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<strong>Jupiter</strong> <strong>Asset</strong><br />
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Artikel /<br />
Publireportage<br />
Bild + Grafik
43 . JAHRGANG | 16. NOVEMBER 2016 | NUMMER 21<br />
<strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit<br />
Erscheint alle 14 Tage<br />
Pensionskassen-Reglemente<br />
Eine Reglementsrevision ist kein Kinderspiel<br />
Eine sauber ausgeführte<br />
Revision des Pensionskassen-Reglements<br />
ist oft<br />
kniffliger, als eine oberflächliche<br />
Betrachtung<br />
vermuten lässt. Flickwerke<br />
oder ungenaue Formulierungen<br />
können zu<br />
Unsicherheiten führen –<br />
und je nach Fall auch beträchtliche<br />
Kostenfolgen haben.<br />
Im heutigen Renditeumfeld stehen auf<br />
vielen Traktandenlisten von Stiftungsräten<br />
Umwandlungssatzreduktionen oder ähnliche<br />
Massnahmen. Entsprechende Reglementsanpassungen<br />
können für die Versicherten<br />
schmerzliche Leistungsreduktionen<br />
bedeuten. Zu Recht wird darum oft die<br />
Frage aufgeworfen, welche rechtlichen<br />
Schranken bei Reglementsanpassungen<br />
beachtet werden müssen.<br />
Rechtliche Hürden<br />
Selbsredend darf bei Reglementsanpassungen<br />
nicht gegen zwingendes Recht<br />
verstossen werden. Insbesondere sind die<br />
BVG-Minimalbestimmungen einzuhalten.<br />
Die Anpassung darf zudem nicht willkürlich<br />
sein und das Gleichbehandlungsgebot<br />
darf nicht verletzt werden. Zu betonen ist<br />
dabei aber, dass kein Recht auf absolute<br />
Gleichbehandlung besteht. Vielmehr muss<br />
sogar eine unterschiedliche Behandlung<br />
stattfinden, wenn sich dies aufgrund der<br />
Verhältnisse aufdrängt.<br />
Schliesslich dürfen wohlerworbene<br />
Rechte nicht verletzt werden, und die Anpassung<br />
darf nicht gegen den Grundsatz<br />
von Treu und Glauben verstossen. Oft wird<br />
argumentiert, wohlerworbene Rechte<br />
stünden einer Reglementsanpassung entgegen.<br />
Insbesondere bei Umwandlungssatzreduktionen,<br />
aber auch bei sonstigen<br />
grösseren Revisionen, wird ins Feld geführt,<br />
die Betroffenen hätten zumindest<br />
während einer gewissen Zeit zwingend<br />
Anrecht auf eine Sonderbehandlung, da<br />
sie darauf vertrauten, unter den bisherigen<br />
Bestimmungen in Rente zu gehen.<br />
Wohlerworbene Rechte<br />
Dürfen anwartschaftliche Rechte (wie<br />
etwa Ehegattenrenten) oder Umwandlungssätze<br />
nicht angetastet werden, weil<br />
es sich um wohlerworbene Rechte der<br />
Versicherten handelt? Dies ist meist zu<br />
verneinen, da im Bereich der beruflichen<br />
Vorsorge wohlerworbene Rechte kaum<br />
relevant sind. Sie entstehen einzig, wenn<br />
der Anspruch im Reglement ausdrücklich<br />
als unabänderlich oder im Einzelfall qualifiziert<br />
zugesichert wurde.<br />
Selbst bei laufenden Renten erscheint es<br />
zumindest fraglich, ob diese Voraussetzungen<br />
jeweils erfüllt sind. Zudem kann gemäss<br />
Rechtsprechung des Bundesgerichts auch<br />
in wohlerworbene Rechte eingegriffen werden,<br />
sofern dies durch übergeordnete Ziele<br />
gerechtfertigt ist, ein Eingriff dringend notwendig<br />
ist und dieser innert nützlicher Frist<br />
wirksam wird. Auch hier besteht kein absoluter<br />
Schutz. Wohlerworbene Rechte dürften<br />
einer Reglementsanpassung demnach<br />
nur in Ausnahmefällen entgegenstehen.<br />
Übergangsregelungen und -fristen<br />
Mit Übergangsregelungen kann man gewissen<br />
Versichertengruppen bei einer Reglementsanpassung<br />
eine Sonderbehandlung<br />
zukommen lassen. Dies kann in<br />
bestimmten Fällen gerechtfertigt sein,<br />
etwa um eine Pensionierungswelle zu verhindern,<br />
welche für die Pensionskasse mit<br />
hohen Kosten verbunden ist. Übergangsbestimmungen<br />
sind aber nicht in jedem<br />
Fall vorzusehen.<br />
Zudem sind unverhältnismässig lange<br />
Übergangsfristen tunlichst zu vermeiden.<br />
Sie haben zur Folge, dass die Reglementsanpassung<br />
in der festgesetzten Frist praktisch<br />
keine Wirkung zeigt und eine Ungleichbehandlung<br />
mit neueingetretenen<br />
oder nicht begünstigten Versicherten<br />
entsteht.<br />
Übergangsregelungen sind damit im<br />
Rahmen des Gleichbehandlungsgebots<br />
einzig dazu zu installieren, den Versicherten<br />
eine gewisse Anpassungszeit an die<br />
neuen Umstände zu gewähren. Diese Zeit<br />
könnte in vielen Fällen schon mit einer<br />
frühzeitigen Information oder kurzen<br />
Übergangsfrist eingeräumt werden. Oft<br />
sind Übergangsregelungen damit nicht<br />
oder nicht in entsprechendem Ausmass<br />
notwendig.<br />
Bei Reglementsanpassungen gilt es<br />
rechtliche Hürden zu berücksichtigen –<br />
diese sind aber überwindbar.<br />
* Andreas Gnädinger ist Rechtsanwalt<br />
und Partner bei Hubatka Müller Vetter<br />
Vermutlich<br />
Rückdeckung von Pensionskassen<br />
PKR_<strong>AWP</strong>Soziale_Sicherheit_181x35_Vermutlich_DE_160104_GzD.indd 1 05.01.16 09:47
IM BRENNPUNKT<br />
Kantonale Stiftungsaufsichten<br />
Gesetzesänderung im Notfallmodus<br />
Kanton Genf<br />
Schlechter Ausblick wegen PK<br />
Die Kantone Solothurn und<br />
Aargau wollen im Bereich der<br />
Aufsicht über Einrichtungen<br />
der beruflichen Vorsorge und<br />
der Stiftungen zusammenspannen.<br />
Die Ausarbeitung<br />
eines entsprechenden Staatsvertrages<br />
mitsamt Umsetzung<br />
waren bis Ende 2016 geplant.<br />
Gemäss Solothurner Regierung<br />
scheint aber eine Umsetzung<br />
per 1. Januar 2018 realistisch.<br />
Der Solothurner<br />
Kantonsrat hatte allerdings<br />
2014 beschlossen, dass das<br />
Einführungsgesetz über die<br />
BVG- und Stiftungsaufsicht<br />
am 1.1.2016 ausser Kraft tritt.<br />
Der Regierungsrat konnte<br />
diese Frist schliesslich um ein<br />
Jahr aufschieben. Eine weitere<br />
Verlängerung ist jetzt nur<br />
noch durch eine entsprechende<br />
Änderung im Gesetz möglich.<br />
Einer solchen Gesetzesänderung<br />
stimmte das<br />
Solothurner Kantonsparlament<br />
nun einstimmig zu. sk<br />
Die Ratingagentur S&P stuft<br />
ihren Ausblick für den Kanton<br />
Genf von bisher «stabil» auf<br />
«negativ» zurück. Die Revision<br />
beim Ausblick begründet S&P<br />
mit einem deutlich gestiegenen<br />
Verschuldungsrisiko des<br />
Kantons. So bestehe das Risiko,<br />
dass in den nächsten 24 Monaten<br />
die öffentliche Pensionskasse<br />
rekapitalisieren und dabei<br />
die derzeit nicht finanzierten<br />
hohen Pensionssätze beibehalten<br />
muss. sk<br />
S&P erteilt der PK des Kanton Genf<br />
schlechte Noten. Bild: Keystone<br />
Aktienhoch<br />
Eingeschränkte Wahlfreiheit<br />
Die steigenden Aktienkurse an den<br />
Börsen haben den Schweizer Pensionskassen<br />
geholfen: Die Deckungsgrade<br />
legten im dritten Quartal zu.<br />
Das Bundesamt für Gesundheit rügt die Krankenversicherungen: Wie einige<br />
Versicherer bei der Risikoselektion vorgehen, sei nicht gesetzeskonform. Sie<br />
erschweren den Versicherten die freie Kassenwahl. Nun sind die Versicherer<br />
aufgefodert, ihr Verhalten gegenüber den Versicherten zu korrigieren.<br />
Bei den privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen<br />
verbesserte sich der Deckungsgrad<br />
schätzungsweise um 0,6 Prozentpunkte<br />
auf 111%, wie aus dem PK-Monitor des<br />
Vermögensverwalters Swisscanto hervorgeht.<br />
Auch bei den öffentlich-rechtlichen<br />
Vorsorgeeinrichtungen mit Vollkapitalisierung<br />
erhöhte sich der Deckungsgrad in<br />
gleichem Ausmass auf 99,4%.<br />
Ebenfalls nach oben ging es bei den<br />
öffentlich-rechtlichen Kassen mit Teilkapitalisierung.<br />
Hier stieg der Deckungsgrad<br />
um 0,6 Prozentpunkte auf 78,8%.<br />
Geholfen hat den Pensionskassen der<br />
Aufwind bei Aktien, Immobilien und<br />
Hedge Funds. Dagegen warfen Obligationen<br />
und Rohstoffe im dritten Quartal<br />
negative Renditen ab.<br />
Während beinahe alle privatrechtlichen<br />
Vorsorgeeinrichtungen (97%) ihre Pensionsverpflichtungen<br />
durch ihre Vermögen<br />
decken können, haben bei den öffentlichrechtlichen<br />
Kassen mit Vollkapitalisierung<br />
nur drei Viertel einen genügend hohen<br />
Deckungsgrad von 100% oder mehr. sk<br />
Stichproben von Krankenkassen-Offerten<br />
im Internet haben ergeben, dass zum Teil<br />
nicht alle Angebote erhältlich sind, unzulässige<br />
Fragen gestellt werden und der<br />
Datenschutz verletzt wird. Das Bundesamt<br />
für Gesundheit (BAG) hat deshalb die Versicherer<br />
in einem Rundschreiben daran<br />
erinnert, dass sie nach dem Gesetz jede<br />
versicherungspflichtige Person aufnehmen<br />
müssen.<br />
Bei Offerten auf den Internetseiten von<br />
Vergleichsdiensten fiel dem BAG unter<br />
anderem auf, dass ein Antragsteller je<br />
nach Alter, der gewählten Versicherungsform<br />
oder der Franchise keine Offerte erhält.Das<br />
verstösst gegen das Krankenversicherungsgesetz.<br />
