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Cristal 2017 - Zeitchrift - Freie Waldorfschule Oberberg

Zeitschrift der Freien Waldorfschule Oberberg in Gummersbach

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<strong>Cristal</strong><br />

Basis . Bildung . Beziehung<br />

Erlebnis<br />

Unterricht<br />

Die Klassen 1 - 4


<strong>Cristal</strong> Redaktion: (v. l.)<br />

Carola Möller, Christiana Niehues,<br />

Petra Ley, Uwe Schmid,<br />

Jürgen W. Tombrock<br />

Ein Blick in die Unterstufe<br />

Unsere Schule feierte im vergangenen Jahr den 25. Geburtstag und<br />

wurde erwachsen. Damit einher ging in den vergangenen Monaten die<br />

Überarbeitung unseres Leitbildes, das wir Ihnen in diesem Heft vorstellen.<br />

Das Leitbild setzt sich aus den drei Säulen Basis – Bildung – Beziehung<br />

zusammen.<br />

Wir haben den Schwerpunkt der <strong>Cristal</strong> in diesem Jahr auf die Unterstufe<br />

gelegt. Werfen Sie einen Blick in die Unterrichte der Klassen eins bis vier<br />

und erhalten Sie einen Einblick in die Unterrichtsinhalte.<br />

Basis<br />

04 Leitbild<br />

Warum eigentlich?<br />

08 Unsere<br />

Schuleingangsphase<br />

12 Vom Formerleben<br />

zum Formgestalten<br />

Bildung<br />

22 Liebe zur Musik<br />

entwickeln<br />

Beziehung<br />

40 Unterstützung im<br />

Schulalltag<br />

42 Eine Gemeinschaft<br />

– in jeder Beziehung<br />

44 Lebendiger<br />

Elternabend<br />

Lesen Sie, wie mit der Förderung von Kopf, Herz und Hand in der Schuleingangsphase<br />

und durch das Formenzeichnen eine Basis für die weitere<br />

Entwicklung des Kindes gelegt wird.<br />

Begleiten Sie die Schüler auf ihrem Bildungsweg, wenn die Fachunterrichte<br />

eingeführt werden und schauen Sie ihnen in der Handwerks- und Hausbauepoche<br />

über die Schulter.<br />

Erfahren Sie, wie Beziehung zwischen Schülern, Lehrern und Eltern bei<br />

Elternabenden und in Gremien an unserer Schule entsteht und wie wir<br />

miteinander umgehen.<br />

Viel Spaß beim Lesen …<br />

Ihr Öffentlichkeitskreis<br />

14 Formenzeichnen – nicht<br />

nur Gerade und Gebogene<br />

16 Sich dem Anderen<br />

öffnen<br />

20 Der Rhythmus<br />

bestimmt unser Leben<br />

24 Es wird<br />

elementar<br />

28 Wer Hände und<br />

Finger bewegt, hält<br />

den Geist beweglich<br />

30 Vokale bilden die<br />

Seele, Konsonanten<br />

das Äußere ab<br />

34 Ein neuer Blick<br />

in die Welt<br />

38 Kinder sind<br />

einzigartig!<br />

46 (Vor) Getragen<br />

durchs Schuljahr<br />

48 Besinnliche Einstimmung<br />

auf die Adventszeit<br />

50 Die 7-Jahres-Stufen<br />

der menschlichen<br />

Entwicklung<br />

54 Zirkus<br />

„Zippel Zappel“<br />

56 Waldorferzieher<br />

– Beruf für die Zukunft<br />

58 Veranstaltungskalender<br />

Impressum<br />

Den Menschen entfalten -<br />

Die Zukunft gestalten<br />

Redaktionsfoto: Melanie Kurz<br />

02 Inhalt _ <strong>Cristal</strong> | 2 0 17<br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Inhalt<br />

03


Leitbild<br />

?<br />

Bei der Karnevalstagung im Februar 2015 wurden Almut<br />

Warum<br />

eigentlich<br />

Mayer und Mark Winter zu Eignern des Leitbild-Prozesses. Die<br />

Schulleitung beauftragte sie, das bestehende Leitbild auf<br />

seine Gültigkeit hin zu überprüfen und, wenn nötig, ein neues<br />

Leitbild zu erstellen.<br />

Warum eigentlich?, könnte gefragt werden. Schließlich<br />

hat der Bund der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>n im Jahr 2009 ein<br />

„Gemeinsames Leitbild der deutschen <strong>Waldorfschule</strong>n“<br />

verabschiedet. Ließe sich das nicht einfach übernehmen?<br />

Schließlich: Warum überhaupt das bestehende Leitbild<br />

der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Oberberg</strong> in Frage stellen?<br />

Im Leitbild erklären Menschen, die beruflich oder privat<br />

einer Gruppe oder Organisation angehören, ihr gemeinsames<br />

Selbstverständnis und formulieren im Leitbild<br />

gemeinsame Grundprinzipien. Sie formulieren zu<br />

diesem Zweck ein Ziel, das sie erreichen möchten, und<br />

geben sich eine handlungsleitende und motivierende<br />

Orientierung.<br />

Die Chance, aber auch die Schwierigkeit eines Leitbildes<br />

besteht darin, dass es zwei Dimensionen verbindet:<br />

Es sagt etwas darüber aus, was ist, aber auch darüber,<br />

was sein soll. Der stete Wandel, dem diese beiden Di-<br />

Basis<br />

Mit diesen Grundlagen<br />

geben wir Halt<br />

Als <strong>Waldorfschule</strong> orientieren wir uns<br />

an der Menschenkunde Rudolf Steiners<br />

und stehen für eine gleichberechtigte<br />

Förderung von Kopf, Herz und Hand.<br />

Die Schulung der Sinneswahrnehmungen<br />

bildet darin die Basis allen Lernens<br />

und wir gestalten sie für jeden Jahrgang<br />

neu. Auf dem schuleigenen Naturareal<br />

können wir den Schülern ein selbst entwickeltes<br />

Schuleingangskonzept anbieten.<br />

Wir geben Raum und Zeit für<br />

individuelle Entwicklung – insbesondere<br />

für eine altersgerechte Kognition – und<br />

vermitteln in einem offenen, achtsamen<br />

und warmherzigen Umgang miteinander<br />

den Wert von Gemeinschaft. Der<br />

stabile Klassenverband ermöglicht jedem<br />

Schüler die Erfahrung sozialer Konstanz<br />

von der ersten bis zur dreizehnten<br />

Klasse. Die tiefe Verbindung zu unseren<br />

natürlichen Lebensgrundlagen, die<br />

Verbundenheit des Menschen mit der<br />

Natur leben wir, in der räumlichen und<br />

farblichen Gestaltung des Schulgebäudes<br />

und mit der gesunden<br />

biologischen Ernährung durch die<br />

eigene Schulküche.<br />

04 Basis _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong><br />

<strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong>_ Basis<br />

05


Bildung<br />

Beim Lernen im<br />

Unterricht steht der Mensch<br />

im Mittelpunkt<br />

Der Lehrplan orientiert sich in der Waldorfpädagogik<br />

an der körperlichen, der<br />

seelischen und der geistigen Entwicklung<br />

des Kindes, und die Unterrichtsinhalte<br />

definieren sich altersbezogen und<br />

sinnstiftend. Mit einer breiten Vielfalt im<br />

Fächerangebot sind wir handlungs- und<br />

kompetenzorientiert. Bis in die Stundenplangestaltung<br />

hinein realisieren wir eine<br />

Ausgewogenheit der Leistungsanforderungen.<br />

In den Klassen eins bis vier fördern<br />

wir die Schüler individuell durch<br />

Förderlehrer. In der Mittel- und Oberstufe<br />

unterstützen wir aktives und selbsttätiges<br />

Lernen. Die Kernlehrpläne des<br />

Landes NRW mit ihren jeweils aktuellen<br />

Richtlinien sind maßgebend für die Vorbereitung<br />

der staatlichen Abschlüsse in<br />

der Oberstufe. Für alle Jahrgänge praktizieren<br />

wir eine intensive Beratungskultur<br />

durch Schüler- und Elterngespräche.<br />

Unsere Zeugnisse enthalten bis zum<br />

elften Schuljahr Textzeugnisse mit<br />

aussagekräftigen Charakterisierungen<br />

aus allen Unterrichtsfächern.<br />

Zugunsten einer größeren Differenzierung<br />

verzichten wir dabei bis zum<br />

achten Schuljahr auf Noten.<br />

mensionen naturgemäß unterliegen, erfordert es, das<br />

bestehende Leitbild immer wieder zu überarbeiten, an<br />

Realitäten oder Abläufen zu messen und, bei Bedarf,<br />

neu zu fassen.<br />

An der Erstellung des neuen Leitbildes sollte, so die<br />

Überlegung im Vorfeld, möglichst die Schulgemeinschaft<br />

beteiligt sein – Schüler, Eltern und Lehrer. Aber:<br />

Wie sollte mit so vielen Menschen eine gemeinsame<br />

Richtung gefunden werden? Der Organisationsentwickler<br />

Christian Lucke unterstützte die beiden Eigner<br />

beim Erarbeiten des Leitbildes, indem er mögliche Aussagen<br />

unter zwei Gesichtspunkten verdichtete: Was ist<br />

gut und unbedingt erhaltenswert an dem derzeitigen<br />

Schulleben und welche Ideale und Visionen für die künftige<br />

Entwicklung der Schule gibt es?<br />

Um möglichst viele Eltern und Schüler zu erreichen,<br />

befragten Elternvertreter des Eltern-Lehrer-Schüler-Rates<br />

(ELSR) die Eltern, die Klassensprecher der Oberstufe die<br />

Klassen 5 bis 13.<br />

Nach Eingang der Antworten wurden die Einzelbeiträge<br />

zu einigen wenigen Kernaussagen komprimiert<br />

und an die Eigner weitergeleitet. Auch das Lehrerkollegium<br />

tauschte sich über seine Vorstellungen von den<br />

aktuellen und zukünftigen Stärken der Schule aus.<br />

Die Eigner fassten die Ergebnisse dieser Vorarbeiten<br />

unter den Überschriften Basis – Bildung – Beziehung<br />

zusammen und formulierten diese in einem flüssigen<br />

Text aus, der die vielfältigen Anteile und Qualitäten der<br />

Waldorfpädagogik in ihrer heutigen gesellschaftlichen<br />

Relevanz – und in der zukünftigen Ausprägung – widerspiegelt.<br />

Viele Wünsche und Themen von Eltern und Schülern<br />

„Das Kind in<br />

Ehrfurcht aufnehmen,<br />

in Liebe erziehen<br />

und in Freiheit<br />

entlassen!“<br />

wurden vorgetragen, fanden aber nicht Eingang in das<br />

Leitbild. Die Anregungen reichen in fast alle Bereiche<br />

der Schule hinein, so dass sie in verschiedenen Gremien<br />

und Arbeitsgruppen weiter diskutiert werden.<br />

Im Rahmen der Karnevalstagung <strong>2017</strong> erfuhr das Leitbild<br />

eine Verankerung in den Fachschaften der Schule:<br />

Es entstanden Textmaterialien, die verdeutlichen, inwiefern<br />

die im Leitbild genannten Aspekte in den einzelnen<br />

Fachschaften lebendig werden können.<br />

Diese Textmaterialien sind als „Schulprofil“ auf der Internetseite<br />

zu finden, sie werden auch in dieser Ausgabe<br />

von „<strong>Cristal</strong>“, bezogen auf die Unterstufe, vorgestellt. Das<br />

neu formulierte Leitbild steht ebenfalls auf der Internetseite<br />

der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Oberberg</strong><br />

www.fws-oberberg.de/index.php/ueber-uns/leitbild<br />

Mark Winter<br />

Klassenlehrer<br />

und Eurythmie<br />

Almut Mayer<br />

Klassenbetreuung<br />

und Musik<br />

Beziehung<br />

Lebendige Gemeinschaft –<br />

im Miteinander entsteht die<br />

Zukunft<br />

Das Herzstück des Schullebens an der<br />

<strong>Waldorfschule</strong> ist die intensive Beziehung<br />

zum Klassenlehrer von der ersten<br />

Klasse an. Moderne Studien belegen,<br />

dass sich besonders in der Beziehung<br />

zur Lehrerpersönlichkeit das Geheimnis<br />

des Lernerfolgs begründet. In diesem<br />

Bewusstsein gestalten auch die Fachlehrer<br />

ihren Unterricht.<br />

Im Alltag ist die Schulgemeinschaft aus<br />

Eltern, Lehrern und Schülern ein lebendiger<br />

Organismus, in dem alle einen<br />

Anteil zum Gelingen beitragen. Jeder<br />

kann aktiv mitgestalten, soziale Verantwortung<br />

übernehmen, Offenheit und<br />

Transparenz leben und Kommunikations-<br />

und Teamfähigkeit entwickeln. Im<br />

Miteinander sind wir auch auf einer spirituellen<br />

Suche: Der Suche nach den Fähigkeiten,<br />

die unsere Gesellschaft heute<br />

und in der Zukunft benötigt.<br />

Zahlreiche Gremien und Arbeitskreise<br />

geben dem Organismus der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong><br />

<strong>Oberberg</strong> Stimme und Tatkraft.<br />

Dazu gehört auch die Selbstverwaltung<br />

des Lehrerkollegiums in einer<br />

horizontalen Führungskultur, die bewusst<br />

individuelle Verantwortung stärkt<br />

und gegenseitige Beratung fordert.<br />

In den Gesprächen zwischen Lehrern,<br />

Eltern und Schülern, im Unterrichtsgespräch<br />

und im Gespräch miteinander<br />

streben wir eine Umsetzung der Prinzipien<br />

der „Gewaltfreien Kommunikation“ an.<br />

06 Basis _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong><br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Basis<br />

07


Unsere<br />

Schuleingangsphase<br />

Die Idee der „Natur-Kinder-Garten-Werkstatt“ von Irmgard Kutsch wird mit Erfolg an unserer<br />

Schule umgesetzt. Handwerkliche Tätigkeiten mit Naturmaterialien begleiten die Kinder<br />

