Texte AR September 2017
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ERFINDER<br />
Erfinderisches Österreich<br />
Teil fünf unserer Serie über Erfindungen aus Österreich:<br />
Ein besonderes Dorf voller Nonsens-Erfi nder und der Waffenpionier Ferdinand von Mannlicher<br />
stehen diesmal im Mittelpunkt. Text: Judith Schich<br />
Das Dorf der Nonsens-Erfinder<br />
Ferdinand von Mannlicher<br />
FOTOS © NONSEUM / GEMEINDE HERRNBAUMG<strong>AR</strong>TEN WWW.NONSEUM.AT, BEIGESTELLT<br />
Knapp eine Autostunde von Wien entfernt, liegt<br />
im nördlichen Weinviertel Herrnbaumgarten.<br />
Hier zeigen österreichische Erfinder, dass Nonsens<br />
auch sinnvoll sein kann und locken damit jährlich rund<br />
10.000 Besucher an – mit Hutlüftern für den kühlen<br />
Kopf oder einer Zahnspange für die dritten Zähne.<br />
33 Jahre ist es her, dass der Nonsens in Herrnbaumgarten<br />
Einzug gehalten hat. Gemeinsam veranstalteten<br />
fünf junge Erfinder die Erste Österreichische Nonsens-Erfindermesse.<br />
Erwartet wurden 37 Gäste – 5.000<br />
kamen.<br />
Das Nonseum – ganz ohne Vernunft<br />
Zehn Jahre später feierten sie die Eröffnung des Nonseums<br />
- ein weltweit einzigartiges Museum auf mittlerweile<br />
700 Quadratmetern, mit 483,27 epochal unbrauchbaren<br />
Erfindungen. Der ausrollbare Zebrastreifen oder<br />
der halbautomatische Nasenbohrer konkurrieren etwa<br />
mit Sensationsfunden wie der historischen Knopflochsammlung,<br />
freundlich besonnt vom Schirm für Sonnenanbeter.<br />
„Wir üben uns in der hohen Kunst des Augenzwinkerns,<br />
delektieren uns an der wunderbaren Weisheit von Unsinnigem<br />
und helfen mit unseren selbst erdachten Prototypen,<br />
die nutzlosen Erfindungen, die es auf dieser Welt<br />
gibt, zu vermehren – nur absichtlich halt“ , erklären der<br />
Obmann des Vereins zur Verwertung von Gedankenüberschüssen,<br />
Friedl Umschaid, und Nonseumsdirektor Fritz<br />
Gall ihre hintersinnige Vereinsphilosophie.<br />
„Facebook“, „Teller mit<br />
Abfl uss“ oder der „Kinnhaken“<br />
– alles zu sehen im Nonseum<br />
Anregung zum Querdenken<br />
In einer Zeit in der Nützlichkeitsdenken den Alltag bestimmt,<br />
sollen die skurrilen Neuerungen zum Querdenken<br />
anregen. Nach dem Besuch des Nonseums bietet sich<br />
beispielsweise der Ehret-den-Sock‘-Rundwanderweg oder<br />
eine lehrreich-lehmige Kellergassenführung an.<br />
Geöffnet ist das Nonseum von Palmsonntag bis Allerheiligen<br />
– jeweils wochenends und feiertags von 10 bis 18 Uhr<br />
und donnerstags und freitags von 13 bis 18 Uhr. Für Gruppen<br />
ab zehn Personen gibt´s eigene Aufsperrzeiten. Gegen<br />
Aufpreis werden Extraführungen durch die Ausstellung<br />
angeboten.<br />
www.nonseum.at<br />
Es gab in Österreich immer wieder<br />
Erfinder und Konstrukteure von<br />
Waffen. Einer der bedeutendsten ist<br />
Ferdinand von Mannlicher (1848 –<br />
1904), der nach einem technischen Studium<br />
1876 bei der Weltausstellung in<br />
Philadelphia den großen Fortschritt bei<br />
der Waffenherstellung kennenlernte. In<br />
der k. u. k. Armee sollten Repetiergewehre<br />
eingeführt werden und Mannlicher<br />
konstruierte mehrere Modelle mit<br />
verschiedenen Magazinen und Verschlüssen.<br />
Er setzte dabei besonders auf<br />
den Geradezugverschluss, der seinen<br />
Konkurrenten bei der Feuergeschwindigkeit<br />
überlegen war. So entstand das<br />
Gewehr M.95, das ein großer Erfolg<br />
war. Hauptabnehmer war die Armee,<br />
welche die Waffe 1896 einführte.<br />
Gewehr für Weltkriege<br />
Damit zogen die Truppen des Kaisers,<br />
die als einzige Großmacht mit einem<br />
Geradezug-Repetierer ausgerüstet waren,<br />
in den 1. Weltkrieg. Sie konnten<br />
damit, im Verhältnis zu den Gegnern,<br />
schneller schießen. Die Waffe war<br />
lange in Gebrauch und spielte auch<br />
in der Zwischenkriegszeit und im 2.<br />
Text: Helmut Neuhold<br />
Weltkrieg eine Rolle. Mit seinem Verschluss<br />
beeinflusste Mannlicher die<br />
Entwicklung von halb- und vollautomatischen<br />
Waffen bis heute. Durch<br />
die „Paketladung“ war sie außerdem<br />
die feuerstärkste Waffe ihrer Zeit und<br />
später bei „Befreiungsbewegungen“<br />
verschiedener Art sehr beliebt, ehe sie<br />
von der Kalaschnikow abgelöst wurde.<br />
Mannlicher war stets am Puls der Zeit<br />
und begann früh mit der Entwicklung<br />
automatischer Waffen. Auf Basis dieser<br />
Konstruktionen entstanden die erfolgreichen<br />
Steyr-Pistolen. Mannlicher<br />
wurde geadelt, erhielt viele Auszeichnungen<br />
und hatte großen geschäftlichen<br />
Erfolg. Er konnte mit Hilfe des<br />
begabten Otto Schönauer auch sehr<br />
erfolgreich Jagdgewehre produzieren.<br />
Kurz vor seinem 56. Geburtstag starb<br />
er überraschend. Abgesehen von der<br />
Faszination an Mannlichers Erfindergeist<br />
ist der Gedanke erschreckend, wie<br />
viele Menschen durch seine Waffen,<br />
vor allem in Kriegen, getötet wurden.