Die Versicherer sowie<br />
ihre Tochtergesellschaften müssen alle<br />
verfügbaren Prämien auf ihren Internetseiten<br />
aufschalten.<br />
Gemäss Vergleichsportal Verivox handelt<br />
es sich dabei vor allem um Offerten<br />
für die Standardfranchise von 300 Franken.<br />
Diese Kunden werden von den Krankenkassen<br />
nicht gerne aufgenommen,<br />
weil sie theoretisch hohe Gesundheitskosten<br />
verursachen könnten.<br />
Weiter verlangten einige Kassen, die<br />
einer Versicherungsgruppe angehören, die<br />
Zustimmung des Antragstellers, dass sie<br />
seine Personendaten an andere Versicherer<br />
der Gruppe und an externe Dritte übermitteln<br />
dürften. Es ist jedoch unzulässig,<br />
einen Antrag nur unter dieser Bedingung<br />
entgegenzunehmen. Diese Klauseln müssten<br />
deshalb gestrichen werden.<br />
Ebenso dürfen die Krankenversicherungen<br />
von den Antragsstellern keine Fragen<br />
über den Gesundheitszustand oder über<br />
Gewohnheiten wie zum Beispiel das Rauchen<br />
stellen. Auch diese müssen gestrichen<br />
werden.<br />
Das BAG erinnerte die Versicherer daran,<br />
dass sie mit einer Busse von bis zu<br />
100 000 Franken bestraft werden können,<br />
wenn sie vorsätzlich die freie Wahl<br />
des Versicherers erschweren. Das Bundesamt<br />
wird die Stichproben weiterführen<br />
und allenfalls die nötigen Massnahmen<br />
treffen. sk<br />
4 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 21/2016
SOZIALVERSICHERUNGEN POLITIK<br />
Differenzierungsverfahren<br />
mit schlechtem Auftakt<br />
Bei der Reform der Altersvorsorge zeichnet sich keine rasche Einigung ab. Die<br />
Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK) hält<br />
am AHV-Zuschlag von 70 Franken fest. Rentenalter 67 lehnt sie einstimmig ab.<br />
Ziel der Reform ist es, AHV und berufliche<br />
Vorsorge auf eine gesunde finanzielle Basis<br />
zu stellen. Frauen sollen künftig bis 65<br />
Jahre arbeiten, was die AHV entlastet. National-<br />
und Ständerat sind sich auch einig,<br />
dass der Umwandlungssatz in der obligatorischen<br />
beruflichen Vorsorge angesichts<br />
der tiefen Anlagerenditen von 6,8 auf 6<br />
Prozent gesenkt werden muss.<br />
Die Renten sinken dadurch auf einen<br />
Schlag um 12 Prozent. Der Nationalrat will<br />
dies im Wesentlichen durch höhere Pensionskassenbeiträge<br />
ausgleichen. «Einbussen<br />
in der 2. Säule müssen in der 2. Säule<br />
ausgeglichen werden», sagt die St. Galler<br />
FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter, die<br />
dieses Konzept in der Kommission vertrat.<br />
Mit 8 zu 5 Stimmen beschloss nun die<br />
SGK der kleinen Kammer in ihrer zweiten<br />
Besprechung, an den Beschlüssen des<br />
Ständerats vom Herbst 2015 festzuhalten:<br />
Auf neuen AHV-Renten soll ein Zuschlag<br />
von 70 Franken gezahlt werden. Auch die<br />
Ehepaarrenten würden steigen. Damit will<br />
man die Rentensenkung in der 2. Säule<br />
teils kompensieren.<br />
Deutlich höhere Kosten<br />
Kommissionspräsident Konrad Graber<br />
(CVP/LU) argumentiert mit den Kosten: Bis<br />
2030 sei die Lösung des Nationalrats 24<br />
Milliarden Franken teurer als jene des Ständerats,<br />
sagt er. Graber stützt sich dabei<br />
auf neue Berechnungen der Verwaltung.<br />
Diese ist zum Schluss gekommen, dass die<br />
von der Ständeratskommission beschlossenen<br />
Ausgleichsmassnahmen im Jahr<br />
2030 3,3 Milliarden Franken kosten, gegenüber<br />
4,5 Milliarden Franken in der Version<br />
des Nationalrats.<br />
Der von SVP und FDP dominierte Nationalrat<br />
hält die höheren Kosten für gerechtfertigt,<br />
weil das Geld in der 2. Säule<br />
direkt dem Alterskonto der Versicherten<br />
gutgeschrieben wird. Die kleine Kammer,<br />
in der SP und CVP die Mehrheit stellen,<br />
setzt hingegen auf die AHV. Diese habe<br />
bei der heutigen Zinssituation ein besseres<br />
Preis-Leistungs-Verhältnis, sagt Paul Rechsteiner<br />
(SP/SG), Mitgleid des Schweizerischen<br />
Gewerkschaftsbundes (SGK). «Wer<br />
rechnet, stellt fest, dass man in der AHV<br />
für die gleiche Rente viel weniger zahlt.»<br />
Lösung mit Kalkül<br />
Einstimmig lehnte die Kommission die so<br />
genannte Stabilisierungsregel für die AHV<br />
ab. Nach dem Willen des Nationalrats soll<br />
das Rentenalter automatisch auf 67 Jahre<br />
steigen, falls der AHV-Fonds unter 80 Prozent<br />
einer Jahresausgabe fällt. Parallel<br />
dazu würde die Mehrwertsteuer um 0,4<br />
Prozent angehoben.<br />
Im Hinblick auf eine Volksabstimmung<br />
will die SGK auf diesen Automatismus verzichten.<br />
Über ein höheres Rentenalter<br />
müsse im Rahmen einer späteren AHV-<br />
Reform diskutiert werden, erklärt Graber.<br />
Neben der Kompensation und der Stabilisierungsregel<br />
gibt es weitere umstrittene<br />
Punkte. Einer davon ist der Koordinationsabzug,<br />
den der Nationalrat ganz<br />
abschaffen will. Die SGK beantragt nun<br />
eine Lösung, mit der tiefe und mittlere<br />
Einkommen besser versichert wären.<br />
An den Beschlüssen des Ständerats festhalten<br />
will die Kommission bei den Beitragssätzen<br />
für die 2. Säule, bei den für die<br />
AHV nötigen Mehrwertsteuer-Erhöhungen,<br />
beim Bundesbeitrag, den Kinder- sowie<br />
den Waisen- und Witwenrenten. Einlenken<br />
beantragt sie lediglich bei den<br />
Modalitäten des flexiblen Altersrücktritts.<br />
Enger Zeitplan<br />
Die Reform der Altersvorsorge kommt in<br />
der Wintersession zum zweiten Mal in den<br />
Ständerat. In der Frühjahrssession soll die<br />
Vorlage bereinigt werden. Die Eile ist geboten,<br />
denn Ende 2017 läuft die Zusatzfinanzierung<br />
der IV von 0,4 Prozentpunkten<br />
aus. Ab 2018 sollen davon 0,3 Prozentpunkte<br />
nahtlos für die AHV verwendet<br />
werden. Der letztmögliche Abstimmungstermin<br />
für die nötige Verfassungsänderung<br />
ist der 24. September 2017.<br />
Zum Auftakt des Differenzierungsverfahrens<br />
zeigen die Parlamentarier wenig<br />
Kompromissbereitschaft. Als nächstes<br />
kann sich der Ständerat in der Schweizer<br />
Königsdisziplin üben. Es bleibt zu hoffen,<br />
dass dabei das Ziel der Reform nicht verfehlt<br />
wird: Die nachhaltige Sicherung der<br />
Vorsorge-Finanzierung. Nicolas Hehl<br />
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21/2016 | <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit 5
VERSICHERUNGEN<br />
UNFALLVERSICHERUNG<br />
Neues UVG: Gerechter und effizienter<br />
Die Reform des Unfallversicherungsgesetzes (UVG) war jahrelang blockiert. Nun macht ein Kompromiss der Sozialpartner<br />
dennoch den Weg frei für eine Einigung. Die Revision schliesst Deckungslücken und verbessert den Schutz<br />
von Arbeitslosen. Ebenso werden lebenslange Renten beim Erreichen des Rentenalters gekürzt. Ausserdem enthält<br />
der Erlass eine Sonderregelung für Asbest-Opfer.<br />
Per 1. Januar 2017 tritt das revidierte Unfallversicherungsgesetz<br />
(UVG) und die dazugehörige Verordnung (UVV) in Kraft. Die Änderungen<br />
sollen die Effizienz der Unfallversicherung verbessern<br />
und für mehr Gerechtigkeit sorgen.<br />
Neu schliesst das UVG die Deckungslücken, indem sie namentlich<br />
den Zeitpunkt von Beginn und Ende der Versicherung präzisiert.<br />
Sie regelt auch die Problematik der Überentschädigung, indem<br />
sie lebenslänglich ausgerichtete Renten bei Erreichen des<br />
Rentenalters kürzt. So soll verhindert werden, dass eine invalide<br />
UNFALLVERSICHERUNG NACH UVG:<br />
VOLUMEN- UND UNFALLRISIKOENTWICKLUNG<br />
Die Vollbeschäftigten haben seit Beginn des Unfallversicherungsgesetzes<br />
(UVG) um rund die Hälfte zugenommen (oben). Der Rückgang des<br />
Unfallrisikos ist in der Berufsunfallversicherung (BUV) ausgeprägter als<br />
in der Nicht-Berufsunfallversicherung (NBUV).<br />
Quelle: Unfallstatistik UVG, 2016<br />
Person gegenüber einer Person, die keinen Unfall erlitten hat,<br />
finanziell bevorteilt wird. Ausserdem wird die Unfallversicherung<br />
der arbeitslosen Personen im UVG und in dessen Vollzugsverordnung<br />
verankert.<br />
Bei Versicherten, die an einer Berufskrankheit in Form eines<br />
asbestbedingten Mesothelioms leiden, entsteht der Anspruch<br />
auf eine Integritätsentschädigung neu zum Zeitpunkt der Diagnosestellung<br />
und nicht mehr zum Zeitpunkt der Festsetzung<br />
der Rente. Da asbestbedingte Krankheiten oft erst im Rentenalter<br />
auftreten und rasch zum Tod führen, sieht die UVG-Revision<br />
eine Sonderregelung für diese Fälle vor.<br />
Ausgleichsfonds für Katastrophenereignisse geplant<br />
Schliesslich führt die UVG-Revision eine betragliche Limite pro<br />
Katastrophenereignis ein. Im Hinblick darauf, dass diese überschritten<br />
werden könnte und die Versicherer, die über der Limite<br />
liegenden Leistungen gemeinsam zu finanzieren haben, müssen<br />
schon heute einen Ausgleichsfonds errichten. Bei<br />
Grossereignissen übernimmt somit ab einem bestimmten Betrag<br />
