TheaterCourier März 2018
TheaterCourier März 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Humorzone - Lesung Christine Westermann - Staatsoperette - Frau Luna - Diskussionstheater - Boulevardtheater - Interview Torsten Pahl - Comödie - Musical Über Sieben Brücken - Kulturraumgesetz - Theaterkalender - Haus Leipzig - Carl Lohse - Sonderausstellung Meissener Porzellan - Highfield - The Death Of Stalin - Thomas Böttcher uvm.
TheaterCourier März 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Humorzone - Lesung Christine Westermann - Staatsoperette - Frau Luna - Diskussionstheater - Boulevardtheater - Interview Torsten Pahl - Comödie - Musical Über Sieben Brücken - Kulturraumgesetz - Theaterkalender - Haus Leipzig - Carl Lohse - Sonderausstellung Meissener Porzellan - Highfield - The Death Of Stalin - Thomas Böttcher uvm.
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<strong>März</strong> <strong>2018</strong> | Seite 13<br />
AUSSTELLUNG<br />
Voller Farben: Fulminantes Frühwerk des Expressionisten Carl Lohse im Albertinum<br />
Er fand schon früh seinen<br />
Stil und erlebte einen<br />
Schaffensrausch im sächsischen<br />
Bischofswerda<br />
Wer in diesen trüben Tagen zwischen<br />
„nicht richtig Winter“ und „Frühling noch<br />
nicht in Sicht“ ein Bedürfnis nach Farbe<br />
hat, sollte den Weg ins Albertinum finden.<br />
Dort ist jetzt – nach 2017 in Hamburg – die<br />
Ausstellung „Carl Lohse. Expressionist“<br />
im Klingersaal zu sehen. Hereinkommen<br />
– und man ertrinkt in Farben.<br />
Da ist sein „Blauer Junge“, der auch den<br />
Prospekt zur gemeinsamen Ausstellung<br />
der Staatlichen Kunstsammlungen<br />
Dresden und des Ernst Barlach Hauses<br />
Hamburg ziert: rot-orange Augenbrauen,<br />
eine hochgezogene orange Oberlippe,<br />
viel Weiß im Gesicht, umrahmt von<br />
Ocker, auf dem Kopf mischt sich noch<br />
blau hinzu, ebenso wie im Oberteil –<br />
und dazu der durchdringende Blick der<br />
eng stehenden Augen. Für das Porträt<br />
seines Maler-Freundes Erhard Hippold<br />
verwendete er fast nur knalliges, aggressives<br />
Rot. Staunend bleibt man vor<br />
seinen Porträtreihen (Männerkopf in<br />
Rot, Kahlkopf mit Brille, Sie und Porträt<br />
auf Gelb) stehen. Grüne Augenkleckse,<br />
ein knallrotes Gesicht, rosa Schattenflächen,<br />
oranger Hintergrund – so malte<br />
er den Schriftsteller Ludwig Renn,<br />
unrealistisch, aber erkennbar.<br />
Und dann sind da die zarten, fast pastelligen<br />
Bilder wie der „Erntewagen“,<br />
die „Fliegenden Felder“ oder die „Handschuhe“.<br />
Derselbe Maler? Ja, und noch<br />
dazu ist das Frühwerk des in Hamburg<br />
geborenen Carl Lohse (1895-1965) in<br />
den Jahren 1919 bis 1921 im sächsischen<br />
Bischofswerda entstanden. Nach dem<br />
ersten Weltkrieg fand er dort Hilfe<br />
und Unterstützung durch den kunstsinnigen<br />
Armaturenfabrikanten Karl<br />
Hebenstreit. Er malt wie der Teufel in<br />
kürzester Zeit rund 130 Bilder, erlebt<br />
einen wahren Schaffensrausch. Und<br />
