Rede Dieter Beig - Grüne Fraktion im Rathaus Kassel
Rede Dieter Beig - Grüne Fraktion im Rathaus Kassel
Rede Dieter Beig - Grüne Fraktion im Rathaus Kassel
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Stadtverordnetenversammlung am 07.12.2009<br />
<strong>Dieter</strong> <strong>Beig</strong> – Stadtentwicklungspolitischer Sprecher von BÜNDNIS90 / DIE GRÜNEN<br />
<strong>Rede</strong> zur Besetzung der Stelle des Stadtbaurates (Dr. Joach<strong>im</strong> Lohse)<br />
(es gilt das gesprochene Wort)<br />
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren und interessierte Zuschauer,<br />
Als Stadtverordneter habe ich vier – am Rande fünf – Stadtbaurätinnen bzw. –räte erlebt.<br />
Waren diese eher architektonisch ausgerichtet haben die Planer gemosert, waren sie<br />
Planer haben die Architekten gesch<strong>im</strong>pft. Waren Sie Bauingenieure sah man eine<br />
Katastrophe auf <strong>Kassel</strong> zukommen.<br />
So wie diese alle keine Eier-legenden-Wollmichsäue waren, so wenig wird dies Dr.<br />
Lohse sein können.<br />
Unser heute zu wählender Stadtbaurat soll ein Visionär sein, so jedenfalls wünscht ihn<br />
sich Herr Oberbrunner von der FPD, der sich da ganz in den Gegensatz zu<br />
Altbundeskanzler Schmidt bringt, der dazu ja eine gänzlich andere Meinung vertrat. Sie<br />
kennen diese alle: Er empfahl einen Klinikaufenthalt. Zum Visionären später mehr.<br />
Bezüglich der formalen Qualifikationen, die Joach<strong>im</strong> Lohse von interessierter Seite<br />
abgesprochen werden, habe ich wenig Bedenken.<br />
Eine Bewerberin für dieses Amt, die sich dem Wahlvorbereitungsausschuss vorstellte,<br />
hat es auf den Punkt gebracht. Ein Stadtbaurat braucht heute vor allem kommunikative<br />
und vermittelnde, d.h. meditative Qualifikationen. Dies merkte sie als Zusammenfassung<br />
Ihrer Vorstellung an.<br />
Diese Fähigkeit zu besitzen wird Joach<strong>im</strong> Lohse von unterschiedlichsten Seiten - über<br />
alle Parteigrenzen hinweg - attestiert.<br />
Eine weitere Eigenschaft bringt Joach<strong>im</strong> Lohse mit, die für die Stadt ein besonderer<br />
Gewinn sein kann: Die Verinnerlichung des Nachhaltigkeitsgedankens.<br />
Wenn jemand in den letzten zwanzig Jahren diesen Gedanken in seinen Berufsalltag<br />
integrieren musste, dann Joach<strong>im</strong> Lohse.<br />
Warum, werden Sie fragen, hat das eine so hohe Bedeutung für die Stadt <strong>Kassel</strong>? - Jede<br />
Ausgabe, die wir als Stadtverordnete <strong>im</strong> Haushalt freigeben, muss nachweisen, dass sie<br />
die Stadt langfristig überlebensfähig macht. Ich vermute, dass mir der Kämmerer<br />
zust<strong>im</strong>mt!<br />
Da wären der schonende Umgang mit den natürlichen Ressourcen, der Erhalt und<br />
Ausbau zukunftsfähiger Arbeitsplätzen, der Erhalt von Wohnsubstanz, die<br />
Weiterentwicklung der Stadt der kurzen Wege ….. – Nur am Rande: Der ehemalige<br />
FDP Abgeordnete Bernd Doose hat mit seiner Bemerkung heute in der HNA wenig<br />
Visionäres als Kreishandwerkermeister geäußert. Ist es doch gerade sein Berufsstand,<br />
