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WOLFSHÖHLE<br />
MAGAZIN<br />
KUNSTRAUM ALEXANDER BÜRKLE<br />
METZGEREI KALTENBACH<br />
BELSAZAR<br />
FAUDE FEINE BRÄNDE<br />
SPIRITUOSEN HOLDERIED<br />
FORTIS<br />
WEINGUT ABRIL
OHNE FLEISS, KEIN PREIS (UND KEINE SPEIS...)<br />
Hätte man mir vor 20 Jahren gesagt, dass ich einmal den Service im besten Restaurant Freiburgs leiten würde,<br />
hätte ich nur den Kopf geschüttelt. Wenn derjenige mir dann noch erzählt hätte, dass ich dafür meine Karriere bei<br />
der Bank aufgeben und alles auf eine Karte setzen würde, in der Gastronomie! Ich? Niemals! Tja, wie man sich<br />
doch täuschen kann...<br />
Gegessen habe ich zwar schon immer gerne und auch mit Gästen oder damals noch Kunden, konnte ich immer<br />
sehr gut umgehen, aber daraus einen Beruf machen oder gar die Berufung darin sehen? Mein Weg führte mich<br />
erst einmal zur Sparkasse und dies war meine Erfüllung: Anlagevermögen, Kontoeröffnung, zwischendurch mal<br />
nen Bausparvertrag, genau mein Ding!<br />
Doch dann traf ich Ihn, Sascha, und stellte fest: es gibt auch noch was anderes! Und kochen konnte er auch noch...<br />
Also veränderte sich meine Welt, die brisanten Themen waren nun nicht mehr nur Darlehensverträge und Börsenstände,<br />
nein, auf einmal ging es um Viognier und Fleur de Sel.<br />
Tja, ruck zuck sind 8 Jahre vergangen, und wir gehen jeden Tag mit Herzblut und großem Engagement aufs neue<br />
daran, und geben alles, um Ihnen, liebe Gäste, dieses besondere Erlebnis zu bieten, wie es nur die Gastronomie<br />
kann: Wie schön ist es doch, im Restaurant zu sitzen und mit seinem Gegenüber ein grandioses Menü und einen<br />
tollen Wein zu genießen, die anderen Gäste ein bisschen zu beobachten und einfach die einzigartige Stimmung<br />
eines gut besuchten Restaurants zu erfahren.<br />
Und damit Sie immer wieder eine tolle Zeit bei uns haben, tun wir auch alles dafür, dass sich unsere Mitarbeiter<br />
ebenfalls wohl fühlen. Von A wie „Apfelkuchen zum Kaffee“ bis Z wie „zusammen Sport machen“, machen wir<br />
mehr als andere. Und wir finden, das spürt und vor allem das schmeckt man. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen<br />
viel Spaß mit unserem Magazin, den Geschichten aus der Wolfshöhle und den Menschen drumherum.<br />
Ihre Manuela Weiss
Kunstraum<br />
Alexander Bürkle<br />
Metzgerei Kaltenbach<br />
14 20<br />
WEINGUT ABRIL<br />
Belsazar<br />
26<br />
Faude feine Brände<br />
Spirituosen Holderied<br />
40 46<br />
Fortis<br />
Weingut Abril<br />
52 58
CRYSTAL HEAD VODKA / OSIETRA KAVIAR
ROTE BETE IM SALZTEIG GEGART MIT GRÜNEM CURRY-JOGHURT. ANDREAS SCHOTT
IN OLIVENÖL CONFIERTER SAIBLING MIT KOPFSALATSAUCE UND SAUERTEIGBROT. CHRISTOPH SCHLÖTZER
WOLFSHÖHLE @FREIBURGER WEINFEST<br />
SCHWARZWÄLDER KIRSCH IM „FREIBURG CUP“
Sehr sinnlich,<br />
würde ich sagen<br />
Astrid Mayer und Vita Funke im Gespräch mit Julia Galandi-Pascual, Kunstraum Alexander Bürkle<br />
Andreas Ege geht gern mal in der Wolfshöhle essen, wenn<br />
er sich von seiner Arbeit als Geschäftsführer des Traditionsunternehmens<br />
Alexander Bürkle erholen möchte. Der marktführende<br />
Großhändler für Elektrotechnik ist im Freiburger<br />
Industriegebiet Nord ansässig. Auf dem weitläufigen Firmengelände,<br />
zwischen Laderampen, Europaletten, Zuggleisen<br />
und mannsgroßen Kabeltrommeln, direkt über dem Abholmarkt<br />
für Handwerker, gibt es einen höchst überraschenden<br />
Ort aus einer ganz anderen Welt. Darüber, was geschehen<br />
kann, wenn man sich für Unerwartetes öffnet, sprechen wir<br />
mit Julia Galandi-Pascual.<br />
Sie sind Kuratorin des Kunstraums Alexander Bürkle. Was<br />
genau ist Ihre Rolle hier? Ich leite diesen Kunstraum, das<br />
heißt, ich bin für die Ausstellungen und für die Pflege der<br />
Sammlung verantwortlich.<br />
Man fragt sich natürlich: Warum gibt es in einer solchen<br />
Umgebung ein Museum für zeitgenössische Kunst? Das<br />
ist ja ungewöhnlich. Das liegt an der Persönlichkeit, die<br />
es gegründet hat, Paul Ege. Er ist Seniorgesellschafter des<br />
Elektrotechnologie-Dienstleisters Alexander Bürkle, Vater<br />
von Andreas Ege, und sammelt seit Mitte der 1950er Jahre<br />
Kunst. Als er sich vor etwa 15 Jahren aus dem operativen<br />
Geschäft zurückgezogen hatte, kam die Idee auf, diese<br />
Sammlung zu präsentieren. 2004 ist dann der Kunstraum hier<br />
oben eingerichtet worden und zwar ganz bewusst auf dem<br />
Firmengelände mitten im Industriegebiet. Einerseits, weil die<br />
Fläche eben da war und sich perfekt eignet. Solche Räume<br />
bekommt man in der Freiburger Innenstadt nicht. Andererseits,<br />
weil man die Sammlung nicht nur öffentlich zugänglich<br />
machen wollte, sondern diesen Ort in den Geschäftsalltag<br />
und damit in die Unternehmenskultur von Alexander Bürkle<br />
integrieren wollte. Wir sind eben nicht nur für Kunstliebhaber<br />
da, sondern auch für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten.<br />
Es soll ein Ort der Kreativität für alle sein, an dem man mal<br />
in eine ganz andere Richtung denkt, wenn man sonst meist<br />
vor dem PC sitzt und versucht, Umsatzzahlen zu generieren.<br />
Und das wird angenommen? Sehr gut sogar! Wir möchten<br />
neugierig machen auf Dinge, die man vielleicht nicht sofort<br />
versteht, und Zugänge eröffnen: Wenn du dir etwas in Ruhe<br />
anschaust, kannst du möglicherweise eine ganz neue, nicht<br />
alltägliche Erfahrung machen.<br />
Etwas Unerwartetes erleben. Ja, unerwartet und, das wollen<br />
wir nicht ausschließen, auf den ersten Blick verwirrend, ja<br />
vielleicht sogar verärgernd. Aber es kann genauso Begeisterung<br />
und Beruhigung auslösen ...<br />
Sie zeigen ja hier abstrakte und minimalistische Kunst. Ist<br />
das nicht sehr intellektuell? Zunächst sehr sinnlich, würde<br />
ich sagen, auch wenn es um die konzeptuelle Frage geht:<br />
Was ist eigentlich Malerei, wenn sie nichts abbildet? Die Antwort<br />
ist ziemlich simpel: Zunächst einmal Farbe, die in einer<br />
bestimmten Weise auf einen Träger aufgetragen wird. Die<br />
Ergebnisse dagegen sind vielschichtig, aber niemals intellektuell.<br />
Sehr konzentriert und in enormer Bandbreite. Wir<br />
erwarten immer, dass wir etwas auf einem Bild erkennen, dagegen<br />
ist hier die Qualität bewusst eine ganz andere.<br />
Ich habe von einer Führung hier gelesen und den Reaktionen<br />
der Besucher. Manche sagen: Ha, das kann ich doch<br />
auch, das ist doch keine Kunst! Nicht alle lassen sich darauf<br />
ein, oder? Uns ist wichtig, hier eine Atmosphäre zu schaffen,<br />
in der man genau das kann: sich einlassen. Dabei darf<br />
man am Anfang durchaus verstört sein, zum Beispiel von monochromer,<br />
einfarbiger Malerei: Was soll das? Was hat das<br />
mit mir, mit der Welt zu tun?<br />
15
ANDREAS EGE UND JULIA GALANDI-PASCUAL, KUNSTRAUM ALEXANDER BÜRKLE
Ich erinnere mich an eine schwarze Arbeit von Günter Umberg,<br />
die eine sehr samtige Oberfläche aus reinem Pigment<br />
zeigt, auf der absolut nichts Gegenständliches zu erkennen<br />
ist, sondern die reine Farbe ... da kam bei einer öffentlichen<br />
Führung jemand und sagte, damit könne er nun wirklich<br />
überhaupt nichts anfangen. Wie man sich so etwas aufhängen<br />
könne! Da war auch eine gewisse Aggression spürbar,<br />
die nachvollziehbar ist, wenn man eine völlig andere Erwartung<br />
an Bilder hat. Ich bin aber trotzdem überzeugt davon,<br />
dass der Zugang zu dieser Kunst für jeden möglich ist, der<br />
sich darauf einlässt, hinzuschauen. Und wir sehen unsere<br />
Aufgabe darin, zu dieser erweiterten Wahrnehmung hinzuführen.<br />
Natürlich muss nicht jedem alles gefallen, was hier<br />
hängt.<br />
Es ist eine private Sammlung, das darf man nicht vergessen.<br />
Auch wenn sie 2008 in die Ege Kunst- und Kulturstiftung<br />
übergegangen ist: Grundlage war und ist der Geschmack<br />
eines Einzelnen und seiner Frau.<br />
Gab es denn auch Situationen, wo Sie den Eindruck hatten:<br />
Hier hat jemand etwas erkannt? Ja, das kommt fast<br />
immer vor. Indem wir mit den Besuchern mögliche Fragen an<br />
solche Bilder formulieren: Ist es wirklich nur eine einzige Farbe?<br />
