Innovative Architektur baut auf Holz - Wald.ch
Innovative Architektur baut auf Holz - Wald.ch
Innovative Architektur baut auf Holz - Wald.ch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2004<br />
<strong>Innovative</strong> <strong>Ar<strong>ch</strong>itektur</strong><br />
<strong>baut</strong> <strong>auf</strong> <strong>Holz</strong><br />
Das Bild von der S<strong>ch</strong>weiz im Ausland war s<strong>ch</strong>on immer geprägt<br />
von der <strong>Holz</strong>ar<strong>ch</strong>itektur. Einst war das Chalet das S<strong>ch</strong>weizer Haus<br />
s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>thin. Heute sorgen kreative Ar<strong>ch</strong>itekten mit topmodernen<br />
<strong>Holz</strong><strong>baut</strong>en für Aufsehen <strong>auf</strong> dem internationalen Parkett.<br />
Internationaler Tag des <strong>Wald</strong>es<br />
Journée internationale de la forêt<br />
Giornata internazionale del bosco
Bis vor ein, zwei Jahrzehnten galt <strong>Holz</strong>ar<strong>ch</strong>itektur in<br />
der S<strong>ch</strong>weiz als traditionsgebunden, wenn ni<strong>ch</strong>t als<br />
nostalgis<strong>ch</strong>. ‹Heimelig› waren <strong>Holz</strong>stuben, bodenständig<br />
das Bauernhaus, gemütli<strong>ch</strong> die Alphütte. Oder man<br />
da<strong>ch</strong>te an provisoris<strong>ch</strong>e Bauten wie Baracken für Saisonniers.<br />
Oder an Fertighäuser aus <strong>Holz</strong>, die in <strong>Ar<strong>ch</strong>itektur</strong>kreisen<br />
lange als Wohnkultur ab der Stange für<br />
Leute mit bes<strong>ch</strong>eidenem Budget und geringen Ansprü<strong>ch</strong>en<br />
an Individualität galten.<br />
Zur <strong>Holz</strong>ar<strong>ch</strong>itektur, die si<strong>ch</strong> in den Neunzigerjahren<br />
entwickelt hat, passen andere Attribute: elegant, gediegen,<br />
modern, individuell oder s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>ön. Die<br />
<strong>Ar<strong>ch</strong>itektur</strong> hat einen Baustoff neu entdeckt, der enorme<br />
Gestaltungsmögli<strong>ch</strong>keiten bietet.<br />
Der Einsatz von <strong>Holz</strong> im Bau hat in den letzten Jahren<br />
stetig zugenommen, au<strong>ch</strong> in Zeiten stotternder<br />
Baukonjunktur. Von 1991 bis 1995 s<strong>ch</strong>rumpfte das Bauvolumen<br />
um 4%, der Bauholzverbrau<strong>ch</strong> stieg um 8%.<br />
<strong>Holz</strong> erobert Marktanteile von anderen Baustoffen wie<br />
Stahl, Beton oder Backstein. Beim Wohnungsbau hat<br />
<strong>Holz</strong> heute einen Marktanteil von 10 %, bei den Wohnhäusern<br />
na<strong>ch</strong> Minergie®-Standard, der Bauweise der<br />
Zukunft (siehe au<strong>ch</strong> Faktenblatt ‹<strong>Holz</strong> nutzen heisst Klima<br />
s<strong>ch</strong>ützen›), sind es bereits 30%.<br />
Titelseite<br />
Wohnhaus Maurer in Langenthal.<br />
Ar<strong>ch</strong>itekt: Thomas Maurer, Langenthal.<br />
