Nr_501-2017-Nov-
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D.a. <strong>501</strong> ... aktuell * Service <strong>Nov</strong>ember <strong>2017</strong><br />
D.a. gibt Tipps zu Ihrem Recht .<br />
§ Strafbarkeit der<br />
Vermummung<br />
nach einem<br />
Fußballspiel (OLG Hamm,<br />
Beschl. 07.09.<strong>2017</strong> - 4 RVs 97/17)<br />
Der Angeklagte besuchte im Mai<br />
2015 als Auswärtsfan des VfB<br />
Stuttgart das Bundesligaspiel<br />
gegen den SC Paderborn in der<br />
Benteler Arena in Paderborn.<br />
Nach Abpfiff und dem Verlassen<br />
des Stadions hielt sich der Angeklagte<br />
noch auf dem zum Stadiongelände<br />
gehörenden, umzäunten<br />
Gästeparkplatz bei den dort<br />
geparkten Bussen auf. Hier wurde<br />
aus einer Gruppe der auf dem<br />
Parkplatz anwesenden Anhänger<br />
des VfB Stuttgart unter anderem<br />
Pyrotechnik gezündet. Dies hatte<br />
entsprechende Tumulte zur Folge.<br />
Die dort eingesetzten Beamten<br />
forderten daraufhin die auswärtigen<br />
Fans auf, sich ruhig zu verhalten,<br />
sich zu den Bussen zu<br />
begeben und in diese einzusteigen.<br />
Der Angeklagte, der sich bereits in<br />
einem der Busse befand, bemerkte<br />
die Auseinandersetzungen<br />
außerhalb des Busses. Daraufhin<br />
maskierte er sich, indem er sein<br />
Gesicht mit Schal und Kapuzen so<br />
verdeckte, dass nur noch der<br />
Augenbereich zu erkennen war.<br />
So verließ er den Bus wieder und<br />
stellte sich den Polizeibeamten<br />
entgegen. Er wusste, dass dieses<br />
Verhalten u.a. auch bei Fußballspielen<br />
verboten ist. Gleichwohl<br />
beabsichtigte er, durch die<br />
Maskierung seine Identifizierung<br />
zu verhindern.<br />
Der nachfolgenden Aufforderung<br />
der Beamten, sich wieder in den<br />
Bus zu begeben, folgte er<br />
zunächst nicht. Er zeigte sich<br />
zunächst durch Beleidigungen<br />
und durch Schlagen gegen den<br />
Bus sehr aggressiv, konnte dann<br />
aber von anderen Anhängern des<br />
VfB Stuttgart in den Bus zurückgedrängt<br />
werden. Durch Video-<br />
Auswertungen konnte der Angeklagte<br />
in der Folgezeit identifiziert<br />
D.a. <strong>501</strong>/24<br />
Aktuelle Urteile<br />
werden.<br />
Das Amtsgericht Paderborn hat<br />
den Angeklagten daraufhin wegen<br />
vorsätzlichen Verstoßes gegen<br />
das Versammlungsgesetz („Vermummungsverbot“)<br />
zu einer<br />
Geldstrafe verurteilt. Dieser<br />
Entscheidung hat sich das Landgericht<br />
Paderborn durch sein<br />
Berufungsurteil angeschlossen.<br />
Auch die zum OLG Hamm eingelegte<br />
Revision blieb ohne Erfolg.<br />
Es handelt sich auch nach Auffassung<br />
des OLG bei einem Fußballspiel<br />
um eine Veranstaltung unter<br />
freiem Himmel im Sinne des<br />
Versammlungsgesetzes. Dabei<br />
spielt es keine Rolle, ob das<br />
Stadion eingezäunt und teilweise<br />
überdacht ist. Der Sinn und Zweck<br />
der Strafvorschrift bezogen auf<br />
das Vermummungsverbot bezweckt<br />
nach dem Willen des<br />
Gesetzgebers nämlich auch die<br />
Reduzierung der Fangewalt bei<br />
großen Sportveranstaltungen, wie<br />
etwa bei Bundesliga- oder<br />
Länderspielen. Es ist auch ohne<br />
Bedeutung, dass das Spiel bereits<br />
beendet war. Der Angeklagte<br />
befand sich jedenfalls noch im<br />
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang<br />
mit dem zuvor besuchten<br />
Bundesligaspiel auf dem<br />
Stadiongelände und damit noch<br />
auf einer Veranstaltung, die durch<br />
das Versammlungsgesetz geschützt<br />
ist.<br />
Im Übrigen handelt es sich bei<br />
einem Fußballspiel auch um eine<br />
öffentliche Veranstaltung, auch<br />
wenn man dafür eine Eintrittskarte<br />
benötigt. Das Spiel ist grundsätzlich<br />
für jedermann zugänglich,<br />
weil jeder eine Eintrittskarte habe<br />
erwerben und die Veranstaltung<br />
besuchen können. Die Vermummung<br />
des Angeklagten sei<br />
zudem geeignet und darauf ausgerichtet<br />
gewesen, die Feststellung<br />
seiner Identität zu verhindern<br />
bzw. zu beeinträchtigen.<br />
Rot-Weiss Essen darf Störer<br />
in Regress nehmen (Urteil des<br />
LG Essen aus <strong>2017</strong>)<br />
Ein Zuschauer hatte beim Regionalligaspiel<br />
RW Essen gegen den<br />
SV Rödinghausen Gegenstände<br />
auf das Spielfeld geworfen.<br />
Daraufhin wurde der Verein RW<br />
Essen mit einer Strafe in Höhe<br />
von 5.000,00 Euro durch den<br />
Westdeutschen Fußballverband<br />
belegt. Da der Zuschauer durch<br />
Videoaufnahmen eindeutig identifiziert<br />
werden konnte, forderte der<br />
Verein Rot-Weiss Essen nun<br />
seinerseits Erstattung der<br />
5.000,00 Euro zuzüglich der<br />
Verfahrenskosten vom „Werfer“.<br />
Das Landgericht Essen hat sich in<br />
seinem Urteil der Rechtsauffassung<br />
des Vereins angeschlossen.<br />
Der „Täter“ sei eindeutig identifiziert<br />
worden. Er habe mehrfach<br />
vorsätzlich Gegenstände in Richtung<br />
Spielfeld geworfen und damit<br />
die Gesundheit der Spieler,<br />
Schiedsrichterassistenten sowie<br />
der anderen Zuschauer gefährdet.<br />
Dafür habe er nun die Verantwortung<br />
zu übernehmen.<br />
Das hat im September 2016<br />
bereits der BGH so gesehen, dass<br />
jeden Zuschauer die Verhaltenspflicht<br />
trifft, die Durchführung des<br />
Fußballspiels nicht zu stören. Verstößt<br />
er hiergegen durch das<br />
Zünden und den Wurf eines<br />
Knallkörpers, hat er für die daraus<br />
folgenden Schäden zu haften und<br />
sie zu ersetzen. Das gilt auch für<br />
eine dem Verein wegen des Vorfalls<br />
auferlegte Geldstrafe des<br />
DFB. Sie ist kein nur zufällig durch<br />
das Verhalten verursachter, hiermit<br />
nicht mehr in einem inneren<br />
Zusammenhang stehender<br />
Schaden. Vielmehr wird sie gerade<br />
wegen der Störung durch den<br />
Zuschauer verhängt (BGH, Urteil<br />
vom 22.09.2016 - VII ZR 14/16).<br />
Meinhard Brink<br />
(Rechtsanwalt),<br />
Am Birkhof 50,<br />
Dedinghausen