Wie ist die Farbe aufgetragen? Was nehme ich wie wahr?<br />
Das sind Entdeckungsreisen, die diese Bilder anbieten. Und<br />
man darf diesen Bildern gern selbstbewusst gegenüberstehen.<br />
Manche trauen sich vielleicht gar nicht, sich zu äußern,<br />
weil sie Angst haben, sie könnten etwas Dummes sagen.<br />
Aber diese Bilder haben zunächst keine Aussage über das<br />
hinaus, was man sieht, kein richtig oder falsch. Da ist keine<br />
Vorstellung von der Welt dahinter, keine politische Ansicht.<br />
Es geht darum, den Betrachter auf seine eigene Wahrnehmung<br />
zurückzuführen. Und dafür ist die Neugierde ein wichtiger<br />
Motor.<br />
Es ist wahrscheinlich nicht einfach, diese Eindrücke in<br />
Worte zu fassen. Es stimmt, die Eindrücke und Emotionen,<br />
die hier ausgelöst werden, sind unter Umständen sprachlich<br />
nicht leicht zu fassen. Weil es in dem Sinne nichts Gegenständlich-Narratives<br />
gibt, sondern um ganz fundamentale<br />
Seh-Erfahrungen geht, die höchst individuell sind.<br />
Für so was muss man aber Zeit haben. Mitten am Tag Farben<br />
anschauen ... Generell wird in der Tat diskutiert, ob Museen<br />
überhaupt noch Sinn machen in einer Zeit, in der alle<br />
Bilder ständig verfügbar sind. Aber genau das ist der Punkt:<br />
Nur an einem solchen Ort wie dem Kunstraum Alexander<br />
Bürkle ist eine andere Qualität der Wahrnehmung von Bildern<br />
möglich: im Hier und Jetzt, die Betrachtung ...<br />
Anhalten, entschleunigen, funktionsentleerte Tätigkeit?<br />
Genau das. Paul Ege sagt: Ich war als Unternehmer den<br />
ganzen Tag atemlos unterwegs. Wenn ich nach Hause kam,<br />
wollte ich nichts Anstrengendes mehr an der Wand hängen<br />
haben, sondern ich wollte diesen Moment der Stille, des<br />
Meditativen. So kam er zur Farbfeldmalerei. Hinzu kommt:<br />
Er war am grauen Star erkrankt und hat nur noch Kontraste<br />
erkannt. Dann wurde er operiert und konnte auf einmal wieder<br />
Farben sehen! In dieser Zeit gab es in Badenweiler eine<br />
Galerie, die sich auf Farbfeldmalerei spezialisiert hatte. Da<br />
ist er hin – und das war der clash! Farben, Farben, Farben!<br />
Zwischenzeitlich hat sich die Sammlung aber über die<br />
monochromen Bilder hinaus erweitert, oder? Ja, wir haben<br />
auch neue Medien aufgenommen, Video, Fotografie, da sind<br />
Arbeiten dabei, die für unsere Verhältnisse eher „laut“ sind.<br />
Historischer Bezugspunkt unserer Sammlung ist außerdem<br />
die Minimal Art. Aus diesem Fundus machen wir drei Ausstellungen<br />
pro Jahr. In der Regel waren dies bisher thematische<br />
Gruppenausstellungen, aber in diesem Jahr haben wir<br />
eine sehr erfolgreiche und gute besuchte Einzelausstellung<br />
ausgerichtet mit Arbeiten des amerikanischen Künstlers Phil<br />
Sims, einem der Hauptvertreter der sogenannten Radikalen<br />
Malerei. Die nächste Ausstellung „Für die Ewigkeit“ – wieder<br />
eine Gruppenausstellung – beschäftigt sich mit archivarischen<br />
Strategien in der Kunst und wird unter anderem Arbeiten<br />
von Hanne Darboven und On Kawara zeigen. Sie beginnt<br />
im Oktober und läuft bis Februar 2018.<br />
Wissen Sie was? Ich finde, diese Bilder haben Ähnlichkeit<br />
mit dem Essen in der Wolfshöhle. Wir haben da zum Beispiel<br />
mal Kalbstartar im Knochen serviert bekommen. Gegen<br />
sowas kann man auch sich sträuben, das kann manch<br />
einem erst einmal fremd sein. Den Menschen neue Erfahrungen<br />
bieten, die nicht unbedingt ziel- und zweckgerichtet<br />
sind, das finde ich ganz wichtig. Da gibt es vielleicht wirklich<br />
Parallelen. Das beginnt schon bei der Speisekarte der<br />
Wolfshöhle: Man hat die Erwartung, dass man genau gesagt<br />
bekommt, was es zu essen geben wird. Und dann stehen<br />
da „nur“ die Zutaten. Beim Reinkommen kann man Skepsis<br />
empfinden, aber auch Neugier und eine Art Aufregung. Und<br />
beim Rausgehen stellt man fest: Ich habe etwas erlebt. Neu<br />
und überraschend. Und, nebenbei, höchstwahrscheinlich delikat.<br />
Nur wer sich öffnet, kann Erfahrungen machen.<br />
19
Raisonable!<br />
Astrid Mayer und Vita Funke im Gespräch mit Wolfgang Kaltenbach, Metzgerei Kaltenbach in Schallstadt<br />
Man würde von einem bodenständigen Metzger nicht unbedingt<br />
erwarten, dass er Beifall klatscht, wenn die Kantine<br />
im Freiburger Rathaus die Fleischportionen verkleinert. Aber<br />
genau das macht Wolfgang Kaltenbach aus Schallstadt. Auch<br />
beim Thema Geflügel findet er: lieber weniger. Dafür besser.<br />
Zum Beispiel mit Zulieferern wie Klaus Rebmann aus Stegen.<br />
Mit wem arbeiten Sie zusammen, wenn es um Geflügel<br />
geht? Wir kaufen alles, was uns aus der Regio angeboten<br />
wird, vor allem das Geflügel vom Klaus Rebmann in Stegen<br />
im Dreisamtal. Dafür haben wir einen guten Kundenstamm.<br />
Auch die gehobene Gastronomie der Umgebung bestellt<br />
Rebmanns Geflügel bei uns. Für das anspruchsvolle Alltagsgeschäft<br />
im Laden und für Kantinen und Großaufträge arbeite<br />
ich schon seit 20 Jahren mit Bruno Siebert im Elsass<br />
zusammen. Seine Qualität und vor allem die Vielfalt seines<br />
Geflügels sind sehr hoch und die Preise normal. Aber was<br />
der Rebmann macht, ist nochmal eine Stufe darüber.<br />
Inwiefern? Ach, da laufen die Gänse und Enten draußen auf<br />
der Wiese herum und hundertmal den Berg rauf und runter,<br />
das sieht man ihnen an. Und das merkt man natürlich auch<br />
auf dem Teller. Manchmal kommen Fahrradfahrer vorbei, sehen<br />
die Gänse auf der Weide und suchen sich eine aus. Klaus<br />
Rebmann hat auch ein kleines, zertifiziertes Schlachthaus auf<br />
dem Hof. Man kann also über uns das Geflügel direkt vom<br />
Hof beziehen.<br />
Was hat der denn alles? Klaus Rebmann bewirtschaftet 20 ha<br />
Acker und 10 ha Grünland. Dort leben 10 Rinder, 60 Schweine,<br />
900 Gänse, 300 Enten und 200 Hühner und Perlhühner.<br />
Die Gänse haben allein 3 ha für sich. Die sind mit den Enten<br />
− „dänische Enten“ heißt die Rasse übrigens – tagsüber<br />
draußen, nachts müssen sie in den Stall, damit der Fuchs sie<br />
nicht holt. Die Gänse sind deutsche Hafermast-Gänse, robuste<br />
und genügsame Arten, die auch bei Kälte noch draußen<br />
sein können.<br />
Die Wachteln hat er in einem großen Stall und die Hühner<br />
im ehemaligen Schweinestall mit riesig viel Platz, überhaupt<br />
nicht zu vergleichen mit Massenbetrieben. Entscheidend für<br />
die Qualität des Bratens ist ja weniger die Rasse der Tiere,<br />
sondern vielmehr die Haltung. Nur wenn sie genügend Bewegung<br />
haben, können sich die Muskeln natürlich aufbauen<br />
und entsteht gutes, kerniges und schmackhaftes Fleisch.<br />
WOLFGANG KALTENBACH UND KLAUS REBMANN<br />
20
Wie groß lässt er die Tiere werden? Er schlachtet die Hühner<br />
erst, wenn sie etwa zweieinhalb Kilo haben, so mit 80<br />
Tagen. Die Perlhühner haben wir Anfang September bekommen<br />
und werden sie im November schlachten. Die haben<br />
dann etwa zwei Kilo, ein Perlhuhn aus der Massenhaltung hat<br />
etwa 800 Gramm. Auch die Enten: zweieinhalb Kilo. Wenn<br />
der Stall leer ist, hält er immer so für drei, vier Wochen Stallruhe.<br />
In dieser Zeit machen wir den Rundruf bei den Gastronomen:<br />
Wer hat Interesse an was? Anschließend stallen wir<br />
je nach Bestellungen ein.<br />
Also, der Rebmann füttert auf Bestellung? Genau. Und<br />
wichtig: Das ist keine Mast. Die Tiere können fressen, was<br />
sie wollen. Manchen überzüchteten Tieren ist das normale<br />
Fressverhalten ja verlorengegangen. Das wollen wir nicht.<br />
Woher bekommt er die Küken? Und wissen Sie etwas über<br />
die Lebensbedingungen der Elterntiere? Auch die Elterntiere<br />
leben draußen, auf einem Hof in Norddeutschland,<br />
den hat der Rebmann ausgesucht. Solche Tiere sind einfach<br />
leistungsfähiger und widerstandsfähiger gegen Krankheiten<br />
oder Wetterschwankungen. Wie sollten unter widernatürlichen<br />
Bedingungen gehaltene, kranke Tiere gesunde Nachkommen<br />
haben?<br />
Geht das alles an die gehobene Gastronomie? Nein, wir<br />
verkaufen das Rebmann-Geflügel auch im Laden. Klar: Wenn<br />
ich so einen Guller mit zweieinhalb Kilo auf die Waage lege<br />