der von ökologischen Auflagen in der Bauwirtschaft am meisten profitiert!!! Sei’s drum.<br />
1
Ich will den Nachhaltigkeitsgedanken an wenigen Beispielen deutlich machen. <strong>Kassel</strong><br />
hat <strong>im</strong> Konkurrenzkampf der Städte nur dann eine Chance zu bestehen, wenn sie die<br />
Bedeutung der Universität gebührend würdigt und alle Maßnahmen zur Stabilisierung<br />
von ansässigen Unternehmen unterstützt. Dabei gilt es die weichen Standtortfaktoren<br />
weiterhin auszubauen.<br />
Dazu zählen ein gutes Angebot an Kinderbetreuung, ein breites schulisches Angebot,<br />
günstige verkehrliche Infrastrukturen, ein breites kulturelles Angebot, die Verbesserung<br />
von Luft- und Lärmemissionen und nicht zuletzt ein Wohnungsangebot, das die<br />
zukünftig steigenden Nebenkosten durch energetische Sanierungen <strong>im</strong> Grenzen hält.<br />
Bei all diesen Zielen wird es eine besondere Aufgabe der Stadtplanung sein, den<br />
sozialen Zusammenhalt der Stadt <strong>im</strong> Auge zu behalten.<br />
Ich zähle dies auf, weil der Stadtbaurat an der Umsetzung der meisten dieser<br />
Zielsetzungen beteiligt ist. Und hierbei sind wiederum kommunikative und vermittelnde<br />
Eigenschaften gefordert. Das ist meine Erkenntnis einiger Jahre Tätigkeit als<br />
Kommunalpolitiker.<br />
Eine weitere Erkenntnis für mich: Stadtplanung ist nicht die Addition von<br />
Einzelprojekten! Aufgabe ist, die Stadt als Ganzes in ihrer demographischen<br />
Entwicklung <strong>im</strong> Blick zu haben, eben die Verfolgung des Nachhaltigkeitsgedanken.<br />
Dies erfordert neben den soeben beschriebenen Eigenschaften besonders strategischen<br />
Entscheidungswillen und - kompetenz.<br />
Dies, Herr Oberbrunner, wird das Visionäre an der neuen Aufgabe des Dezernenten sein.<br />
Das wird Aufgabe von Joach<strong>im</strong> Lohse sein, und genau das trauen wir ihm zu.<br />
Komme ich zum Schluss. Wir haben hier in der Verwaltung einen kompetenten<br />
Mitarbeiterstab. Mit der Universität, den Fachverbänden, ich nenne hier stellvertretend<br />
den Bund Deutscher Architekten und die Vereinigung für Stadt-, Regional- und<br />
Landesplanung, gibt es kompetente Gesprächspartner, die mit viel Professionalität und<br />
bürgerschaftlichem Engagement, Interesse an der Weiterentwicklung <strong>Kassel</strong>s haben. Sie<br />
boten und bieten hoffentlich dem neuen Stadtbaurat weiter ihre Unterstützung an.<br />
Herr Lohse hat in seinen ersten Äußerungen über <strong>Kassel</strong> angemerkt, dass der den<br />
Eindruck gewonnen habe, <strong>Kassel</strong> habe eigentlich viele Ideen, es mangele nur an<br />
Umsetzungsstrategien und an ausreichendem Selbstbewusstsein.<br />
Da kann ich, ganz <strong>im</strong> Schiller’schen Sinne, sagen:<br />
„Dem Manne kann geholfen werden.“<br />
Tragen Sie als die politischen Entscheider mit dazu bei, dass wir Beschlüsse zum Wohle<br />
der Stadt fassen, uns nicht in kleingeistigem Streit verheddern und helfen sie mit bei der<br />
Umsetzung der getroffenen Beschlüsse.<br />
Sie habe heute die Chance, durch ihre Wahl von Joach<strong>im</strong> Lohse, dazu beizutragen.<br />
2