebeneinander zu<br />

sehen, darunter viele Exponate aus dem<br />

„Reich der Mitte“, die noch nie in Europa<br />

zu sehen waren. Zeitlich reicht die Spanne<br />

der ausgestellten Werke von 4500 v. Chr.<br />

bis in die griechisch-römische Zeit (332 v.<br />

Chr. bis 313 n. Chr.). Durch den direkten<br />

Vergleich der Hochkulturen wird dem Besucher<br />

vor Augen geführt, dass beide Gesellschaften<br />

die Entwicklung der Menschheitsgeschichte<br />

maßgeblich prägten.<br />

Cézanne – Metamorphosen<br />

Staatliche Kunsthalle Karlsruhe<br />

28. Okt. <strong>2017</strong> bis 11. Febr. 2018<br />

Cézanne als Geheimnissuchender, der das<br />

Wesen der Welt einzufangen versucht – es<br />

ist ein anderer Cézanne, als der Künstler,<br />

der bisher in retrospektiven Ausstellungen<br />

erlebt werden konnte. Erstmals macht die<br />

große Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg<br />

dessen Werk als eine<br />

Einheit erfahrbar.<br />

„Tintoretto – A Star was Born“<br />

Wallraf-Richartz-Museum, Köln<br />

6. Oktober <strong>2017</strong> bis 28. Januar 2018<br />

Als erstes Museum startet das Wallraf im<br />

Herbst den internationalen Reigen von<br />

hochkarätigen Ausstellungen zum 500.<br />

Geburtstag des Malers Jacopo Tintoretto<br />

(1518/19 – 1594). In der großen Sonderschau<br />

wird erstmals das Frühwerk des<br />

italienischen Meisters gezeigt. Zu sehen<br />

sind zahlreiche kostbare Leihgaben aus<br />

den großen Museen der Welt. Die Ausstellung<br />

bietet den Besuchern nicht nur weltberühmte<br />

Werke des jungen, malwütigen<br />

und einfallsreichen Tintoretto, sondern<br />

auch brandneue Forschungsergebnisse.<br />

BILL VIOLA − INSTALLATIONEN<br />

Deichtorhallen Hamburg<br />

bis 10. September <strong>2017</strong><br />

Im Rahmen des Reformationsjubiläums<br />

<strong>2017</strong> zeigen die Deichtorhallen Hamburg<br />

eine groß angelegte Ausstellung Bill Violas<br />

(*1951). Der amerikanische Medienkünstler<br />

zählt zu den bedeutend sten<br />

zeitgenössischen Künstlern weltweit und<br />

gilt als einflussreicher Vertreter der Videokunst.<br />

Bill Violas Werke beschäftigen<br />

sich mit den zentralen Themen des<br />

menschlichen Lebens – Geburt, Tod, Liebe,<br />

Emotion und Spiritualität. Sein übergreifendes<br />

Interesse gilt mystischen<br />

Traditionen, insbesondere denen des<br />

Christentums, des Zen-Buddhismus und<br />

des Islams.<br />

Edouard Manet<br />

Von der Heydt-Museum, Wuppertal<br />

24. Okt. <strong>2017</strong> – 25. Febr. 2018<br />

Zeit seines Lebens war Edouard Manet<br />

(1832–1882) ein Einzelgänger. Die umfassende<br />

Ausstellung präsentiert das ganze<br />

Edouard Manet, Chez le père Lathuille<br />

1879 Leinwand 92 x 112 cm © Musée des<br />

Beaux-Arts, Tournai/ Bridgeman Images<br />

Œuvre, beginnend mit den ersten tastenden<br />

Versuchen als Schüler von Thomas Couture<br />

und endend mit den letzten so strahlenden<br />

Gartenbildern aus Rueil von 1882.<br />

Fernand Léger.<br />

Centre Pompidou, Metz<br />

bis 30. Oktober <strong>2017</strong><br />

Sein Sujet war die Stadt, seine ganze Aufmerksamkeit<br />

galt den Umbrüchen seiner<br />

Zeit, und er gehört bis heute zu den<br />

berühmten Künstlern, die das Abenteuer<br />

der Moderne wagten. Ob kubistische<br />

Avantgarde oder kommunistisches Engagement<br />

– ein zentraler Gegenstand von<br />

Légers Malerei war stets der durch Maschine<br />

und Massenproduktion veränderte<br />

Mensch. Die Retrospektive versteht sich<br />

als Gesamtschau der vielgestaltigen Laufbahn<br />

des Künstlers.<br />

Frank Bowling: Mappa Mundi<br />

Haus der Kunst, München<br />

bis 7. Januar 2018<br />

„Frank Bowling: Mappa Mundi“ ist eine<br />

umfassende Überblicksausstellung seltener<br />

und noch nie zuvor gezeigter großer<br />

Gemälde und anderer Arbeiten des<br />

in Guyana geborenen britischen Künstlers<br />

Frank Bowling. Im Mittelpunkt der Ausstellung<br />

stehen die monumentalen, gefeierten<br />

„Map Paintings“ („Landkartengemälde“)<br />

(1967–1971), die zum ersten Mal mit großem<br />

Erfolg 1971 im Whitney Museum of<br />

Modern Art gezeigt worden sind.<br />

Zusammenstellung: Inge Kellersmann<br />

22


Weitere Themen<br />

Das wird Sie interessieren<br />

Apps für Senioren<br />

Die Webseite Apps60plus.de will ältere<br />

Menschen ermutigen, ihren Alltag mit neuen<br />

Technologien interessanter zu gestalten.<br />

Das Angebot richtet sich vor allem<br />

auch an Einsteiger. Ein Team von IT-Spezialisten,<br />

Sozialarbeitern und Senioren<br />

informiert die Nutzer über grundlegende<br />

Fragen und Kaufkriterien zur Auswahl von<br />

Smartphones und Tablets, über Tipps zu<br />

Anbietern und Tarifen sowie zur Einrichtung<br />

der Programme und seniorengerechter<br />

Bedienung der Geräte bis hin zu<br />

Sicherheitshinweisen. Die vorgestellten<br />

Apps sind bis auf wenige Ausnahmen in<br />

deutscher Sprache verfügbar, viele sind<br />

zudem kostenlos. Die Themen umfassen<br />

unter anderem Finanzen, Gesundheit,<br />

Hobby, Partnerschaft, Rezepte und Unterhaltung.<br />

www.apps60plus.de<br />

Farbe Rot bleibt im<br />

Gedächtnis<br />

idw. Die Fähigkeit, sich die Farbe eines<br />

Objekts zu merken, ist von der Farbe<br />

selbst abhängig. Dies haben jetzt Forscher<br />

der Uni Regensburg nachgewiesen.<br />

So kann man sich später relativ gut an<br />

die Farbe eines bestimmten Objekts erinnern,<br />

wenn dieses rot oder gelb ist. Bei<br />

Blau ist die Gedächtnisleistung nur mittelmäßig,<br />

bei Grün sogar vergleichsweise<br />

schlecht. Die Forscher konnten auch<br />

zeigen, dass dieser Effekt unabhängig<br />

von der Art der Objekte (Wörter, Gegenstände<br />

usw.) ist.<br />

Die Ergebnisse der Experimente waren<br />

eindeutig: Zwar hatte die Farbe keinen<br />

messbaren Einfluss auf die allgemeine<br />

Erinnerung an die bloße Anwesenheit<br />

bestimmter Objekte. Allerdings beeinflusste<br />

die Farbe der Objekte die Erinnerung<br />

an die Farbe selbst. Die Beobachtungen<br />

könnten auch für Werbe-und<br />

Marketingmaßnahmen oder für die kriminologische<br />

Bewertung von Zeugenaussagen<br />

von Interesse sein.<br />

Jeder 20. Einwohner in Europa<br />

ist 80 Jahre oder älter<br />

Der Anteil der 80-Jährigen an der Bevölkerung<br />

stieg in der EU von vier Prozent<br />

im Jahr 2005 auf 5,3 Prozent im vergangenen<br />

Jahr, teilte das EU-Statistikamt<br />

Eurostat in Luxemburg mit. In Deutschland<br />

stieg der Anteil demnach von 4,3<br />

auf 5,6 Prozent. Insgesamt lebten damit<br />

2015 in den 28 EU-Staaten knapp 27<br />

Millionen Menschen von 80 oder mehr<br />

Jahren, gut 4,5 Millionen von ihnen in<br />

Deutschland. Generell verzeichneten die<br />

südlichen Mitgliedstaaten die höchsten<br />

Anteile älterer Menschen. Italien<br />

lag demnach an der Spitze: 6,5 Prozent<br />

der Bevölkerung waren dort im vergangenen<br />

