E_1929_Zeitung_Nr.004
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Aosgabe: Deutsche Schweife<br />
BERU, rffr.'fög. 15 jantnr<br />
Nummer 20 O«.<br />
25 Jihrgansf. — N" 4<br />
ERSTE SCHWEIZERISCHE AUTOMOBIL-ZEITUNG<br />
Zentralblatt für die schweizerischen Automobil- und Verkehrs-Interessen<br />
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Äufo und Behörden<br />
Die Strassenverkehrs-Initiative<br />
bleibt aufrecht erhalten.<br />
Das Komitee der Strassenverkehrsliga hat<br />
sich am 10. Januar in Bern zur Vorbereitung<br />
der Generalversammlung, welche auf den<br />
9. Februar nach Bern einberufen wird, versammelt.<br />
Letztere wird sich insbesondere<br />
mit der Situation zu befassen haben, wie sie<br />
durch den Beschluss der eidgenössischen<br />
Räte über die Verkehrsinitiative geschaffen<br />
wurde. Die Kommission war einstimmig darüber<br />
einig, dass nach den erhaltenen Auskünften<br />
im Bundeshaus eine derzeitige Zurückziehung<br />
der Initiative nicht in Frage<br />
kommen könne, da das Initiativkomitee nur<br />
dann Vollmacht zur Zurückziehung der Initiative<br />
besitzt, sofern von Seiten der Bundesversammlung<br />
ein Gegenentwurf vorliegt.<br />
Dies ist jedoch nicht der Fall. Die in beiden<br />
Räten angenommene Motion kann nicht a's<br />
Gegenentwurf gewertet werden und bietet<br />
für die Initianten vorläufig noch zu wenig<br />
Gewähr dafür, dass ihren berechtigten Wünschen<br />
entsprochen werden soll.<br />
So stehen wir vor einem Kampf. Die Situation<br />
ist klar. Die Initianten kämpfen für eine<br />
gute Sache. Seit der letzten Abstimmung hat<br />
sich ihre Anhängerzahl stark vermehrt, so<br />
dass die Aussicht auf Erfolg nicht unwahrscheinlich<br />
ist Solidarität und entschlossener<br />
Kämpf,, werden zum Ziel führen. Wir<br />
zweifeln keinen Augenblick daran, dass die<br />
Generalversammlung, welche sich mit einer<br />
Reihe von Organisationsfragen für das weitere,<br />
Vorgehen zu befassen haben wird, den<br />
klaren Entscheid ihres Komitees auch zu dem<br />
ihriigen machen wird. Es ist dringend nötig,<br />
dass auf dem Gebiete des schweizerischen<br />
Strassenverkehrswesens einmal eine gründliche<br />
Entscheidung getroffen<br />
wird, die im<br />
Interesse aller Strassenbenützer liegt. Es ist<br />
auch nicht daran zu zweifeln, dass unser<br />
Schweizervolk im fortschrittlichen Sinne entscheiden<br />
wird.<br />
Eine Strassendebatte im<br />
Urner Landrat.<br />
Der Urner Landrat befasste sich in seiner<br />
letzten Sitzung anlässlich der Beratung des<br />
Voranschlages <strong>1929</strong> recht eingehend mit seinem<br />
Strassenwesen. Der Kanton Uri ist finanziell<br />
nicht auf Rosen gebettet. Eine Haupteinnahmequelle,<br />
nämlich die Durchgamgsgebühren<br />
für Automobile, ist mit dem<br />
1. Januar <strong>1929</strong> in Wegfall gekommen.<br />
Rekord lieber.<br />
Ein Sportroman von Alfred Nauck.<br />
(9. Fortaetzons)<br />
Das Wetter des nächsten Tages war dem<br />
Rekordversuch nicht besonders günstig. Ein<br />
stark böiger Ostwind herrschte seit dem<br />
frühen Morgen, so dass bei der Fahrt mit<br />
starkem Seitenwind gerechnet werden<br />
musste. Gegen Mittag war auch ein leichter<br />
Regenschauer niedergegangen und hatte auf<br />
der Bahn stellenweise Weine Pfützen hinterlassen,<br />
die sorgfältig getrocknet wurden.<br />
Starke Arbeiterkolonnen befanden sich schon<br />
seit Tagen auf der Rennstrecke und besserten<br />
die geringsten Unebenheiten aus.<br />
Der Zustrom der geladenen Gäste setzte<br />
eine Stunde vor Beginn der Rekordfahrt mit<br />
einer Mächtigkeit ein, dass die Policemen<br />
Mühe hatten, die unübersehbare Wagenkette<br />
zu den Parkplätzen zu leiten. Eine Viertelstund<br />
vor Beginn waren der Innenraum und<br />
die Tribünen dicht von einer erwartungsfrohen<br />
Menge gefüllt. Die Rennkommission<br />
und die Herren der obersten Sportbehörde,<br />
die als offizielle Zeitnehmer fungierten, waren<br />
mit Direktor Bergson zur Stel'e.<br />
Die Spannung war auf das höchste gestiegen.<br />
Wenige Minuten vor 15 Uhr erschienen die<br />
Damit gehen dem Kanton Url selbstverständlich<br />
Tausende und Tausende von<br />
Franken verlustig. Andernteils ist zuzugeben,<br />
dass der Strassenunterhalt gerade<br />
für den Kanton Uri teuer zu stehen<br />
kommt. Trotzdem war der Antrag der Kommission,<br />
auf dem Unterhalt der Strassen<br />
Fr. 25,000 abzustreichen, nicht recht begreiflich.<br />
Die Auffassung der Kommission beweist,<br />
das man sich leider immer noch bei<br />
manchen Räten über die Bedeutung des mo'<br />
dernen Automobilverkehrs keinen rechten<br />
Begriff machen kann und sich leicht von<br />
kleinlichen Ansichten leiten lässt. Güte Strassen<br />
sind aber gerade für einen Gebirgskanton<br />
wie Uri eine Lebensnotwendigkeit und es<br />
wäre eine tatsächlich verfehlte Politik, wollte<br />
der Kanton seine Strassen aus Sparsamkeitsrücksichten<br />
verlottern lassen. Es wäre dies<br />
unbedingt am falschen Ort gespart, was das<br />
gesamte urnerische Gewerbe nur zu bald<br />
zu spüren bekäme. Es ist natürlich klar,<br />
dass Einnahmen u. Ausgaben des Bauwesens<br />
gerade punkto Strassenbau leicht in ein falsches<br />
Licht kommen können, wenn Beiträge,<br />
die unbedingt ihrer Natur nach dem Bauwesen<br />
zugeteilt werden sollten, an andere<br />
Orte hinfiiessem Die Einnahmen aus dem<br />
Benzinzoll-Viertel, aus dem Ausgleichfonds<br />
und aus dem Beitrag an die Alpenstrassen<br />
gehören unbedingt, in das Kassabuch des urtierischen<br />
Batidirektors und nicht anderswo<br />
hin.<br />
. Dem Kanton Uri werden für di© Jahre<br />
1925, 1926, 1927 und 1928 aus dem BenzinzoP-Viertel<br />
rund Fr. 200,000 zufliessen. Mit<br />
dem Bondesbeitrag an die Alpenstrassen<br />
dürfte dem Kanton ein Beitrag sichergestellt<br />
sein, der ihm ohne weiteres einen modernen<br />
Strassenunterhalt erlauben wird. Es<br />
ist deshalb mehr als erfreulich, dass der<br />
Landrat in dieser Frage seiner Kommission<br />
nicht gefolgt ist, sondern mit 23 gegen 18<br />
Stimmen sich für das Budget ausgesprochen,<br />
d. h. die Streichungsanträge der Kommission<br />
verworfen hat. Der Entscheid dürfte wesentlich<br />
auf die k'aren und grosszügigen Voten<br />
von Ständerat Walker und Dr. Mubeim zurückzuführen<br />
sein.<br />
Beim Posten Staubbekämpfung unterlag<br />
dagegen der Antrag der Regierung, der dafür<br />
Fr. 35,000 eingesetzt hatte. Gemäss Kommissionsantrag<br />
wurde er auf Fr. 20,000 abgestrichen,<br />
in der Meinung, dass an Stel'e<br />
der Sulfitlauge-Bespritzurg nach und nach<br />
die Strassenpflästerung einzuführen sei, auf<br />
Brüder Henderson in sichtlicher Nervosität<br />
Der ältere, Henry, kaute an einer Zigarre<br />
und vermochte kaum die von Bekannten dargebotenen<br />
Grüsse zu erwidern. William<br />
Henderson hatte einen leitenden Herrn seiner<br />
Gesellschaft in ein Gespräch gezogen,<br />
das beiderseits nichtssagend geführt wurde<br />
und nur den Zweck hatte, die Minuten bis<br />
zum Beginn totzuschlagen. Endlich ein helles<br />
Glockenzeichen. Die Menge verstummte.<br />
Und unter nervenzerreissendem Motorgeheul<br />
sprangen die Hallentore weit auf und<br />
der Rekordwagen fuhr langsam auf die Bahn<br />
hinaus.<br />
Colonel Miller sass mit erkünstelter Ruhe<br />
am Steuer.<br />
Entsprechend der Rekordfahrtbestimmüngen<br />
wurde fliegend gestartet, mit einer Anlaufstrecke<br />
von vier Meilen. Gewertet wurden<br />
zwei Meilenstrecken, je eine in nördlicher<br />
und südlicher Richtung.<br />
Der Wagen fuhr nun langsam an den Tribünen<br />
vorbei, die Bahn hinaus, damit die<br />
Wertungsmeile unmittefoar vor dem Zielp'atz<br />
beginnen konnte.<br />
Colonel Miller schaute nicht rechts noch<br />
links. Nur kurze Worte wechselte er mit seinem<br />
Begleitfahrer :<br />
welche Weise man den Staub viel wirksamer<br />
bekämpfen könnte.<br />
