England - Bioland
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den männliche und weibliche Mastschweine<br />
auf demselben Feld mit demselben<br />
Futter gemästet, allerdings in getrennten<br />
Gruppen und durch einen kleinen Elektrozaun<br />
abgeteilt. Die letzten zwei bis drei<br />
Wochen verbringen die Mastschweine in<br />
drei großen Tiefstreuboxen im Stall, haben<br />
aber auch hier „Freigang“ und Außenfütterung.<br />
Diese letzten mehr kontrollierten<br />
Lebenswochen machen das Verladen und<br />
die kontinuierliche Marktbeschickung wesentlich<br />
einfacher. Die weiblichen Mastschweine<br />
werden fünf bis sechs Monate<br />
alt bis zur Schlachtung, die männlichen<br />
fünfeinhalb bis sechs Monate. Ebergeruch<br />
im Fleisch kommt nach Tim Finneys Aussagen<br />
bei lediglich zwei Prozent der Eber<br />
vor, ist aber kein Problem in der Verarbeitung.<br />
Eberkämpfe sind kaum ein Problem.<br />
Die Sauen werden in Gruppen von vier bis<br />
sechs Tieren gehalten und nach vier Wochen<br />
werden die Zäune zwischen den<br />
Hütten herausgenommen, sodass die<br />
Eber sich schon lange kennen.<br />
Auf Helens Betrieb werden die Schweine<br />
auf verschiedenen Feldern gehalten: Sauen<br />
mit Ferkeln, trockene Sauen und Mastschweine.<br />
Die Tiere bleiben drei bis vier<br />
Monate auf einem Stück Land, dann wandern<br />
die Hütten und die Elektrozäune auf<br />
den bisher ungenutzten Teil des Feldes.<br />
Die vorherige Nutzung ist Kleegras für<br />
die Milchkühe; nach den Schweinen folgen<br />
Getreide und weitere Fruchtfolgeglieder.<br />
Nach vier Jahren können wieder Schweine<br />
auf das Feld.<br />
Schwanzkupieren, Zähnekneifen, Nasenringe,<br />
Eisenspritzen oder Kastrieren, all<br />
diese Maßnahmen sind nach den Richtlinien<br />
der Soil Association nicht erlaubt und<br />
unterbleiben.<br />
Stallhaltung kaum üblich<br />
Der Standard der Soil Association schreibt<br />
vor, dass die Tiere höchstens 20 Prozent<br />
ihrer Lebenszeit im Stall verbringen dürfen.<br />
Auch „British Quality Pig“ (BQP), eine<br />
große Firma, die konventionell „free-range“<br />
und Bio nach OFF (Organic Food Federation)<br />
Richtlinien produziert und den exklusiven<br />
Supermarkt Waitrose beliefert, lässt<br />
weibliche und nicht-kastrierte männliche<br />
Schweine 365 Tage im Freiland mästen.<br />
Hier werden männliche und weibliche<br />
Tiere oft nicht getrennt.<br />
Die Hauptprobleme in Helens oder BQPs<br />
System sind die hohen Futter- und Arbeitskosten<br />
für die Betreuung der Tiere. Tierarztrechungen<br />
sind minimal. Die Mortalität<br />
liegt bei 7 Prozent, 19 lebende Ferkel pro<br />
Sau und Jahr werden aufgezogen. Das<br />
System hat sich bewährt und läuft seit<br />
Jahren rund mit gutem Erfolg.<br />
M. Phelps<br />
Schweine als touristische<br />
Attraktion<br />
Die Vermarktung hat der Betrieb schon<br />
lange in professionelle eigene Hände genommen.<br />
Katrin Hochberg ist für das<br />
„Business Development“ zuständig. Tim<br />
Finney ist „Managing Director“, beide mit<br />
eleganten Visitenkarten, schließlich sind<br />
die Hauptkunden die großen Supermarktketten<br />
Tesco und Sainsbury’s und die Eigenmarke<br />
will gepflegt werden. Allerdings<br />
wird das Marketing zunehmend diversifiziert:<br />
2.000 direkte Hauslieferungen, Event<br />
Catering, der Bioladen und der Pub sind<br />
in den letzten Jahren hinzugekommen.<br />
Lokaler Tourismus und „Event camping<br />
with pig watching“ sind weitere Ideen.<br />
Kein Wunder, dass der Betrieb 20 Vollzeitund<br />
11 Teilzeitarbeitskräfte beschäftigt.<br />
365 Tage Freiland zum<br />
Nachmachen?<br />
Ob Soil Association oder OFF, alle sind<br />
sich einig, dass sich die zusätzliche Arbeit<br />
für das Wohlbefinden der Schweine lohnt<br />
und sind „less amused“ über billige EU-<br />
Bio-Schweinefleischimporte. Tim Finney<br />
kennt die Bio-Schweinehaltungssysteme<br />
in den meisten EU-Ländern und gibt zu,<br />
dass jedes Land aus kulturellen Gründen<br />
einen anderen Schwerpunkt setzt. In UK<br />
ist eben „365-freerange“ wichtiger als zum<br />
Beispiel 100 Prozent Biofutter oder Futter<br />
vom eigenen Betrieb. Die Erfahrungen in<br />
<strong>England</strong> zeigen, dass dieses System in anderen<br />
Teilen Europas mit ähnlichem Klima<br />
jederzeit möglich ist, falls die Verbraucher<br />
höhere Tierhaltungsstandards fordern.<br />
Lieber weniger Fleisch essen, dafür aber<br />
ethisch und ökologisch mit dem höchsten<br />
Standard ist die Philosophie.<br />
Zu guter Letzt das kulinarische Verdikt:<br />
Helens Pub „The Royal Oak“ für den<br />
„countryside trip“ beim nächsten Londonbesuch<br />
unbedingt einplanen!<br />
Dr. Ulrich Schmutz,<br />
International Research Department,<br />
Garden Organic Ryton, Warwickshire,<br />
E-Mail: uschmutz@gardenorganic.org.uk<br />
Weitere Informationen: www.soilassociation.org,<br />
www.helenbrowningorganics.co.uk,<br />
www.orgfoodfed.com<br />
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