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Im Lande der Bibel 2/2016

Nablus: Stadt der Seife und der Knafeh

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Nablus<br />

den aus tausenden von Stücken aufgestapelten Seifentürmen. Jedes Stück erhält einen Stempel.<br />

Die Seifentradition wird auch heute noch weitergeführt. Bei jedem meiner Besuche in Palästina<br />

gehört Seife aus Nablus zu den Dingen, die ich unbedingt mit nach Deutschland nehme.<br />

Auf dem Weg heraus aus <strong>der</strong> Qasba, <strong>der</strong> Altstadt, entdeckte mein Freund einen Frisörladen.<br />

Wir waren uns sofort einig. Bei unseren Dorffrisören, es gab nicht viele, bekamen wir Kin<strong>der</strong><br />

den Kopf immer standardmäßig komplett rasiert. Einmal nur wollten auch wir einen an<strong>der</strong>en<br />

Haarschnitt haben. So baten wir den alten Haarschnei<strong>der</strong>, uns einen schönen Haarschnitt zu<br />

machen, bei dem am Schluss noch Haare auf dem Kopf bleiben würden. Wir waren mit dem<br />

Ergebnis so zufrieden, dass ich von dem Tag an bis zu dem Tag, an dem ich nach Deutschland<br />

reiste, nur noch zu diesem Frisör ging.<br />

Zufrieden, erschöpft und mit vielen neuen Eindrücken, die meine Neugierde auf die wun<strong>der</strong>schöne<br />

Stadt geweckt hatten, fuhren wir am Abend in unser beschauliches Dorf zurück. In den<br />

nächsten Jahren entdeckte ich meine Heimatstadt mehr und mehr. Oft denke ich an meine<br />

erste große Reise und die damit verbundenen Erinnerungen, die fest in meinem Gedächtnis<br />

verankert sind.<br />

Dr. med. Emad Sawalha, Jahrgang 1967, geboren in Nablus, ist verheiratet und hat<br />

einen Sohn. Er lebt und arbeitet als Leiten<strong>der</strong> Oberarzt in Deutschland. Sein großes<br />

Interesse gilt <strong>der</strong> Geschichte seines Heimatlandes und <strong>der</strong> friedlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem dort herrschenden Konflikt.<br />

„Wächter <strong>der</strong> Tradition“<br />

Das Bild <strong>der</strong> Samaritaner in den biblischen Texten<br />

Von Katja Soennecken, wissenschaftliche Assistentin am Deutschen Evangelischen Institut<br />

für Altertumswissenschaft des Heiligen <strong>Lande</strong>s in Jerusalem<br />

„Und Jesus kam ins Land <strong>der</strong> Samaritaner...“ – dass dies überhaupt erwähnt wird, ist eine Bemerkung<br />

wert. Fromme Juden mieden auf dem (Pilger-)weg nach Jerusalem den Kontakt zu den von<br />

ihnen für ihren falschen Glauben verachteten Samaritern (zur unterschiedlichen Verwendung des<br />

Begriffs etc. siehe Kasten auf S. 17).<br />

Die Samaritaner sind vermutlich mit dem gleichen Recht als Nachfahren <strong>der</strong> Israeliten anzusehen,<br />

wie die Juden die Nachfahren des Königreiches Juda waren – zumindest nach <strong>der</strong>en Eigenverständnis.<br />

Sie beriefen (und berufen!) sich ebenfalls auf den Gott Israels, sind also eine Gruppe aus <strong>der</strong><br />

gleichen Religionsgemeinschaft. Die enge Verwandtschaft zwischen <strong>der</strong> samaritanischen und <strong>der</strong><br />

jüdischen Religion ist unbestritten. Nach dem Untergang des Nordreichs 722/21 v. Chr. flohen viele<br />

<strong>der</strong> Einwohner Israels nach Juda (wie sich am sprunghaften Ausbau Jerusalems unter Hiskia sehen<br />

lässt) und Juda lebte fortan mit dem Anspruch, das „wahre Israel“ zu sein. Der zahlenmäßig übermächtige<br />

Einfluss <strong>der</strong> Flüchtlinge aus dem Norden darf in Jerusalem nicht zu gering eingeschätzt<br />

werden. Problematisch ist dabei, dass Juda in persischer Zeit – d. h. zur Zeit des Wie<strong>der</strong>aufbaus des<br />

zweiten Tempels (Haggai Sacharja) von Samaria aus verwaltet wurde und auch dorthin seine Steuern<br />

zu zahlen hatte – ein Umstand, <strong>der</strong> nicht mit Wohlwollen hingenommen wurde. Zumindest von<br />

den tempelzentrierten Frommen in Jerusalem wurde er mit einem Ausschluss <strong>der</strong> Samariter aus<br />

<strong>der</strong> religiösen Gemeinschaft beantwortet.<br />

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