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Warum das Ganze_

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Flipped Classroom Gesundheit und Bekleidung – <strong>Warum</strong> <strong>das</strong> <strong>Ganze</strong>?<br />

Heutzutage füllen Karl Lagerfeld und Kollegen die bunten Hochglanzseiten<br />

der Modemagazine unseres Globus mit ausgefallenen pret á porter-<br />

Kreationen, Modeikonen wie Naomi bewegen Karls Stoffe mit lasziven<br />

Catwalks doch kühlen Blicken über die Laufstege der Metropolen, und in<br />

Deutschland hält Heidi Klum für blutjunge Möchtegern-Models nicht immer<br />

ein Foto bereit, wenn diese hoffnungsvoll vor der Jury ihre Outfits<br />

präsentieren.<br />

Im 21. Jahrhundert ist Mode leicht verfügbar. Große Modeketten wechseln<br />

ihre Kollektionen im 3 Monatsrhythmus in den Filialen und Fashionshows<br />

bannen allabendlich ein Millionenpublikum vor den Bildschirmen. Vielleicht<br />

ist es da an der Zeit kurz inne zu halten und sich die Frage zu stellen, dreht<br />

sich denn beim Ankleiden alles nur noch um den Glamour? Um was geht es<br />

denn im Eigentlichen und wo kommt es her?<br />

Einen ersten Hinweis auf die Antwort erhalten wir, wenn wir einen Blick in<br />

die Vergangenheit des Menschen werfen. Karls, Naomis und Heidis<br />

Textilvorfahren sind wesentlich älter. Die ersten Kleider, aus Tierhäuten<br />

hergestellt, fertigten unsere Urahnen bereits vor etwa 70 000 Jahren. Doch<br />

es muss nicht immer Pelz sein: Steinzeitmenschen aus dem Kaukasus<br />

trugen bereits vor 34 000 Jahren Kleidung aus Leinen. Die ältesten Funde<br />

nachweislich von Menschen verwendeter Textilfasern stammen aus der<br />

Dzudzuana-Höhle im heutigen Georgien im Kaukasus. Bei den<br />

Faserüberresten, die der Wissenschaftler Ofer Bar-Yosef und seine Kollegen<br />

von der Harvard University einigermaßen gut konserviert im Lehmboden<br />

der Ausgrabungsstelle fanden, handelt es sich um wilde Flachsfasern.<br />

Vermutlich sammelten die Höhlenbewohner die Pflanze im Umland ihrer<br />

Behausung und verarbeiteten die Fasern anschließend zu Kordeln und<br />

dünnen Fäden. Dabei mischten sie zum Teil andere Fasern wie die der<br />

Straucherbse unter den Flachs. Die so entstandenen Garne konnten die<br />

Steinzeitmenschen anschließend zu Stoffen verweben, wie die Forscher<br />

vermuten. Als die Wissenschaftler jedoch die Stoffe später im Labor unter<br />

dem Mikroskop etwas genauer untersuchten, stellten sie fest, <strong>das</strong>s die<br />

Steinzeitschneider sich offenbar nicht nur damit begnügten Kleidung<br />

herzustellen: Die kreativen Frühmenschen dachten nämlich bereits an so<br />

etwas wie Mode, denn die ersten Garne dieser Welt wurden mit<br />

Pflanzenfarben gefärbt, deren Pigmente sie aus Wurzeln und anderen<br />

Pflanzenteilen gewannen. Die steinzeitliche Farbpalette für die ersten<br />

Modeschöpfer dieser Welt reichte von gelb und blau bis hin zu rot und<br />

türkis, nicht anders als bei Karl Lagerfeld.


Die mit Hilfe solcher Fasern erzeugten Gegenstände trugen dazu bei, die<br />

Überlebenschancen der frühen Menschen in dieser eher harschen<br />

Bergregion des Kaukasus zu erhöhen. So konnten sie die Flachsfasern<br />

beispielsweise nutzen, um Tierhäute zusammen zu nähen und sich damit<br />

durch Kleidung und Schuhe gegen die Kälte zu schützen. Zum Nähen der<br />

Häute und Leinenstoffe benutzten die Höhlenbewohner Nadeln aus<br />

Tierknochen. Schnüre und Seile dienten vermutlich dazu, Bündel mit dem<br />

Lebensnotwendigen zu schnüren und so schnell und effektiv den Standort<br />

wechseln zu können. Mit den Fasern ließen sich sogar Körbe herstellen<br />

sowie Griffe an Steinwerkzeugen befestigen. Für die Jäger und Sammler-<br />

Gesellschaft der damaligen Zeit waren all dies wichtige Vorteile im Kampf<br />

ums nackte Überleben. Textilien waren also eine kritische Erfindung des<br />

frühen Menschen.<br />

An der Entdeckung der Dzudzuana-Fasern aus dem Jahr 2009 erkennt man<br />

den ursprünglichsten Zweck unserer Kleidung: Uns zu schützen; vom ersten<br />

Tag bis zum Sarg, von der Geburt bis über den Tod hinaus. Kleidung<br />

umgibt uns nahezu 24 Stunden, und wird seit je her von den Kulturen<br />

dieser Welt eingesetzt, um Menschen vor widrigen Umweltbedingungen zu<br />

schützen und ihre Gesundheit zu erhalten, genauso wie vor 70000 Jahren.<br />

Doch so vielfältig wie Textilien heutzutage gewebt, gestrickt und gefärbt<br />

sind, so vielfältig sind auch die Fehler, die man im Alltag bei der Auswahl<br />

von Kleidung, dem Gebrauch oder der Aufbereitung von Textilien begehen<br />

kann. Davor schützt uns auch nicht die hoch-technisierte Welt. Solche<br />

Fehlentscheidungen und falsches Kleidungsverhalten gehen mitunter zu<br />

Lasten der Gesundheit. Viele Menschen benötigen daher weniger Nachhilfe<br />

in Modekompetenz von Karl, Naomi oder Heidi, sondern vielmehr in textiler<br />

Gesundheitskompetenz.<br />

In diesem Seminar werden die wichtigsten Denkfehler und<br />

gesundheitsgefährdenden Verhaltensmuster rund um Kleidung und Textilien<br />

dargelegt. Doch keine Sorge. Es soll auf unterhaltsame Weise geschehen,<br />

wobei die Wissenschaft nicht zu kurz kommt. Also: Greifen sie den Faden<br />

auf. Es ist nämlich erstaunlich, was funktionelle Textilien heutzutage für<br />

unsere Gesundheit leisten.

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