dieser Fonds die Haftung der Versicherer. Die Verordnung überlässt<br />
die Organisation des Fonds den Versicherern.<br />
Mit dem neuen Anstrich des seit über dreissig Jahren geltende<br />
Unfallversicherungsgesetzes soll laut Bundesamt die Finanzierung<br />
der Leistungen sichergestellt sein. In der Schweiz geschehen<br />
pro Jahr durchschnittlich rund 250 000 anerkannte<br />
Berufs- und 500 000 Freizeitunfälle (BUV, NBUV) von UVGversicherten<br />
Personen. Dabei hat das Unfallrisiko im Beruf seit<br />
1986 stetig abgenommen und im Jahr 2014 den historischen<br />
Tiefststand von 65 Fällen je 1 000 Vollbeschäftigte erreicht (siehe<br />
Grafik). Somit ist das Berufsunfallrisiko seit 1985 um 43%<br />
gesunken.<br />
Berufsunfallrisiken nehmen stetig ab<br />
Diese positive Entwicklung des Fallrisikos in der BUV hat drei<br />
Gründe: Erstens zeigen die vielfältigen Massnahmen zur Unfallverhütung<br />
ihre Wirkung. Zweitens spiegelt die fortschreitende<br />
Tertiärisierung der Wirtschaft diesen Rückgang. Drittens hat<br />
auch die demografische Strukturveränderung des Versichertenbestandes<br />
die Entwicklung des Unfallrisikos beeinflusst. Mit der<br />
zunehmenden Alterung der Bevölkerung ist auch der Anteil der<br />
unter 30-jährigen Männer und Frauen unter den Beschäftigten<br />
zurückgegangen. Diese Personengruppe weist erfahrungsgemäss<br />
ein überdurchschnittliches Unfallrisiko auf.<br />
Insgesamt haben die Unfälle 2015 um 1,6% zugenommen.<br />
Grund dafür ist, dass es in der Schweiz mehr Stellensuchende<br />
und Beschäftigte gab (siehe Grafik). Auch war das Wetter schöner<br />
als im Vorjahr, was zu mehr Freizeitunfällen führte. So<br />
verzeichnete die obligatorische Unfallversicherung 2015 fast<br />
810 000 neue Unfälle. Susanne Kapfinger<br />
6 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 21/2016
VERMISCHTES<br />
Ständerat<br />
Mehr Klarheit<br />
Der Ständerat will wissen, welche Kantone<br />
ihre Spitäler in welchem Ausmass subventioniert<br />
haben. Er hatte in der Herbstsession<br />
eine entsprechende Motion angenommen.<br />
Die Nationalratskommission hat<br />
nun den Text abgeändert.<br />
Nach Angaben der Kommission für soziale<br />
Sicherheit und Gesundheit (SGK) ist<br />
ein detaillierter Vergleich der früheren Finanzflüsse<br />
zwischen Kantonen und Spitälern<br />
schwierig. Sie verlangt deshalb Transparenz<br />
nicht für die Vergangenheit,<br />
sondern für die Zukunft.<br />
Über den Vorstoss entscheidet nun der<br />
Nationalrat. Im Ständerat hatten die Befürworter<br />
argumentiert, es gebe deutliche<br />
Hinweise auf Wettbewerbsverzerrungen.<br />
Gesundheitsminister Alain Berset wies darauf<br />
hin, dass es aufgrund der Datenlage<br />
nicht möglich sei, die gewünschten Zahlen<br />
zu liefern. Um die durchaus unbefriedigende<br />
Situation zu verbessern, müsse geprüft<br />
werden, wie verlässliche Daten generiert<br />
werden können. sk<br />
Kanton Obwalden<br />
Budgetkorrektur 2017<br />
Regierung und Parlament wollten das Budget<br />
bei der Prämienverbilligung um jährlich<br />
rund 5 Mio CHF entlasten, indem nur noch<br />
mindestens 4,25 statt 8,5% der jährlichen<br />
Prämienkosten der obligatorischen Krankenversicherung<br />
hätten budgetiert werden<br />
sollen. Das Volk lehnt dies aber ab.<br />
Das vom Regierungsrat verabschiedete<br />
Budget 2017 muss deswegen bereits wieder<br />
angepasst werden. Für die Prämienverbilligung<br />
müssen zusätzliche 5,8 Mio<br />
CHF aufgenommen werden, teilt der Regierungsrat<br />
mit. Allerdings kann dann die<br />
Schuldenbremse nicht mehr eingehalten<br />
werden. Der Regierungsrat schlägt dem<br />
Parlament deswegen zwei Massnahmen<br />
vor. Für 2017 sollen zusätzliche 2,5 Mio<br />
CHF aus der Schwankungsreserve entnommen<br />
werden. Zudem soll nicht der<br />
volle theoretisch für die Prämienverbilligung<br />
nötige Betrag von 23,3 Mio CHF<br />
budgetiert werden. Das Volks-Nein hat<br />
auch Einfluss auf 2018. Dann will die Regierung<br />
den Pendlerabzug einführen. sk<br />
Zurich<br />
Steigert Ergebnis<br />
Die Zurich Insurance Group hat im dritten<br />
Quartal 2016 den Gewinn im Vergleich zur<br />
schwachen Vorjahresperiode deutlich gesteigert.<br />
Der operative Gewinn BOP (Business<br />
Operating Profit) kletterte im Berichtsquartal<br />
um beinahe 1 Mrd auf 1,21<br />
Mrd USD, während sich der Reingewinn<br />
auf 912 Mio von zuvor 207 Mio erhöhte.<br />
Nach neun Monaten weist die Gruppe einen<br />
BOP-Anstieg von über einem Drittel<br />
auf 3,4 Mrd und ein Gewinn-Plus von 11%<br />
auf 2,53 Mrd aus.<br />
Das Geschäftsvolumen der Gruppe verblieb<br />
indessen mit 51,6 Mrd USD mehr<br />
oder weniger auf Vorjahresniveau. Einem<br />
Rückgang in der Nichtlebensparte von 7%<br />
stand ein Volumenanstieg im Lebengeschäft<br />
von knapp 6% gegenüber.<br />
Derweil sieht sich die Zurich mit dem<br />
Konzernumbau auf Kurs: Die Vereinfachung<br />
der Konzernstruktur ist abgeschlossen.<br />
Zudem dürfte das für 2016 gesetzte<br />
Sparziel von 300 Mio USD wohl erreicht<br />
werden. sk<br />
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21/2016 | <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit 7
RECHTSPRECHUNG<br />
Versicherungen brauchen<br />
ein neues Detektivgesetz<br />
Ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofes setzt das Schweizer Parlament<br />
unter Zugzwang: Es soll neue gesetzliche Grundlagen schaffen, damit<br />
Missbrauch in den Sozialversicherungen effektiv bekämpft werden kann.<br />
Detektive spielten im Kampf gegen den Versicherungsmissbrauch bis vor kurzem noch eine wichtige Rolle.<br />
Bild: Keystone.<br />
Versicherer sollen bei Verdacht auf Sozialmissbrauch<br />
Detektive einsetzen dürfen.<br />
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes<br />
für Menschenrechte (EGMR)<br />
wollen die Bundesbehörden eine gesetzliche<br />
Grundlage für die Observation von<br />
Versicherten schaffen. Geplant sei eine<br />
Bestimmung, die für alle Sozialversicherungsleistungen<br />
gilt, sagt Rolf Camenzind,<br />
Sprecher des Bundesamtes für Sozialversicherungen<br />
(BSV).<br />
Das BSV will die Bestimmung im Bundesgesetz<br />
über den Allgemeinen Teil des<br />
Sozialversicherungsrechts (ATSG) verankern,<br />
da dieses ohnehin angepasst wird:<br />
Der Bundesrat hat angekündigt, bis Ende<br />
Jahr eine Revision in die Vernehmlassung<br />
zu schicken. Er will damit parlamentarische<br />
Vorstösse umsetzen. Nun soll gleichzeitig<br />
eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen<br />
werden, Versicherte bei Verdacht auf<br />
Sozialmissbrauch observieren zu dürfen.<br />
Im schnellsten Fall könnten die Räte die<br />
erforderliche Bestimmung in der Herbstsession<br />
2017 verabschieden. Erstaunlich,<br />
wie schnell die Legislatur reagiert.<br />
Reaktion auf EGMR-Urteil<br />
Das BSV reagiert damit auf einen EGMR-<br />
Entscheid vom Oktober. Der Gerichtshof<br />
hatte einer 62-jährigen Zürcherin Recht<br />
gegeben, die gegen eine Leistungskürzung<br />
klagte, die aufgrund einer vom Versicherer<br />
veranlassten Observierung entstand<br />
(<strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit Ausgabe 19<br />
und 20).<br />
Der EGMR kam zum Schluss, dass die<br />
heimliche Überwachung einen Eingriff in<br />
die Privatsphäre der Frau darstellt. Die entsprechenden<br />
Vorschriften in der Schweiz<br />
sind zu vage: So wird nicht präzisiert, wie<br />
lange die Überwachung dauern und was<br />
eine Versicherung mit den gesammelten<br />
Informationen tun darf.<br />
Eine explizite Grundlage für Observationen<br />
gibt es heute im Invalidenversicherungsgesetz.<br />
Dort ist verankert, dass die<br />
IV-Stellen Spezialisten beiziehen können,<br />
um ungerechtfertigten Leistungsbezug<br />
zu bekämpfen. Laut dem Bericht «Bekämpfung<br />
des Versicherungsmissbrauchs»<br />
hatten im Jahr 2015 Ermittlungen<br />
der IV in 540 Fällen eine Herabsetzung<br />
oder Aufhebung der Rentenleistung zur<br />
Folge. Damit sparte die Versicherung<br />
rund 154 Millionen Franken ein. In 140<br />
dieser Fälle wurde auf Observationen zurückgegriffen.<br />
Unterschiedliche Grundlagen<br />
Künftig soll das Observieren beispielsweise<br />
auch der Suva erlaubt sein, die in den<br />
EGMR-Fall nicht involviert war, aber vom<br />
Urteil betroffen ist. Nach dem Urteil hatte<br />
sie den Einsatz von Detektiven gegen<br />
mögliche Versicherungsbetrüger gestoppt.<br />
Gleichzeitig fordert die Suva das<br />
Parlament auf, rasch eine gesetzliche<br />
Grundlage zu schaffen, damit sie die Praxis<br />
mit klaren Regeln wieder aufnehmen<br />
kann.<br />
Die Suva setzt nach eigenen Angaben<br />
in rund 15 Fällen pro Jahr Detektive ein.<br />
Sie greife auf dieses Mittel zurück, wenn<br />
grosse Summen im Spiel seien und «praktisch<br />
sicher» ein Missbrauch vorliege, betont<br />
die Suva. In die gleiche Kerbe schlägt<br />
