FuK_Heft2_2017
Frau und Kultur, Mitgliedsheft 2_2017
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Heimat<br />
2/<strong>2017</strong>
Editorial<br />
Heimat – ein Ort? ein Gefühl? eine Utopie?<br />
Wir leben in einer<br />
offenen, mobilen<br />
Gesellschaft,<br />
selbstbestimmt und<br />
weitgehend frei von<br />
Zwängen durch Konvention<br />
und Tradition.<br />
Doch diese Freiheit<br />
macht Menschen nicht unbedingt<br />
glücklich. Sie streben nach Verortung,<br />
nach einem sicheren Hort in dieser verunsichernden<br />
Welt. Die Globalisierung hat<br />
im Gegenzug zur Wertschätzung des Vertrauten,<br />
Engkreisigen geführt. Kein Wunder,<br />
dass in unserer Zeit der Begriff Heimat<br />
eine Renaissance erlebt.<br />
Beim Wort Heimat denkt man in erster<br />
Linie an einen Ort: den Geburtsort, den<br />
Ort, in dem man aufgewachsen ist, oder<br />
an einen Ort, der einem später zur zweiten<br />
Heimat wird. – Heimat kann auch in<br />
der geistigen Welt verortet sein. Für Wilhelm<br />
von Humboldt war die Sprache<br />
Heimat, für Max Frisch der heimatliche<br />
Dialekt. Theodor Storm brauchte die äußerliche<br />
Enge der Kleinstadt Husum, um<br />
innerlich ins Weite zu gehen. Und Eduard<br />
Mörike schuf die Insel Orplid, sein „Land,<br />
das ferne leuchtet“. Heimat als Wunschtraum,<br />
als Imagination, als Utopie.<br />
Am Begriff Heimat lässt sich deutsche<br />
Geschichte ablesen. In der Romantik als<br />
Sehnsuchtsort und Traumlandschaft<br />
idea lisiert, wurde das Wort im späten 19.<br />
Jahrhundert und im Ersten Weltkrieg politisch<br />
aufgeladen als Abgrenzung gegen<br />
das Fremde, vor allem gegen den Erzfeind<br />
Frankreich. Im Nationalsozialismus<br />
wurde die heimatliche Scholle zum Wurzelgrund<br />
der Blut- und Bodenideologie.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Heimat<br />
für viele Deutsche ein Verlust- und Hoffnungswort:<br />
Trauer um Verlorenes, aber<br />
dann „auferstanden aus Ruinen...“. Wiederaufbau,<br />
Neuansiedlung von Vertriebenen<br />
aus dem Osten, neue Verortung<br />
im Westen.<br />
Nicht nur Kriege, auch Naturkatastrophen<br />
und die moderne Zivilisation können<br />
Menschen heimatlos machen. Dem<br />
Straßenbau fallen allerorts Häuser, Bauernhöfe<br />
und Siedlungen zum Opfer. Durch<br />
den Braunkohle-Tagebau verschwinden<br />
in der Lausitz und im Rheinischen ganze<br />
Dörfer – wie die kleine Gemeinde Immerath.<br />
Die Menschen müssen sich eine<br />
neue Heimat aufbauen.<br />
Was Heimatverlust bedeutet, können<br />
wahrscheinlich nur selber Betroffene<br />
richtig ermessen. Aber es muss nicht unbedingt<br />
ein Land oder ein Wohnort sein,<br />
dem man nachtrauert. Für mich war der<br />
Abschied vom Haus meiner Kindheit ein<br />
schmerzlicher Verlust. Das schon etwas<br />
baufällige Haus wurde kurz nach unserem<br />
Wegzug in die Stadt abgerissen und<br />
das ganze Gelände in einen asphaltierten<br />
Firmenparkplatz umgewandelt. Wann<br />
immer ich später daran vorbei fuhr, überkamen<br />
mich wehmütige Erinnerungen<br />
an mein verschwundenes Gärtchen und<br />
mein Versteck in der Buchsbaumhecke.<br />
Auf dem gelb markierten Feld Nummer 17<br />
stand früher der Hasenstall und auf Feld<br />
Nummer 24 der Kirschbaum mit den verbotenen,<br />
aber doch heimlich geplünderten<br />
Kirschen.<br />
Der Begriff Heimat kann offenbar, wie<br />
eine Umfrage von Spiegel-ONLINE zeigt,<br />
noch weiter gefasst werden. Da lautet<br />
eine Antwort auf die Frage „Was ist für<br />
Sie Heimat?“: „Heimat ist für mich da, wo<br />
meine Zahnbürste steht.“ Und eine andere:<br />
„Heimat ist da, wo ich einen anständigen<br />
Internet-Anschluss habe.“ – Darauf<br />
wäre ich nicht gekommen. Und Sie? Was<br />
würden Sie antworten, wenn ein Reporter<br />
Sie nach Ihrem Heimatverständnis oder<br />
Ihrem Heimatgefühl fragte?<br />
Irma Hildebrandt<br />
Inhalt<br />
Thema:Heimat<br />
Editorial.............................................................................2<br />
Heimat – Facetten eines komplexen Themas.......................3<br />
Heimat hat mit Menschen zu tun.........................................4<br />
Land, das ferne leuchtet.....................................................6<br />
Nachdenkgedanken...........................................................7<br />
„Für mich hat Heimat etwas Ausgrenzendes“......................8<br />
Traute Heimat – Na ja ........................................................9<br />
Sterben die Dialekte aus?................................................ 10<br />
Deutsche? Schweizerin? Europäerin?..................................11<br />
Fotowettbewerb: Meine Heimat.................................... 12/13<br />
Wir stellen vor: Swetlana Pflieger-Fefer.............................. 14<br />
„verortungen. heimt. fremde“........................................... 15<br />
Heimat auf engstem Raum................................................ 16<br />
„Weh dem, der keine Heimat hat!“.................................... 17<br />
Weitere Themen:<br />
Neue Medien – Smartphone............................................. 18<br />
Umwelt: Klimawandel und Migration................................. 19<br />
Für Sie gelesen ................................................................20<br />
Aktuelle Kunstsaison........................................................22<br />
Das wird Sie interessieren................................................23<br />
Aus dem Verband:<br />
Einweihung des Luise-Büchner-Denkmals / Im Team..........24<br />
Gruppenberichte..............................................................25<br />
Seminarvorschau / Impressum......................................... 31<br />
Titelfoto: Blick von der Festung Königstein auf die Elbe
Thema<br />
Heimatliche Altstadt – ein Ort, der Emotionen weckt und wo man sich wieder zuhause fühlt.<br />
Heimat – Facetten eines komplexen Themas<br />
Der Begriff „Heimat“ erfährt dieser Tage<br />
einen ungeheuren Boom, allerorten und<br />
in vielen durchaus verschiedenen Bereichen<br />
– der Gesellschaftspolitik, der Literatur,<br />
dem Film, dem Theater und auch<br />
der Kunst – taucht er in einer irritierenden<br />
Pluralität auf, da er auf eigentümliche Weise<br />
Erinnerungen an etwas Nostalgisches<br />
heraufbeschwört. Doch einfach sind weder<br />
die Fixierung noch der Umgang mit<br />
dem Thema.<br />
„Etwas, das allen in die Kindheit<br />
scheint und worin noch niemand war:<br />
Heimat“, so von dem Philosophen Ernst<br />
Bloch in seinem Werk „Das Prinzip Hoffnung“<br />
eher als Imagination und Utopie<br />
umrissen, vermag die Vorstellung von<br />
Heimat also auf die Polarisierung von<br />
Zeit und Ort zu verweisen, wesentliche<br />
Kategorien, die dem vielschichtigen Verständnis<br />
sowie dem komplex beladenen<br />
Begriff innewohnen. Im „Brockhaus-Lexikon“<br />
heißt es unter dem Stichwort „Heimat“<br />
kurz und lapidar: „Ort, wo man zu<br />
Hause ist, Wohnort und Umgebung oder<br />
Geburtsort, Ursprungs-, Herkunftsland“.<br />
Wenn auch die Ortsbestimmung als primäre<br />
Bedeutungsebene auftaucht, so<br />
sind daneben noch andere, weiträumigere<br />
Bereiche angefügt, die quasi in Kurzform<br />
schon auf den Spannungsbogen<br />
regionaler Verankerung und internationalem<br />
Migrantentum unserer Gegenwart<br />
zu verweisen scheinen. Auch Bernhard<br />
Schlink formulierte in seinem Essay „Heimat<br />
als Utopie“ aus dem Jahre 2000 geradezu<br />
in philosophischer Rezeption: „Heimat<br />
ist ein Ort, nicht als der, der er ist,<br />
sondern als der, der er nicht ist.“ Ähnliches,<br />
aber durchaus verständlich ausgedrückt,<br />
kann man bei der Schriftstellerin<br />
Thea Dorn und ihrem Kollegen Richard<br />
Wagner in dem Werk „Die deutsche Seele“<br />
aus dem Jahre 2011 nachlesen: „Zur<br />
Heimat hat die deutsche Öffentlichkeit<br />
ein kompliziertes Verhältnis, es sei denn,<br />
Heimat steht für etwas anderes und ist<br />
ein Ersatz.“<br />
Doch lässt sich vom Begriff selbst<br />
wie auch der Reflexion über Heimat die<br />
Dimension der Zeit nicht abkoppeln,<br />
zu genuin sind Vergangenheit und Gegenwart<br />
wie auch Zukunft miteinander<br />
verzahnt, bedingen und durchdringen<br />
sich. Die Erinnerung als die individuelle,<br />
aber auch als kollektive Archivinstanz<br />
kann auf entlegene Geschehnisse<br />
zurückgreifen, um als Gegenpol zur<br />
sichtbaren Welt einstige Erlebnisse sowie<br />
sinnliche Eindrücke aller Art zu vergegenwärtigen.<br />
Dagegen jedoch formt<br />
etwa im Religionsverständnis des Christentums<br />
die Jenseitserwartung das gegenwärtige<br />
Leben, wie beispielsweise<br />
für Augustinus der Himmel das Synonym<br />
für Heimat bedeutete. Blickt man<br />
allerdings auf die Historie, so zeichnen<br />
sich auch problematische Bezüge ab, da<br />
Vereinnahmungen zu Verunglimpfungen<br />
führten, nicht nur in der vermeintlich<br />
romantischen Verfremdung und Trivialisierung,<br />
sondern speziell in der politischen<br />
Instrumentalisierung und im<br />
Missbrauch durch die nationalsozialistische<br />
„Blut-und -Boden-Ideologie“.<br />
3
Thema<br />
Für P.A.<br />
Du hast mit deinen Sternen nicht gespart.<br />
Die Fernen drängen sich an deine Tür.<br />
Es bricht der dürre Ast der Gegenwart,<br />
Die guten alten Mächte dienen dir.<br />
Denn wo ist Heimat?<br />
Keiner weiß Bescheid.<br />
Wo Schwalben nisten, sind wir nicht allein.<br />
Die Chrysanthemen nehmen unser Leid<br />
Hinüber in ihr leises Anderssein.<br />
Wenn Schatten heut dein Lorbeer sind, verhüll<br />
Das Antlitz, bis die Möwe wiederkehrt.<br />
Es ist so dunkel wie dein Herz es will,<br />
Das staunend seinen Wert von dir erfährt.<br />
Ein Raunen reiht sich deinen Dingen an.<br />
Du stehst mit vielen Stimmen schon im Bund.<br />
Vergiss, wann diese kleine Zeit begann.<br />
Die großen Zeiten segnen deinen Mund.<br />
Dagegen stellte die Lyrikerin Rose<br />
Ausländer (1901–1988) in existenzieller<br />
Bedrängnis die bange Frage „Denn<br />
wo ist Heimat?“ in einem ihrem Landsmann<br />
und Kollegen Paul Celan 1944 gewidmeten<br />
Gedicht: „Für P.A.“<br />
Als Jüdin von den SS-Truppen verfolgt,<br />
ist aus ihren Zeilen der Verlust<br />
von Sicherheit und Zugehörigkeit auf<br />
beklemmende Weise herauszulesen.<br />
Ihr wird das Wort zur Heimat, das sie<br />
formt und bis zuletzt schöpferisch gestaltet.<br />
Gegenüber diesen schlaglichtartig<br />
beleuchteten Aspekten ist Heimat<br />
vielmehr ein qualitativer Begriff für<br />
innere und äußere Prägung, abhängig<br />
von der sozialen und kulturellen Umwelt,<br />
die es dem Menschen ermöglicht,<br />
sich nach eigenen Vorstellungen<br />
räumlich und geistig zu verorten. Anstelle<br />
des eher altmodisch anmutenden<br />
Begriffs „Heimat“ – der allerdings<br />
in unseren Tagen eine ungeahnte Wiederkehr<br />
erlebt – ist die Identifikation,<br />
die Erfahrungen solcher Art entstehen<br />
lässt, getreten. Emotionale, soziale<br />
und strukturelle Profilierungen führen<br />
zur Entwicklung eines polyvalenten,<br />
sich aus sehr verschiedenartigen Facetten<br />
rekrutierenden Heimatbildes. Trotz<br />
aller positiven Einflüsse wird Heimat<br />
Rose Ausländer<br />
vielfach auch als Schutzzone, als Ort<br />
privaten und familiären Rückzuges verstanden,<br />
da sich Identität und Sicherheit<br />
erst im Abgrenzen einnisten.<br />
Elisabeth Kessler-Slotta<br />
Heimat hat mit Menschen zu tun<br />
4<br />
Im Wort Heimat steckt das Wort Heim,<br />
Home, My home is my castle. Ein Platz,<br />
wo man mich versteht, wo ich mich wohlfühle,<br />
wo ich Gleichgesinnte finde: Das<br />
kann überall auf der Welt sein. In Bad<br />
Zurzach, Paris, in der Wüste. Denn Heimat<br />
ist eigentlich weniger ein bestimmter<br />
Ort als ein Gefühl. Heimat ist für mich<br />
auch der Moment, in dem ich den Zug<br />
oder die Autobahn verlasse und durch<br />
das Tor meines Heimatortes in die Hauptstraße<br />
einbiege, von wo ich aus der Ferne<br />
schon das Dachgeschoss jenes Hauses<br />
erkenne, in dem ich aufgewachsen<br />
bin. In diesem Moment weiß ich: Jetzt<br />
bin ich wieder zu Hause. Ich fahre hinein<br />
in die Stadt und kurble das Fenster<br />
hinunter. Die Luft scheint anders zu sein<br />
hier, der Himmel weiter. Und ich kann<br />
frei atmen. Klar, wenn ich dann endlich<br />
einen Parkplatz gefunden habe, rieche<br />
ich den Duft der Platanen, die ich als Bub<br />
erklettert habe oder, je nach Jahreszeit,<br />
weht mir ein warmes, föhniges Lüftchen<br />
oder eine eisige winterliche Brise ins Gesicht.<br />
Jetzt bin ich endlich wieder daheim.<br />
Auf der Suche nach Heimat<br />
Es funktioniert auch in der Gegenrichtung,<br />
auf der Suche vom Ort, wo ich aufgewachsen<br />
bin zum Ort, wo ich heute lebe. Auch<br />
auf dieser Reise gibt es diese speziellen<br />
Augenblicke, die in mir Emotionen wecken,<br />
weil ich mich plötzlich wieder zu Hause fühle.<br />
Heimat ist, wenn ich die Wohnungstüre<br />
aufsperre und mich die Bilder an den<br />
Wänden wie altbekannte Wesen begrüßen.<br />
Oder wenn mein langjähriger liebenswürdiger<br />
Nachbar klingelt, um mir das Neueste<br />
– nicht nur das Wichtigste – aus unserem<br />
Quartier zu berichten.<br />
Heimat ist auch, wenn ich meinen<br />
Bruder in Boston USA besuche und uns<br />
schon in den ersten Sekunden nach der<br />
Landung am Flughafen das Gefühl überfällt,<br />
wir wären doch schon seit Wochen<br />
zusammen. Auch hier bin ich etwas zu<br />
Hause.<br />
Heimat ist also doch auch ein Ort, der<br />
mit anderen Menschen zu tun hat, mit<br />
Leuten, die ich mag und die mich mögen.<br />
Ich habe nie so richtig verstanden,<br />
warum viele Menschen niemals den Ort<br />
verlassen wollen, an dem sie aufgewachsen<br />
sind – obwohl sie sich hier ganz offensichtlich<br />
nicht entfalten können. Ein<br />
Freund, mit dem ich zur Schule gegangen<br />
bin, sitzt lieber jeden Donnerstagabend<br />
mit immer den selben Leuten im Gasthof<br />
„Schützen“ zusammen und beklagt<br />
sich darüber, dass nichts weitergeht in<br />
seinem Leben. Eigentlich erwartet er von
Thema<br />
seinen Kumpanen keine Lösungen seiner<br />
Sorgen; es reicht ihm, wenn man sein Unbehagen<br />
bestätigt.<br />
Heimat ist somit oft auch jener Ort,<br />
den man liebevoll kritisiert, hinterfragt<br />
und der ab und zu auch die Funktion einer<br />
Klagemauer übernimmt. Im Fricktal<br />
habe ich vor Jahren eine alte Frau kennen<br />
gelernt, die trotz ihres hohen Alters<br />
nie in ihrem Leben in Basel oder Zürich<br />
oder im Ausland gewesen ist; zeitlebens<br />
ist sie ihrem Geburtsort treu geblieben.<br />
Ihre Weltsicht und -erfahrung beschränkten<br />
sich auf ihr Dorf und die unmittelbare<br />
Umgebung und ihre Nachbarn. – Heimat<br />
entsteht, wenn man die Fähigkeit hat,<br />
sich wohl zu fühlen dort, wo man ist. Wer<br />
das nicht kann, ist wahrscheinlich nie daheim<br />
– selbst wenn er seinen Geburtsort<br />
niemals verlassen hat. Heimat kann man<br />
sich machen.<br />
Heimat gibt es in verschiedenen<br />
Ausführungen<br />
ren Ort zu Schule, lassen uns woanders<br />
ausbilden und gehen, oft an verschiedenen<br />
Orten, zur Arbeit. Viele dieser Wechsel<br />
finden oft „zufällig“ statt oder sogar<br />
unter dem Druck der Umstände.<br />
Heimat gibt es<br />
selten auf Dauer<br />
Und Heimat gibt es nicht immer und nicht<br />
überall. Oft bin ich nur 5 Minuten, an manchem<br />
Tag 30 Minuten in Gedanken und Gefühlen<br />
in einer meiner Heimat(en). Lange<br />
gedankliche Ausflüge sind eher selten,<br />
denn das braucht Konzentration und seelische<br />
Kraft. Solche Gedankenflüge werden<br />
meist von etwas ausgelöst. Etwa vom<br />
Duft einer bestimmten Speise, einer Melodie,<br />
einer Geste, einer Mundart, einem<br />
Augenblick, der mich, aus welchen Gründen<br />
auch immer, in eine andere Zeit, an<br />
einen anderen Ort versetzt.<br />
Zurzeit sind über 50 Millionen Menschen<br />
unterwegs, auf der Flucht vor Kriegen,<br />
Unruhen, Klimaveränderungen.<br />
Sie haben nicht das Glück, ihre Heimat<br />
aus freien Stücken zu wählen. Und ihre<br />
Gefühle und Gedanken an ihre angestammte<br />
Heimat werden nicht nur von<br />
guten, sondern von traumatischen Erinnerungen<br />
geprägt. Erinnerungen, die<br />
sie nicht mehr los werden, oft ein Leben<br />
lang.<br />
Heimat kann somit auch zu Last werden.<br />
Dann bleibt nur noch die Suche nach<br />
einer neuen Heimat. Im Fernsehen lief<br />
vor einiger Zeit die Reality-Soap „Meine<br />
fremde Heimat“: Menschen der zweiten,<br />
Je älter man wird, desto eher erkennen wir:<br />
Heimat gibt es für viele Menschen nicht nur<br />
einmal. Heimat ist ein Teil unseres Ichs,<br />
ein Teil unserer Identität; und beide verändern<br />
sich im Laufe des Lebens. Die Suche<br />
nach Heimat schickt den Menschen<br />
auf eine äußere und innere Reise, nach<br />
Orten, nach Menschen, nach Dingen, die<br />
ihm etwas bedeuten oder bedeutet haben.<br />
Die meisten Menschen haben nicht<br />
nur eine einzige Heimat, denn heute sind<br />
wir moderne Nomaden: wir werden irgendwo<br />
geboren, gehen an einem andedritten<br />
oder vierten Generation gehen auf<br />
Spurensuche ins Land ihrer Vorfahren –<br />
ein Land, zu dem sie kaum einen Bezug<br />
haben. Es ist eine Reise zurück zu ihren<br />
Wurzeln: In ihrer fremden Heimat treffen<br />
sie auf Menschen und Lebenswelten,<br />
die ihnen oft vertraut, oft aber auch<br />
fremd erscheinen. Heimat weckt in vielen<br />
Menschen melancholische, zwiespältige,<br />
fremdartige Gefühle.<br />
Heimat bedeutet Identität<br />
Für manche scheint Heimat, „Heimisch-<br />
Sein“, eine unabdingbare Bedingung der<br />
„richtigen Existenz“, des nicht mehr Provisorischen<br />
zu sein. Der Platz, „an den<br />
man gehört“, der einem vertraut ist, unabhängig<br />
von den örtlichen Widrigkeiten.<br />
Daher wird ja „Heimat“ durch Auswanderer<br />
auch in die Ferne mitgenommen, etwa<br />
durch Festhalten von Traditionen, Ritualen,<br />
Glauben.<br />