(Foto: Francesca Giovanelli/LIGNUM)<br />
Re<strong>ch</strong>te Seite<br />
Wohnbaugenossens<strong>ch</strong>aft Chemin Vert, Carouge.<br />
Ar<strong>ch</strong>itekten: Favre & Guth ar<strong>ch</strong>itecture,<br />
Patrice Bezos und Patrick Lacourt Ar<strong>ch</strong>itekten.<br />
(Foto: Corinne Cuendet/LIGNUM)<br />
Links und unten<br />
Wohnhaus Bois-Gentil, La Chaux-de-Fonds.<br />
Ar<strong>ch</strong>itekten: Charles-Eric Chabloz, Antoine Chabloz,<br />
La Chaux-de-Fonds. (Foto: Corinne Cuendet/LIGNUM)<br />
Bois-Gentil, La Chaux-de-Fonds im S<strong>ch</strong>nitt (unten).<br />
Au<strong>ch</strong> im Innenausbau liegt <strong>Holz</strong> im Trend. Der Verbrau<strong>ch</strong><br />
von Parkettholz hat si<strong>ch</strong> seit 1990 um zwei Drittel<br />
erhöht.<br />
Te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> kann <strong>Holz</strong> mit allen anderen Baumaterialien<br />
mithalten. Ein Würfel von 4cm Kantenlänge aus Tannenholz<br />
trägt im Laborversu<strong>ch</strong> vier Tonnen. Zwar ist <strong>Holz</strong><br />
biologis<strong>ch</strong> abbaubar, do<strong>ch</strong> die zersetzenden Organismen<br />
können nur in einem feu<strong>ch</strong>ten Milieu tätig werden.<br />
Das ri<strong>ch</strong>tige <strong>Holz</strong>, mit Sa<strong>ch</strong>verstand ver<strong>baut</strong> und so vor<br />
Feu<strong>ch</strong>tigkeit ges<strong>ch</strong>ützt, hält nahezu unbegrenzt. Der älteste<br />
<strong>Holz</strong>bau der S<strong>ch</strong>weiz, das Haus Nideröst in S<strong>ch</strong>wyz,<br />
stammt aus dem Jahr 1176. Es wurde vor gut zwei Jahren<br />
sorgsam demontiert und hofft nun in einem Zwis<strong>ch</strong>enlager<br />
<strong>auf</strong> den Wieder<strong>auf</strong>bau an einem geeigneten<br />
Standort.<br />
<strong>Holz</strong> ist quer zur Faser hundertmal weniger zugfest als<br />
längs, quillt und s<strong>ch</strong>windet je na<strong>ch</strong> Feu<strong>ch</strong>tigkeit. Diese<br />
Probleme lassen si<strong>ch</strong> oft dur<strong>ch</strong> <strong>Holz</strong>werkstoffe lösen.<br />
Sperrholzplatten zum Beispiel quellen und s<strong>ch</strong>winden<br />
ni<strong>ch</strong>t und weisen eine glei<strong>ch</strong>mässige Festigkeit <strong>auf</strong>.<br />
Die Lei<strong>ch</strong>tigkeit von <strong>Holz</strong> bei zuglei<strong>ch</strong> hoher Festigkeit<br />
hat bauli<strong>ch</strong>e Vorteile. Stein und Beton sind viel<br />
s<strong>ch</strong>werer. Baut man mit <strong>Holz</strong>, ist ein weniger starkes<br />
Fundament nötig.<br />
Der Erdölverbrau<strong>ch</strong> bei der Ernte im <strong>Wald</strong>, der Verarbeitung<br />
und dem kurzen Transport ist deutli<strong>ch</strong> geringer als<br />
in der Produktions- und Verarbeitungskette von Beton<br />
und Stahl: Im <strong>Holz</strong> steckt weniger ‹graue Energie› als in<br />
diesen gängigen Baustoffen.