Jahr mindestens 80 Jahre alt. Es<br />

folgten Griechenland (6,3 %) und Spanien<br />

(5,9 %). In Irland und der Slowakei<br />

lag die Quote nur bei 3,1 Prozent. Die<br />

meisten Menschen dieser Altersgruppe<br />

sind nach wie vor Frauen.<br />

Ehrenamtliches Engagement<br />

(BMFSFJ) 31 Millionen Menschen engagieren<br />

sich in Deutschland ehrenamtlich in<br />

ihrer Freizeit. In fast jedem Bereich gehört<br />

freiwilliges Engagement maßgeblich<br />

zum Alltag: Ob Jung oder Alt, ob in der<br />

Freiwilligen Feuerwehr, als Fußballtrainer,<br />

als Elternvertreterin in der Schule<br />

und Schüler-Nachhilfe oder einfach nur<br />

zu Gesprächen bei Seniorinnen und Senioren<br />

oder beim Vorlesen im Kindergarten.<br />

Die Beteiligung unterscheidet sich<br />

zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen:<br />

Frauen engagieren sich etwas<br />

seltener als Männer.<br />

In den Altersgruppen der 14- bis<br />

29-Jährigen und der 39- bis 49-Jährigen<br />

liegen die Anteile der freiwillig Engagierten<br />

am höchsten.<br />

Personen mit hoher schulischer/beruflicher<br />

Ausbildung engagieren sich zudeutlich<br />

größeren Anteilen als Personen<br />

mit niedrigem Bildungsniveau.<br />

Erstes Dorf für Demenzkranke<br />

Im dänischen Svendborg wurde ein Dorf<br />

eröffnet, das speziell auf die Bedürfnisse<br />

von Demenzkranken zugeschnitten<br />

ist. Die Patienten leben in 125 Wohnungen<br />

und werden je nach Bedarf betreut.<br />

Zur Anlage gehören ein großer Park,<br />

eine Musikbibliothek, ein Restaurant,<br />

Läden, ein Wellness-Salon und andere<br />

Beschäftigungsmöglichkeiten. „Die Bewohner<br />

können hier fast so leben wie<br />

vor ihrer Erkrankung“, sagte Bürgermeister<br />

Lars Erik Hornemann. Das Areal<br />

sei so groß, dass sie sich nicht eingesperrt<br />

fühlen müssten. Außerdem seien<br />

sie hier sicher. Die neue Anlage befindet<br />

sich mitten in der 27 000 Einwohner<br />

zählenden Stadt Svendborg auf der<br />

Insel Fünen und wird von der Gemeinde<br />

betrieben. (sda)<br />

Zusammenhalt der<br />

Generationen stärken<br />

(BMFSFJ) „Die regionale und soziale Ungleichheit<br />

in Deutschland stellt die Kommunen<br />

vor große Herausforderungen. Es<br />

ist daher wichtig, in Zukunft noch stärker<br />

die Grundlage dafür zu schaffen, dass vor<br />

Ort gute Lebensbedingungen – nicht nur<br />

für die Älteren, sondern für alle Generationen<br />

– bestehen“, so Bundesministerin<br />

Dr. Katarina Barley.<br />

Ältere Menschen werden unsere Gesellschaft<br />

mehr und mehr prägen. Deshalb<br />

muss unsere Politik für ältere Menschen<br />

darauf ausgerichtet sein, ein<br />

eigenständiges und selbstbestimmtes<br />

Leben im Alter zu unterstützen. Schon<br />

jetzt gehört in Deutschland mehr als<br />

jede vierte Person zur Generation 60<br />

plus – 2050 wird es bereits mehr als<br />

jede dritte Person sein. Deshalb muss<br />

heute die Basis dafür geschaffen werden,<br />

um auch in Zukunft ein lebenswertes,<br />

solidarisches und selbstbestimmtes<br />

Leben für alle zu sichern. Starke,<br />

handlungsfähige Kommunen sind hierfür<br />

unverzichtbar.<br />

23


Aus dem Verband<br />

Einweihung des Luise-Büchner-Denkmals<br />

Im Rahmen einer Feierstunde nahmen Inge<br />

Kellersmann und die Bundesvorsitzende<br />

an einem herrlichen Frühsommertag an<br />

der Enthüllung des Luise-Büchner-Denkmals<br />

in einer Grünanlage in Darmstadt teil.<br />

Luise Büchner (1821–1877), Schwester<br />

des weltberühmten Georg Büchner,<br />

Pionierin der deutschen Frauenbewegung<br />

und Schriftstellerin, setzte sich lebenslang<br />

für den Zugang von Mädchen<br />

an Schulen und für die Berufsausbildung<br />

von Frauen ein. 1867 gründete sie zusammen<br />

mit Prinzessin Alice von Hessen und<br />

bei Rhein den Verein zur Förderung weiblicher<br />

Industrie, der u.a. zur Keimzelle einer<br />

Berufsschule für Mädchen avancierte,<br />

der späteren Alice-Eleonoren-Schule,<br />

die noch heute existiert.<br />

Auf Initiative der Luise-Büchner-Gesellschaft<br />

e.V. und dem Matronat der<br />

Frauendezernentin der Wissenschaftsstadt<br />

Darmstadt wurde Luise Büchner<br />

im Gedenken an die Gründung der Alice-Frauenvereine<br />

vor 150 Jahren gegenwärtig<br />

dieses Denkmal errichtet, dessen<br />

Entstehen sich ausschließlich Spenden,<br />

auch derjenigen unseres Verbandes, verdankt.<br />

Denn anlässlich unserer Bundestagung<br />

im April <strong>2017</strong> in Darmstadt und<br />

der bewährten Tradition, eine ortsansässige<br />

gemeinnützige Organisation mit einer<br />

Spende finanziell zu unterstützen,<br />

hatte der Bundesvorstand die Förderung<br />

des Denkmals gezielt favorisiert.<br />

Dass die Umsetzung unserer Spende<br />

zur Realisierung des Denkmals, materialisiert<br />

in einem adäquaten Kunstwerk,<br />

dann in so kurzer Zeit erfolgen konnte,<br />

hat uns angenehm überrascht. Gerne<br />

24<br />

sind wir daher am 2. Juni der Einladung<br />

nach Darmstadt gefolgt. Der Ort des Luise-Büchner-Denkmals<br />

ist denkwürdig<br />

in unmittelbarer Nähe des Pädagog gewählt,<br />

einer historischen Lateinschule,<br />

an der die männliche Jugend Darmstadts<br />

ausgebildet worden ist, Luise Büchner<br />

als Mädchen der Zugang jedoch verwehrt<br />

war.<br />

Im Team erfolgreich<br />

Bei der Tagung in Darmstadt haben die<br />

Vorstände der Gruppen u.a. Aachen, Gießen,<br />

Ludwigshafen/Mannheim und Nürnberg<br />

bestätigt, dass Arbeitsteilung bei der<br />

Durchführung des Programms sehr effizient<br />

ist. Außerdem bringt ein Team viel<br />

mehr Informationen ein. Gemeinsam ist<br />

man stark, ist das Motto.<br />

So meldet z.B. die Gruppe Düsseldorf:<br />

Wir, von Frau und Kultur, sind eine Gemeinschaft,<br />

die sehr interessiert und weiterhin<br />

am Fortbestehen dieses Zusammentreffens<br />

von Damen aller Altersgruppen bemüht ist.<br />

Durch eine, noch immer hervorragend<br />

wirkende Mund-zu-Mund-Propaganda in<br />

der Stadt, ist es den Vorstandsdamen<br />

gelungen, sechs interessierte Damen direkt<br />

als Neu-Mitglieder Ende des vergangenen<br />

Jahres begrüßen zu dürfen.<br />

Postiert auf einer grauen Steinstele<br />

auf einem steinernen Areal hat die Berliner<br />

Bildhauerin Bärbel Dieckmann eine<br />

metallene Kopfskulptur von Luise Büchner<br />

geschaffen, deren gold glänzende Gestaltung<br />

von ambivalenter Wirkung ist.<br />

Die Gesichtszüge der Dargestellten verweisen<br />

auf eine introvertierte Haltung,<br />

wenngleich der Kopf, speziell mit seiner<br />

charakteristischen Haarkrone, die gleichwohl<br />

als Lorbeerkranz zu deuten ist,<br />

überzeitliche Ausstrahlung vermittelt.<br />

Eine bronzene Bodenplatte listet die<br />

Namen der Spender auf, unter denen unser<br />

Verband bestens platziert ist. Eine ebenfalls<br />

graue, steinerne Gedenktafel hinterfängt<br />