durch das erste Schuljahr.<br />

September sechs Jahre alt.<br />

Wir können als Schule die Kinder nicht selbst zurückstellen.<br />

Das Gesundheitsamt muss die Empfehlung aussprechen;<br />

dabei gilt, dass nur erhebliche gesundheitliche<br />

Gründe ein anerkannter Rückstellungsgrund sind.<br />

Ein Zweifel an der Schulreife reicht nicht aus. Schule soll<br />

die Schulfähigkeit für alle Kinder selber schaffen – das<br />

aber heißt für uns, dass wir diesen jünger gewordenen<br />

Kindern gerecht werden müssen.<br />

Als <strong>Waldorfschule</strong> ringen wir an dieser Stelle besonders.<br />

Unsere Pädagogik ist eine die Entwicklung des<br />

Kindes begleitende und unterstützende Pädagogik. Verständlich,<br />

dass uns diese besondere Entwicklungszeit –<br />

der Übergang vom ersten zum zweiten Jahrsiebt – sehr<br />

am Herzen liegt.<br />

Dass das ein Reifungsschritt mit deutlichen Veränderungen<br />

ist, ist einfach zu erkennen: Nicht nur, dass das<br />

Kleinkind zum Schulkind wird, es streckt sich im Körperlichen,<br />

das Bäuchlein verschwindet, Finger und Gliedmaßen<br />

werden länger und sogar das Gesicht verliert seine<br />

kleinkindhafte Rundlichkeit. Der Zahnwechsel beginnt.<br />

Auch im Fühlen und Denken wird vieles verändert.<br />

Die vitalen Aufbaukräfte (Ätherkräfte) sind im ersten<br />

Jahrsiebt mit dem Wachstum beschäftigt, mit der<br />

Körper- und Organgestaltung. Dafür sind die Kräfte nötig,<br />

sie werden erst mit der Reife frei für das Lernen, Behalten<br />

und Denken, für die zielgerichtete Arbeit in der<br />

Schule. Darauf verweist Rudolf Steiner, der Begründer<br />

der Waldorfpädagogik, der zugleich vor einer zu frühzeitigen<br />

kognitiven Forderung warnt.<br />

Natürlich lernt das Kind auch vor diesem Übertritt<br />

ins zweite Jahrsiebt – und zwar ungeheuer viel – das<br />

Grundlegende. Das aber geschieht auf andere Weise,<br />

nämlich indirekt, implizit, vermittelt durch das Leben<br />

in der menschlichen Gemeinschaft, durch die Familie,<br />

durch die Spielgruppe, den Kindergarten. Es geschieht<br />

durch alle Sinne, durch direktes Leben, konkrete Erfahrungen,<br />

durch Nachahmen, Verarbeiten, Tätig-Sein.<br />

Angesichts dieser notwendigen Lebensorientierung<br />

im ersten Jahrsiebt stellt sich für uns die Aufgabe, die Bildungsprozesse<br />

kleiner Kinder in unseren Schulalltag zu<br />

integrieren. Das heißt, wir brauchen in unserem Schuleingang<br />

mehr konkretes Tun, sinnvolle, überschaubare<br />

und mit allen Sinnen erlebbare Tätigkeit.<br />

Auch eine weitere Veränderung, die uns immer wieder<br />

bewegt, fordert die Veränderung unseres Anfangsunterrichtes:<br />

Die Kinder kommen heute anders, verändert<br />

zu uns als noch vor fünf oder zehn Jahren.<br />

In den Einschulungen erleben wir eine immer stärker<br />

werdende Individualisierung der Kinder auf allen Ebenen<br />

der Entwicklung. Durch die sehr unterschiedliche<br />

physische, seelische und kognitive Entwicklung stehen<br />

die Kinder sehr unterschiedlich nebeneinander. Aber<br />

auch innerhalb der jeweiligen Kinder driften die verschiedenen<br />

Entwicklungsebenen weiter auseinander.<br />

So haben wir einmal vor Jahren in der Zeit der Einschulungsuntersuchung<br />

den Begriff, “Professor in Windeln“<br />

geprägt, um einen außergewöhnlich klugen Jungen zu<br />

bezeichnen, der jedoch im Körperlichen und Seelischen<br />

noch sehr klein war.<br />

Im Allgemeinen beobachten wir, dass bei unseren<br />

Erstklässlern Sinnes- und Bewegungsentwicklung noch<br />

nicht ausgereift sind, dass weniger Sicherheit in der<br />

Grob- und Feinmotorik besteht. Bewusstes Nach-Innen-<br />

Nehmen und wieder Nach-Außen-Geben, Nachmachen,<br />

Merken, Widergeben scheint, so unsere Beobachtung,<br />

schwieriger geworden zu sein.<br />

Gleichzeitig besteht ein bewusstes Wahrnehmen<br />

dieser Situation, wodurch oft ein selbst beobachtendes,<br />

verzweifeltes Gefühl von „das kann ich nicht!“ entsteht.<br />

Daneben existiert eine große Sensibilität im Sozialen.<br />

Alles im Umkreis wird wahrgenommen, mitgefühlt, mit<br />

großer sozialer Fähigkeit, aber auch dadurch mit Überforderung<br />

und Unsicherheit.<br />

Insgesamt erscheint uns die Verbindung mit allem<br />

Irdischen schwieriger geworden zu sein. Auch das digitale<br />

Medienzeitalter, das Erleben der nicht mehr ungeteilten<br />

Aufmerksamkeit an den Erwachsenen, macht<br />

das Verbinden mit dem Hier und Jetzt nicht einfach. So<br />

sehen wir es als unsere Aufgabe den Kindern der heutigen<br />

Zeit ein verlockendes Angebot zu machen, sich fest<br />

mit dieser Erde und ihren Aufgaben, letztlich mir der<br />

Gestaltung der Zukunft zu verbinden. Sie sollen erleben,<br />

dass diese Welt schön ist, und sie sollen die Möglichkeit<br />

haben, von dem zweifelnden „ich kann nicht!“ zu dem<br />

Sicherheit und Selbstvertrauen verströmenden „ich<br />

kann“ zu kommen.<br />

Auch hier sehen wir das Tätig-Sein, das mit allen<br />

Sinnen erfahrbare Tun als die mögliche Hilfe zum<br />

Nachreifen, als heilsame Entwicklungsbegleitung in<br />

Die Schuleingangsphase ist die Zeit des Übergangs vom<br />

Kindergarten in die Schule, unser erstes Schuljahr, das<br />

an unserer Schule eine ganz besondere Gestaltung erfahren<br />

hat. Es ist eine wichtige Entwicklungszeit, dieser<br />

Übergang vom ersten zum zweiten Jahrsiebt im Leben<br />

unserer Kinder, und wir schauen immer wieder auf diesen<br />

Zeitabschnitt. Dabei bewegt uns die Frage, was wir<br />

an unserer Schule neu gestalten müssen, um den Kindern<br />

der heutigen Zeit gerecht zu werden.<br />

Auslöser der Umgestaltung unseres Schuleingangs<br />

sind einmal die Veränderungen der gesetzlichen Grundlagen<br />

gewesen, besonders das novellierte Schulgesetz<br />

in NRW. Es hat uns besonders getroffen, dass das Einschulungsalter<br />

um drei Monate vorverlegt worden ist.<br />

Manche Kinder kommen nun mit fünf Jahren in die<br />

Schule und werden erst im August oder sogar erst im<br />

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<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Basis<br />

09


der heutigen Zeit.<br />

Wir haben als eine Konsequenz unserer ersten Klasse<br />

ein Mehr an diesem konkreten Tun gegeben – sechs<br />

zusätzliche Naturhandwerks-Stunden. Die Kinder unserer<br />

ersten Klasse lernen nach dem Hauptunterricht<br />

an drei Tagen, in Gruppen aufgeteilt, einfache Tätigkeiten<br />

und Arbeitsabläufe kennen. Es geht um kleine<br />

handwerkliche Tätigkeiten mit Naturmaterialien – orientiert<br />

am Jahreslauf.<br />

Unsere Idee basiert auf der Arbeit von Irmgard<br />

Kutsch und deren Konzept der „Natur-Kinder-Garten-<br />

Werkstatt“. Sie hat ihre Idee in vier wunderbaren Bänden,<br />

bezogen auf den Jahreslauf, niedergeschrieben. In<br />

ihnen wird in vielen Beispielen und Bildern deutlich, wie<br />

leiblich, seelisch und geistig gesund sich Kinder in einer<br />

naturnahen Umgebung mit authentischen Dingen<br />

und Materialien entwickeln können. Wir danken Irmgard<br />

Kutsch für ihre Unterstützung und Begleitung, die<br />

sie uns bei der Umgestaltung unserer Eingangsphase<br />

gegeben hat.<br />

So haben wir zum Beispiel die Apfelwerkstatt im<br />

Herbst. Äpfel werden geschnitten und zu Mus, Apfelsaft<br />

oder auch Kuchen weiterverarbeitet oder zum<br />

Trocknen aufgefädelt. Ein anderes Beispiel: Kinder erleben<br />

die Schur unserer Schafe. Die Wolle wird im Sommer<br />

gewaschen und im Winter weiterverarbeitet. Sie<br />

wird kardiert, gefilzt, gesponnen und verwoben. Oder:<br />

im Winter wird mit dem Bienenwachs unserer Bienen<br />

und Wollfett eine Bienenwachsknete hergestellt, die zu<br />

kleinen Kunstwerken gestaltet wird.<br />

Es geht um einfache und durchschaubare Tätigkeiten,<br />

handhabbar und sinnerfüllt. Es entsteht das Lebensgefühl<br />

der Kohärenz. Es riecht, duftet, fühlt sich an.<br />

Es ist zwar nicht einfach, aber es ist echt, es entsteht etwas.<br />

Man muss sich auch anstrengen, einen Widerstand<br />

zu überwinden und etwas zu Ende zu bringen.<br />

Dieses Tätig-Sein lässt die Kinder in wunderbarer<br />

Weise nachreifen, Selbstvertrauen gewinnen, geschickt<br />

werden und ankommen bei sich und in dieser<br />

Welt. Es wachsen Sicherheit, Widerstandskraft, Wille<br />

und Ausdauer an der Realität. Es wird eine wichtige<br />

Grundlage gebildet, um im weiteren Leben eigene<br />

Impulse in die Tat umzusetzen.<br />

Wir sind nun schon viele Jahre mit dieser Gestaltung<br />

unseres Schuleingangs erfahren und erleben das<br />

als wertvolle pädagogische Hilfe – mehr denn je.<br />

Über diese Naturhandwerks-Stunden hinaus haben<br />

wir versucht, für unsere Eingangsstufe einen weiteren<br />

angemessenen Entwicklungsrahmen zu geben:<br />

Wir haben die Tische und Stühle unserer ersten<br />

beiden Klassen durch kleine Bänke und Kissen ersetzt.<br />

Dieses „bewegte“ Klassenzimmer erlaubt einen schnellen<br />

Umbau in der Klasse. Die Kinder lernen, die Bänkchen<br />

zum Kreis zu stellen oder zu einer langen Frühstückstafel.<br />

Das Mobiliar bietet auch Möglichkeiten für<br />

Bewegungsspiele und rhythmische Übungen.<br />

Der Klassenlehrer bleibt den ganzen Vormittag bei<br />

den Kindern. Das gibt Konstanz und Sicherheit. Auch<br />

ein wiederkehrender Tages- und Wochenablauf bietet<br />

Sicherheit und die Möglichkeit, immer gemeinsam<br />

den Morgen zu beginnen und mit dem Erzählen des<br />

Märchens abzuschließen.<br />

Wir haben seit vielen Jahren eine Begleiterin für die<br />

erste Klasse, Neli Völkel, die zusätzlich zum Klassenlehrer<br />

den Unterricht begleitet und stützt. Sie ist die<br />

Expertin der ersten Klasse. Sie ist eine helfende Hand<br />

bei allen täglichen Schwierigkeiten, wenn das Heft<br />

verdreht ist, die Buchstaben nicht gelingen wollen, die<br />

Aufmerksamkeit nicht allein aufgebracht werden kann<br />

oder ein Streit mit dem Nachbarn sich entzündet. Sie<br />

ist von unschätzbarem Wert.<br />

Und wenn es an einem Tag gar nicht geht, wenn alle<br />

Kräfte zum Lernen verflogen sind und es in der Klasse<br />

einfach zu viel wird, dann ist eine Auszeit erlaubt:<br />

Etwa mit Udo Koch zu unseren Tieren in den Stall zu<br />

gehen oder ein Kaninchen auf dem Arm zu halten und<br />

zu streicheln. Danach geht es wieder besser mit der<br />

Aufmerksamkeit und dem Lernen.<br />

Unser Schuleingangskonzept erleben wir als Zeitnotwendigkeit,<br />

um in einer „Zeit des Entschwindens<br />

der Wirklichkeit“ mit elementaren Erlebnisfeldern Sinnespflege<br />

zu ermöglichen und Beziehung und Bildung<br />

in ganz elementarer Weise als Basis anzulegen.<br />

Petra Zibler<br />

Förderunterricht<br />

10 Basis _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong>


Vom Formerleben<br />

zum Formgestalten<br />

So wie der gesamte Schultag, ist auch der Hauptunterricht im ersten Schuljahr klar gegliedert<br />

und strukturiert, dabei geprägt von Rhythmus und Wiederholung.<br />

Beginnend mit dem Morgenkreis, in welchem sich die<br />

Schüler gegenseitig wahrnehmen und kennenlernen,<br />

legen wir hier schon den Grundstein für die Gemeinschaftsbildung.<br />

Den Abschluss des Morgenkreises bilden<br />

die kurzen, sinnigen Geschichten des Lehrers, mit<br />

deren Hilfe er Themen, die die Klasse betreffen, in Bilder<br />

kleidet. Auch bildhaft dargestellte kleine Naturbeobachtungen<br />

sprechen die Kinder an.<br />

Der rhythmische Teil des Hauptunterrichtes nimmt<br />

im ersten Schuljahr viel Raum ein. Gilt es doch, Koordination<br />

und Geschicklichkeit zu üben, harmonische Bewegungsabläufe<br />

zu verinnerlichen und auf diese Weise<br />

seinen Leib zu ergreifen. Denn ein rhythmischer Bewegungsablauf<br />

ist ein dem Kinde zutiefst entsprechender<br />

Vorgang, obwohl die Koordinationsübungen den Kindern<br />

oft noch schwer fallen und deshalb gut geübt sein<br />

wollen. Wir beleben also die ganze Organisation des<br />

Kindes auf vielfältige Weise und können dabei erspüren,<br />

was die Kinder gerade brauchen. Manche Übungen beleben,<br />

wecken, andere lösen und beruhigen.<br />

Der Rhythmus im Tagesablauf hilft, eine gemeinsame<br />

Gewohnheitsgestalt zu schaffen, und verhilft den Kindern<br />

zu Sicherheit in zeitlichen Abläufen und zu einer<br />

Orientierung und Verbindung von heute und morgen.<br />

Der sogenannte Epochenteil schließt sich an. Im ersten<br />

Schuljahr unterrichten wir drei Epochen im vierwöchigen<br />

Wechsel. So können die Kinder tief in den Lernstoff<br />

eintauchen, sich intensiv mit dem Tun verbinden.<br />

Nach jeweils ungefähr vier Wochen ruht das Erlernte<br />

und wirkt weiter im Unterbewusstsein. Auch der Lernteil<br />

ist rhythmisch gegliedert.<br />

Die Schüler lernen den Unterrichtsstoff kennen,<br />

nehmen ihn mit in die Nacht – und am folgenden Tag<br />

wird das Erlernte vertieft. Auf diese Weise können sich<br />

die Kinder mit den Lerninhalten vertraut machen und<br />

verbinden.<br />

Die erste Epoche im ersten Schuljahr ist stets das Formenzeichnen.<br />

Wir beginnen mit den Urelementen – der<br />

Krummen und Geraden; daraus entwickeln sich weitere<br />

ursprüngliche Formen (Kreis, Dreieck, Spirale). Dabei<br />

können die Streckungen und Krümmungen der jeweiligen<br />

Formen auf verschiedene Weise erlebt werden. Wir<br />

können sie in die Luft oder dem Banknachbarn auf den<br />

Rücken zeichnen, wir können aber auch die Form laufen.<br />

So ist der ganze Körper des Kindes angesprochen,<br />

zugleich wird die Orientierung im Raum geübt.<br />

Wir wollen in den Kindern das Formgefühl wecken<br />

und sie vom Formerleben zum Formgestalten führen.<br />

Gerade im ersten Schuljahr werden die verschiedenen<br />

Formen von kleinen Geschichten begleitet, die bei den<br />

Kindern innere Bilder wecken und es ihnen möglich machen,<br />

sich ganz mit der Form zu verbinden.<br />

Die Schreibepochen des ersten Schuljahres sind<br />

geprägt vom Kennenlernen der Buchstaben. Die Buchstabenformen<br />

und entsprechende Gebärden wachsen<br />

aus Bildern heraus und ermöglichen den Kindern ein<br />

intensives Eintauchen. In exemplarischer Weise erleben<br />

sie ein Nachbild der Schriftentwicklung in der Kulturgeschichte.<br />

Auch hier wird die Form der Buchstaben auf<br />

vielfältige Weise geübt und ergriffen.<br />

Während die Vokale eher eine innere Seelenqualität<br />

widerspiegeln und diese in einer entsprechenden Geschichte<br />

mit eindrücklichen Bildern für die Kinder entwickelt<br />

werden, spiegeln die Konsonanten eher die äußere<br />

Beziehung zur Welt und bleiben ganz im Bildcharakter.<br />

In den Rechenepochen gilt es zunächst, die Zahlen<br />

einzuführen, denn diese sollen für die Kinder zu vertrauten<br />

Wesen werden. Beginnend mit der Einheit der Welt,<br />

der göttlichen Ur-Eins, kommt es schon mit der Zwei<br />

zum Teilungsprozess. Eifrig suchen die Kinder in ihrem<br />

Lebensumfeld nach Beispielen für die jeweiligen Zahlen.<br />

So finden sie schnell: zwei Beine hat der Mensch,<br />

vier Beine aber hat das Tier, sieben Tage hat die Woche<br />

oder mit sieben Farben leuchtet der Regenbogen.<br />

Dann lernen die Kinder die vier Grundrechenarten<br />

kennen. Vier Brüder, von denen jeder auf seine Weise besondere<br />

Fähigkeiten besitzt. So kann der Bruder Sammler<br />

mit den Kindern Nüsse, Eicheln und Kastanien sammeln<br />

und der Bruder Teiler verschenkt sie gerecht. Der<br />

Bruder Pechvogel hat vielleicht ein Loch in der Hose und<br />

der Bruder Luftikus vermehrt seine Schätze mit großer<br />

Freude. Emsig geht es dann ans Rechnen mit kleinen<br />

selbst gesägten Holzscheiben – und die einführenden<br />

Geschichten treten in den Hintergrund. Wir gehen beim<br />

Rechnen gerne vom Ganzen aus, denn das beinhaltet<br />

viele Antwortmöglichkeiten für die Kinder und lässt sie<br />

beweglich werden im Umgang mit den Zahlen.<br />

Aber auch über Bewegung und Rhythmus werden<br />

die Kinder an die Welt der Zahlen und des Rechnens herangeführt.<br />

Aus dem rhythmischen Zählen entwickelt<br />

sich das Einmaleins, begleitet von verschiedenen Bewegungsabläufen.<br />

Den Abschluss des Schultages bildet der altersgemäße<br />

Erzählstoff – im ersten Schuljahr sind das die Märchen.<br />

Dieser Schultag-Abschluss lässt die Kinder nach<br />

dem Erlebten zur Ruhe kommen. Der Lehrer wird das<br />

Märchen bei Kerzenschein im abgedunkelten Klassenraum<br />

erzählen. Zuweilen erstreckt sich ein Märchen über<br />

mehrere Tage und die Kinder können sich vor dem Weitererzählen<br />

im Nacherzählen des bisher Gehörten üben.<br />

Warum aber sind die Märchen ein altersgemäßer Erzählstoff?<br />

Nun, das etwa siebenjährige Kind steht vor<br />

dem Abschluss der Leibes- und Organentwicklung. Als<br />

äußeres Zeichen dafür gilt der einsetzende Zahnwechsel.<br />

Nun werden die Bildekräfte des Kindes frei für die<br />

Vorstellungs- und Gedächtnisbildung, es ist aber noch<br />

verbunden mit der geistigen Heimat. Die Sprache im<br />

Märchen ist ganz im Bild beheimatet und kommt der<br />

Seelensituation des Kindes in diesem Alter am nächsten.<br />

Die Märchen schildern immer einen Weg, und die<br />

Inhalte betreffen stets Gegenwart, Vergangenheit und<br />

Zukunft zugleich. Sie schildern geistig-seelische Entwicklungsschritte.<br />

Und da das Gute immer siegt, wirken<br />

sie moralisch tröstlich und befriedigend.<br />

Claudia Balabajew<br />

Klassenlehrerin<br />

und Handarbeit<br />

12 Basis _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong><br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Basis<br />

