18.12.2017 Aufrufe

Zufrieden Sein

Menschen mit Behinderung sind am Arbeitsmarkt gleichgestellt, so will es das Gesetz. Dank dieser Gleichstellung sind sie in der Lage, selber für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. So wie der 38-jährige Zürcher Ramon Marik. (PUNKTmagazin 6/2017; www.punktmagazin.ch)

Menschen mit Behinderung sind am Arbeitsmarkt gleichgestellt, so will es
das Gesetz. Dank dieser Gleichstellung sind sie in der Lage, selber für ihren
Lebensunterhalt aufzukommen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
So wie der 38-jährige Zürcher Ramon Marik. (PUNKTmagazin 6/2017; www.punktmagazin.ch)

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GESPRÄCH MIT RAMON MARIK<br />

«Nein, meine Kollegen bezahlen mich nicht mit Geld. Mir geht es<br />

nicht ums Geld. Mir geht es darum, dass ich Kollegen treffen und<br />

Zeit mit ihnen verbringen kann. Einige sehe ich nicht so oft, und<br />

dann ist ein kaputter Computer ein guter Grund. Das verbinden<br />

wir dann mit einem feinen Nachtessen.»<br />

Situation richtig reagiert. Was ist, wenn beispielsweise ein solches autonomes<br />

Fahrzeug auf eine Kreuzung zufährt, an der gerade ein Unfall war und<br />

viele Menschen herumstehen?<br />

Sie haben vorhin Ihre Leidenschaft für Computer angesprochen. Nutzen Sie<br />

den auch für Computerspiele? Nein, ich mache keine Spiele, sondern nutze<br />

ihn, um Informationen zu erhalten. Ich schreibe und lese E-Mails oder wenn<br />

jemand in meinem Umfeld etwas wissen muss, dann schaue ich für diese Person<br />

im Internet nach. Meine Eltern haben ab und zu Fragen, weil sie selber<br />

keinen Compi haben. Dann erledige ich das für sie.<br />

Sie helfen also denen, die mit dem Computer auf Kriegsfuss stehen oder gar<br />

keinen haben? Ja, genau. Ich helfe generell sehr gerne. Das ist mir wichtig.<br />

Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass viele Leute andauernd auf ihr Smartphone<br />

starren? Das finde ich sehr schade. Da geht das Menschliche verloren.<br />

Sie sitzen beispielsweise im Bus und schauen auf den Bildschirm oder haben<br />

die Kopfhörer an. So bekommen sie gar nichts mehr mit, was sonst so abgeht.<br />

Sie haben viel von dem, was Menschen im Leben erreichen wollen: eine Lebenspartnerin,<br />

eine eigene Wohnung, eine tolle Arbeitsstelle. Viele, die das<br />

haben, sind aber nicht so zufrieden wie Sie. Ja, diesem Gefühl kann ich mich<br />

anschliessen.<br />

Was machen die falsch? Ich habe mir die Gedanken auch schon gemacht.<br />

Aber ich lass es lieber, da ich es nicht nachvollziehen und schon gar nicht ändern<br />

kann.<br />

60<br />

Können Sie ihn einfach bedienen oder verstehen Sie auch ein bisschen etwas<br />

vom Innenleben eines PCs? Ich habe ein sehr gutes PC-Verständnis. Ich habe<br />

mir alles selber beigebracht, indem ich Bücher gelesen und mich im Internet<br />

schlau gemacht habe. Vor allem mein Cousin, er ist IT-Spezialist, war eine<br />

grosse Hilfe. Er zeigte mir viele Tipps und Tricks, das war sozusagen eine<br />

Schnellbleiche, um mir ein Grundwissen aufzubauen. (lacht)<br />

Was bedeutet Glück für Sie? Ich habe derzeit verstärkt wieder Gleichgewichts-<br />

und Schwindelprobleme. Deswegen benötige ich meinen Ferrari, wie<br />

meine Kollegen meinen Rollator nennen. Aber für mich ist es einfach ein Rollator,<br />

damit ich mich besser fortbewegen kann. Die Ärzte wissen nicht genau,<br />

warum ich das habe. Deswegen nehme ich jeden Tag so, wie er kommt, und<br />

bin einfach nur zufrieden.<br />

Nutzen Sie dieses Wissen auch ausserhalb der Stiftung RgZ? Ja, in der Freizeit<br />

repariere ich zum Beispiel die Computer von Kollegen.<br />

Gratis? Die Kollegen entschädigen mich.<br />

Mit Geld? Nein, mir geht es nicht ums Geld. Mir geht es darum, dass ich Kollegen<br />

treffe und Zeit mit ihnen verbringen kann. Einige sehe ich nicht so oft,<br />

und dann ist ein kaputter Computer ein guter Grund. Und dann verbinden<br />

wir das mit einem feinen Nachtessen. So habe ich viel mehr Freude, als wenn<br />

ich Geld bekomme.<br />

Als computeraffiner Zeitgenosse könnten Sie doch auch Internetseiten programmieren.<br />

Nie Lust darauf gehabt? Doch, schon. Aber ich habe keine Kollegen,<br />

die mir das zeigen können. Und Video-Tutorials sind meistens zu kurz<br />

und ich verstehe es dann nicht ganz richtig. Ich mag es lieber, wenn mir jemand<br />

etwas zeigt, dann kann ich auch gleich nachfragen.<br />

Heute hat jeder ein Smartphone, Sie auch? Ich habe ein iPhone.<br />

Wozu brauchen Sie es? Zum Telefonieren und zum «whatsappen». Oder<br />

wenn ich nicht sicher bin, wann beispielsweise der nächste Bus abfährt,<br />

schaue ich auf den Online-Fahrplan.<br />

Sie wohnen ohne Betreuung. Geht das gut? Unsere Betreuer sind die Eltern.<br />

Wenn wir Rat brauchen, dann fragen wir sie. Zu Beginn hatten wir beispielsweise<br />

Mühe mit der Wohnungsreinigung. Dann haben sie uns Tipps gegeben.<br />

Wir machen es dennoch ein bisschen anders, aber wir kommen letztlich auch<br />

zum Ziel. Mit den Tipps unserer Eltern wären wir vielleicht etwas schneller.<br />

Geben Sie manchmal auch Ihren Eltern Ratschläge? Ja, wenn sie mich fragen.<br />

Wie viele Wochen Ferien haben Sie? Fünf Wochen, eine davon ist fix gegeben.<br />

Über Weihnachten haben wir eine fixe Woche Ferien, die restlichen vier<br />

Wochen kann ich selber bestimmen.<br />

Wie verbringen Sie die Ferien? Wir bleiben meistens zu Hause, ab und an<br />

machen wir Tagesreisen. Und hin und wieder bleiben wir über Nacht und<br />

schlafen in der Jugendherberge oder in einer günstigen Pension.<br />

Zum Schluss: Sie haben drei Wünsche frei. Welche sind das? Gesundheit ganz<br />

zu Beginn. Dann weiterhin Glück in der Liebe und mein dritter Wunsch:<br />

Dass es so gut weiterläuft wie jetzt.<br />

Der letzte Satz gehört Ihnen. Ich fände es toll, wenn sich die Menschen nicht<br />

immer ihre Köpfe einschlagen, sondern friedlicher miteinander wären.<br />

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