die Stelenskulptur, verzeichnet die Lebensdaten<br />

der Geehrten und verweist mit<br />

einem Zitat von durchaus universalem Anspruch<br />

auf das Engagement der Darmstädter<br />

Wegbereiterin der Frauenbewegung:<br />

„Was wir wollen ist mehr als eine Frauen-,<br />

es ist eine Menschheitsfrage.“<br />

Elisabeth Kessler-Slotta<br />

Schnuppern war natürlich für einige<br />

Zeit erlaubt, aber die jeweilige Interessentin<br />

brauchte dann nicht lange, um<br />

ihre Beitrittserklärung zu unterschreiben.<br />

Die Neuen fühlen sich von den erfahrenen<br />

Mitgliedern angeregt und auch mit<br />

neuen Eindrücken gut versorgt wie z.B.<br />

bei diversen Buchvorstellungen und Besichtigungsfahrten.<br />

Es wird ein Programm angeboten, das<br />

interessant, aufschlussreich und nahe<br />

an den Mitgliedern unserer Gruppe in<br />

der Landeshauptstadt NRW gestaltet ist.<br />

Das aktuelle Programm kann im PDF-Format<br />

heruntergeladen werden.<br />

Wir sechs neuen Damen danken für<br />

die Aufnahme und freuen uns auf weitere<br />

gute, lehrreiche, amüsante Unternehmungen.<br />

Birgid Boelke


Gruppenberichte<br />

Gruppen berichten von ihren Veranstaltungen<br />

Die Zwangsarbeiter-<br />

Madonna in Wolfsburg<br />

Und wieder reisten wir nach Wolfsburg!<br />

Eine Führung im imposanten Theaterbau<br />

des renommierten Berliner Architekten<br />

Hans Scharoun (1893–1972) machte den<br />

Anfang. Er war 1965 zu einem Wettbewerb<br />

für das Theater in Wolfsburg eingeladen<br />

worden, hatte den Wettbewerb<br />

gewonnen, und dieses Bauwerk ist der<br />

einzige Theaterbau, den der Architekt<br />

realisieren durfte. Zwei Jahre zuvor hatte<br />

seine Berliner Philharmonie großes Aufsehen<br />

erregt.<br />

Im benachbarten Planetarium gab<br />

es eine Exklusivvorführung für uns. Das<br />

Raumflugplanetarium Wolfsburg ist<br />

ein Exportprodukt der Deutschen Demokratischen<br />

Republik, das vor allem<br />

durch seine Konstruktion fasziniert. Das<br />

deutsch-deutsche Projekt resultierte aus<br />

einem Tauschhandel mit der Volkswagen<br />

AG, die das Gebäude und die Technik<br />

der Carl-Zeiss-Werke Jena gegen eine<br />

Lieferung von 10.000 PKW der Marke<br />

„Golf“ erwarb. Die Stadt Wolfsburg erhielt<br />

das Planetarium 1978 als Geschenk<br />

zum 40-jährigen Stadtjubiläum. Die<br />

Realisierung folgte ab 1981 durch DDR-<br />

Arbeiter, die, streng abgeschirmt, den<br />

Rohbau vor Ort erstellten. Die Dreiviertel-Kugel<br />

der Spezialisten aus Rügen dominiert<br />

das Gebäude gestalterisch und<br />

funktionell. Die Sternenkuppel, eine extrem<br />

filigrane Schalenkonstruktion, wurde<br />

von dem Architekten Ulrich Müther<br />

(1934–2007) realisiert, einem der führenden<br />

Baumeister der Deutschen Demokratischen<br />

Republik.<br />

Dritte Station war die St. Christophorus-Kirche.<br />

Die am 22. August 1951<br />

geweihte Kirche ist der erste fertig gestellte<br />

Kirchenbau Wolfsburgs nach dem<br />

2. Weltkrieg und die katholische Hauptkirche<br />

in der Innenstadt. Der Stadtplaner<br />

Peter Koller (1907–1996), Planer und<br />

Erbauer der „Stadt des KDF-Wagens“<br />

(1938–1940) und späterer Stadtbaurat<br />

der Stadt Wolfsburg (1955–1960), erhielt<br />

den Planungsauftrag als einziger<br />

katholischer Architekt, der damals in<br />

Wolfsburg lebte. Er hatte die Kirche in<br />

der NS-Zeit nach eigener Darstellung explizit<br />

als „Gegner“ gesehen und war ihr<br />

mit einem „ausgesprochenen Gefühl der<br />

Feindschaft“ begegnet.<br />

Zwangsarbeiter-Madonna in Wolfsburg<br />

Zur Zeit des 2. Weltkrieges erlangte<br />

Wolfsburg traurige Berühmtheit<br />

durch das Volkswagenwerk, das damals<br />

hauptsächlich der Rüstungsindustrie<br />

diente. Um dem wachsenden Bedarf<br />

an Kriegsmitteln gerecht zu werden,<br />

wurden zwischen 1940 und 1945 etwa<br />

20.000 Zwangsarbeiter unterschiedlicher<br />

Nationalitäten eingezogen. Sie waren<br />

in Barackenlagern untergebracht,<br />

erhielten geringere Essensrationen als<br />

die Deutschen und mussten schwere<br />

Arbeit leisten. Einer dieser Zwangsarbeiter<br />

war der Flame Herman de Somer<br />

(1923–2008), der während seiner Gefangenschaft<br />

im 2. Weltkrieg trotz seiner<br />

misslichen Lage 1943 eine Schutzmantel-Madonna<br />

schuf, die im Besitz<br />

der St. Christophorus-Kirchengemeinde<br />

und in der Kreuzkapelle der Kirche<br />

aufgestellt ist. Es handelt sich um eine<br />

Marien skulptur, die der flämische junge<br />

Zwangsarbeiter aus einfachen Materialien<br />

geschaffen hat, aus Gips auf Holz,<br />

farbig gefasst in Gelb, in den Maßen 32<br />

x 27 x 7,5 cm. Er versah dieses Gipsrelief<br />

mit einer flämischen Inschrift: O.L.V. der<br />

ARBEIDERS in den VREEMDE – 1.7.1943<br />

(Unsere liebe Frau der Arbeiter in der<br />

Fremde). Die Skulptur zeigt die Gottesmutter<br />

mit dem kleinen Jesuskind auf<br />

dem Arm, davor kniend ein Arbeiter mit<br />

einem schweren Hammer. Während der<br />

Arbeiter ärmliche Kleidung und Holzpantinen<br />

trägt, scheint sich der weite<br />

Mantel der Maria schützend um ihn zu<br />

legen. Ihre Hand legt sich tröstend auf<br />

die gebeugte Schulter des Zwangsarbeiters.<br />

Im Hintergrund kann man undeutlich<br />

einige Fabrikumrisse erkennen.<br />

Heute erinnert ein rostiger Stacheldraht<br />

vor der Gips-Skulptur an die damalige<br />

Lage der Zwangsarbeiter in Wolfsburg.<br />

Herman de Somer hat nach dem 2.<br />

Weltkrieg als Bildhauer und Designer<br />

in der belgischen Gemeinde Erpe-Mere,<br />

deren Ehrenbürger er war, gelebt.<br />

Seine Schutzmantel-Madonna hatte<br />

er 1944 dem damaligen katholischen<br />

Zwangsarbeiterseelsorger, dem Priester<br />

Antonius Holling, geschenkt, der sie<br />

1951 von der Notkirche mit in die neu<br />

erbaute St. Christophorus-Kirche genommen<br />

hat. Andächtig und ergriffen<br />

standen wir vor diesem kleinen wenig<br />

spektakulären und doch so aussagekräftigem<br />

Kunstwerk und gedachten des<br />

ehemaligen Zwangsarbeiters in Wolfsburg<br />

Herman de Somer.<br />

Sibylle Weitkamp, Gruppe Hannover<br />

Werthers Lotte in Hannover<br />

Vortrag von Hartmut Schmidt<br />

Wer kennt sie nicht, Werthers Lotte,<br />

die Goethe in seinem Briefroman Die<br />

Leiden des jungen Werthers unsterblich<br />

gemacht hat? In seinem ersten<br />

Roman schildert Goethe die junge Lotte<br />

zunächst als treusorgende Schwester<br />

im Elternhaus und später als liebevolle<br />

Gattin und Mutter in der eigenen<br />

25


Familie, während Thomas Mann in Lotte<br />

in Weimar über die ältere, inzwischen<br />

verwitwete Frau Hofrätin Kestner aus<br />

Hannover schreibt. In seinem Vortrag<br />

stellt Hartmut Schmidt die ewig jugendliche<br />

der gealterten Lotte gegenüber und<br />

kommt zu dem Schluss, dass diese eine<br />

beachtliche Karriere gemacht hat.<br />

Im Sommer 1772 lernt die anmutige<br />