13


Formenzeichnen –<br />

und Gebogene<br />

nicht nur Gerade<br />

Rudolf Steiner führte Formenzeichnen unter Berücksichtigung von menschenkundlichen<br />

und erzieherischen Gesichtspunkten als eigenständiges Fach 1919 in der ersten <strong>Waldorfschule</strong><br />

in Stuttgart ein.<br />

Seitdem gehört es an <strong>Waldorfschule</strong>n zum Hauptunterricht<br />

und wird in den ersten Schuljahren in Epochen<br />

vom Klassenlehrer unterrichtet.<br />

Die Welt besteht aus Farben und Formen, die wir<br />

im alltäglichen Leben nicht differenziert, sondern<br />

normalerweise als Einheit wahrnehmen. Im Formenzeichnen<br />

werden die Formen isoliert betrachtet und<br />

geübt. Dabei lassen sich alle Formen auf zwei Urformen<br />

zurückführen – die gerade und die gebogene<br />

Linie. Diese beiden Formqualitäten lernen die Kinder<br />

in der <strong>Waldorfschule</strong> schon an ihrem ersten Schultag<br />

kennen.<br />

Eine Linie ist die Spur einer Bewegung, die im Kleinen,<br />

mit einem Stift in der Hand, oder auch im Großen,<br />

zum Beispiel mit den Füßen im Sand, ausgeführt<br />

werden kann. Die entstandenen Linien und Formen<br />

können wir als „geronnene Bewegung“ auffassen. Um<br />

eine Form wahrzunehmen und zu erkennen, fahren wir<br />

sie mit den Augen nach und nehmen ihre Form wahr.<br />

Durch Formenzeichnen werden der Seh- und Bewegungssinn<br />

und auch der Tastsinn, der Gleichgewichts-<br />

und der Lebenssinn sowie die Auge-Hand-<br />

Koordination und die Feinmotorik entwickelt und<br />

geschult. Deshalb kann Formenzeichnen auch therapeutisch<br />

eingesetzt werden. Durch die Auswahl der<br />

Formen werden gezielt Denken, Fühlen und Wollen<br />

unterstützt und gefördert.<br />

Formenzeichnen spricht den ganzen Menschen<br />

an. Durch das wiederholte Üben der einwickelnden<br />

Spirale (von außen nach innen) werden die Kinder ruhiger<br />

und konzentrierter, während sie durch das wiederholte<br />

Üben der auswickelnden Spirale (von innen<br />

nach außen) fröhlicher und extrovertierter werden.<br />

Bei der Betrachtung des fertigen Produkts lässt sich<br />

dieser Unterschied nicht ohne weiteres erkennen.<br />

Im Unterricht unterscheiden wir Formenzeichnen<br />

mit abgeschlossenen Formen, wobei Genauigkeit und<br />

Schönheit eine Rolle spielen, vom dynamischen Formenzeichnen,<br />

das durch Rhythmus, Wiederholung,<br />

Sprache und Musik unterstützt wird. Während des Unterrichts<br />

laufen die Kinder zum Beispiel eine Form im<br />

Klassenraum, fahren sie in der Luft nach und zeichnen<br />

sie schließlich ins Heft. Immer geht es dabei um die reine<br />

Form, die reine Linienführung ohne Bedeutungsinhalt.<br />

Auf dem Papier sehen wir schließlich die Spur der<br />

Bewegungsarbeit.<br />

Auch im Formenzeichnen hat jede Unterrichtsstufe<br />

ihre besonderen Schwerpunkte. Im ersten Schuljahr<br />

werden einfache Formen wie die Gerade und die<br />

Gebogene in allen Variationen, auch als Vorbereitung<br />

zum Schreiben, geübt. Während im zweiten Schuljahr<br />

Spiegelungen im Vordergrund stehen und die Schüler<br />

vorgegebene „Formhälften“ zur Ganzheit vervollständigen,<br />

spielen im dritten Schuljahr Veränderungen von<br />

Formen und Spiegelungen an mehreren Achsen eine<br />

Rolle. Im vierten Schuljahr beschäftigen sich die Schüler<br />

mit Flechtformen- und -bändern, wie wir sie aus dem<br />

keltischen Kulturbereich kennen. Im fünften Schuljahr<br />

geht das Formenzeichnen in die Freihand-Geometrie<br />

und schließlich im sechsten Schuljahr in die zum Fachbereich<br />

der Mathematik gehörenden Geometrie über.<br />

Dabei werden neben mathematischen Übungen geometrische<br />

Formen exakt und kunstreich mit Lineal und<br />

Zirkel ausgeführt.<br />

Durch das Formenzeichnen werden neben der Auge-<br />

Hand-Koordination und der Feinmotorik vor allem die<br />

Gestaltungskräfte sowie die Wahrnehmungsfähigkeit<br />

gefördert und geschult. Es führt zu einem vertieften<br />

Form-Empfinden und zu einer gesteigerten Sinnestätigkeit.<br />

Beim Formenzeichnen handelt es sich also um eine<br />

kreative und schöpferische Kunstrichtung.<br />

Gundhild Jäkel<br />

Klassenlehrerin<br />

und Religion und Sport<br />

14 Basis _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong><br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Basis<br />

15


Sich dem Anderen<br />

Eine neue Sprache zu lernen, heißt nicht nur verstehen und sprechen, sondern eine neue<br />

Perspektive einzunehmen. Durch den frühen Unterricht tauchen die Kinder spielerisch in<br />

die neue Sprache ein.<br />

Fremdsprachen zu erlernen ist die Grundlage für interkulturelles<br />

Verständnis und die Bildung interkultureller<br />

Gesellschaften. Empathie, Zuhören können, lebendiges<br />

Interesse am Anderen, sich Einbringen und die Fähigkeit<br />

klare Gedanken zu formulieren und differenzierte Gefühle<br />

auszudrücken, bilden die Basis, auf der sich soziale<br />

Kompetenz entfaltet.<br />

öffnen<br />

All diese Eigenschaften werden gerade im Fremdsprachenunterricht<br />

gefördert. Wo Schüler die Gelegenheit<br />

bekommen, die Welt durch das Medium einer<br />

anderen Sprache zu betrachten, erfahren sie die Realität<br />

aus einer neuen Perspektive. Daher ist das Ziel des<br />

Fremdsprachenunterrichts an <strong>Waldorfschule</strong>n nicht nur<br />

die Fähigkeit andere Sprachen zu verstehen und zu sprechen,<br />

sondern auch die Erfahrung, das Verstehen und die<br />

Akzeptanz des Fremden zu erlernen.<br />

Waldorf Fremdsprachenunterricht unterstützt die<br />

Entwicklung von interkulturellen Kompetenzen. Das beginnt<br />

schon in der ersten Klasse, wenn die Kinder in den<br />

natürlich Fluss der Sprache eintauchen und an sinnvollen<br />

Aktivitäten in der Lerngemeinschaft ihrer Klasse teilhaben.<br />

Diese Begegnung mit der Fremdsprache verbessert<br />

die Fähigkeit zuzuhören und zu verstehen, und erhöht die<br />

Toleranz dem Unbekannten und der Mehrdeutigkeit gegenüber.<br />

Wir lernen, uns mit anderen Menschen in anderen<br />

Kulturen zu identifizieren und deren Perspektive anzunehmen.<br />

Jede Sprache ist einzigartig, ebenso wie jede<br />

Kultur einzigartig und besonders ist. Der Fokus liegt hier<br />

weniger auf der ‚Nützlichkeit‘ des Erlernten, als auf dessen<br />

kulturellem Gehalt, i.e. dem Ausdruck, der Authentizität<br />

und der Schönheit. Auf diese Weise nähern wir uns dem<br />

‚Sprachgeist‘ oder der Seele der Sprache, und schaffen so<br />

die Voraussetzung für die bleibende Verbindung des Gelernten<br />

mit der eigenen Persönlichkeit.<br />

(Auszug aus dem Manifest des Sprachlehrerinitiativkreises<br />

Januar 2016)<br />

Dieser schönen Zusammenfassung der Ziele des<br />

Fremdsprachenunterrichts möchte ich die Betrachtung<br />

einiger konkreterer Fragen folgen lassen. An der<br />

FWS <strong>Oberberg</strong> werden Englisch und Russisch ab der<br />

1. Klasse gelehrt.<br />

Der Unterricht richtet sich am Ideal des Erstspracherwerbs<br />

aus, bzw. am bi- oder multilingualen Heranwachsen.<br />

Es wird angestrebt in der Zielsprache zu<br />

unterrichten. Hieraus ergibt sich der frühe Einstieg,<br />

da die Schüler der ersten beiden Klassen noch ganz in<br />

der Nachahmung leben und keine „Mauern“ gegenüber<br />

neuen Sprache aufgebaut haben. Die Fremdsprachen<br />

gehören daher zu den Fächern, die auch<br />

von der früheren Einschulung profitieren können. Das<br />

chorische und spielerische Erlernen von Vokabeln<br />

ergibt sich bei den Kleinen in rasantem Tempo. Die<br />

Scheu vor dem Sprechen ist gering. Diese Fähigkeit<br />

zum unreflektierten Eintauchen beobachte ich zur<br />

Zeit immer wieder in der 2. Klasse: Werden die Kinder<br />

darum gebeten einen Reim oder ein Lied sinngemäß<br />

auf Deutsch wiederzugeben, übertragen die Schüler<br />

in den meisten Fällen nicht das Gesagte, sondern das<br />

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17


sinngemäß Folgende, zum Beispiel: „Pussycat, pussycat,<br />

where have you been?“ „Die war in London bei der<br />

Königin.“ Der Grund für den Beginn mit gleich zwei<br />

Sprachen ergibt sich bereits aus dieser Mischung aus<br />

spontaner Offenheit und kindlichem Enthusiasmus.<br />

Steiner fügt dem hinzu: „(Es werden zwei Sprachen<br />

gelehrt), damit die tiefgreifenden Wirkungen, die (die<br />

Kinder) bis in ihre leibliche Konstitution hinein durch<br />

ihre Fähigkeit zu phantasievoller Imitation von der einen<br />

Sprache erfahren, durch die Wirkung der anderen<br />

Sprache ausgeglichen werden.“ In ihrer Unterschiedlichkeit<br />

führen die Sprachen also in ein harmonisches<br />

Gesamterleben.<br />

Der Lehrplan richtet sich nach der Erfahrungswelt<br />

des Kindes, beginnend mit Körperteilen, Zahlen, Dingen<br />

aus der Umgebung des Klassenzimmers sowie<br />

einfachen Frage-Antwort Kombinationen, Wochentagen,<br />

Jahreszeiten, Familienmitgliedern etc. Das<br />

Erlernte wird in den folgenden Stufen immer wieder<br />

aufgegriffen und erweitert. Bis in die 3. Klasse spielen<br />

rhythmische Phasen mit Reimen, Liedern und Tänzen<br />

eine große Rolle. Ende der 3., Anfang der 4. Klasse<br />

wird das Buchstabieren geübt. Auswendig beherrschte<br />

kleine Texte werden aufgeschrieben und „gelesen“.<br />

In der 4. Klasse werden die zuvor unbewusst erlernten<br />

Strukturen betrachtet und angelegte Grammatik<br />

auf einfache Weise besprochen. Den Kindern<br />

wird dabei der Raum gegeben, selbst zu „entdecken“.<br />

Das Schreiben und Lesen in der Fremdsprache wird in<br />

Angriff genommen.<br />

Da der Unterricht<br />

immer wieder bemüht<br />

ist, das lebendige Interesse<br />

der Kinder zu erwecken,<br />

sehe ich hier<br />

auch den Angelpunkt<br />

für eine Förderung zu<br />

Hause, nach der Eltern<br />

bei den Sprechtagen<br />

immer wieder fragen.<br />

Dabei liegt die Betonung<br />

auf dem Anbieten von<br />

Möglichkeiten und einer<br />

Atmosphäre der Selbstverständlichkeit<br />

gegenüber<br />

fremden Sprachen.<br />

Englischer/russischer Lesestoff,<br />

Bekannte und Familienmitglieder,<br />

die diese<br />

Sprachen sprechen,<br />

Musik, Medien aller Art,<br />

all das kann im Umfeld<br />

als motivierender Angelpunkt<br />

dienen. Aber es soll nicht zum Pflichtprogramm<br />

werden, da sich sonst schnell Unlust und Widerwillen<br />

ergeben könnten. Haben Sie englische Bilderbücher<br />

im Haus? Einfach mal rumliegen lassen und sehen,<br />

was passiert. Das Schlüsselwort ist Geduld. Ein unfreiwilliges<br />

Beispiel: Meine Schwester hatte sich angewöhnt,<br />

Gespräche über ihre Kinder auf Englisch zu<br />

führen. Irgendwann hörte man immer öfter ein genervtes:<br />

„Hey! Das hab ich verstanden!“<br />

Quellen:<br />

Johannes Kiersch: Fremdsprachen in der <strong>Waldorfschule</strong>.<br />

Rudolf Steiners Konzept eines ganzheitlichen Fremdsprachenunterrichts.<br />

Verlag <strong>Freie</strong>s Geistesleben, Stuttgart 1992.<br />

Manifesto of the Language Teacher Initiative Circle 2016. ELEWA,<br />

Sustainable Language Teaching, www:e-learningwaldorf.de.<br />

Prof. Dr. Christoph Jaffke: Waldorf Curriculum for English as a Foreign<br />

Language in Classes 1-4, in: Additional Seminar Materials,<br />

<strong>Freie</strong> Hochschule Stuttgart, Seminar für Waldorfpädagogik.<br />

Rudolf Steiner: Erziehungskunst Methodisch-Didaktisches II.<br />

Rudolf Steiner Taschenbücher aus dem Gesamtwerk, Zbinden<br />

Druck und Verlag AG, Basel 1975.<br />

Inga Wilhelm<br />

Englisch<br />

18 Basis _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong>


Der Rhythmus<br />

bestimmt unser Leben<br />

Der äußere Rhythmus wie Tag und Nacht wirkt auf den Menschen ein. Der innere Rhythmus<br />

wie Wachen und Schlafen muss sich beim Menschen erst bilden. Innerer und äußerer Rhythmus<br />