entwickelt – gegen jede akademische<br />
Lehre verstoßend – Farbkombinationen,<br />
indem er Schatten nicht dunkler,<br />
sondern farbig macht und so schon<br />
sehr früh seine ganz eigene expressionistische<br />
Malweise fand. So entstanden<br />
auch Ansichten von Bischofswerda, z.B.<br />
„Kleine Stadt“, Bilder von Arbeitern wie<br />
die blau/grünen abstrakten Arbeitsabläufe<br />
in einer „Metalldreherei“ oder das<br />
„Fabrikgebäude“, auf einem heute noch<br />
vorhandenen Gelände am Ortseingang.<br />
Nach Ausstellungen 1920 in der Galerie<br />
Ernst Arnold in Dresden und 1921<br />
Carl Lohse „Kleine Stadt“ | 1920 © VG Bild-Kunst Besucher betrachten den „Blauen Jungen“ © David Pinzer<br />
bei Emil Richter kehrte er für Jahre in<br />
seine Heimatstadt Hamburg zurück.<br />
Erst 1929 zog er nach Bischofswerda<br />
und begann wieder zu malen, setzte<br />
von 1939 bis 1945 aus, ehe seine dritte<br />
Schaffensperiode begann. Wirtschaftlich<br />
wenig erfolgreich, musste er sich immer<br />
wieder damit auseinandersetzen, nicht<br />
gesellschaftskritisch genug zu malen.<br />
Bilder aus dieser Zeit sind realistischer<br />
und weicher gemalt, erreichen aber<br />
nicht das Dynamische, Schwungvolle,<br />
Reduzierte aus seinem Frühwerk. Carl<br />
Lohse lebte bis zu seinem Tod 1965 in<br />
Bischofswerda und wurde dort auf dem<br />
Alten Friedhof beerdigt.<br />
Mit der Ausstellung 2017 in Hamburg und<br />
derzeit in Dresden entdeckte die Kunstszene<br />
praktisch den Expressionisten Carl<br />
Lohse. Gezeigt werden Zeichnungen und<br />
Aquarelle aus dem Kupferstich-Kabinett<br />
Dresden und aus Privatbesitz – erstmals<br />
in diesem Umfang aus öffentlichen<br />
und privaten Sammlungen aus Ost- und<br />
Westdeutschland.<br />
Regine Eberlein<br />
Carl Lohse. Expressionist<br />
Albertinum | Dresden<br />
noch bis 15.04.18<br />
www.skd.museum.de<br />
Sonderausstellung: Falsche Früchte auf echtem Meissener Porzellan ®<br />
Was fasziniert uns<br />
seit Jahrzehnten am<br />
blau-weißen Dekor<br />
des Zwiebelmusters?<br />
In jedem gepflegten Haushalt fand sich<br />
früher etwas mit Zwiebelmuster – und<br />
wenn es nur eine Platte für die großen<br />
Familienfeiern, Pfeffer- und Salznäpfchen<br />
oder auch Plastedosen mit dem frischen<br />
blau-weißen Muster waren... Das<br />
Dekor war schon immer beliebt und fand,<br />
egal ob mit oder ohne Schwerter auf der<br />
Unterseite, seine Liebhaber. Doch wie<br />
entstand das „Zwiebelmuster“? Tränten<br />
etwa die Augen, wenn man echtes Meissener<br />
bezahlten musste?<br />
Eine Sonderausstellung in der Porzellan-<br />
Manufaktur Meissen geht auf die Geschichte<br />
ein und gibt Antwort auf viele<br />
Fragen. Kunsthistorisch kontrovers diskutiert<br />
ist das Zwiebelmuster bis heute<br />
ein Verkaufsschlager und fast so alt wie<br />
die Manufaktur selbst.<br />
Das erfolgreichste Blaudekor der Porzellangeschichte<br />
ist ein kobaltblaues Unterglasurdekor<br />
und wurde etwa ab 1730 nach<br />