19-jährige Charlotte Buff aus Wetzlar<br />

den jungen Juristen und Dichter Goethe<br />

kennen, der sich heftig in sie verliebt.<br />

Sie verschmäht jedoch seine Liebe, da<br />

sie bereits dem hannoverschen Staatsbeamten<br />

Johann Christian Kestner versprochen<br />

ist.<br />

Fluchtartig verlässt Goethe Wetzlar<br />

und verarbeitet seine Gefühle in seinem<br />

„Werther“. In der geschilderten<br />

Dreiecksbeziehung agiert neben Lotte<br />

der nüchterne Albert (Kestner), und in<br />

der leidenschaftlichen Titelfigur lässt<br />

sich Goethe mit seiner unerfüllten Liebe<br />

erkennen. Als einziger Ausweg bleibt<br />

Goethes Werther der Selbstmord, und<br />

dieser unglücklich Verliebte wird damit<br />

für ganze Generationen zur Symbolfigur<br />

kompromissloser Hingabe.<br />

Der 1774 erschienene Roman wird<br />

zum Kultbuch, und die seit 1773 verheiratete<br />

und in Hannover lebende „echte<br />

Lotte“ wird nach Aufdeckung der Romanvorlage<br />

schlagartig berühmt, was<br />

sich ebenso positiv wie auch negativ<br />

erweisen wird. Den identifizierten Personen<br />

des Werther wurden von Goethe<br />

auch kritikwürdige Eigenschaften zugeschrieben<br />

– ein Fressen für die klatschfreudige<br />

Hofgesellschaft, mit deren Getuschel<br />

Lotte besser zurechtkommt als<br />

ihr Mann, der, sehr verärgert, den Roman<br />

zu ignorieren versucht.<br />

Die „echte Lotte“ wurde am 11. Januar<br />

1753 als zweites von sechzehn Kindern<br />

des Adam Heinrich Buff geboren;<br />

die Mutter starb 1770 bei der Geburt des<br />

letzten Kindes.<br />

Die 17-jährige Lotte übernahm in<br />

vollem Umfang die Mutterrolle und bewies<br />

damit eine Fähigkeit, die auch<br />

ihren künftigen Ehemann von der Richtigkeit<br />

seiner Wahl überzeugte. Wenn<br />

auch Lotte durch die damaligen Umstände<br />

nur eine profunde „Halbbildung“<br />

genießen konnte, schmälerte<br />

dies keineswegs die Achtung, die sie<br />

später im eigenen Familienleben mit<br />

zehn Kindern und einem meist kränklichen<br />

Mann erringen sollte.<br />

Mit 47 Jahren wurde sie Witwe und<br />

sicherte als Alleinerziehende die soziale<br />

Stellung der Familie. Die Söhne wurden<br />

im Beruf erfolgreich, während die<br />

Töchter weniger Glück im Leben hatten:<br />

Zwei Töchter starben früh, zwei hatten<br />

körperliche bzw. seelische Mängel und<br />

blieben daher ledig.<br />

Nach dem Tod Kestners im Jahr 1800<br />

begann für Lotte der letzte Lebensabschnitt,<br />

den sie mit vielen Reisen ausfüllte.<br />

Als „Werthers Lotte“ bekannt,<br />

genoss sie in Hotels beste Zimmer und<br />

zuvorkommende Bedienung; selbst die<br />

arroganten Weimarer Damen lernten die<br />

verwitwete Hofrätin Kestner zu akzeptieren.<br />

Als sie im Alter von 75 Jahren starb,<br />

galt sie als starke Frau, die mit ihren<br />

ausgeprägten Fähigkeiten ihre Familie<br />

durch die an Turbulenzen so reichen<br />

Jahrzehnte gebracht hatte.<br />

Annemarie Neitzel, Gruppe Gießen<br />

St. Martin von Tours<br />

Vortrag von Cilly Schulz, Essen<br />

Um das Jahr 316/317 wurde Martinus<br />

als Sohn eines römischen Offiziers in<br />

der Provinz Pannonien, dem heutigen<br />

Ungarn, geboren. Mit 15 Jahren trat er<br />

in die römische Armee ein und diente in<br />

der Eliteeinheit der berittenen kaiserlichen<br />

Leibgarde, zunächst unter Kaiser<br />

Konstantin und später unter Kaiser<br />

Julian. Um 334 war er als Gardeoffizier in<br />

Frankreich stationiert. In diese Zeit fällt<br />

das Ereignis, das bis heute das Andenken<br />

an ihn wach hält.<br />

Eines Tages – so die Legende – begegnete<br />

Martin im Winter am Stadttor<br />

von Amiens einem unbekleideten Mann,<br />

der die Vorübergehenden um Hilfe bat.<br />

Martin nahm sein Schwert, schnitt seinen<br />

Militärmantel in zwei Teile, gab eine<br />

Hälfte dem Bettler und behielt die andere<br />

für sich. Für diese Tat soll er eine Arreststrafe<br />

erhalten haben.<br />

In der Nacht nach dieser Mantelteilung<br />

soll Martin Jesus Christus im Traum<br />

erschienen sein, bekleidet mit Martins<br />

Mantelhälfte (in Anlehnung an die Bibelstelle<br />

Matth. 25, 35 – 40). Danach soll er<br />

Die Basilika und die Abtei Saint-Martin de Tours in Tours waren als Grablege des heiligen<br />

Martin von Tours lang eine der wichtigsten christlichen Pilgerstätten.<br />

26


Gruppenberichte<br />

beschlossen haben, den Militärdienst<br />

aufzugeben und in den Dienst Gottes zu<br />

treten.<br />

Im Heerlager bei Worms, in dem sich<br />

die Römer gegen die in Gallien einfallenden<br />

Germanen zusammenzogen, soll<br />

es zu der entscheidenden Begegnung<br />

zwischen dem christlichen Gardeoffizier<br />

Martinus und dem römischen Kaiser Julian<br />

gekommen sein: Martin habe sich<br />

als Christ nicht berechtigt gesehen, mit<br />

Waffen zu kämpfen und Blut zu vergießen.<br />

Er sei vor den Kaiser getreten und<br />

habe ihm erklärt: „Bis heute habe ich<br />

dir als Soldat gedient, erlaube, dass<br />

ich in Zukunft für Gott streite.“ Da der<br />

Kaiser seine Weigerung für Feigheit gehalten<br />

habe, soll Martin vorgeschlagen<br />

haben, er wolle unbewaffnet und nur<br />

unter dem Schutz des Kreuzes durch<br />

die Reihen der Feinde gehen. Daraufhin<br />

habe der Kaiser ihn gefangen nehmen<br />

lassen, um ihn am folgenden Tage den<br />

Feinden gegenüber zu stellen. Doch am<br />

selben Tage hätten sich die Germanen<br />

ergeben; der Kampf sei daher ausgefallen<br />

und Martin die Mutprobe damit erspart<br />

geblieben. Nach seiner Entlassung<br />

aus dem Militärdienst sei Martin nach<br />

Poitiers gegangen, Schüler des Bischofs<br />

Hilarius geworden und habe die Priesterweihe<br />

empfangen. Als Ratgeber und<br />

Nothelfer sei er schnell im Gebiet der<br />

Touraine bekannt geworden.<br />

Als nach etwa 10 Jahren ein neuer<br />

Bischof für Tours gesucht wurde, fiel die<br />

Wahl auf Martin. Der Legende nach wollte<br />

er kein so hohes Amt bekleiden und<br />

versteckte sich darum in einem Gänsestall,<br />

wurde jedoch von deren Geschnatter<br />

verraten.<br />

Am 4. Juli 372 wurde Martin zum Bischof<br />

von Tours geweiht. Er starb am 8.<br />

November 397 im Alter von 81 Jahren in<br />

Candes an der Loire. Am 11. November<br />

wurde er in Tours zu Grabe getragen.<br />

Der Frankenkönig Chlodwig erhob<br />

ihn zum Nationalheiligen und Schutzherrn<br />

der fränkischen Könige. Sein Namensfest<br />

wurde fortan am 11. November,<br />

seinem Begräbnistag, gefeiert.<br />

Die Legenden und die örtliche Verehrung<br />

des heiligen Martin strahlten in die<br />

gesamte christliche Kirche aus.<br />

Brigitta Koscholke, Gruppe Essen<br />

Amnesty International<br />

Vortrag von Gerhard Richter<br />

„Alle Menschen sind frei und gleich an<br />

Würde und Rechten geboren!“<br />

Dieser erste Satz der Allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte (AEMR)<br />