Viele suchen eine neue Heimat im Internet.<br />
Diese „Heimat“ ist weitgehend<br />
nicht lokalisierbar, denn der Chatroom<br />
ist kein Raum, der sich bildlich festhalten<br />
lässt. Beim Chatten, Skypen, Mailen,<br />
oft von unterwegs, bleibt alles in Bewegung<br />
und ist unstet; oft begegnet man<br />
sich nur selten, vielleicht hin und wieder<br />
oder bleibt ganz auf Distanz, in neugieriger<br />
Erwartung auf den großen Moment<br />
des totalen Glücks.<br />
Der anthropologische Aspekt von Heimat<br />
aber bleibt. Heimat ohne menschliche<br />
Anbindung geht nicht. Im Zentrum<br />
der virtuellen Suche nach Heimat steht<br />
der Mensch, dem man vertrauen möchte,<br />
vielleicht nicht ein Leben lang, aber für<br />
ein paar Monate, selten Jahre. Im Internet<br />
suchen wir oft ein imaginäres Heimatgefühl,<br />
Kontakt mit Geistesverwandten,<br />
Gleichgesinnten. Die virtuelle Existenz<br />
mit ihren spirituellen Dimensionen büßt<br />
ihre geografischen Komponenten, ihre irdische<br />
Sinnlichkeit ein, wird oft imaginär<br />
und erinnert uns eindringlich und immer<br />
wieder von Neuem an die Vergänglichkeit<br />
unseres Seins.<br />
Roy Oppenheim<br />
Roy Oppenheim (geb. 1940) ist Publizist und<br />
Fernsehproduzent (art-tv).<br />
5
Thema<br />
Land, das ferne leuchtet<br />
Literarische Spurensuche<br />
Dietmar Albrecht:<br />
Annäherungen an Heimat<br />
Heinrich Heine ersann sein fernes Bimini,<br />
Pfarrvikar Mörike seine Insel Orplid. „Du<br />
bist Orplid, mein Land, das ferne leuchtet!“<br />
Ein Land, das „uns allen in die Kindheit<br />
scheint und worin noch niemand war“,<br />
Traum für Eduard Mörike, Hoffnung für<br />
Ernst Bloch.<br />
Einem Freiherrn von Liliencron, dem<br />
Offizier und sinnenfrohen Augenmenschen,<br />
stellt sich Heimat anders dar als<br />
Hebbel, dem Sohn dürftiger Enge, der in<br />
geistige Freiheit und Weite der Welt ausbricht,<br />
oder als dem Bürgeradvokaten<br />
und Kleinstadtpatrizier Storm, oder als<br />
dem Bauernsohn Timm Kröger, der mit<br />
neunzehn den Pflug verlässt. „Ich bedarf<br />
äußerlich der Enge, um innerlich ins Weite<br />
zu gehen“, bekannte Storm im letzten<br />
Lebensjahrzehnt. Fontane bespöttelte<br />
diese „Husumerei“.<br />
Ernst Barlachs Werk und Wirkung<br />
kristallisieren deutsches Schicksal, lassen<br />
Deutsche sich über Grenzen begegnen.<br />
Dieser „seinem Beruf verschworene<br />
Künstler deutscher Geburt und Verwurzelung“<br />
schreibt 1937, ein Jahr vor seinem<br />
Tode, vom Verbot der Berufsausübung<br />
bedroht:<br />
„Von meinen insgesamt siebenundsechzig<br />
Lebensjahren habe ich wiederum<br />
fünfzig Jugend- und Mannesjahre auf der<br />
Scholle zwischen meinem Geburtsort bei<br />
Hamburg und meiner Wahlheimat Güstrow<br />
zugebracht und fühle bei zunehmenden<br />
Jahren immer mehr die unauflösliche<br />
Verbundenheit mit dem Heimatboden.<br />
Ich weiß, dass ich nur dahin gehöre, wo<br />
ich bisher gearbeitet und gelebt habe.“<br />
Annäherungen an Heimat auf den<br />
Spuren deutscher Kultur können zu faszinierenden<br />
Entdeckungen geraten: Wanderungen<br />
mit Fontane durch die Mark<br />
Brandenburg, Reisen zu Luther von Möhra<br />
bis Wittenberg, zu den Lebensstätten<br />
Ernst Barlachs in Holstein und Mecklenburg,<br />
Fahrten mit Fritz Reuter von Dömitz<br />
6<br />
bis Stavenhagen, mit Gerhart Hauptmann<br />
von Hiddensee bis Agnetendorf –<br />
Land, das ferne leuchtet.<br />
Hermann Hesse: Heimat<br />
Zwischen Bremen und Neapel, zwischen<br />
Wien und Singapore habe ich manche hübsche<br />
Stadt gesehen, Städte am Meer und<br />
Städte hoch auf Bergen, und aus manchem<br />
Brunnen habe ich als Pilger einen Trunk<br />
getan, aus dem mir später das süße Gift<br />
des Heimwehs wurde. Die schönste Stadt<br />
von allen aber, die ich kenne, ist Calw an<br />
der Nagold, ein kleines, altes, schwäbisches<br />
Schwarzwaldstädtchen.<br />
Wenn ich jetzt etwa wieder einmal<br />
nach Calw komme, dann gehe ich langsam<br />
vom Bahnhof hinabwärts, an der<br />
katholischen Kirche, am Adler und am<br />
Waldhorn vorbei und durch die Bischofstraße<br />
an der Nagold hin bis zum Weinsteg<br />
oder auch bis zum Brühl, dann über<br />
den Fluss und durch die untere Ledergasse,<br />
durch eine der steilen Seitengassen<br />
zum Marktplatz hinauf, unter der Halle<br />
des Rathauses durch, an den zwei mächtigen<br />
alten Brunnen vorbei, tue auch einen<br />
Blick hinauf gegen die alten Gebäude<br />
der Lateinschule, höre im Garten des<br />
Kannenwirts die Hühner gackern, wende<br />
mich wieder abwärts, am Hirschen und<br />
Rössle vorüber, und bleibe dann lang auf<br />
der Brücke stehen. Das ist mir der liebste<br />
Platz im Städtchen, der Domplatz von<br />
Florenz ist mir nichts dagegen.<br />
Heinrich Böll:<br />
Eine Straße in Köln<br />
Durch Straßen wie diese führte mein<br />
Schulweg, sieben Jahre lang; viele tausend<br />
Male bin ich durch solche Straßen<br />
gegangen, aber nie in sie eingedrungen;<br />
erst viel später – in der Erinnerung – begriff<br />
ich, was diese Straßen bedeuten, ich<br />
begriff es, wie man plötzlich Träume begreift,<br />
wenn ich in fremden Städten stundenlang<br />
durch die Straßen ging und eine<br />
wie diese suchte, aber nicht fand....<br />
Mädchen kreuzten meinen Schulweg,<br />
balgten sich am Straßenrand...<br />
Streikende sah ich, rote Fahnen, Panzer<br />
fuhren auf, und die Polizisten leiteten<br />
unseren Schulweg auf sichere Pfade um,<br />
durch bürgerliche Straßen, mit strengen,<br />
abweisenden Fronten, leer waren diese<br />
Straßen, nur selten spielte dort einmal<br />
ein Kind, langweilig waren sie, und<br />
ich war froh, wenn der Streik vorüber war<br />
und der Schulweg wieder durch heitere<br />
Straßen wie diese verlief...<br />
Vielleicht wird nur in den Straßen, wie<br />
diese eine ist, richtig gelebt; heftig ist die<br />
Blüte der Frauen: Blumen im Haar, und<br />
der Troubadour hängt, wenn er zu Be-
Thema<br />
such kommt, seine Mandoline neben das<br />
Muttergottesbild, vor dem die rote Lampe<br />
brennt; heftig sind die Gefühle: Liebe<br />
und Hass, Mitleid und Härte, und man<br />
hat ein Gefühl für Unmenschlichkeit und<br />
für das Lächerliche: niemals ist die SA<br />
frohen Mutes durch solche Straßen marschiert;<br />
der Wurfgeschosse gibt es viele:<br />
Apfelsinen, Blumentopf, Nachtgeschirr...<br />
Straßen wie diese bilden sich nicht<br />
mehr neu; wie alles, was heidnische Züge<br />
hat, sind sie an uralte Konvention gebunden<br />
und an den Ort, an die Laren; sie sind<br />
nicht zu verpflanzen, ihr Geist geht unter<br />
mit dem Ort, an dem sie lagen; zum Glück<br />
haben einige von ihnen das Bombardement<br />
überdauert, die leeren Fensterhöhlen<br />
sind wieder mit Glas und Gardinen,<br />
mit Blumen gefüllt, Frauen mit Säuglingen<br />
auf dem Arm stehen wieder in den<br />
Türen, rote Samtpolster werden wieder<br />
durch die Straße getragen, mit goldenen<br />
Symbolen für Glaube, Hoffnung, Liebe:<br />
Kreuz, Anker und Herz. Diese Straßen<br />
können nur als Ganzes leben, nicht<br />
in Partikeln, sie sind wie Pflanzenkolonien,<br />
die sich aus geheimen Wurzeln nähren;<br />
in ihnen lebt noch uralt, stolz, unnahbar<br />
und seinen Gesetzen treu: Volk.<br />
Bertolt Brecht: Exil<br />
Vertriebene sind wir, Verbannte. / Und<br />
kein Heim, ein Exil soll das Land sein,<br />
das uns da aufnahm / Unruhig sitzen<br />
wir so, möglichst nahe den Grenzen /<br />
Wartend des Tags der Rückkehr, jede<br />
kleinste Veränderung / Jenseits der<br />
Grenze beobachtend, jeden Ankömmling<br />
/ Eifrig befragend, nichts vergessend<br />
und nichts aufgebend / Und auch<br />
verzeihend nichts, was geschah, nichts<br />
verzeihend.<br />
Franz Kafka: Heimkehr<br />
Ich bin zurückgekehrt, ich habe den Flur<br />
durchschritten und blicke mich um. Es ist<br />
meines Vaters alter Hof. Die Pfütze in der<br />
Mitte. Altes, unbrauchbares Gerät, ineinanderverfahren,<br />
verstellt den Weg zur<br />
Bodentreppe. Die Katze lauert auf dem<br />
Geländer. Ein zerrissenes Tuch, einmal<br />
im Spiel um eine Stange gewunden, hebt<br />
sich im Wind. Ich bin angekommen. Wer<br />
wird mich empfangen? Wer wartet hinter<br />
der Tür der Küche? Rauch kommt aus dem<br />
Schornstein, der Kaffee zum Abendessen<br />
wird gekocht. Ist dir heimatlich, fühlst du<br />
dich zu Hause? Ich weiß es nicht, ich bin<br />
sehr unsicher. Meines Vaters Haus ist es,<br />
aber kalt steht Stück neben Stück, als wäre<br />
jedes mit seinen eigenen Angelegenheiten<br />
beschäftigt, die ich teils vergessen<br />
habe, teils niemals kannte. Was kann ich<br />
ihnen nützen, was bin ich ihnen, und sei<br />
ich auch des Vaters, des alten Landwirts<br />
Sohn. Und ich wage nicht, an der Küchentür<br />
zu klopfen.<br />
Siegfried Lenz:<br />
Heimatmuseum<br />
Ich verstehe, mein Lieber, ich verstehe Sie<br />
schon: Sie möchten – wie Bernhard – die<br />
Heimat verantwortlich machen für eine gewisse<br />
Art von hochmütiger Beschränktheit,<br />
Sie möchten ihr Fremdenhass anlasten,<br />
den bornierten Dünkel der Sesshaftigkeit,<br />
Sie möchten sie verstehen als geheiligte<br />
Enge, in der man sich unvermeidlich seine<br />
Erwähltheit bestätigen muss, mit einem<br />
gehobelten Brett vor dem Kopf. Ich weiß,<br />
ich weiß: Heimat, das ist der Ort, wo sich<br />
der Blick von selbst nässt, wo das Gemüt<br />
zu brüten beginnt, wo Sprache durch ungenaues<br />
Gefühl ersetzt werden darf ...<br />
Damit Sie mich nicht missverstehen,<br />
lieber Martin Witt, ich gebe zu, dass dies<br />
Wort in Verruf gekommen ist, dass es<br />
missbraucht wurde, so schwerwiegend<br />
missbraucht, daß man es heute kaum<br />
ohne Risiko aussprechen kann. Und ich<br />
sehe auch ein, dass es in einer Landschaft<br />
aus Zement nichts gilt, in den Beton-Silos,<br />
in den kalten Wohnhöhlen aus<br />
Fertigteilen, das alles zugestanden; aber<br />
wenn es schon so ist: was spricht denn<br />
gegen den Versuch, dieses Wort von seinen<br />
Belastungen zu befreien? Ihm seine<br />
Unbescholtenheit zurückzugeben?<br />
Wie ich das meine? Ich vermute, dass<br />
Sie lächeln, doch ich sage es gegen Ihr<br />
Lächeln: Heimat, das ist für mich nicht allein<br />
der Ort, an dem die Toten liegen; es<br />
ist der Winkel vielfältiger Geborgenheit.<br />
Nachdenkgedanken<br />
Auf die Frage, wieviel Heimat der<br />
Mensch braucht, möchte ich sagen:<br />
umso mehr, je weniger davon er mit<br />
sich tragen kann.<br />
Jean Améry<br />
Ich bedarf äußerlich der Enge, um<br />
innerlich ins Weite zu gehen.<br />
Theodor Storm<br />
Heimat ist ein geistiger Raum, in den<br />
wir mit jedem Jahr tiefer eindringen.<br />
Reinhold Schneider<br />
Heimat kann man gewinnen und gestalten,<br />
sie ist keine unabänderliche<br />
Naturkonstante, die Menschen nur<br />
vorfinden und verlieren können.<br />
Willi Brandt<br />
Um sich beheimaten zu können,<br />
bedarf es einer Verzahnung mit der<br />
menschlichen Umwelt.<br />
Alexander Mitscherlich<br />
Heimat ist immer etwas Verlorenes,<br />
eine Sehnsucht, die sich nie erfüllen<br />
lässt.<br />
Edgar Reitz<br />
Ohne Heimat sein, heißt leiden.<br />
F. M. Dostojevskij<br />
Es ist von Übel, wenn der Mensch<br />
nicht da ist, wohin er gehört. Und ich<br />
gehöre nicht in die Stadt.<br />
Paula Modersohn-Becker<br />
Am Tage, da ich meinen Pass verlor,<br />
entdeckte ich mit 58 Jahren, dass<br />
man mit seiner Heimat mehr verliert<br />
als einen Fleck umgrenzter Erde.<br />
Stefan Zweig<br />
Das Gesetz der Fremde hat längst<br />
unsere Gesellschaft insgesamt<br />
ergriffen.<br />
Helmut Schelsky<br />
7
Thema<br />
„Für mich hat Heimat etwas Ausgrenzendes“<br />
Der Schriftsteller Christian Haller über den Begriff HEIMAT<br />
Ihnen gefällt der Begriff HEIMAT nicht –<br />
warum?<br />
Ich habe ein Problem damit, dass der Begriff<br />
Heimat wieder Konjunktur hat. Dazu<br />
ein Beispiel: Kürzlich sprach ich mit einem<br />
Theaterkünstler, der mir von einem<br />
Projekt mit Flüchtlingen erzählte, die in<br />
verschiedenen Zimmern über das Thema<br />
Heimat sprechen.<br />
Ich habe ihn gefragt, ob das Wort<br />
Heimat in der Sprache dieser Menschen<br />
überhaupt existiert. Er antwortete mir<br />
verwundert, dass es ihm noch nie in den<br />
Sinn gekommen sei, danach zu fragen.<br />
Das halte ich für typisch. Schon in unseren<br />
Nachbarländern existiert das Wort<br />
Heimat nicht.<br />
Für mich sind Wörter Gefäße, in denen<br />
sich vieles aus menschlichen Erfahrungen,<br />
Gefühlen, Wahrnehmungen<br />
gesammelt hat. Wenn man ein solches<br />
Gefäß öffnet, muss man sich bewusst<br />
machen, dass es besetzt ist mit vielen<br />
Assoziationen. Jedes Wort hat einen<br />
Kontext. Heimat ist ein Wort, das aus einem<br />
sehr nüchternen Umfeld stammt,<br />
es war hauptsächlich ein juristischer<br />
Begriff.<br />
Vor allem im 19. Jahrhundert erfuhr<br />
es eine Erweiterung, eine Umwertung.<br />
Die Romantik hat das Wort mit Gefühlen<br />
verbunden und aufgeladen. Diese Gefühle<br />
hatten auch etwas mit einer Reaktion<br />
nicht nur auf die Klassik, sondern auch<br />
auf die Industrialisierung zu tun. Mit Heimat<br />
verband sich eine Sehnsucht nach<br />
der Idylle.<br />
Für mich hat Heimat etwas Ausgrenzendes.<br />
Die Fremde bildet den Gegensatz<br />
zur Heimat. Zugleich erhält die Heimat<br />
eben dieses Idyllische, Idealisierende,<br />
als das Heile, Geordnete, als Ort,<br />
an dem man eingebettet, geborgen ist.<br />
Das Wort Heimat ließ sich gerade deshalb<br />
durch nationalistische, patriotische<br />
Bewegungen missbrauchen. Es wurde<br />
verwendet, um das Ausgrenzende zu<br />
betonen. Später setzte der Faschismus<br />
einerseits auf Mobilität, andererseits<br />
propagierte er ein pervertiertes Heimatbild<br />
von unbeweglichem Verwurzeltsein<br />
in „Blut und Boden“. In den 60er und<br />
70er Jahren brauchte man das Wort deshalb<br />
eher nicht mehr. Heimatkunde wurde<br />
in der Schule beispielsweise durch<br />
Realien ersetzt.<br />
Was führte zum Revival des Heimatbegriffs?<br />
Der Rechtspopulismus führte zum Wiedererwachen<br />
des Heimatbegriffs. Das kann<br />
man beispielsweise im Parteiprogramm<br />
der rechtsradikalen AFD (Alternative für<br />
Deutschland) nachlesen. Aber Heimat ist<br />
ein unglaublich komplexer Begriff mit einem<br />
großen Spektrum an Bedeutungen,<br />
und nicht jeder, der ihn verwendet, tut<br />
dies in einem rechtspopulistischen Sinn.<br />
Also kann man Heimat als Wort doch<br />
brauchen?<br />
Wörter sind Wesen, die man ganz schlecht<br />
umdeuten kann. Wenn man sie aufruft,<br />
kommt immer der ganze Inhalt mit. Es<br />
gab immer wieder Theorien, Heimat neu<br />
zu definieren. Man kann das unbewusst<br />
Schwingende aber nicht löschen, und so<br />
werden bei solch einem Begriff bei jeder<br />
Nennung auch wieder die alten Klischees<br />
aufgerufen.<br />
Aber was sollte man ändern?<br />
Wörter wie Heimat sollten nicht propagiert<br />
werden. Wörter sollte man nicht verbieten,<br />
auch nicht zensieren, aber man kann sie<br />
bewusst vermeiden. Bei dem Wort Heimat<br />
schwingen auch Inhalte wie Identität und<br />
Identifikation mit. Wir haben heute beides<br />
nicht mehr, das sind überholte Begriffe.<br />
Wir müssen uns einstellen auf eine andere<br />
Welt mit neuen Technologien, neuen<br />
Entdeckungen und einem neuen Weltbild.<br />
Das verunsichert und erzeugt Gegenreaktionen<br />
wie das Bedürfnis, sich zu verorten und<br />
integriert zu fühlen. Dieses echte Bedürfnis<br />
wird von politischen Mächten immer wieder<br />
missbraucht. Wir müssen jedoch akzeptieren<br />
lernen, dass die Dinge heute anders sind.<br />
Heute ist Flexibilität alles, das ‚Ich‘ ist eine<br />
Jonglage mit vielen Lebensfacetten geworden,<br />
und keine feste Größe mehr.<br />
Klingt da ein gewisser Pessimismus durch?<br />
Nein, ich denke, dass es wichtig ist, nach<br />
vorne zu schauen und nicht zurück. Vieles<br />
ist am zerfallen, und auch ich bedauere<br />
das. Es gibt aber auch eine enorme<br />
Erneuerung und Erweiterung, aus dem<br />
Neues entstehen wird.<br />
Interview: Regula Laux<br />
Christian Haller (geb. 1943) befasst sich<br />
in seinen Büchern oft mit der eigenen Biographie,<br />
mit seinen rumänischen Wurzeln.<br />
Im Herbst erscheint bei Luch terhand Band<br />
2 seiner Autobiographie: „Das unaufhaltsame<br />
Fließen“.<br />
Aber was ist daran schlecht?<br />
Aber der Mensch ist nicht immer aufgelegt zum Lachen,<br />
er wird manchmal still und ernst und denkt zurück in die Vergangenheit;<br />
denn die Vergangenheit ist die eigentliche Heimat seiner Seele,<br />
und es erfasst ihn ein Heimweh nach den Gefühlen,<br />
die er einst empfunden hat,<br />
und seien es auch Gefühle des Schmerzes.<br />
Heinrich Heine<br />
8
Thema<br />
Traute Heimat – Na ja ...<br />
„Ich grüße dich viel hundertmal/ mein<br />
schönes, weites Illertal, mein Heimatort,<br />
blüh‘ und gedeihe fort und fort!“ Das<br />
Vöhringer Heimatlied kannte kaum jemand<br />
noch beim letzten Klassentreffen. Lediglich<br />
Franz, der inzwischen in Berlin eine<br />
Akademie zur dörflichen Entwicklung leitete,<br />
ergänzte die 3. Strophe „Zwei Türme<br />
in den Himmel zeigen/ und dicht dabei<br />
Werkräder treiben;/ die einen weisen hin<br />
zu Gott, die andern geben uns das Brot.“<br />
Die kleine bayerische Gemeinde südlich<br />
von Ulm war und ist immer noch von<br />
der großen Firma geprägt, die den meisten<br />
Einwohnern Arbeit gibt.<br />
Jedes Jahr wurde in der großen Presshalle<br />
ein Weihnachtsspiel aufgeführt.<br />
Die Direktorentochter spielte die Maria,<br />
wir Arbeiterkinder standen als weiß gekleidete<br />
Engel im Hintergrund, waren<br />
aber dennoch sehr stolz, auf der Bühne<br />
zu stehen. Und jedes Jahr brachte der Vater<br />
seinen Kindern ein großzügiges Weihnachtsgeschenk<br />
mit. Mal ein in rotem<br />
Leder gebundenes Tagebuch mit einem<br />
Schloss und einem winzigen Schlüssel,<br />
dann mal einen Kosmetikkoffer, den ich<br />
heute noch benütze. Jeden Herbst gab<br />
