Deutscher Hausärzteverband – Die Hausarztverträge
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DIe HAuSArZtVertrÄGe<br />
ein Versorgungsmodell mit Zukunft
Editorial<br />
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />
die Sicherung der hausärztlichen Versorgung stellt viele Kommunen vor<br />
immer größere Herausforderungen. Mit dem demografischen Wandel und<br />
dem stei genden Hausärztebedarf braucht es Konzepte, die die Arbeitsbedingungen<br />
der Hausärztinnen und Hausärzte verbessern, den Beruf<br />
für junge Ärzte noch attraktiver machen und gleichzeitig die Qualität der<br />
Versorgung stärken. Hier setzen die <strong>Hausarztverträge</strong> an. Für diese moderne<br />
Form der Versorgung, bei der die Hausärzte wieder konsequent die<br />
ersten Ansprechpartner bei allen gesundheitlichen Fragen sind, haben sich<br />
inzwischen bundesweit Millionen Patienten freiwillig entschieden. <strong>Die</strong>se<br />
Broschüre soll Ihnen kurz, bündig und prägnant einen Überblick über die<br />
Vorteile der <strong>Hausarztverträge</strong> bieten.<br />
Ich bedanke mich für Ihr Interesse an der Arbeit<br />
der Hausärztinnen und Hausärzte!<br />
Ulrich Weigeldt<br />
Bundesvorsitzender des<br />
Deutschen <strong>Hausärzteverband</strong>es<br />
3
Wie funktionieren die <strong>Hausarztverträge</strong>?<br />
Struktur und Vorteile<br />
Das Gesundheitswesen wird immer komplexer.<br />
In den vergangenen Jahren sind eine Vielzahl<br />
neuer Facharztrichtungen eingeführt worden.<br />
Was dabei häufig auf der Strecke bleibt, ist der<br />
ganzheitliche Ansatz, bei dem nicht nur einzelne<br />
Krankheiten oder Organe im Fokus stehen,<br />
sondern der gesamte Mensch, mit seiner<br />
Krankheitsgeschichte, seinem sozialen Umfeld<br />
und seiner persönlichen Lebenssituation.<br />
Gerade in einer alternden Gesellschaft ist das<br />
von großer Bedeutung. Für eine medizinische<br />
Versorgung auf höchstem Niveau braucht es<br />
jemanden, der den Überblick behält.<br />
Der Hausarzt hat hier eine Schlüsselfunk tion<br />
inne. Er ist dafür weitergebildet, als erster Ansprechpartner<br />
seiner Patienten Beschwerden<br />
aus ganz unterschiedlichen Bereichen zu behandeln,<br />
abzuwägen und bei Bedarf die Koordination<br />
mit Fachärzten, Krankenhäusern<br />
oder weiteren Heilberufen zu übernehmen.<br />
Mit den <strong>Hausarztverträge</strong>n wird diese Rolle<br />
der Haus ärzte gestärkt. Sie sind eine funktionierende<br />
Alternative zu den Strukturen der<br />
Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen).<br />
PATIENT<br />
Verbindlicher Ansprechpartner<br />
bei allen gesundheitlichen Fragen<br />
Bessere Koordination<br />
der Behandlungsabläufe<br />
Intensivere<br />
hausärztliche Betreuung<br />
Weniger vermeidbare Krankenhausaufenthalte<br />
und doppelte<br />
Facharztbesuche<br />
Umfassenderes<br />
Medikationsmanagement<br />
Höhere Teilnahmerate an Disease-<br />
Management-Programmen (DMP)<br />
FACHARZT<br />
Mehr Zeit für die Patienten, die<br />
die spezifischen Kompetenzen<br />
des Facharztes benötigen<br />