der Schweizerische Versicherungsverband<br />
(SVV). Es fehlten derzeit gesetzliche<br />
Grundlagen zur effizienten Missbrauchsbekämpfung,<br />
sagt Sprecherin Sabine Alder.<br />
Diese müssen nun von der Politik<br />
geschaffen werden.<br />
Noch kein Rekursentscheid<br />
Auch das Bundesamt für Gesundheit<br />
(BAG) bezeichnet die derzeitige Rechtslage<br />
als unsicher. Dadurch sei der Verzicht<br />
auf den Einsatz von Privatdetektiven «im<br />
eigenem Interesse der Unfallversicherer».<br />
Ob die Schweiz ein Gesuch um Neubeurteilung<br />
des Falls durch die Grosse Kammer<br />
des EGMR stellen soll, ist derweil noch<br />
nicht entschieden, sagt Folco Galli, Informationschef<br />
im Bundesamt für Justiz. Entschieden<br />
wird nach Konsultation der betroffenen<br />
Behörden – im vorliegenden Fall sind dies<br />
das Bundesgericht, der Kanton Zürich und<br />
die Zürich-Versicherungs-Gesellschaft.<br />
Die Europäische Menschenrechtskonvention<br />
(EMRK) räumt den Vertragsstaaten<br />
eine Frist von drei Monaten ein, um<br />
eine Neubeurteilung zu beantragen. Im<br />
vorliegenden Fall dauert diese Frist bis zum<br />
18. Januar 2017. Charlotte Walser<br />
8 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 21/2016
PUBLIREPORTAGE<br />
1e-Kadervorsorge<br />
Was sind «1e-Vorsorgepläne»? Schweizer Vorsorgeeinrichtungen dürfen<br />
ihre Versicherten im überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge<br />
zwischen verschiedenen Anlagestrategien wählen lassen.<br />
Ab einem Jahressalär<br />
von 126 900<br />
Franken können<br />
Vorsorgeeinrichtungen<br />
ihre Versicherten<br />
die Strategie<br />
für Lohnkomponenten<br />
oberhalb<br />
dieser Grenze<br />
(überobligatorischer<br />
Bereich) selbst bestimmen<br />
lassen. In der Praxis sind solche<br />
Anlagen als «1e-Vorsorgepläne» bekannt,<br />
da sie sich auf den Artikel 1e der Verordnung<br />
über die berufliche Vorsorge (BVV 2)<br />
stützen.<br />
Zusammensetzung der GEMINI 1e-Anlagestrategien<br />
Wie dies organisatorisch gelöst wird,<br />
bleibt dabei dem Unternehmen überlassen.<br />
Es kann sich dafür entscheiden, eine<br />
einzige oder mehrere Vorsorgeeinrichtungen<br />
zu führen. Viele – vor allem grössere<br />
– Unternehmen führen eine Pensionskasse,<br />
die Gehälter bis zum BVG-Maximallohn<br />
von 84 600 Franken oder bis zum maximalen<br />
Grenzlohn für den BVG-Sicherheitsfonds<br />
von 126 900 Franken abdeckt. Für<br />
darüber liegende Gehälter werden eine<br />
oder mehrere Ergänzungseinrichtungen<br />
gegründet, welche oft als Kader oder Bel-<br />
Etage-Lösungen bezeichnet werden.<br />
Eine Online-Umfrage, die im Rahmen einer<br />
Masterarbeit durchgeführt wurde, bestätigt<br />
das Bedürfnis an individuellen Anlagestrategien<br />
für Versicherte: 53% der Firmen-<br />
und Finanzchefs bzw. 41% der<br />
Versicherten finden es «sehr wichtig» oder<br />
«eher wichtig», selber darüber bestimmen<br />
zu können, wie ihr Pensionskassengeld<br />
angelegt wird. Doch aufgrund der Tatsache,<br />
dass nur der überobligatorische Bereich<br />
diese Wahlmöglichkeit im Bereich der<br />
Anlagen bietet, steht diese Option höchstens<br />
etwa 10% der Versicherten offen.<br />
Und auch dies nur theoretisch. Denn viele<br />
Vorsorgeeinrichtungen bieten eine Wahlmöglichkeit<br />
bei der Anlagestrategie noch<br />
nicht an. Ein Grund dafür ist, dass Pensionskassen<br />
für solche Pensionskassenpläne<br />
bis vor Kurzem für Austrittleistungen immer<br />
noch eine Nominalwertgarantie und<br />
einen gesetzlichen Mindestbetrag gewährleisten<br />
mussten. D.h., dass ein Versicherter<br />
bei Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung<br />
nur einen Teil seines Verlustes,<br />
resultierend aus seiner gewählten Anlagestrategie,<br />
selber tragen musste, während<br />
er im umgekehrten Fall voll am Erfolg partizipierte.<br />
Dieser Missstand wurde nun<br />
durch eine Motion von Nationalrat Jürg<br />
Stahl korrigiert.<br />
Alain Grand<br />
Leiter Vertrieb GEMINI Sammelstiftung<br />
alain.grand@avadis.ch<br />
www.gemini-sammelstiftung.ch<br />
Strategie Geldmarkt 10 20 30 40 50<br />
Obligationen CHF – 54,0% 48,0% 42,0% 36,0% 30,0%<br />
Staatsobligationen FW hedged – 20,0% 18,0% 16,0% 14,0% 12,0%<br />
Unternehmensobligationen FW hedged – 16,0% 14,0% 12,0% 10,0% 8,0%<br />
Aktien Schweiz – 2,0% 4,0% 6,0% 8,0% 10,0%<br />
Aktien Ausland – 2,5% 5,0% 7,5% 10,0% 12,5%<br />
Aktien Ausland hedged – 3,5% 7,0% 10,5% 14,0% 17,5%<br />
Aktien Emerging Markets – 2,0% 4,0% 6,0% 8,0% 10,0%<br />
Geldmarkt 100% – – – – –<br />
Die GEMINI Sammelstiftung<br />
– Langer Track Record: Seit 1977<br />
bietet GEMINI ihren Kunden<br />
fortschrittliche und erfolgreiche<br />
Anlagelösungen an.<br />
– Transparenz: Einfache Abläufe<br />
und ein klares Kostenmodell<br />
machen die Vorsorge mit GEMINI<br />
nachvollziehbar und günstig.<br />
– 24 000 Versicherte setzen auf die<br />
Vorsorge- und Anlagelösungen<br />
von GEMINI.<br />
– 3,9 Milliarden Franken verwaltet<br />
GEMINI für ihre Kunden. Seit<br />
2010 entspricht dies einer Steigerung<br />
um 50%.<br />
– 320 Vorsorgewerke vertrauen<br />
auf die Kompetenz der Vorsorgeexperten<br />
von GEMINI.<br />
GEMINI 1e Kadervorsorge<br />
GEMINI 1e bietet den Versicherten die<br />
Wahl aus sechs verschiedenen Anlagestrategien<br />
- von der risikoarmen Variante<br />
100% Geldmarkt bis zur risikoreicheren<br />
Variante mit einem<br />
Aktienanteil von 50%. Im Online-<br />
Portal ermitteln die Versicherten anhand<br />
eines Fragebogens vorgängig<br />
ihre Risikofähigkeit und –bereitschaft.<br />
Vorteile für die Versicherten<br />
– Freie Wahl der Anlagestrategie,<br />
wobei ein Strategiewechsel monatlich<br />
möglich ist.<br />
– Volle Partizipation an der Entwicklung<br />
der Finanzmärkte mit Chancen<br />
auf langfristig höhere Renditen.<br />
– Online-Portal zur Bestimmung<br />
von Risikoprofil und Anlagestrategie<br />
sowie zum Abrufen aktueller<br />
Dokumente.<br />
Vorteile für Unternehmen<br />
– Die Unternehmen können Pensionskassenverbindlichkeiten<br />
in der<br />
Bilanz reduzieren.<br />
– Das Kader erhält eine motivierende<br />
Zusatzvorsorge, womit sich die<br />
Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber<br />
positionieren kann.<br />
– GEMINI kümmert sich um die Administration<br />
der Vorsorgewerke<br />
und erstellt ein transparentes monatliches<br />
Reporting.<br />
21/2016 20/2016 | | <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit 93
ARBEITSMARKT<br />
Neue Technologien<br />
werden noch viel mehr<br />
können – aber nicht alles<br />
Digitalisierung, Globalisierung und Demografie krempeln den Arbeitsmarkt nachhaltig<br />
um. Diese Veränderungen stellen die Arbeitslosenversicherung vor neue<br />
Herausforderungen. Denn im Zuge des Strukturwandels werden zahlreiche Jobprofile<br />
vom Arbeitsmarkt verschwinden. Spätestens dann braucht es für die<br />
Wiedereingliederung dieser Arbeitskräfte Lösungen. Eine zentrale Rolle werden<br />
dabei Weiterbildungsmassnahmen spielen. Welche Finanzierungsmodelle dabei<br />
angewendet werden sollen, lässt der Bundesrat aktuell prüfen.<br />
Maschinen und Systeme übernehmen häufiger auch Aufgaben, die<br />
Der Arbeitsmarkt befindet sich im Umbruch:<br />
Die Schweiz entwickelt sich zunehmend<br />
zu einer Wissensgesellschaft. Der<br />
Arbeitsmarkt für Niederqualifizierte<br />
schmilzt. Das wird die Arbeitslosenversicherung,<br />
aber auch andere Sozialversicherungen<br />
zunehmend beschäftigen. Die<br />
Aufgabe der Sozialversicherungen – die<br />
Sicherstellung der Existenzsicherung jedes<br />
Einzelnen und des sozialen Zusammenhalts<br />
– wird schwieriger.<br />
Zugang zum Arbeitsmarkt sichern<br />
In Anbetracht der Digitalisierung wird es<br />
in Zukunft immer wichtiger sein, den Zugang<br />
zum Arbeitsmarkt für potentielle<br />
Arbeitnehmer offen zu halten. Dies nicht<br />
zuletzt, weil sich unsere Gesellschaft zu<br />
einem wesentlichen Teil über die Arbeit<br />
definiert. Wer seinen Arbeitsplatz findet,<br />
in der Regel auch seine Position in der Gesellschaft.<br />
Doch was heisst das?<br />
Die Zukunft ist nicht ungewiss: Die Digitalisierung<br />
löst zwei Reaktionen aus, ist<br />
der britische Jurist und Digitalisierungsexperte<br />
Richard Susskind überzeugt. Auf<br />
der einen Seite gibt es die Gruppe der<br />
sogenannten Zulieferer von Wissen wie<br />
Ärzte, Anwälte oder Berater, die gefordert<br />
sind. Und auf der anderen Seite<br />
stehen die Konsumenten.<br />
Global gesehen nimmt das Wissen laufend<br />
zu, wird miteinander vernetzt, ist<br />
ständig verfügbar und wird billiger. Der<br />
fundamentale Wandel, der gegenwärtig<br />
stattfindet, ist, dass die Automationswelle<br />
auch die Jobs der Wissensarbeiter, der sogenannten<br />
White Collars, erfasst.<br />
Diese Entwicklung wurde lange unterschätzt.<br />
Die Hochqualifizierten gingen<br />