es Kartoffelgeld und auch umsonst Äpfel,<br />
die meine Mutter auf dem Schlafzimmerschrank<br />
lagerte. Es gab immer nur diese<br />
Sorte zu essen, und ich mache heute<br />
Ein Tänzchen der blumenbekränzten Mädchen im Stadion bei der Heimatwoche 1951<br />
noch einen Bogen um die mehligen Boskoopäpfel.<br />
Da die wenigsten Wohnungen über<br />
eine Badewanne oder Dusche verfügten,<br />
hat die Firma Bäder installieren lassen.<br />
Jeden Mittwoch schleppte mich meine<br />
Mutter an der Pforte vorbei zur Badeanstalt,<br />
um mir in einer halbvoll gefüllten<br />
Badewanne den Rücken abzuschrubben.<br />
An dieses Ritual erinnere ich mich<br />
mit Grausen. Eine volle Badewanne – bis<br />
zum Hals im Wasser – ist seither für mich<br />
ein Muss. Später ließen sich meine Eltern<br />
zu einem Bad im Schrank überreden. Es<br />
wurde in der Wohnküche installiert, wo<br />
es aber wärmer war als in der Fabrik.<br />
Noch heute erinnere ich mich mit Unbehagen<br />
an Rituale in der Heimatwoche.<br />
Ein Gruppentanz im Dirndl und blumengeschmücktem<br />
Haar im Stadion, der Umzug<br />
durch den Ort – die Honorationen<br />
vorne weg, die Mädchen zum Schluss<br />
–, das Zelt mit Blasmusik, ich brav neben<br />
den Eltern auf der Bank sitzend, und<br />
schließlich gab es dann doch noch eine<br />
Bratwurst.<br />
Die Wohnung, in der wir 12 Jahre lang<br />
wohnten, gehörte zu einem Sägewerk.<br />
Für uns Kinder war dies eigentlich ein<br />
verbotenes, aber herrliches Gelände. Wir<br />
spielten zum Beispiel „Bälkefangerles“,<br />
bei dem wir nur auf den übereinander<br />
geschichteten Holzstämmen laufen durften.<br />
Obwohl ich oft zwischen die Balken<br />
rutschte, balanciere ich heute gerne noch<br />
auf einem gefällten Baum.<br />
Im Sommer hielten wir uns meist hinter<br />
dem Sägewerk auf. Im Mühlbach lehrte<br />
mich mein Vater mithilfe einer Stange<br />
und einem Gürtel schwimmen. Später<br />
hüpften wir von der Eisenbahnbrücke in<br />
den tiefen Bach. Am liebsten dann, um<br />
Erwachsene zu erschrecken, wenn wir am<br />
Rande der Brücke balancierten.<br />
Ein unvergessliches Vergnügen war<br />
das Dampfablassen einer kleinen Lokomotive<br />
direkt nach der Brücke. Sobald<br />
es zischte, rannten wir im Badeanzug<br />
los und stellten uns vor die Lok, die den<br />
Dampf nach vorne ausstieß. Ein Wettbewerb<br />
entstand, wer sich am nächsten vor<br />
den heißen Dampf wagte.<br />
Hinter dem Sägewerk pflegte mein<br />
Vater seinen Gemüsegarten: Stangenbohnen,<br />
Erbsen, Weißkohl, Kopfsalat,<br />
Kräuter und allerlei Beeren konnten wir<br />
dort ernten. Wie vermisse ich doch heute<br />
das herrliche Aroma der Tomaten aus unserem<br />
Garten oder die süßen Erdbeeren,<br />
die ich naschen durfte. Auch vermisse ich<br />
die speziellen Kohlrouladen meiner Mutter<br />
oder gar die Fleischbrühe aus Markknochen,<br />
die auf unserem Kohleherd lange<br />
und sachte köchelte.<br />
Die Zeit der typischen Gerüche, Geschmäcker<br />
und der spannenden Spiele<br />
rund um das Sägewerk endeten, als<br />
wir in eine andere Wohnung zogen, allerdings<br />
ohne eigenen Garten. Mit 13 Jahren<br />
wechselte ich zusammen mit vier Freundinnen<br />
aus dem Ort in die Mädchen-Mittel-Schule<br />
in Weißenhorn, die von Nonnen<br />
mit strenger Hand geführt wurde.<br />
Meinen Schulfreund Franz treffe ich<br />
heute noch in Berlin, wir reden zwar auch<br />
noch von vergangenen Zeiten, aber sind<br />
auch zukunftsorientiert. Vor Jahren gründeten<br />
wir zusammen mit einer Koreanerin<br />
eine deutsch-koreanische Akademie<br />
und planten eine Reise nach Südkorea. –<br />
Wer hätte dies damals gedacht.<br />
Ingeborg Ketterer<br />
9
Thema<br />
Sterben unsere Dialekte aus?<br />
„Die wahre Heimat ist eigentlich die<br />
Sprache“, war die Meinung von Wilhelm<br />
von Humboldt. Oder ist es die Sehnsucht<br />
des Menschen nach stärkerer Zusammengehörigkeit?<br />
In Deutschland sprechen noch heute<br />
viele Menschen so, wie ihnen der<br />
Schnabel gewachsen ist, in ihrer eigentlichen<br />
Muttersprache, dem Dialekt.<br />
Die einen babbeln, quatschen<br />
oder schnacken, die andern schwätzen<br />
oder verzählen. Die Unterschiede von<br />
Nord nach Süd sind zuweilen so groß,<br />
dass Außenstehende außer Zischlauten<br />
und Gemurmel nichts mehr verstehen.<br />
Ein waschechter Fischer aus Stralsund<br />
kann sich mit einem gebürtigen<br />
Winzer vom Kaiserstuhl nicht in der jeweils<br />
ureigenen Sprache verständigen.<br />
Frau Essmann, Mitglied der Gruppe<br />
Frau und Kultur Delmenhorst, hat<br />
lange eine „plattdeutsche Gruppe“ geleitet.<br />
„Einst waren es 20 bis 30 Mitglieder,<br />
die auch selbst etwas in Plattdeutsch<br />
vorlasen. Heute ist es nur noch<br />
ein kleines Grüppchen. Dort sprechen<br />
sie das Oldenburger Platt, es gibt auch<br />
noch das Bremer Platt und zur Küste<br />
hin das Ostfriesen Platt, bei dem auch<br />
ein bisschen das holländische Platt hineinspielt,<br />
so dass wir es nur schlecht<br />
verstehen“.<br />
Mag man es mit Kindern oder einem<br />
Hund leichter haben, als Zugezogene in<br />
einem Dorf neue Kontakte zu knüpfen,<br />
ist es für ältere Menschen, die z.B. zu<br />
ihrer Tochter ziehen, oft schwer, dort<br />
mit der Bevölkerung warm zu werden.<br />
20 Dialekträume<br />
Deutschland gehört sicher zu den Ländern<br />
der Welt mit auffallend vielen Dialekten.<br />
Dass sich so viele Dialekte bilden<br />
konnten, ist das Ergebnis jahrhundertelanger<br />
Prozesse: Historische Wellen von<br />
Massenmigration, religiöse und politische<br />
Teilungen, Handelsrouten und auch<br />
die Tatsache, dass Deutschland erst spät<br />
ein Nationalstaat geworden ist.<br />
10<br />
Bis zum Ende des Mittelalters war die<br />
Sprache der Professoren, Kleriker und<br />
Humanisten das Lateinische. Das Volk<br />
sprach Dialekt, je nach Ort und Region<br />
verschieden. Die Unterschiede zwischen<br />
den Dialektsprechern traten erst seit Luther<br />
und seiner einheitlichen Bibelübersetzung<br />
zu Tage. Die Frage war, in welcher<br />
Sprache die Bibel übersetzt werden sollte,<br />
so dass sie von der Nordsee bis nach<br />
Württemberg zu verstehen sei. In einer<br />
Tischrede von 1538 brachte es der Reformator<br />
auf den Punkt: „Es sind aber in<br />
der deutschen Sprache viel Dialecti, unterschiedliche<br />
Arten zu reden, dass oft einer<br />
den anderen nicht wohl versteht...“<br />
Schließlich setzte sich der Begriff „Dialekt“<br />
auch im allgemeinen Sprachgebrauch<br />
durch. Erst seit der Machtergreifung<br />
der Nationalsozialisten 1933 stieß<br />
man sich an dem lateinischen Wort „Dialekt“.<br />
„Mundart“ dagegen galt den Nazis<br />
als Sinnbild „echter Volkshaftigkeit“ und<br />
Verbundenheit mit der „Heimat“.<br />
In der Beliebtheitsskala liefern sich<br />
Bayerisch und Norddeutsch ein Kopf-an-<br />
Kopf-Rennen, während Sächsisch, Rheinisch<br />
oder Schwäbisch am unteren Ende<br />
der Skala rangieren.<br />
Klangfarbe oder Sympathie<br />
Wie kommt es, dass wir manche Dialekte<br />
gerne hören und manche einfach nicht ertragen<br />
können? Das Thema entzweit die<br />
Sprachwissenschaftler. Während die einen<br />
vermuten, dass wir einen Dialekt wegen seiner<br />
Klangfarbe sympathisch oder unsympathisch<br />
finden, sagen die anderen, es liege<br />
an der sozialen Komponente, also ob man<br />
Sympathien hege für Leute, die einen bestimmten<br />
Dialekt sprechen. So spricht man<br />
am besten in Berlin kein Schwäbisch, sonst<br />
wird man für viele Einheimische zum Feindbild.<br />
Die Berliner Verkehrsbetriebe bedruckten<br />
vor ein paar Monaten Busse mit dem<br />
Spruch: „Liebe Schwaben, wir bringen Euch<br />
gerne zum Flughafen“.<br />
60 % der Deutschen geben an, dass<br />
sie einen Dialekt sprechen und das auch<br />
gerne. Das ergab eine Umfrage des Instituts<br />
für deutsche Sprache in Mannheim. Mit<br />
der Einführung des Radios in den 1920er<br />
Jahren fing jedoch das Dialektsterben an.<br />
Heute verliert der Dialekt immer mehr an<br />
Bedeutung. Wir sind ständig mit der Hochsprache<br />
konfrontiert, sei es in der Schule,<br />
im Beruf und in den Medien. Es wäre jedoch<br />
falsch, pauschal anzunehmen, dass<br />
Dialekte vom „Aussterben“ bedroht sind.<br />
Zwar sind manche Dialektformen am Verschwinden,<br />
während sich in anderen Regionen<br />
Aussprachen seit 100 Jahren gehalten<br />
haben und wieder in anderen Regionen<br />
Dialektformen sogar zunehmen. Man wird<br />
noch lange einen Rheinländer oder einen<br />
Bayern am Klang erkennen.<br />
Inge Kellersmann<br />
heimat<br />
sag ich: mein land meine heimat –<br />
mein ich den staat sind es grenzen<br />
mit ihrem maß ihren wächtern<br />
den linien der landvermesser?<br />
oder der hügel vor meinem fenster<br />
ein oder zwei mäander<br />
des flüsschens ein marktplatz<br />
ein sprachklang mutterschoßwarm<br />
ein träumendes rudel sonniger dächer<br />
mit ragendem zeiger des kirchturms<br />
mehr ist es nicht – nicht mehr?<br />
wenn aber nur dies – vielleicht fände<br />
sich fern ein anderer hügel<br />
wie dieser ein bach und sicher<br />
friedliche dörfer und wohl auch<br />
freundschaft und menschliche wärme<br />
doch sollte ich die sprache verlassen –<br />
mein weitverzweigtes zuhause im wort<br />
sprache der mutter worte der dichter<br />
und kindergebete in großmutters arm<br />
das bliebe unaufgewogen – und fremd<br />
wär ich den heimstätten der erde<br />
Gudrun Reinboth
Thema<br />
Deutsche? Schweizerin? Europäerin?<br />
Kontakt mit Asylsuchenden<br />
Mitten auf der Rheinbrücke verläuft in Laufenburg die Grenze zwischen der Schweiz und<br />
Deutschland.<br />
Ich kann nicht wirklich sagen, wo meine<br />
Wurzeln liegen: Mein Vater hat norwegische<br />
Vorfahren, meine Mutter stammt aus<br />
der Innerschweiz, aufgewachsen bin ich<br />
in Nordrhein- Westfalen. Studiert habe ich<br />
in Bielefeld und Köln, dazwischen lagen<br />
Aufenthalte in Frankreich und Südamerika.<br />
Seit rund 25 Jahren lebe ich in der<br />
Schweiz, direkt am Rhein. Deutschland<br />
liegt nur einen Katzensprung entfernt,<br />
die Grenze verläuft mitten auf der Brücke,<br />
über die ich fast täglich fahre oder gehe.<br />
Ob ich mich eher als Schweizerin fühle<br />
oder als Deutsche? Ich weiß es nicht.<br />
Mein Mann ist Schweizer. Dass die Kinder<br />
neben schweizerdeutsch auch akzentfrei<br />
hochdeutsch sprechen, war mir von Anfang<br />
an wichtig.<br />
Als Kind fand ich es immer komisch,<br />
wenn Deutsche im Obstgeschäft meiner<br />
Tante in Luzern „es bitzeli Peterli“ oder<br />
„es Pampelmusli“ kauften. Sie hängten,<br />
um möglichst schweizerisch zu klingen,<br />
einfach überall ein i dran – und gaben<br />
mir, wenn ich ihnen die schwere Tasche<br />
nach Hause trug, besonders viel Trinkgeld,<br />
weil ich so gut hochdeutsch sprechen<br />
konnte. Dass ich in Deutschland<br />
wohnte, verriet ich ihnen natürlich nicht,<br />
ich hatte ja den echten Schweizer Vornamen<br />
Regula. Meine Schwester wurde<br />
nach der norwegischen Großmutter<br />
auf den Namen Thora getauft. Verwandtschaftliche<br />
und freundschaftliche Beziehungen<br />
führen über Deutschland und die<br />
Schweiz hinaus in andere Länder, vielleicht<br />
fühle ich mich deshalb wohl am<br />
ehesten als Europäerin. Aber das finde<br />
ich, ehrlich gesagt, auch nicht so wichtig,<br />
obwohl ich überzeugt bin, dass für jeden<br />
Menschen Herkunft und persönliche<br />
Lebensgeschichte prägend sind.<br />
Für das Miteinander hier und jetzt<br />
empfinde ich es als viel entscheidender,<br />
ob und wie sich jemand in die Gesellschaft<br />
einbringt. Ein Thema, das ich<br />
bei der Flüchtlingsfrage für besonders<br />
entscheidend halte. Abgelegene Flüchtlingscamps<br />
ohne Kontaktmöglichkeiten<br />
zur einheimischen Bevölkerung sind<br />
meiner Meinung nach kontraproduktiv.<br />
Denn sie nehmen den Asylsuchenden die<br />
Chance, sich mit Land, Leuten, der Sprache<br />
und den Gepflogenheiten vertraut zu<br />
machen.<br />
Klar, Integrationsmaßnahmen können<br />
anstrengend sein. Sie setzen Einfühlungsvermögen,<br />
Offenheit gegenüber<br />
Unbekanntem und Geduld voraus.<br />
Und sie kosten etwas – gut investiertes<br />
Geld, finde ich. Denn erstens erleichtern<br />
sie das Miteinander und – falls die geschulten<br />
Asylsuchenden abgeschoben<br />
werden sollten – kann man die Maßnahmen<br />
als hervorragende Entwicklungshilfe<br />
abbuchen. Denn Sozialkompetenz und<br />
Sprachkenntnisse sind in allen Ländern<br />
von Vorteil.<br />
Im Laufenburger „Treffpunkt“ finden sich<br />
jeden Donnerstag Freiwillige ein, um den<br />
Asylsuchenden, alles junge Männer, bei<br />
der Bewältigung ihres Alltags mit Rat und<br />
Tat zu helfen. Und Probleme gibt es genug.<br />
Die Männer leben auf engem Raum, viele<br />
von ihnen unterirdisch, und sie müssen<br />
mit 10 Franken pro Tag auskommen, für<br />
alles, Essen, Kleidung, öffentlichen Verkehr.<br />
Auch wenn sie sparsam leben und<br />
gemeinsam kochen, reicht das Geld kaum.<br />
Im benachbarten Deutschland einzukaufen,<br />
wo Lebensmittel und Textilien viel billiger<br />
sind, ist ihnen nicht erlaubt, sie dürfen<br />
die Grenze nicht überschreiten. Trotzdem<br />
machen die meisten von ihnen keinen unzufriedenen<br />
Eindruck, was mich erstaunt.<br />
Haben sie kein Heimweh?<br />
Ich fragte einige, die schon recht gut<br />
Deutsch können. Der 21-jährige Rohoullah<br />
aus Afghanistan antwortete spontan:<br />
„Ich liebe meine Heimat, aber wir haben<br />
so viele Probleme, so dass wir dort nicht<br />
leben können. In Afghanistan gibt es immer<br />
Krieg und immer Kämpfe. Jetzt lebe<br />
ich hier in der Schweiz, und es ist auch<br />
wie meine Heimat.“<br />
Und Amanuel aus Eritrea sagte: „Meine<br />
Heimat ist für mich natürlich meine<br />
Mutter in Eritrea. Meine Familie fehlt mir<br />
sehr, ich träume nachts von ihr. Hier in<br />
der Schweiz möchte ich gern eine Ausbildung<br />
machen, doch erstmal ist es am<br />
wichtigsten, die Sprache noch besser zu<br />
lernen. Im Moment ist Deutsch meine<br />
Freundin, die ich noch viel besser kennenlernen<br />
möchte.“ Ich war verblüfft<br />
über die sprachliche und inhaltliche Virtuosität<br />
des 21-Jährigen. Das hätten viele<br />
mit Deutsch als Muttersprache nicht so<br />
fein ausdrücken können, glaube ich. So<br />
kann ich nur dafür plädieren, den Amanuels,<br />
Mohammeds und Rohoullahs die<br />
Gelegenheit zu geben, uns ihre „neue<br />
Freundin“ vorzustellen. Sicher ein gewinnbringendes<br />
Training für alle – und<br />
für mich ein Schritt über Europa hinaus.<br />
Regula Laux<br />
11
Thema<br />
Fotowettbewerb: Meine Heimat<br />
Der Wettbewerb – passend zum Thema dieses Heftes –<br />
fand eine erfreuliche Resonanz. Die von der Jury ausgewählten<br />
Bilder zeigen, wie vielfältig das Motiv Heimat ist<br />
und wie unterschiedlich und individuell es mit der Kamera<br />
eingefangen werden kann. Die Redaktion dankt allen<br />
Teilnehmerinnen herzlich und wünscht ihnen weiterhin<br />
Spaß und Erfolg bei der Pirsch mit der Kamera in heimatlichem<br />
oder auch unbekanntem Gelände.<br />
Kamp-Lintfort war einst Bergbaustadt.Nun ist in einem Teil der<br />
alten Zechengebäude die Hochschule Rhein Waal eingezogen.<br />
Im Jahr 2020 wird auf dem restlichen Gelände die Landesgartenschau<br />
stattfinden. In meiner Heimat findet ein großer Wandel<br />
statt.<br />
Roswitha Dudek, Gruppe Kamp-Lintfort<br />
Das schöne Kötterhaus aus dem Jahre 1874, das die Familie größtenteils<br />
selbst renoviert hat, steht im Münsterland, der Heimat<br />
vieler unserer Vorfahren. W. Reinert-Reetz, Gruppe Münster<br />
Nicht nur Gäste, sondern auch wir, die<br />
wir hier leben, erfreuen uns am Freiburger<br />
Wochenmarkt. Er bietet alles aus Feld<br />
und Garten, aber auch Sonstiges für gute<br />
Küche und Haushalt in großer Fülle und<br />
Vielfalt. Das Ganze breitet sich unter der<br />
altehrwürdigen Kulisse des Freiburger<br />
Münsters, der historischen Brunnen und<br />
mittelalterlichen Häuserzeilen aus. Die<br />
zahlreichen Cafés laden zum Verweilen<br />
ein.!<br />
Als besonderes Erlebnis kann man<br />
schließlich noch herrliche „Orgelmusik<br />
zur Marktzeit“ im Freiburger Münster<br />
erleben.<br />
Ilse Gremmelspacher, Gruppe Freiburg<br />
12
Thema<br />
Wir genießen einen Spaziergang im Schlosspark Reinhardtsgrimma bei Dresden<br />
Elke Fischer, Gruppe Dresden<br />
Die Mandelblüte in der Südpfalz ist für mich immer eine<br />
Augenweide.<br />
Birgit Potthoff-Karl, Gruppe Ludwigshafen/Mannheim<br />
Heimatliches Glockengeläut vom Gießener Stadtkirchenturm und<br />
Frühlingslieder, gespielt vom Posaunenchor erfreuen Herz und<br />
Seele.<br />
Edith Mohr, Gruppe Gießen<br />
Mit meinen beiden Schwestern neben der großen<br />
Rhabarberstaude mit unseren niedlichen<br />
Puppen im vertrauten Garten.<br />
Ingeborg Harpain, Gruppe Bremen<br />
13
Thema<br />
Wir stellen vor: Swetlana Pflieger-Fefer,<br />
Leiterin eines Heimes für Asylbewerber<br />
Swetlana Pflieger-Fefer stammt aus Kasachstan<br />
– und spricht fast akzentfrei Deutsch.<br />
Das überrascht, klärt sich aber schnell auf:<br />
Ihre ganze Großfamilie ist deutschstämmig,<br />
und die deutsche Sprache wurde in<br />
dem kleinen Dorf, in dem sie aufgewachsen<br />
ist, über Generationen bewahrt und<br />
bewusst gepflegt. Ihre beiden Großmütter,<br />
Oma Olga und Oma Paulina, sprachen nur<br />
gebrochen Russisch und wurden deshalb<br />
oft gehänselt. Swetlanas Eltern, so erzählt<br />
sie, legten großen Wert auf eine gute Ausbildung<br />
der Kinder. Die Mutter unterrichtete<br />
in der Schule Deutsch als Fremdsprache,<br />
so lag es nahe, dass auch die Tochter<br />
ein Lehramtsstudium absolvierte. Die Tätigkeit<br />
als Lehrerin an der Grundschule<br />
machte Swetlana Spaß, ihre kleine Tochter<br />
konnte sie im Kindergarten unterbringen.<br />
Tochter Natalia, inzwischen 26, setzt die<br />
Familientradition fort und lässt sich auch<br />