Im <strong>Holz</strong>bau liegt das grösste Potential für eine<br />
bessere Nutzung der S<strong>ch</strong>weizer Wälder.<br />
No<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> <strong>Holz</strong>ar<strong>ch</strong>itektur bei uns über<br />
weite Strecken <strong>auf</strong> den Bau von Ein- und Mehrfamilienhäusern.<br />
Beispiele grösserer <strong>Holz</strong>bauwerke zeigen,<br />
was no<strong>ch</strong> mögli<strong>ch</strong> wäre: Mehrges<strong>ch</strong>ossige Wohnsiedlungen<br />
oder Bürogebäude aus <strong>Holz</strong>, S<strong>ch</strong>ulhäuser, Sporthallen,<br />
Strassenbrücken, öffentli<strong>ch</strong>e Bauten.<br />
In sol<strong>ch</strong>e Dimensionen vorstossen kann die <strong>Holz</strong>ar<strong>ch</strong>itektur<br />
dank te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>er Innovationen im Umgang mit<br />
diesem Werkstoff, wel<strong>ch</strong>e die Fors<strong>ch</strong>ung in letzter Zeit<br />
erbra<strong>ch</strong>t hat. Es galt, neue Produkte für neue Anwendungen<br />
zu entwickeln und Prozesse effizienter zu gestalten.<br />
In modernen Fabrikationsanlagen werden heute ganze<br />
Hausteile vorproduziert – Raumzellen, Wände oder<br />
Deckenelemente mitsamt der Wärmedämmung, den<br />
Leitungen, den Fenstern und Türen. Vor Ort fügt man die<br />
Elemente dann zusammen. Die Systembauweise erfordert<br />
sorgfältige Planung, verkürzt aber die Bauzeit<br />
enorm. Ein vorgefertigtes Einfamilienhaus steht na<strong>ch</strong><br />
einem Tag.<br />
Chemin Vert, Carouge im S<strong>ch</strong>nitt.<br />
Ein Gebäude wird für mehrere Generationen ge<strong>baut</strong>. Die<br />
Bedürfnisse können si<strong>ch</strong> in dieser Zeit ändern. <strong>Holz</strong><strong>baut</strong>en<br />
sind flexibel. Sie lassen si<strong>ch</strong> lei<strong>ch</strong>ter erweitern, <strong>auf</strong>stocken<br />
und umbauen als massiv ge<strong>baut</strong>e Häuser.<br />
Bis vor kurzem haben die Brands<strong>ch</strong>utzvors<strong>ch</strong>riften<br />
den Bau mehrges<strong>ch</strong>ossiger Häuser in <strong>Holz</strong> ers<strong>ch</strong>wert.<br />
Sie liessen bloss zweiges<strong>ch</strong>ossige Bauten zu, höhere<br />
waren die Ausnahme. Dank neuer Erkenntnisse und Forts<strong>ch</strong>ritte<br />
im <strong>Holz</strong>bau und im Brands<strong>ch</strong>utz kann diese<br />
Hürde nun gemeistert werden. Die eins<strong>ch</strong>lägigen Vors<strong>ch</strong>riften<br />
werden wohl s<strong>ch</strong>on im l<strong>auf</strong>enden Jahr dem<br />
Stand der Te<strong>ch</strong>nik angepasst. So werden voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />
bald Wohnung-, Büro- oder etwa S<strong>ch</strong>ul<strong>baut</strong>en als <strong>Holz</strong>konstruktionen<br />
bis zu se<strong>ch</strong>s Ges<strong>ch</strong>ossen mögli<strong>ch</strong>. Dieser<br />
S<strong>ch</strong>ritt eröffnet dem <strong>Holz</strong>bau ein weites Zukunftsfeld.<br />
Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> sind der Feuerwehr Konstruktionen aus<br />
<strong>Holz</strong> oft lieber als Metallkonstruktionen. Letztere verformen<br />
si<strong>ch</strong> unter Hitzeeinwirkung ras<strong>ch</strong>, wogegen ein<br />
<strong>Holz</strong>balken seine Stabilität im Brandfall no<strong>ch</strong> sehr lange<br />
behält.<br />
Diese Stärke kommt daher, dass selbst trockenes <strong>Holz</strong><br />