Zu bemerken ist noch, dass der Benzinzollanteil<br />
im Budget <strong>1929</strong> mit Fr. 30,000 eingestellt-<br />
wurde, währenddem die Verteilungsquote<br />
nach der eidgenössischen Verteilungstabelie<br />
Fr. 49,635 ausmachen wird, so dass,<br />
wie oben erwähnt, für die Jahre 1925, 1926,<br />
1927 und 1928 der Kanton Uri mit einer runden<br />
Summe von Fr. 200,000 Benzinzollantei!<br />
wird rechnen dürfen. Damit wird wohl auch<br />
ganz allgemein der Budgetausigleich wieder<br />
hergestellt werden können.<br />
Aus dem Glarner Landrat.<br />
Anlässlich der Beratung, des Amtsberichts<br />
1927-28 der glarnerischen Regierung beantragte<br />
die Kommission bei dem Bericht über<br />
die Baudirektion, es sei ein Gesamtplan mit<br />
generellem Kostenvoranschläg für. die durchgängige<br />
Verbesserung aller Dorfstrassenstrecken<br />
aufzustellen und ferner sei die Frage<br />
zu prüfen, ob der Landesbeitrag von 50 % an<br />
die Verbesserung der Dorfstrassenstrecken<br />
nicht in dem Sinne erhöht werden solle, dass<br />
für die Beseitigung besonders schwerer Hindernisse,<br />
wie Häuser, Gärten usw. ein besonderer<br />
Landesbeitrag zu gewähren sei. Der<br />
Kommissionsvorschlag betreffend den Gesamtplan<br />
wurde jedoch auf Antrag von Regierungsrat<br />
Hefti. und nach Ausführungen von<br />
Landrät Spälti -in, NetstaJ mit grosser Mehrheit<br />
abgelehnt. Die Hörren Qemeindevertreter<br />
•tollten sich jedenfalls durch einen Gesamt^<br />
plan nicht zu einer StrassenkorrektiOin zwingen<br />
lassen. Nach Ausführungen von Baudirektör<br />
Hefti wurde der zweite. Antrag von<br />
der Kommission in dem Sinne zurückgezogen,<br />
dass auf die ganze Angelegenheit bei der<br />
Beratung der Memorialeingabe Schwyter zurückzukommen<br />
sei. Eine recht interessante<br />
Diskussion entspann sich über die Art der<br />
Durchführung der Strassenkorrektion und des<br />
dabei zu verwendenden Belages. Währenddem<br />
die Kommission für die Pflasterung ein-<br />
«Wir werden's schaffen, Malcolm, wir<br />
schaffen's!»<br />
«Jawohl, Colonel,» versetzte der Angeredete<br />
kurz und ohne Bewegung, «wir schaffend!»<br />
Die Markierung der Anlaufstrecke war erreicht.<br />
Mit einer sicheren Wendung drehte<br />
der Colonel und stoppte den Motor.<br />
Der Starter hielt die weisse Flagge hoch,<br />
in der Linken den Chronometer.<br />
Jetzt ein Ruf, die Flagge senkte sich und<br />
mit einem donnernden Gebrüll, das vielfältig<br />
von den nahen Bergketten widerhallte,<br />
sprang das Fahrzeug förmlich vorwärts.<br />
Es war eine aufregende Fahrt. Der scharfe<br />
Wind, der beim Heraustreten in die Ebene<br />
auch von der Seite her mit unerhörter Wucht<br />
auf den dahinschiessenden Wagen einstürmte,<br />
nahm den Fahrern fast den Atem.<br />
Mit zusammengebissenen Lippen hockte Colonel<br />
Miller am Steuer und konstatierte mit<br />
Befriedigung, dass der Motor mit dem Ablauf<br />
der dritten Mei'e seine vollen Touren<br />
erreicht hatte. Jetzt kam die Markierung der<br />
Südmeile. Und mit Vollgas sauste der Wagen,<br />
gleich einem Phantom, dahin. Der tausendfache<br />
Schrei der Menge verwehte...<br />
Weiter donnerte die Maschine. Die Südkurve<br />
hatte nur vorübergehend das Tempo<br />
verlangsamen können. Unmittelbar dahinter<br />
begann der Viermeilen-Anlauf für die Nordmeile.<br />
Die Geschwindigkeit hatte sich noch<br />
verschärft. Für das menschliche Auge war<br />
der Wagen nicht mehr zu verfolgen.<br />
trat, verteidigte Regierungsrat Heftj den<br />
Mexphaltbelag. Einig war man darüber, dass<br />
bei Steigungen von über 4 % einzig die Pflasterung<br />
in Frage kommen sollte. Ein Antrag<br />
von Oberrichter Schuler, der Regierungsrat<br />
möchte für die Landsgemeinde 1930<br />
eine Vorlage betreffend die Uebernahme der<br />
Klöntalerstrasse durch den Kanton vorbereiten,<br />
stiess ebenfalls auf Opposition von Seite<br />
Regierungsrats Hefti als auch von Landammann<br />
Hauser. Der Antrag zur Verstaatlichung<br />
der Klöntalerstrasse sei verfrüht, so lange<br />
die zweite Etappe des Strassenprogramms<br />
noch nicht einmal in Angriff genommen werden<br />
könne. Die Korporationen sollten sich<br />
vorläufig mit einem erhöhten Beitrage zufrieden<br />
geben, zudem sei das Pragelstrassen-<br />
Projekt noch zu wenig abgeklärt<br />
Da der<br />
Antrag Schuler motionsähnlichen Charakter<br />
trug, wurde mit Einverständnis des Antrag-«<br />
stellers die weitere Diskussion verschoben.<br />
Wir geben der Hoffnung Ausdruck, dass<br />
doch in nützlichster Frist der Glarner Landrat<br />
auf die wichtige Frage zurückkommen<br />
wird, um dabei zugleich auch das PrageU<br />
strassen-Projekt einer nähern Abklärung entgegenzuführen.<br />
Mit ewigem Verschieben und<br />
Ausweichen wird keine Frage gelöst. Unserer<br />
Auffassung nach aber läge es im vitalsten<br />
Interesse nicht nur des Kantons Glarus, sondern<br />
der ganzen Inner- und Ostschweiz,<br />
wenn endlich einmal: das hochwichtige Pragelstrassen-Projekt<br />
einer Verwirklichung entgegengehen<br />
dürfte. Jedenfalls wäre es nicht<br />
mehr vertrüht, wenn die Frage erneut aufgegriffen<br />
und eingehend studiert würde.<br />
Das vom Rate genehmigte Programm för<br />
den Umbau der Kant.onsstrassen im laufenden<br />
Jahr sieht die Korrektion der Strassenstrecken<br />
Bilten-Riedern, Mitlödi-Schwanden<br />
und Filzbach-Obstalden nach dem Kerenzerberg<br />
vor.<br />
Zur Verkehrsregelung<br />
In der Stadt Bern.<br />
Itrder letzten Stadtratssitzung vom 11. Jtnuar<br />
hat die Bürgerfraktiön betreffend der<br />
Verkehrsregelung eine Interpellation eingereicht<br />
folgenden Inhalts:<br />
Der Gemeinderat wird ersucht, darüber<br />
Auskunft zu erteilen:<br />
«1. Ob nicht durch den Entscheid des'Regierungsrates<br />
vom 12. Dezember 1928 bezüglich<br />
Automobilverkehrsverordnung die Autonomie<br />
der Gemeinden zur selbständigen Regelung<br />
des Strassenverkehrs verletzt worden<br />
ist. Ob trotz dieses Entscheides ^ine<br />
möglichst baldige Regelung der Verkehrsverhältnisse<br />
für die Stadt Bern getroffen<br />
werden kann, wobei die einheitlichen Vorschläge<br />
des Schweizerischen Städteverbandes<br />
als Grundlage zu dienen hätte.»<br />
Die Interpellation war zu erwarten. Damit<br />
wird dem Gemeinderat die Gelegenheit gegeben,<br />
sich über die wichtige Materie auszusprechen<br />
und Auskunft zu erteilen, in welcher<br />
Weise die Regelung der Verkehrsver-»<br />
hältnisse in Aussicht genommen ist. Warten<br />
wir einmal die Antwort des Gemeinderates<br />
ab, die Kontroversen zwischen ihm und der<br />
bernischen Regierung dürften recht interessant<br />
werden. K,<br />
Nun lag die zweite Rekordmeile zurück<br />
und der Wagen raste mit unverminderter<br />
Schnelligkeit dem Auslauf, der Nordkurve, zu.<br />
Hier geschah es, dass sich das schwere Fahrzeug<br />
und ohne zunächst sichtbare Ursache,<br />
quer zur Bahn stellte. Ein Angstschrei aus<br />
tausend KeMen setzte ein und übertönte einen"<br />
Augenblick das donnernde Motorengeräüsch.<br />
Im letzten Moment vor dem Umschlagen<br />
glückte es der Meisterschaft Colonel<br />
Miiler, den Wagen abzufangen und wieder<br />
auf die Bahn zu bringen. Eine schlüpfrige<br />
Stelle hätte um ein Haar das grösste Unglück<br />
zur Folge gehabt<br />
Die offizielle Renngeschwindigkeit wurde<br />
mit 206,9 Meilen, gleich 332,968 Kilometer,<br />
festgestellt. —<br />
Ein Weltrekord, wie er grandioser, überwältigender<br />
nicht vorstellbar ist, war damit<br />
erreicht.<br />
Die Begeisterung in den Staaten kannte<br />
an jenem Tage keine Grenzen!<br />
Wet'trekordmann Colonel Miller war In<br />
aller Munde!<br />
Die Henderson-Motor-Car-Company hatte<br />
gesiegt — gesiegt auf der ganzen Linie!<br />
In den nächsten Tagen und Wochen war<br />
der Henderson-Wagen der begehrteste» der<br />
gefragteste der Welt.<br />
Die Händler wurden gestürmt<br />
Der starken Nachfrage konnte nicht mehr<br />
genügt werden.