müssen sich erst zu einem Gesamtbild formen.<br />

Solange Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln. Wenn sie<br />

größer geworden sind, gib ihnen Flügel! So sagt es eine<br />

indische Spruchweisheit. Warum spielen Rhythmen<br />

eine so große Rolle in der Waldorfpädagogik? Das in<br />

der indischen Spruchweisheit genannte „Wurzeln geben“<br />

bedeutet, dem Kind Sicherheit, Liebe und Heimat<br />

erlebbar werden zu lassen. Rhythmen geben uns<br />

Sicherheit und Geborgenheit, sind immer Wiederkehrendes,<br />

auf das wir uns verlassen können.<br />

In die kosmischen Rhythmen sind wir hineingestellt:<br />

Unmittelbar wahrnehmbar sind Tag und Nacht, der<br />

Monat bezogen auf den Mondumlauf um die Erde und<br />

das Jahr. Diese kosmischen Rhythmen sind Grundlage<br />

unseres Erlebens von Zeit. Hinzu kommen physiologische<br />

Rhythmen in unserem Inneren: Atmung, Herzschlag,<br />

Stoffwechsel und Fortpflanzung können wir<br />

unmittelbar wahrnehmen.<br />

Während die äußeren Rhythmen konstant auf uns<br />

einwirken, müssen sich die inneren Rhythmen entwickeln<br />

und sie sind auch veränderbar. Zum Beispiel ist<br />

beim kleinen Kind der Herzschlag viel rascher, und die<br />

Atmung steht im Verhältnis zum Herzschlag 1 zu 1, 1<br />

zu 2 oder 1 zu 3. Der langsamere Herzschlag mit vier<br />

Schlägen auf einen Atemzug stellt sich erst allmählich<br />

ein und erst nach der Pubertät ist dieses Verhältnis<br />

während der Nachtruhe stabil. Herzschlag und Atmung<br />

verändern sich bei körperlicher Anstrengung.<br />

Beim Neugeborenen müssen sich sämtliche physiologischen<br />

Rhythmen erst bilden. Es dauert etwa<br />

drei Monate, bis sich Wachen und Schlafen, Nahrungsaufnahme<br />

und Verdauung rhythmisiert haben. Durch<br />

äußere Rhythmen hilft die Umgebung dem Kind,<br />

während seiner Entwicklung in die inneren physiologischen<br />

Rhythmen hinein zu finden.<br />

Rudolf Steiner wies bereits darauf hin, dass die Entwicklung<br />

des physischen Leibes dem Jahresrhythmus<br />

unterliegt. Das begründet unter anderem das bewusste<br />

Feiern der Jahresfeste in der Waldorfpädagogik.<br />

Der Rhythmus der Lebenskräfte ist der Monat – feststellbar<br />

etwa in der weiblichen Periode und bei Erholungsvorgängen,<br />

entfaltet doch eine Kur ihre Wirkung<br />

erst nach vier Wochen. Die Lebenskräfte sind es, die<br />

erst die Wissensaufnahme und deren Verlebendigung<br />

und Verknüpfung für eine zukünftige Anwendung ermöglichen.<br />

Daher sollte eine Hauptunterrichts-Epoche<br />

in einem Wissensfach vier Wochen dauern und dann<br />

wieder ruhen, um durch den „Schlafprozess“ verwandelt,<br />

später im Schuljahr oder im nächsten Schuljahr<br />

wieder aufgenommen zu werden.<br />

Das Empfindungsleben vollzieht sich im Wochenrhythmus:<br />

Drei Tage können wir ohne besondere Anstrengung<br />

zurückblicken, drei Tage können wir voraus<br />

planen und dazu kommt der gegenwärtige Tag. Das<br />

Wochen-Erleben spiegelt sich schulisch im wöchentlich<br />

wiederkehrenden Stundenplan der Fächer Sport,<br />

Eurythmie, Musik, Kunst, Handwerk und Fremdsprachen.<br />

Den Tag-Nacht-Rhythmus nennt Steiner den Ich-<br />

Rhythmus. Nur bei Einhaltung eines regelmäßigen<br />

Wach-Schlaf-Rhythmus verfügen wir über unsere volle<br />

Ich-Kraft. Ein immer wiederkehrender rhythmischer<br />

Tagesablauf gibt Sicherheit und verhilft zu ruhigem<br />

Schlaf in der Nacht. Physiologisch gehen mit diesem<br />

Rhythmus auch Wärme und Blutzuckerschwankungen<br />

einher. Um 3 Uhr und um 14 Uhr liegt jeweils das Wärme-<br />

und Blutzuckerminimum. An diesem Zeitpunkt<br />

sollen Erholungszeiten liegen, während der Hauptunterricht<br />

morgens in der besten Lernzeit stattfinden soll.<br />

Die kürzesten Rhythmen finden wir im Bereich des<br />

Nerven-Sinnes-Systems. Sie können im Wahrnehmen<br />

und Denken Sekundenbruchteile ausmachen. Eine<br />

Aufmerksamkeitsspanne geht meistens nicht über 90<br />

Minuten hinaus. Sogar im Tiefschlaf erfolgen nach 90<br />

Minuten unwillkürlich Rapid Eye Movement und Ganzkörperumlagerung.<br />

In unserer <strong>Waldorfschule</strong> dauert der Hauptunterricht<br />

am Morgen 110 Minuten. Er beginnt mit einem<br />

altersentsprechend mehr oder weniger ausführlichen<br />

rhythmischen Teil, der in Sinneswahrnehmung und Bewegung<br />

hineinführt. Rhythmus in der Musik, Versmaß<br />

und Reim in der Sprache kommen dem „Rhythmus-<br />

Hunger“ der Schüler entgegen. Nach dem Arbeitsteil<br />

am jeweiligen Thema endet der Hauptunterricht mit<br />

dem Erzählteil, der sich das ganze Schuljahr über mit<br />

einem der Entwicklung entsprechenden Erzählstoff<br />

befasst; dieses wiederum korrespondiert mit dem Jahresrhythmus.<br />

Innerhalb eines Schultages geht es darum, einen<br />

gesunden „Atmungsprozess“ für das Kind zu ermöglichen.<br />

Geistig intellektuelle Unterrichtsinhalte führen<br />

physiologisch zu Abbauprozessen. Bewegungsorientierte,<br />

künstlerische und handwerkliche Unterrichtsinhalte<br />

bewirken dagegen – physiologisch betrachtet<br />

– Aufbauprozesse. Beides sollte in einem gesunden<br />

Wechsel stattfinden. Das ist auch der Grund dafür, dass<br />

die Schüler ihre Hausaufgaben nicht in der Pause machen<br />

sollen. Vielmehr sollen die Pausen im Sinne physiologischer<br />

Aufbauprozesse zu Bewegungsspielen an<br />

der frischen Luft genutzt werden.<br />

Wir sind aber auch in der Lage, Rhythmen bewusst<br />

oder unbewusst zu verändern: Bei körperlicher Anstrengung<br />

oder Stress erhöht sich die Frequenz des<br />

Herz-Atem-Rhythmus. Die Frequenzen im Nerven-<br />

Sinnes-System sind nicht festgelegt. Hier haben wir<br />

ein Element der menschlichen Freiheit. Gut verwurzelt<br />

können die größeren Kinder, um im Bild der indischen<br />

Spruchweisheit vom Anfang zu bleiben, durch diese<br />

Freiheit „Flügel“ entwickeln.<br />

Literaturhinweis:<br />

Wolfgang Schad, „Die Zeitordnung im Menschen und<br />

ihre pädagogische Bedeutung“ in: Erziehungskunst (= Monatsschrift<br />

zur Pädagogik Rudolf Steiners), Mai 1994.<br />

Ulrike Udomsilp<br />

Klassenlehrerin<br />

Handarbeit und Religion<br />

20 Basis _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong> <strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Basis 21


Liebe<br />

zur<br />

Musik<br />

entwickeln<br />

Der Musikunterricht der Klassen eins bis drei stützt sich in besonderer Weise auf das Weltverhältnis<br />

des Kindes bis zum neunten Lebensjahr und sucht dazu ein Äquivalent im musikalischen<br />

Erleben.<br />

Das Kind in diesem Alter steht noch in einem anderen<br />

Verhältnis zur umgebenden Welt als das ältere Kind<br />

oder der Erwachsene. Das Kind lebt noch in einer<br />

Atmosphäre der harmonischen Verbindung mit der<br />

Umgebung. Im Musikalischen finden wir diese Hinwendung<br />

zur Umgebung im Intervall der Quinte.<br />

Um das Kind im musikalischen Tun noch ins freie<br />

Schwingen mit der Umwelt eintauchen zu lassen, ist<br />

es für das Musizieren naheliegend, eine Tonskala zu<br />

verwenden, die nur aus Quinten gebildet ist: die pentatonische<br />

Skala.<br />

In jahrzehntelanger Forschungs- und Entwicklungsarbeit<br />

wurde eine neue Flöte entwickelt, die gerade<br />

auf dem Gebiet des gemeinsamen Musizierens<br />

in der ganzen Klasse den Anforderungen des Kindes<br />

vor dem neunten Lebensjahr gerecht wird: die pentatonische<br />

Choroi-Flöte, die wir in unserer Schule bis ins<br />

dritte Schuljahr spielen.<br />

Das gemeinsame Singen und Bewegungsspiele<br />

zur Musik sind weitere Schwerpunkte der musikalischen<br />

Arbeit, ebenso improvisatorische Elemente,<br />

die eigenes musikalisches Gestalten anlegen können.<br />

Äußere Bewegung wird in innere Bewegung überführt<br />

zum Beispiel beim Singen. Musik wird dann zur inneren<br />

Bewegung, die das Kind in seinem Bewegungssystem<br />

wahrnimmt.<br />

In den Musikunterricht fließen, neben den pentatonischen<br />

Liedern, das Erlernen bekannter Kinder- und<br />

Volkslieder ein.<br />

Die Fähigkeit des aktiven Hörens und Zuhörens, die<br />

für die Kommunikation von Mensch zu Mensch wichtig<br />

ist, wird besonders im Musikunterricht gepflegt,<br />

damit sie sich entwickeln kann und nicht verkümmert.<br />

Dies lässt sich besonders im wechselseitigen Singen<br />

und Musizieren im Klassenverband erüben.<br />

Wenn das Kind im ersten und zweiten Schuljahr erste<br />

musikalische Ausdrucksformen erprobt und für sich<br />

erobert hat, wird es Zeit ihm neue Möglichkeiten des<br />

musikalischen Ausdrucks durch das Erlernen eines individuellen<br />

Instrumentes zu eröffnen.<br />

Um dem Kind die Entscheidung für ein Instrument<br />

zu ermöglichen, braucht es Gelegenheit, verschiedenartige<br />

Instrumente zu hören, um dann für sich festzustellen,<br />

zu welchem Instrument, zu welchem Klang, es<br />

sich hingezogen fühlt. Möglichkeiten dazu sind: Der<br />

Besuch von Konzerten mit den Eltern oder der Besuch<br />

einer Unterrichtsstunde eines anderen Kindes und<br />

ähnliches. In der Schule haben die Kinder im zweiten<br />

Halbjahr der zweiten Klasse die Möglichkeit beim „ Instrumenten<br />

Karussell“ viele Instrumente kennenzulernen<br />

und auszuprobieren, um dann „ihr“ Instrument zu<br />

finden.<br />

Seit zwölf Jahren können die Kinder an unserer<br />

Schule im dritten Schuljahr wählen, entweder in die<br />

Streicherklasse zu gehen oder in die Flötengruppe (C-<br />

Flöte).<br />

Die Streicherklasse wird als einjähriger Kurs angeboten,<br />

für die Instrumente: Violine, Viola, Cello und Kontrabass<br />

im Gruppenunterricht. Die Kinder können so erste<br />

Erfahrungen mit einem Streichinstrument machen.<br />

In den weiterführenden Klassen haben alle Kinder<br />

in verschiedenen Orchestern und Chorprojekten die<br />

Möglichkeit, neben dem regulären Musikunterricht,<br />

freiwillig an allen Angeboten zum gemeinsamen Musizieren<br />

teilzunehmen. Auf diese Weise möchten wir<br />

den Kindern ermöglichen, ihre musikalischen Fähigkeiten<br />

und Talente auszubilden und die Liebe zur Musik<br />

für sich zu entdecken.<br />

Bärbel Albert<br />

Musik<br />

Streicherklasse<br />

22 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong> <strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung 23


Es wird<br />

elementar<br />

Die ersten Wochen der 1. Klasse dienen der Bildung einer harmonischen Klassengemeinschaft.<br />

Ab den Herbstferien ändert sich der Rhythmus und die Fachunterrichte werden in die<br />

Schulwoche eingebunden.<br />

Wenn die Schüler ausgeruht und neugierig aus den<br />

ersten Ferien zurückkehren, ändert sich der Rhythmus<br />

ihrer Schulwoche. Es ist für die Kinder wie ein kleiner<br />

Neubeginn, denn ab sofort finden sie sich in die<br />

Fachunterrichte ein, wobei der erste Unterrichtsteil –<br />

einschließlich des Frühstücks – in altbewährter Form<br />

bestehen bleibt. Nur die dritte und vierte Schulstunde<br />

werden anders aufgeteilt.<br />

An drei Wochentagen wird in dieser Zeit Handwerk<br />

unterrichtet, an den beiden anderen Wochentagen finden<br />

in der dritten Stunde Eurhythmie oder Spielturnen<br />

und in der vierten Stunde Sprachunterricht statt. Für<br />

Turnen und Eurythmie wird die Klasse in zwei Gruppen<br />

geteilt, während die Sprachen Englisch und Russisch im<br />

epochalen dreiwöchigen Wechsel in der ganzen Klasse<br />

unterrichtet werden.<br />

Für den Bewegungsunterricht ist die Teilung in kleinere<br />

Gruppen eine Erleichterung für die Schüler. Sie ist<br />

für die Kinder übersichtlicher und erleichtert Konzentration<br />

und motorische (wie seelische) Präsenz.<br />

Damit ist der Rhythmus, den die Schüler aus der Zeit<br />

vor den Herbstferien kannten, zur Hälfte verändert – die<br />

Kinder lernen neue Lehrer kennen und wechseln nach<br />

der Pause in die Fachräume.<br />

Als Begleiterin der ersten Klassen erfahre ich immer<br />

wieder eindringlich, wie sehr diese Umstellung die Kinder<br />

vor eine neue große Aufgabe stellt. Fragen wie: „Was<br />

haben wir heute?“ oder auch die Notwendigkeit, eine<br />

vertraute Hand während des Gangs in den neuen Unterricht<br />

zu halten, zeigen das.<br />

Demgegenüber stehen die Neugier und die Freude<br />

an dem, was nunmehr Neues angeboten wird. Voller<br />

Begeisterung begeben sich die Kinder in die Turnspiele<br />

und lernen wie nebenbei, sich an Regeln zu halten. Der<br />

Wechsel zwischen Bewegung und Innehalten wird geübt.<br />

Dazu gehört auch, einen sportlichen Triumph oder<br />

eine Niederlage mit der Gruppe zu erleben.<br />

Die Eurythmie schenkt den Schülern die seelische Erfahrung<br />

der Bewegung, die sich tief in die Kinder senkt.<br />

Aber auch Aufmerksamkeit und Konzentration werden<br />

geschult. Während die eigene Bewegung dem Rhythmus<br />

und dem Klang der Musik sowie märchenhaften Bildern<br />

und Geschichten folgt, sind sich die Kinder über ihren<br />

Platz in der Gruppe und im Raum jederzeit bewusst.<br />

Der Sprachunterricht lebt wieder vom chorischen<br />

Singen und Sprechen, wobei die Kinder sich leicht in<br />

den Klang der neuen Sprachen einfinden und voller<br />

Freude mitmachen. Innerhalb des folgenden Schuljahres<br />

lernen sie Lieder und Sprüche, kleine Frage- und<br />

Antwortspiele und bewegen sich so frei und natürlich in<br />

einer anderen Sprachform.<br />

Die anderen drei Wochentage beginnen nach der<br />

großen Pause mit dem Handwerk, das nun in Gruppen<br />

von etwa zehn Kindern unterrichtet wird. In den ersten<br />

Wochen nach den Herbstferien ist auch das eine neue<br />

Erfahrung, weil sich die Gruppen erst einmal zusammenfinden<br />

müssen. Verzicht auf den einen oder anderen<br />

Klassenkameraden kann verunsichern, wird aber<br />

mit der Zeit kompensiert durch das Knüpfen neuer<br />

Freundschaften. Die Gemeinschaft in der Klasse entsteht<br />

zusehends!<br />

Jeder Schüler nimmt zu diesem Zeitpunkt den anderen<br />

mehr wahr und empfindet Zugehörigkeiten neu.<br />

Haben die Kinder diese Zeit gemeistert, sind sie ein großes<br />

Stück gewachsen und haben an Sicherheit im Umgang<br />

mit sich und den Mitschülern gewonnen.<br />

Die Paten der fünften Klassen sind nun nicht mehr<br />

so gefragt, und können sich von ihren Pflichten zurückziehen.<br />

Natürlich bleibt das einmal geknüpfte Band für<br />

viele Kinder über die gesamte Schulzeit bestehen.<br />

Das Handwerk orientiert sich in der ersten Klasse<br />

am Jahresrhythmus, teilweise auch an den jeweiligen<br />

Epochen-Inhalten. Zu Beginn der Rechen-Epoche suchen<br />

die Kinder zum Beispiel „Einsen“ (= Astgabeln in<br />

kleiner Fingerdicke) im Wald; dabei werden die Zahlen<br />

– ähnlich wie die Buchstaben – mit Sinngeschichten<br />

eingeführt. Die „Einsen“ werden anschließend zu Handspindeln<br />

verarbeitet, werden geschält, geschmirgelt<br />

und zum Schluss geölt. Auf diese Weise können sie in<br />

der Wollwerkstatt genutzt werden.<br />

Diese Tätigkeit lässt die Kinder das Gelernte abstrahieren<br />

und auf die Welt um sie herum anwenden. Später<br />

werden sie auch Buchstaben im Wald erkennen. Die<br />

Fantasie wird mit dem Gelernten zu Kreativität. Das ist<br />

eine wichtige ‚Zutat‘ für das gesamte (Schul-)Leben!<br />

Die gesägten und geschmirgelten Rechenklötzchen<br />

verschwinden in dem selbst genähten Rechensäckchen<br />

und werden später zur Erkundung des Zahlenraumes<br />

bis 20 eingesetzt.<br />

Die Apfelwerkstatt lehrt die Kinder, die köstlich duftenden<br />

Äpfel mit genauer Anweisung zu schneiden und<br />

zu schälen. Wenn sie das geschafft haben, werden die<br />

Äpfel zu Saft, Trockenäpfeln oder Mus verarbeitet. Den<br />

krönenden Abschluss bildet ein im klassen-eigenen<br />

Backofen gebackener Apfelkuchen. Die Schüler lieben<br />

diese Zeit und nehmen die Erinnerung an Geruch und<br />

Geschmack, sowie Erfahrungen aus den gelernten Arbeitsschritten<br />

mit in ihr Leben.<br />

Mit dem Einsetzen der kalten Jahreszeit beginnt die<br />

Wollwerkstatt, in der sie fingerhäkeln und fingerstri-<br />

24 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong> <strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung 25


cken, um derart Fingerbewegung und die dazu notwendige<br />

Konzentration zu trainieren. Das Erleben aus<br />

dem schönen farbigen Faden kleine Untersetzer oder<br />

einen kleinen Schal zu arbeiten, erfüllt die Kinder mit<br />

Stolz; meist entwickelt sich der Wunsch, ein zweites<br />

Werkstück anzufertigen. Diese Tätigkeiten fallen im<br />

Übrigen in die Zeit der Schreib-Epoche, in der diese<br />

Fähigkeiten benötigt werden.<br />

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Zu Beginn des neuen Jahres wird gewaschene Wolle<br />