... nicht jeder Kunde will 14 Euro für das Kilo ausgeben. Am<br />
Tiefkühlregal im Discounter kostet das Kilo 3,95. Sowas haben<br />
wir gar nicht, aber bei uns gibt es auch verschiedene<br />
Qualitätsstufen. Für ein Rebmann-Huhn muss man dem Kunden<br />
natürlich Argumente liefern.<br />
Was sagen Sie dann den Leuten? Lebensdauer: 80 Tage statt<br />
20 Tage. Freilaufend. Schwarzwaldhuhn. Hofeigenes Futter.<br />
Nicht geimpft. Sie werden sehr gut betreut, der Rebmann<br />
macht ihnen am Morgen den Laden auf, dann marschiert das<br />
Geflügel raus auf die Wiese. Ihm macht es Spaß, uns macht<br />
es Spaß ...<br />
Und den Köchen wahrscheinlich auch? Oh ja. Der Sascha<br />
Weiss war mit seinen zwei Küchenchefs dort, die haben sich<br />
den Hof angeschaut und waren so begeistert, dass sie gleich<br />
50 Perlhuhn-Kapaune fürs Weihnachtsgeschäft vorbestellt<br />
haben.<br />
Werden auch Innereien verwertet? Ja, sicher. Die Leber für<br />
Füllungen. Aus den Herzen machen türkische Restaurants<br />
sehr schöne Gerichte.<br />
Aber ein Bio-Hof ist der Rebmann nicht, oder? Im Prinzip<br />
entspricht die Tierhaltung und Fütterung mit hofeigenem<br />
Mais, Weizen und Gerste den Bio-Richtlinien, aber die Zertifizierung<br />
ist sehr aufwendig und kostet richtig Geld. Ich finde,<br />
wichtig ist, dass man hinfahren und sich das alles angucken<br />
kann. Im Französischen würde man das als „raisonable“ bezeichnen,<br />
vernünftig. Alles regional, die Tiere werden anständig<br />
behandelt, alles wird verwertet, nichts wird lange in der<br />
Gegend herumgefahren ... aber im Deutschen gibt es kein<br />
Label dafür. Müsste man erfinden.<br />
Würden Sie sich wünschen, dass die Leute lieber weniger<br />
und dafür besseres Fleisch essen würden? Wenn da ein<br />
Foodbeauftragter zum Beispiel von einer Klinik kommt und<br />
sagt, ich muss Frühstück, Mittagessen und Abendessen für<br />
4,25 Euro hinbekommen, dann ist doch klar, dass er nur Massenware<br />
kaufen kann. Da verzweifelt auch der Koch. Denen<br />
müsste man sagen: Macht einfach weniger! Macht kleinere<br />
Portionen! Macht nicht jeden Tag Fleisch! Das neue Rathaus<br />
in Freiburg hat die Richtung geändert: Die haben die Fleischportionen<br />
von 150 auf 120 Gramm heruntergesetzt, aber sie<br />
kaufen dafür eine bessere Qualität. Und es gibt nur drei Mal<br />
die Woche Fleisch, außerdem jeden Tag ein vegetarisches<br />
Gericht. Ehrlich, damit hab ich keinen Schmerz! Wenn ich die<br />
Zustände in der Massenhaltung sehe, wird mir schlecht.<br />
25
A plus B gibt was<br />
ganz Neues: Die Alchemie<br />
des Vermouths<br />
Astrid Mayer und Vita Funke im Gespräch mit Maximilian Wagner, Belsazar<br />
Was kommt dabei heraus, wenn drei junge Männer voller Begeisterung<br />
eine gute Idee mit Kräutern und Gewürzen in Alkohol<br />
mazerieren, badischen Wein hinzufügen und das Ganze<br />
in Flaschen füllen? Maximilian Wagner, Sebastian Brack<br />
und Philipp Schladerer sind Belsazar, und Belsazar ist eine<br />
überzeugende Neuinterpretation der Kategorie Vermouth in<br />
vier verschiedenen Varianten: White, Red, Rosé und Dry. Wer<br />
den Vermouth probiert, wird vom Geschmack überrascht<br />
und begeistert sein. Und wer sich mit Max Wagner unterhält,<br />
versteht, worin das Geheimnis von Belsazar Vermouth liegt:<br />
Wertschätzung für Tradition und Handwerk, Leidenschaft,<br />
Geduld und beste Rohstoffe. Aus solchen Zutaten machen<br />
Alchemisten Gold. Die drei von Belsazar machen daraus Vermouth.<br />
Wo ging das eigentlich los mit Belsazar? Ganz salopp gesagt:<br />
In der Küche bei Schladerer in Staufen. Sebastian Brack<br />
kam 2013 mit der Idee auf mich zu und ich war gleich Feuer<br />
und Flamme. Bei Gin, Wodka oder Whisky gibt es tausende<br />
Marken. Bei Vermouth sind es sehr viel weniger. Das hat<br />
uns gereizt und war gleichzeitig die Herausforderung. Unsere<br />
finanziellen Mittel waren ja auch beschränkt. Wir mussten<br />
also irgendwas Besonderes machen. Klar war: Wir brauchen<br />
guten Wein und wir brauchen jemanden, der den Vermouth<br />
für uns produziert. Philipp Schladerer hatte die Ausrüstung in<br />
seiner Brennerei und die Region den Wein. Also haben wir<br />
Weine aus der Gegend liefern lassen, uns bei Schladerer in<br />
der Küche getroffen und angefangen zu mazerieren.<br />
Das klingt ja einfach ... Ist es aber nicht. Das Interessante<br />
am Vermouth ist ja die perfekte Kombination aus Wein,<br />
Kräutern und Gewürzen. Da tut sich eine ganze Welt auf<br />
und beim Vermouth kommt noch die riesige Vielfalt regionaler<br />
Weine dazu. Deshalb haben wir hier in der Küche erstmal<br />
ein ganzes Jahr damit verbracht, unsere Rezepturen zu<br />
entwickeln. Unser süßer White ist das erste Nebenprodukt,<br />
wenn man so will. Wir haben keinen Zucker verwendet, sondern<br />
mit Spätlesen experimentiert wie z. B. Gewürztraminer<br />
und Muskateller. Beim Rosé kam der Winzer Fabian Zähringer<br />
mit Vorschlägen auf uns zu. Im Herbst 2013 sind wir mit<br />
unseren Prototypen auf die Barmesse in Berlin gegangen<br />
und haben Feedback von der großen Menge gesammelt.<br />
Und was kam da an Rückmeldungen zurück? Die Bitternoten<br />
waren ein großes Thema; die sind auch am einfachsten<br />
wahrnehmbar. Auch die Fruchtigkeit wurde diskutiert und<br />
natürlich das Thema Wein. Es kamen aber auch Wünsche<br />
nach mehr Trockenheit im Mund, mehr Adstringenz. Das<br />
Feedback war sehr hilfreich für uns und wir konnten dann<br />
nachjustieren. Wir haben Belsazar auch an der Bar testen lassen,<br />
denn ein Vermouth soll ja nicht nur pur funktionieren,<br />
sondern auch in Drinks. Es war echt schwierig, zu einem Ende<br />
zu kommen und sich für eine finale Variante zu entscheiden.<br />
Man kann im Grunde ewig weitermachen. Jede Zutat hat ihren<br />
eigenen Charakter, und wenn man sie kombiniert, ergibt<br />
es etwas Neues. A plus B ist nicht AB, sondern C. Und das ist<br />
auch das Faszinierende. Aber am Ende des Tages muss man<br />
irgendwann auch mal sagen: Das ist er jetzt, so machen wir<br />
ihn. Punkt.<br />
Sie haben vom Süßen geredet: Woher bekommen Sie<br />
denn den Zucker für den Roten? Beim Pinot Noir gibt es<br />
ja normalerweise keine Restsüße? Die Süße steuern wir<br />
über Süßreserven, also Weine, die sehr spät geerntet werden<br />
und so viel Restzucker haben, dass der gar nicht mehr<br />
vergären kann. Unterstützend versetzen wir die Süßreserven<br />
zum Aufspritten sofort mit Weinbrand aus dem Eichenfass<br />
und schließen sie in geschmacksneutralen Edelstahltanks<br />
ein, da gärt nix mehr.<br />
26
MAXIMILIAN WAGNER, BELSAZAR
Denn Vermouth muss mindestens 14,5% Alkohol haben, und<br />
so viel Volumenprozent bringen unsere Weine ja nicht von<br />
alleine. Generell steuern wir so die Süße unserer Vermouths,<br />
anstatt mit reinem Zucker zu arbeiten. Wenn man z. B. unseren<br />
White mit 180g Zucker versetzen würde, würde das ein<br />
ganz klebriges Mundgefühl ergeben. Stattdessen verwenden<br />
wir die beschriebenen Süßreserven, denn dort ist die<br />
Süße in die Frucht eingebunden und das fühlt sich im Mund<br />
ganz anders an.<br />
Nehmen Sie nur Weinbrände oder auch andere Brände?<br />
Wir benutzen auch andere Obstbrände. Welche genau das<br />
sind, sag ich jetzt aber nicht. Das bleibt unser Geheimnis.<br />
Aber bezüglich hocharomatischer und qualitativ erstklassiger<br />
Obstbrände sitzen wir bei Schladerer natürlich direkt an der<br />
Quelle.<br />
Und Zuckercouleur? Benutzen wir auch nicht. Eher verwenden<br />
wir Karamell. Unser Red zum Beispiel hat ein wunderbares<br />
Aroma von Tonkabohne, Vanille und Kirschen. Wenn<br />
ich dann noch ein bisschen Karamell zugebe, dann dunkelt<br />
das Ganze nach und bringt auch noch schöne Röstaromen<br />
mit rein.<br />
Jetzt mal grundsätzlich: Was ist denn eigentlich ein moderner<br />
Vermouth? Ich finde, wesentlich ist die Wertschätzung<br />
der einzelnen Zutaten. Wenn ich ein Produkt habe, das<br />
zu 75 Prozent aus einer Zutat besteht, in unserem Falle Wein,<br />
dann nehme ich doch einen guten Wein. Für einen trockenen<br />
Vermouth brauche ich einen frisch-fruchtigen Gutedel, nicht<br />