Einigungsverhandlungen im<br />
Kanton Schwyz.<br />
Am 10. Januar fand zwischen einer Abordnung<br />
des Regierungsrates des Kantons<br />
Schwyz und dem Referendumskomitee betreffend<br />
der Einführungsverordnung zum Automobilkonkordat<br />
eine Konferenz statt.<br />
Dabei konnte eine Einigung über alle wesentlichen<br />
streitigen Punkte der angefochtenen<br />
Verordnung erzielt werden in dem Sinne,<br />
dass diese regierungsrätliche Abordnung der<br />
Regierung vorschlägt, in der nächsten Kantonsratssitzung<br />
die Revision der Verordnung<br />
zu beantragen gemäss den vereinbarten Abänderungen;<br />
ferner soll die Zustimmung der<br />
Fraktionsvorstände des Kantonsrates zu der<br />
vorgesehenen Abänderung eingeholt werden.<br />
Sofern die Regierung und die Fraktionsvorstände<br />
die Zustimmung erteilen, würde der<br />
Kampf gegen die Verordnung eingestellt.<br />
Da die Verfassung einen Rückzag des Referendums<br />
nicht vorsieht, muss die Abstimmung,<br />
die auf den 3. Februar angesetzt ist,<br />
doch durchgeführt werden. //.<br />
Zur Ergänzung der<br />
Zürcher Verkehrsvorschriften.<br />
Es ist an dieser Stelle bereits einlässlich<br />
über das Kreisschreiben des Polizeidepartementes<br />
des Kantons Zürich an die Verkehrsinteressentenverbände,<br />
Statthalterämter, Polizeidirektionen<br />
der Städte Zürich und Winterthur<br />
etc. betreffend verschiedene revisionsbedürftige<br />
Punkte der Vollziehungsverordnung<br />
vom Jahre 1923 berichtet worden. Wie<br />
zu erwarten war, haben nun die der Liga der<br />
Verkehrsinteressenten des Kantons Zürich<br />
angeschlossenen Verbände gemeinsam zu den<br />
verschiedenen zur Diskussion gestellten Problemen<br />
Stellung bezogen und in einer gemeinsamen<br />
Antwort der kantonalen Polizeidirektion<br />
die Auffassung der Verkehrsinteressenten<br />
bekannt gegeben. Soweit wir orientiert<br />
sind, wurde hiebei zu den einzelnen Fragen<br />
wie folgt Stellung genommen:<br />
1. Psychotechnische Prüfung. Die Verbände<br />
lehnen die Einführung der psychotechnischen<br />
Prüfung für alle die Fahrprüfung bestehenden<br />
Kandidaten einmal der finanziellen Konsequenzen<br />
wegen (Minimalkosten der Prüfung<br />
35 Franken) und dann auch wegen der dadurch<br />
bedingten starken Verzögerung in der<br />
Ablegung der Prüfung und in der Ausgabe<br />
der Pahrbesvilligung ab. Sie sind auch der<br />
Ansicht, dass das psychotechnische Institut<br />
in Zürich noch nicht derart eingerichtet und<br />
speziell für die Prüfung hinsichtlich des<br />
Strassenverkehrs zugeschnitten ist, als dass<br />
die bezüglichen Prüfungsbefunde als absolut<br />
massgebender Ausweis für die Eignung der<br />
Kandidaten erklärt werden könnten.<br />
Die Vornahme psychotechnischer Prüfungen<br />
soll daher nur in Ausnahmefällen (Wahrnehmung<br />
körperlicher oder geistiger Mängel<br />
bei der Fahrprüfung, bei schweren Unfällen<br />
etc.) vorgenommen werden, wobei aber noch<br />
der Befund eines kompetenten Spezialarztes<br />
beigezogen werden soll. Aber auch dann soll<br />
das Urteil der psychotechnischen Prüfung<br />
nicht definitiv für die Erteilung oder den Entzug<br />
der Fahrbewilligung in die Wagschale<br />
fallen dürfen.<br />
2. # Ausbildung der Fahrprüfungskandidaten.<br />
Die'verschiedenen Verbände sind der Ansicht,<br />
dass heute im Kanton Zürich genügend Möglichkeiten<br />
bestehen, um durch die Fahrlehrer<br />
oder andere bewährte Fahrer sich eine möglichst<br />
gute Ausbildung im Motorfahrzeuglenken<br />
anzueignen. Aus diesem Grunde sei<br />
davon abzusehen, den Besuch einer obligatorischen<br />
Fahrschule vorzuschreiben. Um aber<br />
ihre tatkräftige Mitwirkung für eine möglichst<br />
gute Ausbildung der Kandidaten zu bekunden,<br />
weisen die Verbände speziell darauf hin^<br />
wie sehr die heute im Kanton Zürich übliche<br />
Fahrprüfung einer Erweiterung bedarf, indem<br />
der Prüfling in vermehrtem Masse auch über<br />
den verkehrstechnischen Teil und das Verkehrsgefühl<br />
des Fahrers examiniert werden<br />
soll. Zu diesem Zwecke ist die Ausgabe einer<br />
verkehrstechnischen Anleitung, die alles Wissenswerte<br />
enthält und an alle Kandidaten vor<br />
der Prüfung abzugeben wäre, durch die kantonale<br />
Motorfahrzeugkontrolle vorzusehen<br />
und eine bezügliche Instruktion der Experten<br />
zu veranlassen.<br />
Die Verbände halten es zudem als wünschenswert,<br />
dass der Fahrunterricht wenn<br />
möglich stets durch solche bewährte Fahrer<br />
erteilt werde, die den. Fahrausweis schon<br />
seit zwei und mehr Jahren besitzen.<br />
3. Beleuchtung der Fahrzeuge. Erwartungs-<br />
Die Produktion der englischen und amerikanischen<br />
Henderson-Werke war auf Monate<br />
hinaus restlos ausverkauft. —<br />
Die World-Motor-Car-Company hatte eine<br />
entscheidende Sch'appe erlitten. Die Welt<br />
stand in dieser Zeit im Zeichen der Hendersons!<br />
—<br />
Und der Sagreve-Motor war als Sieger<br />
aus diesem Ringen hervorgegangen, als Sieger,<br />
von dem die Welt nichts ahnte. —<br />
(Fortsetzung folgt.)<br />
Eine in Solothurn wohnhafte Automobilistin<br />
überfuhr am 14. Juli 1928 auf der Strasse<br />
Avenches-Payerne einen Fussgänger, der<br />
dabei tödliche Verletzungen erlitt. Der Friedensrichter<br />
von Avencfws nahm unverzüglich<br />
eine Untersuchung vor und protokollierte deren<br />
Ergebnisse. Hierbei stellte er an die<br />
Autofahrerin die Fragen, ob sie in dieser<br />
Angelegenheit die Urteilskompetenz der<br />
Waadtländer Gerichte anerkenne und ob sie<br />
einer allfällig später zugestellten Vorladung<br />
Folge leisten wolle. Beides wurde mit Ja beantwortet;<br />
Frage und Antwort sind — natürlich<br />
in französischer Sprache — in dem<br />
Untersuchungsprotokoll aufgezeichnet, welches<br />
vom Friedensrichter und der Automobilistin<br />
unterzeichnet wurde. Hierauf konnte<br />
die Autofahrerin, wieder nach Solothurn<br />
zurückkehren. Einige Tage später schrieb sie<br />
dem Friedensrichter von Avenches, dass sie<br />
die Anerkennung des waadtländischen Gerichtsstandes<br />
in dieser Angelegenheit sowohl<br />
hinsichtlich des Zivilpunktes als des Strafpunktes<br />
widerrufe. Sie machte in ihrem<br />
Briefe geltend, dass das hier in Betracht<br />
fallende Vergehen der fahrlässigen Tötung<br />
ein Auslieferungsdelikt sei und der Kanton<br />
Waadt vor Einleitung eines Strafverfahrens<br />
ein Auslieferungsbegehren stellen müsste. Da<br />
sie jedoch in Solothurn wohne und Bürgerin<br />
von Solothurn sei, verlange sie bezüglich<br />
eines ihr allfällig wegen des Autounfalles zur<br />
Last gelegten Deliktes von den Solothurner<br />
Gerichten beurteilt zu werden, gestützt auf<br />
Art. 1, Absatz 2 des Auslieferungsgesetzes:<br />
« Die Auslieferung von Personen, die in einem<br />
Kanton verbürgert oder niedergelassen sind,<br />
kann... verweigert werden, wenn der Kanton<br />
sich verpflichtet, dieselbe nach seinen Gesetzen<br />
beurteilen und bestrafen... zu lassen.»<br />
Der Brief blieb jedoch ohne Wirkung, denn<br />
der Friedensrichter von Avenches beendete<br />
die begonnene Untersuchung und verfügte<br />
hierauf die Verweisung der Autofahrerin vor<br />
das Bezirksgericht Avenches.<br />
Die derart unter Anklage Gestellte rekurrierte<br />
