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400 Jahre Wald Hirschthal/AG - Wald.ch

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Im «Erlebnispark <strong>Wald</strong>» die Vielfalt von Holz und Natur erfahren<br />

<strong>400</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Wald</strong> <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>/<strong>AG</strong><br />

Der <strong>Wald</strong> ist ni<strong>ch</strong>t nur ein na<strong>ch</strong>haltiger<br />

Holzproduzent, der Erholungsu<strong>ch</strong>enden<br />

Ruhe und Anliegern<br />

S<strong>ch</strong>utz bietet. Er kann<br />

ausnahmsweise au<strong>ch</strong> ein Erlebnispark<br />

sein, in dem Tausende<br />

von Mens<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> vergnügen<br />

und viel Neues über den <strong>Wald</strong><br />

lernen. «Der <strong>Wald</strong> ist Leben»,<br />

davon ist Revierförster Urs Gsell<br />

überzeugt. Als OK-Präsident und<br />

Hauptinitiant des <strong>Wald</strong>festes<br />

«<strong>400</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Wald</strong> <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>»<br />

lockte er vom 26. August bis<br />

zum 11. September mehr als<br />

50 000 Mens<strong>ch</strong>en in den <strong>Wald</strong><br />

seiner Gemeinde. Kaum jemand,<br />

der ni<strong>ch</strong>t vom <strong>Wald</strong> als Naturraum<br />

begeistert und von den vielfältigen<br />

Einsatzmögli<strong>ch</strong>keiten des<br />

Baustoffes Holz überras<strong>ch</strong>t war.<br />

er <strong>Wald</strong> gibt uns alles was wir<br />

«Dbrau<strong>ch</strong>en. Er ist wie ein gutmütiger<br />

und ho<strong>ch</strong>sensibler Riese: Fügt man<br />

ihm Leid zu, kann er sehr empfindli<strong>ch</strong> reagieren»,<br />

so Urs Gsell, seit 15 <strong>Jahre</strong>n Revier­<br />

Von Lorenz Hübner<br />

und Reinhard Lässig*<br />

förster von <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>, Muhen und Holziken<br />

im Kanton Aargau. Gsell ist davon beseelt,<br />

der Bevölkerung einen na<strong>ch</strong>haltigen Eindruck<br />

über das diffizile Ökosystem <strong>Wald</strong>,<br />

die Forstwirts<strong>ch</strong>aft und die einheimis<strong>ch</strong>e<br />

Ressource Holz zu vermitteln.<br />

Das <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er <strong>Wald</strong>fest bot eine einzigartige<br />

Gelegenheit dazu: Mit dem «Erlebnispark<br />

<strong>Wald</strong>» würdigte <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong> die<br />

grosse Bedeutung des <strong>Wald</strong>es sowie den<br />

vor vier Jahrhunderten erfolgten <strong>Wald</strong>kauf.<br />

Das <strong>Wald</strong>jubiläum mit dem Erlebnispark<br />

<strong>Wald</strong> war gemäss Peter Stadler, dem<br />

Gemeindeammann und «<strong>Wald</strong><strong>ch</strong>ef» von<br />

<strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>, das grösste Ereignis in der<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te des Dorfes.<br />

* L. Hübner ist Forstingenieur ETH und bildet si<strong>ch</strong> an<br />

der Eidgenössis<strong>ch</strong>en Fors<strong>ch</strong>ungsanstalt WSL in<br />

Birmensdorf bei R. Lässig, Leiter Wissenstransfer<br />

Fors<strong>ch</strong>ungsberei<strong>ch</strong> <strong>Wald</strong>, journalistis<strong>ch</strong> weiter.<br />

Mitten im <strong>Wald</strong> der Gemeinde <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong> stand während zwei Wo<strong>ch</strong>en eine Festhütte mit<br />