zu komplex und mit wenig Säure. Wenn ich einen aromenreichen<br />
Vermouth will, nehme ich einen Gewürztraminer. Und<br />
so weiter.<br />
Für viele Winzer und Sommeliers ist Vermouth allerdings ein<br />
rotes Tuch gewesen. Die haben uns vom Hof gejagt, als wir<br />
sie nach Wein für unseren Belsazar anfragten. Absolut verständlich:<br />
Wenn man Vermouth für 4,99 aus dem Discounter<br />
kennt, was für ein Wein kann da die Basis sein? Klar, dass die<br />
Winzer erstmal skeptisch waren, als wir auf sie zukamen. Und<br />
die Vorbehalte gegenüber Vermouth spüren wir auch heute<br />
noch. Wenn wir Ausschank haben und ich frage: „Wollen Sie<br />
mal einen Vermouth probieren?“, dann heißt es oft: „Bloß<br />
nicht das süße Zeug, da bekommt man Kopfschmerzen von<br />
und was nicht alles.“ Als „Badischer Weinaperitif“ kommt<br />
das schon anders an. Deshalb mische ich z. B. den Rosé mit<br />
Tonic. Das ist ein schöner leichter Drink, ein perfekter Aperitif.<br />
Dann sind die Leute auf einmal überrascht und offen. Und<br />
geben ihn auch nicht zurück. Scheint also, dass wir irgendwas<br />
richtiggemacht haben.<br />
Welche Botanicals bzw. Drogen benutzen Sie für Ihren<br />
Belsazar? Wir haben uns für zwanzig verschiedene Drogen<br />
entschieden und kombinieren sie unterschiedlich. Nicht alle<br />
Drogen passen zu den Grundstrukturen der Weine, die wir<br />
nehmen. Zitrusnoten kommen überall vor. Tonkabohne ist<br />
nur im Roten drin. Vermouthkraut muss natürlich in allen vier<br />
Sorten sein.<br />
Ich habe gehört, dass der Rote als relativ bitter gilt. Ja, das<br />
stimmt. Unser Red polarisiert. Er ist der würzigste Belsazar<br />
und setzt sich auch in den Drinks am stärksten durch. Nehmen<br />
Sie z. B. den Klassiker Negroni: zu gleichen Teilen Gin,<br />
Campari und roter Vermouth. Da gab es bisher halt nicht viel<br />
Auswahl beim Vermouth. Nimmt der Bartender jetzt unseren<br />
Red, schmeckt der Drink ganz anders. Viele kreative Barmixer<br />
finden das super und zaubern mit dem Belsazar Red<br />
ganz neue Drinks. Gin und Belsazar Rosé passen auch hervorragend<br />
in einen Martini-Cocktail: James Bond hätte seine<br />
Freude! Oder Rosé im Secco: traumhaft!<br />
Und wie genau ist die Zusammenarbeit mit Schladerer?<br />
Schladerer produziert für uns und bietet uns gute Möglichkeiten,<br />
betriebswirtschaftlich sinnvoll zu arbeiten. Philipp<br />
Schladerer ist seit 2010 Geschäftsführer. In sechster Generation,<br />
ein traditionsreiches inhabergeführtes Familienunternehmen.<br />
Von Sixtus Balthasar Schladerer, dem Gründer der<br />
Schwarzwaldbrennerei, haben wir übrigens auch den Namen:<br />
Sixtus Balthasar fanden wir extrem cool. Und die Grundform<br />
von Balthasar ist Belsazar. Das gefiel uns, macht neugierig<br />
und funktioniert auf deutsch, englisch, französisch. Die Zusammenarbeit<br />
mit Schladerer und auch mit unseren Winzern<br />
aus dem Kaiserstuhl und dem Markgräflerland ist sehr persönlich.<br />
Alle haben einen sehr hohen handwerklichen Qualitätsanspruch.<br />
Das passt perfekt zu unserer Philosophie.<br />
Wie viel haben Sie denn letztes Jahr produziert? Wir haben<br />
über 200.000 Flaschen produziert. Und wir bauen gerade<br />
weiter aus. In Bischoffingen bekommen wir bald eigene<br />
Reben nur für uns. Das ist super, denn dadurch fassen wir in<br />
der Region noch mehr Fuß und fangen nun auch an, unsere<br />
Rohstoffe selbst zu produzieren.<br />
Kommt jetzt nach dem Gin-Hype der Vermouth-Hype? Ich<br />
hoffe schon ... Wir arbeiten jedenfalls dran.<br />
31
Unsere Spezialität:<br />
Genussvolle Momente in mehreren Gängen.<br />
Erleben Sie den Porsche 911 GT3.<br />
Bei uns im Porsche Zentrum Freiburg. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.<br />
Porsche Zentrum Freiburg<br />
Graf Hardenberg<br />
Sportwagen GmbH<br />
Basler Straße 94<br />
79115 Freiburg<br />
Tel. 0761 4902-911<br />
www.porsche-freiburg.de<br />
Kraftstoffverbrauch (in l/100 km): innerorts 19,7–19,4 · außerorts 8,8 · kombiniert 12,9–12,7; CO 2<br />
-Emissionen kombiniert 290–288 g/km<br />
TRADITION UND MODERNE, CASUAL TRIFFT FINE DINING. MANUELA WEISS
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BALFEGO THUNFISCH MIT WASSERMELONE, INGWERMAYO UND DILLBLÜTEN
MELONEN-BLAUBEERSALAT MIT PISTAZIENBISQUIT UND JOGHURTEIS. MARTINO PARENTE
Gurke schmeckt wie Gurke<br />
Astrid Mayer und Vita Funke im Gespräch mit Florian Faude, Faude feine Brände in Bötzingen<br />
Wenn Asterix eine Frage an Miraculix hat, findet er ihn<br />
meistens sinnierend vor dem Kupferkessel. Wir haben ein<br />
paar Fragen an den Bötzinger Edelbrenner Florian Faude,<br />
schnuppern uns über den Hof in seine Halle hinein und holen<br />
uns auf dem Weg allein vom Atmen einen seligen kleinen<br />
Schwips. Tatsächlich: Florian Faude steht sinnierend am Kupferkessel<br />
und betrachtet durch ein kleines Bullauge das Blubbern<br />
und Dampfen eines Kirschgeistes. Das Ganze macht einen<br />
auffallend entspannten Eindruck, und sein Blick auf den<br />
Kessel hat etwas Väterliches, wie bei Miraculix. Liegt es an<br />
den aromatischen Partikeln in der Luft, dass man hier auf solche<br />
Schnapsideen kommt ... Geist aus Rote-Beete, Gurken<br />
oder Fichtensprossen destillieren und sowas? Ist der Mann<br />
ein Träumer oder ein Handwerker?<br />
Sieht schön aus, Ihre Anlage. Danke. Ist auch ganz neu. Vorher<br />
hatte ich eine kleinere. Ich bin 33. Ich will noch eine ganze<br />
Weile brennen.<br />
Das ist ja ein richtig geheimnisvoller Vorgang in diesem<br />
Kessel. Wie macht man das, den „Geist“ einer Frucht<br />
erfassen? Das Essentielle einer Pflanze, ihr Aroma, entsteht<br />
während der Reife. Man gewinnt den Saft oder die<br />
Maische und lässt sie mit Hefe vergären. Der Fruchtzucker<br />
verwandelt sich in Alkohol und Kohlensäure. Wenn man<br />
das Ganze am Ende dann noch einmal durch Destillation<br />
konzentriert, löst man sozusagen die Seele dieser Frucht,<br />
dieses Baumes oder dieses Ackers heraus. Sie müssen<br />
aber begrifflich zwischen Geist und Brand unterscheiden.<br />
Wenn Sie einen Geist machen, wird die Frucht mit Alkohol<br />
angesetzt und dann destilliert. So entsteht Himbeergeist<br />
oder Gin oder Kümmel oder was auch immer, da gibt es Rezepte.<br />
Und was wäre dann ein Brand? Brand oder Wasser ist das<br />
Gleiche, zum Beispiel Kirschwasser oder Williams. Da entsteht<br />
der Alkohol beim Vergären des Fruchtzuckers. Die<br />
Flüssigkeit, die dabei entsteht, wird destilliert. Aber ich glaube,<br />
Sie meinen mit „Geist“ eher den Geschmack, der sich<br />
sozusagen von der Materie der Frucht lösen lässt? Das sind<br />
einfach die konzentrierten Geschmacksmoleküle, für die der<br />
Alkohol als Geschmacksträger dient.<br />
Es kommt also im Grunde auf das Rohmaterial an. Genau.<br />
Die Kunst des Schnapsbrennens beginnt nicht beim Brennen,<br />
sondern bei der Maische, bei der Fermentation. Man<br />
kann noch so einen tollen Herd haben: Nur aus gutem Ausgangsmaterial<br />
kommt was Gutes heraus. Wenn man zum<br />
Brennen auch schadhafte oder unreife Früchte nimmt, die<br />
für nichts anderes mehr taugen, kann man daraus höchstens<br />
einen billigen Obstler machen. Ich bin ja hier in der Region<br />
aufgewachsen, war fünf Jahre in Südbaden als Winzer,<br />
Betriebshelfer, auf Winzerhöfen und Obstbaubetrieben unterwegs.<br />
Da kenne ich fast jeden Baum und alle Leute und<br />
bekomme richtig gutes Obst, das ich mir selbst aussuche<br />
und das genau zum richtigen Zeitpunkt geernet wird, vollreif,<br />
gewaschen, sortiert, ohne Blätter, ohne Stiele, ohne<br />
faule Stellen. Wir leben hier im Kaiserstuhl in Baden in einer<br />
besten Regionen für Obstbau überhaupt, die ist geradezu<br />
prädestiniert zum Brennen.<br />
41
FLORIAN FAUDE, FAUDE FEINE BRÄNDE
Wie viel Schnaps kann man aus Obst gewinnen? Wenn Sie<br />
Kirschen als Beispiel nehmen: Aus 600 Litern Maische werden<br />
etwa 50 Liter reiner Alkohol und daraus 250 Halbliterflaschen<br />
mit 40 % Alkohol.<br />
Und wie funktioniert das Brennen nun eigentlich genau?<br />
Im Prinzip ähnlich wie Wein machen, nur arbeitet man mit<br />
der ganzen Frucht, nicht nur mit dem Saft. Also: Man lässt<br />
