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01-56-Fraenkische-Nacht-September-2017-ALLES

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musiktipps<br />

stefanie schlesinger<br />

Reality<br />

HIPJAZZ Records<br />

brand new<br />

Science Fiction<br />

Procrastinate! Music Traitors<br />

Sie sind - privat und musikalisch - „With<br />

You“ harmonisch vereint: Stefanie Schlesinger<br />

(voc) und Wolfgang Lackerschmid (vibes,<br />

marimba & „ravishing arrangements“).<br />

Ihr aktuelles Werk besticht an erster Stelle<br />

durch den gereiften Gesang der sensiblen<br />

Jazzsängerin, auch wenn es mal „Ganz leise“<br />

(Franz Grothe) wird. Zudem überzeugt die<br />

Aufnahmequalität und kreative Abwechslung<br />

der Songs in italienischer, spanischer, englischer<br />

und deutscher Sprache bei gleichzeitig<br />

wohltuend durchgehendem Smooth-Sound.<br />

Der Klang von Lackerschmids Vibraphon wird<br />

dabei von Mark Soskins Piano komplementär<br />

ergänzt. Zugleich bilden beide Vollblutmusiker<br />

den Klangteppich für Stefanie Schlesingers<br />

emotionional zärtlich aufgeladene Jazzvocals<br />

und treten auch unaufdriglich virtuos<br />

solistisch hervor, wie ab und zu Ryan Carniaux<br />

an Trompete und Flügelhorn. Dabei sorgen<br />

John Goldsby (bass) und Guido May (drums,<br />

perc) mit viel Gefühl für den passenden<br />

Groove. Raffinierte Jazz-Interpretationen von<br />

Popsongs wie „Fool On The Hill“ (Beatles)<br />

und “The Winner Takes It All” (ABBA) bezaubern.<br />

Am 18.11.2<strong>01</strong>7 live in Bamberg im großen<br />

Saal der VHS zu erleben! Helmut Ölschlegel<br />

Sich als Musiker dem Zwang multimedialer<br />

Omnipräsenz und dem Gieren der „Follower“<br />

nach ständig neuem „Content“ zu verweigern,<br />

ist in Zeiten stetig schrumpfender Aufmerksamkeitsspannen<br />

quasi gleichbedeutend<br />

mit kommerziellem Selbstmord. Brand New<br />

hingegen haben die digitale Abstinenz zur<br />

Tugend erhoben und sich so neben einer<br />

passionierten Fangemeinde auch den Hauch<br />

des Mysteriösen bewahrt, der besonders die<br />

Rockmusik einst auszeichnete. Vom Pop-<br />

Punk (Your Favorite Weapon) über Emo<br />

(Déja Entendu) und Post-Hardcore (The<br />

Devil And God..) gelten ihre Alben zurecht<br />

als Klassiker des jeweiligen Genres, dem sie<br />

als Band sofort wieder entwuchsen, um nach<br />

dem eher spröden „Daisy“ von 2009 aus heiterem<br />

Himmel mit ihrer reinsten Rock-Platte<br />

zurückzukehren. Zum großen Teil akustisch<br />

gehaltener 90er-Alternative dominiert, nie<br />

lässt die unterschwellige Aggression in Jesse<br />

Laceys Stimme einen jedoch vergessen, wer<br />

hier gerade mit Gott und der Welt hadert.<br />

Gerüchten nach bleibt „Science Fiction“ ihr<br />

(würdiges) Vermächtnis, nur werden wir es je<br />

erfahren? Download unter: brandnewofficial.<br />

bandcamp.com. Maximilian Beer<br />

judith holofernes<br />

Ich bin das Chaos<br />

Warner<br />

melvins<br />

A Walk With Love & Death<br />

Ipeac Records/RTD<br />

Sie war die Frontfrau von „Wir sind Helden“<br />

und sie haben ihr „ein Denkmal<br />

gebaut“. Doch schon seit einigen Jahren<br />

wandelt Judith Holofernes auf Solopfaden.<br />

„Ich bin das Chaos“ ist nun ihr zweites<br />

Solo-Album und man merkt, dass<br />

die Sängerin inzwischen ihren eigenen<br />

Stil gefunden hat. Freilich erinnert ihre<br />

Musik weiterhin an „Wir sind Helden“,<br />

schließlich stammen die Texte der Lieder<br />

auch hier aus ihrer Feder. Und so ist<br />

das „Chaos“-Album freilich gespickt mit<br />

phantastischen Wortspielen, kreativen<br />

Lyriks und traumhafter Poesie. Doch was<br />

natürlich sofort ins Ohr sticht, ist Judith<br />

Holofernes unverkennbare Stimme. Und<br />