gezupft, kardiert und anschließend mit den Handspindeln<br />

versponnen. Der entstandene Faden wird in einen<br />

Webrahmen eingearbeitet. Die Schüler erkennen<br />

dadurch ihre eigenen Fortschritte – und sie entwickeln<br />

den Wunsch, diese Arbeit schön zu machen.<br />

Die Kinder erleben in der kalten Zeit auch das gemeinsame<br />

Feuermachen. In kleineren Gruppen bekommen<br />

sie Aufgaben gestellt, die sie im Einklang mit<br />

den vorher besprochenen Regeln und den Aufgaben<br />

der anderen erledigen. Sie lernen, auf sich selbst und<br />

die Mitschüler zu achten, können aber gleichzeitig in<br />

die Welt der spürbaren Erfahrung des selbst entfachten<br />

Feuers eintauchen. Aus Duft und Wärme kann dabei<br />

schnell Gestank und Hitze werden. Beeinflussbare und<br />

nicht beeinflussbare Elemente werden mit einbezogen<br />

und bewegt. Sich danach zu wärmen oder Stockbrot<br />

zu braten, vertieft bei den Kindern die Eindrücke. Sie<br />

lernen, ihr „Ich kann das“ im Tun ständig neu zu definieren<br />

und einzuschätzen.<br />

Das Backen ist ebenfalls ein Bestandteil des Handwerkunterrichtes.<br />

Zunächst formen die Schüler aus<br />

fertigem Teig ihr erstes Gebäck – etwa Schwerter oder<br />

Drachen zur Herbstzeit, die im Lehm-Backes gebacken<br />

werden; das Backhaus haben die Kinder selbst angefeuert.<br />

Oder es werden Plätzchen zur Weihnachtszeit geknetet,<br />

gerollt und geformt. Später lernen die Schüler,<br />

selbst ihren Hefeteig herzustellen, und zu Ostern nehmen<br />

sie ihren eigenen Osterzopf mit nach Hause.<br />

Während der Winterzeit formen die Schüler mit großem<br />

Eifer warmes Bienenwachs zu Figuren. Fantasie<br />

und Formgebung haben bei dieser Tätigkeit Priorität,<br />

und auch der Geruch und die Geschichten zur Welt der<br />

Bienen sind Teil dieser Erfahrung.<br />

Zum Frühjahr hin werden oft Tonschälchen und<br />

-figuren geknetet. Dieser Werkstoff ist in seiner Beschaffenheit<br />

und in den Verarbeitungsanforderungen<br />

anders als das Wachs aus der Weihnachtszeit. Die Kinder<br />

haben schon kräftigere Hände und erzielen meist<br />

schnell den erwünschten Erfolg.<br />

Mit frischen Blüten werden im Frühling Tee, Sirup<br />

oder Gebackenes hergestellt - oft am offenen Feuer<br />

oder im Backes. Geschmack und Geruch der selbst<br />

gesammelten Blüten oder Kräuter, werden mit der<br />

Jahreszeit und ihren Eigenschaften verknüpft. Die Erstklässler<br />

können ganz in ihrer Welt der sinnlichen, natürlichen<br />

Erfahrung leben und lernen. Das tun sie mit<br />

ganzer Hingabe!<br />

Die Welt des Strickens gehört ebenfalls in den<br />

Lernumfang des Handwerks. Mit selbst hergestellten<br />

Holzstricknadeln stricken die Kinder ihr erstes eigenes<br />

Stricktierchen. Diese Tierchen sind für die Kinder etwas<br />

ganz Besonderes. Sie arbeiten wochenlang an dem<br />

Teil, was Ausdauer und Konzentration über eine längere<br />

Zeit erforderlich macht. Die Hände arbeiten das<br />

erste Mal sehr lange in einem immer gleichen Ablauf<br />

und erschaffen ein richtiges Kuscheltierchen! Welch<br />

ein Triumph, wenn das Tierchen mit nach Hause darf!<br />

Zur Zeit der Schafschur wird die Woll-Werkstatt durch<br />

das Waschen der frisch geschorenen Wolle abgeschlossen.<br />

Die Schüler waschen jetzt die Wolle, die in der<br />

nächsten ersten Klasse benötigt wird. Zu dieser Zeit sind<br />

die Kinder sich schon bewusst, dass sie viel gelernt haben<br />

und dass für sie die zweite Klasse in Reichweite ist.<br />

Die Kinder sind jetzt in der Lage, eine Tätigkeit –<br />

über mehrere Handwerksstunden verteilt – durchzuhalten.<br />

Dabei ist zu beobachten, wie das Gelingen<br />

eines Arbeitsschrittes ihnen Kraft gibt, sich an die<br />

nächste Aufgabe zu wagen.<br />

„Als ich in die Schule kam, konnte ich das noch<br />

nicht. Aber jetzt ist das ganz leicht für mich.“ Diese Aussage<br />

stammt von einer Schülerin zu diesem Zeitpunkt.<br />

Der treffende Satz für das Ende einer ersten Klasse, in<br />

der die Kinder genau das gelernt haben: Es ist nicht<br />

schlimm, etwas nicht zu können, ich kann es lernen!<br />

Und Lernen macht Spaß!<br />

Cornelia Völkel<br />

Klassenbegleitung<br />

26 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong><br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung<br />

27


Wer Hände<br />

und Finger bewegt,<br />

hält den Geist beweglich<br />

Wenn man weiß, dass unser Intellekt<br />

nicht dadurch gebildet wird, dass wir<br />

direkt losgehen auf die intellektuelle Bildung,<br />

wenn man weiß, dass jemand,<br />

der ungeschickt die Finger bewegt, einen<br />

ungeschickten Intellekt hat, wenig<br />

biegsame Gedanken und Ideen hat,<br />

während derjenige, der seine Finger ordentlich<br />

zu bewegen weiß, auch biegsame<br />

Gedanken und Ideen hat, hineingehen<br />

kann in die Wesenheit der<br />

Dinge, dann wird man nicht unterschätzen,<br />

was es heißt, den äußeren<br />

Menschen mit dem Ziel zu entwickeln,<br />

dass aus der ganzen Handhabung des<br />

äußeren Menschen der Intellekt als ein<br />

Stück hervorgeht. 1)<br />

Diese Auffassung von Rudolf Steiner wird durch neuere<br />

Untersuchungen bestätigt:<br />

„Wenn Finger und Hände gezielt bewegt werden,<br />

dann tue ich für die Durchblutung des Gehirns genauso<br />

viel als wäre der ganze Rumpf aktiv“, sagt die<br />

Gehirn-Trainerin und Autorin Bettina Jasper. „Wenn die<br />

Finger eine neue Übung einstudieren, die das Denken<br />

mit einschließt, arbeitet der Geist auf Hochtouren.“ 2)<br />

Das führt direkt zu der Frage, was Handarbeit – vor<br />

allem Handarbeit in der <strong>Waldorfschule</strong> vermittelt.<br />

Das ist eine Menge:<br />

• Sie bildet äußere Fähigkeiten der Sensomotorik und<br />

Feinmotorik aus<br />

• Sie bildet einen Sinn für Farben und Farbgebung<br />

• Durch sie erlangt das Kind Fingerfertigkeiten und<br />

Handwerkstechniken, übt sie ein und wendet sie an<br />

• Künstlerische Aspekte in Form- und Farbgebung<br />

• Materialkunde<br />

• Verständnis für Arbeitsabläufe, Fachbegriffe und<br />

Anwendungen<br />

• Chemie<br />

Was bewirkt vor diesem Hintergrund Handarbeit –<br />

so, wie sie in der <strong>Waldorfschule</strong> vermittelt wird:<br />

• Es bilden sich während der Tätigkeit neue<br />

Nervenzellen im Gehirn<br />

• Die Sinneswahrnehmungen werden geschult<br />

• Es wird ein Inneres gebildet (das Kind kommt zu sich)<br />

• Es wird ein Rhythmus geschult<br />

• Der Wille wird geschult<br />

• Entsprechend der Entwicklung findet das Kind<br />

Ausdrucksformen und hüllenbildende Erfahrungen –<br />

bis zur Innenraumbildung und ICH-Entwicklung.<br />

Wichtigste Aufgabe für die 1. Klasse ist, die Sinne zu<br />

schärfen – bis in die Fingerspitzen hinein. Dabei wird<br />

das Stricken mit zwei Nadeln erlernt, es werden Bälle<br />

oder Tiere gestrickt. Die Kinder erleben in dieser<br />

Phase, wie aus der luftigen Schafwolle feste Gewebe<br />

entstehen, die sogar ausgestopft werden können. Das<br />

verwendete Material ist die Schafwolle, die gezupft,<br />

gereinigt, kardiert, gesponnen, gefilzt und schließlich<br />

ge- oder verstrickt wird.<br />

In der 2. Klasse wird die Dominanzentwicklung einer<br />

Hand unterstützt. Nach dem Stricken wird nun die Technik<br />

des Häkelns vermittelt, etwa indem ein Einkaufs- oder<br />

Ballnetz gehäkelt wird, wobei die Kunst der Luftmaschen<br />

erlernt wird. Gleichzeitig gibt es Anleitungen für eine<br />

bewusste Farbgestaltung der Öffnung des Netzes zum<br />

Licht hin: dunkle Farben gehören an den Boden, helle<br />

Farben orientieren sich zur Öffnung hin. Damit werden<br />

die Temperamente der Kinder berührt. Bevorzugtes Material<br />

in dieser Phase ist die Baumwolle, die für Festigkeit<br />

des Maschengewebes verantwortlich ist.<br />

In der 3. Klasse geht es vornehmlich um fließende,<br />

rhythmische Bewegung. Die Kinder lernen jetzt, auf der<br />

Rundnadel eine Mütze zu stricken und dabei zweierlei<br />

zu erleben: die glatte, rechts gestrickte Masche sowie<br />

das gleichmäßige Stricken im beruhigenden Arbeitsrhythmus.<br />

Am Ende steht, dass der Wille geschult wird.<br />

Unter pädagogischem Aspekt und dem Alter entsprechend<br />

(„Rubikon“) wird in diesem Jahr eine „behütende<br />

Mütze“ gestrickt, wobei auch hier die Farbgebung<br />

gilt, dass die Farben zum Licht heller werdend einzusetzen<br />

sind. Die Kinder lernen zudem zwei zusätzliche<br />

Techniken des Strickens – das Abnehmen von Maschen<br />

und das Linksstricken.<br />

In der 4. Klasse befinden sich die Kinder in der Phase<br />

des Sich-neu-Findens und Sich-Abgrenzens. Es wird gelehrt,<br />

eine Tasche im Kreuzstich zu sticken. Damit wird<br />

aufgegriffen, was die Kinder auch in der Eurythmie lernen:<br />

das Erleben der Überkreuzung. Das führt zu sich<br />

selbst, verstärkt aber auch das Wahrnehmen von Hell<br />

und Dunkel und die Zuwendung zum Licht.<br />

Pädagogisch wird diese Entwicklung begleitet durch<br />

eine symmetrische Gestaltung wie im Formenzeichnen.<br />

Und: Die Nadel ersetzt den Pinsel beim Malen.<br />

Quellen:<br />

1) So Rudolf Steiner in einem Vortrag am 26. April 1920<br />

2) Zitiert in: Tanja Rupprecht-Becker „Sechs Übungen für<br />

Hand & Hirn“ in: Süddeutsche Zeitung vom 22. Mai 2010<br />

(http://www.sueddeutsche.de/leben/mitmachen-sechsuebungen-fuer-hand-amp-hirn-1.224219)<br />

Marion Valperz<br />

Klassenbetreuung<br />

Handarbeit, Berufsorientierung,<br />

Portfolio<br />

28 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong> <strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung 29


Vokale<br />

bilden die Seele,<br />

Konsonanten<br />

das Äußere ab<br />

Eurythmie ist sowohl eine Bewegungskunst als auch ein Spiel der Farben. Als sichtbar gewordene<br />

Sprache ist sie jedem zugänglich. Sie gibt jedem Individuum den Raum, sich frei zu entfalten<br />

und besteht mit den festgelegten Gesten und räumlichen Figuren doch aus komplexen<br />

Regeln.<br />

1912, in einer Zeit des Umbruchs, schuf Rudolf Steiner,<br />

der Begründer der <strong>Waldorfschule</strong>, die Eurythmie („schöner<br />

und wahrer Rhythmus“) als neue Bewegungskunst.<br />

Die Eurythmie, für die verschiedenen Altersstufen richtig<br />

eingesetzt, sah Rudolf Steiner als Helferin zur Menschenbildung<br />

an. Sie ergreift den menschlichen Körper<br />

durch beseelte Bewegung, fügt das Seelisch-Geistige<br />

mit dem Leiblichen des Menschen in ein harmonischeres<br />

Verhältnis. Bei der Eurythmie kommt es auf die seelische<br />

Anteilnahme an, mit der wir uns bewegen; dieser Bewegung<br />

liegen objektive Gesetzmäßigkeiten der Sprache<br />

und der Musik zugrunde.<br />

Die menschliche Leiblichkeit ist aus Bewegung hervorgegangen.<br />

In der Sprache tritt die gestaltete Bewegung<br />

durch Luft, Mund, Lippen, Zähne, die Stimmbänder<br />

hörbar in Erscheinung. In der Eurythmie<br />

wird diese Sprachbewegung auf den menschlichen<br />

Körper übertragen: durch die Gestaltung durch den<br />

Menschen, durch die Bewegung seiner Gliedmaßen<br />

als bewusst ausgeführte Gebärde. Der Mensch wird<br />

durch seine Gliedmaßen, seinen Körper zum plastischen<br />

Beweger der Konsonanten und der Vokale.<br />

Es entsteht eine sichtbare Sprache als neue Bewegungskunst.<br />

Um diese Fähigkeiten in die menschliche<br />

Entwicklung einzubauen, wurde die Eurythmie<br />

als Kernfach der <strong>Waldorfschule</strong> für die Klassen 1 bis<br />

12 verpflichtend aufgenommen.<br />

Aus jeder Vokalgebärde spricht eine andere seelische<br />

Stimmung – z.B. das Staunen im “A“, die Selbstbehauptung<br />

im “I“. Ebenso spiegelt jede Konsonantenbewegung<br />

das äußerlich Bewegende ab. Zum Beispiel<br />

das bewegende Rascheln im “R“ und “Sch“, das<br />

Auf und Ab der Wellen oder der Wipfel der Bäume im<br />

“W“. Diese beiden Kräfteströme, Vokale und Konsonanten,<br />

bilden gemeinsam in ihrer Komplexität unsere<br />

Sprache ab. Auch die Musik gehört dazu, denn die<br />

Vokale geben unserem Gesang erst die Hörbarkeit.<br />

30 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong> <strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung 31


führt. Dreiecks- und Vierecks-Formen – in Verbindung<br />

mit den Handwerkern aus der Hauptunterrichtsepoche<br />

– werden behandelt. Das erste eigenständige Erkennen<br />

von Lautgebärden findet bewusster statt.<br />

In der vierten Schulstufe werden neben allen anderen<br />

weiterlaufenden Übungen erste grammatikalische<br />

Übungen (Haupt- und Tätigkeitsworte, aktiv – passiv)<br />

gestaltet. Die neuen Kräfte der Phantasie und der Vorstellungskraft,<br />

das neue seelische Erleben brauchen<br />

eine stärkere Ansprache, die sich in der Alliteration,<br />

dem Stabreim der nordeuropäischen Völker, finden.<br />

Die zum Kreiszentrum orientierte Raumaufstellung<br />

wird immer wieder aufgelöst, und die Kinder lernen<br />

ein völlig neues Bewusstsein in der Frontalaufstellung<br />

kennen. Diese neue Orientierung stellt sich der<br />

Welt gegenüber und ergreift sie neu.<br />

Eurythmie erleben die Kinder aber bereits im Kindergarten,<br />

wo es ähnlich der ersten Klasse um das Bewegen<br />

in der Phantasie- und Märchenwelt geht. Hier<br />

werden erste, wichtige Ansätze gelegt, die die Grundlage<br />

für den Aufbau des Eurythmieunterrichts in der<br />

Schule bilden.<br />

Bis zum Ende der vierten Klasse werden somit die<br />

wichtigsten Grundlagen der Sprach- und Tonbewegungen<br />

spielerisch angelegt, und die Kinder können<br />

die einzelnen Bewegungen der Buchstaben und Töne<br />

erkennen und benutzen. Alles Bewegte wird von den<br />

Kindern in ihrer ihnen eingegebenen Leichtigkeit<br />

auch so erlebt.<br />

Jürgen W. Tombrock<br />

Klassenbetreuung<br />

Eurythmie<br />

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Diese neue, auf diesen Erkenntnissen beruhende,<br />

zukunftsweisende Pädagogik hat Rudolf Steiner geschaffen.<br />

Er wollte damit das „Seelische“ neu stärken<br />

und zugleich verhindern, dass die seelische Vielfältigkeit<br />

mehr und mehr verschwindet. Die richtige<br />

Balance zwischen Intellekt, Medienwelt und schöpferischem<br />

Tun sollte gefunden werden.<br />

Eurythmie in den ersten Schuljahren<br />

Die Eurythmie offenbart sich den Kindern in der ersten<br />

Klasse durch ein Gestalten über die Märchenwelt.<br />

Die Kinder werden zu Märchenfiguren und schlüpfen<br />

spielerisch in die Bewegung der Laute, der Buchstaben,<br />

der Sprache hinein. Pentatonische Musiken –<br />

dazu der Beitrag von Bärbel Albert in diesem Heft (d.<br />

Red.) – werden hinzugenommen. Die Kinder ahmen<br />

die vom Lehrer ausgeführten Laute nach und sehen<br />

dabei, wie dieser die Lautbewegungen seelisch erfüllt.<br />

Die Kinder schlüpfen in die Gestaltungen der<br />

Prinzen und Prinzessinnen, der Tiere, des Windes, der<br />

Welle, der Luft, des Lichtes und sprechen sich darin<br />

aus. Auf diese Weise entsteht ein ausgleichender, geformter<br />

Atemstrom. Kleine pentatonische Melodien<br />

werden in die Märchenstimmung eingeflochten, und<br />

anhand von Geschicklichkeitsübungen wird die Feinmotorik<br />

der Kinder geschult.<br />

Im zweiten Schuljahr bilden Fabeln und Tiergeschichten<br />

den inhaltlichen Ausgangspunkt; eine gewisse<br />

Schläue in den Fabelgeschichten kommt nun dazu.<br />

Die Kinder schlüpfen in die Bewegungen der Tiere.<br />

Schwierigere, erste choreographische Formen können<br />

umeinander gelaufen werden. Musikalisch bleibt,<br />

wie in der ersten Klasse, als harmoniegebendes Intervall<br />

die Quinten-Stimmung bestehen. Übungen mit<br />

einem Gegenüber werden verstärkt, Bewegungen<br />

innerhalb der Gruppe gehen zurück.<br />

In der dritten Klasse, der sogenannten Rubikon-Klasse,<br />

in der die Schüler einen großen Entwicklungsschritt<br />

vollziehen, führt der Lehrer die Kinder langsam zu größerer<br />

Selbstständigkeit im Eurythmieunterricht. Sie sollen<br />

lernen, sich selbstständig im Raum zu orientieren.<br />

An Dichtung und Musikalischem beginnt eine differenzierte<br />

Arbeit. Die große und die kleine Terz (Dur<br />

und Moll), werden als neues Intervall ins Erlebnis ge-<br />

32 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong> <strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung 33