an das Bundesgericht wegen Verletzung<br />
des AusHeferungsgesetzes. (Die Auslieferung<br />
unter den Kantonen regelt das Bundesgesetz<br />
betr. die Auslieferung von Verbrechern oder<br />
Angeschuldigten vom 24. Juli 1852.) Sie behauptete,<br />
ihre bei der Untersuchung prote^<br />
kollierte Anerkennung des waadtländischen<br />
Gerichtsstandes sei nicht verbindlich.<br />
Das Bundesgericht (staatsrechtliche Abteilung)<br />
war zunächst darüber einig, dass es<br />
sich im vorliegenden Falle um ein Auslieferungsdelikt<br />
handle, da Art. 2 des Auslieferungsgesetzes<br />
die fahrlässige Tötung unter<br />
den Auslieferungsdelikten nennt. Dagegen<br />
gingen die Meinungen darüber auseinander,<br />
ob die Rekurrentin eine gültige Erklärung<br />
über die Anerkennung des waadtländischen<br />
gemäss sprechen sich die Verbände für den<br />
Erlass möglichst einheitlicher Beleuchtungsvorschriften<br />
aus, wobei sie aber auch strikte<br />
verlangen, dass die Polizeibehörden für deren<br />
Beobachtung durch die Fahrzeuglenker zu<br />
sorgen haben, so dass z. B. die Unsitte des<br />
Fahrens mit nur einem Licht bei Automobilen<br />
verschwindet. Die Beleuchtungsart der<br />
einzelnen Fahrzeugkategorien wird irn übrigen<br />
wie folgt vorgeschlagen:<br />
Automobile: vorn zwei weisse Lichter, hinten<br />
ein rotes Schlusslicht; Motorräder: vorn<br />
ein weisses Licht, hinten ein rotes Schiuss-<br />
Ucht; Motorräder mit Seitenwagen: ausser<br />
dem einen weissen Licht vorn am Motorrad<br />
ist auch der Seitenwagen vorn mit einem<br />
weissen Licht zu beleuchten; hinten ein rotes<br />
Schlusslicht.<br />
Die vorstehend genannten Zahlen von<br />
Beleuchtungskörpern sollen ein Minimum<br />
darstellen, wobei andererseits aber auch angeregt<br />
wird, dass die Fahrzeuge und speziell<br />
die Automobile nicht mit einer zu hohen Zahl<br />
gleichzeitig brennender Lichter, d. h. im Maximum<br />
nur mit vier gleichzeitig brennenden<br />
Lichtern versehen sein sollen. Eventuell wird<br />
angeregt, dass bei den Autos der Abstand<br />
der beiden weissen vordem Lichter bestimmt,<br />
resp. mit der Breite des Wagens in Beziehung<br />
zu bringen sei.<br />
Was die Abblendungsfrage anbetrifft, wird<br />
vorgeschlagen, es seien von der kantonalen<br />
Motorfahrzeugkontrolle unter Zuziehung kompetenter<br />
Fachleute diejenigen Bedingungen<br />
aufzustellen, welche für die Zulassung der<br />
verschiedenen Beleüchtungssysteme unbedingt<br />
zu verlangen sind. Die bestehenden<br />
Systeme sollen alsdann an Hand dieser<br />
Minimalanforderungen einer Prüfung unterzogen<br />
und in Form eines Verzeichnisses bekanntgegeben<br />
werden.<br />
4. Vollgummibereifung bei Motorfahrzeugen.<br />
Im Hinblick auf die stärkere Beanspruchung<br />
der Strassen durch Fahrzeuge mit<br />
Vollgummibereifung erklären sich die Ver-<br />
ÄtrrOMOBTL-RFVUB <strong>1929</strong> — N° 4<br />
Ein Auslieferungsbegehren wegen eines Autounfalles.<br />
Aus dem Bundesgericht.<br />
Gerichtsstandes abgegeben habe; eine Minderheit<br />
war geneigt, dies zu bejahen. Die<br />
Mehrheit des Gerichtshofes hielt dagegen die<br />
protokollierte Erklärung für rechtsungültig.<br />
Die Rekurrentin ist, wie von den Waadtländer<br />
Behörden nicht in Abrede gestellt wurde,<br />
nach ihrer Behauptung des Französischen<br />
nicht völlig mächtig, auch hatte sie der Autounfall<br />
in grosse Aufregung versetzt; sie<br />
konnte daher bei ihrer Abhörung die vo.le<br />
Tragweite der beiden vom Friedensrichter<br />
gestellten Fragen nicht erkennen. Eine Unterwerfung<br />
unter den Gerichtsstand des Begehungsortes<br />
darf aber nicht leichthin angenommen<br />
werden, sondern sie hat. nur dann Gültigkeit,<br />
wenn derjenige, welcher eine selche<br />
Erklärung abgibt, weiss^ dass er strafrechtlich<br />
verfolgt wird und welches Deliktes man<br />
ihn beschuldigt Deswegen schreibt das Auslieferungsgesetz<br />
in Art 8 ausdrücklich vor,<br />
dass demjenigen, dessen Auslieferung verlangt<br />
wird, zu eröffnen sei, dass, von wem und<br />
warum er ausgeschrieben sei, worauf zu gewärtigen<br />
ist, ob er gegen die Auslieferung<br />
Einsprache erhebt oder nicht Diese Voraussetzungen<br />
einer gültigen Anerkennung des<br />
Gerichtsstandes waren bei der Abgabe der<br />
protokollierten Erklärung nicht gegeben,<br />
weil die Rekurrentin noch gar nicht wusste,<br />
ob sie überhaupt des Unfalles wegen strafrechtlich<br />
verfolgt werde und wie die Anklage<br />
lauten werde. Liegt aber keine rechtsgültige<br />
Unterwerfung unter den Gerichtsstand des<br />
Begehungsortes vor, so kann der Kanton<br />
Waadt kein Strafverfahren einleiten, bevor er<br />
an Solothurn ein Auslieferungsbegehren gestellt<br />
hat.<br />
In diesem Sinne wurde der Rekurs vom<br />
Bundesgericht mit 5 gegen 2 Stimmen geschützt.<br />
Die Behandlung eines Autounfalles<br />
als Auslieferungsdelikt erscheint freilich recht<br />
umständlich, Ist aber eine Folge der kantonalen<br />
Souveränität in Strafsachen. Der vorliegende<br />
Entscheid könnte leicht dazu führen,<br />
dass künftig bei Autounfällen häufig die Verhaftung<br />
der Beteiligten verfügt wird, die<br />
dann nur gegen Kaution freigelassen würden.<br />
Durch den Uebereifer lokaler Untersuchungsbehörden<br />
könnten da recht unerfreuliche Zustände<br />
heraufbeschworen werden. Der Fall<br />
zeigt wieder einmal mehr, wie wünschbar<br />
eine baldige bundesgesetzliche Regelung des<br />
Strassenverkehrs ist Hoffentlich lässt diese<br />
nicht mehr lange auf sich warten, nachdem<br />
im letzten Dezember die eidgenössischen<br />
Räte zwar die Strassenverkehrsinitiative zur<br />
Verwerfung empfahlen, dafür aber den Bundesrat<br />
zur Ausarbeitung eines Gesetzes einluden,<br />
das «die Verkehrsregelung auf alle<br />
Strassenbenützer erstreckt In dem Umfange,<br />
als ein Zusammenhang mit der Strassenbenützung<br />
durch Automobile und Fahrräder<br />
besteht.» W.<br />
kehrsinteressentenverbände mit deren sukzessiven,<br />
vollständigen Beseitigung einverstanden.<br />
Immerhin soll die Frist vom 31. Dezember<br />
<strong>1929</strong> um ein Jahr auf Ende 1930 hinausgeschoben<br />
werden, um so den Wagenbesitzern<br />
genügend Zeit zur kostspieligen Umstellung<br />
auf Pneubereifung zu geben. Andererseits<br />
soll der Termin für die Zulassung<br />
weiterer Fahrzeuge mit Vollgummibereifung<br />
vom 1. April <strong>1929</strong> auf den 1. Februar <strong>1929</strong><br />
vorgerückt werden, um zu vermeiden, dass<br />
noch zahlreiche neue solche Wagen in Betrieb<br />
genommen werden. Das definitive Verbot der<br />
Vollgummibereifung ab Ende 1930 soll aber<br />
zur Voraussetzung haben, dass neben der<br />
Pneubereifüng alle andern gleichwertigen<br />
Bereifungsarten, wie Hohlkammerreifen oder<br />
andere mindestens gleichwertige Reifen etc.,<br />
ebenfalls zugelassen werden, allerdings aber<br />
nur für Wagen über drei Tonnen.<br />
5. Leuchtzeichen oder Licht hinten am<br />
Fahrrad und Motorrad. Die Verbände schlagen<br />
für Motorrad und Sidecar hinten das<br />
rote Schlusslicht vor, für die Fahrräder eine<br />
gute, sichtbar anzubringende rote Linse (Katzenauge).<br />
Die letztere soll aus Gründen einer<br />