fürs Lehramt ausbilden – nicht in Kasachstan,<br />
sondern in Bayern.<br />
In Bayern ist die Familie inzwischen<br />
längst heimisch geworden, nur mit dem<br />
bayerischen Dialekt hat Swetlana Pflieger-Fefer,<br />
im Gegensatz zu ihrer Tochter,<br />
noch immer einige Schwierigkeiten, obwohl<br />
sie gewohnt ist, sich im Sprachenwirrwar<br />
der Asylbewerber zurecht zu finden.<br />
Die Heimbewohner – zur Zeit sind es<br />
180 – stammen aus ganz verschiedenen<br />
Ländern, und nur wenige können sich in<br />
einer fremden Sprache ausdrücken. Der<br />
angebotene Deutschunterricht wird von<br />
den einen fleißig besucht und sie machen<br />
gute Fortschritte, andere sind wenig<br />
motiviert oder mit systematischem<br />
Lernen überfordert.<br />
Die Heimleiterin muss sich nicht nur<br />
mit Sprachschwierigkeiten befassen,<br />
sie muss auch auf besondere Lebensgewohnheiten,<br />
Traditionen und Wertvorstellungen<br />
der Heimbewohner eingehen,<br />
zum Beispiel auf die noch vorherrschende<br />
untergeordnete Stellung der Frau in<br />
der Familie und der Gesellschaft. 80 Prozent<br />
der Asylbewerber sind Moslems,<br />
mehr oder weniger strenggläubige, aber<br />
die meisten halten sich an die Regeln des<br />
Korans, beten, beachten den Fastenmonat<br />
Ramadan und essen kein Schweinefleisch.<br />
In einer Gemeinschaftsküche zu<br />
kochen, ist daher gar nicht so einfach.<br />
Nur noch ein fest angestellter Hausmeister<br />
steht der Heimleiterin zur Seite,<br />
alle anderen Kräfte arbeiten ehrenamtlich.<br />
Swetlana Pflieger-Fefer ist sehr<br />
dankbar für diese Hilfen. Dass die Bewältigung<br />
der Flüchtlingsströme in Deutschland<br />
nicht im Chaos endet, ist auch den<br />
vielen ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen<br />
zu verdanken, davon ist Swetlana<br />
Pflieger-Fefer überzeugt.<br />
Aber es gibt auch Widerstand in der<br />
Bevölkerung gegen „untätige“ Flüchtlinge<br />
und Asylbewerber. Doch manche von<br />
ihnen würden noch so gern arbeiten, dürfen<br />
aber nicht, so lange ihr Asylantrag<br />
nicht entschieden ist.<br />
Von den unangenehmen Vorkommnissen<br />
in ihrem Berufsalltag redet die<br />
Heimleiterin nicht gerne. Dass es gelegentlich<br />
zu Unstimmigkeiten zwischen<br />
Angehörigen verschiedener Nationalitäten<br />
oder Stämmen beim Zusammenleben<br />
auf so engem Raum kommt, ist nicht<br />
verwunderlich. Auch nicht, dass Asylbewerber<br />
spurlos verschwinden, wenn sie<br />
von ihrer Abschiebung Wind bekommen.<br />
Abschiebungen erfolgen meist nachts.<br />
Solche Nacht- und -Nebel-Aktionen bringen<br />
Unruhe und Verunsicherung ins<br />
Heim und Stress auch für die Leiterin.<br />
Erholung und Ruhe findet sie in ihrem<br />
Garten, ihrem Refugium. Bei der Gartenarbeit<br />
– für sie nicht Arbeit, sondern Entspannung<br />
– sammelt sie Kraft für kommende<br />
Herausforderungen. Vieles hat<br />
sie gemeinsam mit ihrem Mann gemeistert.<br />
Er leitet, wie sie, ein Asylbewerberheim<br />
in der Nähe von Passau. Der Erfahrungsaustausch<br />
mit ihm ist ihr wichtig<br />
und hilfreich.<br />
Kraft schöpft die heute 47-Jährige<br />
auch aus ihrem Glauben. Sie gehört<br />
der evangelischen Kirche an, einer Minderheit<br />
damals in Kasachstan und einer<br />
Minderheit heute in Bayern. Bei ihrem<br />
ersten Kirchenbesuch in Deutschland<br />
fühlte sie sich gleich heimisch. Die Hilfs-<br />
Swetlana Pflieger-Fefer (rechts oben im roten T-Shirt) mit Asylbewerbern<br />
14
Thema<br />
bereitschaft der evangelischen Gemeinde<br />
bei ihrer Ankunft mit der Großfamilie<br />
in Grafenau im Bayerischen Wald am 19.<br />
Dezember 1996 wird sie nie vergessen,<br />
und sie möchte die Hilfe und Anteilnahme,<br />
die sie damals erfahren hat, weitergeben<br />
an Menschen, die der Hilfe bedürfen.<br />
Im Asylbewerberheim fühlt sie sich<br />
an der richtigen Stelle.<br />
Der Anfang war nicht leicht, erinnert<br />
sie sich. Das Haus war damals noch Aussiedlerheim,<br />
und in ihrem kleinen Zimmer<br />
half sie den Mitbewohnern, Anträge<br />
auszufüllen und Verordnungen zu übersetzen,<br />
und sie begleitete die Hilflosen<br />
zu Ärzten und Behörden. Dass man ihr<br />
für ihre immer umfangreichere Berater-<br />
und Dolmetschertätigkeit bald ein eigenes<br />
Bürozimmer überließ, spornte sie<br />
an. „Meine Tür stand jederzeit offen“,<br />
sagt sie. Auch heute noch, nicht nur für<br />
Asylbewerber.<br />
2007 übernahm sie die Heimleitung.<br />
Seither hat sie noch mehr Möglichkeiten,<br />
den aus ihrer Heimat Geflüchteten<br />
beim Eingewöhnen in der Fremde zu helfen.<br />
„Diese Hilfe durfte ich hier auch erfahren,<br />
und so konnte ich Deutschland<br />
schnell als meine neue Heimat bezeichnen“,<br />
sagt sie überzeugt. Und: „Ich bin<br />
sehr froh, hier mit meiner Familie leben<br />
zu dürfen.“ - Kein Heimweh nach Kasachstan.<br />
Blick nach vorn.<br />
Irma Hildebrandt<br />
Heimatversuch<br />
Kleinkreisig vertraute Welt<br />
Geruch von Kellertreppen<br />
und wilden Nelken<br />
Wege barfuß<br />
durch Stoppelfelder<br />
traumwandelsicher<br />
zur Tür mit dem Messingknauf<br />
spaltbreit geöffnet<br />
aber das Zauberwort<br />
vergessen<br />
gegerbte Jahreshäute<br />
abzustreifen<br />
Irma Hildebrandt<br />
„verortungen. heimat. fremde“<br />
Projekt des Carl-Bosch-Gymnasiums Ludwigshafen<br />
„Verortungen“ der jungen Generation in einer<br />
digitalisierten Welt ... sind das die sozialen<br />
Netzwerke, der Computer mit Gewalt<br />
verherrlichenden Spielen im Kinderzimmer,<br />
das Treffen pubertierender Kids in Schnellrestaurants?<br />
Oder Solidarität mit dem neuen<br />
Mitschüler, der auf abenteuerliche Art und<br />
Weise aus seinem Heimatland die Flucht<br />
antreten musste und in Deutschland seine<br />
Zukunft und eine neue Heimat sieht?<br />
Die Gymnasiallehrerin Gabriela Weber-Schipke<br />
startete im Februar <strong>2017</strong> ein<br />
Film-Projekt mit Schülern der Klassenstufen<br />
6–12 des Carl-Bosch-Gymnasiums in<br />
Ludwigshafen.<br />
Alles begann im Klassenzimmer der<br />
6. Klasse. Aus dem Thema „Das Prinzip<br />
Hoffnung“ ergab sich die Frage „Was ist<br />
Heimat für Euch?“ und sorgte für eine offene<br />
emotionale Diskussion in der Unterstufe,<br />
die, bezeichnend für die heutige<br />
Bildungslandschaft, auch viele<br />
Kinder mit Migrationshintergrund aufweist.<br />
Der erste Dreh fand im Ernst-Bloch-<br />
Zentrum in Ludwigshafen zum Thema<br />
„Spurensuche: Mit Bloch auf der Suche<br />
nach Heimat“ statt.<br />
Der geplante Film startet aus dem<br />
Klassenzimmer in die Wohnzimmer und<br />
Straßen quer durch Deutschland. Die<br />
Schüler treffen junge und alte Einwohner,<br />
Einheimische und Asylanten, Gelehrte<br />
und einfache Menschen.<br />
Die ersten Dreharbeiten für den Film fanden im Ernst-Bloch-Zentrum statt.<br />
„Heimat ist manchmal ein Stück<br />
dunkles Brot essen“, so ein fast achtzigjähriger<br />
deutscher Auswanderer, der von<br />
den Schülern befragt wird. „Heimat während<br />
der Schulzeit ist Deutschland, in<br />
den Ferien Bulgarien, bei Oma“, so ein<br />
14-jähriger Schüler.<br />
Nach der ersten Projektphase mit Drehund<br />
Spielszenen im Ernst-Bloch-Zentrum<br />
und im Gymnasium folgt im August die 2.<br />
Phase mit dem Schwerpunkt: Doku-Material<br />
für den Film sammeln u.a. Spurensuche<br />
in den Partnerstädten, in Bulgarien,<br />
England und Frankreich. In den einzelnen<br />
Ländern gibt es feste Interviewpartner<br />
unterschiedlich ster Couleur. Von der alten<br />
britischen adligen Dame, den handfesten<br />
Arbeitern in einem Pub ... über ausgewanderte<br />
Pfälzer in Frankreich, arbeitslose Fischer<br />
an der bretonischen Küste, einem<br />
ehemaligen KZ-Häftling in Italien, Romas<br />
und einem erfolgreichen Künstler in Bulgarien<br />
mit einem Koffer in Berlin.<br />
Im Mai 2018 findet die Abschlussveranstaltung<br />
mit der Filmpremiere im<br />
Ernst-Bloch-Zentrum statt. Der Film soll<br />
dann als TV-Format bei einschlägigen<br />
Sendern und bei Filmfestivals eingereicht<br />
werden.<br />
Zusammenstellung:Inge Kellersmann<br />
15
Thema<br />
Heimat auf engstem Raum<br />
Die „Trinkhalle“ als lebendiges Relikt des Ruhrgebiets<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts in den Industriestädten<br />
des Ruhrgebiets:<br />
Aus dem Werkstoren der Zechen und<br />
Stahlwerke strömen erschöpfte Arbeiter<br />
ins Freie und wollen nur eines: Flüssigkeit<br />
durch ihre trockenen Kehlen laufen<br />
lassen. Rund um die industriellen<br />
Arbeitsstätten entstehen Trinkhallen, in<br />
denen sauberes Wasser ausgeschenkt<br />
wird, ein geschmacksneutraler und alkoholfreier<br />
Durstlöscher. Ungekochtes<br />
Leitungswasser ist in jener Zeit eine erhebliche<br />
Gesundheitsgefahr. Daher trinken<br />
die Arbeiter, anfangs mit Billigung<br />
der Grubenbetreiber, Bier und Schnaps.<br />
Denn die Fabrikbesitzer gehen davon<br />
aus, dass subventionierter Schnaps die<br />
Motivation und Leistungsfähigkeit ihrer<br />
Arbeiter steigern wird. Wegen der um sich<br />
greifenden Alkoholsucht und der damit<br />
verbundenen Unfallgefahr nehmen sie<br />
bald wieder Abstand von dieser Praxis.<br />
Die Geschichte der Trinkhallen im<br />
Ruhrgebiet, im hiesigen Sprachgebrauch<br />
„Bude“ oder „Büdchen“ genannt, ist<br />
also eng verknüpft mit der Entstehung<br />
Dieser Kiosk unter einem Fernwärmerohr im ehemaligen Hochofen-Vorort Dortmund-<br />
Hörde, einst Heimat industrieller Schwerstarbeit, existiert leider nicht mehr.<br />
Foto: Oliver Oster, Dortmund<br />
der Zechen und Stahlwerke. Betrieben<br />
werden viele dieser Buden von Unfall-Invaliden<br />
und Bergmanns- und Kriegerwitwen,<br />
die sich damit eine solide Existenz<br />
aufbauen können. Aus den Wasserhäuschen<br />
für Industriearbeiter werden im Laufe<br />
der Jahrzehnte Verkaufsstätten für jedermann.<br />
Die Kioskbetreiber verbreitern ihr<br />
Warenangebot und ziehen neue Käufergruppen<br />
an. Zeitungen, Zeitschriften, Unterhaltungsromane,<br />
Zigaretten, Bier und<br />
Hochprozentiges, Eis, Glanzbilder, Comic-Hefte<br />
und bunte Süßigkeiten gehören<br />
zum Grundsortiment eines jeden Kiosks.<br />
Woher stammt dieses seltsame Wort?<br />
Es kommt aus dem Persischen und bedeutet<br />
„Ecke“ oder „Winkel“. In der islamischen<br />
Kultur ist ein frei stehender<br />
Kiosk ein Gartenpavillon in Park- und Palastanlagen.<br />
Auf meinem Heimweg von der Schule<br />
kam ich an gleich zwei solcher „Buden“<br />
vorbei. Unter diesem Namen kannten wir<br />
die für uns Kinder so verlockenden Verkaufsstellen,<br />
in denen wir in den 1960er<br />
Jahren unser bescheidenes Taschengeld<br />
in bunten Zucker-Kram umsetzten. Mit<br />
kleinen Schäufelchen füllte die Kioskbetreiberin,<br />
meist eine ältere Frau, das spitze<br />
Papiertütchen genau nach unserer<br />
Wahl und was unsere Groschen hergaben.<br />
Nur am Monatsanfang nach der Taschengeldzahlung<br />
konnten wir uns diesen<br />
Luxus leisten.<br />
Mittlerweile sind fast alle Kohlezechen<br />
und Stahlwerke aus dem Ruhrgebiet<br />
verschwunden. Die Buden haben<br />
diesen wirtschaftlichen und sozialen<br />
Strukturwandel überlebt und existieren<br />
als lebendiges Kulturgut der Heimat weiter.<br />
Heute sind diese Wahrzeichen des<br />
Ruhrgebiets mehr denn je Treffpunkt<br />
und Nachrichtenbörse für Stammkäufer<br />
und Laufkundschaft gleichermaßen. Viele<br />
Kioskbetreiber bieten soziale Zusatzleistungen<br />
an wie Paketannahme für die<br />
Nachbarschaft, kleinere Lieferungen frei<br />
Haus an alte oder kranke Kunden oder<br />
den bargeldlosen Einkauf mittels Anschreiben.<br />
In diesen nur wenige Quadratmeter<br />
kleinen Verkaufshäuschen wird die Heimat<br />
bewahrt, und zugleich ist hier die<br />
halbe Welt zu Hause. Denn zahlreiche der<br />
rund 15.000 Trinkhallen im Ruhrgebiet –<br />
ihre genaue Zahl kennt niemand – sind<br />
von Zuwanderern übernommen oder neu<br />
eröffnet worden und werden als Familienbetriebe<br />
geführt. Für die Betreiber ist das<br />
Büdchen wegen der langen Öffnungszeiten<br />
ihr Zweitwohnsitz und oft sogar ihre<br />
erste Wohnung. Mit kaum etwas anderem<br />
kann man sich in seinem Stadtviertel<br />
schneller verankern als mit dem Betrieb<br />
einer Trinkhalle.<br />
Würde man jede der ungefähr 15.000<br />
Trinkhallen zwischen Duisburg und<br />
Dortmund auf einer Ruhrgebiets-Karte<br />
mit einem Lichtpunkt darstellen, das<br />
Ruhrgebiet wäre eine leuchtende Landschaft<br />
aus wohnortnahen Versorgungsstätten.<br />
Renate Zimmer<br />
16
Thema<br />
„Weh dem, der keine Heimat hat!“<br />
Ein Brief an die Mutter im fernen Afrika<br />
Diese letzte Zeile eines Nietzsche-Gedichtes<br />
ist heute aktueller denn je. Nietzsche<br />
selber hat allerdings im politisch unruhigen<br />
Jahr 1869 freiwillig auf die preußische<br />
Staatsbürgerschaft verzichtet und<br />
fortan als Staatenloser – auch Heimatloser<br />
– gelebt. Doch das ist die Ausnahme.<br />
Die meisten Menschen verlassen ihre Heimat<br />
nicht freiwillig, es sei denn, sie brechen<br />
als Auswanderer zu neuen Ufern auf.<br />
Oder sie wechseln aus beruflichen oder<br />
familiären Gründen das Land – mit dem<br />
beruhigenden Wissen, jederzeit zurückkehren<br />
zu können.<br />
Für Flüchtlinge und Vertriebene dagegen<br />
ist der Abschied aus ihrer vertrauten<br />
Umgebung ein endgültiger. Sie müssen<br />
ihr Heim meist überstürzt verlassen,<br />
nur mit einem Bündel Habseligkeiten<br />
im Arm oder gar mit leeren Händen. Das<br />
mühsam zusammengesparte Geld haben<br />
sie schon im Voraus an Schlepper und<br />
Fluchthelfer abliefern müssen. Deren<br />
skrupellose Geschäfte laufen glänzend.<br />
Die Schleuserbanden sind international<br />
vernetzt und mit modernster Technik ausgerüstet,<br />
so dass es der Polizei nur selten<br />
gelingt, einen Ring zu zerschlagen.<br />
Die Flüchtlinge werden von Schleppern<br />
über unwegsames, oft vermintes<br />
Grenzgelände gelotst und dann ihrem<br />
Schicksal überlassen. Oder sie werden<br />
in überfüllten Schlauchbooten übers Mittelmeer<br />
verfrachtet und irgendwo an italienischen<br />
Küsten abgesetzt – genauer:<br />
ausgesetzt. Wie viele Menschen dabei<br />
schon ums Leben kamen, kann kaum abgeschätzt<br />
werden. Die Medien berichten<br />
täglich von gekenterten Booten und katastrophalen<br />
Verhältnissen in den Auffanglagern<br />
von Lampedusa. Doch von solchen<br />
Horrormeldungen lassen sich Fluchtwillige<br />
nicht abschrecken, der Exodus aus Afrika<br />
geht weiter, die Flüchtlingsströme<br />
reißen nicht ab.<br />
Behörden und Hilfsorganisationen<br />
sind überfordert, und die Unterstützung<br />
aus Nachbarländern hält sich in<br />
Grenzen. Wenn Staaten des Ostblocks,<br />
die früher selber Hilfe von der Europäischen<br />
Gemeinschaft erhielten, sich nun<br />
weigern, ein bestimmtes Kontingent von<br />
Asylsuchenden aufzunehmen, zeugt<br />
das nicht von solidarischem Verhalten.<br />
Auch der G20-Gipfel in Hamburg brachte<br />
nicht die erhoffte Bereitschaft aller<br />
Teilnehmer, sich mit dem Flüchtlingsproblem<br />
zu befassen. Putin und Trump<br />
(America first!) setzten andere Schwerpunkte.<br />
In Erinnerung bleiben werden<br />
ohnehin nicht die Sachthemen und<br />
die friedlichen Demon strationen, sondern<br />
die Krawalle und Zerstörungsorgien<br />
schwarz vermummter Gewalttäter in<br />
Hamburgs Straßen.<br />
Doch die Flüchtlingsfrage wird uns<br />
weiter beschäftigen, und es geht dabei<br />
ganz zentral um Afrika, einen Kontinent<br />
mit rasant wachsender Bevölkerung. Experten<br />
schätzen, dass sich die Zahl der<br />
Afrikaner bis zum Jahr 2100 mehr als verdreifachen<br />
wird, von zur Zeit 1,3 Milliarden<br />
auf 4,5 Milliarden.<br />
Schon heute sind die Lebensbedingungen<br />
für die Menschen in den meisten<br />
afrikanischen Ländern schlecht, und sie<br />
werden von Jahr zu Jahr schlechter, trotz<br />
internationaler Unterstützung durch Entwicklungsprojekte.<br />
Diese Hilfsgelder verschwinden<br />
leider allzu oft in den Kassen<br />
korrupter Regierungsclans, und den<br />
Menschen bleibt als Ausweg aus ihrer<br />
hoffnungslosen Lage nur die Flucht.<br />
Foto: Jean-Marc Felix<br />
300 000 – so schätzt man – werden<br />
es bis zum Jahresende sein. Eine enorme<br />
Herausforderung für die Aufnahmeländer.<br />
Eine Herausforderung auch für uns,<br />
die wir in gesicherten Verhältnissen leben.<br />
Flucht, Vertreibung und Heimatverlust<br />
kennen die meisten nicht aus eigener<br />
Erfahrung. Doch sie können nachempfinden,<br />
was es heißt, in die Fremde, ins Ungewisse<br />
aufzubrechen und irgendwo, in<br />
einem unbekannten Land mit fremder<br />
Sprache, fremden Lebensgewohnheiten<br />
sich zurechtfinden zu müssen. In jeder<br />
Stadt gibt es Flüchtlingszentren, Asylantenheime,<br />
Verbände und Vereine, die<br />
sich um Menschen kümmern, die ihre<br />
Heimat verloren haben. Ihnen behilflich<br />
zu sein beim Vertrautwerden in der neuen<br />
Umgebung, bringt für beide Seiten Gewinn.<br />
Für Asylsuchende kann ein fremder<br />
Ort durch verständnisvolle Mitmenschen<br />
zur zweiten Heimat werden, und den Einheimischen<br />
gibt der Kontakt mit Flüchtlingen<br />
Einblick in eine fremde Lebenswelt<br />
und fremde Kultur.<br />
Wenn Asylbewerber in der Küche<br />
brutzeln und ein afghanisches Festmahl<br />
zubereiten, es aber nicht auf dem Tisch,<br />
sondern in einer Fußbodenrunde servieren,<br />
ist das ein lukullisches Erlebnis – und<br />
für die Köche eine wehmütige Erinnerung<br />
an die alte Heimat Afghanistan.<br />
Irma Hildebrandt<br />
17
Weitere Themen<br />
Neue Medien – Smartphone<br />
Das Internet – sei es ein Laptop oder Smartphone<br />
– gewinnt immer mehr an Bedeutung,<br />
da die klassischen Kommunikationswege<br />
immer mehr zurückgedrängt werden. Mittlerweile<br />
gehen laut einer Studie der Postbank<br />
schon 70 Prozent der Deutschen mit<br />
dem Smartphone ins Netz, bei den Jüngeren<br />
sind es bereits 91 Prozent.<br />
