DER SALZBURGER - Landesfeuerwehrverband Salzburg
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VERBAND<br />
Der gute Umgang mit Einsatzbelastungen -<br />
„Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen (SvE)“<br />
Dr. Wolfgang Worlicek, OBR Harald Kreuzer<br />
Feuerwehrfrauen und -männer suchen den Einsatzdienst als Herausforderung,<br />
oftmals auch verbunden mit großen persönlichen Belastungen. Hat<br />
man einen Einsatzauftrag gut erledigt, stellt sich eine Zufriedenheit ein<br />
(„Eustress“). Bei allen Einsätzen ist Selbstschutz das oberste Gebot, jede<br />
eingesetzte Einsatzkraft muss den Einsatz körperlich unversehrt beenden.<br />
Wie sieht es aber mit einsatzbedingten<br />
seelischen Belastungen von<br />
Einsatzkräften der Feuerwehr aus?<br />
Man bemerkt z. B. beim Kameraden<br />
vielleicht schon bei der Anfahrt zum<br />
Einsatzort sein Schwitzen, seine<br />
schnelle Atmung, eine Veränderung<br />
in seiner Sprache, besondere Unruhe<br />
oder auffällige Zurückgezogenheit,<br />
und am Einsatzort kann man mit ihm<br />
auch nicht „vernünftig“ reden.<br />
Solche und ähnliche Stresssymptome<br />
kann man auch an sich selber beobachten,<br />
sie sind eine normale Reaktion<br />
des Körpers auf eine extreme Herausforderung<br />
während des Einsatzes<br />
und verschwinden im Allgemeinen<br />
nach Einsatzende rasch wieder. Einige<br />
Zeit nach dem Einsatzende, wenn<br />
„der Helm schon längst wieder im<br />
Spind liegt“, klingen einzelne Eindrü-<br />
Schulungsunterlage<br />
für die Feuerwehren<br />
cke (z.B. Bilder, Geräusche, Gerüche)<br />
noch nach, aber nach einigen Stunden<br />
bis wenigen Tagen verschwinden<br />
auch sie und es stellt sich wieder<br />
Normalität ein. Kameradschaft unter<br />
Einsatzkräften ist ein wesentlicher<br />
Faktor, um Einsatzbelastungen gut zu<br />
bewältigen und das Erlebte „zu den<br />
Akten legen zu können“. Gespräche<br />
vor allem mit den Kameraden nach<br />
Einsätzen sind meistens eine effiziente<br />
Unterstützung, um das Auftreten<br />
von Belastungssymptomen wie<br />
z.B. intensive Wiedererinnerungen,<br />
Schlaflosigkeit, Rückzug im Feuerwehrdienst<br />
zu vermeiden bzw.<br />
abzumildern. Vermehrter Suchtmittelgenuss<br />
(Alkohol, Medikamente,<br />
Drogen) bietet keine geeignete Unterstützung<br />
zur Verarbeitung der Eindrücke.<br />
Psychische Schutzmechanismen<br />
schützen Einsatzkräfte meistens<br />
davor, dass das im Einsatz Erlebte<br />
(z.B. Verletzungen, Tod, Verlust der<br />
Lebensgrundlage) nicht allzu sehr „zu<br />
Herzen geht“, denn sonst könnte die<br />
Handlungsfähigkeit im Einsatz bedenklich<br />
eingeschränkt werden. Eine<br />
gute Aus- und Fortbildung spielen<br />
eine wichtige Rolle zur Stressprävention.<br />
Hilflosigkeit am Einsatzort wird<br />
vermieden, denn erlebte Hilflosigkeit<br />
ist für Einsatzkräfte eine enorme Belastung.<br />
Ein weiterer präventiv unterstützender<br />
Faktor ist ein in der Ausbildung<br />
erworbenes Basiswissen über<br />
die (eigene) Stressbelastung im Einsatzdienst<br />
(„Primäre Prävention“).<br />
Beobachtet man im Einsatz Sym-<br />
OBR Harald Kreuzer, LFK LBD Leo Winter, Landeshauptfrau Mag. Gabi<br />
Burgstaller und Dr. Peter Obermüller bei der Präsentation des Filmes<br />
„Hilfe für die Helfer“<br />
ptome, wertet man diese als normale Reaktion und kann<br />
rechtzeitig gegensteuern, um eine Überforderungssituation<br />
zu vermeiden. Daher wird bereits im Grundlehrgang<br />
