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D.a. <strong>503</strong> ... aktuell * Service Januar <strong>2018</strong><br />
D.a. gibt Tipps zu Ihrem Recht .<br />
§ Feststellung<br />
eines qualifizierten<br />
Rotlichtverstoßes<br />
nach Gefühl<br />
(OLG Hamm, Beschl. v.<br />
24.10.2017 - 4 RBs 404/17)<br />
Das Amtsgericht Paderborn hat<br />
den Betroffenen wegen fahrlässiger<br />
Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens<br />
und Gefährdung<br />
Anderer (Rotlicht schon länger als<br />
eine Sekunde) zu einer Geldbuße<br />
von 320,00 Euro verurteilt und ein<br />
einmonatiges Fahrverbot angeordnet.<br />
Nach den Feststellungen im angefochtenen<br />
Urteil missachtete der<br />
Fahrer eine rote Ampel an einer<br />
Kreuzung in Paderborn. Ein Polizeifahrzeug,<br />
das aus dem Querverkehr<br />
in die Kreuzung einfuhr,<br />
konnte nur durch ein umsichtiges<br />
Ausweichmanöver einen Zusammenstoß<br />
vermeiden. Nach den<br />
Feststellungen des Amtsrichters<br />
sei der Betroffene drei bis fünf<br />
Sekunden nach Beginn der Rotlichtphase<br />
in die Kreuzung eingefahren.<br />
Soweit festgestellt wurde, dass<br />
der Betroffene überhaupt einen<br />
Rotlichtverstoß begangen hat,<br />
weist der Schuldspruch auch nach<br />
Ansicht des OLG Hamm keine<br />
Rechtsfehler zu seinen Lasten<br />
auf. Im Rechtsfolgenausspruch<br />
(Rotlicht länger als eine Sekunde<br />
bzw. Gefährdung) weist das angefochtene<br />
Urteil nach Auffassung<br />
des OLG allerdings nicht unerhebliche<br />
Rechtsfehler auf.<br />
Der Grund dafür liege in einer<br />
lückenhaften Beweiswürdigung.<br />
Insbesondere sei die Dauer der<br />
Rotlichtphase von „3-5 Sekunden“<br />
(qualifizierter Rotlichtverstoß)<br />
nicht hinreichend belegt. Dafür<br />
reiche die bloße gefühlsmäßige<br />
Schätzung eines Polizeibeamten,<br />
auch wenn dieser in der<br />
Verkehrsüberwachung geschult<br />
sei und den Rotlichtverstoß<br />
D.a. <strong>503</strong>/24<br />
Aktuelle Urteile XXVIII<br />
zufällig beobachtet habe, nämlich<br />
nicht aus. So enthalte das Urteil<br />
keine Angaben darüber, wie die<br />
Zeugen zu ihrer Schätzung<br />
gekommen sind. Einerseits könne<br />
man nicht davon ausgehen, dass<br />
die Beamten schon vor dem<br />
eigentlichen Ereignis bereits<br />
darauf geachtet hätten, wie lange<br />
es vom Beginn der Grünphase bis<br />
zum Anfahren des Polizeifahrzeugs<br />
gedauert habe und andererseits<br />
könne man auch nicht<br />
davon ausgehen, dass die Beamten<br />
das Fahrzeug des Betroffenen<br />
schon vor der eigentlichen Gefahrensituation<br />
insoweit im Blick<br />
hatten, um sagen zu können, dass<br />
der Betroffene habe „problemlos“<br />
anhalten können, da er „mit<br />
normaler Geschwindigkeit von<br />
geschätzt 50 km/h gefahren sei“.<br />
Auch sei die „konkrete Gefährdung“<br />
im Urteil nicht hinreichend<br />
belegt, denn diese setze voraus,<br />
dass die Sicherheit eines<br />
bestimmten Rechtsgutes so stark<br />
beeinträchtigt sei, dass es vom<br />
Zufall abhänge, ob es verletzt<br />
werde oder nicht. Dem würden<br />
die Feststellungen des Amtsgerichts<br />
nicht gerecht, in denen nur<br />
von einem „umsichtigen<br />
Ausweichmanöver“ die Rede sei.<br />
Das angefochtene Urteil wurde<br />
deshalb im Rechtsfolgenausspruch<br />
aufgehoben und insoweit<br />
an das Amtsgericht Paderborn<br />
zurückverwiesen.<br />
Geldstrafe und Fahrverbot für<br />
Gaffer nach tödlichem Unfall<br />
(AG Günzburg)<br />
Im September 2017 war ein 59<br />
Jahre alter Motorradfahrer auf der<br />
A8 tödlich verunglückt. Der 50<br />
Jahre alte Lastwagenfahrer war<br />
ausgestiegen und hatte mit<br />
seinem Smartphone gefilmt, wie<br />
die Ersthelfer vergeblich versuchten,<br />
das Leben des Mannes zu<br />
retten. Polizisten nahmen dem<br />
Gaffer das Telefon ab. Sie erstatteten<br />
Anzeige wegen des Verdachts<br />
der unterlassenen Hilfeleistung<br />
und der Verletzung des<br />
höchstpersönlichen Lebensbereichs<br />
durch Bildaufnahmen.<br />
Nach § 201a I Nr. 2 StGB wird mit<br />
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren<br />
oder mit Geldstrafe bestraft, wer<br />
eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit<br />
einer anderen Person zur<br />
Schau stellt, unbefugt herstellt<br />
oder überträgt und dadurch den<br />
höchstpersönlichen Lebensbereich<br />
der abgebildeten Person<br />
verletzt.<br />
Als hilflos gelten dabei übrigens<br />
auch Personen, welche unter dem<br />
Einfluss von Alkohol bzw. Drogen<br />
stehen.<br />
Während die Hilflosigkeit regelmäßig<br />
mit dem Wortlaut bereits zu<br />
erschließen ist, stellt sich die<br />
Frage, wann ein „Zur-Schau-<br />
Stellen“ vorliegt, das schon<br />
begrifflich mehr als ein reines<br />
Abbilden bzw. Darstellen verlangt.<br />
Nach Ansicht des BGH setzt das<br />
Tatbestandsmerkmal „Zur-Schau-<br />
Stellen“ in § 201a Abs. 1 Nr. 2<br />
StGB nach dem Wortlaut der<br />
Regelung eine besondere Hervorhebung<br />
der Hilflosigkeit als Bildinhalt<br />
voraus, so dass diese für<br />
einen Betrachter allein aus der<br />
Bildaufnahme erkennbar wird.<br />
In dem vorgenannten Fall erließ<br />
das Amtsgericht Günzburg einen<br />
Strafbefehl gegen den Lkw-<br />
Fahrer. Dieser wurde zu einer<br />
Geldstrafe in Höhe von 90<br />
Tagessätzen zu je 30,00 Euro<br />
sowie einem einmonatigem Fahrverbot<br />
verurteilt. Dieser Strafbefehl<br />
wurde zwischenzeitlich<br />
rechtskräftig.<br />
Meinhard Brink<br />
(Rechtsanwalt),<br />
Am Birkhof 50,<br />
Dedinghausen