Kleine Alleskönner<br />
Handys und Smartphones waren der erste<br />
Schritt auf dem Weg zur mobilen Kommunikation.<br />
Mit einem Mobiltelefon kann<br />
man theoretisch jeden anderen Nutzer auf<br />
der Welt erreichen und sich mit ihm in Verbindung<br />
setzen. Das Smartphone bietet<br />
noch weitere Möglichkeiten, so etwa die<br />
Nutzung des mobilen Internets.<br />
Vorteile eines Smartphones<br />
Telefonieren und SMS schreiben kann man<br />
mit beiden Gerätetypen. Ein Smartphone<br />
ist ein kleiner Computer, dessen Funktionalität<br />
durch sogenannte Apps erweitert<br />
werden kann. Das kann ein Handy nicht.<br />
Ein weiterer Vorteil von Smartphones<br />
besteht im relativ großen Bildschirm, der<br />
sich auch zum Surfen im Internet oder<br />
für die Bearbeitung von Fotos und Texten<br />
eignet.Smartphones sind kleine Alleskönner<br />
– sie dienen als Kompaktkamera,<br />
einfache Videokamera, als Navigationsgerät,<br />
zur Verwaltung von Kontakten,<br />
können zum Surfen im Internet verwendet<br />
werden, aber auch zum Anschauen<br />
von Filmen aus dem Netz und zum Einstieg<br />
in soziale Netzwerke.<br />
Es können auch von unterwegs z.B.<br />
E-mails und WhatsApp-Nachrichten gelesen<br />
und verschickt werden. Oder man<br />
kann ein Hörbuch über z.B. Audible hören,<br />
sich Zugverbindungen über die DB<br />
App anzeigen lassen oder sogar online<br />
Fahrkarten kaufen oder sich in einer<br />
Stadt den Weg zeigen lassen.<br />
Es wird Geld gespart, da ein Smartphone<br />
viele Aufgaben übernehmen kann<br />
(z.B. die Aufgaben einer Digitalkamera,<br />
eines Navis oder mp3 Players) und es<br />
gibt jedem mehr Sicherheit (Notrufmöglichkeit,<br />
Navigationssystem und Ortungsfunktion).<br />
Nachteile eines Smartphones<br />
Ein Nachteil ist die Größe. Passen moderne<br />
Handys meist in die Hosentasche,<br />
sieht das bei aktuellen Smartphones oft<br />
anders aus. Sie sind schwerer und größer.<br />
Leistungsfähige Smartphones sind teurer<br />
als normale Handys.<br />
Die Akkulaufzeit eines Smartphones<br />
ist in der Regel wesentlich kürzer als die<br />
von herkömmlichen Handys. Man kann<br />
„süchtig“ danach werden, ständig erreichbar<br />
sein wollen und nie abschalten.<br />
Sicherheitsrisiken bedenken: Bluetooth-<br />
Verbindungen z.B. zwischen Smartphone<br />
und Auto lassen sich ausspähen, und auch<br />
eine WLAN-Verbindung mit dem Gerät,<br />
speziell in öffentlichen Netzen, ist nicht<br />
unbedenklich.<br />
Ein Smartphone kann von anderen<br />
Tätigkeiten ablenken. Besonders beim<br />
Autofahren kann das Lesen, Schreiben<br />
oder Telefonieren erhebliche Gefahren<br />
mit sich bringen.<br />
WhatsApp<br />
Was kann dieser Nachrichtendienst?<br />
Wer kennt ihn nicht, den charakteristischen<br />
Pfeifton (Whistle), der den Eingang<br />
einer neuen WhatsApp Nachricht<br />
ankündigt? Inzwischen nutzen weltweit<br />
ca. 1 Milliarde Menschen WhatsApp. Dieser<br />
Dienst hat zum deutlichen Rückgang<br />
von SMS, aber auch von E-mails geführt.<br />
Übrigens, Toneinstellungen lassen sich<br />
auch ändern!<br />
Voraussetzungen: Ein Smartphone<br />
mit Mobilfunknummer(vertrag). Whats-<br />
App lässt sich in der jeweils benötigten<br />
Version (Android z.B. für Samsung Handy<br />
oder iOS für I-Phone) herunterladen.<br />
Wie funktioniert WhatsApp? Ist die App<br />
installiert, fordert sie Zugriff auf das Telefonbuch<br />
des Nutzers. Danach kann man<br />
mit seinen Kontakten aus dem Telefonbuch,<br />
die ebenfalls WhatsApp installiert haben,<br />
Nachrichten schreiben, Sprachnachrichten<br />
aufzeichnen und versenden, Fotos und Videos<br />
versenden und Chatten. Die Verbindung<br />
läuft über das Internet, entweder<br />
über WLAN oder das mobile Datenvolumen<br />
seines Mobilfunkanbieters. Es kann<br />
auch mit mehreren Personen gleichzeitig<br />
gechattet werden – eine nützliche Funktion,<br />
wenn man sich verabreden möchte<br />
oder eine Information zeitgleich mit mehreren<br />
Menschen teilen will.<br />
Was kostet WhatsApp? Der Download<br />
der App ist kostenlos. Nach dem ersten<br />
kostenfreien Jahr zahlen Nutzer im Jahr<br />
2 Euro. Die Gebühr unterscheidet sich je<br />
nach Betriebssystem des Handys (Android,<br />
iOS). Auch eine Benutzung im Ausland<br />
führt nicht zu weiteren Kosten, sofern man<br />
über WLAN ins Internet gelangt.<br />
Was finden Datenschützer kritisch? Dass<br />
die Software auf das gesamte Telefonbuch<br />
des eigenen Smartphones zugreift<br />
und diese Daten auf einen Server in USA<br />
überträgt. WhatsApp gehört zu Facebook.<br />
Gibt es Alternativen zu WhatsApp? Ja,<br />
aber diese spielen bislang nur eine untergeordnete<br />
Rolle, mit relativ wenig Nutzern.<br />
Birgit Potthoff-Karl<br />
18
Weitere Themen<br />
Umwelt: Klimawandel und Migration<br />
Der Klimawandel rückt immer stärker in das<br />
öffentliche Bewusstsein – sei es durch Rekordfluten<br />
und desaströse Überschwemmungen<br />
in Südamerika, abschmelzende<br />
Gletscher in den Hochgebirgen, bedrohte<br />
Eisbären in der Arktis, verhungernde<br />
Menschen in Dürregebieten Afrikas oder<br />
das spektakuläre Aufkündigen des Klimaschutz-Abkommens<br />
durch die US-amerikanische<br />
Regierung unter Präsident Donald<br />
Trump.<br />
Wenn Naturkatastrophen oder anhaltende<br />
Umweltveränderungen Menschen<br />
dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen,<br />
spricht man von umweltbedingter Migration.<br />
Bei den meisten Klimaflüchtlingen<br />
handelt es sich um Binnenvertriebene,<br />
die innerhalb ihres Landes fliehen und<br />
keine internationalen Grenzen überschreiten.<br />
Im Sinne des Völkerrechts sind die<br />
durch Klimawandel Vertriebenen deshalb<br />
keine Flüchtlinge und haben somit<br />
kein Recht auf internationalen Schutz.<br />
Hinzu kommt, dass die Genfer Flüchtlingskonvention<br />
(Klima-)Flüchtlinge nur<br />
dann anerkennt, wenn eine Klimawandelfolge<br />
zu einem gewaltsamen Konflikt<br />
führt.<br />
Die Klimawandelfolgen können sich<br />
ganz verschieden auswirken. Sie gefährden<br />
Lebensgrundlagen, verschärfen<br />
(Ressourcen-) Konflikte und machen die<br />
Heimat von Millionen von Menschen zeitweise<br />
oder dauerhaft unbewohnbar.<br />
Besonders betroffen sind die Menschen,<br />
die am wenigsten für den Klimawandel<br />
verantwortlich sind: die<br />
Ärmsten aus den ärmsten Staaten. Sie<br />
können sich viel schlechter an den Klimawandel<br />
anpassen, da ihnen die Ressourcen<br />
dazu fehlen. Sie sind schlichtweg<br />
zu arm.<br />
Dagegen spüren die industrialisierten<br />
Länder mit ihren hohen CO2-Emissionen<br />
bislang verhältnismäßig wenig von<br />
den Folgen der globalen Erwärmung. Sie<br />
sind finanziell gut ausgestattet und können<br />
sich leichter anpassen.<br />
Weltweit dehnen sich die Trockengebiete immer weiter aus (hier: Peru)<br />
Klimafolgen als Auslöser<br />
von Migration<br />
Experten unterscheiden fünf Auslöser von<br />
Klimafolgen-bedingter Migration:<br />
• Extremereignisse wie Stürme, Dürren<br />
und Überschwemmungen zerstören die<br />
Lebensgrundlagen der Betroffenen. Trinkwasserverschmutzung,<br />
Ernteausfälle und<br />
Bodenverlust sowie die Zerstörung der Infrastruktur<br />
sind die Folgen. Sie zwingen<br />
die Menschen zur unmittelbaren Flucht.<br />
Eine Rückkehr in eine betroffene Region<br />
ist oft nicht möglich.<br />
• Klimaveränderungen mit ausbleibenden<br />
Niederschlägen, abnehmenden<br />
Schmelzflüssen und Austrocknung von<br />
regenarmen Gebieten haben eine zunehmende<br />
Wasserknappheit zur Folge. In 168<br />
Ländern gibt es heute großflächige Wüstengebiete.<br />
Zwei Drittel Afrikas sind von<br />
Trockenheit und Dürren betroffen und treiben<br />
Hunderttausende von Menschen in<br />
die Flucht. Die Trockenheit schränkt die<br />
Wasser- und Nahrungsverfügbarkeit dramatisch<br />
ein und treibt die Lebensmittelpreise<br />
in die Höhe. Laut Angaben der Vereinten<br />
Nationen sind allein am Horn von<br />
Afrika 13 Millionen Menschen direkt von der<br />
Dürre betroffen; Hunderttausende leben<br />
in notdürftigen Flüchtlingsunterkünften.<br />
• Meeresspiegelanstieg:<br />
Der von Klimaforschern prognostizierte<br />
Anstieg zwischen einem halben<br />
und zwei Metern bis zum Jahr 2100 ist für<br />
hunderte Millionen Menschen in Küstengebieten<br />
und auf Inseln eine existenzielle<br />
Bedrohung. Betroffen sind zum Beispiel<br />
die Hälfte von Bang ladesch sowie<br />
die Pazifikinseln Kiribati und Tuvalu. Ein<br />
Meeresspiegelanstieg von einem Meter<br />
würde für diese Menschen einen endgültigen<br />
Landverlust bedeuten.<br />
• Verlust von Ökosystemen und Biodiversität:<br />
Der durch den Klimawandel bedingte<br />
Verlust von Lebensräumen und Arten<br />
gefährdet die Ernährungssicherheit und<br />
damit die Lebensgrundlage vieler Menschen.<br />
Das trifft vor allem dort zu, wo Einkommensquellen<br />
unmittelbar von intakten<br />
Ökosystemen abhängen. Ein Beispiel<br />
sind die Inuit in der Arktis. Dort schreitet<br />
der Klimawandel mit hohem Tempo<br />
19
Weitere Themen<br />
voran und die Temperaturen erhöhen<br />
sich doppelt so stark wie im weltweiten<br />
Durchschnitt. So schmelzen die polaren<br />
Eisschilde und Gletscher immer schneller.<br />
Akut bedroht sind durch die Veränderungen<br />
nicht nur die Lebensräume der<br />
Eisbären, sondern auch die traditionelle<br />
Lebensweise und das soziale Gefüge der<br />
Inuit.<br />
• Gesundheitsrisiken:<br />
Letztendlich wirken sich all diese Faktoren<br />
auf die Gesundheit der Betroffenen aus.<br />
Weniger Wasser und steigende Temperaturen<br />
begünstigen die Ausbreitung von Keimen<br />
und Krankheitserregern beziehungsweise<br />
deren Überträgern. Klimabedingte<br />
Mangelernährung erhöht darüber hinaus<br />
noch die Anfälligkeit für Krankheiten.<br />
Anpassung vor Ort als Lösung<br />
Immer mehr Menschen werden zu Flucht,<br />
Migration und Umsiedlung gezwungen,<br />
weil die Lebensgrundlagen vor Ort nicht<br />
mehr gesichert sind und somit ein Überleben<br />
unmöglich wird.<br />
Von daher müssen Klimaschutz-Strategien<br />
und Entwicklungspolitik eng miteinander<br />
verbunden werden. Mehr Konsequenz<br />
beim Klimaschutz und mehr<br />
Unterstützung bei der lokalen Anpassung<br />
an den Klimawandel sind nötig, damit<br />
weniger Menschen zu Migration und<br />
Flucht gezwungen werden.<br />
Im Vordergrund muss dabei stehen,<br />
die Klimawandelfolgen so gut es geht<br />
zu vermeiden. Wo sie dennoch auftreten,<br />
muss man sie möglichst begrenzen,<br />
die Betroffenen bei der Anpassung un-<br />
terstützen und entsprechende Mittel zur<br />
Verfügung stellen.<br />
Dabei stehen die reichen Industrienationen<br />
wie Deutschland, Schweiz<br />
oder die USA moralisch besonders in<br />
der Pflicht; aber auch in vielen Schwellenländern,<br />
wie China, Indien oder Brasilien,<br />
muss ein Umdenken hin zu Ressourcen<br />
schonenderem Wirtschaften<br />
einsetzen.<br />
Mit den Worten des französischen<br />
Präsidenten Macron, als Reaktion auf<br />
Trumps Ankündigung des Rückzugs<br />
aus dem weltweiten Klimaschutz-Abkommen:<br />
„Die Rettung unseres Planeten<br />
können wir nur gemeinsam schaffen.“<br />
Thora Amend<br />
Dr. Thora Amend ist Beraterin für Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Für Sie gelesen<br />
Grüne Visionen<br />
Graue Hausfassaden, graue Straßen, graue<br />
Städte, immer breitere Straßen, immer<br />
mehr Asphalt – dagegen setzt der Baumexperte<br />
Conrad Amber seine grünen Visionen.<br />
Aber er ist kein Phantast, obwohl sich<br />
Bosco verticale, begrünte Hochhäuser in<br />
Mailand<br />
20<br />
viele seiner Ideen utopisch anhören. Den<br />
Wald in die Stadt holen will er, alle Brachflächen<br />
in den Städten nicht als Parkplätze<br />
benutzen, sondern in grüne Oasen verwandeln.<br />
Gesunde Luft in Ballungszentren<br />
einatmen statt Autoabgase.<br />
Häuserfassaden und Dächer begrünen<br />
und Straßen in Innenstädten als<br />
autofreie Baumalleen gestalten – eine<br />
Wohtltat fürs Auge und für die Lunge,<br />
aber nicht für die Stadtverwaltungen<br />
und die Immobilienbesitzer. Grün bringt<br />
nichts ein, verursacht nur Kosten. Das<br />
stimmt, doch wie viel sind uns die Gesundheit<br />
und Lebensqualität wert?<br />
Der Autor Amber weiß, dass es mit<br />
Appellen nicht getan ist, dass er beweisen<br />
muss, dass seine Ideen realisierbar<br />
sind. Er tut es im Anhang mit eindrucksvollen<br />
Fotos von begrünten Häusern,<br />
Plätzen und Straßen in verschiedenen<br />
Ländern Europas. Und er ist überzeugt:<br />
Unsere Zukunft ist grün!<br />
Conrad Amber: Bäume auf Dächer,<br />
Wälder in die Stadt! Projekte und Visionen<br />
eines Naturdenkers. Kosmos Verlag,<br />
Stuttgart <strong>2017</strong> (272 Seiten, 67 Farbfotos,<br />
Hardcover)<br />
Lieben Sie Pilze?<br />
Pilzgerichte gelten als Delikatesse auf der<br />
Speisekarte. Doch es gibt Menschen, die<br />
kein noch so lecker zubereitetes Pilzragout<br />
essen aus Angst, sich zu vergiften. In Restaurants,<br />
die auf ihren guten Ruf bedacht<br />
sind, wird ihnen das kaum passieren, und<br />
in der eigenen Küche sollte man keine Experimente<br />
wagen und die gesammelten<br />
Schätze von einem Pilzkenner kontrollieren<br />
lassen oder besser noch: sich selber<br />
Kenntnisse über essbare und gefährliche<br />
Pilzarten aneignen. Das neue Buch<br />
des Biologen und Naturfotografen Robert<br />
Hofrichter führt auf spannende Weise in
Weitere Themen<br />
die geheimnisvolle Welt der Pilze ein. Es<br />
unterscheidet sich von den üblichen Bestimmungsbüchern<br />
durch seine locker saloppe<br />
Erzählweise, ein Kapitel heißt zum<br />
Beispiel „Ötzis Reiseapotheke – Pilze als<br />
Wundermedizin?“, ein anderes „Vernetzung<br />
als Erfolgsmodell der Evolution“.<br />
Hilfreich sind die farbigen Abbildungen<br />
der einzelnen Pilze mit jeweils einem kurzen<br />
Kommentar.<br />
Robert Hofrichter: Das geheimnisvolle<br />
Leben der Pilze. Die faszinierenden<br />
Wunder einer verborgenen Welt. Gütersloher<br />
Verlagshaus, Gütersloh <strong>2017</strong><br />
(237 Seiten, 16 farbige Bilder, gebunden,<br />
mit Schutzumschlag, auch als E-Book erhältlich)<br />
Ein realistisches<br />
DDR-Märchen<br />
Wie kommt eine Amerikanerin dazu, einen<br />
Roman über die „Grüne Grenze“ im<br />
Harz zu schreiben, die damals Sperrgebiet<br />
der DDR war? – Die 1973 in Illinois<br />
geborene und in New York aufgewachsene<br />
Autorin Isabel Fargo Cole hat an der<br />
Humboldt-Universität in Ostberlin studiert<br />
und nebenher das Land erkundet.<br />
Der Harz mit seinen Wäldern und den alten<br />
Dörfern erinnert sie an ein estnisches<br />
Märchen von einem Kind, das sich im<br />
Zauberwald verirrt, und sie beschließt,<br />
den Roman über die DDR, der in ihrem<br />
Kopf langsam Gestalt annimmt, mit diesem<br />
Märchen und den Wäldern des Harzes<br />
zu verbinden. Allerdings sind diese<br />
nicht mehr märchenhaft, sondern entlang<br />
der Grenze mit heimtückischen Schießanlagen<br />
versehen.<br />
Die Handlung des ‚realen Märchens‘<br />
trägt zum Teil autobiografische Züge: Ein<br />
junges Künstlerpaar zieht von Berlin in<br />
ein kleines Harzdorf. Sie ist Bildhauerin<br />
und erhält ab und zu kleine Staatsaufträge.<br />
Er brütet an einem historisch verbrämten<br />
Roman über die Grenze. Seiner<br />
kleinen Tochter bringt er bei, was sie in<br />
der Schule sagen darf und was nicht. Als<br />
die Eltern kurz vor der Wende von ihrer<br />
Vergangenheit eingeholt werden, flüchtet<br />
die verstörte Tochter in den Wald und<br />
dann über die Grenze.<br />
Isabel Fargo Cole, die als Autorin und<br />
Übersetzerin in Berlin lebt, versteht es,<br />
Fiktion und genau recherchierte Realität<br />
in einer spannenden Romanhandlung zu<br />
verbinden. Wichtig ist ihr dabei, „die Verführungskraft<br />
von Utopien“ aufzuzeigen<br />
und das Bemühen, „aus der jeweiligen<br />
Situation das Beste zu machen“.<br />
Isabel Fargo Cole: Die Grüne Grenze.<br />
Roman. Edition Nautilus, Hamburg<br />
<strong>2017</strong> (490 Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag).<br />
Das Buch – auch als E-Book –<br />
erscheint im September.<br />
Plädoyer für eine humanere<br />
und gerechtere Welt<br />
Das Buch eines Philosophen auf der Bestsellerliste?<br />
Wie ist das möglich? – Professor<br />
Nida-Rümelin hat‘s geschafft. Der wortmächtige<br />
frühere Kulturstaatsminister saß<br />
nie im Elfenbeinturm. In seinen Vorlesungen<br />
an der Universität München und in seinen<br />
Büchern hat er stets brisante Themen<br />
aufgegriffen und damit viel Lob und viel<br />
Kritik geerntet. Auch sein neuestes Buch<br />
„Über Grenzen denken“ wird kontrovers<br />
diskutiert. Es geht darin um das höchst<br />
aktuelle Thema Migration, speziell um<br />
die Frage, wie die Flüchtlingsströme aus<br />
Afrika bewältigt werden können. Der Autor<br />
ist gegen offene Grenzen, möchte aber<br />
nicht in die rechtspopulistische Ecke gestellt<br />
werden. Er ist überzeugt, dass offene<br />
Grenzen das Elend nicht mildern, sondern<br />
die Herkunftsländer sogar weiter schwächen<br />
würden.<br />
Und in den aufnehmenden Ländern,<br />
so seine Befürchtung, würden sich die<br />
sozialen Konflikte verschärfen.<br />
Nida-Rümelin entwickelt in seinem<br />
ausführlichen Essay eine eigene Ethik<br />
der Migration. Danach muss politisches<br />
Handeln stets auf den Werten und Normen<br />
der Humanität beruhen. – Bleibt zu<br />
hoffen, dass die wohlformulierten Forderungen<br />
den Praxistest bestehen werden.<br />
Julian Nida-Rümelin: Über Grenzen<br />
denken. Eine Ethik der Migration. Edition<br />
Körber-Stiftung, Hamburg <strong>2017</strong> (248<br />
Seiten, gebunden, mit Schutzumschlag,<br />
auch als E-Book erhältlich)<br />
Das Fremde als<br />
Herausforderung<br />
Wir werden täglich mit neuen Meldungen<br />
über Flüchtlingskatastrophen, Integrationsschwierigkeiten<br />
und Überforderung<br />