erhöhten Verkehrssicherheit für alle Fahrräder<br />
obligatorisch erklärt werden.<br />
6. Ausdehnung der Gültigkeitsdauer der<br />
Radfahrerbewilügungen. Nach Konsultierung<br />
der Radfahrerinteressenten glauben die Verbände<br />
die Ausdehnung der Gültigkeitsdauer<br />
der Radfahrerbewilligungen auf zwei oder<br />
drei Jahre ablehnen zu müssen. Da zudem<br />
anzunehmen ist, dass in den nächsten Jahren<br />
ein eidgenössisches Automobil- und Fahrradgesetz<br />
das Licht der Welt erblicken wird<br />
und da dann diese Frage auf eidgenössichem<br />
Boden geregelt wird, ist die Sache an sich<br />
auch nicht so dringender Natur.<br />
In ihrer Antwort an die kantonale Polizeidirektion<br />
stellen sich die verschiedenen Verbände<br />
auf den Standpunkt, dass ihres Erachtens<br />
noch verschiedene andere Vorschriften<br />
der Vollziehungsverordnung vom Jahre 1923<br />
ebenso überlebt und revisionsbedürftig sind,<br />
wie die in Diskussion gestellten sechs Punkte.<br />
Sie erwähnen hiebe! nur die Erhöhung des<br />
Innerortstempos von 18 auf 30 km, das Vorfahrtsrecht<br />
gegenüber der Strassenbahn etc.<br />
Es ist denn auch zuzugeben, dass noch eine<br />
Reihe ebenso massgebender Vorschriften<br />
ihrer Abänderung harren und dass es wohl<br />
eher ganze Arbeit bedeuten würde, wenn die<br />
gesamte Vollziehungsverordnung vom Jahre<br />
1923 in Diskussion gestellt und bei deren Revision<br />
den beteiligten Verkehrsinteressentenverbänden<br />
Gelegenheit gegeben würde, bei<br />
der Totalrevision tatkräftig mitzuarbeiten.<br />
s.<br />
Der sechste Genfer Salon<br />
der. wie be-reits gemeldet, in zwei Teilen organisiert<br />
wird, umfasst als Neuerung eine internationale<br />
Ausstellung von Touren- und<br />
Sportilugzeugen, die dem zweiten Teil angegliedert<br />
wird. Der erste Teil der Ausstellung<br />
(vom 15. bis 24. März), schliesst folgende Kategorien<br />
in sich: 1. Personenwagen und komplette<br />
Chassis, 2. Automobilkarosserien, 3. Zubehör<br />
und Einzelteile, 4. Räder und Reifen.<br />
Der zweite Teil des Salons (vom 27. April<br />
bis 15. Mai) setzt sich aus den nachgenannten<br />
Gruppen zusammen: 1. Schwergewichte<br />
und Industriefahrzeuge aller Arten; 2. Karosserien<br />
für Schwergewichte, Autobusse und Industriefahrzeuge;<br />
3. Maschinen mit Motoren<br />
für landwirtschaftliche und industrielle Verwendung,<br />
Bootsmotoren, Flugzeugmotoren;<br />
4. Motorräder und Fahrräder; 5. Zubehör und<br />
Einzelteile; 6. Räder und Bereifung; 7. Verschiedene<br />
Werkzeuge und Werkzeugmaschinen;<br />
8. Ausrüstungsgegenstände, Sportbekleidung<br />
und technische Literatur. In einem Annex<br />
zum Reglement veröffentlichte das Organisationskomitee<br />
die Standpreise. lt.<br />
Amerikanische Projekte für<br />
Riesen-Autostraden.<br />
Wie aus New York gemeldet wird, befasst<br />
man sich in technischen und Regierungskreisen<br />
mit zwei Autostradenprojekten von riesigem<br />
Ausmasse. Quer über den Kontinent<br />
sollen vom Atlantischen Ozean zum Stillen<br />
Ozean zwei grosse Autostrassen angelegt<br />
werden, die jede mehrere Fahrbahnen für<br />
Motorfahrzeuge mit verchiedener Geschwindigkeit<br />
haben. Die Kosten des Baues der<br />
nördlichen Strasse, die von Boston nach<br />
Portland laufen und 5390 Ki.ometer lang sein<br />
wird, werden auf 2^ Milliarden Dollar, die<br />
der südlichen von Savannah im Staate Georgia<br />
nach Los Angeles mit einer Länge von<br />
4505 Kilometer auf 2,1 Milliarden Dollar geschätzt.<br />
Jede dieser beiden cSuper-Highways>,<br />
wie die Amerikaner diese Ueberlandautostrassen<br />
nennen werden, wird durch Betonmauern<br />
von dreissig Zentimeter Dicke und<br />
sechzig Zentimeter Höhe in vier Fahrbahnen<br />
zerlegt Die Gesamtbreite der Strasse wird<br />
mehr als 75 Meter betragen. Die Fahrbahnen<br />
an den Aussenseiten werden ca. zwanzig<br />
Meter breit sein und ausschliesslich für<br />
schnellfahrende Wagen dienen, die eine für<br />
die Richtung Ost-West, die andere umgekehrt.<br />
Dazwischen liegen zwei Bahnen von<br />
ungefähr je siebzehn Meter Breite für Autobusse<br />
und Lastwagen. Zu beiden Seiten der<br />
Innenbahnen sind etwa dreissig Zentimeter<br />
über die Fahrstrasse hinausragende Fusssteige<br />
von nicht ganz zwei Meter Breite vorgesehen.<br />
An zwei Meter hohen Zäunen werden<br />
Reklamen angebracht werden können.<br />
Nach je einer Meile sind Oeffnungen in len<br />
Betonmauern, so dass man von einer Fahrbahn<br />
in die andere hinüberlenken kann. In<br />
Abständen von je zehn Meilen wird Gelegenheit<br />
geboten sein, vom gewöhnlichen Strassennetz<br />
auf die Super-Highways überzugehen.<br />
Das Stoppen und Umkehren wird nur<br />
an bestimmten Stellen möglich sein. An diesen<br />
Punkten wird man sich mit Brennstoff,<br />
Oel, Lebensmitteln usw. versorgen können.<br />
Die Super-Highways, die für den durchgehenden<br />
Verkehr berechnet sind, können natürlich<br />
nicht ins Innere grosser Städte führen.<br />
Sie werden deshalb die Ansiedlungen umgehen<br />
und durch Abzweigungen mit diesen<br />
verbunden werden.<br />
Die Riesensumme von 4,6 MilMarden Dollar,<br />
welche der Bau der beiden Strassen erfordert,<br />
ist ohne Hufe oder Garantie des<br />
Staates kaum aufzubringen. Der Kongress<br />
wird die entsprechende Garantie für die Anleihen<br />
genehmigen müssen. Sobald die erforderliche<br />
Sicherheit vorhanden ist. können<br />
auch die Zufahrtstrassen aus den Städten, die<br />
für die Rentabilität der Super-Highways<br />
notwendig sind, gebaut werden. Man beabsichtigt,<br />
für die Benutzung der Strasse von<br />
Küste zu Küste für ein fünfplätziges Personenauto<br />
eine Gebühr von ungefähr zwanzig<br />
Dollar zu erheben, die je nach Grosse der<br />
Wagen und Länge der durchfahrenen<br />
Strecke abgestuft ist. Die Abgaben der Lastwagen<br />
werden nach Massgabe ihres Gewichtes<br />
berechnet werden. Aber man wird nicht<br />
a'leln auf diese Einnahmen angewiesen sein.<br />
Die Reklamen entlang der Strasse werden<br />
Gewinn abwerfen, al'erlel Unternehmungen,<br />
wie Hotels und Büffets, werden an der<br />
Strasse entstehen und Pachtzinse zahlen und<br />
schliessüch wird der staatliche Flugpostdienst<br />
etwas zu den Kosten beisteuern, denn<br />
die Super-Highways werden nachts beleuchtet<br />
und dadurch ein ausgezeichneter Wegweiser<br />
für die Postflugzeuge darstellen. Z,
N r 4 — <strong>1929</strong><br />
*. c. s.<br />
A. C. S. SEKTION BERN. Ermutigt durch den<br />
beispiellosen Erfolg dos letzten Jahres veranstaltet<br />
die Sektion am 9. Februar im Kasino wiodorum<br />
einen<br />
Maskenball<br />
ond zwar ist dieses Mal nicht mehr dor Burgerratesaal,<br />
sondern der grosso Saal für den Ball belegt<br />
worden. Diese Tatsache wird dem Feste den<br />
3Ia»s6ta-b geben. Die Devise « La Bobemo ä. Paris »<br />
fiffnet der Kostümfrage ein Fold roizvollstor Einfälle,<br />
denen die Dekoration, welche nichts anderes<br />
als die Placc dich? in Paris darstellt, den Rahmen<br />
für eine gesellschaftliche Veranstaltung ersten<br />
Banges verleihen wird. Dio Eintrittskarten gelten<br />
nur für Mitglieder, deren Angehöngo und die von<br />
Mitglfodern eingeführten Gäste. Ueber deren Bezug<br />
«oll noch Näheros berichtet werden v.<br />