und in den Führungslehrgängen diese Thematik behandelt.<br />
Manche Einsätze können „Belastenden Einsätzen“ werden<br />
(„Disstress“), wenn z.B. ein Kamerad verletzt worden oder<br />
zu Tode gekommen ist, man selber in einer lebensgefährlichen<br />
Situation gewesen ist oder z.B. Kinder betroffen waren.<br />
Dann versagen auch einmal die Schutzmechanismen.<br />
Die Gespräche mit den eigenen Kameraden bringen keine<br />
nachhaltige Entlastung und man kann das Erlebte nicht<br />
einfach zu den Akten legen. Es gehen über längere Zeit<br />
einzelne Bilder oder Geräusche nicht aus dem Sinn, man<br />
bekommt einen Geruch nicht mehr aus der Nase oder man<br />
ist ungeduldiger als früher. Man kann sich auf die Arbeit<br />
nicht hinreichend konzentrieren, man wacht in der Nacht<br />
schweißgebadet auf, weil man nach diesem „Belastenden<br />
Einsatz“ eine Situation nochmals „real“ durchlebt hat.<br />
Beobachtet eine Einsatzkraft am Kameraden oder an sich<br />
selbst über mehrere Tage oder Wochen solche Veränderungen,<br />
besteht Handlungsbedarf. Eine qualifizierte fachliche<br />
Unterstützung ist hier sinnvoll und notwendig, um<br />
zur Normalität zurückkehren zu können. Dazu hat der LFV<br />
<strong>Salzburg</strong> für die Kameraden ein SvE-System (SvE = Stressverarbeitung<br />
nach „Belastenden Einsätzen“) ins Leben gerufen,<br />
um bei Bedarf Kameraden beim Umgang mit Stress-<br />
situationen nach „Belastenden Einsätzen“ sinnvoll und<br />
effizient helfen zu können. Ein wesentlicher Bestandteil davon<br />
sind feuerwehreigene Peers. Dies sind besonders geschulte<br />
Feuerwehrmitglieder, die ihre eigenen Kameraden<br />
nach „Belastenden Einsätzen“ z.B. in strukturierten Einzel-<br />
oder künftig auch Gruppengesprächen auf kameradschaftlicher<br />
Ebene unterstützen. Falls erforderlich stellen sie auch<br />
Kontakt zu externen Fachleuten her.<br />
Nach mehreren Ausbildungsveranstaltungen stehen<br />
seit September insgesamt 51 Peers in den<br />
einzelnen Bezirken zur Verfügung, die sich wie folgt<br />
aufteilen:<br />
Flachgau 16 Tennengau 6<br />
Pongau 5 Pinzgau 17<br />
Lungau 7<br />
Die Anforderung eines Peer kann durch Einsatzleiter, Ortsfeuerwehrkommandanten<br />
oder Organe des LFV über die<br />
LAWZ erfolgen. Der Peer setzt sich zur Abklärung der genauen<br />
Lage und Vereinbarung eines Treffens mit der anfordernden<br />
Person telefonisch in Verbindung. Es besteht auch<br />
die Möglichkeit, dass betroffene Personen selbst über die<br />
LAWZ einen Peer anfordern können. Derzeit wird ein Medienpaket<br />
für die Peers erarbeitet, um die Thematik Stressbelastung<br />
bei Einsätzen im Rahmen von Schulungen in den<br />
einzelnen Feuerwehren zu behandeln und Feuerwehrmitglieder<br />
und Führungskräfte dafür zu sensibilisieren. Als<br />
erstes Produkt dieses Medienpaketes wurde eine DVD<br />
VERBAND<br />
Belastend für die Einsatzkräfte: Suchaktionen mit ungewissem<br />
oder tödlichem Ausgang.<br />
Schwere Verkehrsunfälle werden für einige Feuerwehren<br />
schon zur Gewohnheit, für die Mannschaft aber immer<br />
wieder eine schwierige Situation<br />
mit Unterstützung von ORF und Peter Obermüller erstellt,<br />
welche an alle Feuerwehren übergeben wurde.<br />
Ziel des gesamten Systems ist es, „das Unfassbare fassbar<br />
zu machen, um es zu den Akten legen zu können“, damit<br />
die Feuerwehrkameraden wieder unbelastet und mit Freude<br />
ihren Einsatzdienst in der Feuerwehr sowie Ihren beruflichen<br />
und privaten Alltag verrichten können.