die Maische gären – dazu braucht man schon einige Erfahrung<br />
– und brennt sie einmal. Das gibt den Rohbrand. Der<br />
ist noch unrein. Beim zweiten Brennen, dem Feinbrand, reinigt<br />
sich der Alkohol von den Gär-Nebenprodukten, Estern,<br />
Aceton, Essigsäuren usw., und reichert sich zugleich mit anderen<br />
Aromen an. Das erste und das fuselige letzte Destillat<br />
vom Feinbrand muss man abtrennen und wegschütten:<br />
Der Vorlauf besteht aus leicht flüchtigen Komponenten und<br />
schmeckt wie Nagellackentferner. Dann kommt der Mittellauf,<br />
in dem sich die Aromen perfekt mischen. Je länger man<br />
weiter destilliert, umso fettiger wird der Alkohol. Das ist der<br />
Nachlauf – ungenießbar. Ach, da gibt es eine Menge Kniffe.<br />
Ist ja nicht umsonst eine Kunst. Eben. Man muss zum Beispiel<br />
abwägen, ob man Kerne drinlässt und wie viele, also<br />
ob man Bitterstoffe und Mandelaromen möchte und wie viel<br />
davon. Da geht es dann an die Rezepte, die Erfahrung, die<br />
persönliche Handschrift. Morgen bekomme ich Aprikosen<br />
aus dem Markgräfler Land, das mache ich zum ersten Mal ...<br />
da müssen auf jeden Fall die Kerne raus, sonst schmeckt mir<br />
das zu stark nach Bittermandel. Bei Kirschen oder Zibärtle ist<br />
das anders, da mag ich den Mandelgeschmack.<br />
Man braucht auch Geduld zum Brennen, oder? Ja. Ich<br />
habe einerseits natürlich viel zu tun. Mein erster Kessel hatte<br />
80 Liter, dieser jetzt hat 400 ... aber man muss auf dem<br />
Boden bleiben. Zum Verpacken habe ich zwei Helferinnen<br />
eingestellt, sonst mache ich alles allein, die Vermarktung, die<br />
Produktion. Aber manchmal sitze ich auch eine halbe Stunde<br />
einfach vor dem Kessel und warte und beobachte und reguliere.<br />
Meine Produktion ist nicht voll automatisiert. Ich zeige<br />
meine Produkte auch gern, fahre zu Gastronomen, Händlern,<br />
Messen, Märkten. Mir macht das alles Spaß und die Nachfrage<br />
ist da. Mein Vertriebsnetz erstreckt sich inzwischen über<br />
Berlin, Hamburg, Basel, Zürich, Bremen bis nach London.<br />
Apropos Hamburg: Ich war ganz schockiert, dass Sie auch<br />
Kümmel brennen. Klar, als Kaiserstühler so ein typisch norddeutsches<br />
Produkt ... aber ich mag Kümmel eben. Ich bin<br />
über so ein Rezept aus den 50ern gestolpert, mit Sternanis<br />
und Fenchel – und 300g Zucker pro Liter! Ich hab’s ein bisschen<br />
umgemodelt auf 10g pro Liter.<br />
Kann man denn wirklich alles brennen? Alles außer Holz.<br />
Gebrannter Weizen schmeckt wie Weißbrot, Roggen wie<br />
Schwarzbrot, Gurke wie Gurke, Hering wie Hering. Man kann<br />
alles probieren. Aber bei Fleisch würde ich die Reißleine ziehen.<br />
Kirschen eignen sich übrigens optimal zum Brennen.<br />
Die zarte Haut platzt beim Reifen oft auf, und dann gären die<br />
von ganz allein. Quitten sind schwieriger, weil sie so trocken<br />
sind.<br />
Machen Sie auch Mischungen? Blends? Ach nein, ich hab<br />
auch so schon genug. Rote Beete und Gurke sind witzig.<br />
Gemüse machen noch nicht so viele, aber das ist sehr interessant<br />
und gerade richtig hip. Wenn Sie 3cl Gurkengeist<br />
mit Tonic auffüllen und eine Scheibe Zitrone reintun, haben<br />
Sie einen super Sommer-Apéro. Dieses Jahr experimentiere<br />
ich auch mit Getreide, kein Single Malt Highland Schnick<br />
Schnack, sondern fassgelagerten Whiskey aus Bötzinger Getreide.<br />
Klingt gut. Verraten Sie uns noch ein Rezept? Na gut. Im<br />
Crackers in Berlin machen sie den Berlin Beetroot aus 3cl<br />
Wodka, 2cl Rote-Beete-Geist, 2cl Wassermelonen-Püree, Rote-Beete-Saft<br />
und 1cl Lime Juice. Shaken und in einem Cupette<br />
doppelt abseihen. Mit Barkeepern zu arbeiten, macht<br />
richtig Spaß.<br />
Denken Sie sich auch Rezepte aus? Nein. Schuster, bleib bei<br />
deinen Leisten!<br />
44
Der Atem der Fässer<br />
Vita Funke und Bernd Stählin im Gespräch mit Frank Ernst, Spirituosengeschäft Holderied<br />
Wenn man in die Herrenstraße in der Freiburger Altstadt<br />
einbiegt, könnte man den Laden glatt übersehen: Tabakwaren<br />
Holderied, Inhaber Frank Ernst. Außen eher unauffällig,<br />
innen aber spektakulär: Sein Sortiment ist ein Eldorado für<br />
Freunde des Whiskys, Rums und Gins. Nebenbei führt er Zigarren,<br />
Zigarillos, Zigaretten, Zeitschriften und eine Lottoannahmestelle.<br />
Und Flaschen im Schaufenster. Ziemlich viele ... Man bleibt<br />
stehen. Man geht mal rein. Die Schwelle ist gar nicht hoch,<br />
man könnte auch einfach mit einer Zeitung wieder verschwinden.<br />
Oder sich mit dem ruhigen Menschen hinter der<br />
Theke unterhalten und feststellen, dass man in einem Laden<br />
gelandet ist, von dem es nicht allzu viele auf der Welt geben<br />
dürfte.<br />
Wie kam das eigentlich, dass hier so eine fantastische<br />
Fachhandlung für Spirituosen entstanden ist?<br />
Ich habe das Geschäft vor 20 Jahren von Ludwig Holderied<br />
übernommen mitsamt dem klassischen Sortiment: Zeitschriften,<br />
Lotto, SKL und Tabakwaren. Whisky hat mich schon immer<br />
sehr interessiert, und meine kleine Sammlung zu Hause<br />
hat sich zu einem Geschäft entwickelt. Eine kleine Auswahl<br />
Zeitschriften habe ich noch da. Hier gibt es Zeitschriften für<br />
1,90 Euro und Flaschen, die 5.500 Euro kosten. Ich finde es<br />
schön, dass das so kunterbunt gemischt ist. Wir haben viel<br />
Stammkundschaft. Ich möchte, dass dieser Flair im Laden<br />
bleibt.<br />
Ähm ... Haben Sie fünfeinhalbtausend gesagt? Für eine<br />
einzige Flasche Whisky? Ja. Unsere Whiskys fangen bei 24<br />
Euro an, und dann geht es weiter. Ich habe zum Beispiel gerade<br />
eine Anfrage für einen 1968er Glenfarclas Familiy Cask.<br />
Vor vier Jahren habe ich den für 690 Euro verkauft. Jetzt kostet<br />
er 4.000 Euro. Bei dieser Sonderabfüllung werden genaue<br />
Angaben auf der Flasche gemacht: Wann wurde der Whisky<br />
destilliert und wann wurde diese Flasche gebottled? Dieser<br />
Whisky zum Beispiel wurde 1968 destilliert und im Sommer<br />
2016 abgefüllt, es sind weltweit nur 141 Flaschen verfügbar.<br />
Solche Whiskys sind wahrscheinlich schwer zu bekommen.<br />
Das stimmt. Viele Spezialitäten bekommt man nur, wenn man<br />
wirklich gut in der Szene vernetzt ist. Ich schaue, dass ich von<br />
jedem Jahrgang was da habe. Gestern erst habe ich von<br />
einer Fassabfüllung achtzehn Flaschen bekommen, davon<br />
kommt man normalerweise nur zwei Flaschen. Heute sind<br />
nur noch vier davon da. Das kommt daher, dass die Whisky-Kundschaft<br />
sehr gut informiert ist und sich vorab Flaschen<br />
bei mir reservieren lässt. Alte Whiskys sind Mangelware, und<br />
die Nachfrage ist sehr hoch. Deshalb werden sie gerne als<br />
Wertanlage gekauft.<br />
Aber die meisten wollen den Whisky ja trinken, oder?<br />
Klar. Wir haben immer 150 bis 200 Flaschen offen zum Probieren.<br />
Wir fragen die Kundschaft nach ihren Wünschen und<br />
ihren Geschmacksvorlieben und suchen dann den passenden<br />
Whisky aus. Wenn wir die Flaschen offen haben, spricht<br />
nichts gegen eine Verkostung. Wir beraten dann auch weiter:<br />
Welche Zigarre passt zu welchem Whisky, oder welcher Whisky<br />
passt als Aperitif, zum Essen oder als Digestif?<br />
Hin und wieder kommt Sascha Weiss von der Wolfshöhle und<br />
fragt nach einem Gin, Whisky oder Rum für seine Desserts.<br />
Da finden wir immer den passenden unter etwa 170 verschiedenen<br />
Gins, 140 Rums und etwa 900 Whiskys. Wir bieten<br />
auch Schulungen für Gastronomen und Barkeeper an.<br />
Tastings natürlich auch? Ja, die sind sehr beliebt. Themen<br />
sind zum Beispiel „Bourbon und Burger“, „Rum und karibische<br />
Küche“ oder unser Whisky-Raritäten-Tasting. Da gehen<br />
wir hin und öffnen den Whisky Glenfarclas Familiy Cask 1968.<br />
Das Raritäten-Tasting ist übrigens das einzige, das exclusiv<br />
in meinen Räumlichkeiten stattfindet. Bei den Verkostungen<br />
werden in der Regel fünf Whiskys vorgestellt. Wir schildern<br />
unsere Eindrücke und erzählen etwas zur Destille und zur Philosophie<br />
des Brenners. Ich finde es immer schön, mich mit<br />
den Teilnehmern über die Geschmackserlebnisse auszutauschen.<br />