A.C.S. SEKTION LIECHTENSTEIN. Die<br />
IV. ordentliche Generalversammlung der Sektion<br />
ist auf den 13./19. Januar a. c im Clublokal der<br />
Sektion, im Gasthaus zur « Linde » in Schaan, einberufen.<br />
Dio Traktandenliste umfasst aus-ser den<br />
Üblichen Jahrestraktanden wie Jahresbericht, JahrssrochnuDff,<br />
Budget, Festsetzung dea Eintrittsgoldes<br />
und Jahresbeitrages u. ft. auch die Revision<br />
der Sektionsstatuten in Anpassung an dio neuen<br />
Zentralstatuten des A. C. S. Aas dem letzteren<br />
Grunde ist die Generalversammlung für zwei<br />
Abende einberufen worden. Am 1. Ahend kommt<br />
In erster Linie dio Statutenrevision zur Behandlung<br />
Diejenigen Traktanden, welche an diesem<br />
Abend keine Erledigung mehr finden können, sollen<br />
am 19. Januar behandelt werden.<br />
DIE A.C.S. SEKTION BASEL hat in ihrer<br />
letzten Vorstandssitzung dio Generalversammlung<br />
auf Samstag den 26. Januar festgesetzt. Diese wird<br />
im Hotel Engel in Liestal abgehalten und von einem<br />
zweiten Akt gefolgt Bein, für dessen Gelingen<br />
die LancUchäftler alle Minen springen lassen, um<br />
die S. B. B. nicht zu überbürden oder gsr die Führung<br />
eines Extrazuges zu veranlassen, hat der lieben Präsidenten der Sektion Zürich des T. C. S.<br />
Solidarität freudig gewertet wurde, Herrn Fehr, den<br />
Vorstand ein Abkommen getroffen, wonach die — er hatte die nächtlich-kalte Bahnfahrt (trotz<br />
etadtbaslerischen Mitglieder einen ad hoc eingerichteten<br />
Aufccar-Dienst benützen können, dessen von der Patensektion Seeland und schliesslich die<br />
Mascotte-Abend t) nicht gescheut! —, Herrn Leiser<br />
Fahrplan in besonderm Zirkular mitgeteilt wird. Presse. Ernster Unterton der Jahresfeier: Herr<br />
Ausserhalb der üblichen Traktanden wird der Generalversammlung<br />
ein Projekt für dio Schaffung kehrspolitischen Ueberblick die Rückständigkeit der<br />
Präsident Baumgartner beleuchtete in einem ver-<br />
eines eigenen Zentralbureaus mit eigenen Klubräumen<br />
vorgelegt, worüber vorläufig aus bestimmten derte gerechtere Versteuerung, Einführung des Ver-<br />
autoinobili^tischen Bewegung im Kanton Bern, for-<br />
Gründen noch keine nähern Angaben gemacht werden<br />
können. Immerhin hat der Vorstand fest be-<br />
zum Zusammenschluss aller Automobilisten in den<br />
kehrsunterrichts in den Schulen. Mit einem Appell<br />
schlossen, diesen Schritt zu wagen, um den Mit-Clubs — sei ea im T. C. S. oder im A. C. S. — zur<br />
gliedern dio Vorteile zu bieten, wie sio bei der<br />
Inanspruchnahme einer Auskunftstello beim heutigen<br />
Mitgliederbestande geboten werden müssen.<br />
Einen wesentlichen Teil der letzten Vorstandseitzung<br />
nahm die Verslcherunosfraue in Anspruch<br />
Dio Basler Automobilisten wurden vor einigen Tagen<br />
mit einem Zirkular der Automobükontrolle<br />
überrascht, dem ein weiteres der verschiedenen<br />
Versicherungsgesellschaften beilag Dio Quintessenz<br />
bildete die Erhöhung der bisherigen Prämien im<br />
Betrage bis zu 100 Prozent, auch für diejenigen<br />
Mitglieder, die mit den Gesellschaften mehrjährige<br />
Verträge abgeschlossen hatten. Tatsächlich steht die<br />
Erhöhung in keinem Verhältnisse mit den gebotenen<br />
Mehrleistungen, sondern ca wurde bei der Gelegenheit<br />
versucht, auch den Inhabern mehrjähriger<br />
Verträge die neuen Prämienansätze zuzumuten,<br />
wobei ferner in Betracht fällt. da-ss das Vorgehen<br />
der Behörden vom rechtlichen Standpunkte aus. unhaltbar<br />
ist. Es kann Im Rahmen diese.-* Berirhtee<br />
nicht auf Einzelheiten eingetreten werden. Verschiedene<br />
Herren vom Vorstand der Sektion Basel wurden<br />
dclppiprt in das Aktionskomitee, äits gegen die<br />
ungerechtfertigte Erhöhung der Prämien und die<br />
Uebergriffp der behördlichen Instanzen Stellung<br />
nehmen soll und sich aus allen Vertretern de.*<br />
baslerischen Motorfahrzeugwesens zusammensetzt<br />
lieber den weitem Verlauf soll später ausführlich<br />
referiert worden.<br />
Bei dor Besprechung des sportlichen Programms<br />
Von <strong>1929</strong> wurden hauptsächlich zwei erössere Veranstaltungen<br />
in Aussicht genommen Erstens eine<br />
Ballonverfolgungsjagd, die auf Anfang Mai angesetzt<br />
würde und in dem Sinne international sein<br />
wird, das« auch französische« oder deutsches Gebiet<br />
betreten werden muss und dor Wettbewerb sich<br />
nicht mif baslprische Konkurrenz b*«chrnnVpT><br />
sondern für sämtliche Sektionen des A C. S offen<br />
sein soll Voraiwiohtlich wird es sich dabei um<br />
einen Equipen-Wettbewerb handeln Im Juni voranssirhfMch<br />
wird sich eine Autavia an-whlipssen<br />
DI« beiden Veranstaltungen sind so gut als sicher<br />
doch möchten wir mit der Pelcinnfsrabe weiterer<br />
Einzelheiten zuwarten, bis das Programm auch<br />
von den mitbeteiligten Vereinisninsren und der Mili-<br />
{ämviafilc in atten Teilen festgelegt ist. f)<br />
i i . --O<br />
Die Errlohtunn einer Autofähre<br />
Gersau-Beckenried<br />
wird von der Sdiiffbaufirma Waser in Stansstad<br />
geplant. Die Linie Ostschweiz-Ensre!-<br />
berg und Brfinig könnte dadurch ganz merklich<br />
abgekürzt werden. Man plant die Erstellung<br />
eines speziellen Dampfers sowie<br />
dfe -notwendigen Ein- und Aus'adevorrichtungen<br />
in Gersau und Beckenried.<br />
In seiner letzten ausserordentlichen Sitzung<br />
hat der Bezirksrat Gersau die Sache<br />
eingehend besprochen und er steht dem Projekt<br />
sehr sympathisch gegenüber. R.<br />
Kölner Frühjahrsmesse. In Verbindung mit<br />
der vom 17.—20. März stattfindenden Kölner<br />
Frühjahrsmesse wird der Reichsverband des<br />
Motorfahrzeughandels und -gewerbes eine<br />
vom 17.—24. März dauernde Sonderausstellung<br />
cAutomobil-Reparatur und -Zubehör»<br />
veranstalten. Der Kern der Sonderschau ist<br />
eine Muster-Reparaturwerkstatt, um die nötige<br />
Rationalisierung der Automobilreparatur,<br />
die einerseits Senkung der Unterhaltungskosten<br />
für Automobile, anderseits Rentabilität<br />
der Reparaturwerkstätten bedeutet, praktisch<br />
vor Augen zu führen.<br />
Eine Hfiftpflicht-Versicherunn für Slrassenbe<br />
nützer — die erste in der Schweiz — ist dor Kanton<br />
Baselland abzuschliessen im Begriff Der Reßierungsrat<br />
hat dio Baudirektion ermächtigt, eine<br />
Haftpflichtversicherung gegenüber Drittpersonen<br />
für Unfälle und Sachschaden auf dem kantonalen<br />
Strasaongebiet einzugehen,<br />
—ey.<br />
(12 Januar 1920).<br />
Von den « Webern » über den t Schweizerhof »<br />
zum Kasino, das ist das äussore Bild der Entwicklung<br />
des, wie in der offiziellen Ansprache betont<br />
wurde, spät aufgestandenen, aber nun in machtvoller<br />
Entwicklung begriffenen Berner Cluba.<br />
Vier schwindelnd lange weisse Tischreihen,<br />
Schulter an Schultor dichtbesetzt, eine Perlenschnur,<br />
deren Buntheil durch die Launen des allgütigon,<br />
gewollten odor ungewollten Zufalls bedingt war:<br />
das Gold. Blau, Rot, dio ganze Farbenwelt des<br />
Abendkeides vom Reseda zum raffiniertesten Rosa,<br />
eingefasst vom korrekten illusionslosen Schwarz des<br />
Fracks und Smokings. Zu den Klängen des vollzähligen<br />
Quodlibetorchesters, in der üblichen, nicht<br />