Bühne.<br />

Heute habe der <strong>Wald</strong> allerdings ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr dieselbe lebensnotwendige Bedeutung<br />

wie 1605. «Gerade deshalb ist es für<br />

unsere Generation wi<strong>ch</strong>tig, dass ihr der<br />

<strong>Wald</strong> mit all seinen S<strong>ch</strong>önheiten und<br />

S<strong>ch</strong>ätzen wieder in Erinnerung gerufen<br />

wird.»<br />

Die Gemeinde wollte kein abenteuerli<strong>ch</strong>es<br />

Spektakel veranstalten, sondern<br />

dass mögli<strong>ch</strong>st viele am <strong>Wald</strong> Interessierte<br />

den vor der Haustür liegenden <strong>Wald</strong> mit<br />

ihren Sinnen wahrnehmen. «Das Gute ist<br />

so nah», sagt Förster Gsell und meint<br />

damit, dass zum Beispiel am Wo<strong>ch</strong>enende<br />

ein Besu<strong>ch</strong> im nahe gelegenen <strong>Wald</strong> mindestens<br />

so viele Erlebnisse vermitteln<br />

könne wie ein Ausflug in den nä<strong>ch</strong>sten<br />

Adventure­Park.<br />

Der Forstdienst koordinierte die Arbeiten<br />

zum <strong>Wald</strong>fest, und mehr als <strong>400</strong> Einwohner<br />

der rund 1200 Seelen­Gemeinde<br />

<strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong> wirkten am Fest unentgeltli<strong>ch</strong><br />

mit. Zusätzli<strong>ch</strong> leistete der Zivils<strong>ch</strong>utz<br />

2000 Arbeitsstunden. Im Rahmen des<br />

Projektes «Wendepunkt» investierten<br />

Arbeitslose mehr als 500 Einsatzstunden.<br />

Das Militär s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong>, lieferte für den<br />

p r f ü r D E n W a l D<br />

Ein <strong>Wald</strong>stück<br />

im Wert von vier Bauernhöfen<br />

Im <strong>Jahre</strong> 1605 kauften die <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er<br />

Bürger für 2000 Gulden ihren 600 Hektar<br />

grossen <strong>Wald</strong> von der Stadt Bern.<br />

Dieser Betrag entspra<strong>ch</strong> dem Gegenwert<br />

von vier grossen Bauernhöfen und<br />

bedeutete eine eins<strong>ch</strong>neidende Entbehrung<br />

für die Bürger. Do<strong>ch</strong> dass der <strong>Wald</strong><br />

dem Mens<strong>ch</strong> vieles gibt und im Grunde<br />

unbezahlbar ist, das hatten die <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er<br />

s<strong>ch</strong>on vor <strong>400</strong> <strong>Jahre</strong>n erkannt.<br />

Damals war der <strong>Wald</strong> hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />

Holzlieferant (Brenn­ und Bauholz) und<br />

Nahrungsquelle (Beeren, Pilze, Wurzeln,<br />

Kräuter, Wild). Dazumal rentierte der<br />

Holzhandel so gut, dass aus den Erlösen<br />

einerseits die Ärmsten der Gemeinde<br />

unterstützt und andererseits S<strong>ch</strong>ulen,<br />

Kir<strong>ch</strong>en, Strassen und Wasserleitungen<br />

gebaut werden konnten. Heute sind die<br />

drei Standpfeiler des <strong>Wald</strong>es das Holz<br />

(Nutzfunktion), die Wohlfahrt (Erholung,<br />

Naturs<strong>ch</strong>utz) und die S<strong>ch</strong>utzfunktion<br />

(Erosion, Ho<strong>ch</strong>wasser, Lawinen,<br />

Grundwasser).<br />

W A L D U N D H O L Z 10/05 45<br />

Fotos: L. Hübner und R. Lässig, WSL


p r f ü r D E n W a l D<br />

Drei übereinander liegende Stammstücke<br />

dienen Kindern als Klettergerüst.<br />

Anlass sieben Lkw­Ladungen Holzbohlen.<br />

Ni<strong>ch</strong>t zu vergessen sind die Sponsoren,<br />

die vers<strong>ch</strong>iedene Attraktionen grosszügig<br />

finanziell unterstützten.<br />

Holz-attraktionen fanden<br />

grossen anklang<br />

Den Besu<strong>ch</strong>er/­innen des <strong>Wald</strong>festes<br />

wurde viel geboten: Zwei alte Doppelstockbusse<br />

aus London, Baujahr 1960,<br />

pendelten zwis<strong>ch</strong>en Parkplatz und <strong>Wald</strong>rand<br />