sichert jedem Menschen – weltweit und<br />

unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht,<br />

Sprache, Religion, politscher und sozialer<br />

Anschauung, ethnischer und sozialer<br />

Herkunft – gleiche Rechte und Freiheiten<br />

zu. Menschenrechte sind angeboren,<br />

unveräußerlich, universell und<br />

unteilbar.<br />

Am 28. Mai 1961 veröffentlichte der<br />

englische Rechtsanwalt Peter Benenson<br />

in der britischen Zeitung „The Observer“<br />

den Artikel „The Forgotten Prisoners“,<br />

in dem er die Leser aufrief, sich durch<br />

Briefe an die jeweiligen Regierungen für<br />

die Freilassung von Gefangenen einzusetzen.<br />

Die Idee soll ihm gekommen<br />

sein, als er in Zeitungen immer wieder<br />

von Folterungen, gewaltsamer Unterdrückung<br />

und Todesstrafe las, mit der<br />

Regierungen gegen politisch andersdenkende<br />

Menschen vorgingen. Dieses<br />

Datum gilt als der Gründungstag von<br />

Amnesty International.<br />

In einem 1983 geführten Interview<br />

erinnerte sich Benenson an jene Geschichte<br />

der beiden portugiesischen<br />

Studenten, die 1961 in einem Restaurant<br />

in Lissabon auf die Freiheit angestoßen<br />

haben. Sie wurden von der Geheimpolizei<br />

verhaftet, denn die Erwähnung des<br />

Wortes „Freiheit“ war damals in Portugal<br />

verboten. Das Land wurde von einer<br />

Diktatur beherrscht. Die eigentliche Geburtsstunde<br />

der Menschenrechtsidee ist<br />

die Zeit der Aufklärung: Zwischen dem<br />

16. und 18. Jahrhundert ändern sich die<br />

Legitimationsgrundlagen politischer<br />

Herrschaft grundlegend. Die Aufklärung<br />

legte wesentliche Merkmale für eine Definition<br />

von Menschenrechten fest. Sie<br />

sind unveräußerlich, nicht an bestimmte<br />

Räume und Zeiten gebunden und damit<br />

auch älter als alle Staaten.<br />

Inzwischen zählt Amnesty International<br />

mehr als sieben Millionen Mitglieder<br />

und Unterstützer in mehr als 150 Staaten.<br />

In 53 Staaten gibt es Sektionen, die<br />

eine kontinuierliche Menschenrechtsarbeit<br />

garantieren. Die bundesdeutsche<br />

Sektion wurde im Juni 1961, zwei Monate<br />

nach Gründung der internationalen<br />

Organisation, in Köln gegründet und im<br />

Juli 1961 als erste Sektion anerkannt.<br />

Sie setzte sich z.B. für in der DDR inhaftierte<br />

Gefangene ein.<br />

Nach der Wiedervereinigung wurde<br />

die Organisation auch in den neuen<br />

Bundesländern aktiv, in denen sie bis<br />

dahin verboten war. In Deutschland gibt<br />

es rund 155.000 Mitglieder und Spender<br />

sowie rund 600 Gruppen.<br />

In Lübeck arbeiten zwei Gruppen,<br />

um für die Ziele der Organisation zu<br />

kämpfen, das sind u.a.: Aufbau von gegenseitigem<br />

Respekt und Kampf gegen<br />

Diskriminierung; Forderung nach Gerechtigkeit;<br />

Sicherstellung der körperlichen<br />

und geistigen Unversehrtheit aller<br />

Menschen; Schutz der Menschenrechte<br />

in bewaffneten Konflikten; Schutz der<br />

Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden,<br />

Binnenflüchtlingen und Migranten;<br />

Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen<br />

und Förderung der wirtschaftlichen,<br />

sozialen und kulturellen Rechte.<br />

Die einzelnen Gruppen haben ihre<br />

Schwerpunktländer. Die Lübecker Gruppe<br />

hat sich den Iran auf die Fahnen<br />

geschrieben. Vorwiegend islamische<br />

Länder wie Sudan, Pakistan, Iran und<br />

Saudi-Arabien kritisierten 1981 die Allgemeine<br />

Erklärung der Menschenrechte<br />

der UN wegen der, ihrer Ansicht nach,<br />

27


fehlenden Beachtung von Religion und<br />

Kultur nichtwestlicher Länder.<br />

Etwa 70.000 Förderer unterstützen<br />

die Organisation durch regelmäßige Beiträge,<br />

wobei keine Spenden von Konzernen<br />

und politischen Parteien akzeptiert<br />

werden.<br />

Ursel Chikhaoui, Gruppe Lübeck<br />

Fridtjof Nansen –<br />

Polarforscher, Humanist,<br />

Flüchtlingshochkommissar<br />

Vortrag von Dr. Florian Pfeil<br />

Der Referent – Direktor u.a. der Fridtjof<br />

Nansen Akademie, Ingelheim – schilderte<br />

fundiert und spannend das Leben<br />

von Fridtjof Nansen, das er in drei<br />

Lebensabschnitte teilte: Abenteurer,<br />

Wissenschaftler und Politiker.<br />

Am 10.10.1861 wurde Fridtjof Nansen<br />

bei Oslo in eine wohlhabende Familie<br />

geboren. Ein tief religiöser Vater<br />

(Rechtsanwalt), eine sportliche Mutter<br />

und Liebe zur Natur prägten seine Kindheit.<br />

Allein durch die Wildnis Norwegens<br />

unternahm er Expeditionsmärsche, gewann<br />

nationale Langlauf-Meisterschaften<br />

und stellte einen Weltrekord im Eisschnelllaufen<br />

auf. Damit legte er den<br />

Grundstein zur Wintersportbegeisterung<br />

seiner Landsleute. Als er 16 Jahre alt<br />

war, starb seine Mutter.<br />

Mit 20 Jahren begann er das Studium<br />

der Zoologie. Noch im gleichen Jahr<br />

nahm er an einer fünfmonatigen Reise<br />

mit einem Robbenjägerschiff nach<br />

Grönland teil. Zurückkehrend von dieser<br />

Expedition wurde er zum Kurator der<br />

zoologischen Abteilung des Bergen-Museums<br />

berufen. Dort begann er mit der<br />

neuroanatomischen Erforschung von<br />

Borstenwürmern. Das Ergebnis wurde<br />

die Grundlage der Neuronentheorie der<br />

modernen Neurologie. 1888 beendete er<br />

seine Dissertation.<br />

Im gleichen Jahr bricht er mit einem<br />

kleinen mobilen Team von nur sechs<br />

Teilnehmern zur Durchquerung Grönlands<br />

von Ost nach West auf Skiern auf.<br />

28<br />