minder liebenswürdigen Gesellschaft kollegialer Geister<br />
mit dem kritisch-träfen Blick (lies Presse),<br />
Seite an Seite mit Berns grösstem Humoristen der<br />
Comedia (lies Ruedi Ott) mehr noch: face cn face<br />
mit einem König (aus der gleichen Fabrik wie weiland<br />
Mussolini!), der sein Reich wie einen Hirsebrei<br />
gegen ein Monokel eingetauscht hatte, bankettierte<br />
männiglich, pries das delikate Menü, seine<br />
Tischnachbarn und sich selbst. Das Bild einer einträchtigen<br />
Familie 1 Mit über fünfhundert Gliedern I<br />
Die grosse Pause vor dem traditionsgemäß mil<br />
Tamtamdefile servierten Dessert brachte den Auftakt:<br />
Frau Dora Garraux, die neu aufstrebende, vielversprechende<br />
Sopranistin, sang zwei Schubertlieder,<br />
mit dem schlichten und reinen Ausdruck<br />
ihrer Stimme den weiten Saal bannend.<br />
Herr Präsident Baumgartner begrüsstc die Gäste:<br />
Herrn James Quinclet. Zcntralsekretär des T. G. S.,<br />
der zum ersten Male im festlichen Kreise der Berner<br />
weilte, Herrn Dr. Perlet, den Repräsentanten<br />
der Sektion Bern des A. C. S., deren nicht minder<br />
erstmalige Vertretung als Zeichen automobilislischcu<br />
Bildung einer führenden Macht im modernen Verkehrsloben<br />
schloss er seine Begrüßungsansprache,<br />
die Verlesung eines Jahresberichts den bevorstehenden<br />
geselligen Stunden opfernd.<br />
Geselligt Stunden heisst im T. C. S. zu Bern:<br />
Papa Hofstetter. Dem mit unendlicher Mühe und<br />
Liebe zur Sache zusammengestellten Programm gelang<br />
es, jedem Einzelnen gerecht zu werden Keiner,<br />
der vom bunten Reich der Scheinwerferwelt<br />
nicht entzückt war. Die Polonaise war die grosse<br />
Vorstellungsparade: es ist eine Revue altvertrauter<br />
und neuer Gestalten, eine Revue der schönen Frau.<br />
Ja, und wie man das verfolgen kann, da stelzt daa<br />
eine oder andere Töchterchen, vor drei Jahren eine<br />
vagabundierende Tanzrange noch, sittsam an der<br />
Seito des Erwählten. Schon beginnt man im Rah-.<br />
Das<br />
T. C. S.<br />
JAHRESFEIER DES T. C. S. BERN<br />
men des Clubs den Wandel der Generationen zu<br />
verspüren !<br />
Streng nach Programm ging's nicht, dafür war<br />
der Ueberraschung das Feld nur geweitet. Die einzelnen<br />
Nummern purzelten fröhlich durcheinander,<br />
ich weiss die Reihenfolge selbst nicht mehr.<br />
Konzentration ? Unmöglich ! Bitte: da wurde getanzt,<br />
getanzt, so recht mit Leib und Soele. ausgetanzt<br />
würde man dem sagen, wenn man 03 nicht<br />
am Katerbummel besorgt hätte.<br />
Da galt es, der Kunstakrobatik des sich Dilettant<br />
nennenden, leider mit artistischen Allüren auftretenden<br />
Berners Herrn Isonschmid zu folgen, der<br />
mit seinem siebenjährigen Tcehterohcn durchschlagenden<br />
Erfolg erntete; da rauschte vor unseren<br />
Augen da? zierlich abgewogene Farbenspiel dea Rokoko-Menuettes<br />
dor T.C S.-Töchteichen vorüber —<br />
vom Erfolge zur Neuauflage befohlen —, dann wieder<br />
stand der Zulligerbueb auf don Brettern und<br />
lioss mit seinem hohen Stimmlein das vielaummige<br />
Stimmengewirr eines halben Hundert verstummen,<br />
und dann das Touring-Doppelquartett, stand da in<br />
ernstestem Schwarz und gewann sich den Beifall<br />
des weiten Saales, und dann der Pilger aus dem<br />
gelobten Land mit dem transportablen Raritätonmuseum,<br />
Herr Pomerell« — und dann und dann —<br />
Himmel, ist das ein langer Satz, sehen Sio, da<br />
reicht ja kaum der Atom zum Schreiben hin. während<br />
erst in Wirklichkeit. . 1 — ja, dann war<br />
schliesslich noch eine ganz grosso Kanone aufgefahren:<br />
der Operettentenor Ruedi Ott mit einem<br />
zwerchfellerschütternden, halb automobilistischen,<br />
halb allzu menschlichen Stimmungssalat. Seine Produktion<br />
damit beschränken zu wollen, wäre ein Verbrechen:<br />
was Ott im Laufe des ganzeu Rummels<br />
zum Höhenflug der Laune beigetragen, häuft sich<br />
zu einer Schuld, die der T. C. S. nie abtragen wird.<br />
Zu diesen<br />
dritte: der dos persönlichen Geselligkeitskreises, und<br />
für den war Herr Hofstetter nur indirekt verantwortlich.<br />
Es wurde halb fünf Uhr. Es wurde eine Heerechlango<br />
zum prosaischen, unvermeidlichen Büffet.<br />
Man merkt: es wurde früh. Gibt es ein besseres<br />
Zeichen für den Schwung einer Fete, als wenn die<br />
Leute nicht nach Hauso wollen ? Selbst dio « abgestumpfte<br />
» Presse nicht ?<br />
Auf meinem Pult liegen die Reliquien: ein Saxophon,<br />
oine Papierkappe, ein Fächer.<br />
Glauben Sio. dass ich zu viel sage, wenn ich behaupte:<br />
dio Jahresfeier war ein Glanzpunkt in der<br />
Geschichte des Berner T. C. S.?<br />
Katerbummel-Schauplatz war der überheizte<br />
Saal des « Sternen » zu Muri Wiederum Vollbetrieb.<br />
Papa Hofstetter der Unermüdliche, startete heiss<br />
umstrittene Tanzkonkurrenzen, deren Zahl zu derjenigen<br />
der Preise im umgekehrton Verhältnis stand.<br />
Nach der lotzten Grammc-phonplatte lichteten sich<br />
AUTOSEKTION ZÜRICH DES T. C. S. Cabaret-<br />
Abend vom 11. Januar im Mascotto. Den Organisatoren<br />
der verschiedenen Club-Anlässe braucht oa<br />
entschieden um deren Besuch und das Intersse von<br />
Seiten der Mitglieder nicht zu bangen. Vor wenigen<br />
Wochen füllte eino zahlreiche T. S. C-Runde<br />
das Cabaret im Motropol, um eich vom bewährten<br />
Routinier Sedlmeyer und dessen Truppe durch ein<br />
kurzweiliges Programm unterhalten zu lassen; dies-<br />
: mal ist das Mascotte, wo Rot/ Ronay das Szepter<br />
zeigt ganz aussergewöhnliche Qualitäten, wie selbst teurere Marken<br />
sie nur selten besitzen.<br />
Blitzschnelles Anfahren<br />
Geschwindigkeit bis fiO km<br />
Enormes Steigvermögen<br />
Ganz müheloses Steuern<br />
Cüeschmeidiaer, geräuschloser Motor<br />
Unübertreffliche Bremsen<br />
Grosse Ausdauer (naoh stundenlangem Fahren<br />
im 100-km-Tempo zeigt der neue Essex keine Spur<br />
von Ueberanstrengung).<br />
Und trotz grosser Wertzunahme erstaunlich niedrige Preise:<br />
Coach 5pl. Fr. 7600.-; Coupe 2/4pl. Fr. 7800.-; Sedan 5pl. Fr. 8250.-<br />
Vertreter in aDon<br />
Kantonen!<br />
ÄUTOMOBrL-RFVUE<br />
Mustergültiges<br />
Ersatzteillager!<br />
Wer<br />
Wer<br />
ist der Eigentümer dieses oder jenes<br />
der 50,000 Personenwagen?<br />
Das sagt Ihnen jetzt und in dar<br />
kommenden Fahrsaison der Automobiikalender<br />
<strong>1929</strong>.<br />
dieses zum eisernen Bestand jedes<br />
Wagenführers gehörende Buch<br />
noch nicht bestellt hati beeile sich<br />
nun, der Vorrat geht zur Neige,<br />
ein Nachdruck ist ausgeschlossen.<br />
Preis mit dem Besitzer-Verzeichnis<br />
nur Fr. 6.—, für Abonnenten<br />
nur Fr. 4.S0.<br />
Verlag cAutomob3!-Revue>,<br />
Bern.<br />
führt, bis zum letzten Platz wiederum besetzt, und<br />
was uns an diesen Veranstaltungen immer gut gefällt:<br />
Man trifft immer wieder alto Bekannte, gute<br />
Freunde, wenn auch der Sprudel der reichen Mitghedeniuello<br />
stets eine Menge neue Gesifihter bringt!<br />
So findet man immer Anschluss an einer gemütlichen<br />
Tafelrunde, und es braucht nur ein artistisches<br />
hors d'a'uvres vom R. Ronay, uin Vorgeschmack<br />
seiner sprühenden Conference, um gleich<br />
in der freien Cabaret-Stimmung zu sein.<br />