Vollständige Befundübersicht<br />
und fester Ansprechpartner bei<br />
Fragen zu der Krankengeschichte<br />
des Patienten<br />
HAUSARZT<br />
Stärkung der Hausarztpraxis<br />
als zentraler Ort der Versorgung<br />
Eigenständiges<br />
Primärarztsystem<br />
Faire Vergütung<br />
Weniger Bürokratie durch<br />
einfachere Abrechnungen<br />
Langfristige Planungssicherheit<br />
für die Praxis<br />
Stärkung der<br />
Arzt-Patienten-Beziehung<br />
Bessere Chancen, einen<br />
Praxisnachfolger zu finden<br />
KRANKENKASSE<br />
Geringere Kosten pro Versicherten<br />
durch besser koordinierte<br />
Facharztbesuche, die Vermeidung<br />
von Krankenhauseinweisungen<br />
u.v.m.<br />
Chance, sich durch<br />
innovative Versorgungsangebote<br />
von anderen Krankenkassen<br />
abzuheben<br />
4
Wie funktionieren die <strong>Hausarztverträge</strong>?<br />
1<br />
Hausarzt und Patient entscheiden<br />
sich gemeinsam, an einem Hausarztvertrag<br />
teilzunehmen. Hausärzte<br />
müssen hierfür besondere Qualitätsanforderungen<br />
erfüllen.<br />
2<br />
Der Hausarzt ist bei allen Fragen rund um<br />
die Gesundheit der erste Ansprechpartner<br />
(Ausnahmen: Notfälle, Zahnärzte, Augenärzte,<br />
Gynäkologen, Kinderärzte).<br />
Knapp 80 Prozent aller Beschwerden können<br />
in der Hausarztpraxis geklärt werden.<br />
3<br />
Bei Bedarf koordiniert der Hausarzt die<br />
gemeinsame Versorgung mit Fachärzten,<br />
Krankenhäusern und weiteren Heilbe rufen.<br />
Er ist stets über die gesamte Behandlung<br />
informiert und kann ggf. eingreifen.<br />
Fachärzte<br />
Krankenhäuser<br />
Weitere<br />
Heilberufe<br />
Quelle: <strong>Deutscher</strong> <strong>Hausärzteverband</strong> e. V.<br />
5
Was sagen Patienten?<br />
"MeIn HAuSArZt BeHÄLt Den<br />
ÜBerBLIcK ÜBer MeIne GeSunDHeIt"<br />
Wie sind sie auf die <strong>Hausarztverträge</strong><br />
aufmerksam<br />
geworden?<br />
gibt es auch Nachteile,<br />
z. B. bei der freien arztwahl?<br />
Sabine Reffert<br />
Patientin aus dem Rhein-Pfalz-Kreis,<br />
Rheinland-Pfalz<br />
sabine reffert: Ich wurde von<br />
den Mitarbeiterinnen meines<br />
Hausarztes gefragt, ob ich gerne<br />
am Hausarztvertrag teilnehmen<br />
möchte. Zuerst war<br />
ich ein wenig skeptisch, insbesondere<br />
wegen dem Wort<br />
„Vertrag“. Darauf hin habe ich<br />
mir ein paar InfoMaterialien<br />
zum Hausarztprogramm<br />
mit nach Hause genommen,<br />
mich in Ruhe über das Modell<br />
informiert und war direkt<br />
überzeugt <strong>–</strong> auch von den<br />
Vorteilen, die eine Teilnahme<br />
für mich als Patientin mit<br />
sich bringt.<br />
Können sie ein paar<br />
Vor teile für sie als<br />
teil nehmerin nennen?<br />
sabine reffert: Am Wichtigsten<br />
finde ich, dass mein<br />
Hausarzt, auch weil er sämtliche<br />
Be funde in seine Praxis<br />
bekommt, den Überblick über<br />
meine Gesundheit behalten<br />
kann <strong>–</strong> das ist optimal.<br />
Ich habe in ihm eine feste<br />
Anlaufstelle und das finde<br />
ich sehr beruhigend. Auch<br />
die angebotenen Sprechzeiten<br />