hin und her. Im <strong>Wald</strong> selbst lernten<br />

die Gäste dann beispielsweise entlang<br />

eines Köhler­Lehrpfades, wie man im vorindustriellen<br />

Zeitalter Holzkohle herstellte.<br />

Mit der Holzköhlerei riefen die<br />

<strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er ein altes, traditionelles Handwerk<br />

in Erinnerung. Um dieses zu verans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>en,<br />

hatte ein Köhler zusammen<br />

mit Förster Gsells Team 85 Ster Bu<strong>ch</strong>en­<br />

und 5 Ster Tannenholz zu einem Kohlenmeiler<br />

aufges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tet. Aus dem 50­Tonnen­Berg<br />

<strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er Holz gewannen sie<br />

na<strong>ch</strong> einer guten Wo<strong>ch</strong>e 12 Tonnen<br />

feinste Holzkohle. Einige Besu<strong>ch</strong>er/­innen<br />

kamen extra an mehreren Tagen vorbei,<br />

um den ganzen Prozess der Verkohlung<br />

verfolgen zu können. Für einmal kam die<br />

Holzkohle – selbstverständli<strong>ch</strong> mit dem<br />

FSC­ und Q­Label zertifiziert – direkt aus<br />

dem <strong>Wald</strong> und ni<strong>ch</strong>t vom Grossverteiler.<br />

Beim Grillieren wird diese Bio­Holzkohle<br />

länger brennen als industriell hergestellte,<br />

weil der Verkohlungsprozess langsamer<br />

und damit s<strong>ch</strong>onender verlief.<br />

46 W A L D U N D H O L Z 10/05<br />

<strong>Wald</strong>ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te (fast) zum Anfassen: Kohlenmeiler im Erlebnispark.<br />

Neben dem Kohlenmeiler zogen au<strong>ch</strong><br />

der 25 m hohe, eingerüstete Baumturm,<br />

der Baumwipfelweg, die 120 m lange<br />

Riesenruts<strong>ch</strong>bahn und der Sinnesparcours<br />

Tausende von <strong>Wald</strong>besu<strong>ch</strong>ern an. Die<br />

100 m lange <strong>Wald</strong>bergbahn auf Holzs<strong>ch</strong>ienen<br />

und das Holzklangspiel hat<br />

Förster Gsell selber entworfen. Das Klangspiel<br />

bestand aus einer hölzernen Bahn,<br />

in der man unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> grosse Holzkugeln<br />

herunterrollen konnte. An, auf<br />

oder in der Bahn befanden si<strong>ch</strong> Hölzer<br />

und andere Gegenstände, die beim<br />

Zusammenstoss mit den Kugeln vers<strong>ch</strong>iedene<br />

Töne erzeugten. Die Einfa<strong>ch</strong>heit<br />

war genial und animierte viele Kinder<br />

dazu, die hangabwärts kollernden Kugeln<br />

im Sauses<strong>ch</strong>ritt zu begleiten.<br />

Den bis zu 15 m hohen und 250 m<br />

langen Baumwipfelweg bauten die<br />

<strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er zusammen mit Förstern der<br />

Na<strong>ch</strong>bargemeinden auf. Viele Familien<br />

übten si<strong>ch</strong> beim S<strong>ch</strong>langestehen in<br />

Geduld, bevor sie si<strong>ch</strong> auf der Hängebrücke<br />

vorsi<strong>ch</strong>tig S<strong>ch</strong>ritt um S<strong>ch</strong>ritt vorantasteten.<br />

Au<strong>ch</strong> auf dem Baugerüst, das<br />

rings um eine 25 m hohe Lär<strong>ch</strong>e aufgebaut<br />

war, konnten viele ihre S<strong>ch</strong>windelfreiheit<br />

testen. Die Kletterkünstler wurden<br />

mit einem eindrückli<strong>ch</strong>en Blick in den<br />

Lebensraum der Baumwipfel belohnt.<br />

Wann sonst hat man s<strong>ch</strong>on die Mögli<strong>ch</strong>keit,<br />

auf glei<strong>ch</strong>er Höhe mit heranwa<strong>ch</strong>senden<br />

Fi<strong>ch</strong>ten­ und Lär<strong>ch</strong>enzapfen, Tannenspitzen,<br />