davon aus, dass ihre Jobs sakrosankt sind,<br />
Mit neuen<br />
Aufgaben entstehen<br />
neue Jobprofile<br />
dass ihr Wissen und ihre Expertise nicht<br />
automatisiert werden kann. Allmählich<br />
beginnen sie zu realisieren, dass die Digitalisierung<br />
auch für sie gravierende Konsequenzen<br />
hat.<br />
Die Gruppe der Konsumenten hingegen<br />
profitiert von den neuen Technologien:<br />
Produkte und Dienstleistungen<br />
werden besser, billiger, einfacher und<br />
benutzerfreundlicher. Die neuen Technologien<br />
liefern einen wesentlich besseren<br />
Service, weil die Qualität zunimmt<br />
(siehe Interview Seite 9). Für die Konsumenten<br />
ist die Digitalisierung somit ein<br />
Segen.<br />
Ein Beispiel: Als Vorbereitung auf eine<br />
Gerichtsverhandlung wühlten sich die jungen<br />
Anwälte bisher durch Millionen von<br />
Dokumenten. Heute erfolgt die Recherche<br />
weitestgehend automatisiert über Systeme.<br />
Und wenn die Kanzlei im Vorfeld einer<br />
Firmenübernahme die Risiken prüft,<br />
kommt eine Software zum Einsatz – dies<br />
auch bei der Berechnung der Wahrscheinlichkeit,<br />
ob man einen Prozess gewinnt<br />
oder verliert. Für Susskind gehört das bloss<br />
zum technologischen Warmlaufen.<br />
Technik-Treiber: Globaler<br />
Kosten- und Wettbewerbsdruck<br />
Die Maschinen und die Systeme werden<br />
immer besser und übernehmen immer<br />
mehr Aufgaben, die früher Fachkräfte aus<br />
Branchen wie Recht, Medizin, Buchhaltung,<br />
Verwaltung oder dem Banking erledigen<br />
konnten. Dieser Trend ist unaufhaltsam,<br />
weil für die Analyse von grossen<br />
Datenmengen Maschinen zuverlässiger<br />
und leistungsfähiger sind. Unternehmen<br />
stehen zudem unter globalem Kosten- und<br />
Wettbewerbsdruck.<br />
Die Folge: Man lagert Arbeiten entweder<br />
in Länder mit niedrigeren Lohnkosten<br />
aus oder man ersetzt Prozesse durch Maschinen<br />
und Software (selbstfahrende<br />
Autos).<br />
10 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 21/2016
ARBEITSMARKT<br />
früher ausschlisslich von Fachkräften aus Branchen wie Recht, Medizin, Buchhaltung, Verwaltung oder dem Banking erledigt wurden. Bild: Pixabay.com.<br />
«In zwanzig, dreissig Jahren werden zahlreiche<br />
Jobs, die heute noch selbstverständlich<br />
sind, nicht mehr existieren»,<br />
sagt Susskind. Dazu beitragen werden<br />
neue Technologien, die auf künstlicher<br />
Intelligenz basieren und in ein paar Jahren<br />
auf den Markt kommen. Das sind in<br />
erster Linie selbstlernende Systeme, die<br />
in der Lage sind, sich selber Arbeitsschritte<br />
beizubringen und sich permanent zu<br />
verbessern.<br />
Die Unternehmen werden zwar nach<br />
wie vor Arbeitskräfte benötigen, aber für<br />
neue Aufgaben. Deshalb müssen sich<br />
auch die Menschen permanent weiterbilden,<br />
neue Fertigkeiten und Techniken erlernen<br />
und vor allem flexibel sein. So können<br />
in naher Zukunft auch zahlreiche<br />
neue Jobprofile entstehen.<br />
Sicherung des Wohlstands<br />
Bisher hat das System eines liberal ausgestalteten<br />
Arbeitsmarktes zusammen mit<br />
den Sozialversicherungen seinen Beitrag<br />
zum Wohlstand geleistet. Nun müssen<br />
neue Weichen gestellt werden, um die<br />
Hürden nehmen zu können. Die Bevölkerung<br />
hat sich bereits mit dem bedingungslosen<br />
Grundeinkommen auseinandergesetzt<br />
und es als untauglich erklärt. Gefragt<br />
sind nun bessere Ideen. Der Strukturwandel,<br />
der unter anderem durch einen<br />
Digitalisierungsschub der Wirtschaft hervorgerufen<br />
wird, beeinflusst die Arbeitsmarktnachfrage<br />
und akzentuiert die Verlagerung<br />
hin zu wertschöpfungsintensiven<br />
Arbeitsplätzen. Die Arbeitslosenversicherung<br />
wirkt zwar bei diesem Wandel als<br />
Stütze und mindert dessen negative Begleiterscheinungen.<br />
Es braucht aber mehr,<br />
um den Wohlstand zu sichern.<br />
Gesucht sind<br />
Lösungen für die<br />
Wiedereingliederung<br />
Dies hat der Bundesrat erkannt. Bis Ende<br />
April 2017 will er ein Konzept für die finanzielle<br />
Unterstützung von Weiterbildungen<br />
entwickeln – und damit auch zur<br />
Umsetzung der Fachkräfteinitiative beitragen.<br />
Die Instrumente richten sich an geringqualifizierte<br />
Erwerbstätige und insbesondere<br />
ältere Arbeitnehmende. Mögliche<br />
Finanzierungsinstrumente für die Erhöhung<br />
der Weiterbildungbeteiligung können<br />
Bildungsgutscheine, Branchenfonds<br />
oder Massnahmen der Arbeitslosenversicherung<br />
sein. Zusätzlich wird das Bundesamt<br />
für Wirtschaft, Bildung und Forschung<br />
eine Sensibilisierungskampagne für die<br />
berufliche Qualifizierung von Erwachsenen<br />
durchführen.<br />
Massnahmen und Kosten<br />
der Wiedereingliederung<br />
Die grosse Herausforderung der Arbeitsbehörden<br />
heisst in Zukunft: Wiedereingliederung<br />
älterer Arbeitskräfte in den<br />
Arbeitsmarkt. Die Generation der über<br />
50-Jährigen (Ü50) ist zwar unterdurchschnittlich<br />
von Arbeitslosigkeit betroffen,<br />
hat es aber beim Verlust des Arbeitsplatzes<br />
deutlich schwieriger, wieder eine Stelle<br />
zu bekommen. Der demografische<br />
Wandel wird die Gruppe der Ü50 anschwellen<br />
lassen und damit auch allfällige<br />
Probleme bei der Wiedereingliederung<br />
mit sich bringen.<br />
Ob in zwanzig, dreissig Jahren genügend<br />
neue Aufgaben und Jobprofile entstehen<br />
ist ungewiss. Es ist an der Zeit<br />
zumindest darüber nachzudenken, inwieweit<br />
das «Re-employment» durch Umschulung<br />
und Weiterbildung unterstützt<br />
werden kann. Denn: Maschinen werden<br />
noch viel mehr können – aber nicht alles.<br />
Genau hier entstehen neue Tätigkeiten<br />
und Jobprofile.<br />
Susanne Kapfinger<br />
21/2016 | <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit 11
INTERVIEW<br />
«Wir sind<br />
marktführend»<br />
Der digitale Brokermarkt wächst jährlich um ein Vielfaches.<br />
Der Gründer des Online-Versicherungsbrokers<br />
Knip Denis Just sagt, wohin die Reise geht.<br />
Wieviele Versicherungen kooperieren mit Knip?<br />
Seit dem Marktstart vor zwei Jahren hat sich das Bild<br />
grundsätzlich geändert: Zuerst mussten wir die Idee eines<br />
digitalen Brokers bekannt machen und die Vernetzung<br />
mit der Versicherungswirtschaft umsetzen. Heute haben<br />
wir Verträge mit rund 130 Versicherungsgesellschaften<br />
und eine sehr stabile und kooperative Zusammenarbeit<br />
mit nahezu allen Häusern.<br />
Viele Krankenversicherer verfolgen eine digitale<br />
Strategie. Werden Sie damit konkurriert?<br />
Da wir selbst kein Krankenversicherer sind, machen wir<br />
den etablierten Häusern keine Konkurrenz.<br />
Sie bedienen aber dieselben Kunden.<br />
Die Krankenversicherer profitieren, zumal wir einen unabhängigen<br />
Onlinevergleich bieten mit Direktwechsel und<br />
ohne Leadverkauf. Das Tool vergleicht alle Krankenversicherungen<br />
neutral.<br />
Und wie entwickelt sich die Kundenbasis?<br />
Knip ist in den letzten zwölf Monaten sehr stark gewachsen.<br />
Zählt man die acht zentralen Wettbewerber in<br />
Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen, so<br />
ist der gesamte Markt um 720 Prozent grösser. Unser Anteil<br />
beträgt über 50 Prozent, womit wir marktführend<br />
sind. In Zahlen ausgedrückt sprechen wir von rund<br />
700 000 Downloads der Knip-App bei Android und iOS.<br />
«Erfahrungsaustausch<br />
ist für Versicherer wertvoller<br />
als die reinen Verkäufe»<br />
Gibt es Pläne für Kooperationen?<br />
Wir haben gerade eine Zusammenarbeit mit dem niederländischen<br />
Softwarehaus Komparu begonnen und werden<br />
gemeinsame Projekte realisieren wie die Entwicklung<br />
von Vergleichsrechnern für Versicherungsprodukte. Komparu<br />
bedient mit seinen Vergleichstools bereits über 700<br />
verschiedene Webseiten und Partner.<br />
Denis Just<br />
Gründer und CEO Knip<br />
Das klingt nach einer Investition.<br />
Der niederländische Investor Orange Growth Capital ist<br />
an beiden Unternehmen, Komparu und Knip, beteiligt,<br />
was natürlich ein Vorteil ist.<br />
Damit sich Investitionen in neue Technologien auszahlen,<br />
braucht es Skalenerträge. Wie sieht Ihre<br />
Wachstumsstrategie aus?<br />
Der Markt der digitalen Broker wird weiter wachsen; es<br />
sind auch neue Investoren auf den europäischen Markt<br />
gekommen. Später wird sich aber das rasante Wachstum<br />
beruhigen, und wir gehen in in eine Phase über, in der Investoren<br />
auf Conversion sowie auf Key Performance Indicator<br />
(KPI) achten, die das operative Geschäft betreffen.<br />
Das heisst: In den nächsten Finanzierungsrunden ist nicht<br />
die Grösse des Kundenstamms ausschlaggebend, sondern<br />
effiziente Prozesse.<br />
Und woher kommen die Einnahmen?<br />
Die Erträge werden auch in Zukunft aus zwei Bereichen<br />
kommen: Erstens zahlen uns die Versicherungen eine Bestandsprovision<br />