Ein neuer Blick<br />

in die Welt<br />

Im dritten Schuljahr erfährt der Unterricht mit der Hausbauepoche einen neuen Impuls.<br />

Damit wird auf typische Veränderungen im Wesen des Kindes, die Eltern etwa zu dieser<br />

Zeit bei ihrem Kind feststellen können, reagiert. Das Kind tritt aus der vertrauten Welt zurück,<br />

stellt sich ihr gegenüber und die eigene Individualität wird spürbar.<br />

In der dritten Klasse vollzieht sich in den Kindern ein<br />

Entwicklungsschritt, der in der Waldorfpädagogik „Der<br />

Rubikon“ genannt wird. Bis dahin war das Kind innig<br />

mit der Welt und dem Kosmos verbunden. Allmählich<br />

jedoch beginnt es, sich aus dieser Verbundenheit zu<br />

lösen und fängt an, seine Umwelt distanziert wahrzunehmen.<br />

Ein Bewusstsein vom eigenen Selbst / Ich<br />

erwacht.<br />

Dieses Ereignis, das Lösen aus dem bisher selbstverständlichen<br />

Eingebunden-Sein in alles, wird vom<br />

Kind nicht selten als Krise empfunden. Das Seelische<br />

des Kindes schwingt immer weniger mit seiner Umgebung<br />

mit, es entsteht – durch das Abgrenzen nach außen<br />

– ein selbstständiger Innenraum. Gefühle wie Einsamkeit<br />

oder „Keiner versteht mich“ können auftreten.<br />

Fragen wie, „Woher komme ich, seid ihr wirklich meine<br />

Eltern?“ bewegen das Kind.<br />

Die Eltern, Lehrer und Erzieher werden kritisch betrachtet<br />

und in Frage gestellt. Es ist eine Zeit, in der Kinder<br />

ein neues Verhältnis zur Welt finden wollen. Klare,<br />

sachliche Antworten können ihnen helfen, eine Brücke<br />

zwischen Innen und Außen zu bauen. Dieser Entwicklungsschritt<br />

findet in der Regel in einer Altersstufe<br />

statt, in der sich die Kinder mit wenig mehr als neun<br />

Jahren in der dritten Klasse befinden.<br />

In dieser Klassenstufe gibt es den Sachkundeunterricht,<br />

der den Kindern hilft, Ideen von der Welt zu<br />

entwickeln und zu verstehen. Begonnen wird mit der<br />

Ackerbau-Epoche, in der die Kinder ursprüngliche Tätigkeiten<br />

wie Graben, Pflügen, Säen, Ernten und Backen<br />

kennenlernen. Darauf folgt die Handwerks-Epoche. Im<br />

Hauptunterricht lernen die Kinder verschiedene Handwerker<br />

oder Gewerke kennen – z. B. den Schuster, den<br />

Schmied, den Schneider und den Bäcker. Sie lernen<br />

die Zunftzeichen kennen und die zu jedem Handwerk<br />

gehörenden typischen Werkzeuge. Kleine Ausflüge zu<br />

verschiedenen Handwerksbetrieben lassen das Gelernte<br />

lebendiger werden. In dem dazugehörigen Epochenheft<br />

wird das Erlebte und Gelernte durch kleine<br />

Texte und Bilder vertieft.<br />

In der Hausbauepoche wird zusammengetragen,<br />

welche Handwerker am Bau eines Hauses beteiligt<br />

sind und wie sie zusammenarbeiten.<br />

Dazu Äußerungen der Kinder: „Bevor das Dach gedeckt<br />

wird, muss es einen Dachstuhl geben und der<br />

braucht Wände, und die müssen ja fest auf der Erde<br />

stehen.“ „Woher kommen die Fenster und Türen, wer<br />

baut die denn?“ „Warum ist die Decke so stabil und<br />

fällt nicht runter und ist sogar gleichzeitig der Fußboden<br />

in der nächsten Etage?“ Und: „Zum Schluss kommt<br />

der Maler, der die Wände von innen und außen schön<br />

streicht“.<br />

Mit der Frage, warum Menschen überhaupt Häuser<br />

bauen, nähern sich die Kinder dem Thema Hausbau<br />

von einer anderen Seite – und geben diese Antworten:<br />

„Häuser werden gebaut, um sich vor Kälte zu schützen.<br />

Und vor Schnee, vor der Sonne, vor Sturm, vor Mücken,<br />

vor Regen, vor gefährlichen Tieren, vor Räubern“. Ja,<br />

auch noch, „damit ich ein Zuhause habe“.<br />

Beim nächsten Schritt überlegen die Kinder, welche<br />

Materialien Schutz bieten: Steine, Holz, Lehm, Stroh,<br />

Stoffe, Leder, Felle, Schilf oder Binsen, Rinde. Alle diese<br />

Materialien sind den Kindern aus der Natur bekannt.<br />

Mit der Antwort auf die Frage, womit Menschen in fernen<br />

Ländern ihre Häuser oder Hütten bauen, wird ein<br />

nächster Schritt getan. Die Häuser dort werden zwar<br />

oft auch aus Steinen und Lehm gebaut, sehen aber<br />

dennoch anders aus. Warum? Das hat mit den klimatischen<br />

Bedingungen in den jeweiligen Ländern zu tun,<br />

aber auch mit anderen Sitten und Gebräuchen. Das Besprochene<br />

wird im Heft zur Hausbau-Epoche in Bildern<br />

und Texten festgehalten und geordnet.<br />

Die Vorstellung vom eigenen Haus ist gereift. Listen<br />

für Materialien und Werkzeuge können geschrieben,<br />

dazu ein Bild vom eigenen Haus gemalt werden. Dann<br />

kann es losgehen. Für den praktischen Teil stehen den<br />

Kindern meist zwei Wochen in der Hauptunterrichtszeit<br />

zur Verfügung. In möglichst kleinen Gruppen bauen<br />

sie ihre Häuschen im Klassenzimmer.<br />

Parallel dazu wurden in der Vergangenheit große<br />

Häuser auf dem Schulgelände errichtet – etwa der „Backes“<br />

(= Backhaus), das Bienenhaus, der Schafstall, der<br />

Geräteschuppen; auch wurden Sockel für die Sitzbänke<br />

im Gelände gemauert. Diese Projekte wurden von<br />

unserer Hausmeisterin, Tina Frechen, klug geplant und<br />

mit Kindern und unter Mithilfe von Eltern ausgeführt.<br />

34 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong> <strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung 35


Zu dieser Zeit im Schuljahr hat sich das Klassenzimmer<br />

in eine Werkstatt verwandelt. Jedes Kind hat eine<br />

eigene Unterlage, auf der das Haus gebaut wird: Das<br />

kann eine Baumscheibe oder ein dickes Brett sein.<br />

Hierauf wird der Grundriss des Hauses gezeichnet.<br />

Dieser darf aber nicht so groß wie die Unterlage werden,<br />

weil der Garten um das Haus herum noch Platz<br />

benötigt.<br />

Begonnen wird mit dem Bohren (Bohrwinde) der<br />

Löcher für die Eckpfosten eines Hauses oder für den<br />

Baum, der das Baumhaus tragen soll. In dieser Anfangsphase<br />

sind die Kinder sehr aufgeregt, sie brauchen,<br />

bis die ersten Pfosten stehen und die Türöffnung<br />

angelegt wurde, Hilfe von Erwachsenen. Allmählich<br />

entstehen die Wände, Fensteröffnungen werden festgelegt,<br />

die Höhe der Wände wird entschieden; das<br />

Dach ist oft noch unklar. Vieles wird erst während des<br />

Bauens bedacht: Pläne werden verworfen, neues Material<br />

im Gelände gesammelt, neue Ideen kommen<br />

hinzu, Lösungen wollen gefunden werden.<br />

Die Kinder werden immer sicherer, entwickeln Vertrauen<br />

in ihre Fähigkeiten. Ihre Phantasiekräfte und<br />

Freude am eigenen Tun, lassen den Bau ihres Häuschens<br />

voranschreiten. Erfordernisse und Notwendigkeiten<br />

werden erkannt und bewältigt.<br />

Das Kind leistet viel, verschiedene Fertigkeiten<br />

und Fähigkeiten werden geweckt und angewendet.<br />

So braucht es Ausdauer, Weidenzweige zu flechten,<br />

und auch die Haut für ein Tipi aus Stoff oder Leder zu<br />

nähen, benötigt Zeit. Die Stöcke für das Blockhaus,<br />

jeder einzelne wird gemessen, gesägt und wenn nötig<br />

mit Raspel und Schnitzmesser bearbeitet. Das<br />

Baumhaus in luftiger Höhe darf nicht zu schwer sein,<br />

es muss vorsichtig gearbeitet, und eine filigrane Strickleiter<br />

mit Geduld geknüpft werden. Ein Leuchtturm<br />

aus Papier und Pappe wird passend geschnitten und<br />

zusammengefügt. Ein feines Geländer aus Streichhölzern<br />

geklebt. Für die Höhle muss der Lehm erst mit<br />

Stroh gemischt werden, damit er während des Trocknens<br />

nicht reißt. Selbst an bekannten Materialien gibt<br />

es noch etwas zu lernen: Wie handhabe ich was?<br />

Der Ideenreichtum der Kinder in der dritten Klasse<br />

ist so groß, dass hier nicht alles beschrieben werden<br />

kann. Wie nebenbei lernen sie den Umgang mit<br />

Hammer, Säge, Bohrer, Schnitzmesser und Raspel. Sie<br />

lernen, wie man richtig nagelt oder auch, dass man<br />

Hölzer durch Binden mit Draht oder Kordel zusammenfügen<br />

kann.<br />

Die Feinmotorik wird geschult, zugleich sind Durchhaltevermögen<br />

und Geduld gefordert, es braucht<br />

Wachheit, um den Überblick zu behalten, um Entscheidungen<br />

treffen zu können und den nächsten Arbeitsschritt<br />

zu erkennen.<br />

Das räumliche Denken wird angestoßen und die<br />

Kinder lernen, dass auch Gründlichkeit und Ordnung<br />

nötig sind. Das gegenseitige Helfen und Ausleihen<br />

der Werkzeuge und das Weitergeben von Materialien<br />

stärkt das soziale Miteinander und bringt jedes Kind<br />

einen Schritt weiter.<br />

Ist nun endlich das Dach gedeckt und damit das<br />

Häuschen (vorläufig) fertig, gibt es dennoch eine Menge<br />

zu tun: Die Kinder möchten den Garten gestalten<br />

und ihr Haus einrichten und schmücken. Farbe kommt<br />

hinzu, bunte Stoffe werden gebraucht, kleines Geschirr<br />

wird getöpfert, ein Brunnen wird gebaut, eine Feuerstelle<br />

eingerichtet. Ein Bett findet seinen Platz, eine<br />

einladende Bank steht vor dem Haus.<br />

Wie sehr die Kinder sich mit ihrem Haus verbunden<br />

haben, ist deutlich erlebbar: Wörter wie „gemütlich“,<br />

„weich“, „warm“ oder „schön“ fallen. Ein Kind lädt Gäste in<br />

sein Haus ein, ein anderes Kind möchte lieber allein sein.<br />

Die Hausbauepoche endet mit einer Ausstellung,<br />

zu der die Eltern und verschiedene Klassen eingeladen<br />

werden. Mit Stolz präsentieren die Kinder ihr Haus und<br />

können Fragen sicher und kompetent beantworten.<br />

Während der Hausbau-Epoche erleben wir, wie die<br />

Kinder aus dem Abstand, den sie zur Welt eingenommen<br />

haben, für sich etwas Neues schafften. Das gibt<br />

ihnen Sicherheit und Schutz.<br />

Julius Caesar entschied sich mit der Überschreitung<br />

des Flusses Rubikon in Oberitalien für den Kampf um<br />

die Vorherrschaft in Rom; nach seinem Sieg über Gnaeus<br />

Pompeius Magnus wurde er Roms Alleinherrscher.<br />

Das kann als Bild für die sich ankündigende „Alleinherrschaft“<br />

des Ichs verstanden werden.<br />

Literaturhinweis: Hermann Koepke, Das neunte Lebensjahr, Verlag<br />

am Goetheanum<br />

Barbara Schwabroh<br />

Ganztagsschule<br />

Handwerk 1. Klasse<br />

36 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong><br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung<br />

37


Kinder<br />

sind<br />

einzigartig<br />

!<br />

Das Textzeugnis an der <strong>Waldorfschule</strong> soll nicht die Kinder durch Noten vergleichbar machen.<br />

Es ist vielmehr die persönliche und individuelle Beschreibung seiner Entwicklung<br />

durch den Lehrer.<br />

Foto: Hemerocallis/shutterstock<br />

Zu den markanten Unterscheidungsmerkmalen von<br />

<strong>Waldorfschule</strong> und staatlichen weiterführenden Schulen<br />

gehört die Tatsache, dass es über einen langen<br />

Zeitraum keine Notenzeugnisse gibt. Das stellt für<br />

<strong>Waldorfschule</strong>n nahezu ein Alleinstellungsmerkmal<br />

dar. Aber: Neben dem berühmten Vorurteil „Die tanzen<br />

ihren Namen“ gehört „Da gibt es keine Noten“ zu den<br />

bekannten, klischeehaften Äußerungen, die immer<br />

wieder zu hören sind.<br />

Das Zensuren-System des staatlichen Bildungswesens<br />

basiert auf dem Wunsch nach der Vergleichbarkeit<br />

erbrachter Leistungen und zugleich einer hohen<br />

Gerechtigkeit bei den Abschlusszeugnissen, die die<br />

Zugangsberechtigung für Berufsausbildungen und<br />

Studiengänge bilden. Dagegen muss ein System, das<br />

versucht, Wissen, Leistungsfähigkeit und Persönlichkeit<br />

eines Menschen auf einen numerischen Wert zu<br />

reduzieren, zwangsläufig eindimensional und wenig<br />

aussagekräftig bleiben. Wie wenig tatsächlich Leistungen<br />

verglichen werden können, belegen bundesdeutsche<br />

Debatten über unterschiedliche Standards bei<br />

Abiturprüfungen. Heutzutage stellt praktisch kein Unternehmen<br />

Mitarbeiter mehr ausschließlich aufgrund<br />

von Zeugnisnoten ein.<br />

Obwohl uns die Unzulänglichkeiten dieses Systems<br />

bewusst sind, vergibt auch die <strong>Waldorfschule</strong> ab der<br />

Oberstufe Notenzeugnisse – aber zusätzlich zu den<br />

schriftlichen Beurteilungen. Unsere Schüler sollen mit<br />

ihren Abschlüssen natürlich gleiche Chancen beim<br />

Übergang zu einer Berufsausbildung haben.<br />

Ein Freiraum verbleibt jedoch für den Bereich der<br />

Klassen 1 bis 8, der so genannten „Klassenlehrer-Zeit“.<br />

Hier kommt der Vorteil einer langjährigen, engen Beziehung<br />

zwischen Schülern und Lehrern zum Tragen:<br />

Man kennt sich sehr gut, ist miteinander vertraut. Deshalb<br />

kann der Lehrer dem Schüler individuelle Entwicklungsfortschritte<br />

und auch anstehende Arbeitsgebiete<br />

deutlicher und konstruktiver vermitteln, als das<br />

allein mit Zeugnisnoten möglich wäre.<br />

Was ein Schüler in einem Fach geleistet hat,<br />

fächert sich auf in eine Vielzahl von Aspekten:<br />

• Wie sorgfältig wurden Texte erstellt und das<br />

Heft geführt?<br />

• Wie intensiv wurde mündlich mitgearbeitet<br />

und welche Qualität hatten die Beiträge?<br />

• Welche Inhalte wurden verinnerlicht, welche<br />

Fähigkeiten entwickelt?<br />

• Wo gab es Fortschritte, wo ist noch viel zu tun?<br />

Und vor allem:<br />

In welcher Relation steht das zu den<br />

Leistungen im Vorjahr und zu den Möglichkeiten,<br />

die zur Verfügung stehen?<br />

Vor allem dem letzten Aspekt tragen Textzeugnisse im<br />

besonderen Maße Rechnung. Nicht jedem ist es gegeben,<br />

auch mit intensivem Üben zum Beispiel ein Null-<br />

Fehler-Diktat zu schreiben. Aber wer durch kontinuierliches<br />

Arbeiten seine Ergebnisse verbessern konnte,<br />

verdient auch eine wertschätzende Rückmeldung des<br />

Lehrers - eine Veränderung von „5“ nach „4“ spiegelt dieses<br />

Engagement des Schülers nicht ausreichend wider.<br />

Diese Anerkennung von persönlichen Fortschritten<br />

und der Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden,<br />

individuellen Möglichkeiten kann ein großer Baustein<br />

bei der Bildung eines gesunden Selbstwertgefühls<br />

sein, das über die Schulzeit hinaus den weiteren Werdegang<br />

in Ausbildung und Beruf prägt.<br />

Thomas Wiedmann<br />

Klassenlehrer<br />

Gartenbau<br />

38 Bildung _ <strong>Cristal</strong> | <strong>2017</strong><br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Bildung<br />