Spe<strong>ch</strong>ten und Meisen zu<br />

sein?<br />

Die Holzkugelbahn mit Holzklangspiel, entworfen<br />

von Revierförster Urs Gsell, bra<strong>ch</strong>te<br />

viele Kinder in Bewegung.<br />

Im Märliwald laus<strong>ch</strong>ten ni<strong>ch</strong>t nur Kinder,<br />

sondern au<strong>ch</strong> zahlrei<strong>ch</strong>e Erwa<strong>ch</strong>sene<br />

andä<strong>ch</strong>tig den Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten einer professionellen<br />

Mär<strong>ch</strong>enerzählerin. Nebenbei<br />

konsumierten sie ca. 40 kg <strong>Wald</strong>­Popkorn,<br />

das zwei <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er <strong>Wald</strong>spielgruppenleiterinnen<br />

über dem Lagerfeuer<br />

laufend zubereiteten.<br />

Auf dem Mountainbike­Crossparcours<br />

zeigten junge Biker ihr Können, und am<br />

Bienenstand und bei der Wildsu<strong>ch</strong>e bes­


Der Baumwipfelweg war einer der Publikumsmagnete im<br />

<strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er <strong>Wald</strong>.<br />

serten Gross und Klein ihre Naturkenntnisse<br />

auf. Au<strong>ch</strong> das Freili<strong>ch</strong>t­Laientheater<br />

und vers<strong>ch</strong>iedene Live­Konzerte fanden<br />

so viel Zuspru<strong>ch</strong>, dass die meisten Vorstellungen<br />

vor «vollem Haus» stattfanden.<br />

Im Restaurant Tannenhof und in der<br />

Fu<strong>ch</strong>sbau­Bar, die beide mitten im <strong>Wald</strong><br />

eingeri<strong>ch</strong>tet waren, verpflegten si<strong>ch</strong> die<br />

müde gewordenen <strong>Wald</strong>gäste.<br />

Etwa 20 Försterkollegen halfen Gsell<br />

bei den Führungen der über 200 S<strong>ch</strong>ulklassen.<br />

Mehr als 3500 interessierte S<strong>ch</strong>üler/­innen,<br />

die zum Teil aus den umliegenden<br />

Kantonen angereist waren, wollten den<br />

Erlebnispark kennen lernen. Do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

<strong>Wald</strong>pädagogen aus dem Wels<strong>ch</strong>land<br />

und dem Tessin sowie Gäste aus der<br />

ganzen S<strong>ch</strong>weiz und dem bena<strong>ch</strong>barten<br />

Ausland fanden den Weg in den <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er<br />

<strong>Wald</strong>. Sie alle waren von dem gelungenen<br />

Anlass s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>tweg begeistert.<br />

Das Budget des Forstbetriebs für diesen<br />

einmaligen Event betrugt CHF 500 000.–.<br />

Einnahmen bra<strong>ch</strong>ten vor allem die Eintritte<br />

(Erwa<strong>ch</strong>sene CHF 5.–, Kinder gratis)<br />

und der Gewinn aus der Festwirts<strong>ch</strong>aft.<br />

Gsells Ziel war es von Beginn an, die zweiwö<strong>ch</strong>ige<br />

Nabels<strong>ch</strong>au des <strong>Wald</strong>es kostendeckend<br />

abzus<strong>ch</strong>liessen. Au<strong>ch</strong> der Leiter<br />

der Abteilung <strong>Wald</strong> des Kantons Aargau,<br />

Heinz Kasper, unterstützte dieses Ereignis.<br />

Als Vertreter der kantonalen Forstbehörde<br />

bewilligte er diesen Grossanlass im<br />

<strong>Wald</strong>, allerdings nur unter der Auflage,<br />

dass alle Installationen wieder abgebaut<br />

werden. Für den <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er Förster kein<br />

Problem, der <strong>Wald</strong> soll ja na<strong>ch</strong> dem<br />

<strong>Wald</strong>fest wieder ein Ort der Ruhe sein.<br />

Der <strong>Wald</strong> sei heute so vielseitig wie no<strong>ch</strong><br />

nie, fährt Gsell fort, ebenso die Ansprü<strong>ch</strong>e,<br />

die an ihn gestellt würden.<br />

Vielfältiger <strong>Wald</strong> dient der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