für die Betreuung ihrer Kunden. Zweitens<br />
bekommen wir Provision für neu abgeschlossene Verträge.<br />
Beides machen wir sehr transparent, auch im Brokermandat.<br />
Beide Bereiche bauen wir auch kontinuierlich<br />
aus. Aktuell stellen wir fest, dass der Informations- und<br />
Erfahrungsaustausch für Versicherer wertvoller ist als die<br />
reinen Verkäufe. Susanne Kapfinger<br />
12 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 21/2016
PUBLIREPORTAGE<br />
Britische Immobilien nach dem Brexit –<br />
die Ruhe nach dem Sturm<br />
Brexit heisst Brexit, so zumindest lautet die offizielle Parole. Aber was bedeutet der Brexit für den Immobilienmarkt?<br />
Seitdem sich die britische Bevölkerung am 23. Juni gegen den Verbleib in der Europäischen Union entschieden hat,<br />
zeigen Immobilienanleger Nerven und deutliche Anzeichen von Panik. Börsennotierte Immobilienunternehmen mussten<br />
Wertverluste hinnehmen, Immobilienfonds den Handel aussetzen und manche Immobilienverkäufe wurden innerhalb<br />
einer Rekordzeit von nur einer Woche abgewickelt, andere grosse Transaktionen wiederum abgeblasen. Immobilienfondsanleger<br />
haben negativer auf die Brexit-Entscheidung reagiert als seinerzeit auf die globale Finanzkrise. Aber<br />
sind all diese Reaktionen wirklich begründet?<br />
Zunächst einmal ist<br />
festzustellen, dass die<br />
negative Stimmung<br />
nicht auf einer seriösen<br />
Beurteilung der durch<br />
das Referendum entstandenen<br />
neuen Situation<br />
basiert, sondern<br />
von Unsicherheit getrieben<br />
wird. Daher<br />
Von Gerry Ferguson,<br />
Leiter UK Property Pooled sollten wir uns von den<br />
Funds bei Aberdeen <strong>Asset</strong> kurzfristigen Reaktionen<br />
auf das Referen-<br />
Management<br />
dum nicht zu sehr beeindrucken<br />
lassen. Schliesslich haben sich<br />
viele Anleger auch aus britischen Aktienfonds<br />
zurückgezogen – und viele von ihnen<br />
werden das angesichts der Performance<br />
des FTSE der letzten Monate heute<br />
wahrscheinlich bedauern.<br />
Zweitens lässt sich feststellen, dass es zwar<br />
Panik auf Seiten der Fondsanleger gegeben<br />
haben mag, die Unternehmen jedoch<br />
Ruhe bewahren und sich «Vorsicht» verordnet<br />
haben. Sie halten sich mit Neueinstellungen<br />
und Expansionsplänen zurück<br />
bis wieder mehr Klarheit herrscht. Da Klarheit<br />
seit dem Referendum allerdings ein<br />
sehr knappes Gut geworden ist, erwarten<br />
wir eine länger anhaltende Verlangsamung<br />
des Wachstums und eher geringe<br />
Mietzuwächse. Der Run auf die Immobilienfonds,<br />
der diese zwang, ihren Handel<br />
angesichts der enormen Anteilrückgaben<br />
auszusetzen, spiegelt jedoch nicht die Reaktion<br />
der Unternehmen wider.<br />
Und drittens waren die Rückgänge bislang<br />
sehr ungleich verteilt. Büroimmobilien und<br />
die Londoner City hat es am stärksten getroffen,<br />
während Industrie- und Logistikimmobilien<br />
sich weit besser behaupten<br />
konnten. In der City macht man sich nach<br />
1 Quelle: Monatlicher Index der IPD, Juli 2016<br />
der Brexit-Entscheidung ohnehin sehr grosse<br />
Sorgen – so ist zum Beispiel völlig unklar,<br />
ob die Vorteile eines «EU-Passes», der<br />
es britischen Finanzdienstleistern erlaubt,<br />
ihre Produkte innerhalb der EU zu vertreiben,<br />
auch zukünftig noch gegeben sein<br />
werden. Für den britischen Immobilienmarkt<br />
insgesamt ist der Londoner Büroimmobilienmarkt<br />
aber ganz und gar nicht<br />
repräsentativ.<br />
Nach den anfänglichen Schreckreaktionen<br />
scheint sich der Markt<br />
nun ein wenig zu beruhigen.<br />
Die Handelsumsätze waren verhalten und<br />
das wird sich in nächster Zeit wohl auch<br />
nicht ändern, zumindest solange noch<br />
nicht klar ist, welche Art von Brexit zu<br />
erwarten ist. Es wird jedoch auch weiterhin<br />
noch viele Transaktionen geben, bei<br />
denen Immobilien eine grosse Rolle spielen.<br />
Da viele Immobilien vor dem EU-Referendum<br />
zu Preisen gehandelt wurden, die<br />
weit über ihrem langfristig tragfähigen<br />
Wert lagen und die Kapitalwertrückgänge<br />
nach dem Brexit-Votum bislang bescheiden<br />
waren, werden die Preise wohl noch<br />
auf wirklich überzeugende Niveaus fallen<br />
müssen. Für ausländische Anleger kann<br />
das Bild allerdings positiver anmuten. Die<br />
Schwäche des britischen Pfunds lässt die<br />
niedrigeren Kapitalwerte für ausländische<br />
Investoren deutlich attraktiver erscheinen,<br />
was zu einem Anstieg der ausländischen<br />
Investitionen führen könnte. Trotz all der<br />
mit dem Brexit verbundenen Unsicherheiten<br />
bleibt das Vereinigte Königreich dank<br />
seines transparenten rechtlichen und regulatorischen<br />
Umfelds und seiner klar geregelten<br />
Geschäftsprozesse für ausländische<br />
Anleger attraktiv. Eine weitere Folge<br />
des Brexits war der Rückgang bei den<br />
Renditen britischer Staatsanleihen und<br />
den Barrenditen, was bei ertragsorientierten<br />
Anlegern wieder für mehr Interesse an<br />
Immobilien sorgen sollte.<br />
Insgesamt wird weithin erwartet, dass das<br />
Vereinigte Königreich nicht in die Rezession<br />
abgleiten wird. Die ersten aussagekräftigen<br />
Daten nach dem Brexit-Votum (Einzelhandelsumsätze<br />
und Arbeitslosenzahlen)<br />
waren überraschend gut. Der Online-Einzelhandel<br />
setzt sein rasantes Wachstum<br />
fort und das sollte zum Beispiel die Preise<br />
und Mieten von Logistik- und Lagerhausimmobilien<br />
stützen.<br />
Wie immer wird es für diejenigen, die sich<br />
die Mühe machen, ganz genau hinzusehen,<br />
viele individuelle Anlagemöglichkeiten<br />
geben. Anleger denken oft zu pauschal<br />
und betrachten nur den Sektor oder<br />
das Segment insgesamt, anstatt die Qualitäten<br />
der einzelnen Anlagemöglichkeiten<br />
zu prüfen. Für Immobilienanleger, die diese<br />
erkennen und das Potenzial von unterbewerteten<br />
Immobilien zu heben verstehen,<br />
sollte die Saat auch bei widrigstem<br />
Brexit-Wetter aufgehen und Früchte tragen.<br />
Das Urheber- und Datenbankrecht liegt bei der Investment Property Databank (IPD) und ihren<br />
Lizenzgebern 2014. Alle Rechte vorbehalten. IPD übernimmt keinerlei Haftung für Verluste,<br />
Schäden oder Kosten, die Dritten durch die Nutzung von oder das Vertrauen auf IPD zugeschriebenen<br />
Informationen entstehen können.<br />
Disclaimer: Herausgegeben von Aberdeen <strong>Asset</strong> Managers Switzerland AG, Schweizergasse 14,<br />
8001 Zürich. Genehmigt und beaufsichtigt von der Schweizerischen Finanzmarktaufsicht (FIN-<br />
MA). Telefonanrufe können aufgezeichnet werden.<br />
2 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 20/2016<br />
21/2016 | <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit 13
Private Hilfswerke arbeiten komplementär zur staatlichen Sozialhilfe – oft tun sie dies über nicht-finanzielle Unterstüzung wie Kleiderbörsen. Bild: Pixabay.com.<br />
Privatisierung der Armutsbekämpfung<br />
Die öffentliche Sozialhilfe steht seit geraumer Zeit unter Druck. Die Fallzahlen steigen, die durchschnittliche Bezugsdauer<br />
verlängert sich, die Lebenslage der Klientel wird komplexer, die Integrationserfolge stagnieren. Dabei übernehmen<br />
die privaten Hilfswerke immer häufiger Aufgaben, die eigentlich in den Geltungsbereich der öffentlichen Sozialhilfe<br />
fallen würden. Das sei falsch, sagt Caritas-Direktor Hugo Fasel und bezieht sich auf eine aktuelle Studie.<br />
Die Sozialhilfe muss aus Sicht der Hilfswerke gestärkt werden.<br />
Andernfalls besteht die Gefahr, dass Sozialhilfefälle an Hilfswerke<br />
abgeschoben werden. Bereits heute melden sich mehr Menschen<br />
in Not bei der Caritas, dem Schweizerischen Roten Kreuz und der<br />
Heilsarmee. Armutsbekämpfung darf nach Ansicht des Caritas-<br />
Direktors Hugo Fasel nicht privatisiert werden. Die Existenzsicherung<br />
ist Sache des Staates. Das wird in der Bundesverfassung klar<br />
festgehalten: Menschen in Not haben ein Recht auf Unterstützung<br />
und ein Recht auf ein menschenwürdiges Dasein. «Wir wollen nicht<br />
zurück zum Almosenstaat», sagt Fasel.<br />
Die Sozialpolitik in der Schweiz steht vor neuen Herausforderungen.<br />
Während «alte Risiken» wie Alter, Invalidität, Krankheit<br />
oder Arbeitslosigkeit vom Sozialstaat gedeckt werden, finden Themen<br />
wie Aussteuerung und Working Poor keinen Eingang in den<br />
«Risikokatalog». Dabei werden allein dieses Jahr 40 000 Menschen<br />
ausgesteuert, ruft Fasel in Erinnerung.<br />
Weniger Zeit für Begleitung<br />
Vor den Medien orteten die Vertreter der Caritas, dem Schweizerischen<br />
Roten Kreuz (SRK) und der Heilsarmee insgesamt eine<br />
beunruhigende Entwicklung in der öffentlichen Sozialhilfe. Belegt<br />
wird dies auch durch eine Studie, die sie bei der Fachhochschule<br />
Nordwestschweiz in Auftrag gegeben haben.<br />
Unter dem Spardruck fehlt den Sozialdiensten immer häufiger<br />