der Behörden konfrontiert. Das Straßenbild<br />
in unseren Städten hat sich verändert,<br />
ist bunter geworden. Fest gefügte<br />
Dorfgemeinschaften werden durch den<br />
Zuzug von Flüchtlingen aufgebrochen,<br />
müssen sich neuen Herausforderungen<br />
stellen. Das bringt Unruhe, weckt Ängste.<br />
Wird die eigene Lebensqualität durch die<br />
Aufnahme und Eingliederung der Hilfsbedürftigen<br />
nicht geschmälert?<br />
Die diffuse oder auch konkrete Angst<br />
kann in Hass umschlagen. Emotionen und<br />
Ressentiments schaukeln sich hoch, enden<br />
nicht selten in blindem Fanatismus.<br />
– Wie können Angst und Hass in rationale<br />
Bahnen gelenkt werden? Wie kann der<br />
Mensch seine eigenen destruktiven Gefühle<br />
in den Griff bekommen? Das sind<br />
Fragen, denen die Jung‘sche Psychoanalytikerin<br />
Verena Kast in ihrem neuesten<br />
Buch nachgeht. Als Psychotherapeutin<br />
bringt sie aus der eigenen Praxis reiche Erfahrung<br />
im Umgang mit Angst- und Hassgefühlen<br />
ein. Der Angst vor dem Fremden<br />
vorbeugen, heißt ein Kapitel, und das<br />
Schlusskapitel trägt den zukunftsweisenden<br />
Titel: Mut zur Angst und Mut zur Hoffnung.<br />
– Ein Buch, das Impulse für ein neues<br />
Zusammenleben gibt.<br />
Verena Kast: Wider Angst und Hass.<br />
Das Fremde als Herausforderung zur Entwicklung.<br />
Patmos Verlag, Ostfildern <strong>2017</strong><br />
(140 Seiten, Hardcover, auch als E-Book)<br />
Irma Hildebrandt<br />
21
Weitere Themen<br />
Aktuelle Kunstsaison<br />
Eine Auswahl<br />
interessanter Ausstellungen:<br />
MATISSE – BONNARD<br />
Museum Städel, Frankfurt<br />
13. Sept. <strong>2017</strong> bis 14. Jan. 2018<br />
Das Frankfurter Museum zeigt zwei herausragende<br />
Protagonisten der Klassischen<br />
Moderne erstmals gemeinsam in<br />
Deutschland: Henri Matisse (1869–1954)<br />
und Pierre Bonnard (1867–1947). Anhand<br />
von über 100 Gemälden, Plastiken, Zeichnungen<br />
und Grafiken eröffnet die Schau einen<br />
Dialog zwischen Matisse und Bonnard<br />
und bietet damit neue Perspektiven auf die<br />
Entwicklung der europäischen Avantgarde<br />
vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum<br />
Ende des Zweiten Weltkrieges.<br />
„China und Ägypten.<br />
Wiegen der Welt“<br />
Neues Museum, Berlin<br />
bis 3. Dezember <strong>2017</strong><br />
Die Kulturen Ägyptens und Chinas zeichnen<br />
sich durch eine jahrtausendlange Geschichte<br />
und Tradition aus. In der Ausstellung<br />
„China und Ägypten. Wiegen der Welt“<br />
sind nun erstmals altägyptische und altchinesische<br />
Kunstschätze nebeneinander zu<br />
sehen, darunter viele Exponate aus dem<br />
„Reich der Mitte“, die noch nie in Europa<br />
zu sehen waren. Zeitlich reicht die Spanne<br />
der ausgestellten Werke von 4500 v. Chr.<br />
bis in die griechisch-römische Zeit (332 v.<br />
Chr. bis 313 n. Chr.). Durch den direkten<br />
Vergleich der Hochkulturen wird dem Besucher<br />
vor Augen geführt, dass beide Gesellschaften<br />
die Entwicklung der Menschheitsgeschichte<br />
maßgeblich prägten.<br />
Cézanne – Metamorphosen<br />
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe<br />
28. Okt. <strong>2017</strong> bis 11. Febr. 2018<br />
Cézanne als Geheimnissuchender, der das<br />
Wesen der Welt einzufangen versucht – es<br />
ist ein anderer Cézanne, als der Künstler,<br />
der bisher in retrospektiven Ausstellungen<br />
erlebt werden konnte. Erstmals macht die<br />
große Sonderausstellung des Landes Baden-Württemberg<br />
dessen Werk als eine<br />
Einheit erfahrbar.<br />
„Tintoretto – A Star was Born“<br />
Wallraf-Richartz-Museum, Köln<br />
6. Oktober <strong>2017</strong> bis 28. Januar 2018<br />
Als erstes Museum startet das Wallraf im<br />
Herbst den internationalen Reigen von<br />
hochkarätigen Ausstellungen zum 500.<br />
Geburtstag des Malers Jacopo Tintoretto<br />
(1518/19 – 1594). In der großen Sonderschau<br />
wird erstmals das Frühwerk des<br />
italienischen Meisters gezeigt. Zu sehen<br />
sind zahlreiche kostbare Leihgaben aus<br />
den großen Museen der Welt. Die Ausstellung<br />
bietet den Besuchern nicht nur weltberühmte<br />
Werke des jungen, malwütigen<br />
und einfallsreichen Tintoretto, sondern<br />
auch brandneue Forschungsergebnisse.<br />
BILL VIOLA − INSTALLATIONEN<br />
Deichtorhallen Hamburg<br />
bis 10. September <strong>2017</strong><br />
Im Rahmen des Reformationsjubiläums<br />
<strong>2017</strong> zeigen die Deichtorhallen Hamburg<br />
eine groß angelegte Ausstellung Bill Violas<br />
(*1951). Der amerikanische Medienkünstler<br />
zählt zu den bedeutend sten<br />
zeitgenössischen Künstlern weltweit und<br />
gilt als einflussreicher Vertreter der Videokunst.<br />
Bill Violas Werke beschäftigen<br />
sich mit den zentralen Themen des<br />
menschlichen Lebens – Geburt, Tod, Liebe,<br />
Emotion und Spiritualität. Sein übergreifendes<br />
Interesse gilt mystischen<br />
Traditionen, insbesondere denen des<br />
Christentums, des Zen-Buddhismus und<br />
des Islams.<br />
Edouard Manet<br />
Von der Heydt-Museum, Wuppertal<br />
24. Okt. <strong>2017</strong> – 25. Febr. 2018<br />
Zeit seines Lebens war Edouard Manet<br />
(1832–1882) ein Einzelgänger. Die umfassende<br />
Ausstellung präsentiert das ganze<br />
Edouard Manet, Chez le père Lathuille<br />
1879 Leinwand 92 x 112 cm © Musée des<br />
Beaux-Arts, Tournai/ Bridgeman Images<br />
Œuvre, beginnend mit den ersten tastenden<br />
Versuchen als Schüler von Thomas Couture<br />
und endend mit den letzten so strahlenden<br />
Gartenbildern aus Rueil von 1882.<br />
Fernand Léger.<br />
Centre Pompidou, Metz<br />
bis 30. Oktober <strong>2017</strong><br />
Sein Sujet war die Stadt, seine ganze Aufmerksamkeit<br />
galt den Umbrüchen seiner<br />
Zeit, und er gehört bis heute zu den<br />
berühmten Künstlern, die das Abenteuer<br />
der Moderne wagten. Ob kubistische<br />
Avantgarde oder kommunistisches Engagement<br />
– ein zentraler Gegenstand von<br />
Légers Malerei war stets der durch Maschine<br />
und Massenproduktion veränderte<br />
Mensch. Die Retrospektive versteht sich<br />
als Gesamtschau der vielgestaltigen Laufbahn<br />
des Künstlers.<br />
Frank Bowling: Mappa Mundi<br />
Haus der Kunst, München<br />
bis 7. Januar 2018<br />
„Frank Bowling: Mappa Mundi“ ist eine<br />
umfassende Überblicksausstellung seltener<br />
und noch nie zuvor gezeigter großer<br />
Gemälde und anderer Arbeiten des<br />
in Guyana geborenen britischen Künstlers<br />
Frank Bowling. Im Mittelpunkt der Ausstellung<br />
stehen die monumentalen, gefeierten<br />
„Map Paintings“ („Landkartengemälde“)<br />
(1967–1971), die zum ersten Mal mit großem<br />
Erfolg 1971 im Whitney Museum of<br />
Modern Art gezeigt worden sind.<br />
Zusammenstellung: Inge Kellersmann<br />
22
Weitere Themen<br />
Das wird Sie interessieren<br />
Apps für Senioren<br />
Die Webseite Apps60plus.de will ältere<br />
Menschen ermutigen, ihren Alltag mit neuen<br />
Technologien interessanter zu gestalten.<br />
Das Angebot richtet sich vor allem<br />
auch an Einsteiger. Ein Team von IT-Spezialisten,<br />
Sozialarbeitern und Senioren<br />
informiert die Nutzer über grundlegende<br />
Fragen und Kaufkriterien zur Auswahl von<br />
Smartphones und Tablets, über Tipps zu<br />
Anbietern und Tarifen sowie zur Einrichtung<br />
der Programme und seniorengerechter<br />
Bedienung der Geräte bis hin zu<br />
Sicherheitshinweisen. Die vorgestellten<br />
Apps sind bis auf wenige Ausnahmen in<br />
deutscher Sprache verfügbar, viele sind<br />
zudem kostenlos. Die Themen umfassen<br />
unter anderem Finanzen, Gesundheit,<br />
Hobby, Partnerschaft, Rezepte und Unterhaltung.<br />
www.apps60plus.de<br />
Farbe Rot bleibt im<br />
Gedächtnis<br />
idw. Die Fähigkeit, sich die Farbe eines<br />
Objekts zu merken, ist von der Farbe<br />
selbst abhängig. Dies haben jetzt Forscher<br />
der Uni Regensburg nachgewiesen.<br />
So kann man sich später relativ gut an<br />
die Farbe eines bestimmten Objekts erinnern,<br />
wenn dieses rot oder gelb ist. Bei<br />
Blau ist die Gedächtnisleistung nur mittelmäßig,<br />
bei Grün sogar vergleichsweise<br />
schlecht. Die Forscher konnten auch<br />
zeigen, dass dieser Effekt unabhängig<br />
von der Art der Objekte (Wörter, Gegenstände<br />
usw.) ist.<br />
Die Ergebnisse der Experimente waren<br />
eindeutig: Zwar hatte die Farbe keinen<br />
messbaren Einfluss auf die allgemeine<br />
Erinnerung an die bloße Anwesenheit<br />
bestimmter Objekte. Allerdings beeinflusste<br />
die Farbe der Objekte die Erinnerung<br />
an die Farbe selbst. Die Beobachtungen<br />
könnten auch für Werbe-und<br />
Marketingmaßnahmen oder für die kriminologische<br />
Bewertung von Zeugenaussagen<br />
von Interesse sein.<br />
Jeder 20. Einwohner in Europa<br />
ist 80 Jahre oder älter<br />
Der Anteil der 80-Jährigen an der Bevölkerung<br />
stieg in der EU von vier Prozent<br />
im Jahr 2005 auf 5,3 Prozent im vergangenen<br />
Jahr, teilte das EU-Statistikamt<br />
Eurostat in Luxemburg mit. In Deutschland<br />
stieg der Anteil demnach von 4,3<br />
auf 5,6 Prozent. Insgesamt lebten damit<br />
2015 in den 28 EU-Staaten knapp 27<br />
Millionen Menschen von 80 oder mehr<br />
Jahren, gut 4,5 Millionen von ihnen in<br />
Deutschland. Generell verzeichneten die<br />
südlichen Mitgliedstaaten die höchsten<br />
Anteile älterer Menschen. Italien<br />
lag demnach an der Spitze: 6,5 Prozent<br />
der Bevölkerung waren dort im vergangenen<br />
Jahr mindestens 80 Jahre alt. Es<br />
folgten Griechenland (6,3 %) und Spanien<br />
(5,9 %). In Irland und der Slowakei<br />
lag die Quote nur bei 3,1 Prozent. Die<br />
meisten Menschen dieser Altersgruppe<br />
sind nach wie vor Frauen.<br />
Ehrenamtliches Engagement<br />
(BMFSFJ) 31 Millionen Menschen engagieren<br />
sich in Deutschland ehrenamtlich in<br />
ihrer Freizeit. In fast jedem Bereich gehört<br />
freiwilliges Engagement maßgeblich<br />
zum Alltag: Ob Jung oder Alt, ob in der<br />
Freiwilligen Feuerwehr, als Fußballtrainer,<br />
als Elternvertreterin in der Schule<br />
und Schüler-Nachhilfe oder einfach nur<br />
zu Gesprächen bei Seniorinnen und Senioren<br />
oder beim Vorlesen im Kindergarten.<br />
Die Beteiligung unterscheidet sich<br />
zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen:<br />
Frauen engagieren sich etwas<br />
seltener als Männer.<br />
In den Altersgruppen der 14- bis<br />
29-Jährigen und der 39- bis 49-Jährigen<br />
liegen die Anteile der freiwillig Engagierten<br />
am höchsten.<br />
Personen mit hoher schulischer/beruflicher<br />
Ausbildung engagieren sich zudeutlich<br />
größeren Anteilen als Personen<br />
mit niedrigem Bildungsniveau.<br />
Erstes Dorf für Demenzkranke<br />
Im dänischen Svendborg wurde ein Dorf<br />
eröffnet, das speziell auf die Bedürfnisse<br />
von Demenzkranken zugeschnitten<br />
ist. Die Patienten leben in 125 Wohnungen<br />
und werden je nach Bedarf betreut.<br />
Zur Anlage gehören ein großer Park,<br />
eine Musikbibliothek, ein Restaurant,<br />
Läden, ein Wellness-Salon und andere<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten. „Die Bewohner<br />
können hier fast so leben wie<br />
vor ihrer Erkrankung“, sagte Bürgermeister<br />
Lars Erik Hornemann. Das Areal<br />
sei so groß, dass sie sich nicht eingesperrt<br />
fühlen müssten. Außerdem seien<br />
sie hier sicher. Die neue Anlage befindet<br />
sich mitten in der 27 000 Einwohner<br />
zählenden Stadt Svendborg auf der<br />
Insel Fünen und wird von der Gemeinde<br />
betrieben. (sda)<br />
Zusammenhalt der<br />
Generationen stärken<br />
(BMFSFJ) „Die regionale und soziale Ungleichheit<br />
in Deutschland stellt die Kommunen<br />
vor große Herausforderungen. Es<br />
ist daher wichtig, in Zukunft noch stärker<br />
die Grundlage dafür zu schaffen, dass vor<br />
Ort gute Lebensbedingungen – nicht nur<br />
für die Älteren, sondern für alle Generationen<br />
– bestehen“, so Bundesministerin<br />
Dr. Katarina Barley.<br />
Ältere Menschen werden unsere Gesellschaft<br />
mehr und mehr prägen. Deshalb<br />
muss unsere Politik für ältere Menschen<br />
darauf ausgerichtet sein, ein<br />
eigenständiges und selbstbestimmtes<br />
Leben im Alter zu unterstützen. Schon<br />
jetzt gehört in Deutschland mehr als<br />
jede vierte Person zur Generation 60<br />
plus – 2050 wird es bereits mehr als<br />
jede dritte Person sein. Deshalb muss<br />
heute die Basis dafür geschaffen werden,<br />
um auch in Zukunft ein lebenswertes,<br />
solidarisches und selbstbestimmtes<br />
Leben für alle zu sichern. Starke,<br />
handlungsfähige Kommunen sind hierfür<br />
unverzichtbar.<br />
23
Aus dem Verband<br />
Einweihung des Luise-Büchner-Denkmals<br />
Im Rahmen einer Feierstunde nahmen Inge<br />
Kellersmann und die Bundesvorsitzende<br />
an einem herrlichen Frühsommertag an<br />
der Enthüllung des Luise-Büchner-Denkmals<br />
in einer Grünanlage in Darmstadt teil.<br />
Luise Büchner (1821–1877), Schwester<br />
des weltberühmten Georg Büchner,<br />
Pionierin der deutschen Frauenbewegung<br />
und Schriftstellerin, setzte sich lebenslang<br />
für den Zugang von Mädchen<br />
an Schulen und für die Berufsausbildung<br />
von Frauen ein. 1867 gründete sie zusammen<br />
mit Prinzessin Alice von Hessen und<br />
bei Rhein den Verein zur Förderung weiblicher<br />
Industrie, der u.a. zur Keimzelle einer<br />
Berufsschule für Mädchen avancierte,<br />
der späteren Alice-Eleonoren-Schule,<br />
die noch heute existiert.<br />
Auf Initiative der Luise-Büchner-Gesellschaft<br />
e.V. und dem Matronat der<br />
Frauendezernentin der Wissenschaftsstadt<br />
Darmstadt wurde Luise Büchner<br />
im Gedenken an die Gründung der Alice-Frauenvereine<br />
vor 150 Jahren gegenwärtig<br />
dieses Denkmal errichtet, dessen<br />
Entstehen sich ausschließlich Spenden,<br />
auch derjenigen unseres Verbandes, verdankt.<br />
Denn anlässlich unserer Bundestagung<br />
im April <strong>2017</strong> in Darmstadt und<br />
der bewährten Tradition, eine ortsansässige<br />
gemeinnützige Organisation mit einer<br />
Spende finanziell zu unterstützen,<br />
hatte der Bundesvorstand die Förderung<br />
des Denkmals gezielt favorisiert.<br />
Dass die Umsetzung unserer Spende<br />
zur Realisierung des Denkmals, materialisiert<br />
in einem adäquaten Kunstwerk,<br />
dann in so kurzer Zeit erfolgen konnte,<br />
hat uns angenehm überrascht. Gerne<br />
24<br />
sind wir daher am 2. Juni der Einladung<br />
nach Darmstadt gefolgt. Der Ort des Luise-Büchner-Denkmals<br />
ist denkwürdig<br />
in unmittelbarer Nähe des Pädagog gewählt,<br />
einer historischen Lateinschule,<br />
an der die männliche Jugend Darmstadts<br />
ausgebildet worden ist, Luise Büchner<br />
als Mädchen der Zugang jedoch verwehrt<br />
war.<br />
Im Team erfolgreich<br />
Bei der Tagung in Darmstadt haben die<br />
Vorstände der Gruppen u.a. Aachen, Gießen,<br />
Ludwigshafen/Mannheim und Nürnberg<br />
bestätigt, dass Arbeitsteilung bei der<br />
Durchführung des Programms sehr effizient<br />
ist. Außerdem bringt ein Team viel<br />
mehr Informationen ein. Gemeinsam ist<br />
man stark, ist das Motto.<br />
So meldet z.B. die Gruppe Düsseldorf:<br />
Wir, von Frau und Kultur, sind eine Gemeinschaft,<br />
die sehr interessiert und weiterhin<br />
am Fortbestehen dieses Zusammentreffens<br />
von Damen aller Altersgruppen bemüht ist.<br />
Durch eine, noch immer hervorragend<br />
wirkende Mund-zu-Mund-Propaganda in<br />
der Stadt, ist es den Vorstandsdamen<br />
gelungen, sechs interessierte Damen direkt<br />
als Neu-Mitglieder Ende des vergangenen<br />
Jahres begrüßen zu dürfen.<br />
Postiert auf einer grauen Steinstele<br />
auf einem steinernen Areal hat die Berliner<br />
Bildhauerin Bärbel Dieckmann eine<br />
metallene Kopfskulptur von Luise Büchner<br />
geschaffen, deren gold glänzende Gestaltung<br />
von ambivalenter Wirkung ist.<br />
Die Gesichtszüge der Dargestellten verweisen<br />
auf eine introvertierte Haltung,<br />
wenngleich der Kopf, speziell mit seiner<br />
charakteristischen Haarkrone, die gleichwohl<br />
als Lorbeerkranz zu deuten ist,<br />
überzeitliche Ausstrahlung vermittelt.<br />
Eine bronzene Bodenplatte listet die<br />
Namen der Spender auf, unter denen unser<br />
Verband bestens platziert ist. Eine ebenfalls<br />
graue, steinerne Gedenktafel hinterfängt<br />
die Stelenskulptur, verzeichnet die Lebensdaten<br />
der Geehrten und verweist mit<br />
einem Zitat von durchaus universalem Anspruch<br />
auf das Engagement der Darmstädter<br />
Wegbereiterin der Frauenbewegung:<br />
„Was wir wollen ist mehr als eine Frauen-,<br />
es ist eine Menschheitsfrage.“<br />
Elisabeth Kessler-Slotta<br />
Schnuppern war natürlich für einige<br />
Zeit erlaubt, aber die jeweilige Interessentin<br />
brauchte dann nicht lange, um<br />
ihre Beitrittserklärung zu unterschreiben.<br />
Die Neuen fühlen sich von den erfahrenen<br />
Mitgliedern angeregt und auch mit<br />
neuen Eindrücken gut versorgt wie z.B.<br />
bei diversen Buchvorstellungen und Besichtigungsfahrten.<br />
Es wird ein Programm angeboten, das<br />
interessant, aufschlussreich und nahe<br />
an den Mitgliedern unserer Gruppe in<br />
der Landeshauptstadt NRW gestaltet ist.<br />
Das aktuelle Programm kann im PDF-Format<br />
heruntergeladen werden.<br />
Wir sechs neuen Damen danken für<br />
die Aufnahme und freuen uns auf weitere<br />
gute, lehrreiche, amüsante Unternehmungen.<br />
Birgid Boelke
Gruppenberichte<br />
Gruppen berichten von ihren Veranstaltungen<br />
Die Zwangsarbeiter-<br />
Madonna in Wolfsburg<br />
Und wieder reisten wir nach Wolfsburg!<br />
Eine Führung im imposanten Theaterbau<br />
des renommierten Berliner Architekten<br />
Hans Scharoun (1893–1972) machte den<br />
Anfang. Er war 1965 zu einem Wettbewerb<br />
für das Theater in Wolfsburg eingeladen<br />
worden, hatte den Wettbewerb<br />
gewonnen, und dieses Bauwerk ist der<br />
einzige Theaterbau, den der Architekt<br />
realisieren durfte. Zwei Jahre zuvor hatte<br />
seine Berliner Philharmonie großes Aufsehen<br />
erregt.<br />
Im benachbarten Planetarium gab<br />
