Leseprobe "Das Wirrwusel-Orchester"

Birgit und Georg Bydlinski
Andreas Röckener
Das Wirrwusel-
Orchester
Obelisk

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Neue Rechtschreibung
© 2017 by Obelisk Verlag, Innsbruck – Wien
Cover: Andreas Röckener
Alle Rechte vorbehalten
Druck und Bindung: Finidr, s.r.o. Český Těšín, Tschechien
ISBN 978-3-85197-859-9
www.obelisk-verlag.at

Birgit und Georg Bydlinski
Das Wirrwusel-
Orchester
Mit Illustrationen von
Andreas Röckener
Obelisk Verlag

1
Das Wirrwusel saß auf einem Ast
des Wuselbaums
und pfiff vor sich hin.
Das Pfeifen machte ihm Freude.
Das Wirrwusel erfand immer neue Melodien.
Es wiegte sich im Takt
und bewegte dazu
seine vier Flügel:
den blauen, den roten,
den gelben und den grünen –
hin und her und auf und ab.
4

Das Wirrwusel bemerkte nicht,
dass es beobachtet wurde.
Es hatte einen Bewunderer:
Am Nebenbaum saß
ein winziger Kobribri
und verfolgte alles,
was das Wirrwusel tat.
Dem Kobribri kam das Wirrwusel
wie ein berühmter Dirigent vor.
„Aber wen dirigiert es –
die leere Wiese?“,
dachte der Kobribri.
„Es sollte ein Orchester haben!“
5

Der Kobribi hatte einen geheimen Gedanken.
Er flatterte los, in den Wald hinein.
Er rief, so laut er konnte:
„Am Baum sitzt schon der Dirigent.
Ob jemand einen Trommler kennt?“
Der Trommling lag in seiner Erdhöhle
und hob neugierig den Kopf.
Er zwängte sich durch den Eingang
ins Freie hinaus.
„Wer ruft mich?
Da bin ich!“,
brummte er fröhlich.
„Kennst du einen Trommler?“,
fragte der Kobribri gespannt.
Da fing der Trommling an
zu trommeln,
mit zwei Ästen
gegen einen hohlen Baum.
„Ah, du bist selber einer“,
sagte der Kobribri zufrieden
und nahm ihn mit auf die Wiese.
6

Das Wirrwusel pfiff
und dirigierte immer noch.
Sofort schlug der Trommling den Takt dazu.
Das Pfeifen und Trommeln klang wunderbar,
fand der Kobribri.
Aber irgendetwas fehlte noch …
Eine Trompete!
7

2
Der Kobribi flatterte los,
in den Wald hinein.
Er rief laut:
„So wahr ich ein Musik-Fan bin –
ich such eine Trompeterin!“
Die Rüsselmaus
rannte gerade im Dickicht umher
und suchte Futter.
Sie spitzte die Ohren.
„Er sucht mich“,
dachte sie.
Dann begann sie,
mit ihrem Rüssel zu trompeten,
viel lauter,
als man es der kleinen Maus
zugetraut hätte.

Der Kobribri hörte es
und landete auf dem Waldboden.
Da bemerkte er die Rüsselmaus
und fragte:
„Hast du gesehen,
wer gerade so schön trompetet hat?“
Die Rüsselmaus lachte:
„Na klar –
weil ich es selber war!“
„Eine kleine Maus wie du
kann so laut spielen?“,
staunte der Kobribri.
Er glaubte es nicht ganz.

Die Maus holte tief Luft
und trompetete das Lied
„Fuchs, du hast die Gans gestohlen“,
kräftig und schön.
Dann blickte sie stolz
den Kobribri an.
„Super, toll und wunderbar“,
rief der Kobribri.
„Komm mit in unser Orchester!“
Er nahm die Maus
auf seinen Rücken
und flog mit ihr zurück zur Wiese.
Von weitem schon hörten sie
das Pfeifen und Trommeln.
Und als der Kobribri
zur Landung ansetzte,
trompetete die Rüsselmaus bereits mit.
Es klang herrlich.
Aber ob nicht noch eine Geige fehlte?
Oder gar zwei?
10

3
Der Kobribri flatterte los,
in den Wald hinein.
Er kreiste über den Bäumen und Büschen
und rief laut:
„Der Dirigent sitzt in den Zweigen
und braucht ganz dringend noch zwei Geigen!“
Fis-eins und Fis-zwei waren Zwillinge.
Sie lagen auf einer Lichtung im Gras
und kämmten ihre langen, bunten,
lockigen Mähnen –
Fis-eins nach links
und Fis-zwei nach rechts.

„Hast du das vielleicht gehört?“,
fragte Fis-eins.
„Sollen wir uns vielleicht melden?“,
fragte Fis-zwei.
„Wäre das vielleicht schön?“,
fragte Fis-eins.
„Sollen wir vielleicht noch üben?“,
fragte Fis-zwei.
12

Fis-eins zog eine lila Locke
straff nach links,
vom Körper weg.
Mit seinem Geigenbogen
entlockte er der Locke
himmlische Klänge.
„Viel zu kitschig, vielleicht“,
sagte Fis-zwei.
Er zog eine orangerote Locke
straff nach rechts
und fiedelte los –
einen wilden Tanz.
13