Bestand der <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er <strong>Wald</strong> früher<br />

fast nur aus Bu<strong>ch</strong>en, so ist er heute ein<br />

struk­turierter Mis<strong>ch</strong>wald mit zahlrei<strong>ch</strong>en<br />

alten Weisstannen. Dies ist das Ergebnis<br />

von 200 <strong>Jahre</strong>n Forstges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te. Der <strong>Wald</strong><br />

weist momentan einen dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>en<br />

Holzvorrat von 380m 3 /ha auf, so viel wie<br />

nie zuvor. Ihn beunruhige allerdings die<br />

relativ s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te Vitalität vieler Einzelbäume.<br />

Der Hitzesommer 2003 ma<strong>ch</strong>e<br />

den Bäumen immer no<strong>ch</strong> zu s<strong>ch</strong>affen,<br />

was si<strong>ch</strong> in übermässiger Fruktifizierung<br />

zeige. Gsell sieht in den veränderten<br />

Klimabedingungen die Hauptursa<strong>ch</strong>e für<br />

den derzeitigen <strong>Wald</strong>zustand, denn der<br />

<strong>Wald</strong> sei ein sehr guter Bioindikator. «Wir<br />

müssen das Klima unbedingt in den Griff<br />

bekommen», meint er.<br />

Die Bots<strong>ch</strong>aft des Försters hallt weit über<br />

die Gemeindegrenzen hinaus. Er will Anreize<br />

s<strong>ch</strong>affen, damit mögli<strong>ch</strong>st viele Mens<strong>ch</strong>en<br />

den <strong>Wald</strong> im Alltag vielseitig erleben<br />

können, ni<strong>ch</strong>t nur anlässli<strong>ch</strong> von Festanlässen.<br />

Er will die Mens<strong>ch</strong>en dazu anregen,<br />

ihre Freizeit, sei es für Spaziergang<br />

oder Sport, mehr im <strong>Wald</strong> zu verbringen.<br />

Immerhin sind heute s<strong>ch</strong>on viel mehr<br />

Leute im <strong>Wald</strong> unterwegs als früher, meint<br />

Gsell, und «jeder ma<strong>ch</strong>t seine eigenen Erlebnisse<br />

im <strong>Wald</strong>, 99% davon sind positiv».<br />

Die Holzverwendung ist ein weiteres<br />

Anliegen des <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er Försters. «Wir<br />

können und müssen mehr S<strong>ch</strong>weizer Holz<br />

nutzen», fordert er, denn der jährli<strong>ch</strong>e<br />

Holzverbrau<strong>ch</strong> beträgt in der S<strong>ch</strong>weiz nur<br />

1m 3 pro Person; in Österrei<strong>ch</strong> hingegen<br />

sind es 3m 3 . Gsell mö<strong>ch</strong>te dazu beitragen,<br />

dass die Mens<strong>ch</strong>en dem Werk­ und<br />

p r f ü r D E n W a l D<br />

Im Märliwald: Eine Mär<strong>ch</strong>enerzählerin zog mehr als 700 kleine<br />