die Zeit für eine längerfristige Begleitung und Betreuung, lautet<br />
das Fazit der Studie. Hilfesuchende werden zudem ungenügend<br />
über ihre Pflichten und Rechte informiert. Gleichzeitig haben die<br />
Hilfswerke ihre Angebotspalette ausgeweitet.<br />
Politischer Druck wirkt<br />
Nicht ohne Folgen bleibt auch der politische Druck (siehe Seite<br />
13). Sozialarbeiter nutzen in vorauseilendem Gehorsam ihren<br />
Ermessensspielraum zu Gunsten der Betroffenen nicht aus, sagt<br />
Studienleiter Carlo Knöpfel. Sie haben Angst, dass die Leistungen<br />
weiter gekürzt werden.<br />
Von einer systematischen Abschiebung von Fällen an die Hilfswerke<br />
kann laut Knöpfel zwar nicht die Rede sein. Wo die Sozialdienste<br />
ihren Auftrag nicht wahrnehmen, suchen die Betroffenen<br />
aber Hilfswerke auf. Diese sind in der Armutsbekämpfung<br />
nicht mehr wegzudenken.<br />
Leistungsverträge an Hilfswerke<br />
Für Daniel Röthlisberger, Leiter Sozialwerk bei der Heilsarmee, ist<br />
klar, dass die Hilfswerke die Situation nicht alleine lösen können.<br />
Dabei kritisiert er die unklare Rollenverteilung. Es muss besser<br />
koordiniert werden, welche Aufgaben der Staat, Hilfswerke, Betroffene<br />
und auch die Wirtschaft wahrzunehmen haben.<br />
Eine Möglichkeit sieht die stellvertretende SRK-Direktorin Christine<br />
Kopp darin, dass die öffentliche Hand Leistungsverträge an<br />
Hilfswerke vergibt. Dies kann etwa in Bereichen geschehen, in denen<br />
die Organisationen Dienstleistungen erbringen, die nicht bereits<br />
von staatlichen Stellen abgedeckt werden. Reto Wattenhofer<br />
14 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 21/2016
POLITIK<br />
Kanton Uri<br />
Regierung lehnt<br />
EL für Familien ab<br />
Im Kanton Uri sollen im Kampf gegen die<br />
Armut nicht spezielle Ergänzungsleistungen<br />
für Familien geschaffen werden. Der<br />
Regierungsrat lehnt eine Motion der SP<br />
aus finanziellen und sozialpolitischen<br />
Gründen ab. Die Urner Regierung schreibt<br />
in ihrer Antwort auf den Vorstoss, dass<br />
genügend Massnahmen vorhanden sind,<br />
um einkommensschwache Familien zu unterstützen.<br />
Dazu zählen etwa Steuerabzüge<br />
für Familien, die Verbilligung der Krankenkassenprämien,<br />
die Inkassohilfe, die<br />
Alimentenbevorschussung und die wirtschaftliche<br />
Sozialhilfe. Eine neue Sozialleistung<br />
könnten sich in der angespannten<br />
finanziellen Situation weder der Kanton<br />
noch die Gemeinden leisten.<br />
SP-Landrat Toni Moser verlangt in seiner<br />
Motion, dass Uri analog den Kantonen<br />
Solothurn, Tessin, Waadt und Genf Familienergänzungsleistungen<br />
einführt. Mit<br />
diesen solle ähnlich den Ergänzungsleistungen<br />
bei der AHV/IV erreicht werden,<br />
dass Berufstätige mit Kindern zur Deckung<br />
ihrer Lebenskosten nicht Sozialhilfe beziehen<br />
müssen.<br />
Versuche, die Subventionen für Familien<br />
für die ganze Schweiz einzuführen, scheiterten<br />
auf Bundesebene 2011 und 2015.<br />
Vorstösse auf kantonaler Ebene gab es<br />
immer wieder. Erst Mitte Oktober wurde<br />
im Kanton Basel-Landschaft eine Volksinitiative<br />
gestartet. Im Kanton Luzern war<br />
vor knapp einem Jahr eine Initiative der<br />
Grünen abgelehnt worden. sk<br />
Kanton Zug<br />
Zuger entscheiden<br />
über 40-Mio-Sparpaket<br />
Die Zugerinnen und Zuger entscheiden am<br />
27. November über das 40-Millionen-Sparpaket,<br />
das der Regierungsrat und die bürgerliche<br />
Mehrheit des Kantonsrates beschlossen<br />
haben. Geschont würde mit<br />
diesen Sparmassnahmen niemand.<br />
Gemäss Regierung geht es aber nicht<br />
anders.Der Rotstift würde unter anderem<br />
bei den AHV- und IV-Ergänzungsleistungen<br />
angesetzt sowie beim Staatspersonal,<br />
das künftig auf Reka-Checks verzichten<br />
muss. Zudem sollen die freiwilligen Mutterschaftsbeiträge<br />
gestrichen werden.<br />
Auch die Zuger Gemeinden werden zur<br />
Kasse gebeten, weil sie bis 2019 insgesamt<br />
18 Millionen an den Kanton abliefern<br />
sollen.<br />
Während Regierung und die bürgerliche<br />
Mehrheit des Kantonsrates die «Opfersymmetrie»<br />
des Sparpaketes loben, finden<br />
Linke und Berufsverbände den Abbau unfair.<br />
Gespart wird auf dem Buckel jener,<br />
denen es ohnehin schon schlecht geht.<br />
Rund 20 Organisationen schlossen sich<br />
deshalb zur «Allianz für ein lebenswertes<br />
Zug» zusammen, sammelten 1 500 Unterschriften<br />
und reichten das Referendum<br />
ein.<br />
Wird das Sparpaket abgelehnt, so will<br />
die Regierung entweder die Steuern erhöhen<br />
oder die 40 Millionen Franken auf das<br />
nächste Sparprogramm packen. Dieses soll<br />
«Finanzen 2019» heissen und würde somit<br />
von den geplanten 100 auf 140 Millionen<br />
Franken aufgestockt. sk<br />
Hilfsorganisation Schweizer Tafel<br />
Erste webbasierte<br />
Spendendatenbank<br />
Die Hilfsorganisation Schweizer Tafel hat<br />
die erste webbasierte Spendendatenbank<br />
für einwandfreie überschüssige Lebensmittel<br />
entwickelt und online geschaltet.<br />
Die «Food Bridge» ermöglicht Spendern<br />
aus der Lebensmittelindustrie und -produktion<br />
und dem Handel einfach und<br />
rasch überschüssige Lebensmittel anzubieten.<br />
Hilfsorganisationen verteilen diese an<br />
armutsbetroffene und benachteiligte<br />
Menschen in der Schweiz.<br />
Rund ein Drittel der für den Schweizer<br />
Konsum produzierten Lebensmittel gehen<br />
zwischen Feld und Teller verloren:<br />
20% bei der landwirtschaftlichen Produktion,<br />
30% in Verarbeitung und Handel,<br />
50% in den Haushalten und im<br />
Grossverbrauch. Die Hilfsorganisation<br />
Schweizer Tafel holt seit 15 Jahren einwandfreie,<br />
überschüssige Lebensmittel<br />
ab. Täglich verteilt sie 17,1 Tonnen an<br />
soziale Institutionen – Lebensmittel, welche<br />
mehrheitlich vom Detailhandel gespendet<br />
werden.<br />
Die «Food Bridge» konnte dank der Anschubfinanzierung<br />
durch das Bundesamt<br />
für Landwirtschaft (BLW) realisiert werden.<br />
Programmiert wurde sie von Swiss-<br />
Center. Daniela Rondelli, Geschäftsführerin<br />
Schweizer Tafel: «In anderen Ländern<br />
– etwa den USA und in Kanada – gibt es<br />
schon lange Lebensmitteldatenbanken.<br />
Nun zieht die Schweiz nach.» Die weiterführende<br />
Finanzierung übernimmt die<br />
Schweizer Tafel. sk<br />
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21/2016 | <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit 15
VERMISCHTES<br />
Anlage Aktuell<br />
Cashflows und Rsikofähigkeit<br />
Berufliche Vorsorge<br />
Kein Teuerungsausgleich<br />
Wichtiger Bestandteil einer <strong>Asset</strong>-Liability-Management<br />
(ALM)-Studie ist die<br />
Analyse des Einflusses der Cashflows<br />
auf die Risikofähigkeit einer Pensionskasse.<br />
Hat eine PK zum Beispiel einen<br />
Deckungsgrad (DG) von 90% und<br />
fliesst ein das Vorsorgekapital verändernder<br />
Cashflow von 10 weg, dann<br />
reduziert sich das Vorsorgekapital auf<br />
90 und das Vorsorgevermögen auf 80.<br />
Der DG beträgt neu 88,9%. Somit hat<br />
der Mittelabfluss den DG um rund 1,1%<br />
reduziert.<br />
Bei einem ursprünglichen DG von<br />
110% hingegen, führt der Mittelabfluss<br />
von 10 zu einem DG von 111,1%. Das<br />
heisst: Negative Cashflows führen zu<br />
einer instabilen DG-Entwicklung und<br />
positive Cashflows zu einer stabilen.<br />
Der Zusammenhang ist unbestritten.<br />
Genauer analysiert werden muss die<br />
Interpretation der DG-Stabilität in Bezug<br />
auf die Risikofähigkeit einer PK.<br />
Kann der Mittelabfluss auf Rentenzahlungen<br />
zurückgeführt werden, dann<br />
reduziert sich dadurch das Vorsorgekapital<br />
und die prozentuale Deckungslücke<br />
nimmt zu, die absolute Deckungslücke<br />
in Franken verändert sich jedoch<br />
nicht. Auch die Sanierungsfähigkeit der<br />
PK und die Möglichkeiten des Arbeitgebers,<br />
die Kasse zu stabilisieren, werden<br />
von der Rentenzahlung nicht beeinflusst.<br />
Die Rentenzahlung an sich hat<br />
keinen Einfluss auf die Risikofähigkeit,<br />
was sich auch in einem unveränderten<br />
risikotragenden DG zeigt.<br />
Kommt es zum Mittelabfluss aufgrund<br />
einer Abnahme der Anzahl der Aktivversicherten<br />
(Austrittsleistungen),<br />
dann bleibt zwar die absolute Deckungslücke<br />
in Franken ebenfalls unverändert,<br />
das Sanierungspotential<br />
jeoch nimmt aufgrund der reduzierten<br />
Lohnsumme (Sanierungsbeiträge) und<br />
den reduzierten Altersguthaben (Minderverzinsung)<br />
ab. Der Stellenabbau<br />
schränkt eventuell auch die finanziellen<br />
Möglichkeiten des Arbeitgebers ein.<br />
Der Mittelabfluss ist mit einer abnehmenden<br />
Risikofähigkeit verbunden,<br />
was sich in einem sinkenden risikotragenden<br />
DG ausdrückt.<br />
Der Kapitalbezug bei der Pensionierung<br />
und der resultierende Mittelabfluss haben<br />
dieselbe Wirkung auf die Risikofähigkeit<br />