Das Nosing spielt beim Tasting eine große Rolle. Was<br />
man riecht, beeinflusst die Erwartung.<br />
46
Amerika auch? Bourbons? Ja, wir haben auch fünfzig verschiedene<br />
amerikanische Whiskeys. Bourbons haben immer<br />
mindestens 51% Maisanteil. Je mehr Mais, umso weicher und<br />
runder ist der Bourbon. Der Mais, der den größten Anteil in<br />
der mash bill stellt, hat eine harte Schale. Deshalb sollte er bei<br />
sehr hohen Temperaturen gekocht werden, oft unter Druck,<br />
damit diese Zellwände aufgebrochen werden. Roggen oder<br />
Weizen wird beim Bourbon nicht gemälzt. Whiskeys, die in<br />
frischen amerikanischen Eichenfässern kommen und für zwei<br />
oder mehr Jahre gelagert wurden, sollen als „Straight“ bezeichnet<br />
werden, zum Beispiel Straight Bourbon Whiskey. Ein<br />
Rye Whiskey hat mindestens 51% Roggenanteil. American<br />
Malt Whiskey ist 100% gemälzte Gerste, ist dann aber kein<br />
Bourbon mehr.<br />
Wo wir gerade von den Bezeichnungen sprechen: Was<br />
genau ist eigentlich ein Single Malt Scotch Whisky? Malt<br />
Whisky heißt: ausschließlich aus Gerstenmalz erzeugter<br />
Whisky, meistens in kupfernen Brennblasen gebrannt und<br />
in Eichenfässern gereift. Der Begriff Scotch ist Whiskys vorbehalten,<br />
die in Schottland gebrannt wurden und mindestens<br />
drei Jahre gereift sind. Ein Single Malt Scotch Whisky<br />
ist ein Whisky, der aus einer einzigen Destillerie stammt. Das<br />
heißt, dass der Whisky nicht mit anderen Brennereien verschnitten<br />
ist. Aber überwiegend wird Blended Malt verkauft,<br />
also Whiskys aus mehreren Destillerien wurden kombiniert.<br />
Ein Blended Scotch Whisky ist ein Malt Whisky mit Grain-Anteilen,<br />
kann aus Mais, Weizen oder ungemälzter Gerste gebrannt<br />
werden. Und dann gibt es noch das Single Cask. Da<br />
kommt der Whisky nur aus einem einzigen Fass. Bei diesen<br />
Abfüllungen werden auf der Flasche folgende Merkmale angegeben:<br />
Wann wurde destilliert und wann wurde abgefüllt,<br />
welches Fass wurde verwendet, wieviele Flaschen gab es und<br />
wie hoch ist der Alkoholgehalt.<br />
Gin und Rum haben Sie auch, sagten Sie? Gin, Rum und<br />
deutscher Whisky sind schwer im Kommen. Gerade beim<br />
Gin, denke ich, wird sich bald die Spreu vom Weizen trennen.<br />
Im Moment kommt jeden Tag ein neuer Gin raus ... Und mit<br />
Whisky hat man in Deutschland noch wenig Erfahrung. Hier<br />
werden tolle Obstbrände hergestellt, und bei diesem Brand<br />
spielt das saubere Brennen eine große Rolle. Beim Whisky<br />
ist das gar nicht so gewünscht, denn im Fass kehren sich die<br />
unsauberen chemischen Anteile wieder in Aromastoffe um.<br />
Ist der Brand hervorragend, lässt die Fassauswahl zu wünschen<br />
übrig, oder die Brenner sind zu ungeduldig und füllen<br />
den Whisky nach drei Jahren ab. Daher sind gute deutsche<br />
Whiskys in meinen Augen eher rar.<br />
Und Rum? Was halten Sie zum Beispiel vom Don Papa? Ich<br />
finde den suchtverdächtig ... Er eignet sich gut zum Mixen.<br />
Er ist wie 93% der Rums aus der Melasse hergestellt, einem<br />
zähen Produkt, das bei der Zuckerverwertung übrigbleibt. Es<br />
gibt hervorragende Rums aus der Melasse, zum Beispiel der<br />
El Dorado oder der Ron Cartavio XO, 18 Jahre alt. Beim Don<br />
Papa wird mir zu sehr nachgesüßt.<br />
Sie mögen das nicht so? Nein, ich bin kein Freund des Nachzuckerns.<br />
Whiskytrinker bevorzugen meist den Agricol Rhum,<br />
das sind die 5 % Rum, die aus Zuckerrohrsaft hergestellt werden.<br />
Sie kommen von den französischen Kolonien und man<br />
erkennt sie daran, dass sie mit „h“ geschrieben werden,<br />
„Rhum“. Sie sind nicht süß, dafür fruchtiger. Die Fässer geben<br />
diesen Rhums Farbe und Geschmack, Vanille-, Aprikosen-,<br />
Pfirsicharomen, und sie werden nicht nachgezuckert.<br />
Beispiele sind der Clement Rhum aus Martinique, Savanna<br />
Rhum aus Réuinon, und die Familien-Destillen HSE, Karukera<br />
und Depaz. Die restlichen 2% Rum werden übrigens aus<br />
dem Virgin Cane Honey hergestellt. Den erhält man, indem<br />
man frischem Zuckerrohsaft durch schonendes Erhitzen das<br />
Wasser entzieht.<br />
Was würden Sie denn sagen, was den Geschmack beim<br />
Whisky ausmacht? Zu 70% das Fass. Ein gutes Fass ist bei<br />
Amerikanern ein neues Eichenfass, bei den Schotten ist die<br />
Zweitbelegung besser. Gebrauchte Sherryfässer sind sehr<br />
gefragt, aber schwer zu bekommen. Jim Beam und andere<br />
große Whisky-Hersteller lassen in eigenen Botegas Sherry<br />
herstellen und abfüllen, nur damit sie an die Fässer kommen.<br />
Und der Rest? Die restlichen 30% Geschmack kommen<br />
durch das Brennen und die Umgebung. Nehmen wir zum<br />
Beispiel den Whisky von der Insel Islay. Die Fässer atmen<br />
im Sommer die maritime Luft und nehmen Jod- und Salznoten<br />
auf. Gegen Winter, wenn es kühler wird, ziehen sich<br />
die Fassdauben zusammen, und so bleiben die Aromen im<br />
Fass. Islay-Whiskys sind berühmt für das Torfaroma. Es konnte<br />
nachgewiesen werden, dass das getorfte Malz achzig verschiedene<br />
Aromastoffe enthält. Die gleiche Torfigkeit, die<br />
Kenner begeistert, kann Neulinge abschrecken. Daher ist es<br />
wichtig, sich in einem Fachgeschäft beraten zu lassen, das<br />
auch Flaschen offen hat. Gerne verweise ich auf unabhängige<br />
Destillerien wie Glenfarclas, Kilchoman oder Springbank<br />
aus Campbeltown von der Halbinsel Mull of Kintyre. Die haben<br />
eine eigene Mälzerei und machen 700.000 Liter im Jahr.<br />
Große Brennereien produzieren 5 bis 10 Millionen Liter.<br />
51
Danach ist der kopf<br />
wieder frei!<br />
Vita Funke im Gespräch mit Anja Breuer und Sebastian Klien, fortis, Studio für Therapie und Training<br />
fortis, Studio für Therapie und Training… hm… bedeutet<br />
fortis nicht sowas wie „stark“? Studio wird wohl was mit Fitness<br />
sein. Therapie klingt eher nach Physiotherapie. Und<br />
Training? Laufband, Ergometer? Mal gucken. Ich stehe in der<br />
Kaiser Joseph-Straße in Freiburgs allerbelebtester Mitte vor<br />
der Nummer 274 und steige in den 1. Stock. Bin gespannt!<br />
Hinter der Glastür empfängt mich eine Atmosphäre, in der<br />
sich Ruhe und Bewegung die Waage halten. Luft und Licht.<br />
Großzügig und doch angenehm übersichtlich. Und im Gespräch<br />
mit den Gründern und Inhabern Anja Breuer und Sebastian<br />
Klien stelle ich fest, dass fortis ein bisschen von allen<br />
meinen Vorstellungen ist und einiges mehr und vor allem<br />
anders.<br />
Was ist bei Ihnen anders als bei einem der großen Fitness-Studios?<br />
Und was ist anders als bei einer ganz normalen<br />
Physio-Praxis...? SK: Na, im Grunde kann man es<br />
nicht trennen, und das ist anders. Schauen Sie, unser großer<br />
Vorteil ist: Wir sind Physiotherapeuten. Wir können deshalb<br />
die Schmerzen des Patienten, die Probleme des Kunden<br />
oder die Ziele des Sportlers genau analysieren und gemeinsam<br />
eine Strategie erarbeiten. Es hat sich gezeigt, dass die<br />
Ursache vieler Beschwerden ungünstige Bewegungsmuster<br />
sind. Neben manualtherapeutischen Techniken ist also aktives<br />
Training obligat, um diese Bewegungsgewohnheiten zu<br />
verändern.<br />
AB: Inzwischen findet auch das notwendige Umdenken in<br />
der Gesellschaft statt: Wir dürfen die Verantwortung für unsere<br />
Gesundheit nicht abgeben, jeder muss selbst etwas<br />
dafür tun. Wir wollten dem Patienten im Anschluss an die<br />
ärztliche Verordnung anbieten, bei uns weiter zu trainieren,<br />
um das Erlernte zu festigen, zu stabilisieren oder schon präventiv<br />
zu handeln.<br />
Aus dieser Erkenntnis entstand fortis? SK: Genau, es galt<br />
eine Lücke zu schließen. Die Nachfrage nach einem „physiotherapeutischen<br />
Fitness-Studio“ kannten wir schon von unseren<br />
bisherigen Patienten.<br />
AB: Sebastian und ich kennen uns von einer früheren Arbeitsstelle<br />
her. Der Bereich der Physiotherapie ist vielseitig,<br />
man kann auf unterschiedlichste Arten arbeiten. Mit unseren<br />
gleichen Vorstellungen von guter, moderner Physiotherapie<br />
haben wir unsere Ideen in die Tat umgesetzt. Es hat Spaß<br />
gemacht, mit Grafiker, Texterin und Architekten ein Konzept<br />