und grosse <strong>Wald</strong>gäste in ihren Bann.<br />

Baustoff wieder mehr vertrauen; darum<br />

hat er die meisten Attraktionen des <strong>Wald</strong>festes<br />

aus Holz herstellen lassen und einer<br />

Holzbaufirma und einem Holzheizungsunternehmen<br />

am <strong>Wald</strong>fest Platz eingeräumt.<br />

Erstaunli<strong>ch</strong> viele Besu<strong>ch</strong>er/­innen<br />

informierten si<strong>ch</strong> an diesen Ausstellungen<br />

über energiesparendes Wohnen und über<br />

das Heizen mit Holz und Holzreststoffen.<br />

«Vielen Besu<strong>ch</strong>ern bleibt am S<strong>ch</strong>luss des<br />

Festes die Bots<strong>ch</strong>aft der Holzenergie, in<br />

der es um Ökologie und Na<strong>ch</strong>haltigkeit<br />

geht», meint Gsell. Ni<strong>ch</strong>t zuletzt wegen<br />

der in letzter Zeit massiv gestiegenen<br />

Ölpreise liegen Pellets­Heizungen sowie<br />

alternative Energiete<strong>ch</strong>nologien derzeit<br />

voll im Trend. Der Förster stellte bei vielen<br />

<strong>Wald</strong>gästen fest, dass au<strong>ch</strong> der Holzbau<br />

(Rundholz­/Blockhaus) wieder im Kommen<br />

sei: «Lebendiges Wohnen in heimeliger<br />

Holzumgebung ist bei der Bevölkerung<br />

ein Thema.»<br />

Mögli<strong>ch</strong>keiten der <strong>Wald</strong>pädagogik<br />

auss<strong>ch</strong>öpfen<br />

«Ein s<strong>ch</strong>öner, gepflegter <strong>Wald</strong> erfordert<br />

viel Arbeit, au<strong>ch</strong> dies wollten wir<br />

den Besu<strong>ch</strong>er/­innen zeigen, damit sie zu<br />

Hause darüber na<strong>ch</strong>denken», sagt Gsell.<br />

Er empfiehlt darum anderen Förstern, die<br />

Mens<strong>ch</strong>en auf der Gefühlsebene anzuspre<strong>ch</strong>en<br />

und ihnen die Ruhe des <strong>Wald</strong>es<br />

und die Mögli<strong>ch</strong>keit zur Entspannung<br />

näher zu bringen. Au<strong>ch</strong> sonst investiert<br />

der Förster viel Zeit in die Öffentli<strong>ch</strong>keitsarbeit.<br />

Als Präsident des Aargauer Försterverbandes<br />

beteiligt er si<strong>ch</strong> beispielsweise<br />

an Gewerbeausstellungen. Er<br />

realisierte bei der «Lenzburg» ein Kinder­<br />

W A L D U N D H O L Z 10/05 47


p r f ü r D E n W a l D<br />

s<strong>ch</strong>loss aus Holz, hält regelmässig vor<br />

S<strong>ch</strong>ulklassen Vorträge zu <strong>Wald</strong>themen<br />

und veranstaltete 2003 einen Holzereiwettkampf.<br />

Das Rüstzeug für seine vers<strong>ch</strong>iedenartigen<br />

Kontakte mit der Bevölkerung<br />

holte er si<strong>ch</strong> in waldpädagogi­<br />

s<strong>ch</strong>en Kursen bei CH <strong>Wald</strong>wo<strong>ch</strong>en, der<br />

heutigen Umweltbildungsorganisation<br />

SILVIVA.<br />

Na<strong>ch</strong> Gsell findet die effektivste Art<br />

der Öffentli<strong>ch</strong>keitsarbeit für den <strong>Wald</strong> in<br />

den <strong>Wald</strong>spielgruppen statt. Kinder, die<br />

völlig ungezwungen im <strong>Wald</strong> lernen zu<br />

spielen, haben au<strong>ch</strong> viele <strong>Jahre</strong> später<br />

no<strong>ch</strong> eine positive Einstellung zum <strong>Wald</strong>.<br />

Deshalb sei es sehr wi<strong>ch</strong>tig, dass Förster,<br />

Lehrer/­innen und Kinder in <strong>Wald</strong>spielgruppen,<br />

­kindergärten und ­s<strong>ch</strong>ulen intensiv<br />

zusammenarbeiteten.<br />

Vom <strong>Wald</strong>fest lernen<br />

Wel<strong>ch</strong>en Tipp würde der <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er<br />

Förster einem Kollegen geben, der si<strong>ch</strong><br />

zum Wohle des <strong>Wald</strong>es intensiver mit der<br />

Bevölkerung auseinandersetzen mö<strong>ch</strong>te?<br />

«Für jeden Förster ist es das Wi<strong>ch</strong>tigste,<br />

dass er immer ehrli<strong>ch</strong> und glaubwürdig ist<br />

und wirkt», ist Gsell überzeugt. Ein Förster<br />

müsse aber au<strong>ch</strong> kritikfähig sein,<br />

zuhören können und dürfe auf keinen Fall<br />

abgehoben wirken. Ihm selber ist es langfristig<br />

wi<strong>ch</strong>tig, dass der <strong>Wald</strong> dur<strong>ch</strong> eine<br />