39


Unterstützung im<br />

Schulalltag<br />

Die Kinder der fünften Klasse übernehmen die Patenschaft für ein neu eingeschultes Kind der<br />

ersten Klasse. Sie geben Orientierung und Sicherheit im neuen Schulalltag, lernen, sich in andere<br />

einzufühlen und übernehmen Verantwortung. Die Patenkinder lernen, um Unterstützung<br />

zu bitten und Hilfe von anderen Kindern - und nicht nur Erwachsenen - anzunehmen.<br />

„Der war so aufgeregt. Der hat meine Hand fast gequetscht<br />

und wollte gar nicht loslassen, als er alleine<br />

durch den Blumenbogen auf die Bühne gehen sollte“.<br />

So sprudelnd, wie der Fünft-Klässler das erzählt, stellt<br />

sich die Frage, wer denn tatsächlich aufgeregter bei der<br />

Einschulungsfeier war - der Pate oder sein Patenkind?<br />

Tatsächlich fängt die Spannung schon vor den Sommerferien<br />

an, wenn die Liste mit den Namen und Adressen<br />

der neuen ersten Klasse verteilt wird. Jedes Kind<br />

der fünften Klasse sucht sich ein Patenkind aus. Vielleicht<br />

ist ein bekanntes Geschwisterkind dabei. Manchmal<br />

wird ein Patenkind ausgesucht, weil der Name so<br />

schön klingt. Oft ist es auch der ganz praktische Grund,<br />

dass die Kinder mit derselben Buslinie fahren.<br />

Das ist nämlich eine wichtige Aufgabe der Paten:<br />

Sie sollen den Patenkindern und neuen Erstklässlern<br />

beim Schulstart helfen und ihnen Orientierung geben.<br />

Dazu gehört ein Gang durch die Schule: Wo ist<br />

der Ruheraum, wo sind die Toiletten und wo ist das<br />

Sekretariat, um im Notfall telefonieren zu können?<br />

Aber auch, die Kinder nach dem Unterricht an der<br />

Klasse abzuholen und zur richtigen Buslinie zu begleiten.<br />

Vor der Pause wird von den Paten kräftig mitgeholfen,<br />

wenn die Jackenknöpfe nicht zugehen wollen<br />

oder der linke Schuh so gar nicht an den rechten Fuß<br />

will, danach geht es zum gemeinsamen Spiel auf den<br />

Pausenhof. Nach und nach legt sich das Gewusel vor<br />

der ersten Klasse, wenn erste Freundschaften in der<br />

noch jungen Klasse geknüpft sind und der Schulalltag<br />

zur Routine wird.<br />

In den Sommerferien zuvor basteln die Paten einen<br />

kleinen Beutel für ihr Patenkind, in den ein Edelstein<br />

gelegt wird. Bei dieser Gelegenheit wird der<br />

eigene Edelstein aus der Schublade hervorgeholt<br />

und es kommen die damit verbundenen Erinnerungen<br />

an den eigenen ersten Schultag wieder zum Vorschein.<br />

Wird das neue Schulkind am Einschulungstag<br />

aufgerufen, geht der Blick des Paten suchend durch<br />

die Reihen. Er holt sein Patenkind am Platz ab, legt<br />

ihm den Beutel um den Hals, richtet noch einmal den<br />

Schulranzen oder zieht den von der Schnur gedrückten<br />

Pferdeschwanz wieder gerade. Die Paten sind in<br />

diesem Moment sichtbar gewachsen – nicht nur an<br />

reiner Körpergröße: Ihnen wird in diesem Augenblick<br />

bewusst, dass sie nicht mehr Grundschüler sind, sondern<br />

als Fünft-Klässler ebenfalls einen Schritt in die<br />

Welt machen, der eng mit „Verantwortung übernehmen“<br />

verknüpft ist.<br />

Im Vergleich sehen die Paten, wie klein ihr Paten-<br />

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kind ist. Auf die Feststellung, dass sie auch mal „so<br />

klein“ waren, reagierte ein Fünft-Klässler sehr weise,<br />

sozusagen altersweise: „Nein, die Kinder werden immer<br />

jünger. Ich bin mit sechs in die Schule gekommen.<br />

Jetzt sind viele dabei, die noch fünf Jahre alt sind“.<br />

Carola Möller<br />

Öffentlichkeitskreis<br />

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<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Beziehung<br />

41


Eine Gemeinschaft<br />

- in jeder Beziehung<br />

Das vertrauensvolle Miteinander von Eltern, Lehrern und Schülern ist für den Schulorganismus<br />

von zentraler Bedeutung. Der ELSR möchte zu Offenheit, Engagement und Toleranz<br />

beitragen sowie die Bildung und Stärkung der Schulgemeinschaft unterstützen.<br />

Der Eltern-Lehrer-Schüler-Rat (ELSR) ist ein Netzwerk<br />

innerhalb der Schulgemeinschaft, in dem aktuelle Themen,<br />

Sorgen und Nöte, Ideen und Errungenschaften<br />

gemeinsam behandelt und beraten werden. Das Gremium<br />

setzt sich zusammen aus den Vertrauenseltern<br />

(VE), die in jeder Klasse von der jeweiligen Elternschaft<br />

gewählt werden, der Schülervertretung (SV) und den<br />

aus dem Lehrerkollegium entsandten Vertreterinnen<br />

und Vertretern.<br />

Diese Besetzung sorgt dafür, dass sämtliche Informationen<br />

aus dem Schulalltag zusammenfließen, um<br />

aus unterschiedlicher Sichtweise heraus gemeinsam<br />

behandelt werden zu können. Die in dem ELSR agierenden<br />

Vertreter und Vertreterinnen spiegeln die Ergebnisse<br />

der Beratungen in das Gremium zurück, von<br />

dem aus sie entsandt wurden. Im ELSR werden klassenspezifische<br />

Themen, aber auch klassen- und schulübergreifende<br />

Fragen identifiziert und bearbeitet. Das<br />

gemeinsame Ziel besteht darin, über eine offene und<br />

vielschichtige Kommunikationsebene zu einer guten,<br />

informierten und am Ende zufriedenen Schulgemeinschaft<br />

beizutragen.<br />

Der ELSR erfährt Anleitung durch ein Eigner-Team,<br />

das für Anfragen aus der Schulgemeinschaft zur Verfügung<br />

steht, für eine geregelte Arbeit im ELSR sorgt<br />

und die Zusammenarbeit mit den anderen Schulgremien<br />

fördert. Der ELSR trifft sich regelmäßig einmal<br />

im Monat. Durch die Sitzungen führt ein wechselndes<br />

Moderatorenteam, das sich an einer zuvor festgelegten<br />

Tagesordnung orientiert, dabei trotzdem flexibel<br />

und bedarfsgerecht mit den aktuellen Fragen und Problemen<br />

aus dem Teilnehmerkreis umgeht.<br />

Oft wächst in den Beratungen im ELSR der Bedarf<br />

nach einer intensiveren Behandlung. In diesem Fall<br />

befassen sich Arbeitsgruppen mit dem Thema, die Lösungsvorschläge<br />

unterbreiten, die dann im ELSR beraten<br />

und verabschiedet werden.<br />

Der ELSR entsendet Delegierte zum Landes- und<br />

Bundeselternrat der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>n. Nach dort<br />

werden Informationen aus unserer Schule transportiert,<br />

und es kommen Eindrücke zurück. Auf diese Weise<br />

verschiebt sich der Horizont, während gleichzeitig die<br />

Gemeinschaft wächst. Auf Elternabenden, in der Lehrerkonferenz<br />

und in den Vorstandssitzungen haben<br />

Themen aus dem ELSR einen festen Platz. Auch wird das<br />

Gremium zur Beratung hinzugezogen, wenn wichtige<br />

Veränderungen und Entscheidungen anstehen.<br />

Die Protokolle der jeweiligen Sitzungen sind im<br />

Schulbüro einsehbar und hängen außerdem im Lehrerzimmer<br />

aus. Die Schulgemeinschaft wird regelmäßig<br />

per Mittwochsbrief über die aktuellen Themen,<br />

Beratungen und Ergebnisse aus dem ELSR informiert.<br />

Darüber hinaus besteht der ausdrückliche Wunsch,<br />

dass sich die Eltern jederzeit vertrauensvoll an die gewählten<br />

Elternvertreterinnen und -vertreter wenden<br />

können, wenn Probleme auftauchen oder eine Idee im<br />

Raum steht, die es zu ergreifen gilt.<br />

Anja Weiß<br />

ELSR<br />

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43


Lebendiger<br />

Elternabend<br />

Schon wieder Elternabend?!? Vom ersten bis zum achten Schuljahr finden die Elternabende<br />

monatlich statt. Dabei müssen die Eltern auch selbst Fingerübungen, die ihre<br />

Kinder morgens im Unterricht einüben, ausprobieren. Sie haben teil am Unterricht und<br />

bekommen einen anderen Blick auf die Entwicklung und Leistung ihres Kindes.<br />

Willkommen an der <strong>Waldorfschule</strong>: Zwergenreise, Infoabende,<br />

Gespräche liegen hinter uns, der erste Schultag<br />

ist mit einer Träne der Rührung und einer schönen Feier<br />

vorbeigegangen, die ersten Tage haben Kinder und<br />

Eltern gut überstanden. Und dann: Der Klassenlehrer<br />

oder die Klassenlehrerin geben die Termine für die Elternabende<br />

bekannt. Wie, jeden Monat einer? Warum<br />

so oft? Was sollen wir denn alles besprechen? „Da geh<br />

ich nicht hin!“, ist oft die erste Reaktion.<br />

Ja, jeden Monat Elternabend ist häufig. Und ja, wieder<br />

muss man aus dem Haus, jemand anderes bringt die Kinder<br />

ins Bett. Und dennoch: Jeder Elternabend ist wichtig!<br />

Elternabende sind sozusagen der fliegende Teppich, auf<br />

dem wir durch die Schulzeit unserer Kinder gleiten.<br />

Natürlich gestaltet jede Lehrkraft die Elternabende<br />

unterschiedlich. Idealerweise webt sie ein Muster aus<br />

anthroposophischen Grundlagen, Einblicken in den Unterricht,<br />

einem Blick auf die Klasse und organisatorischen<br />

Dingen. Oft wird in die Mitte des Stuhlkreises ein Tuch<br />

gelegt, Blumen und / oder eine Kerze darauf gestellt.<br />

Wir sind beim Elternabend eingeladen anzukommen,<br />

den Alltag hinter uns zu lassen und unseren Blick<br />

auf unsere Kinder zu lenken. Dabei hilft oft der Wochenspruch<br />

aus dem Seelenkalender Rudolf Steiners. Trotz<br />

der ungewohnten Sprache und der verschachtelten<br />

Sätze bleiben unsere Gedanken an den Worten hängen.<br />

Der Klassenlehrer unseres ältesten Sohnes ließ uns zu<br />

Beginn eines jeden Treffens an einem Element des Unterrichts<br />

teilhaben – wir bewegten uns zu den Reihen<br />

des Einmaleins, sprachen den Morgenspruch, probierten<br />

Bewegungen des rhythmischen Teils aus.<br />

Beim Einblick in den Unterricht erfahren Eltern schulische<br />

Inhalte und Erlebnisse, die die Kinder zu Hause nicht<br />

unbedingt erzählen. Auch Zusammenhänge zwischen<br />

Lernstoff und Entwicklungsphasen der Kinder werden<br />

deutlicher: Warum ist was im Waldorf-Lehrplan gerade<br />

zu dieser Zeit vorgesehen? Warum wird den Kindern so<br />

viel Zeit zum Erfassen von Buchstaben und Zahlen gegeben?<br />

Denn: Kinder an staatlichen Schulen lernen Lesen<br />

und Rechnen so viel früher! Das Wissen um diese Zusam-<br />

menhänge schafft Gelassenheit und zugleich Vertrauen.<br />

Fachlehrer stellen sich vor und berichten aus ihrem Unterricht,<br />

runden das Bild ab, beantworten Fragen.<br />

Ein Blick auf die Klasse stimmt oft heiter, zuweilen<br />

nachdenklich, lässt aber immer auch die Eltern näher<br />

zusammenrücken in dem Bewusstsein, dass man nicht<br />

alleine ist. Unsicherheiten im Rubikon, Genervt-Sein in<br />

der Pubertät, Umgang mit Computer und Handy – erfahrene<br />

Eltern tauschen sich aus mit Eltern, deren erstes<br />

Kind die Schule besucht. Die Sicht der Lehrer kann den<br />

Blick erweitern, geben Kinder sich doch in der Schule<br />

manchmal ganz anders als zu Hause.<br />

Für Fragen und Schwierigkeiten, die einzelne Kinder<br />

betreffen, können am Ende des Abends Gesprächstermine<br />

abgesprochen werden.<br />

Auch Organisatorisches gibt es zu besprechen: Was<br />

steht im Schuljahr an Aktivitäten an? Wer kann die Klasse<br />

beim Ausflug begleiten? Wer hilft in der Hausbauepoche?<br />

Welche Bücher sollen für die Klasse angeschafft<br />

werden? Wer sich die Zeit nehmen kann, wird die Freude<br />

und Bereicherung erleben, die es mit sich bringt, das<br />

eigene Kind und seine Klassenkameraden auf dem Weg<br />

durch die Schulzeit zu begleiten.<br />

Aha, sagen Sie, unsere Elternabende sehen aber ganz<br />

anders aus. Organisatorisches steht im Vordergrund,<br />

Einzeldiskussionen nehmen viel Raum ein, Zusammenhänge<br />

werden nicht erklärt. Mein Rat: Sprechen Sie die<br />

Lehrer an! Sagen Sie, was Ihnen fehlt, was Sie sich wünschen.<br />

Elternabende können auch gemeinsam vorbereitet<br />

werden. Weben Sie gemeinsam an dem Teppich, der<br />

alle durch die Schulzeit trägt.<br />

Sigrid Reitmeier<br />

Verwaltung<br />

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(Vor)Getragen<br />

durchs<br />

Schuljahr<br />

Der Zeugnisspruch ist idealerweise individuell auf den Schüler zugeschnitten. Der Spruch<br />

hat ein Motiv zum Inhalt, das den Schüler in seinen Stärken oder in seinem Denken und<br />

Handeln beschreibt und ihn im nächsten Schuljahr begleitet.<br />

Eine Besonderheit im Zusammenhang mit Zeugnissen<br />

stellen an <strong>Waldorfschule</strong>n die sogenannten<br />

„Zeugnissprüche“ dar. Mit dem Zeugnis am Ende<br />

der 1. Klasse beginnend, bekommt jeder Schüler bis<br />

zur 8. Klasse zusätzlich zu seinem beschreibenden<br />

Textzeugnis einen persönlichen Zeugnisspruch. Von<br />

Rudolf Steiner wurde dieser Zeugnisspruch auch als<br />

„eine Art Lebensgeleitspruch“ bezeichnet.<br />

Er wird vom Klassenlehrer ausgewählt oder auch<br />

ganz neu geschrieben und richtet sich direkt an den<br />

Schüler. Der Zeugnisspruch steht somit im Gegensatz<br />

zum Zeugnis, das in erster Linie einen Entwicklungsbericht<br />

für die Eltern darstellt. Er bezieht sich in Form<br />

und Inhalt auf die menschenkundliche Entwicklungssituation<br />

und die anstehenden Themengebiete des<br />

kommenden Schuljahres. Vor allem aber sollte er zum<br />

Schüler und seiner individuellen Persönlichkeit „passen“,<br />

nach Möglichkeit Aspekte seines Wesens widerspiegeln<br />

und gegebenenfalls auch einen dezenten<br />

Hinweis auf ein persönliches Entwicklungsfeld enthalten.<br />

In der Regel trägt der Schüler seinen Spruch das<br />

ganze Schuljahr hindurch einmal in der Woche vor,<br />

idealerweise am jeweiligen Wochentag seiner Geburt.<br />

Durch den langen Zeitraum der Beschäftigung<br />

mit dem Spruch und durch die Hinweise des Klassenlehrers<br />

zur sprachlichen Gestaltung entstehen im Ide-<br />

alfall eine tiefe, prägende Verbindung des Schülers<br />

mit „seinem“ Zeugnisspruch und ein langes, wenn<br />

auch meist unbewusstes Nachklingen des behandelten<br />

Themas.<br />

Das Vortragen der Zeugnissprüche geschieht in<br />

Form eines festen Rituals, das von jedem Klassenlehrer<br />

individuell und daher unterschiedlich gestaltet<br />

wird. Dabei herrscht in der Klasse eine besondere<br />

Ruhe und Aufmerksamkeit, meist gehört auch eine<br />

Kerze dazu, die an den jeweils vortragenden Schüler<br />

weitergegeben wird.<br />

Die Verbindung vom gemeinsamen Sprechen des<br />

Morgenspruches und dem individuellen Vortragen<br />

der jeweiligen Zeugnissprüche des Tages führt zu einer<br />

Sammlung der Schüler und bildet einen besonders<br />

innigen Moment im Tagesablauf. Die Schüler<br />

kommen durch das morgendliche Ritual auch innerlich<br />

im Unterricht an.<br />

Thomas Wiedmann<br />

Klassenlehrer<br />

Gartenbau<br />

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46 Beziehung _ <strong>Cristal</strong> | 2 0 17