es eine Exklusivvorführung für uns. Das<br />
Raumflugplanetarium Wolfsburg ist<br />
ein Exportprodukt der Deutschen Demokratischen<br />
Republik, das vor allem<br />
durch seine Konstruktion fasziniert. Das<br />
deutsch-deutsche Projekt resultierte aus<br />
einem Tauschhandel mit der Volkswagen<br />
AG, die das Gebäude und die Technik<br />
der Carl-Zeiss-Werke Jena gegen eine<br />
Lieferung von 10.000 PKW der Marke<br />
„Golf“ erwarb. Die Stadt Wolfsburg erhielt<br />
das Planetarium 1978 als Geschenk<br />
zum 40-jährigen Stadtjubiläum. Die<br />
Realisierung folgte ab 1981 durch DDR-<br />
Arbeiter, die, streng abgeschirmt, den<br />
Rohbau vor Ort erstellten. Die Dreiviertel-Kugel<br />
der Spezialisten aus Rügen dominiert<br />
das Gebäude gestalterisch und<br />
funktionell. Die Sternenkuppel, eine extrem<br />
filigrane Schalenkonstruktion, wurde<br />
von dem Architekten Ulrich Müther<br />
(1934–2007) realisiert, einem der führenden<br />
Baumeister der Deutschen Demokratischen<br />
Republik.<br />
Dritte Station war die St. Christophorus-Kirche.<br />
Die am 22. August 1951<br />
geweihte Kirche ist der erste fertig gestellte<br />
Kirchenbau Wolfsburgs nach dem<br />
2. Weltkrieg und die katholische Hauptkirche<br />
in der Innenstadt. Der Stadtplaner<br />
Peter Koller (1907–1996), Planer und<br />
Erbauer der „Stadt des KDF-Wagens“<br />
(1938–1940) und späterer Stadtbaurat<br />
der Stadt Wolfsburg (1955–1960), erhielt<br />
den Planungsauftrag als einziger<br />
katholischer Architekt, der damals in<br />
Wolfsburg lebte. Er hatte die Kirche in<br />
der NS-Zeit nach eigener Darstellung explizit<br />
als „Gegner“ gesehen und war ihr<br />
mit einem „ausgesprochenen Gefühl der<br />
Feindschaft“ begegnet.<br />
Zwangsarbeiter-Madonna in Wolfsburg<br />
Zur Zeit des 2. Weltkrieges erlangte<br />
Wolfsburg traurige Berühmtheit<br />
durch das Volkswagenwerk, das damals<br />
hauptsächlich der Rüstungsindustrie<br />
diente. Um dem wachsenden Bedarf<br />
an Kriegsmitteln gerecht zu werden,<br />
wurden zwischen 1940 und 1945 etwa<br />
20.000 Zwangsarbeiter unterschiedlicher<br />
Nationalitäten eingezogen. Sie waren<br />
in Barackenlagern untergebracht,<br />
erhielten geringere Essensrationen als<br />
die Deutschen und mussten schwere<br />
Arbeit leisten. Einer dieser Zwangsarbeiter<br />
war der Flame Herman de Somer<br />
(1923–2008), der während seiner Gefangenschaft<br />
im 2. Weltkrieg trotz seiner<br />
misslichen Lage 1943 eine Schutzmantel-Madonna<br />
schuf, die im Besitz<br />
der St. Christophorus-Kirchengemeinde<br />
und in der Kreuzkapelle der Kirche<br />
aufgestellt ist. Es handelt sich um eine<br />
Marien skulptur, die der flämische junge<br />
Zwangsarbeiter aus einfachen Materialien<br />
geschaffen hat, aus Gips auf Holz,<br />
farbig gefasst in Gelb, in den Maßen 32<br />
x 27 x 7,5 cm. Er versah dieses Gipsrelief<br />
mit einer flämischen Inschrift: O.L.V. der<br />
ARBEIDERS in den VREEMDE – 1.7.1943<br />
(Unsere liebe Frau der Arbeiter in der<br />
Fremde). Die Skulptur zeigt die Gottesmutter<br />
mit dem kleinen Jesuskind auf<br />
dem Arm, davor kniend ein Arbeiter mit<br />
einem schweren Hammer. Während der<br />
Arbeiter ärmliche Kleidung und Holzpantinen<br />
trägt, scheint sich der weite<br />
Mantel der Maria schützend um ihn zu<br />
legen. Ihre Hand legt sich tröstend auf<br />
die gebeugte Schulter des Zwangsarbeiters.<br />
Im Hintergrund kann man undeutlich<br />
einige Fabrikumrisse erkennen.<br />
Heute erinnert ein rostiger Stacheldraht<br />
vor der Gips-Skulptur an die damalige<br />
Lage der Zwangsarbeiter in Wolfsburg.<br />
Herman de Somer hat nach dem 2.<br />
Weltkrieg als Bildhauer und Designer<br />
in der belgischen Gemeinde Erpe-Mere,<br />
deren Ehrenbürger er war, gelebt.<br />
Seine Schutzmantel-Madonna hatte<br />
er 1944 dem damaligen katholischen<br />
Zwangsarbeiterseelsorger, dem Priester<br />
Antonius Holling, geschenkt, der sie<br />
1951 von der Notkirche mit in die neu<br />
erbaute St. Christophorus-Kirche genommen<br />
hat. Andächtig und ergriffen<br />
standen wir vor diesem kleinen wenig<br />
spektakulären und doch so aussagekräftigem<br />
Kunstwerk und gedachten des<br />
ehemaligen Zwangsarbeiters in Wolfsburg<br />
Herman de Somer.<br />
Sibylle Weitkamp, Gruppe Hannover<br />
Werthers Lotte in Hannover<br />
Vortrag von Hartmut Schmidt<br />
Wer kennt sie nicht, Werthers Lotte,<br />
die Goethe in seinem Briefroman Die<br />
Leiden des jungen Werthers unsterblich<br />
gemacht hat? In seinem ersten<br />
Roman schildert Goethe die junge Lotte<br />
zunächst als treusorgende Schwester<br />
im Elternhaus und später als liebevolle<br />
Gattin und Mutter in der eigenen<br />
25
Familie, während Thomas Mann in Lotte<br />
in Weimar über die ältere, inzwischen<br />
verwitwete Frau Hofrätin Kestner aus<br />
Hannover schreibt. In seinem Vortrag<br />
stellt Hartmut Schmidt die ewig jugendliche<br />
der gealterten Lotte gegenüber und<br />
kommt zu dem Schluss, dass diese eine<br />
beachtliche Karriere gemacht hat.<br />
Im Sommer 1772 lernt die anmutige<br />
19-jährige Charlotte Buff aus Wetzlar<br />
den jungen Juristen und Dichter Goethe<br />
kennen, der sich heftig in sie verliebt.<br />
Sie verschmäht jedoch seine Liebe, da<br />
sie bereits dem hannoverschen Staatsbeamten<br />
Johann Christian Kestner versprochen<br />
ist.<br />
Fluchtartig verlässt Goethe Wetzlar<br />
und verarbeitet seine Gefühle in seinem<br />
„Werther“. In der geschilderten<br />
Dreiecksbeziehung agiert neben Lotte<br />
der nüchterne Albert (Kestner), und in<br />
der leidenschaftlichen Titelfigur lässt<br />
sich Goethe mit seiner unerfüllten Liebe<br />
erkennen. Als einziger Ausweg bleibt<br />
Goethes Werther der Selbstmord, und<br />
dieser unglücklich Verliebte wird damit<br />
für ganze Generationen zur Symbolfigur<br />
kompromissloser Hingabe.<br />
Der 1774 erschienene Roman wird<br />
zum Kultbuch, und die seit 1773 verheiratete<br />
und in Hannover lebende „echte<br />
Lotte“ wird nach Aufdeckung der Romanvorlage<br />
schlagartig berühmt, was<br />
sich ebenso positiv wie auch negativ<br />
erweisen wird. Den identifizierten Personen<br />
des Werther wurden von Goethe<br />
auch kritikwürdige Eigenschaften zugeschrieben<br />
– ein Fressen für die klatschfreudige<br />
Hofgesellschaft, mit deren Getuschel<br />
Lotte besser zurechtkommt als<br />
ihr Mann, der, sehr verärgert, den Roman<br />
zu ignorieren versucht.<br />
Die „echte Lotte“ wurde am 11. Januar<br />
1753 als zweites von sechzehn Kindern<br />
des Adam Heinrich Buff geboren;<br />
die Mutter starb 1770 bei der Geburt des<br />
letzten Kindes.<br />
Die 17-jährige Lotte übernahm in<br />
vollem Umfang die Mutterrolle und bewies<br />
damit eine Fähigkeit, die auch<br />
ihren künftigen Ehemann von der Richtigkeit<br />
seiner Wahl überzeugte. Wenn<br />
auch Lotte durch die damaligen Umstände<br />
nur eine profunde „Halbbildung“<br />
genießen konnte, schmälerte<br />
dies keineswegs die Achtung, die sie<br />
später im eigenen Familienleben mit<br />
zehn Kindern und einem meist kränklichen<br />
Mann erringen sollte.<br />
Mit 47 Jahren wurde sie Witwe und<br />
sicherte als Alleinerziehende die soziale<br />
Stellung der Familie. Die Söhne wurden<br />
im Beruf erfolgreich, während die<br />
Töchter weniger Glück im Leben hatten:<br />
Zwei Töchter starben früh, zwei hatten<br />
körperliche bzw. seelische Mängel und<br />
blieben daher ledig.<br />
Nach dem Tod Kestners im Jahr 1800<br />
begann für Lotte der letzte Lebensabschnitt,<br />
den sie mit vielen Reisen ausfüllte.<br />
Als „Werthers Lotte“ bekannt,<br />
genoss sie in Hotels beste Zimmer und<br />
zuvorkommende Bedienung; selbst die<br />
arroganten Weimarer Damen lernten die<br />
verwitwete Hofrätin Kestner zu akzeptieren.<br />
Als sie im Alter von 75 Jahren starb,<br />
galt sie als starke Frau, die mit ihren<br />
ausgeprägten Fähigkeiten ihre Familie<br />
durch die an Turbulenzen so reichen<br />
Jahrzehnte gebracht hatte.<br />
Annemarie Neitzel, Gruppe Gießen<br />
St. Martin von Tours<br />
Vortrag von Cilly Schulz, Essen<br />
Um das Jahr 316/317 wurde Martinus<br />
als Sohn eines römischen Offiziers in<br />
der Provinz Pannonien, dem heutigen<br />
Ungarn, geboren. Mit 15 Jahren trat er<br />
in die römische Armee ein und diente in<br />
der Eliteeinheit der berittenen kaiserlichen<br />
Leibgarde, zunächst unter Kaiser<br />
Konstantin und später unter Kaiser<br />
Julian. Um 334 war er als Gardeoffizier in<br />
Frankreich stationiert. In diese Zeit fällt<br />
das Ereignis, das bis heute das Andenken<br />
an ihn wach hält.<br />
Eines Tages – so die Legende – begegnete<br />
Martin im Winter am Stadttor<br />
von Amiens einem unbekleideten Mann,<br />
der die Vorübergehenden um Hilfe bat.<br />
Martin nahm sein Schwert, schnitt seinen<br />
Militärmantel in zwei Teile, gab eine<br />
Hälfte dem Bettler und behielt die andere<br />
für sich. Für diese Tat soll er eine Arreststrafe<br />
erhalten haben.<br />
In der Nacht nach dieser Mantelteilung<br />
soll Martin Jesus Christus im Traum<br />
erschienen sein, bekleidet mit Martins<br />
Mantelhälfte (in Anlehnung an die Bibelstelle<br />
Matth. 25, 35 – 40). Danach soll er<br />
Die Basilika und die Abtei Saint-Martin de Tours in Tours waren als Grablege des heiligen<br />
Martin von Tours lang eine der wichtigsten christlichen Pilgerstätten.<br />
26
Gruppenberichte<br />
beschlossen haben, den Militärdienst<br />
aufzugeben und in den Dienst Gottes zu<br />
treten.<br />
Im Heerlager bei Worms, in dem sich<br />
die Römer gegen die in Gallien einfallenden<br />
Germanen zusammenzogen, soll<br />
es zu der entscheidenden Begegnung<br />
zwischen dem christlichen Gardeoffizier<br />
Martinus und dem römischen Kaiser Julian<br />
gekommen sein: Martin habe sich<br />
als Christ nicht berechtigt gesehen, mit<br />
Waffen zu kämpfen und Blut zu vergießen.<br />
Er sei vor den Kaiser getreten und<br />
habe ihm erklärt: „Bis heute habe ich<br />
dir als Soldat gedient, erlaube, dass<br />
ich in Zukunft für Gott streite.“ Da der<br />
Kaiser seine Weigerung für Feigheit gehalten<br />
habe, soll Martin vorgeschlagen<br />
haben, er wolle unbewaffnet und nur<br />
unter dem Schutz des Kreuzes durch<br />
die Reihen der Feinde gehen. Daraufhin<br />
habe der Kaiser ihn gefangen nehmen<br />
lassen, um ihn am folgenden Tage den<br />
Feinden gegenüber zu stellen. Doch am<br />
selben Tage hätten sich die Germanen<br />
ergeben; der Kampf sei daher ausgefallen<br />
und Martin die Mutprobe damit erspart<br />
geblieben. Nach seiner Entlassung<br />
aus dem Militärdienst sei Martin nach<br />
Poitiers gegangen, Schüler des Bischofs<br />
Hilarius geworden und habe die Priesterweihe<br />
empfangen. Als Ratgeber und<br />
Nothelfer sei er schnell im Gebiet der<br />
Touraine bekannt geworden.<br />
Als nach etwa 10 Jahren ein neuer<br />
Bischof für Tours gesucht wurde, fiel die<br />
Wahl auf Martin. Der Legende nach wollte<br />
er kein so hohes Amt bekleiden und<br />
versteckte sich darum in einem Gänsestall,<br />
wurde jedoch von deren Geschnatter<br />
verraten.<br />
Am 4. Juli 372 wurde Martin zum Bischof<br />
von Tours geweiht. Er starb am 8.<br />
November 397 im Alter von 81 Jahren in<br />
Candes an der Loire. Am 11. November<br />
wurde er in Tours zu Grabe getragen.<br />
Der Frankenkönig Chlodwig erhob<br />
ihn zum Nationalheiligen und Schutzherrn<br />
der fränkischen Könige. Sein Namensfest<br />
wurde fortan am 11. November,<br />
seinem Begräbnistag, gefeiert.<br />
Die Legenden und die örtliche Verehrung<br />
des heiligen Martin strahlten in die<br />
gesamte christliche Kirche aus.<br />
Brigitta Koscholke, Gruppe Essen<br />
Amnesty International<br />
Vortrag von Gerhard Richter<br />
„Alle Menschen sind frei und gleich an<br />
Würde und Rechten geboren!“<br />
Dieser erste Satz der Allgemeinen<br />
Erklärung der Menschenrechte (AEMR)<br />
sichert jedem Menschen – weltweit und<br />
unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht,<br />
Sprache, Religion, politscher und sozialer<br />
Anschauung, ethnischer und sozialer<br />
Herkunft – gleiche Rechte und Freiheiten<br />
zu. Menschenrechte sind angeboren,<br />
unveräußerlich, universell und<br />
unteilbar.<br />
Am 28. Mai 1961 veröffentlichte der<br />
englische Rechtsanwalt Peter Benenson<br />
in der britischen Zeitung „The Observer“<br />
den Artikel „The Forgotten Prisoners“,<br />
in dem er die Leser aufrief, sich durch<br />
Briefe an die jeweiligen Regierungen für<br />
die Freilassung von Gefangenen einzusetzen.<br />
Die Idee soll ihm gekommen<br />
sein, als er in Zeitungen immer wieder<br />
von Folterungen, gewaltsamer Unterdrückung<br />
und Todesstrafe las, mit der<br />
Regierungen gegen politisch andersdenkende<br />
Menschen vorgingen. Dieses<br />
Datum gilt als der Gründungstag von<br />
Amnesty International.<br />
In einem 1983 geführten Interview<br />
erinnerte sich Benenson an jene Geschichte<br />
der beiden portugiesischen<br />
Studenten, die 1961 in einem Restaurant<br />
in Lissabon auf die Freiheit angestoßen<br />
haben. Sie wurden von der Geheimpolizei<br />
verhaftet, denn die Erwähnung des<br />
Wortes „Freiheit“ war damals in Portugal<br />
verboten. Das Land wurde von einer<br />
Diktatur beherrscht. Die eigentliche Geburtsstunde<br />
der Menschenrechtsidee ist<br />
die Zeit der Aufklärung: Zwischen dem<br />
16. und 18. Jahrhundert ändern sich die<br />
Legitimationsgrundlagen politischer<br />
Herrschaft grundlegend. Die Aufklärung<br />
legte wesentliche Merkmale für eine Definition<br />
von Menschenrechten fest. Sie<br />
sind unveräußerlich, nicht an bestimmte<br />
Räume und Zeiten gebunden und damit<br />
auch älter als alle Staaten.<br />
Inzwischen zählt Amnesty International<br />
mehr als sieben Millionen Mitglieder<br />
und Unterstützer in mehr als 150 Staaten.<br />
In 53 Staaten gibt es Sektionen, die<br />
eine kontinuierliche Menschenrechtsarbeit<br />
garantieren. Die bundesdeutsche<br />
Sektion wurde im Juni 1961, zwei Monate<br />
nach Gründung der internationalen<br />
Organisation, in Köln gegründet und im<br />
Juli 1961 als erste Sektion anerkannt.<br />
Sie setzte sich z.B. für in der DDR inhaftierte<br />
Gefangene ein.<br />
Nach der Wiedervereinigung wurde<br />
die Organisation auch in den neuen<br />
Bundesländern aktiv, in denen sie bis<br />
dahin verboten war. In Deutschland gibt<br />
es rund 155.000 Mitglieder und Spender<br />
sowie rund 600 Gruppen.<br />
In Lübeck arbeiten zwei Gruppen,<br />
um für die Ziele der Organisation zu<br />
kämpfen, das sind u.a.: Aufbau von gegenseitigem<br />
Respekt und Kampf gegen<br />
Diskriminierung; Forderung nach Gerechtigkeit;<br />
Sicherstellung der körperlichen<br />
und geistigen Unversehrtheit aller<br />
Menschen; Schutz der Menschenrechte<br />
in bewaffneten Konflikten; Schutz der<br />
Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden,<br />
Binnenflüchtlingen und Migranten;<br />
Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen<br />
und Förderung der wirtschaftlichen,<br />
sozialen und kulturellen Rechte.<br />
Die einzelnen Gruppen haben ihre<br />
Schwerpunktländer. Die Lübecker Gruppe<br />
hat sich den Iran auf die Fahnen<br />
geschrieben. Vorwiegend islamische<br />
Länder wie Sudan, Pakistan, Iran und<br />
Saudi-Arabien kritisierten 1981 die Allgemeine<br />
Erklärung der Menschenrechte<br />
der UN wegen der, ihrer Ansicht nach,<br />
27
fehlenden Beachtung von Religion und<br />
Kultur nichtwestlicher Länder.<br />
Etwa 70.000 Förderer unterstützen<br />
die Organisation durch regelmäßige Beiträge,<br />
wobei keine Spenden von Konzernen<br />
und politischen Parteien akzeptiert<br />
werden.<br />
Ursel Chikhaoui, Gruppe Lübeck<br />
Fridtjof Nansen –<br />
Polarforscher, Humanist,<br />
Flüchtlingshochkommissar<br />
Vortrag von Dr. Florian Pfeil<br />
Der Referent – Direktor u.a. der Fridtjof<br />
Nansen Akademie, Ingelheim – schilderte<br />
fundiert und spannend das Leben<br />
von Fridtjof Nansen, das er in drei<br />
Lebensabschnitte teilte: Abenteurer,<br />
Wissenschaftler und Politiker.<br />
Am 10.10.1861 wurde Fridtjof Nansen<br />
bei Oslo in eine wohlhabende Familie<br />
geboren. Ein tief religiöser Vater<br />
(Rechtsanwalt), eine sportliche Mutter<br />
und Liebe zur Natur prägten seine Kindheit.<br />
Allein durch die Wildnis Norwegens<br />
unternahm er Expeditionsmärsche, gewann<br />
nationale Langlauf-Meisterschaften<br />
und stellte einen Weltrekord im Eisschnelllaufen<br />
auf. Damit legte er den<br />
Grundstein zur Wintersportbegeisterung<br />
seiner Landsleute. Als er 16 Jahre alt<br />
war, starb seine Mutter.<br />
Mit 20 Jahren begann er das Studium<br />
der Zoologie. Noch im gleichen Jahr<br />
nahm er an einer fünfmonatigen Reise<br />
mit einem Robbenjägerschiff nach<br />
Grönland teil. Zurückkehrend von dieser<br />
Expedition wurde er zum Kurator der<br />
zoologischen Abteilung des Bergen-Museums<br />
berufen. Dort begann er mit der<br />
neuroanatomischen Erforschung von<br />
Borstenwürmern. Das Ergebnis wurde<br />
die Grundlage der Neuronentheorie der<br />
modernen Neurologie. 1888 beendete er<br />
seine Dissertation.<br />
Im gleichen Jahr bricht er mit einem<br />
kleinen mobilen Team von nur sechs<br />
Teilnehmern zur Durchquerung Grönlands<br />
von Ost nach West auf Skiern auf.<br />
28<br />
Alle bisherigen Versuche anderer Expeditionen<br />
scheiterten. Der Vorteil dieser<br />
Wegwahl bestand in der Aussicht, am<br />
Ende an der Westküste Siedlungen zu<br />
erreichen. Gleich zu Beginn mussten<br />
sie eine Höhe von 2.719 m bei minus<br />
46 Grad bewältigen. Nach erfolgreicher<br />
Ankunft brachte sie das nächste Schiff<br />
nach sieben Monaten Überwinterung<br />
in ihre Heimat zurück. Diese Expedition<br />
machte Nansen europaweit berühmt.<br />
1889 heiratete Fridtjof Nansen Eva<br />
Sars, eine Mezzosopranistin. Aus der<br />
Verbindung gingen fünf Kinder hervor.<br />
Nansens Plan (1893), sich mit einem<br />
