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64 Was ist Risikotherapie ?<br />

familiären Belastung für Alkoholkonsum in dieselbe Richtung (Wiesbeck / Wodarz /<br />

Mauerer / Thome / Jakob / Boening 1996, Pretterhofer 1998).<br />

Risikoverhalten im Sinne der Sensationssuche ist also tendenziell dem Suchtverhalten<br />

inhärent. Dazu stellt das Suchtverhalten als solches hinsichtlich der eigenen<br />

Gesundheit und oft auch derjenigen des unmittelbar betroffenen Umfeldes<br />

(Klein 2001) einen erheblichen Risikofaktor dar. Neben direkten Schädigungen<br />

durch den anhaltenden Substanzmissbrauch (substanzspezifisch) und die Art und<br />

Weise der Applikation (Magen- und Leberprobleme bei übermässigem Trinken,<br />

Belastung der Lunge beim Inhalieren, Schädigung der Nasenschleimhäute beim<br />

Sniffen, Infektionsrisiken beim Spritzen etc.) sind zahlreiche sekundäre gesundheitliche<br />

Probleme zu gewärtigen, die in der Regel durch soziale Verelendung<br />

(mangelnde oder falsche Ernährung), durch belastende Beschaffungsbedingungen<br />

(Prostitution, Delinquenz) oder durch Unterlassung der angemessenen Behandlung<br />

von Symptomen anderer Krankheiten (z. B. Bronchitis) sowie durch elementare<br />

Hygienemängel (Karies, parasitärer Befall) verursacht werden. Ein überaus<br />

weites Feld bilden die psychischen Komorbiditäten von Suchterkrankungen (Schuler<br />

/ Vogelsang 2006; Möller 2005; Springer / Uhl 2005) sowie im Blick auf ganze<br />

Suchtkarrieren die iatrogenen Schäden aufgrund verschiedenster therapeutischer<br />

„Kunstfehler“ (Märtens / Petzold 2002; Thomas / Petzold / Schay 2006). Hier bietet<br />

sich aufs Ganze gesehen das Bild eines stark kumulierten Risikos, das meist noch<br />

durch den Zerfall und schliesslich gänzlichen Verlust des supportiven sozialen<br />

Netzes verschärft wird. Therapeutische Interventionen im Verlauf einer Suchtkarriere<br />

haben diese Vielfalt an Risiken und bereits wirksamen Schädigungen zu berücksichtigen<br />

und können darum nie eindimensional wirksam werden.<br />

5.2 Interventorische Überlegungen<br />

zwischen Kontrolle und Gleichgültigkeit<br />

Suchtmittelbezogenes Risikoverhalten als Sensationssuche (Sensation Seeking)<br />

sowie implizites Risiko des Substanzmissbrauchs und dessen psychosozialen Konsequenzen<br />

erfordern von Therapeuten bzw. therapeutischen Einrichtungen ein<br />

breites interventorisches Instrumentarium sowie die Fruchtbarmachung von unterschiedlichsten<br />

Zugängen und Behandlungsebenen. Petzold spricht in diesem<br />

Zusammenhang von theorie- und konzeptpluralen Ansätzen (Petzold 1998a; Märtens<br />

/ Petzold 1995a; Petzold 2006). Dabei stellen wir im Zeitalter der Kontrolle,<br />

welche an die Stelle der interdiktorischen Haltung gegenüber Sucht und Süchtigen

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