angemessene Pflege mögli<strong>ch</strong>st vielfältig<br />

und das Wissen um den <strong>Wald</strong> und den<br />

Klimas<strong>ch</strong>utz erhalten bleibt. Insbesondere<br />

die Bindung der Mens<strong>ch</strong>en zum <strong>Wald</strong><br />

liegt ihm am Herzen, denn <strong>Wald</strong> und<br />

Mens<strong>ch</strong> sind voneinander abhängig.<br />

Urs Gsell würde darum ein Ereignis wie<br />

das <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>er <strong>Wald</strong>fest jederzeit wieder<br />

dur<strong>ch</strong>führen, au<strong>ch</strong> wenn der Zeit­ und<br />

Kraftaufwand für diese zwei Wo<strong>ch</strong>en<br />

enorm war. «Ohne all die vielen Helfer<br />

hätte i<strong>ch</strong> es ni<strong>ch</strong>t ges<strong>ch</strong>afft», sagt Gsell.<br />

Die rund 50 000 Besu<strong>ch</strong>er/­innen sind<br />

der eindrückli<strong>ch</strong>e Beweis, dass si<strong>ch</strong> der<br />

grosse Aufwand für alle Beteiligten<br />

gelohnt hat.<br />

Weitere Informationen über den<br />

ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Hintergrund dieses aussergewöhnli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Wald</strong>festes, über die vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Attraktionen und Veranstaltungen<br />

sowie umfangrei<strong>ch</strong>es Bildmaterial<br />

finden Interessierte unter der Internetadresse<br />

http://www.wald­hirs<strong>ch</strong>thal.<strong>ch</strong>.<br />

48 W A L D U N D H O L Z 10/05<br />

<strong>Wald</strong>forum zu regionaler Werts<strong>ch</strong>öpfung<br />

Im Rahmen des Grossanlasses organisierte Pro Holz Aargau ein <strong>Wald</strong>forum «Regionale<br />

Werts<strong>ch</strong>öpfung mit Holz; eine Tatsa<strong>ch</strong>e?». Heinz Kasper, Leiter Abteilung <strong>Wald</strong> des<br />

Kantons Aargau, gab zunä<strong>ch</strong>st einen Überblick über die s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Situation der<br />

Forstbran<strong>ch</strong>e. Die S<strong>ch</strong>weiz exportiert Rundholz und importiert Fertigprodukte, die Werts<strong>ch</strong>öpfung<br />

findet somit überwiegend im Ausland statt. Ziel ist für Heinz Kasper, die<br />

Werts<strong>ch</strong>öpfungskette <strong>Wald</strong> und Holz in der S<strong>ch</strong>weiz zu stärken, um exportfähige<br />

Produkte zu erzeugen. Ihm s<strong>ch</strong>webt ein «Cluster Forst und Holz» vor, mit rund<br />

73000 Bes<strong>ch</strong>äftigten und einer Werts<strong>ch</strong>öpfung von rund 6 Mia. Franken. Potenzial ist<br />

vorhanden und es gibt positive Marktsignale: Holz ist in Ar<strong>ch</strong>itektur, Bauwesen und im<br />

Energiesektor im Aufwärtstrend. Mit diesen optimistis<strong>ch</strong>en Worten leitete er über zum<br />

Kanton Aargau. 35% der Kantonsflä<strong>ch</strong>e im Aargau sind <strong>Wald</strong>, die Holznutzung beträgt<br />

mit 514 000m 3 pro Jahr 89% des Zuwa<strong>ch</strong>ses, was europäis<strong>ch</strong>e Spitze bedeutet. S<strong>ch</strong>ätzungsweise<br />

35% des Aargauer Holzes werden im Kanton verkauft, 35% ausserkantonal,<br />

30% werden exportiert. Der Rundholzerlös in den öffentli<strong>ch</strong>en Forstbetrieben im Aargau<br />

ist in den letzten zehn <strong>Jahre</strong>n um die Hälfte eingebro<strong>ch</strong>en, die Produktivität wurde<br />

jedo<strong>ch</strong> im glei<strong>ch</strong>en Zeitraum verdoppelt! Die Aargauer <strong>Wald</strong>wirts<strong>ch</strong>aft hat also reagiert<br />

und die positiven Marktsignale wurden aufgenommen. Kasper ist überzeugt, dass mehr<br />