Alle bisherigen Versuche anderer Expeditionen<br />

scheiterten. Der Vorteil dieser<br />

Wegwahl bestand in der Aussicht, am<br />

Ende an der Westküste Siedlungen zu<br />

erreichen. Gleich zu Beginn mussten<br />

sie eine Höhe von 2.719 m bei minus<br />

46 Grad bewältigen. Nach erfolgreicher<br />

Ankunft brachte sie das nächste Schiff<br />

nach sieben Monaten Überwinterung<br />

in ihre Heimat zurück. Diese Expedition<br />

machte Nansen europaweit berühmt.<br />

1889 heiratete Fridtjof Nansen Eva<br />

Sars, eine Mezzosopranistin. Aus der<br />

Verbindung gingen fünf Kinder hervor.<br />

Nansens Plan (1893), sich mit einem<br />

speziell ausgerüsteten Schiff, der FRAM,<br />

mit der durch die Eisdrift verursachten<br />

Meeresströmung von den Neusibirischen<br />

Inseln durch das Packeis bis<br />

Spitzbergen treiben zu lassen, scheiterte<br />

letztendlich. Nach drei Jahren und einem<br />

missglückten Versuch, den Nordpol<br />

zu zweit auf Skiern zu erreichen, kam er<br />

wieder in seiner Heimat an. Viele neue<br />

geographische Entdeckungen und allgemeinwissenschaftliche<br />

Erkenntnisse<br />

brachte er von dieser abenteuerlichen<br />

Reise mit. 1897 wurde Nansen zum Professor<br />

für Zoologie und 1908 zum Professor<br />

für Ozeanographie ernannt. Er wurde<br />

eine „Lebende Legende“ der Polarforschung<br />

und ein Held der europäischen<br />

Jugend.<br />

Zur Jahrhundertwende beginnt sich<br />

Nansen politisch zu betätigen. 1905 wird<br />

mit 99,5 Prozent für die Unabhängigkeit<br />

Norwegens von Schweden gestimmt.<br />

Danach reist Nansen in geheimer Mission<br />

nach Dänemark und gewinnt den dänischen<br />

Prinzen Carl zum neuen König<br />

(Haakon VII) von Norwegen. Nansen wird<br />

1906 norwegischer Botschafter in Großbritannien.<br />

Ein Jahr später, nach dem<br />

Tod seiner Frau Eva, kehrt er nach Norwegen<br />

zurück.<br />

1920 fungiert er als Leiter der Delegation<br />

bei der Gründung des Völkerbundes;<br />

200.000 Kriegsgefangene des<br />

1. Weltkriegs führt er in ihre Heimat zurück.<br />

„Niemals in meinem Leben zuvor<br />

bin ich auf so gewaltiges Leid gestoßen“,<br />

waren seine Worte; er führt die<br />

Arbeit für Flüchtlinge und Kriegsgefangene<br />

weiter; für Staatenlose stellt er einen<br />

sogenannten „Nansenpass“ aus,<br />

u.a. für Marc Chagall, Rudolf Nurejew,<br />

Igor Strawinsky, Aristoteles Onassis<br />

u.v.a.; er erreicht die Rückführung von<br />

427.886 vertriebenen Menschen aus 30<br />

Ländern.<br />

Nansen erhält 1922 (1938 und 1954<br />

indirekt) den Friedensnobelpreis und<br />

wird Hochkommissar des Völkerbundes<br />

für Flüchtlingsfragen. Er vermittelt<br />

im griechisch-türkischen Konflikt und<br />

engagiert sich für Armenien. „Nansen<br />

ist der Einzige, der unbeschränkten<br />

Zugang zu den Verhandlungen in<br />

allen europäischen Regierungsstellen<br />

hat.“ (Aussage von Lord Curzon, Brit.<br />

Außenminister).<br />

Nach vier Jahren 1. Weltkrieg und<br />

drei Jahren Bürgerkrieg brach 1921 die<br />

Infrastruktur Russlands unter kommunistischer<br />

Herrschaft zusammen. Es<br />

starben Millionen Menschen den Hungertod.<br />

1921 richtete Maxim Gorki Hilfsappelle<br />

an die westliche Welt, die sich<br />

jedoch weigerte, der UdSSR zu helfen.<br />

Nansen organisierte nichtstaatliche Hilfe,<br />

bei der ca. zehn Millionen Menschen<br />

mit Nahrung versorgt wurden. Eine ungeheure<br />

logistische Meisterleistung!<br />

Fridtjof Nansen starb am 13.05.1930<br />

an einem Herzinfarkt.<br />

„Ich muss immer daran denken,<br />

dass es noch so viel gibt, das ich nicht<br />

erreichen konnte.“ (1930)<br />

Margareta Görlinger,<br />

Gruppe Ludwigshafen/Mannheim


Aus dem Verband<br />

Adressenverzeichnis <strong>2017</strong><br />

Deutscher Verband Frau und Kultur<br />

Bundesvorstand<br />

Bundesvorsitzende: Dr. Elisabeth Kessler-Slotta, Uhlandstr. 55, 44791 Bochum, Tel. 0234-580356,<br />

e-mail: ekessler-slotta@web.de<br />

Stellvertr. Vorsitzende: Ursula Dorothee Volkland, Stolzestr. 28, 44789 Bochum, Tel. 0234-313173,<br />

e-mail: udvolkland@gmail.com<br />

Kassenführerin: Renate Szymanek, Veistr. 2, 59073 Hamm, Tel. 02381-65104, e-mail: rwszy@freenet.de<br />

Schriftführerin: Sibylle Weitkamp, Hohenrode 28, 30880 Laatzen, Tel. 0511-221723, Fax: 0511-89997156,<br />

e-mail: sibylle.weitkamp@t-online.de<br />

Internet-Adresse des Verbandes: www.verband-frau-und-kultur.de (Geschäftsstelle)<br />

Konto des Verbandes: Deutscher Verband Frau und Kultur e.V., Postbank Essen, IBAN: DE91 3601 0043 0611 9184 39,<br />

BIC: PBNKDEFF360<br />

Verbandszeitschrift<br />

Redaktion: Irma Hildebrandt, Schlösslihalde 19, CH-6006 Luzern/Schweiz (Auslandsporto), Tel. 0041 41 370 4230,<br />

e-mail: i.hildebrandt@bluewin.ch<br />

Gruppenberichte: Margareta Görlinger, Ungsteiner Straße 6, 67067 Ludwigshafen, Tel. 0621-554485,<br />

e-mail: ma.goerlinger@googlemail.com<br />

Verbandsarbeit und Layout: Inge Kellersmann, Haardtstraße 7a, 76829 Landau, Tel. 06341 950 6810, mobil 0171 3278372<br />

e-mail: i-kellersmann@gmx.de<br />

Internetbearbeitung: Silke Mayer, Blücherstraße 53, Berlin, Tel. 0170-7309234, e-mail: silkem@gmail.com<br />

Adressänderungen und Neuanmeldungen: Anke Linsa, Rossberg 123, 53505 Altenahr, Tel. 02643-900240, Fax 02643-900242,<br />

e-mail: alinsa@web.de (bitte keine handschriftlichen Meldungen, vorzugsweise per e-mail senden)<br />

Sachgebiet: Werkgestaltung/Textiles: Ursel Galgan, Rosengarten 15b, 29549 Bad Bevensen, Tel. 05821-9696139,<br />