no<strong>ch</strong> Wasser enthält, das zuerst verdampfen muss. So-
Wohnhaus Felsberg, Weggis.<br />
Ar<strong>ch</strong>itekten: Max Bosshard und<br />
Christoph Lu<strong>ch</strong>singer, Luzern.<br />
(Foto: Francesca Giovanelli/LIGNUM)<br />
Links<br />
Lignum - <strong>Holz</strong>wirts<strong>ch</strong>aft S<strong>ch</strong>weiz: Beratung für Planer<br />
und Bauherren zu <strong>Holz</strong> am Bau<br />
www.lignum.<strong>ch</strong><br />
<strong>Holz</strong>bau S<strong>ch</strong>weiz – Verband S<strong>ch</strong>weizer<br />
<strong>Holz</strong>bau-Unternehmungen<br />
www.holzbau-s<strong>ch</strong>weiz.<strong>ch</strong><br />
EMPA, Zentrum für Energie und<br />
Na<strong>ch</strong>haltigkeit im Bauwesen<br />
www.empa.<strong>ch</strong>/zen<br />
ETH-Wohnforum (ETH Züri<strong>ch</strong>, Departement <strong>Ar<strong>ch</strong>itektur</strong>,<br />
Professur Dietmar Eberle)<br />
www.ar<strong>ch</strong>.ethz.<strong>ch</strong>/wohnforum > Projekte > Na<strong>ch</strong>haltige<br />
Entwicklung – illustriert am Beispiel Bauen<br />
und Wohnen mit <strong>Holz</strong>: Interdisziplinär anwendbare<br />
Unterri<strong>ch</strong>tsmaterialien (2002–2003)<br />
Su<strong>ch</strong>katalog <strong>Holz</strong> und Bau, CH & FL<br />
www.holzplattform.<strong>ch</strong><br />
S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Vereinigung für Sonnenenergie<br />
SSES: Se<strong>ch</strong>sfamilienhaus ‹Sunny Woods› (Gewinner<br />
des S<strong>ch</strong>weizer und europäis<strong>ch</strong>en Solarpreises 2002)<br />
www.sses.<strong>ch</strong>/de/zeits<strong>ch</strong>rift > Energieeffizienz ><br />
Gewinner Solarpreis<br />
BUWAL-Programm ‹holz 21›<br />
www.holz21.<strong>ch</strong><br />
lange bleibt die Temperatur im <strong>Holz</strong> im Berei<strong>ch</strong> von<br />
100°C. Bei rund 270°C beginnt die Verbrennung. Die Abbrandges<strong>ch</strong>windigkeit<br />
beträgt etwa 1mm pro Minute.<br />
Au<strong>ch</strong> wenn es in einem tausend Grad heissen Feuer<br />
brennt, bleibt <strong>Holz</strong> s<strong>ch</strong>on einen Zentimeter unter der<br />
verkohlten Oberflä<strong>ch</strong>e unbes<strong>ch</strong>ädigt und der Restquers<strong>ch</strong>nitt<br />
tragfähig. Stahl verliert hingegen s<strong>ch</strong>on<br />
ab 450°C seine Tragfähigkeit, und die Druckfestigkeit<br />
von Beton reduziert si<strong>ch</strong> bei 650°C um zwei Drittel.<br />
Im <strong>Holz</strong>bau liegt das grösste Potential für eine bessere<br />
Nutzung der S<strong>ch</strong>weizer Wälder. ‹holz 21› will<br />
B<strong>auf</strong>a<strong>ch</strong>leuten ebenso wie der breiten Bevölkerung die<br />
Vorteile des einheimis<strong>ch</strong>en Werkstoffs au<strong>ch</strong> für den<br />
mehrges<strong>ch</strong>ossigen Bau näherbringen. Ar<strong>ch</strong>itektonis<strong>ch</strong><br />
anspre<strong>ch</strong>ende Projekte, die einen nennenswerten <strong>Holz</strong>anteil<br />
<strong>auf</strong>weisen und damit Signalwirkung haben, wurden<br />
in der ersten Programmphase bis Ende 2003 gezielt<br />
mit Öffentli<strong>ch</strong>keitsarbeit unterstützt.<br />
Textautor: Hansjakob Baumgartner, Bern<br />
Die Produktion der Faktenblätter wurde massgebli<strong>ch</strong> unterstützt dur<strong>ch</strong> das Förderprogramm ‹holz21› des BUWAL und den Selbsthilfefonds SHF