Besinnliche<br />

Einstimmung auf die<br />

Adventszeit<br />

In der Zeit der vorweihnachtlichen Hektik bietet das Adventsgärtlein eine wunderbar<br />

meditative Einstimmung auf die Adventszeit und führt zu Besinnlichkeit und Ruhe. Mit der<br />

Spirale und dem Apfel verbindet das Adventsgärtlein zwei Symbole miteinander.<br />

Sich Augenblicke der Stille zu verschaffen, sich aus<br />

dem äußeren Sinneserleben in sein Inneres zurückzuziehen,<br />

darum geht es in der trotz aller Vorsätze oft so<br />

lebhaften Vorweihnachtszeit. In dieser Haltung feiern<br />

wir am letzten Freitag vor dem ersten Advent im Waldorfkindergarten<br />

Gummersbach, wie sicherlich in den<br />

meisten Waldorfkindergärten und auch noch in den<br />

ersten beiden Schuljahren in der <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong><br />

<strong>Oberberg</strong> dieses besondere, besinnliche Fest voller<br />

Symbolkraft.<br />

Morgens ruht der Kindergartenbetrieb, während die<br />

Erzieherinnen im Bewegungs- / Eurythmieraum eine<br />

großflächige Spirale aus Tannenzweigen und Moos auf<br />

dem Boden auslegen, in deren Mitte eine Kerze, das<br />

Weihnachtslicht, etwas erhöht auf einem mit Tüchern<br />

geschmückten Podest steht.<br />

Die Spirale ist ein Urbild aller Lebensprozesse (etwa<br />

Ein- und Ausatmen, Sommer und Winter, Geburt und<br />

Tod) und von jeher ein Symbol für den Weg der Menschenseele<br />

zu sich selbst. So symbolisiert sie in äußerer<br />

Finsternis im so genannten „Adventsgärtlein“ den Weg<br />

nach innen. Solch ein Weg ist oft mühsam und kann<br />

auf der Ebene des Erwachsenen nur aus freiem Wollen<br />

gegangen werden. Jahr für Jahr aufs Neue.<br />

Bereits während des Aufbaus der Spirale wird von<br />

den Erzieherinnen auf eine meditative, achtsame Stimmung<br />

geachtet. Adventslieder werden gesungen, und<br />

beim Legen der Spirale achten die Erzieherinnen darauf,<br />

immer dem Weg der Spirale zu folgen und nicht<br />

einfach über die schon gelegten Wege zu steigen.<br />

Bewegungen im Raum sind Realität und hinterlassen<br />

eine mit den Augen nicht wahrnehmbare Ordnung,<br />

die sich auf die Kinder überträgt, die am Abend<br />

durch diese Spirale gehen.<br />

Ergänzt wird das „Adventsgärtlein“ durch verschiedene<br />

weihnachtliche Pflanzen sowie durch Schätze<br />

aus der Natur – beispielsweise Muscheln, Edelsteine,<br />

auch Schafwolle und Federn, so dass symbolisch die<br />

ganze Schöpfung am Weihnachtsgeschehen beteiligt<br />

ist.<br />

Es werden Apfellichter für jedes Kind und die Erzieherinnen<br />

vorbereitet, indem rotbackige Äpfel poliert,<br />

ausgestochen, mit Bienenwachskerzen bestückt und<br />

mit einem goldenen Stern versehen werden.<br />

Am Abend, wenn es dämmert, beginnt die erste der<br />

beiden Kindergartengruppen. Die Eltern versammeln<br />

sich bereits unten, um dem Geschehen beizuwohnen.<br />

Das Geschehen wird instrumental begleitet von Harfe,<br />

Flöte oder Geigen, meist von Kindern der Erzieherinnen<br />

oder Geschwisterkindern gespielt. Eltern und Erzieherinnen<br />

singen dazu traditionelle Adventslieder,<br />

aber auch pentatonische „Waldorf“-Lieder im Wechsel<br />

mit kurzen besinnlichen Sprüchen und einfachen Klängen<br />

von Zimbeln und Triangeln.<br />

Wir ziehen, das Lied „Über Sterne, über Sonnen“<br />

singend, mit den Kindern aus dem Gruppenraum, der<br />

ebenfalls weihnachtlich verzaubert wurde, gemeinsam<br />

in den Eurythmieraum, der zunächst lediglich von<br />

der Kerze in der Mitte erhellt ist. Die Kinder nehmen<br />

auf Bänkchen außen um die Spirale Platz. Es folgt der<br />

erste Spruch:<br />

In der dunklen Nacht ist ein Stern erwacht,<br />

leuchtet hell am Himmelszelt,<br />

schenkt sein Licht der ganzen Welt.<br />

In der dunklen Nacht ist ein Stern erwacht.<br />

Die Kinder kommen zur Ruhe, die Stimmung des Raumes<br />

wirkt.<br />

Eine Erzieherin geht als Vorbild langsam und achtsam<br />

als Erste in die Spirale, entzündet ihr Apfellicht<br />

am Weihnachtslicht und stellt den Apfel auf einen der<br />

goldenen Holzsterne, die in der Anzahl der Teilnehmer<br />

auf der Spirale platziert sind. Der Reihe nach wird je-<br />

des Kind von der Erzieherin abgeholt, bekommt seinen<br />

Apfel überreicht und tritt seinen Weg in die Spirale an.<br />

Ganz junge Kinder werden von ihren Müttern geführt,<br />

einige gehen an der Hand oder begleitet von<br />

ihrer vertrauten Erzieherin, und die Älteren legen den<br />

Weg allein zurück. So wird es nach und nach von innen<br />

heraus hell, je mehr Kinder ihr Licht dazugestellt<br />

haben, der Raum bekommt ein besonderes Leuchten.<br />

Die Stimmung ist berührend konzentriert und andächtig<br />

zugleich. Es werden auch für diejenigen Kinder<br />

der Gruppe, die nicht anwesend sind, Apfellichter entzündet,<br />

denn alle gehören mit zur Gemeinschaft und<br />

tragen zur Helligkeit bei.<br />

Wenn alle Lichter leuchten, erzählt eine Erzieherin<br />

zum Abschluss im Kerzenschein das Märchen „Sterntaler“.<br />

Abschließend bekommt jedes Kind auf dem Weg<br />

nach draußen ein noch brennendes Apfellicht überreicht,<br />

das ihm den Weg erhellen soll.<br />

Das sind bleibende Eindrücke: Die strahlenden Augen<br />

der begleitenden Eltern, der Moment des Kerze-<br />

Anzündens voller Konzentration, das Durchschimmern<br />

des Ureigenen des jeweiligen Kindes, wie es sich auf<br />

den Weg in die Spirale begibt – für alle bewegend.<br />

Für uns Erwachsene erschließt sich der tiefe Sinn<br />

hinter dem Ritual durch die Erkenntnis, dass wir uns<br />

dem Licht nähern, uns zu ihm neigen und uns entzünden<br />

müssen – innerlich, damit es sich nach außen hin<br />

in den Umkreis ergießen kann.<br />

Der Apfel ist das Symbol für die Vertreibung aus<br />

dem Paradies, gepflückt vom Baum der Erkenntnis.<br />

Wir wurden durch den Apfel irdisch, aber wir erkennen<br />

auch Gutes und Böses.<br />

Beim „Adventsgärtlein“ wird der Apfel Träger des<br />

Lichts. Es ist ein lebendiges Licht, das solange leuchtet,<br />

als es von seiner eigenen Substanz (Kerze) hergibt.<br />

Nur jeder Mensch für sich kann sein Licht am Christus-<br />

Licht, dem Licht in unserer Mitte, entzünden und zum<br />

Leuchten bringen. Gemeinsam können wir ein Zeichen<br />

der Hoffnung und Zuversicht setzen, indem jeder Einzelne<br />

sein Flämmchen beitragen kann, welches in der<br />

Gemeinschaft vieler kleiner Lichter die Dunkelheit in<br />

der Welt deutlich erhellen kann.<br />

Gabi Verch<br />

Leitung Waldorfkindergarten<br />

Gummersbach<br />

48 Beziehung _ <strong>Cristal</strong> | 2 0 17<br />

<strong>Cristal</strong> | 2 0 17 _ Beziehung<br />

49


7<br />

Die 7-Jahres-Stufen<br />

der menschlichen<br />

Entwicklung<br />

Nach Rudolf Steiner entwickelt der<br />

Mensch jeweils in Abschnitten von sieben<br />

Jahren seinen Leib, seine Lebenskräfte<br />

und seine Empfindungen. Etwa<br />

mit 21 Jahren ist ist die Persönlichkeit<br />

ausgeformt und der Mensch „erwachsen“,<br />

bevor die erworbenen Fähigkeiten<br />

ab der Lebensmitte spiegelbildlich<br />

wieder abnehmen.<br />

Foto: Triff/shutterstock<br />

In der anthroposophischen Geisteswissenschaft wird<br />

der Mensch ganzheitlich als physisch-seelisch-geistiges<br />

Wesen betrachtet, das bis ins hohe Alter lernen<br />

und sich verändern kann.<br />

Das neugeborene Menschenwesen wird als eine<br />

kontinuierliche Individualität begriffen.<br />

Die Aufgabe von Erziehung und Unterricht ist das<br />

„Zusammenstimmen“ der menschlichen Seelenglieder,<br />

Denken, Fühlen und Wollen.<br />

Einem Kind, das noch sehr durch die Erlebnisse<br />

aus der „vorgeburtlichen Welt“ geprägt ist, kann ein<br />

Erwachsener als sensibler, unvoreingenommener Beobachter<br />

nur ehrfürchtig und staunend gegenüberstehen.<br />

Er wird dem Kind nicht seine eigenen Vorstellungen<br />

überstülpen, sondern bemüht sein, die wahre<br />

Natur des Kindes zu erlauschen.<br />

Das Kind ist kein kleiner Erwachsener. Es entwickelt<br />

sich in immer ähnlich verlaufenden Stufen, die bei<br />

der Erziehung berücksichtigt werden müssen:<br />

1. Im ersten Lebens-Jahrsiebt steht die Leibesentwicklung<br />

im Vordergrund. Bis zum Zeitpunkt der<br />

Geburt vollzog sie sich geschützt im Mutterleib und<br />

erst nach der Geburt darf die Außenwelt auf die Leibesentwicklung<br />

einwirken. Geschieht das zu früh, je<br />

nachdem in welchem Schwangerschaftsmonat ein<br />

Kind geboren wird, kann es unter Umständen zu einer<br />

eingeschränkten Lebensfähigkeit kommen.<br />

Nach der leiblichen Geburt entwickelt sich das Kind<br />

hauptsächlich durch bewegtes, nachahmendes Tätig-<br />

Sein. Es soll erleben „Die Welt ist gut“. Das heißt es<br />

soll ihm alles gegeben werden, was es zu seiner Entwicklung<br />

braucht: Nahrung, Wärme und Liebe. So<br />

kann das Kind ein Grundvertrauen entwickeln und<br />

bekommt beste Bedingungen zu einer gesunden Entwicklung<br />

der Leiblichkeit.<br />

2. Zu Beginn des zweiten Lebens-Jahrsiebts – nach<br />

dem Zahnwechsel – werden Kräfte für andere Aufgaben<br />

frei. Sie werden zum Beispiel gebraucht zum Erlernen<br />

der Kulturtechniken: Formenzeichnen, Lesen,<br />

Schreiben, Rechnen. Werden diese Aufgaben zu früh<br />

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an das Kind getragen, während der Gestaltwandel<br />

noch nicht fortgeschritten ist und der Zahnwechsel<br />

noch nicht begonnen hat, kann es zu einer labilen<br />

Gesundheit kommen – damit werden Schulprobleme<br />

wahrscheinlicher.<br />

Nach dem ersten Jahrsiebt soll das Kind erleben „Die<br />

Welt ist schön“. Das heißt, das Empfinden wird im Idealfall<br />

noch geschützt. Das Lernen soll über schöne<br />

künstlerische, musikalische und sprachliche Bilder,<br />

Gleichnisse und Beispiele an das Kind herangetragen<br />

werden. Das Kind soll das Staunen, Verehren und<br />

Danken lernen.<br />

Der Rhythmus spielt dabei eine große Rolle und es ist<br />

wichtig, dass das Kind einer geliebten Autorität nachfolgen<br />

kann. Es ist die Entwicklungs-Epoche, in der<br />

sich Neigungen, Gewohnheiten, Gewissen, Charakter,<br />

Gedächtnis und Temperament herausbilden und entwickeln.<br />

3. Etwa im 14. Lebensjahr, verbunden mit dem Eintritt<br />

in die Pubertät, bekommt das Seelische größeres<br />

Gewicht. Nun soll der Jugendliche erleben: „Die Welt<br />

Illustration: Stefanie Wollenhaupt<br />

ist wahr“. Er ist reif, mit der Realität des Lebens konfrontiert<br />

zu werden. Die eigene Urteilskraft an vergleichender<br />

gegenüberstellender Tätigkeit wird geübt.<br />

Ein endgültiges Urteil soll noch zurückgehalten<br />

werden. Geschieht diese Entwicklung der eigenen<br />

Urteilsbildung zu früh, können Labilität, Gruppenzwang<br />

oder Drogengefährdung die Folge sein.<br />

Im dritten Lebens-Jahrsiebt spielen Ideale eine große<br />

Rolle bei der Entwicklung des Jugendlichen.<br />

4. Erst mit etwa 21 Jahren, mit Eintritt in das vierte<br />

Jahrsiebt, wird die Persönlichkeit des Schülers ausgeformt.<br />

Der junge Mensch ist nun an Leib und Seele<br />

gewachsen, hat Phantasie und Urteil entwickelt und<br />

kann erst jetzt im rechten Sinne als »erwachsen«<br />

bezeichnet werden. Die Führung wird nun abgelöst<br />

durch die Selbstführung. Und wenn die Erziehung Erfolg<br />

hatte, so erweist sich das weniger an rein äußerer<br />

beruflicher Karriere, sondern viel mehr an dem „Eins-<br />

Werden“ mit dem mitgebrachten Lebensplan, daran,<br />

dass der Mensch in sich und in der Welt zu Hause ist.<br />

Auch das weitere Erwachsenenleben teilt Rudolf<br />

Steiner in Jahrsiebte ein, wobei sich die Jahrsiebte ab<br />

der Lebensmitte spiegeln, das heißt die Fähigkeiten,<br />

aber auch die Schäden aus den ersten Jahrsiebten<br />

wirken sich in späteren Phasen aufbauend oder zerstörerisch<br />

aus.<br />

Quelle:<br />

Dieser Text orientiert sich zum Teil an dem Artikel „ Die wichtigsten<br />

pädagogischen Prinzipien Rudolf Steiners“ von Tobias Emmel<br />

Ulrike Udomsilp<br />

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Susanne Kahl<br />

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Waldorfkindergarten Linde e. V.<br />

Zentrum für Familien, Waldbröl<br />

Silvia Deryk<br />

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Termine<br />

10./11./12.11.<strong>2017</strong> 12. Klass-Spiel<br />

03.12. <strong>2017</strong> Adventsbasar<br />

11.01.2018 Vortrag<br />

Michaela Glöckler<br />

24./25.02.2018 8. Klass-Spiel<br />

17.03.2018 Schulkonzert<br />

05.05. 2018 Tag der Offenen Tür<br />

Künstlerischer<br />

Abschluss „Bildende<br />

Kunst“ 12. Klasse<br />

10.06.2018 Zirkus „Zippel Zappel“<br />

23.06.2018 Künstlerischer<br />

Abschluss – Eurythmie /<br />

Musik 12. Klasse<br />

Aktuelle Termine finden Sie unter<br />

www.fws-oberberg.de<br />

Impressum<br />

<strong>Cristal</strong> erscheint als unabhängige<br />

Zeitschrift für Bildung und Kultur<br />

Herausgeber<br />

<strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Oberberg</strong> e.V.<br />

Verantwortlich<br />

Petra Ley<br />

Jeder Beitrag gibt die Meinung des<br />

Autors wieder; eine Übereinstimmung<br />

mit der Meinung der Redaktion kann<br />

aus seiner Veröffentlichung nicht<br />

abgeleitet werden.<br />

Anzeigen<br />

Petra Ley, p.ley@fws-oberberg.de<br />

Christiana Niehues,<br />

christiana.niehues@web.de<br />

Uwe Schmid<br />

Redaktion<br />

Petra Ley,<br />

Carola Möller (verantwortlich),<br />

Jürgen W. Tombrock<br />

Gestaltung<br />

Christine Plößer<br />

Sequoia Media GmbH, Köln<br />

Lektorat<br />

Carola Möller<br />

Titelbild<br />

Dirk Burghaus<br />

Fotos<br />

Dirk Burghaus,<br />

Melanie Kurz<br />

Druck<br />

Rademann Print, Lüdinghausen<br />

Verteiler<br />

Petra Ley, Christiana Niehues<br />

19. Auflage<br />

5.000 Stück<br />

Anschrift<br />

Redaktion <strong>Cristal</strong><br />

<strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Oberberg</strong> e.V.<br />

Kirchhellstraße 32<br />

51645 Gummersbach<br />

Telefon 02261-968612<br />

Telefax 02261-9686 76<br />

E-Mail: info@fws-oberberg.de<br />

www.fws-oberberg.de<br />

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