Marktorientierung fiter ma<strong>ch</strong>t, im Gegenzug aber die öffentli<strong>ch</strong>en Leistungen des<br />

<strong>Wald</strong>es dur<strong>ch</strong> den Staat und die Gemeinden si<strong>ch</strong>ergestellt werden müssen.<br />

Pirmin Jung, Holzbauingenieur aus Rain, blickte kurz auf die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te des Holzbaus<br />

der letzten Jahrhunderte zurück und bewies damit, wie alt die Holzbaute<strong>ch</strong>nik eigentli<strong>ch</strong><br />

ist. In der S<strong>ch</strong>weiz gibt es sehr leistungsfähige Holzbauunternehmen. Viele Konsumenten<br />

denken seiner Meinung na<strong>ch</strong> heute längerfristig und entdecken deshalb die<br />

Na<strong>ch</strong>haltigkeit eines Holzhauses. Jung zeigte au<strong>ch</strong> eindrückli<strong>ch</strong>e Beispiele von ein­ und<br />

mehrges<strong>ch</strong>ossigen Holzbauten und innovativen Projekten mit grosser regionaler Werts<strong>ch</strong>öpfung.<br />

Jules Pikali von Holzenergie Freiamt erklärte in seinem Referat, dass moderne<br />

Holzenergie ni<strong>ch</strong>ts mehr mit den stinkenden Holzöfen von früher zu tun hat. Er zeigte<br />

die positive Ökobilanz und die Wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>keit von Holz gegenüber anderen Energieträgern<br />

auf, ebenso die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Vorteile für die Forstbetriebe bei der Bereitstellung<br />

von Energieholz.<br />

Gion A. Caminada, Ar<strong>ch</strong>itekt aus Vrin, spra<strong>ch</strong> über den Werkstoff Holz aus der Si<strong>ch</strong>t des<br />

Ar<strong>ch</strong>itekten. Das Wort «Werts<strong>ch</strong>öpfung» stammt aus der Ökonomie, aber für ihn als<br />

Ar<strong>ch</strong>itekt kommt Werts<strong>ch</strong>ätzung vor Werts<strong>ch</strong>öpfung. «Holz als Urprodukt ist an si<strong>ch</strong><br />

ohne Wert und ohne S<strong>ch</strong>önheit.» Um daraus ein Objekt zu ers<strong>ch</strong>affen, versu<strong>ch</strong>t Caminada,<br />

si<strong>ch</strong> von Erfahrungen zu befreien. «I<strong>ch</strong> vermeide die Frage na<strong>ch</strong> dem Stil, i<strong>ch</strong> will<br />

ni<strong>ch</strong>t zeitgemässe Ar<strong>ch</strong>itektur ma<strong>ch</strong>en. Anlehnung ist Bequemli<strong>ch</strong>keit und führt nirgends<br />

hin.» Als Beitrag zu «<strong>400</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Hirs<strong>ch</strong>thal</strong>» s<strong>ch</strong>uf Caminada den Holzkörper «Ins<br />

Holz hinein», mit wel<strong>ch</strong>em er das Thema «Holz, Li<strong>ch</strong>t, Raum und Oberflä<strong>ch</strong>en» umsetzte<br />

(Foto).<br />

Annemarie Tuma<br />

Caminadas Holzkörper<br />

betritt man<br />

dur<strong>ch</strong> einen s<strong>ch</strong>malen,<br />

dunklen Eingang.<br />

Der Raum mit<br />

den behandelten,<br />

s<strong>ch</strong>immernden Holzwänden<br />

öffnet si<strong>ch</strong><br />

dann zum hereinbre<strong>ch</strong>enden<br />

Li<strong>ch</strong>t<br />

des Ausgangs. Na<strong>ch</strong><br />

Caminada wollen<br />

die Mens<strong>ch</strong>en, dass<br />

ihnen jemand sagt,<br />

was sie sehen sollen.<br />

Im Innern des Holzkörpers<br />

lesen wir<br />

aber: «Wir sehen<br />

ni<strong>ch</strong>t das was wir<br />

sehen, sondern das<br />

was wir sind.»

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