zu entwickeln. Vom Logo bis zum Therapie- und Trainingsangebot<br />
ist uns ein stimmiges Konzept gelungen, so dass wir<br />
oftmals gefragt werden, ob wir ein Franchise-Unternehmen<br />
sind. Aber wir sind einmalig!<br />
fortis heißt …? AB: „Stark, dauerhaft und tüchtig, von dauerhafter<br />
Gesundheit und Wohlbefinden“. Das wünschen wir<br />
uns für unsere Patienten.<br />
Ich habe in Ihrem Trainingsraum nur eine einzige Sorte<br />
Gerät gesehen. Ist das ein „fortis-Gerät“? Haben Sie das<br />
entwickelt? AB: Leider nein …<br />
SK: Das ist das „Totalgym“. Erste Bekanntheit erlangte das<br />
Gerät in den 60er Jahren durch Chuck Norris. Fritz Zahnd,<br />
einer der führenden Manualtherapeuten aus der Schweiz,<br />
hat das Potenzial des Gerätes erkannt und es auf den europäischen<br />
Markt gebracht. Es ist ursprünglich als Fitnessgerät<br />
gebaut, aber perfekt für die Physiotherapie!<br />
AB: Eigentlich ist jeder, der es ausprobiert, begeistert. Es<br />
sind ruhige, harmonische Bewegungen. Es ist sehr angenehm,<br />
darauf zu trainieren.<br />
SK: Wie der Name schon sagt, kann man auf dem Gerät<br />
alles trainieren. Das Gerät selbst lässt alle Bewegungsmöglichkeiten<br />
zu, fordert somit Mitdenken des Trainierenden und<br />
beansprucht die Koordination. Und unsere Herangehensweise<br />
ist folgende: Das ungünstige Bewegungsmuster wird analysiert<br />
und ich baue das Gerät so um, wie es der Patient für<br />
seine individuelle Bewegung braucht.<br />
53
Sind denn alle, die hierher kommen, behandlungsbedürftig,<br />
also Patienten im engeren Sinn? SK: Das sind fließende<br />
Übergänge zwischen Patienten und Kunden, und wer das<br />
trennt, denkt nicht zeitgemäß. Jeder Patient ist sozusagen<br />
ein potenzieller Kunde für ein Produkt, hinter dem wir alle<br />
voller Überzeugung stehen. Und dieses Produkt heißt Bewegung.<br />
AB: Bewegen wollen sich schon die meisten, und doch gibt<br />
es noch einige, die Hemmungen zu haben, in ein Fitness-Studio<br />
zu gehen. Sie denken, da sind lauter junge Leute in tollen<br />
Klamotten, es läuft laute Musik und so was. Gerade älteren<br />
Menschen können wir die Skepsis nehmen: Schon in den<br />
Physiotherapie-Sitzungen lernen sie das Gerät kennen und<br />
werden so behutsam an das Training herangeführt.<br />
Das heißt, wenn ich zu Ihnen komme, verbringe ich die<br />
Zeit auf diesem Gerät? AB: Zu 80%. Wir haben noch eine<br />
Cardio-Abteilung mit Spinningbikes und Laufband, welches<br />
wir auch zur Analyse nutzen. Da gibt es noch einen Trainingsbereich<br />
mit verschiedenen Kleingeräten und Möglichkeiten,<br />
Koordination und Gleichgewicht zu schulen. Jeder bekommt<br />
bei uns auch Hausaufgaben, Übungen für zu Hause.<br />
Dann habe ich eben in Ihrem Studio den Wegweiser „Pilates“<br />
gesehen. AB: Ja, wir bieten verschiedene Pilates-Kurse<br />
an. Auch das Totalgym eignet sich sehr gut für Pilates-Übungen,<br />
ist es doch sehr ähnlich dem ursprünglichen „Transformer“<br />
von Joseph Pilates. Aber ich bevorzuge die Übungen<br />
auf der Matte. Hier lassen sich die fließenden Übergänge der<br />
ruhigen Bewegungen schön umsetzen und man kann sich<br />
besser auf sich und seinen Körper konzentrieren.<br />
SK: Pilates ist ein wichtiger Pfeiler unseres Konzepts: Therapie,<br />
Training und als Prävention Pilates. Unsere Pilateskurse<br />
sind von den Krankenkassen als Prävention anerkannt und<br />
werden gut bezuschusst. So finden auch viele den Weg zu<br />
uns und sie sind begeistert von den kleinen Gruppen, in denen<br />
die Trainer jeden Einzelnen im Blick haben.<br />
Ihr Studio ist doch größer, als ich es erwartet habe. Wieviel<br />
Mitarbeiter haben Sie? SK: Wir haben insgesamt zehn<br />
Mitarbeiter. Wir sind sechs Physiotherapeuten mit verschiedenen<br />
Zusatzqualifikationen. Dabei sind wir alle in Manueller<br />
Therapie ausgebildet, was ein sehr umfassendes und als Basis<br />
ein sehr sinnvolles Therapiekonzept ist. Selbstverständlich<br />
sind für uns der Austausch mit den Kollegen und Studien<br />
der aktuellen Literatur, um evidenzbasiert arbeiten zu können.<br />
Unser Schwerpunkt ist ganz klar eine aktiv orientierte<br />
Physiotherapie. So arbeiten wir als Team einheitlich und<br />
sprechen eine „gemeinsame Sprache“ in der weiten Welt<br />
der Physiotherapie.<br />
Belegschaften kommen ja auch zu Ihnen. Zum Beispiel<br />
Sascha Weiss mit seinem Team. SK: Ja, da gibt es einige.<br />
Inzwischen erkennen immer mehr Firmenchefs, wie wichtig<br />
es ist, die Gesundheit und Fitness ihrer Mitarbeiter zu unterstützen,<br />
und es gibt auch interessante steuerliche Vorteile!<br />
Die Wolfshöhle hat gleich mehrere Kurse die Woche als betriebliche<br />
Gesundheitsfitness bei uns gebucht, so eine konsequente<br />
Gruppe habe ich noch nie gehabt!<br />
AB: Ein Firmenchef kann auch 10er-Karten kaufen. Hier können<br />
die Mitarbeiter flexibel kommen zum „Pilates- Treff“<br />
oder zu „Fit am Mittag“. Eine halbe Stunde intensives Workout,<br />
das macht den Kopf wieder frei. Nach spätestens einer<br />
Stunde ist man wieder am Arbeitsplatz. Hier in der Innenstadt<br />
bietet sich das an.<br />
Stimmt es denn, dass das gemeinsame Training den Teamgeist<br />
stärkt? Man könnte ja auch meinen, dass sich die<br />
Unsportlichen bloßgestellt fühlen? SK: Anfangs vielleicht,<br />
aber bei der Wolfshöhle zum Beispiel konnte man gut sehen,<br />
wie da allmählich die Hemmungen fielen. Jeder hat seine<br />
Schwächen und Stärken, auch geschlechterspezifisch. Beim<br />
Stretching oder bei der Koordination sind oft die Frauen<br />
besser und lachen über die Männer, die dann aber bei der<br />
nächsten Übung ihren Bizeps zeigen können. So entstehen<br />
kleine, witzige Sticheleien und ein Zusammenwachsen des<br />
Teams. Sascha selbst macht ja auch mit, teilt flapsige Bemerkungen<br />
aus und bei der nächsten Übung fällt er vom Gerät,<br />
weil er sich nicht konzentriert hat.<br />
AB: Jeder schwitzt und kämpft sich durch und auch der Chef<br />
muss machen, was ein anderer „Chef“ sagt. Da sind auf einmal<br />
alle gleich, jeder muss schwitzen.<br />
Wie erklären Sie sich, dass beim Training der Kopf frei<br />
wird? SK: Die physiologische Erklärung besteht darin, dass<br />
durch die Bewegung das angestaute Stresshormon Adrenalin<br />
abgebaut wird.<br />
AB: Und während des Trainings ist man ganz bei sich und<br />
seinem Körper. Bei Pilates oder auf dem Gerät muss man<br />
sich konzentrieren. Wir legen großen Wert darauf, dass die<br />
Übungen sorgfältig und richtig ausgeführt werden. Da hat<br />
man keinen Platz im Kopf für das, was vorher im Geschäft<br />
gelaufen ist. Danach ist man wieder frisch und der Kopf ist<br />
wieder frei!<br />
57
Wir kochen<br />
mit salz und pfeffer<br />
Astrid Mayer und Vita Funke im Gespräch mit Eva Köpfer, Geschäftsführerin vom Weingut Abril in Bischoffingen<br />
Unter den Kaiserstühler Öko-Weingütern ist Abril mit rund<br />
270 Jahren auf dem Buckel eines der ältesten. In den letzten<br />
Jahren kam Bewegung in den Familienbetrieb. Die Lebensläufe<br />
der jungen Führungsmannschaft lesen sich wie die von<br />
erfahrenen alten Weinhasen. Das neue Gutsgebäude mit seiner<br />
auffallenden Stahlfassade am Ortsrand von Bischoffingen<br />
wurde mit Architekturpreisen ausgezeichnet und mit modernster<br />
Kellertechnik ausgestattet. Hier werden klassische<br />
Kaiserstühler Weine gemacht und weit über die Grenzen der<br />
Region hinaus geliebt und prämiert.<br />
Wir sind, nachdem wir all das erfahren haben, sehr gespannt<br />
auf das Gespräch mit der Geschäftsführerin und Sommelière<br />
Eva Maria Köpfer.<br />
Nachfolger für den Betrieb, aber Helga Haub, die Cousine<br />
der Abril-Brüder, ist hier aufgewachsen und hat ihn im Jahr<br />
2007 übernommen. So konnte das Weingut in der Familie<br />
bleiben. 2012 war der Neubau fertig. 2015 gab es dann noch<br />
einmal einen Wechsel in der Geschäftsführung ... ja, und jetzt<br />
sind wir ein ganz junges Team voller Tatendrang.<br />
Sie haben dann sicher auch viel mehr Quantität zu bewältigen.<br />
Kann man so sagen. Als die Haubs das Gut übernommen<br />
haben, hatte es 5 Hektar, heute sind es mehr als 22 Hektar<br />