die hat sich im Laufe der Jahre ein wenig<br />

verändert: Die Sängerin klingt nicht mehr<br />

so verträumt wie zu Helden-Zeiten. Ihre<br />

Stimme ist zerbrechlicher und gleichzeitig<br />

eindringlicher geworden. Das passt<br />

hervorragend zu einzelnen, nachdenklichen<br />

Songs auf dem Album, nimmt aber<br />

den schnelleren Nummern manchmal<br />

„den Wumms“. Insgesamt aber ein tolles<br />

Album mit dem sich Holofernes als Solokünsterlin<br />

etabliert. Sabine Mahler<br />

An Experimentierlust und einem Faible<br />

für schräge musikalische Selbstverwirklichungstrips<br />

hat es den Melvins noch nie<br />

gemangelt. Zuletzt verstörten die Ikonen<br />

des amerikanischen Noise-Rocks mit der<br />

chaotisch-collagenartigen Handyvideo-<br />

Tourdoku „Across The USA In 51 Days“ oder<br />

einem Konzeptalbum, das der Bassgitarre<br />

huldigt. Nun also „A Walk With Love<br />

& Death“, der erste Doppelpack in der<br />

über 30-jährigen Bandgeschichte. Auf der<br />

„Death“-Seite suhlen sich King Buzzo, Dale<br />

Crover und Steven McDonald in einem zähfließenden<br />

Morast aus Doom, Sludge und<br />

Drone mit fast schon hypnotischer Sogwirkung.<br />

Den „Love“-Part hingegen bildet der<br />

Soundtrack zu einem geplanten Kurzfilm,<br />

ohne visuellen Überbau bleibt aber kaum<br />

mehr als eine kryptische, schwer konsumierbare<br />

Geräuschkulisse aus Klangfetzen,<br />

Feedbacks und Stimmengewirr. Doch egal,<br />

ob man das nun als Kunst, Klamauk oder<br />

doch nur Krawall empfindet – genau diese<br />

subversive Radikalität fern aller Trends<br />

und Konventionen macht die Melvins so<br />

wertvoll. Erst recht, wenn es um Liebe<br />

oder Tod geht.<br />

Uli Digmayer<br />

KURZ &GUT<br />

Sam Beam war fast 30 Jahre alt, als er mit<br />

einem geliehenen Vierspurkassettenrekorder<br />

seinen ersten Song aufnahm. Die<br />

Beamschen Homerecordings wurden unter<br />

dem Künstlernamen Iron & Wine auf Subpop<br />

veröffentlicht und für ihre Intimität<br />

gefeiert. Inzwischen ist der Mann aus North<br />

Carolina Mitte 40, hat fünf Töchter und auf<br />

seinem sechsten Studioalbum „Beast Epic“<br />

eine ganze Menge Professionalität hinzugewonnen<br />

- ohne die Intimität einzubüßen. 13<br />

wunderschöne, berührende, lyrische Songs,<br />

die ihre Wirkung besonders dann entfalten<br />

dürften, wenn bald der raue Herbstwind an<br />

den Fenstern rüttelt. cro<br />

Die Vergleiche mit dem Boss wird sich Adam<br />

Granduciel gefallen lassen müssen. Nicht nur<br />

der musikalische Arbeitsethos, die Hingabe<br />

fürs Detail und die Perfektion der Arrangements<br />

erinnern beim Mastermind von War<br />

On Drugs sehr an Bruce Springsteen, auch<br />

die Handschrift beim Songwriting lässt durchaus<br />

Parallelen erkennen. Und dennoch ist „A<br />

Deeper Understanding“, das vierte Studioalbum<br />

von WOD, ein durchweg eigenständiges<br />

Kunstwerk (und ganz nebenbei eine der besten<br />

Popplatten des Jahres), das trotz der ganzen<br />

musikalischen Perfektion die unerfüllende<br />

Suche nach diesem einen Ort beschreibt,<br />

der immer irgendwo anders ist. cro<br />

DJ-Toplist > <strong>September</strong><br />

Uwe Breunig<br />

1. Akosh S. - Koparon<br />

2. Nels Cline Trio - The Gamine<br />

3. Radian Verses Howe Gelb - Return of Picacho Peak<br />

4. The Schwarzenbach - Zarte Blüte Hass<br />

5. Tom Brosseau - Stuck on the roof again<br />

6. Marc Ribot - Happiness is a warm gun<br />

7. Kevin Morby - Dry your eyes<br />

8. Leyla McCalla - Little Sparrow<br />

9. Kammerflimmer Kollektief - Zurück zum Beton<br />

10. Ryley Walker - Sullen Mind (Live at SiriusXM The Loft)<br />

38 www.fraenkische-nacht.de

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