für Berufstätige kommen<br />
mir sehr entgegen. Des<br />
Weiteren ist es auch wichtig,<br />
die Ärzte in ländlichen<br />
Gegenden zu unterstützen. Es<br />
ist ja teilweise schon so, dass<br />
es immer weniger Hausärzte<br />
auf dem Land gibt.<br />
sabine reffert: Einen Nachteil<br />
bei der freien Arztwahl habe<br />
ich nicht, ich suche mir meine<br />
Ärzte ja frei aus, wie jeder<br />
andere Patient auch. Ich binde<br />
mich eben für ein Jahr an<br />
meinen Hausarzt. Das sehe<br />
ich eher als Vorteil, nicht als<br />
Nachteil. Insgesamt war ich<br />
überrascht, wie viele Probleme<br />
mein Hausarzt in seiner<br />
Praxis klären kann. Ich glaube,<br />
das liegt auch daran, dass er<br />
mich und meine Krankheitsgeschichte<br />
gut kennt. Wenn es<br />
erforderlich ist, überweist er<br />
mich an einen Facharzt, so wie<br />
man das aus der ganz normalen<br />
Versorgung kennt.<br />
6
Was sagen Hausärzte?<br />
„Für mich bedeuten die <strong>Hausarztverträge</strong> zuallererst einmal, dass ich meine<br />
Patienten unter guten rahmenbedingungen versorgen kann. Dazu zählen<br />
einerseits die faire Vergütung, aber auch eine langfristige Planungssicherheit<br />
für meine Patienten und meine Praxis. Das gilt natürlich auch für potentielle<br />
Praxisnachfolger. <strong>Die</strong> wollen ja auch in eine moderne Hausarztpraxis, die<br />
ihnen ihre Zukunft sichert. Dass die teilnahme mit höheren Qualitätsanforderungen<br />
an die Hausärzte einhergeht, finde ich in ordnung. Wichtig ist,<br />
dass mit den <strong>Hausarztverträge</strong>n endlich ein Primärarztsystem etabliert<br />
wurde, in dem unsere Arbeit anerkannt und unsere rolle gestärkt wird.“<br />
Dr. Norbert Hartmann<br />
Hausarzt in Hörstel, Nordrhein-Westfalen<br />
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8
Was sagen die Zahlen?<br />
4,5 Mio.<br />
teilNeHmeNde patieNteN<br />
630<br />
zaHl der eiNzelVertrÄge<br />
NaCH § 73b sgB V<br />
17.000<br />
teilNeHmeNde HausÄrzte<br />
10 %<br />
WaCHstum iN 2016<br />
1,03 Mrd.<br />
HoNorarVolumeN iN 2016<br />
gesetzliCHe gruNdlage<br />
§ 73b SGB V<br />
Stand August 2017<br />
9
Was sagt die Wissenschaft?<br />
Wissen Schaftliche Evaluation<br />
<strong>Die</strong> <strong>Hausarztverträge</strong> wurden<br />
durch die Universitäten<br />
Frankfurt am Main<br />
und Heidelberg mehrfach<br />
wissenschaftlich evaluiert.<br />
Dabei wurden unter anderem<br />
die Versorgungsqualität,<br />
die Kosten struktur und die<br />
Patienten betreuung in den<br />
Verträgen untersucht.<br />
Niedrigere<br />
Hospita lisierungsrate<br />
Durch die intensivere hausärztliche<br />
Betreuung in den<br />
<strong>Hausarztverträge</strong>n konnte die<br />
Zahl der Krankenhauseinweisungen<br />
gesenkt werden.<br />
Konkret: <strong>Die</strong> Hospitalisierungsrate<br />
pro hundert Versicherte lag<br />
2014 in der Interventionsgruppe<br />
bei 22,2 und in der Kontrollgruppe<br />
bei 26,1.<br />
Gezieltere<br />
Arznei mitteltherapie<br />
Durch die regelmäßige Teilnahme<br />
an strukturierten<br />
Qualitätszirkeln und die bessere<br />