speziell ausgerüsteten Schiff, der FRAM,<br />
mit der durch die Eisdrift verursachten<br />
Meeresströmung von den Neusibirischen<br />
Inseln durch das Packeis bis<br />
Spitzbergen treiben zu lassen, scheiterte<br />
letztendlich. Nach drei Jahren und einem<br />
missglückten Versuch, den Nordpol<br />
zu zweit auf Skiern zu erreichen, kam er<br />
wieder in seiner Heimat an. Viele neue<br />
geographische Entdeckungen und allgemeinwissenschaftliche<br />
Erkenntnisse<br />
brachte er von dieser abenteuerlichen<br />
Reise mit. 1897 wurde Nansen zum Professor<br />
für Zoologie und 1908 zum Professor<br />
für Ozeanographie ernannt. Er wurde<br />
eine „Lebende Legende“ der Polarforschung<br />
und ein Held der europäischen<br />
Jugend.<br />
Zur Jahrhundertwende beginnt sich<br />
Nansen politisch zu betätigen. 1905 wird<br />
mit 99,5 Prozent für die Unabhängigkeit<br />
Norwegens von Schweden gestimmt.<br />
Danach reist Nansen in geheimer Mission<br />
nach Dänemark und gewinnt den dänischen<br />
Prinzen Carl zum neuen König<br />
(Haakon VII) von Norwegen. Nansen wird<br />
1906 norwegischer Botschafter in Großbritannien.<br />
Ein Jahr später, nach dem<br />
Tod seiner Frau Eva, kehrt er nach Norwegen<br />
zurück.<br />
1920 fungiert er als Leiter der Delegation<br />
bei der Gründung des Völkerbundes;<br />
200.000 Kriegsgefangene des<br />
1. Weltkriegs führt er in ihre Heimat zurück.<br />
„Niemals in meinem Leben zuvor<br />
bin ich auf so gewaltiges Leid gestoßen“,<br />
waren seine Worte; er führt die<br />
Arbeit für Flüchtlinge und Kriegsgefangene<br />
weiter; für Staatenlose stellt er einen<br />
sogenannten „Nansenpass“ aus,<br />
u.a. für Marc Chagall, Rudolf Nurejew,<br />
Igor Strawinsky, Aristoteles Onassis<br />
u.v.a.; er erreicht die Rückführung von<br />
427.886 vertriebenen Menschen aus 30<br />
Ländern.<br />
Nansen erhält 1922 (1938 und 1954<br />
indirekt) den Friedensnobelpreis und<br />
wird Hochkommissar des Völkerbundes<br />
für Flüchtlingsfragen. Er vermittelt<br />
im griechisch-türkischen Konflikt und<br />
engagiert sich für Armenien. „Nansen<br />
ist der Einzige, der unbeschränkten<br />
Zugang zu den Verhandlungen in<br />
allen europäischen Regierungsstellen<br />
hat.“ (Aussage von Lord Curzon, Brit.<br />
Außenminister).<br />
Nach vier Jahren 1. Weltkrieg und<br />
drei Jahren Bürgerkrieg brach 1921 die<br />
Infrastruktur Russlands unter kommunistischer<br />
Herrschaft zusammen. Es<br />
starben Millionen Menschen den Hungertod.<br />
1921 richtete Maxim Gorki Hilfsappelle<br />
an die westliche Welt, die sich<br />
jedoch weigerte, der UdSSR zu helfen.<br />
Nansen organisierte nichtstaatliche Hilfe,<br />
bei der ca. zehn Millionen Menschen<br />
mit Nahrung versorgt wurden. Eine ungeheure<br />
logistische Meisterleistung!<br />
Fridtjof Nansen starb am 13.05.1930<br />
an einem Herzinfarkt.<br />
„Ich muss immer daran denken,<br />
dass es noch so viel gibt, das ich nicht<br />
erreichen konnte.“ (1930)<br />
Margareta Görlinger,<br />
Gruppe Ludwigshafen/Mannheim
Aus dem Verband<br />
Adressenverzeichnis <strong>2017</strong><br />
Deutscher Verband Frau und Kultur<br />
Bundesvorstand<br />
Bundesvorsitzende: Dr. Elisabeth Kessler-Slotta, Uhlandstr. 55, 44791 Bochum, Tel. 0234-580356,<br />
e-mail: ekessler-slotta@web.de<br />
Stellvertr. Vorsitzende: Ursula Dorothee Volkland, Stolzestr. 28, 44789 Bochum, Tel. 0234-313173,<br />
e-mail: udvolkland@gmail.com<br />
Kassenführerin: Renate Szymanek, Veistr. 2, 59073 Hamm, Tel. 02381-65104, e-mail: rwszy@freenet.de<br />
Schriftführerin: Sibylle Weitkamp, Hohenrode 28, 30880 Laatzen, Tel. 0511-221723, Fax: 0511-89997156,<br />
e-mail: sibylle.weitkamp@t-online.de<br />
Internet-Adresse des Verbandes: www.verband-frau-und-kultur.de (Geschäftsstelle)<br />
Konto des Verbandes: Deutscher Verband Frau und Kultur e.V., Postbank Essen, IBAN: DE91 3601 0043 0611 9184 39,<br />
BIC: PBNKDEFF360<br />
Verbandszeitschrift<br />
Redaktion: Irma Hildebrandt, Schlösslihalde 19, CH-6006 Luzern/Schweiz (Auslandsporto), Tel. 0041 41 370 4230,<br />
e-mail: i.hildebrandt@bluewin.ch<br />
Gruppenberichte: Margareta Görlinger, Ungsteiner Straße 6, 67067 Ludwigshafen, Tel. 0621-554485,<br />
e-mail: ma.goerlinger@googlemail.com<br />
Verbandsarbeit und Layout: Inge Kellersmann, Haardtstraße 7a, 76829 Landau, Tel. 06341 950 6810, mobil 0171 3278372<br />
e-mail: i-kellersmann@gmx.de<br />
Internetbearbeitung: Silke Mayer, Blücherstraße 53, Berlin, Tel. 0170-7309234, e-mail: silkem@gmail.com<br />
Adressänderungen und Neuanmeldungen: Anke Linsa, Rossberg 123, 53505 Altenahr, Tel. 02643-900240, Fax 02643-900242,<br />
e-mail: alinsa@web.de (bitte keine handschriftlichen Meldungen, vorzugsweise per e-mail senden)<br />
Sachgebiet: Werkgestaltung/Textiles: Ursel Galgan, Rosengarten 15b, 29549 Bad Bevensen, Tel. 05821-9696139,<br />
e-mail: ugalgan@t-online.de<br />
Anschriften der Vorsitzenden aller Gruppen<br />
Aachen<br />
1.. Vorsitzende: Prof. Ulla Dohmann, Aachener<br />
Str. 51, 52134 Herzogenrath,<br />
Tel. 02406-33736,<br />
e-mail: ulladohmann@gmail.com<br />
2.Vors. Anita Braunsdorf, Viktoriaallee<br />
28, 52066 Aachen, Tel. 0241-9003140,<br />
Fax 0241-9003149e-mail: anita.<br />
braunsdorf@gmx.de<br />
Bad Neuenahr-Ahrweiler<br />
1. Vors. Anke Linsa, Rossberg 123, 53505<br />
Altenahr, Tel. 02643-900240, Fax 02643-<br />
900242, e-mail: alinsa@web.de<br />
2. Vors.Elisabeth Odekerken, Jülichstr. 4,<br />
53474 Bad Neuenahr,Tel. 02641-25586<br />
Berlin<br />
1. Vors. Karin Bischof, Badenallee 27,<br />
14052 Berlin, Tel. 030-30810630,<br />
e-mail: karin.bischof@t-online.de<br />
2. Vors. Christa Conrad, Bundesallee<br />
161, 10715 Berlin, Tel. 030-8531220,<br />
e-mail: christa@c.conrad.de<br />
Bochum<br />
1. Vors. Renate Ruhlig-Schulte,<br />
Bunsenstr. 24, 44793 Bochum,<br />
Tel. 0234-67126,<br />
e-mail: ruhlig-schulte@t-online.de<br />
2. Vors. Ursula Bickern, Schnatstr. 11a,<br />
44795 Bochum, Tel. 0234-433301,<br />
e-mail: u.bickern@web.de<br />
Bremen<br />
1. Vors. Ingeborg Marcus, Katrepeler<br />
Landstraße 49 B, 28357 Bremen,<br />
Tel. 0421-274 746, Fax 0421-276 0133,<br />
e-mail: ingeborgmarcus@gmx.de<br />
2. Vors. Margret Washausen, Uhlandstr.<br />
38, 28211 Bremen, Tel. 0421-3491806,<br />
e-mail: mama.washausen@online.de<br />
Delmenhorst<br />
1.Vors. Angelika Cromme, Moltkestr. 7,<br />
27749 Delmenhorst, Tel. 04221-2891278,<br />
e-mail: a.cromme@t-online.de<br />
2. Vors. Irmgard Mausolf, Tonstichgang<br />
2, 27753 Delmenhorst,<br />
Tel. 04221-2984592,<br />
e-mail: mausolf_irmgard@web.de<br />
Dortmund<br />
1. Vors. Karin Rüger, Kleiner Floraweg<br />
20, 44229 Dortmund, Tel. 0231-735200,<br />
Fax 0231-7270040<br />
2. Vors. Ursula Krüger, Am Schulpfad 3,<br />
58239 Schwerte, Tel. 02304-70836<br />
29
Dresden<br />
1. Vors. Elke Fischer, Schmilkaer Str. 10,<br />
01259 Dresden, Tel.0351-2020507<br />
e-mail: fischer.elke@gmx.net<br />
2. Vors. Dr. Waltraud Voss, Hauptstr. 3,<br />
01097 Dresden, Tel. 0351-4111171,<br />
e-mail: Waltraud.Voss@web.de<br />
Düsseldorf<br />
1. Vors. Monika Schäfer, Fürstenwall 88,<br />
40217 Düsseldorf, Tel. 0211-373565<br />
e-mail: monika_SchaeferBaum@gmx.de<br />
2. Vors. Karin Menzel, Lindemannstr. 54,<br />
40237 Düsseldorf, Tel. 0211-661817<br />
Essen<br />
1. Vors. Dr. Ulrike Köcke, Alexanderstr.<br />
26, 45130 Essen, Tel. 0201-779440,<br />
e-mail: u.koecke@t-online.de -<br />
2. Vors. Karin Tiemeyer, Zur Eibe 9,<br />
45149 Essen, Tel. 0201-712750<br />
Freiburg<br />
1. Vors. Ilse Gremmelspacher,<br />
Maxim-Gorkij-Str. 17, 79111 Freiburg, Tel.<br />
0761-44778, e-mail: ilseg@gmx.de<br />
2. Vors. Gertrud Hiss, Dietenbachstr. 1,<br />
79114 Freiburg, Tel. 0761-81774<br />
e-mail: hiss-gertrud@hotmail.com<br />
e-mail: horstjg.hermann@t-online.de<br />
2. Vors. Marlene Szymanek, Brokbrede<br />
39, 59073 Hamm, Tel. 02381-34623<br />
e-mail: mszymanek@web.de<br />
Hannover<br />
1. Vors. Sibylle Weitkamp, Hohenrode<br />
28, 30880 Laatzen, Tel. 0511-221723 ,<br />
Fax 0511-89997156<br />
e-mail: sibylle.weitkamp@t-online.de<br />
2. Vors. Regina Tiemann, Bessemerstr. 2,<br />
30177 Hannover, Tel. 0511-620270,<br />
e-mail: regina.tiemann@gmx.de<br />
Herne<br />
1. Vors. Rita Gaese, Bahnhofstr.90,<br />
44629 Herne, Tel. 02323-56321,<br />
e-mail: ritagaese@web.de<br />
2. Vors. Renate Modrow, Geschwister-<br />
Scholl-Str.26, 44623 Herne, Tel. 02323-<br />
12889, e-mail: renate_modrow@web.de<br />
Kamp-Lintfort<br />
1. Vors. Christa Aumann, Moerser Str.<br />
114, 47475 Kamp-Lintfort, Tel. 02842-<br />
10495,<br />
e-mail: christa.aumann@t-online.de<br />
2. Vors. Katharina Schwarz, Alpener Str.<br />
99, 47475 Kamp-Lintfort, Tel. 02842-4319<br />
Ludwigshafen/Mannheim<br />
1. Vors. Dr. Wiltrud Banschbach-Hettenbach,<br />
Pfalzring 105, 67112 Mutterstadt,<br />
Tel. 06234-929744,<br />
e-mail: wibahe@gmx.de<br />
2.Vors. Gerda Bindewald, Maxburgstr. 7,<br />
67122 Altrip, Tel. 06236-3497,<br />
e-mail: gerda.bindewald@t-online.de<br />
Lübeck<br />
1. Vors. Dr. Jutta Sczakiel, Fasanenring 7,<br />
23627 Groß Grönau, Tel. 04509-707167,<br />
Fax 04509-707168, e-mail:<br />
jutta.sczakiel@frau-und-kultur.de<br />
2. Vors. Marion Bade, Paul-Gerhardt-Str.<br />
1 k, 23554 Lübeck, Tel. 0451-492312,<br />
e-mail: marion.bade@icloud.com<br />
Moers<br />
1. Vors. Anne Helmich, Weidenkamp 8,<br />
46509 Xanten, mobil: 01573-2390014,<br />
e-mail: A.H.Helmich@t-online.de<br />
2. Vors. Erika Esser, Eichenstr.181,<br />
47443 Moers, Tel. 02841-507618<br />
Münster/Westfalen<br />
1. Vors. Ine Waaldijk, Wiener Straße 36,<br />
48145 Münster, Tel. 0251-392740,<br />
e-mail: gabi.ine@t-online.de<br />
Gießen<br />
1. Vors. Dr. Annegret Körner, Händelstr.<br />
14, 35392 Gießen, Tel. 0641-21611,<br />
e-mail: IgelGI@t-online.de<br />
2. Vors. Brigitte Sekula, Adalbert-Stifter-<br />
Str. 18, 35428 Langgöns, Tel. 06403-<br />
74851, e-mail: hbts.sekula@t-online.de<br />
Gütersloh<br />
1. Vors. Elke Weeke, Schluthecke 67,<br />
33334 Gütersloh, Tel. 05241-36563,<br />
e-mail: elke.weeke@gtelnet.net<br />
2. Vors. Karin Tønnesen-Lersmacher, An<br />
der Gräfte 8, 33378 Rheda-Wiedenbrück,<br />
Tel. 05242-49349,<br />
e-mail: karjat@t-online.de<br />
Hamm<br />
1. Vors.Hannelore Hermann, Klosterfeld<br />
9, 59069 Hamm-Rhynern,<br />
Tel. 02385-2283,<br />
Kiel<br />
1. Vors. Gudrun Stooß, Sophienblatt 18,<br />
24103 Kiel, Tel. 0431-5878444,<br />
e-mail: fam.stooss@t-online.de<br />
2. Vors. Marita Grages, Lehmberg 7,<br />
24103 Kiel, Tel. 0431-5199778<br />
Nürnberg<br />
1. Vors. Christa Rauch, Kölner Str. 54,<br />
90425 Nürnberg, Tel. + Fax 0911-484343<br />
2. Vors. Elisabeth Horn, Wolliner Str.6,<br />
90522 Oberasbach, Tel. 0911-695016<br />
e-mail: horn-oas@web.de<br />
Ehrenvorsitzende der Gruppen:<br />
Aachen: Christa Sasse, Krefelder Str. 6, 52070 Aachen, Tel. 0241-152333; Bad Neuenahr:<br />
Marieluise Eller, Bossardstr. 16, 53474 Ahrweiler, Tel. + Fax 02641-36327; Bochum:<br />
Gisela Beier, Tiefenstr. 6, 33824 Werther/Westf., Tel. 05203-9176979; Dortmund:<br />
Ilse Monhemius, Kirchhörder Str. 19, 44229 Dortmund, Tel. + Fax 0231-7270228;<br />
Dresden: Brigitta Thomas, Am Seifzerbach 40, 01108 Dresden, Tel. 0351-8804596;<br />
Essen: Renate Waßmuth,Wohngemeinschaft, Christophstr. 18-22, 45130 Essen, Tel.<br />
0201-47950219; Gütersloh: Renate Knappe, Kahlertstr. 124, 33330 Gütersloh, Tel.+<br />
Fax 05241-340529; Kamp-Lintfort: Elisabeth Ploch, Mühlenstr. 84, 47475 Kamp-Lintfort,<br />
Tel. 02842-41192, e-mail: elisabeth.ploch@freenet.de; Lübeck: Gundel Granow,<br />
Hauptstr. 8a, 23860 Klein Wesenberg, Tel. 04533-8535; Ludwigshafen/Mannheim:<br />
Barbara Bergemann, Hockenheimerstr. 7, 67117 Limburgerhof, Tel. + Fax 06236-61310;<br />
Münster: Ingrid van Endert, Bösenseller Str. 146, 48161 Münster, Tel. + Fax 02536-201;<br />
Christel Paul, Andreas Hofer Str. 74, Whg. 11, 48145 Münster, Tel. 0251-624375.<br />
30
Aus dem Verband<br />
Literaturseminar<br />
01.–03. September <strong>2017</strong> in der Akademie<br />
Franz Hitze-Haus, Münster,<br />
Leitung: Dr. Christiane Dahms<br />
Traumwelten – Träume in Literatur,<br />
Malerei und Film<br />
Träume erschaffen bizarre Welten, die einer<br />
eigenen Logik folgen und einen breiten<br />
Deutungsspielraum aufweisen. In der<br />
Literatur ist der Traum daher ein variationsreich<br />
eingesetztes Motiv, mit dem z.B.<br />
künftige Entwicklungen, Wünsche und innere<br />
Konflikte der Figuren angezeigt und<br />
innovative Erzählverfahren erprobt werden<br />
können.<br />
Das Wochenendseminar nimmt Beispiele<br />
aus Literatur, Malerei und Film<br />
in den Blick, in denen über Träume und<br />
Träumende, Traum- und Wachzustände<br />
erzählt und der Traum poetisch oder<br />
anthropologisch-psychologisch reflektiert<br />
wird, so z.B. bei Arthur Schnitzler,<br />
Franz Kafka, E.T.A. Hoffmann, Ludwig<br />
Tieck, Edgar Allan Poe, Ilse Aichinger,<br />
Jorge Luis Borges, Émile Zola, Bernhard<br />
Schlink, Thomas Mann, Sigmund Freud,<br />
aber auch bei Gustave Courbet, Max Klinger,<br />
Odilon Redon, Luis Buñuel u.a.<br />
Anmeldung: Akademie Franz Hitze Haus,<br />
Kardinal-von-Galen Ring 50, 48149 Münster,<br />
Maria Conlan: conlan@franz-hitzehaus.de,<br />
Tel.: 0251/9818 416, www.franzhitze-haus.de<br />
Tagungsnummer 717 WT, Tagungsbeitrag<br />
140 €, Ü/F im Zweibettzimmer 40 €,<br />
Ü/F im Einzelzimmer 60 €<br />
Kreative Seminartage<br />
03.–08. September <strong>2017</strong> im Hotel<br />
an der Hauptallee, Bad Pyrmont<br />
Themen: 1. Acrylmalerei (Frau Gisela<br />
Schlitt-Mattlener, Bochum); 2. Perlen auffädeln<br />
und häkeln (Frau Hannelore Trümper,<br />
Essen); 3. Papierbatik (Ursel Galgan)<br />
Preis: Übernachtung und Vollpension<br />
pro Person 54 € pro Tag. Anmeldung<br />
bis spätestens 1. August <strong>2017</strong> an: Ursel<br />
Galgan,Rosengarten 15 b, 29549 Bad Bevensen,<br />
Tel.: 05821 2186<br />
Impressum<br />
Frau und Kultur<br />
Zeitschrift des Deutschen Verbandes<br />
Frau und Kultur e.V. – Heft 2/<strong>2017</strong><br />
Herausgeber:<br />
Deutscher Verband Frau und Kultur e.V.<br />
www.verband-frau-und-kultur.de<br />
Bundesvorsitzende:<br />
Dr. Elisabeth Kessler-Slotta, Uhlandstr. 55,<br />
44791 Bochum, Tel. 0234-580356,<br />
E-Mail: ekessler-slotta@web.de<br />
Redaktion:<br />
Irma Hildebrandt<br />
Schlösslihalde 19, CH-6006 Luzern<br />
Tel. 0041 41 370 42 30<br />
E-Mail: i.hildebrandt@bluewin.ch<br />
Gruppenberichte:<br />
Margareta Görlinger, Ungsteiner Straße 6,<br />
67067 Ludwigshafen, Tel. 0621-55485,<br />
E-Mail: ma.goerlinger@googlemail.com<br />
Verbandsberichte und Layout:<br />
Inge Kellersmann, Haardtstraße 7a, 76829 Landau,<br />
Tel. 06341-9506810, mobil 0171 3278372<br />
E-Mail: i-kellersmann@gmx.de<br />
Litho und Reinzeichnung:<br />
modus: medien + kommunikation gmbH<br />
Albert-Einstein-Straße 6, 76829 Landau,<br />
www.modus-media.de<br />
Druck:<br />
Stober GmbH, Druckerei und Verlag<br />
Industrieaße 2, 76344 Eggenstein<br />
Fotos: S. 1, 3, 6, 18 Inge Kellersmann, S.5 Grafik:<br />
Anke Peters/Bechmann, Quelle: Heimat in Literatur,<br />
Sprache und Kunst, Erkelenz (2015); S.11,<br />
16 Jean-Marc Felix; S.15 Ernst-Bloch-Zentrum<br />
Ludwigshafen; S.20 Conrad Amber; S.23 Dekanat<br />
Wofsburg; S.26 wikimedia commens/Parsifal;<br />
S.27 Amnesty International/Henning Schacht;<br />
übrige privat oder Archiv<br />
Bezugspreis:<br />
12,– € inkl. Porto für 3 Hefte jährlich<br />
Abos für Nichtmitglieder und Geschenkabos:<br />
Anke Linsa, Rossberg 123, 53505 Altenahr<br />
Tel. 026 43 90 02 40, Fax 026 43 90 02 42<br />
E-Mail: alinsa@web.de<br />
Adressänderungen und Neuanmeldungen:<br />
Anke Linsa, Rossberg 123, 53505 Altenahr<br />
Tel. 026 43 90 02 40, Fax 026 43 90 02 42<br />
E-Mail: alinsa@web.de<br />
Zahlungen zur Verbandsabgabe und Abos an:<br />
Deutscher Verband Frau und Kultur e.V.<br />
Postbank Essen Konto.-Nr. 611 918-439, BLZ<br />
360 100 43, IBAN: DE91 3601 0043 0611 9184<br />
39 – BIC: PBNKDEFF360<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion<br />
und mit Quellenangabe gestattet. Mit Namen<br />
gekenn zeichnete Beiträge stellen nicht in jedem<br />
Fall die Auffassung der Herausgeber dar.<br />
Gedruckt auf säurefreiem Papier mit FSC-Zertifikat<br />
ohne optische Aufheller und hergestellt aus<br />
100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff.<br />
31
Thema des nächsten Heftes:<br />
Viva la musica<br />
Redaktionsschluss für Heft 3/<strong>2017</strong><br />
15. Oktober <strong>2017</strong><br />
Gegründet 1896<br />
Unser Verband<br />
Unsere Ziele<br />
Unsere Arbeit<br />
Unsere Zeitschrift<br />
Vertreten in<br />
Wir gehören zu den traditionsreichen Frauenverbänden Deutschlands.<br />
Wir arbeiten überparteilich und überkonfessionell.<br />
Wir sind in 23 Städten der Bundesrepublik vertreten.<br />
Der Verband setzt sich ein<br />
für die vielseitige Bildung und Aktivierung der Frau auf kulturellem Gebiet,<br />
für die Förderung ihrer schöpferischen Fähigkeiten,<br />
für die Verwirklichung ihrer Gleichstellung in Familie, Beruf und Gesellschaft,<br />
für die Zusammenarbeit mit Verbänden ähnlicher Zielsetzung auf nationaler und<br />
internationaler Ebene.<br />
Wir treffen uns regelmäßig zu Vorträgen und Arbeitsgemeinschaften.<br />
Bei Studienfahrten und Seminaren bieten wir unseren Mitgliedern Information und<br />
Weiterbildung auf vielen Gebieten der Kultur und Auseinandersetzung mit den Problemen<br />
unserer Zeit. Die Gruppen engagieren sich in sozialen und kulturellen Projekten. Wanderund<br />
Gymnastikangebote ergänzen das Programm.<br />
FRAU und Kultur erscheint dreimal jährlich, jeweils mit einem Schwerpunktthema.<br />
Sie stellt unseren Verband nach außen dar und ist ein wichtiges Bindeglied für die<br />
Verbands- und Gruppenarbeit.<br />
Aachen – Bad Neuenahr – Berlin – Bochum – Bremen – Delmenhorst – Dortmund –<br />
Dresden – Düsseldorf – Essen – Freiburg – Gießen – Gütersloh – Hamm – Hannover –<br />
Herne – Kamp-Lintfort – Kiel – Ludwigshafen / Mannheim – Lübeck – Moers – Münster<br />
– Nürnberg