e-mail: ugalgan@t-online.de<br />

Anschriften der Vorsitzenden aller Gruppen<br />

Aachen<br />

1.. Vorsitzende: Prof. Ulla Dohmann, Aachener<br />

Str. 51, 52134 Herzogenrath,<br />

Tel. 02406-33736,<br />

e-mail: ulladohmann@gmail.com<br />

2.Vors. Anita Braunsdorf, Viktoriaallee<br />

28, 52066 Aachen, Tel. 0241-9003140,<br />

Fax 0241-9003149e-mail: anita.<br />

braunsdorf@gmx.de<br />

Bad Neuenahr-Ahrweiler<br />

1. Vors. Anke Linsa, Rossberg 123, 53505<br />

Altenahr, Tel. 02643-900240, Fax 02643-<br />

900242, e-mail: alinsa@web.de<br />

2. Vors.Elisabeth Odekerken, Jülichstr. 4,<br />

53474 Bad Neuenahr,Tel. 02641-25586<br />

Berlin<br />

1. Vors. Karin Bischof, Badenallee 27,<br />

14052 Berlin, Tel. 030-30810630,<br />

e-mail: karin.bischof@t-online.de<br />

2. Vors. Christa Conrad, Bundesallee<br />

161, 10715 Berlin, Tel. 030-8531220,<br />

e-mail: christa@c.conrad.de<br />

Bochum<br />

1. Vors. Renate Ruhlig-Schulte,<br />

Bunsenstr. 24, 44793 Bochum,<br />

Tel. 0234-67126,<br />

e-mail: ruhlig-schulte@t-online.de<br />

2. Vors. Ursula Bickern, Schnatstr. 11a,<br />

44795 Bochum, Tel. 0234-433301,<br />

e-mail: u.bickern@web.de<br />

Bremen<br />

1. Vors. Ingeborg Marcus, Katrepeler<br />

Landstraße 49 B, 28357 Bremen,<br />

Tel. 0421-274 746, Fax 0421-276 0133,<br />

e-mail: ingeborgmarcus@gmx.de<br />

2. Vors. Margret Washausen, Uhlandstr.<br />

38, 28211 Bremen, Tel. 0421-3491806,<br />

e-mail: mama.washausen@online.de<br />

Delmenhorst<br />

1.Vors. Angelika Cromme, Moltkestr. 7,<br />

27749 Delmenhorst, Tel. 04221-2891278,<br />

e-mail: a.cromme@t-online.de<br />

2. Vors. Irmgard Mausolf, Tonstichgang<br />

2, 27753 Delmenhorst,<br />

Tel. 04221-2984592,<br />

e-mail: mausolf_irmgard@web.de<br />

Dortmund<br />

1. Vors. Karin Rüger, Kleiner Floraweg<br />

20, 44229 Dortmund, Tel. 0231-735200,<br />

Fax 0231-7270040<br />

2. Vors. Ursula Krüger, Am Schulpfad 3,<br />

58239 Schwerte, Tel. 02304-70836<br />

29


Dresden<br />

1. Vors. Elke Fischer, Schmilkaer Str. 10,<br />

01259 Dresden, Tel.0351-2020507<br />

e-mail: fischer.elke@gmx.net<br />

2. Vors. Dr. Waltraud Voss, Hauptstr. 3,<br />

01097 Dresden, Tel. 0351-4111171,<br />

e-mail: Waltraud.Voss@web.de<br />

Düsseldorf<br />

1. Vors. Monika Schäfer, Fürstenwall 88,<br />

40217 Düsseldorf, Tel. 0211-373565<br />

e-mail: monika_SchaeferBaum@gmx.de<br />

2. Vors. Karin Menzel, Lindemannstr. 54,<br />

40237 Düsseldorf, Tel. 0211-661817<br />

Essen<br />

1. Vors. Dr. Ulrike Köcke, Alexanderstr.<br />

26, 45130 Essen, Tel. 0201-779440,<br />

e-mail: u.koecke@t-online.de -<br />

2. Vors. Karin Tiemeyer, Zur Eibe 9,<br />

45149 Essen, Tel. 0201-712750<br />

Freiburg<br />

1. Vors. Ilse Gremmelspacher,<br />

Maxim-Gorkij-Str. 17, 79111 Freiburg, Tel.<br />

0761-44778, e-mail: ilseg@gmx.de<br />

2. Vors. Gertrud Hiss, Dietenbachstr. 1,<br />

79114 Freiburg, Tel. 0761-81774<br />

e-mail: hiss-gertrud@hotmail.com<br />

e-mail: horstjg.hermann@t-online.de<br />

2. Vors. Marlene Szymanek, Brokbrede<br />

39, 59073 Hamm, Tel. 02381-34623<br />

e-mail: mszymanek@web.de<br />

Hannover<br />

1. Vors. Sibylle Weitkamp, Hohenrode<br />

28, 30880 Laatzen, Tel. 0511-221723 ,<br />

Fax 0511-89997156<br />

e-mail: sibylle.weitkamp@t-online.de<br />

2. Vors. Regina Tiemann, Bessemerstr. 2,<br />

30177 Hannover, Tel. 0511-620270,<br />

e-mail: regina.tiemann@gmx.de<br />

Herne<br />

1. Vors. Rita Gaese, Bahnhofstr.90,<br />

44629 Herne, Tel. 02323-56321,<br />

e-mail: ritagaese@web.de<br />

2. Vors. Renate Modrow, Geschwister-<br />

Scholl-Str.26, 44623 Herne, Tel. 02323-<br />

12889, e-mail: renate_modrow@web.de<br />

Kamp-Lintfort<br />

1. Vors. Christa Aumann, Moerser Str.<br />

114, 47475 Kamp-Lintfort, Tel. 02842-<br />

10495,<br />

e-mail: christa.aumann@t-online.de<br />

2. Vors. Katharina Schwarz, Alpener Str.<br />

99, 47475 Kamp-Lintfort, Tel. 02842-4319<br />

Ludwigshafen/Mannheim<br />

1. Vors. Dr. Wiltrud Banschbach-Hettenbach,<br />

Pfalzring 105, 67112 Mutterstadt,<br />

Tel. 06234-929744,<br />

e-mail: wibahe@gmx.de<br />

2.Vors. Gerda Bindewald, Maxburgstr. 7,<br />

67122 Altrip, Tel. 06236-3497,<br />

e-mail: gerda.bindewald@t-online.de<br />

Lübeck<br />

1. Vors. Dr. Jutta Sczakiel, Fasanenring 7,<br />

23627 Groß Grönau, Tel. 04509-707167,<br />

Fax 04509-707168, e-mail:<br />

jutta.sczakiel@frau-und-kultur.de<br />

2. Vors. Marion Bade, Paul-Gerhardt-Str.<br />

1 k, 23554 Lübeck, Tel. 0451-492312,<br />

e-mail: marion.bade@icloud.com<br />

Moers<br />

1. Vors. Anne Helmich, Weidenkamp 8,<br />

46509 Xanten, mobil: 01573-2390014,<br />

e-mail: A.H.Helmich@t-online.de<br />

2. Vors. Erika Esser, Eichenstr.181,<br />

47443 Moers, Tel. 02841-507618<br />

Münster/Westfalen<br />

1. Vors. Ine Waaldijk, Wiener Straße 36,<br />

48145 Münster, Tel. 0251-392740,<br />

e-mail: gabi.ine@t-online.de<br />

Gießen<br />

1. Vors. Dr. Annegret Körner, Händelstr.<br />

14, 35392 Gießen, Tel. 0641-21611,<br />

e-mail: IgelGI@t-online.de<br />

2. Vors. Brigitte Sekula, Adalbert-Stifter-<br />

Str. 18, 35428 Langgöns, Tel. 06403-<br />

74851, e-mail: hbts.sekula@t-online.de<br />

Gütersloh<br />

1. Vors. Elke Weeke, Schluthecke 67,<br />

33334 Gütersloh, Tel. 05241-36563,<br />

e-mail: elke.weeke@gtelnet.net<br />

2. Vors. Karin Tønnesen-Lersmacher, An<br />

der Gräfte 8, 33378 Rheda-Wiedenbrück,<br />

Tel. 05242-49349,<br />

e-mail: karjat@t-online.de<br />

Hamm<br />

1. Vors.Hannelore Hermann, Klosterfeld<br />

9, 59069 Hamm-Rhynern,<br />

Tel. 02385-2283,<br />

Kiel<br />

1. Vors. Gudrun Stooß, Sophienblatt 18,<br />

24103 Kiel, Tel. 0431-5878444,<br />

e-mail: fam.stooss@t-online.de<br />

2. Vors. Marita Grages, Lehmberg 7,<br />

24103 Kiel, Tel. 0431-5199778<br />

Nürnberg<br />

1. Vors. Christa Rauch, Kölner Str. 54,<br />

90425 Nürnberg, Tel. + Fax 0911-484343<br />

2. Vors. Elisabeth Horn, Wolliner Str.6,<br />

90522 Oberasbach, Tel. 0911-695016<br />

e-mail: horn-oas@web.de<br />

Ehrenvorsitzende der Gruppen:<br />

Aachen: Christa Sasse, Krefelder Str. 6, 52070 Aachen, Tel. 0241-152333; Bad Neuenahr:<br />

Marieluise Eller, Bossardstr. 16, 53474 Ahrweiler, Tel. + Fax 02641-36327; Bochum:<br />

Gisela Beier, Tiefenstr. 6, 33824 Werther/Westf., Tel. 05203-9176979; Dortmund:<br />

Ilse Monhemius, Kirchhörder Str. 19, 44229 Dortmund, Tel. + Fax 0231-7270228;<br />

Dresden: Brigitta Thomas, Am Seifzerbach 40, 01108 Dresden, Tel. 0351-8804596;<br />

Essen: Renate Waßmuth,Wohngemeinschaft, Christophstr. 18-22, 45130 Essen, Tel.<br />

0201-47950219; Gütersloh: Renate Knappe, Kahlertstr. 124, 33330 Gütersloh, Tel.+<br />

Fax 05241-340529; Kamp-Lintfort: Elisabeth Ploch, Mühlenstr. 84, 47475 Kamp-Lintfort,<br />

Tel. 02842-41192, e-mail: elisabeth.ploch@freenet.de; Lübeck: Gundel Granow,<br />

Hauptstr. 8a, 23860 Klein Wesenberg, Tel. 04533-8535; Ludwigshafen/Mannheim:<br />

Barbara Bergemann, Hockenheimerstr. 7, 67117 Limburgerhof, Tel. + Fax 06236-61310;<br />

Münster: Ingrid van Endert, Bösenseller Str. 146, 48161 Münster, Tel. + Fax 02536-201;<br />