fernöstlichen Vorbildern aus der frühen<br />
Ming-Zeit (1420) entwickelt. Unter anderem<br />
als „ordinair blau“ bezeichnet, wurde<br />
es um 1740 von mehreren Fayencefabriken<br />
übernommen. Doch erst ab 1768 interessierten<br />
sich auch andere Porzellanmanufakturen,<br />
wie zum Beispiel die KPM<br />
Berlin, dafür. Seltsamerweise war es im<br />
18. Jahrhundert kaum gefragt und wurde<br />
deshalb selten produziert. Auf sogenannten<br />
Aussteuerlisten wurden sieben Dutzend<br />
Tassen mit Tellern empfohlen.<br />
Ab 1850 bekam es seinen heutigen Namen<br />
und bald gehörte es auch auch in den<br />
wohlhabenden Bürgerhaushalten zum<br />
guten Ton, so ein Service zu besitzen,<br />
natürlich mit den gekreuzten Schwertern<br />
auf der Unterseite.<br />
Witzig ist, dass der Name eigentlich irreführend<br />
ist, denn Zwiebeln waren darauf<br />
ursprünglich nicht abgebildet. Vielmehr<br />
sind es Granatäpfel und Pfirsiche, die als<br />
Symbole der Fruchtbarkeit und Langlebigkeit<br />
dienten. Die Meißner Porzellanmaler<br />
nahmen eine andere chinesische<br />
Variante zum Vorbild: die drei gesegneten<br />
Früchte, Pfirsich, Zitrone und Granatapfel,<br />
aus dem dann die Zwiebel wurde.<br />
Und so stimmten dann endlich auch<br />
Optik und Name überein!<br />
Im Museum der Meissen Porzellan-Stiftung<br />
vereinen sich die frühesten Meissener<br />
Zwiebelmusterporzellane, geschaffen<br />
zwischen 1730 und 1739, deren anfängliche<br />
Fayencen und das chinesische Zwiebelmuster.<br />
Diese inspirierten nicht nur<br />
die Meissener Künstler. Nachahmungen<br />
Teller, unterglasurblaue Malerei, Meissen 1733-1735, © Meissen Porzellan-Stiftung<br />
und faszinierende Verfälschungen aus<br />
drei Jahrhunderten ergänzen die Sonderausstellung<br />
als kostbarer Teil dieser langen<br />
Geschichte.<br />
Erstmals zeigt eine Ausstellung hochkarätige<br />
Leihgaben aus privaten Sammlungen<br />
– diese Zusammenstellung eigener<br />
Stücke und ausgewählter Objekte<br />
aus öffentlichen Museen ist einmalig.<br />
Das Meissener Zwiebelmuster ist bis<br />
heute ein begehrtes Produkt und wird<br />
für Kunden aus aller Welt immer wieder<br />
neu interpretiert. Echtes Meissener<br />
Zwiebelmusterporzellan ist ganz einfach<br />
erkennbar. Seit 1888 darf nur die 1710 auf<br />
der Albrechtsburg Meißen per Dekret<br />
von August dem Starken gegründete<br />
Manufaktur die gemalte Schwertermar-<br />
© Foto: Herbert Boswank<br />
ke auf dem Zwiebelmuster im Fuß der<br />
Bambusstaude zusätzlich anbringen. Die<br />
gekreuzten Kurschwerter werden seit<br />
1731 verwendet, damals mussten alle in<br />
Meißen produzierten Porzellane mit einer<br />
Marke gekennzeichnet werden – sie<br />
lösten die AR-Marke (Augustus Rex) und<br />
den Merkurstab ab.<br />
Regine Eberlein<br />
„Falsche Früchte auf echtem Meissener.<br />
Zur Geschichte des Zwiebelmusters“<br />
Staatliche Porzellan-Manufaktur<br />
Meissen<br />
noch bis 31.12.18<br />
www.porzellan-stiftung.de<br />
Tickethotline: 03521 - 4 76 03 31