Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Erster Live-Auftritt<br />
seit drei Jahren:<br />
The Cure bei „Rock<br />
amSee" in Konstanz<br />
Rotgeschminkte<br />
Lippen, dickes<br />
Augen-Make-up<br />
und wirre Vogelnest-Frisurdieser<br />
Look<br />
machte Robert<br />
Smith berühmt<br />
THE<br />
CURE<br />
Gothic-Messias<br />
Robert Smith<br />
kehrt zurück<br />
melancholischeStimungdes<br />
BRAVO-Reporter<br />
Hannsjörg Riemann (l.)<br />
seinemComback- traf Robert Smith vor<br />
Konstanz am Bodensee,<br />
17. Juni, ein „historischer"<br />
Augenblick: Ne-<br />
, belwolken steigen von<br />
der Open-air-Bühne des „Rock<br />
am See"-Festivals auf, magisch<br />
angestrahlt von düsteren Rotund<br />
Blautönen der Lichtanlage.<br />
Ein gewaltiger Jubelschrei aus<br />
25.000 Kehlen schrillt plötzlich<br />
durchs Stadion. Während ein<br />
langgezogenes, düsteres Gitarrenriff<br />
in die ohnehin schon<br />
Roberts morbide<br />
Texte und sein<br />
melancholischer Gesang<br />
machtenihnzum"Gothfather"<br />
Mit dem brandneuen, bisher<br />
unveröffentlichten Song „Want"<br />
(Ich will) starteten The Cure ihre<br />
sechs Comeback-Auftritte, die<br />
zwischen dem 17. und 23. Juni<br />
auf Open airs in Konstanz,<br />
Athen, Mailand, Paris, Roskilde<br />
und Glastonbury über die Bühne<br />
gingen. Düstere Psychotexte wie<br />
der von „Want" sind typisch für<br />
Robert, der von seinen Fans<br />
wie ein wiederauferstandener<br />
Messias gefeiert wird. Die lange<br />
Pause seit 1992, in der Rave<br />
und Techno neue musikalische<br />
Trends setzten, konnten der<br />
Legende Cure nichts anhaben.<br />
In Konstanz feierten tausende<br />
Gothic-Jünger mit verzückten<br />
Gesichtern und ekstatischen Tänzen<br />
die „Wiedervereinigung"<br />
mit ihrer Band. Die „radikalen"<br />
Cure-Verehrer machten dabei<br />
nicht nur das wirre Haar und das<br />
schwarzweißrote Schneewittchen-<br />
Make-Up ihres Idols Robert nach.<br />
Sie kopierten sogar dessen<br />
Leichenmiene und den eigentümlichen<br />
Schlurfgang perfekt.<br />
Dem Cure-Sänger, der mit seiner<br />
Ehefrau Mary zurückgezogen<br />
im englischen Seebad Bath<br />
lebt, ist das Aufhebens, das die<br />
Fans um seine Person machen,<br />
eher unangenehm. Er nimmt<br />
sich und sein Image weit weniger<br />
ernst als seine Anhänger.<br />
„Ich schlurfe so traurig durch die<br />
Gegend, weil ich zu faul bin,<br />
meine Schnürsenkel zuzubinden",<br />
erklärt Robert mit einem scheuen<br />
Lächeln. „Ich schaue oft nur deshalb<br />
finster drein, weil ich zuviel<br />
Rotwein getrunken und Kopfweh<br />
habe. Und ich bewege mich<br />
auf der Bühne so seltsam, weil<br />
ich schüchtern und gelegentlich<br />
etwas verkrampft bin."<br />
Zur Zeit haben sich The Cure<br />
im Haus der Filmschauspielerin<br />
Jane Seymour in der Nähe von<br />
Bath einquartiert. In neuer Besetzung<br />
proben Robert (Sänger,<br />
Gitarre), Simon Gallup (Baß),<br />
Perry Bamonte (Tasten, Gitarre),<br />
Roger O'Donnell (Tasten) und<br />
Jason Cooper (Schlagzeug)<br />
Songs für ein neues Album, das<br />
im Februar 1996 erscheinen<br />
soll. „Dann gehen wir noch einmal<br />
auf Tour - es wird bestimmt<br />
unsere letzte!" droht Robert<br />
mit betont tragischem Gesichtsausdruck.<br />
Doch diese Drohung<br />
gehört zum Ritual. Der exzentrische<br />
Rocker, der stets über<br />
Heimweh und Flugangst klagt,<br />
erneuert sie seit 16 Jahren<br />
regelmäßig vor jeder neuen<br />
Tournee . . . Hannsjörg Riemann<br />
Fotos: F. Gabowicz<br />
publication issue (YYYY-MM-DD) country<br />
<strong>Bravo</strong> 28/<strong>1995</strong> (<strong>1995</strong>-<strong>07</strong>-<strong>06</strong>) Germany