Koordination erfolgt die<br />
Arzneimitteltherapie zielgerichteter<br />
und effizienter.<br />
Konkret: Bei Patienten mit SSRI-<br />
Therapie erfolgte die Verordnung<br />
von Analgetika für die teilnehmenden<br />
Patienten so, dass<br />
die Wahrscheinlichkeit für das<br />
potentielle Auftreten eines Serotoninsyndroms<br />
um 12,7 Prozent<br />
niedriger lag im Vergleich zu<br />
Patienten in der Kontrollgruppe.<br />
Geringere Kosten für<br />
Krankenkassen<br />
Durch die effizienteren Strukturen<br />
können Krankenkassen<br />
Versichertengelder einsparen.<br />
Konkret: <strong>Die</strong> AOK Baden-Württemberg<br />
hat durch die <strong>Hausarztverträge</strong><br />
und Facharztverträge<br />
2015 knapp 35 Millionen Euro<br />
netto eingespart.<br />
Bessere Versorgung<br />
Mehrere Faktoren führen in<br />
den <strong>Hausarztverträge</strong>n zu<br />
einer höheren Qualität der Versorgung.<br />
Dazu zählt unter anderem,<br />
dass die Teilnahmerate<br />
an strukturierten Chronikerprogrammen<br />
(Disease-Management-Programme<br />
[DMP]) in<br />
den <strong>Hausarztverträge</strong>n signifikant<br />
höher ist als in der Kontrollgruppe.<br />
Konkret: Im Verlauf von drei<br />
Jahren konnten in der Interventionsgruppe<br />
bei Diabetikern gut<br />
1.700 schwerwiegende Komplikationen<br />
wie Amputationen,<br />
Erblindungen oder Schlaganfälle<br />
vermieden werden.<br />
Intensivere<br />
Patientenbetreuung<br />
Durch die intensivere hausärztliche<br />
Versorgung fühlen sich die<br />
Patienten umfassender betreut.<br />
Konkret: Bei einer Befragung<br />
sahen die Patienten den besseren<br />
Informationsfluss und die<br />
Lotsenfunktion des Hausarztes<br />
als wesentliche Faktoren an,<br />
durch welche sie sich besser versorgt<br />
sehen.<br />
Quelle: Evaluation der Hausarztzentrierten<br />
Versorgung (HZV) nach<br />
§ 73b SGB V in Baden-Württemberg<br />
(2013-2016) <strong>–</strong> Nachzulesen auf:<br />
www.neueversorgung.de<br />
10
Über uns<br />
Der Deutsche <strong>Hausärzteverband</strong> e. V. ist mit etwa<br />
30.000 Mitgliedern der größte Berufsverband niedergelassener<br />
Ärzte in Deutschland und Europa. Er tritt für<br />
die Stärkung und den Erhalt einer hochwertigen und<br />
flächendeckenden hausärztlichen Versorgung ein. Mit<br />
seinen 17 Landesverbänden vertritt der Bundesverband<br />
die berufspolitischen Interessen der Hausärztinnen und<br />
Hausärzte gegenüber Politik und Krankenkassen, in<br />
Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen.<br />
11
Herausgeber<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Hausärzteverband</strong> e. V.<br />
EdmundRumplerStr. 2<br />
51149 Köln<br />
www.hausaerzteverband.de<br />
V.i.S.d.P.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Hausärzteverband</strong> e. V.<br />
vertreten durch Ulrich Weigeldt<br />
Gestaltung<br />
Dorina Rundel <strong>–</strong> Kommunikationsdesign<br />
Fotografie<br />
shutterstock.com / Makistock<br />
iStockphoto.com / Ridofranz<br />
axentis.de / Lopata<br />
Stand<br />
August 2017