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Lokales<br />

Mittwoch, <strong>21</strong>. Februar <strong>2018</strong><br />

Trübe Tauchbrühe<br />

Wenn in der Kläranlage was verloren geht, heißt esNase zuund durch<br />

»Bei einem Defekt<br />

in den Becken wäre<br />

es sehr aufwendig,<br />

das Wasser für<br />

eine Reparatur abzulassen.«<br />

Wolfgang Spille<br />

Kontakt<br />

Sascha Gothe schlägt<br />

mit dem Hammer gegen<br />

die Aluleiter. Kollege<br />

Dirk Bastian schaut kurz<br />

nach oben, reckt den<br />

Arm indie Höhe, bekommt<br />

die dicke Öse<br />

am Stielende zu fassen<br />

und ist wieder weg.<br />

Was bleibt, sind ein<br />

paar Luftblasen auf der<br />

bräunlich­grauen Wasseroberfläche.<br />

Von Axel Roll<br />

BORGHORST.Ein Mitarbeiter<br />

des Klärwerks Borghorst-Süd<br />

hat sich die Hammer-Übergabe<br />

genau angeschaut und<br />

fragt neugierig: „Ist das Kloppen<br />

unter Wasser eigentlich<br />

schwer?“ Sascha Gothe zieht<br />

die Mundwinkel nach oben.<br />

Seine trockene Antwort: „Auf<br />

Deine Finger musst Du schon<br />

aufpassen.“ Dort unten, im<br />

Nachklärungsbeckenganz besonders.<br />

Dirk Bastian sieht<br />

dort nämlich die sprichwörtliche<br />

Hand vor Augen nicht. Für<br />

den 52-Jährigen ist das aber<br />

Routine, das Tauchen inKläranlagenbecken<br />

–und garantiert<br />

kein Witz.<br />

Wolfgang Spille, als Fachdienstleiter<br />

Tiefbau verantwortlich<br />

für die Abwasserreinigung<br />

in der Kreisstadt,kann<br />

gut erklären, warum DirkBastian<br />

und seine Taucherkollegen<br />

bei den Kläranlagenbetreibern<br />

sogefragt sind: „Bei<br />

einem Defekt in den Becken<br />

wäre essehr aufwendig und<br />

teuer, das Wasser für eine Reparatur<br />

abzulassen. Außerdem<br />

wären die Bakterienstämme<br />

weg, die ja die Reinigung<br />

des Wassers vornehmen.“<br />

Also muss Dirk Bastian ran.<br />

Geschützt von einem doppelschichtigenSpezialgummianzugund<br />

einerAusrüstung,die<br />

35 Kilo auf die Waage bringt,<br />

steigt er hinunter in das vier-<br />

Der macht das<br />

schon seit ein paar<br />

Tagen. Der<br />

„<br />

sieht<br />

mit seinen Fingern<br />

TomBedrich<br />

einhalb Meter tiefe Becken.<br />

„<br />

Hier inBorghorst hat er eine,<br />

wie er sagt, „wenig filigrane<br />

Aufgabe“ zu erledigen. Klärmeister<br />

Michael Baumscheiper<br />

ist ein mannshoher Rotor<br />

samt Getriebe abhandengekommen.<br />

Der sorgt sonst für gehörig<br />

Bewegung imWasser. Wodas<br />

Dingliegt –keinerweiß es. Der<br />

Berufstaucher benötigt nur<br />

wenige Minuten. Im Stockdunkeln<br />

wickelt erein Band<br />

mit Haken um das Getriebe<br />

und kurz darauf schwebt der<br />

Rotor am Kranausleger über<br />

dem Becken. Nach einer kurzen<br />

Inspektion kennt Baumscheiper<br />

den Grund für den<br />

Verlust: „Da sind die Schrauben<br />

einfach abgerissen.“<br />

Für DirkBastian, der mitseinen<br />

beiden Kollegen Sascha<br />

Gothe, ebenfalls Taucher, und<br />

Signalmann Tom Bedrich aus<br />

Schenefeld bei Hamburg an-<br />

35 Kilo wiegt die Ausrüstung, mit der der Taucherindiedunkelbraune Brühe steigt. Foto: Axel Roll<br />

und seine Kollegen ebenfalls<br />

zur Routinegehören. Da kommen<br />

sie dann kräftig ins<br />

Schwitzen, hat die Brühe, in<br />

die sie steigen müssen, meistens<br />

mehr als 30 Grad. Bakterien<br />

lieben es bekanntlich<br />

warm. Trotz dieses Arbeitsumfeldes,<br />

das den Ekelfaktor<br />

einesDschungelcamps mühelos<br />

übertrifft, machenBastian<br />

und Gothe ihren Job gerne.<br />

Richtig gerne. „Ich wollte immer<br />

Berufstaucher werden“,<br />

sagt der 52-jährige Bastian, für<br />

den dieser Wunsch erst vor<br />

gut sechs Jahren in Erfüllung<br />

ging.<br />

Der 38-jährige Sascha Gothe<br />

war schon bei der Bundesgereist<br />

ist,war das ein Auftrag<br />

ganz nach seinem Geschmack.<br />

„Meine neuen Klamotten<br />

haben wunderbar<br />

warm gehalten.“<br />

Und von dem Faule-Eier-Geruch,<br />

da bekommt erbei seinen<br />

Tauchgängen nicht viel<br />

mit. Die Luft liefert ein Kompressor,<br />

der im Laster der Firma<br />

Richter vor sich hin tuckert.<br />

Bleibt ihm mal die Luft<br />

aus, stehen noch drei weitere<br />

„Beatmungsgeräte“, eines<br />

trägt der Taucher in Form<br />

einer Sauerstoffflasche auf<br />

dem Rücken, zur Verfügung.<br />

Schlimmerals dieser AußenterminsinddaReparaturenin<br />

Faultürmen, die für Bastian<br />

wehr bei den Pionieren im<br />

Unterwassereinsatz und legte<br />

im Anschluss die Prüfungen<br />

für den Berufstaucher ab. Im<br />

Borghorster Klärbecken fischt<br />

Bastian auch noch denmetallischen<br />

Beifang aus dem Becken,<br />

den der Rotor dort zurückgelassen<br />

hat.<br />

Eine kleine Kurbel, abgebrochene<br />

Bolzen. Tom Bedrich<br />

zieht den Schrott in einem<br />

löchrigen Alueimer, aus dem<br />

die braune Brühe zurück ins<br />

Becken plätschert,anLand. Er<br />

grinst: „Ja, der Kollege kennt<br />

sich aus. Der macht das schon<br />

seit ein paar Tagen. Der sieht<br />

mit seinen Fingern.“<br />

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Der gelbe Rotor war in dem viereinhalb Meter<br />

tiefen Beckenverlorengegangen. Foto:Axel Roll<br />

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