im Ertrag. Wir haben eben noch viele Stammkunden aus<br />
der Zeit von Hansfrieder Abril, aber auch immer mehr junge<br />
Leute. Außerdem verkaufen wir natürlich an die Gastronomie<br />
und den Fachhandel.<br />
Wie kommt es eigentlich, dass man den Namen Abril hier<br />
in Bischoffingen findet? Klingt so französisch ... Genau. Die<br />
Abrils waren Hugenotten. Angeblich haben sie den Auxerrois<br />
mit hierher gebracht – der sogenannte Hugenotten-Wein.<br />
Die Familie Abril ist Bischoffingen treu geblieben<br />
und wohnt noch immer hier.<br />
In der Firma hat sich ja einiges getan in jüngerer Zeit. Ursprünglich<br />
war das Weingut in einem alten Fachwerkhaus in der<br />
Ortsmitte angesiedelt. Unter den Abril-Kindern gab es keine<br />
Auch ins Ausland? Ja, klar. Abril-Weine werden zum Beispiel<br />
in den skandinavischen Ländern sehr gern getrunken,<br />
Schweden, Dänemark, auch in Finnland, Belgien, Niederlande.<br />
Diese Geschäftsbeziehungen haben wir in den letzten<br />
zwei Jahren erst aufgebaut. Die Skandinavier mögen unsere<br />
schlichte, klare Linie gern und vor allem Bio-Weine. Auch die<br />
Schweizer Kunden, finde ich, haben ein besonderes Gespür<br />
dafür, was wir machen. Sie interessieren sich für die Architektur<br />
unseres Neubaus und lieben unsere gradlinigen, trockenen<br />
Weine.<br />
59
FÜR UNSERE PREMIUMKATEGORIEN VERWENDEN WIR DIE SOGENANNTE DORNRÖSCHENHEFE
Was meinen Sie mit „gradlinig“? Wir wollen klar erkennbare,<br />
klassische Weine machen. Obwohl wir eine wirklich<br />
junge Mannschaft sind, arbeiten wir eher konservativ. Trends<br />
sind nicht so unser Fall – wir wollen keine fruchtüberladenen<br />
Weine oder rosa Etiketten auf die Flaschen kleben. Auch<br />
Cuvées interessieren uns weniger ... Wir möchten traditionelle,<br />
sortenreine Bioweine machen, und man soll schmecken,<br />
dass sie von uns kommen. Im Vordergrund steht ganz<br />
klar die Mineralik. Die Natur hier in Bischoffingen gibt uns<br />
natürlich auch wunderbares Ausgangsmaterial dafür, und<br />
nun ist auch noch diese fantastische Kellertechnik dazugekommen.<br />
Wir schließen uns auch nur eingeschränkt an den<br />
Trend an, dass die Weine alle sehr wenig Alkohol haben<br />
sollen. Grundsätzlich finde ich das gut. Sehr gut. Doch bei<br />
einem „großen“ Wein gehört für mich einfach eine gewisse<br />
Alkoholstruktur dazu. Alkohol ist ein Geschmacksträger, so<br />
wie Butter und Sahne beim Kochen.<br />
Nachhaltigkeit und Ökologie spielen sicher auch eine<br />
Rolle. Ja, Abril hat 2007 auf ökologischen Anbau umgestellt.<br />
So verzichten wir komplett auf Mineraldünger und<br />
erhalten die Fruchtbarkeit unserer Böden beispielsweise<br />
mit Einsaat von Leguminosen. Die Nutzpflanzen binden<br />
Stickstoff aus der Luft und geben diesen wiederum<br />
an den Boden ab. Hier spricht man von Gründüngung.<br />
Beim Rebschutz wenden wir keine chemischen Mittel an. Wir<br />
ziehen anorganische Mittel oder Pflanzenextrakte vor. Darüber<br />
hinaus achten wir darauf, dass unserere Reben nur ein<br />
gesundes Maß an Früchten tragen, so kommen die Pflanzen<br />
auch mit weniger Nährstoffen klar. Wir glauben, dass dies<br />
der richtige Weg ist, um nachhaltig zu arbeiten.<br />
Und pilzresistente Sorten? Eine haben wir, den Muscaris,<br />
eine Kreuzung aus Solaris und Muskateller. Aber die Pi-<br />
Wi-Weine sind meiner Meinung nach einfach nicht so komplex<br />
wie zum Beispiel ein Burgunder. Außerdem fehlt es noch<br />
an Beliebtheit. Sie müssen bedenken, unsere Arbeit hat mit<br />
der Natur zu tun, mit Witterung, auch mit so etwas wie höherer<br />
Gewalt. Für mich gehört es zum Winzerhandwerk einfach<br />
dazu, dass nicht jedes Jahr gleich ist und dass man nicht alles<br />
steuern und absichern kann.<br />
Apropos schöner, komplexer Wein: Der Sylvaner ist ja eine<br />
traditionelle Kaiserstühler Traubensorte, die den Burgundern<br />
gegenüber ein wenig ins Hintertreffen geraten ist.<br />
Sie bauen aber Blauen Sylvaner an, oder? Ja, es gibt nur<br />
zwei oder drei Betriebe in Baden-Württemberg, die ihn führen.<br />
Der Blaue Sylvaner mit seiner bläulichen Beerenschale<br />
ist unser Exot. Die genaue Herkunft kann ich übrigens gar<br />
nicht genau sagen, denn egal wo ich nachlese oder frage,<br />
bekomme ich ganz unterschiedliche Antworten. Ich persönlich<br />
glaube an die Variante, dass der Blaue Sylvaner eine<br />
Mutation vom Grünen Sylvaner ist. Im Weinbau kostet uns<br />
diese Rebsorte einige Nerven, sie ist unheimlich anspruchsvoll.<br />
Das fertige Produkt jedoch ist immer wieder erstaunlich.<br />
Ich kenne nur wenige Rebsorten, die so facettenreich vom<br />
Geschmacksprofil her sind wie der Blaue Sylvaner, vielschichtig,<br />
komplex und doch ohne jegliche Schwere. Ich nenne ihn<br />
immer unsere „Allzweckwaffe“ – er passt zu sehr vielen Speisen.<br />
Und ja, es ist leider so, dass der blaue Sylvaner etwas<br />
von der Plattform verschwindet. Schade eigentlich.<br />
Experimentieren Sie auch mit Spontanvergärungen? Ich<br />
finde Spontanvergärung toll, besonders beim Riesling, aber<br />
man muss sie auch schmecken. Wenn ich einen strahlenden,<br />
klaren Wein im Glas habe und der Winzer erzählt mir, der<br />
wäre spontanvergoren, dann werde ich skeptisch, da wurde<br />
wohl eher spontan entschieden, welche Hefe zugefügt<br />
wird ... Unser Keller ist im Moment noch zu jung dazu, da<br />
schwirren noch nicht so viele wilde Hefen herum. Eine Spontangärung<br />
ist nicht so einfach möglich.<br />
Welche Art von Hefen verwenden Sie dann? Unsere Einstiegsweine<br />
werden mit zwei ganz dezenten Hefen im Stahltank<br />
ausgebaut. Für unsere beiden Premiumkategorien verwenden<br />
wir die sogenannte Dornröschenhefe. Die hat man<br />
um 2010 herum in einer Schweizer Forschungsanstalt in einer<br />
Weinflasche aus dem 19. Jahrhundert gefunden. Sie macht<br />
die Weine zu richtigen Langstreckenläufern, und die mineralische<br />
„Feuerstein-Stilistik“ gefällt uns sehr gut. Hefen, die<br />
einen bestimmten Geschmack produzieren und suggerieren<br />
sollen, wollen wir nicht verwenden. Wir kochen ganz einfach,<br />
mit Salz und Pfeffer.<br />
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„VENUS“ CARLA KALTENBACH, GLASMANUFAKTUR RUDOLF, SCHALLSTADT<br />
VEGETARISCHE DIM SUM MIT CHINAKOHL,KÜRBIS UND PONZU SAUCE. FRANZISKA LECHNER
THESE SHOES ARE MADE FOR WORKING…<br />
SCHWÄBISCHE MAULTÄSCHLE MIT RÖSCHTZWIEBELE. JONAS STRAUB
GESCHMORTE KALBSHAXE MIT JUNGEM GEMÜSE IM RÖMERTOPF
BLINIS MIT VANILLE-MIRABELLEN UND RAHM. KAI KÜPFERLE
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METRO C&C Deutschland GmbH<br />
Industriestraße 42 • 79194 Gundelfingen
NIAN OLI<br />
Katalonisches Olivenöl der Extraklasse<br />
Ein herzliches Dankeschön möchten wir an unsere<br />
tollen Mitarbeiter aussprechen. Ohne sie wäre unser<br />
Magazin nie entstanden, sie sind der Herzschlag<br />
unseres Unternehmens, und ihnen gebührt alle Ehre<br />
und jede einzelne Auszeichnung.<br />
© 2017<br />
Corporate Publishing in der edition rombach<br />
Im Auftrag von:<br />
Restaurant Wolfshöhle<br />
Sascha Weiss<br />
Konviktstrasse 8 / 79098 Freiburg<br />
Herausgeber: Sascha Weiss<br />
Konzeption und Fotografie: Michael Wissing, BFF<br />
Fotoassistent und Postproduktion: Paul Jaroslawski<br />
Layout und Satz: Birgit Fesenmayr<br />
Redaktion: Vita Funke und Astrid Meyer<br />
Herstellung: Corinna Gabrisch<br />
Druck: Poppen & Ortmann<br />
Printed in Germany<br />
Schutzgebühr / 5,- Euro<br />
Andreas Schott / Küchenchef<br />
Lukas Frysch / Küchenchef<br />
Kazimierz Siwiec / Casserolier<br />
Christoph Schlötzer / Gardemanger<br />
Jonas Straub / Entremetier<br />
Franziska Lechner / Entremetier<br />
Kai Küpferle / Patisserie<br />
Martino Parente / Patisserie<br />
Kristina Anselm / Restaurantfachfrau<br />
Panajotisz Galanisz / Restaurantfachmann<br />
Felix Allmendinger / Koch Azubi<br />
Johannes Enkelmann / Koch Azubi<br />
Lena Burger / Restaurantfachfrau Azubi<br />
Daniel Wagner / Restaurantfachmann Azubi<br />
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74
WOLFSHÖHLE<br />
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