Christel Paul, Andreas Hofer Str. 74, Whg. 11, 48145 Münster, Tel. 0251-624375.<br />

30


Aus dem Verband<br />

Literaturseminar<br />

01.–03. September <strong>2017</strong> in der Akademie<br />

Franz Hitze-Haus, Münster,<br />

Leitung: Dr. Christiane Dahms<br />

Traumwelten – Träume in Literatur,<br />

Malerei und Film<br />

Träume erschaffen bizarre Welten, die einer<br />

eigenen Logik folgen und einen breiten<br />

Deutungsspielraum aufweisen. In der<br />

Literatur ist der Traum daher ein variationsreich<br />

eingesetztes Motiv, mit dem z.B.<br />

künftige Entwicklungen, Wünsche und innere<br />

Konflikte der Figuren angezeigt und<br />

innovative Erzählverfahren erprobt werden<br />

können.<br />

Das Wochenendseminar nimmt Beispiele<br />

aus Literatur, Malerei und Film<br />

in den Blick, in denen über Träume und<br />

Träumende, Traum- und Wachzustände<br />

erzählt und der Traum poetisch oder<br />

anthropologisch-psychologisch reflektiert<br />

wird, so z.B. bei Arthur Schnitzler,<br />

Franz Kafka, E.T.A. Hoffmann, Ludwig<br />

Tieck, Edgar Allan Poe, Ilse Aichinger,<br />

Jorge Luis Borges, Émile Zola, Bernhard<br />

Schlink, Thomas Mann, Sigmund Freud,<br />

aber auch bei Gustave Courbet, Max Klinger,<br />

Odilon Redon, Luis Buñuel u.a.<br />

Anmeldung: Akademie Franz Hitze Haus,<br />

Kardinal-von-Galen Ring 50, 48149 Münster,<br />

Maria Conlan: conlan@franz-hitzehaus.de,<br />

Tel.: 0251/9818 416, www.franzhitze-haus.de<br />

Tagungsnummer 717 WT, Tagungsbeitrag<br />

140 €, Ü/F im Zweibettzimmer 40 €,<br />

Ü/F im Einzelzimmer 60 €<br />

Kreative Seminartage<br />

03.–08. September <strong>2017</strong> im Hotel<br />

an der Hauptallee, Bad Pyrmont<br />

Themen: 1. Acrylmalerei (Frau Gisela<br />

Schlitt-Mattlener, Bochum); 2. Perlen auffädeln<br />

und häkeln (Frau Hannelore Trümper,<br />

Essen); 3. Papierbatik (Ursel Galgan)<br />

Preis: Übernachtung und Vollpension<br />

pro Person 54 € pro Tag. Anmeldung<br />

bis spätestens 1. August <strong>2017</strong> an: Ursel<br />

Galgan,Rosengarten 15 b, 29549 Bad Bevensen,<br />

Tel.: 05821 2186<br />

Impressum<br />

Frau und Kultur<br />

Zeitschrift des Deutschen Verbandes<br />

Frau und Kultur e.V. – Heft 2/<strong>2017</strong><br />

Herausgeber:<br />

Deutscher Verband Frau und Kultur e.V.<br />

www.verband-frau-und-kultur.de<br />

Bundesvorsitzende:<br />

Dr. Elisabeth Kessler-Slotta, Uhlandstr. 55,<br />

44791 Bochum, Tel. 0234-580356,<br />

E-Mail: ekessler-slotta@web.de<br />

Redaktion:<br />

Irma Hildebrandt<br />

Schlösslihalde 19, CH-6006 Luzern<br />

Tel. 0041 41 370 42 30<br />

E-Mail: i.hildebrandt@bluewin.ch<br />

Gruppenberichte:<br />

Margareta Görlinger, Ungsteiner Straße 6,<br />

67067 Ludwigshafen, Tel. 0621-55485,<br />

E-Mail: ma.goerlinger@googlemail.com<br />

Verbandsberichte und Layout:<br />

Inge Kellersmann, Haardtstraße 7a, 76829 Landau,<br />

Tel. 06341-9506810, mobil 0171 3278372<br />

E-Mail: i-kellersmann@gmx.de<br />

Litho und Reinzeichnung:<br />

modus: medien + kommunikation gmbH<br />

Albert-Einstein-Straße 6, 76829 Landau,<br />

www.modus-media.de<br />

Druck:<br />

Stober GmbH, Druckerei und Verlag<br />

Industrieaße 2, 76344 Eggenstein<br />

Fotos: S. 1, 3, 6, 18 Inge Kellersmann, S.5 Grafik:<br />

Anke Peters/Bechmann, Quelle: Heimat in Literatur,<br />

Sprache und Kunst, Erkelenz (2015); S.11,<br />

16 Jean-Marc Felix; S.15 Ernst-Bloch-Zentrum<br />

Ludwigshafen; S.20 Conrad Amber; S.23 Dekanat<br />

Wofsburg; S.26 wikimedia commens/Parsifal;<br />

S.27 Amnesty International/Henning Schacht;<br />

übrige privat oder Archiv<br />

Bezugspreis:<br />

12,– € inkl. Porto für 3 Hefte jährlich<br />

Abos für Nichtmitglieder und Geschenkabos:<br />

Anke Linsa, Rossberg 123, 53505 Altenahr<br />

Tel. 026 43 90 02 40, Fax 026 43 90 02 42<br />

E-Mail: alinsa@web.de<br />

Adressänderungen und Neuanmeldungen:<br />

Anke Linsa, Rossberg 123, 53505 Altenahr<br />

Tel. 026 43 90 02 40, Fax 026 43 90 02 42<br />

E-Mail: alinsa@web.de<br />

Zahlungen zur Verbandsabgabe und Abos an:<br />

Deutscher Verband Frau und Kultur e.V.<br />

Postbank Essen Konto.-Nr. 611 918-439, BLZ<br />

360 100 43, IBAN: DE91 3601 0043 0611 9184<br />

39 – BIC: PBNKDEFF360<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion<br />

und mit Quellenangabe gestattet. Mit Namen<br />

gekenn zeichnete Beiträge stellen nicht in jedem<br />

Fall die Auffassung der Herausgeber dar.<br />

Gedruckt auf säurefreiem Papier mit FSC-Zertifikat<br />

ohne optische Aufheller und hergestellt aus<br />

100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff.<br />

31


Thema des nächsten Heftes:<br />

Viva la musica<br />

Redaktionsschluss für Heft 3/<strong>2017</strong><br />

15. Oktober <strong>2017</strong><br />

Gegründet 1896<br />

Unser Verband<br />

Unsere Ziele<br />

Unsere Arbeit<br />

Unsere Zeitschrift<br />

Vertreten in<br />

Wir gehören zu den traditionsreichen Frauenverbänden Deutschlands.<br />

Wir arbeiten überparteilich und überkonfessionell.<br />

Wir sind in 23 Städten der Bundesrepublik vertreten.<br />

Der Verband setzt sich ein<br />

für die vielseitige Bildung und Aktivierung der Frau auf kulturellem Gebiet,<br />

für die Förderung ihrer schöpferischen Fähigkeiten,<br />

für die Verwirklichung ihrer Gleichstellung in Familie, Beruf und Gesellschaft,<br />

für die Zusammenarbeit mit Verbänden ähnlicher Zielsetzung auf nationaler und<br />

internationaler Ebene.<br />

Wir treffen uns regelmäßig zu Vorträgen und Arbeitsgemeinschaften.<br />

Bei Studienfahrten und Seminaren bieten wir unseren Mitgliedern Information und<br />

Weiterbildung auf vielen Gebieten der Kultur und Auseinandersetzung mit den Problemen<br />

unserer Zeit. Die Gruppen engagieren sich in sozialen und kulturellen Projekten. Wanderund<br />

Gymnastikangebote ergänzen das Programm.<br />

FRAU und Kultur erscheint dreimal jährlich, jeweils mit einem Schwerpunktthema.<br />

Sie stellt unseren Verband nach außen dar und ist ein wichtiges Bindeglied für die<br />

Verbands- und Gruppenarbeit.<br />

Aachen – Bad Neuenahr – Berlin – Bochum – Bremen – Delmenhorst – Dortmund –<br />

Dresden – Düsseldorf – Essen – Freiburg – Gießen – Gütersloh – Hamm – Hannover –<br />

Herne – Kamp-Lintfort – Kiel – Ludwigshafen / Mannheim – Lübeck – Moers – Münster<br />

– Nürnberg

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