Rheinkind_Ausgabe 1/2018
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TITELTHEMA RHEINKIND 7<br />
„Wohnpsychologie im Kinderzimmer“ lautete der<br />
vielversprechende Titel einer Veranstaltungsreihe von<br />
MIMM Kindermöbel. Also machten wir uns auf den Weg zu<br />
kinder räume in Düsseldorf, um mehr darüber zu erfahren.<br />
Welche Bedeutung das Kinderzimmer für unsere Kleinen hat<br />
und was Eltern dabei bedenken sollten, erfuhren wir von<br />
Wohnpsychologin Dr. Barbara Perfahl.<br />
Das Kinderzimmer als<br />
Fels in der Brandung<br />
Fotos: Fotolia, Natasha Adveyuk, Dahler & Company Studio Gleis 11, privat<br />
Welchen nachhaltigen Effekt haben Räume auf Menschen?<br />
Räume wirken auf unsere Stimmung, auf unser Stresslevel und unsere<br />
Gesundheit. Darüber hinaus bauen wir zu Räumen, in denen wir uns längere<br />
Zeit aufhalten, eine emotionale<br />
Beziehung auf. Wir binden uns an die<br />
Räume. Kinderzimmer sind außerdem<br />
ein Rahmen für die kindliche<br />
Entwicklung und sie beeinflussen<br />
Kinder damit nachhaltig.<br />
Welchen Bedürfnissen muss das<br />
Kinderzimmer gerecht werden?<br />
Es muss der Rückzugs- und<br />
Erholungsraum für Kinder sein –<br />
das gilt für alle Entwicklungsstufen.<br />
Später fangen Kinder auch an, ihre Räume zu gestalten. Sie nehmen also<br />
Einfluss auf ihre Umgebung und können sich so auch ausdrücken.<br />
Welche Fehler machen Eltern beim Einrichten?<br />
Häufig sind Kinderzimmer viel zu voll – vor allem mit Spielsachen. Um<br />
Reizüberflutung zu vermeiden, ist weniger oft mehr. Und der zweite Fehler<br />
ist ein zu häufiges Umgestalten. Das Kinderzimmer sollte auch zeitlich<br />
„Ein Zuhause für die Seele –<br />
In fünf Schritten zum Wohlfühl-<br />
Zuhause“, Barbara Perfahl,<br />
Kreuz Verlag, 16,99 €<br />
Dr. Barbara Perfahl,<br />
www.die-wohnpsychologin.de<br />
in gewisser Weise ein Fels in der Brandung sein. Das heißt nicht, dass<br />
sich darin nichts verändern darf. Aber alle halbe Jahre ein neuer Wandanstrich<br />
oder ein komplettes Umstellen der Möbel schafft oft eher Unruhe<br />
oder Verunsicherung.<br />
Was sollte man beim Planen des<br />
Kinderzimmers beachten?<br />
Dass die drei wichtigsten<br />
Funktionen des Kinderzimmers<br />
auch räumlich zum Ausdruck<br />
kommen, indem es Zonen<br />
dafür gibt: Nämlich die Schlafund<br />
Ruhezone, die Spielzone<br />
und – vor allem ab dem Kindergarten,<br />
spätestens aber Schulalter<br />
- eine Zone zum konzentrierten Arbeiten.<br />
Ihr Tipp für ein Wohlfühl-Kinderzimmer?<br />
Ich persönlich finde Kinderzimmer am gelungensten, in denen sich eine<br />
ruhige Gestaltungsbasis mit einzelnen ausdrucksstarken Elementen<br />
mischt – das können z.B. farbkräftige Gegenstände oder Wände sein - und<br />
in denen Kinder bestimmte Zonen selbst gestalten können.<br />
Gemeinsames Zimmer?<br />
Eine Frage des Alters<br />
Kleinkinder<br />
Für Kleinkinder sind soziale Kontakte zu anderen Kindern wichtig: Interessen<br />
und Vorstellungen entwickeln, sich vergleichen, kommunizieren und<br />
Rücksichtnahme lernen. Haben die Kinder einen geringen Altersunterschied,<br />
kann ein gemeinsames Reich diese Entwicklungsschritte fördern.<br />
Problematisch kann ein gemeinsames Zimmer bei Kindern bis zum Grundschulalter<br />
mit einem Altersunterschied ab etwa vier Jahren werden. Die Interessen,<br />
Fähigkeiten und Spielideen weichen dann oft stark voneinander ab.<br />
Kinder im Grundschulalter<br />
Je älter die Kinder werden, desto mehr eigene Interessen entwickeln sie.<br />
Auch im Grundschulalter kann ein gemeinsames Kinderzimmer Vorteile<br />
haben: Es ist immer ein Gesprächs- und Spielpartner da, Hausaufgaben<br />
können zusammen gemacht werden u.v.m. Andererseits wünschen sie<br />
sich vielleicht mehr Privatsphäre. Häufig finden die Geschwister eigene<br />
Freunde und die Vorstellungen von Spiel und Spaß können dann voneinander<br />
abweichen. Auch bei verschiedenen Geschlechtern können Konflikte<br />
entstehen.<br />
Größere Schulkinder<br />
Mit dem Schulwechsel ändern sich die Anforderungen, eventuell auch die<br />
Interessen und Freundeskreise. Geschwister, die sich gut verstehen, können<br />
von einem gemeinsamen Zimmer profitieren, indem sie sich gegenseitig<br />
Halt geben und bei Problemen in der Schule oder mit den Eltern einen<br />
vertrauten Ansprechpartner haben. Allerdings bringt die Vorpubertät<br />
im Alter von 11 bis 14 Jahren auch erste hormonelle Veränderungen mit<br />
sich: Stimmungsschwankungen, Streitigkeiten und auseinandergehende<br />
Interessen können dann ungünstig für ein gemeinsames Zimmer sein.<br />
Kinder in der Pubertät<br />
Pubertierende Kinder sollten zwar in der Lage sein, sich zu arrangieren und<br />
Kompromisse zu schließen, die pubertären Einflüsse können jedoch überwiegen.<br />
Die Pubertät ist mit emotionalen Veränderungen verbunden, die<br />
eigene Sexualität wird entdeckt, die Interessen ändern sich. Ein eigenes<br />
Reich ist dann häufig unumgänglich.<br />
Resüme<br />
Kleinen Kindern mit geringem Altersunterschied fällt es oft leichter, sich<br />
ein Zimmer zu teilen. Mit zunehmendem Alter birgt das gemeinsame Reich<br />
auch Konfliktpotenzial. So kann ein Kind im Grundschulalter damit überfordert<br />
sein, sich mit dem zweijährigen Geschwisterchen zu arrangieren.<br />
Lässt die Wohnsituation nur ein gemeinsames Kinderzimmer zu, ist eine<br />
Raumaufteilung sinnvoll, um jedem Kind einen Rückzugsort zu bieten.