wie ein Einzelaustritt. Bezieht<br />
der Pensionierte hingegen eine Rente,<br />
so findet der unmittelbare Mittelabfluss<br />
nicht statt, die prozentuale Deckungslücke<br />
sinkt nicht und die DG-Entwicklung<br />
ist stabiler.<br />
Der Rentenbezug wirkt sich trotzdem<br />
nicht positiv auf die Risikofähigkeit aus:<br />
Auf die Sanierungsfähigkeit der PK<br />
macht es keinen Unterschied, ob der<br />
Pensionierte das Kapital oder die Renten<br />
bezieht – auch der Neurentner ist<br />
kein Risikoträger. Im Gegensatz zum<br />
Kapitalbezug muss jedoch beim Rentenbezug<br />
ein i.d.R. über dem risikolosen<br />
Zinssatz liegende Anlagerendite<br />
garantiert werden. Das zusätzlich «zu<br />
garantierende» Vorsorgekapital des<br />
Neurentners belastete die Risikoträger<br />
und verringert die Risikofähigkeit der<br />
PK. Auch in einer Unterdeckung ist somit<br />
der Kapitalbezug der Verrentung<br />
vorzuziehen, selbst wenn mit dem Kapitalbezug<br />
der prozentuale DG sinkt.<br />
Der risikotragende DG sinkt hingegen<br />
in der Unterdeckung mit dem Kapitalbezug<br />
weniger stark als mit der Verrentung<br />
und zeigt die veränderte Risikofähigkeit<br />
korrekt an.<br />
Es ist verlockend, aufgrund der Cashflow-Entwicklung<br />
einer PK Schlüsse<br />
über deren Risikofähigkeit zu ziehen.<br />
Die Beispiele zeigen jedoch, dass die<br />
Wirkung der Cashflows auf den DG<br />
und die resultierende Stabilität der DG-<br />
Entwicklung kein geeignetes Mass der<br />
Risikofähigkeit einer PK sind. Langfristig<br />
ausschlagegebend für die Risikofähigkeit<br />
sind die finanzielle Lage und der<br />
Anteil der garantierten Leistungen. Der<br />
risikotragende DG hilft bei der Einschätzung<br />
der Risikofähigkeit, da der Einfluss<br />
der gezeigten Geschäftsvorfälle<br />
auf die Risikofähigkeit korrekt wiedergegeben<br />
werden.<br />
Alfred Bühler und Stephan Skaanes<br />
beide Partner PPCmetrics<br />
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Die Hinterlassenen- und Invalidenrente der<br />
beruflichen Vorsorge wird nicht der Teuerung<br />
angepasst. Grund dafür ist, dass es<br />
keine Teuerung gab. Eine erste Anpassung<br />
der Renten wird jeweils nach drei Jahren<br />
geprüft. Da der Septemberindex 2016 jenen<br />
vom September 2013 nicht übersteigt,<br />
müssen diese Renten nicht angepasst werden,<br />
so das Bundesamt für Sozialversicherungen.<br />
Danach wird die Erhöhung der BVG-<br />
Renten jeweils zusammen mit der Erhöhung<br />
der AHV-Renten geprüft, in der Regel<br />
alle zwei Jahre. Allerdings bleiben auch<br />
die schon seit einigen Jahren laufenden<br />
AHV-Renten unverändert, da der aktuelle<br />
Index tiefer liegt. sk<br />
Deutschland<br />
Mangelnde Reformen<br />
In ihrem Jahresgutachten mit dem Titel<br />
«Zeit für Reformen» werfen fünf Ökonomie-Professoren<br />
– die «Wirtschaftsweisen»<br />
– der Bundesregierung in Deutschland<br />
schwere Versäumnisse vor und<br />
fordern dringend Reformen. So sollte das<br />
gesetzliche Renteneintrittsalter erhöht<br />
und an die künftige Lebenserwartung gekoppelt<br />
werden. Zusätzlich empfehlen sie<br />
die betriebliche und private Altersvorsorge<br />
zu stärken. Und bei der Krankenversicherung<br />
schlagen sie die Einführung einer<br />
Bürgerpauschale mit integriertem Sozialausgleich<br />
vor. Die deutsche Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel (CDU) hat die Kritik<br />
der «Wirtschaftsweisen» an mangelnden<br />
Reformen der schwarz-roten Koalition zurückgewiesen.<br />
sk<br />
Denner<br />
Stärkung der PK<br />
Der Discounter Denner erhöht die Lohnsumme<br />
2017 um 0,6%. Die Lohnerhöhungen<br />
erfolgen individuell und leistungsbezogen.<br />
Zudem erhöht Denner die Beiträge<br />
für die Altersvorsorge und stärkt die firmeneigene<br />
Pensionskasse. Dabei werden<br />
in den folgenden zwei Jahren parallel zur<br />
Erhöhung der Lohnsumme höhere Beiträge<br />
an die PK ausgerichtet. Der Mindestlohn<br />
beläuft sich auf 4 025 CHF im Monat<br />
bei 13 Monatslöhnen. sk<br />
16 <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit | 21/2016
VERMISCHTES<br />
Gesundheitskommission des Nationalrates<br />
Pflegefinanzierung soll genauer geregelt sein<br />
Gewerkschaftsbund<br />
März-Entscheidung<br />
Der Gewerkschaftsbund propagiert einen<br />
besseren Arbeitnehmerschutz bei der Reform<br />
der Altersvorsorge: Mit der vom Nationalrat<br />
beschlossenen Version wollen die<br />
Delegierten laut Mitteilung nicht leben. Sie<br />
behalten sich weiter vor, nach Abschluss<br />
der parlamentarischen Beratungen das Referendum<br />
zu ergreifen. Entschieden werde<br />
dies Ende März an einer ausserordentlichen<br />
Delegiertenversammlung. sk<br />
Revisionsaufsichtsbehörde<br />
Reglementsänderung<br />
Ruth Humbel (CVP/AG) bittet die Krankenversicherungen zur Kasse. Bild: Keystone.<br />
Pflegeleistungen im Anschluss an einen<br />
Spitalaufenthalt sollen nach den Regeln<br />
der Spitalfinanzierung vergütet werden.<br />
Das fordert die Gesundheitskommission<br />
des Nationalrates (SGK). Sie will die gesetzlichen<br />
Bestimmungen präzisieren.<br />
Mit 11 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung<br />
hat sich die SGK für eine parlamentarische<br />
Initiative von Ruth Humbel (CVP/AG) ausgesprochen.<br />
Ist die ständerätliche Schwesterkommission<br />
einverstanden, kann sie<br />
eine Gesetzesänderung ausarbeiten.<br />
Der Gesetzgeber habe gewollt, dass die<br />
Leistungen der Akut- und Übergangspflege<br />
nach einem Spitalaufenthalt während einer<br />
befristeten Zeit vollständig von der Krankenversicherung<br />
und den Kantonen übernommen<br />
würden, und zwar nach dem gleichen<br />
Bundesamt für Sozialversicherungen<br />
Schlüssel wie die Spitalleistungen, schreibt<br />
Humbel zur Begründung ihres Vorstosses.<br />
In der Praxis würden heute aber nur die<br />
Pflegekosten nach den Regeln der Spitalfinanzierung<br />
aufgeteilt. Die Hotelleriekosten<br />
gingen ganz zulasten der Patienten.<br />
Auf diese Weise funktioniere die Übergangspflege<br />
nicht, kritisiert Humbel. Entweder<br />
würden die Patienten zu lange im<br />
Akutspital hospitalisiert oder sie würden<br />
zu früh entlassen.<br />
Zudem erweise sich die heute geltende<br />
Dauer von 14 Tagen als zu kurz. Eine Erhebung<br />
des nationalen Spitalverbandes H<br />
plus hat gezeigt, dass die notwendige<br />
Übergangspflege in der Regel 21 Tage beansprucht.<br />
Deshalb ist auch die Dauer zu<br />
überprüfen. sk<br />
Mehr zur familienergänzenden Kinderbetreuung<br />
Der Bundesrat hat Änderungen im Vorsorgereglement<br />
der Revisionsaufsichtsbehörde<br />
(RAB) genehmigt. Das paritätische Organ<br />
des Vorsorgewerks RAB hat den<br />
Kaderplan 2 aufgehoben und den Anspruch<br />
auf Todesfallkapital von 50 auf 100<br />
Prozent des Altersguthabens erhöht. Die<br />
Änderungen treten per 1. Januar 2017 in<br />
Kraft. sk<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Hansjürg Saager<br />
Redaktion<br />
Nicolas Hehl (nh), Susanne Kapfinger<br />
(sk), Thomas Peterhans (pet), Charlotte<br />
Walser (wl), Reto Wattenhofer (wh)<br />
<strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit<br />
Sihlquai 253, 8005 Zürich<br />
043 960 59 79<br />
soziale-sicherheit@awp.ch<br />
www.soziale-sicherheit.ch<br />
Marketing<br />
Hügli Kommunikation<br />
Häisiwil 122, 4917 Melchnau BE<br />
062 923 73 35<br />
c-huegli@c-huegli.ch<br />
Das Bundesamt für Sozialversicherungen<br />
will wissen wie sich die Finanzhilfen für<br />
familienergänzende Kinderbetreuung (Anstossfinanzierung)<br />
auswirken. Mit dem<br />
befristeten Impulsprogramm soll die<br />
Schaffung zusätzlicher Plätze für die Tagesbetreuung<br />
von Kindern gefördert werden,<br />
damit die Eltern Erwerbsarbeit beziehungsweise<br />
Ausbildung und Familie besser<br />
vereinbaren können.<br />
Die ausgeschriebene Evaluation soll die<br />
Frage klären, inwieweit das heute bestehende<br />
Angebot an familienergänzender<br />
Kinderbetreuung die Nachfrage jener Eltern<br />
zu decken vermag, die einer Erwerbstätigkeit<br />
nachgehen, eine solche aufnehmen<br />
möchten oder sich in Ausbildung befinden.<br />
Sie soll zudem aufzeigen, welches die entscheidenden<br />
Faktoren sind, sollte das Angebot<br />
die Nachfrage nicht decken.<br />
Falls Verbesserungspotential ermittelt<br />
wird, sollen entsprechende Empfehlungen<br />
formuliert werden. Eingabefrist für die Offerte<br />
ist der 30. November 2016. sk<br />
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Anita Dürst, Atlas-Service AG<br />
Postfach 282, 8044 Zürich<br />
044 265 28 00<br />
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21/2016 | <strong>AWP</strong> Soziale Sicherheit 17
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* Studie der «SonntagsZeitung» vom 12. Juni 2016. Resultate unter: www.pensionskassenvergleich.ch