Das Programm' Es darf sich entschieden sehen<br />
lassen; aber wenn wir es genau nehmen wollevi,<br />
fco gab es eigentlich nur eiaea geeigneten Hintergrund<br />
für den Conferencier ab. Rolf Ronay üb«rrascht<br />
so durch saine Vielseitigkeit und den feinen<br />
Humor, dass, obwohl er «von Amtes wagan» die<br />
zwei Konzontrationspunkten kam der einzelnen Nummern nur einführen soll, dio Conference<br />
zur Hauptattraktion wird, um die sich,<br />
dossil dio verschiedenen Darbietungen scharen. Als<br />
Automobilist uud Clubmitglied ist er wie kein anderer<br />
berufen, ein automobilistisches Kunterbunt<br />
von Stapel zu lassen, das die Raketen und Leuchten<br />
seines Feuerwerkes generös zwischen das Programm<br />
hineinprasseln lässt.<br />
Dass wir Automobilisten noch nicht die hartgesottenen<br />
Sünder sind, als die wie vielerorts gellen<br />
(ich warne vor Schwyz! Der Conferencier), Zuwies<br />
das Interesse und der wohlverdiente Applaus,<br />
welcher sowohl der sehr geschulten Violinsolistitx<br />
als auch dem violsprachigen Bariton galten In der<br />
Diseuse fanden die Habitues der T. C. S -Abende<br />
eino Bekannte vom Metropol wider, dii trotz des<br />
Decorumwechsels mit der nämlichen Picanterie von<br />
allerlei Aventuren und gar noch von der Elektrowisfenschdft<br />
berichtete (Dio Damen von T.G.S lern,<br />
welche die Motoronkurse besuchen, mögen aber beruhigt<br />
sein. Letzleres Thema wird dort in einer<br />
immerhin harmloseren Variante behandelt!)<br />
die Reihen Die Sesshaftesten landeten um 11 Uhr Eine Kunst, die wohl ein besonderes Verständnis<br />
erheischt, stellen die von einer Vertreterin Hes<br />
wiederum im Kasino. Damit war dor Vierundzvranzigstundenkreis<br />
sinngemäsa geschlossen. Vit magischen Indiens gebotenen Tänze dar Wahrscheinlich<br />
hat dabei der eine oder andere an dio<br />
gruselige Geschichte Ronays vom verbrennen gedacht.<br />
Von den übrigen Nummern, die gleichfalls<br />
mit anerkennendem Beifall aufgenommen wurden,<br />
gefiel vorab noch der vielseitige Musikant, der sich,<br />
trotz des englischen Zwiegespräches mit dorn Conferencier,<br />
bald als waschechter Zürihegel entpuppte^<br />
In seiner Art erinnerte er etwas an Grock und beherrschte<br />
sein Mundstück ebensogut wie all seino<br />
verschiedenen Instrumente Blaker, der von der<br />
«Erdenschwore losgelöste Tänzer», brachte mit seinem<br />
Matrosen, als auch mit dem Tanz der Soubrette,<br />
zwei wirkliche humoristische Schlager Dea<br />
Mechanismus seiner Glieder weiss er mit Raffinement<br />
auszunützen, den er durch ein entsprechendes<br />
Mienenspiel trefflich ergänzt<br />
Auf den vielversprechenden Einakter warfota<br />
man zwar vergeblich, allein der nach Beendigung<br />
des offiziellen Programmes einsetzende frohe Tanzund<br />
Barhetrieb, der unter der Aegide des rassigen.<br />
Jazz-Band und im Scheine diskreter Beleiiehtungseffekte<br />
stand, bot wohl trefflichen Ersatz und lie-s<br />
uns bald die Programmänderung (welche sich alle<br />
Direktionen bekanntlich vorbehalten) vergessen<br />
Noch künrteto ein stattlicher Wagenpark vor<br />
dem Corsoge! äudo von dem Anlass der Auto nohilisten,<br />
als wir bereits lange nach mitternächtlicher<br />
Stunde die gemütlichen Räume verliessen. z.<br />
AUTOSEKTION BASEL DES T. C. S. Die. wio<br />
bereite angekündigt, am 22. Januar <strong>1929</strong> at>ends<br />
20 Uhr 15. im Hotel Metropol stattfindende<br />
VIII. ordentliche Generalversammlung<br />
umfasst folgende Traktanden:<br />
1. Protokoll der letzten ordentlichen Generalversammlung.<br />
2. Bericht des» Kassiers und der Rochnungsrevisoren.<br />
3. Jahresbericht d?s Präsidenten.<br />
4. Neuwahl des Vorstandes, der Sportukommission<br />
und der Rechnnngsrevisoren<br />
5. Beschlußfassung über den Sektion«jahroaboitrag.<br />
6 Diverses.<br />
Herr Polizeilputna-nt Sommer Chef der fcsntonalen<br />
Automobükontrolle hat sich in liebenswürdiger<br />
Weise zur Verfügung Bestellt, im Ansi-hhisa<br />
an die Generalversammlung zur Frage der Automobil-Haftpflicht<br />
zu sprechen.<br />
AUTOSEKTION BASEL DES T. C. S. Das<br />
zweite Dancing dos T C. S. Base! findet am 27 Januar<br />
1920 zur gpwolmton ZPÜ im kleinen roten.<br />
Parterre-Saal der Mustermesse statt.<br />
Der letzte Bosueh dieser vorzüglich frrransriertpn<br />
Veranstaltung 1 lässt auch diesmal wiederum zahlreiche<br />
Teilnehmer erwarten.<br />
För den Ausbau der Staatsstrassen I. Klasse im<br />
Gebiet der Gemeinde Egnach benötigt der dortige<br />
Gemeinderat einen Kredit im Betrage von 162 000<br />
Franken; darüber soll die Gemeinde am 20. Januar<br />
abstimmen.<br />
Der Strassenausbau soll wie folgt vor sich gehen:<br />
Baujahr <strong>1929</strong>: Strecke von der Grenze Amriswil<br />
bis Ebnat, Länge: 2760 Meter; Art des Belages:<br />
Pflasterung oder Beton. — Bahnhofstrasse: Vom<br />
Gemeindehaus Neukirch bis «Ilge». 245 Meter. Mex-i<br />
phalt. — Von «Ilge» bis Ende Halde. 482 Meter,<br />
Pflasterung. — Von Ende Halde bis Kreuzstrasse<br />
Egnach, 700 Meter, Waltherbelag. — Seestrassa<br />
(1930). Von Grenze Salmsach (Hepbach) bis Grenze<br />
Frasnacht, 3140 Meter, Pflasterung. — Neukirch-i<br />
Winden (1931). Von «Schäfli» Neukirch bis'Gristen,<br />
382 Meter, Pflasterung. Von Gristen bis Klösterli,<br />
1150 Meter, Waltherbelae. Von Klösterli bis Kantonsgrenze,<br />
1905 Meter, Pflasterung. — (1932.),<br />
Strecke bei Ballen, 440 Meter. Pflasterung.<br />
Die dabei für die Gemeinde entstehenden Kosten]<br />
belaufen sich auf 189.100 Fr., eine Summe, die so<br />
hoch angesetzt wurde, damit sie genügend Spielraum<br />
für unvorhergesehene Ausgaben, die sich<br />
beim Strassenausbau orgeben können, freiläatst. R
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N°4 — <strong>1929</strong> AirTOMOFTL-RFVUE<br />
Eine berechtigte Eingabe<br />
des T. C. S. Sektion Bern an die Polizeidirektion<br />
des Kantons Bern.<br />
Sohr geehrter Herr Direktor!<br />
Wiederholte Erscheinungen im Automobil-Verkehrswosen<br />
des Kantons Bern im Jahre 19i8 veranlassen<br />
uns, bei Ihnen vorstellig zu werdun und<br />
Sie um Beseitigung gewisser Missstäude zu ersuchen.<br />
Es sei uns gestattet, Sie auf folgendes aufmerksam<br />
zu machen:<br />
1. Von Organen der Polizei, insbesondere auch<br />
der Stadt Bern, wird uns bestätigt, ea bestehe eino<br />
interne Weisung an die Polizisten, bei jedora Verkehrsunfall,<br />
an dem ein Automobilist mit seinem<br />
Fahrzeug beteiligt sei, gegen den Automobilisten<br />
Rapport, d. h. Strafanzeige einzureichen, gleichgültig,<br />
ob nach den Wahrnehmungen des Polizisten<br />
der Automobilist sich habo Uebertretungcn zuschulden<br />
kommen lassen oder nicht. Die Weisung<br />
wird damit begründet, dass der Polizist nicht den<br />
Richter spielen und nach seinem Gutfinden die Anzeige<br />
unterlassen und damit dem Richter im Sinne<br />
einer Freisprechung vorgreifen dürfo.<br />
Wie die Erfahrung lehrt, führt ein solches Vorgehen<br />
zu unerträglichen Härten und zur berechtigten<br />
Erbitterung in Automobilistenkreisen. Bisher<br />
war in der Verfolgung der Uebertretungen auch<br />
bei uns im Kanton Bern die allgemeine und sicherlieb<br />
einzig vernünftige Regel massgebend, dass eine<br />
Strafanzeige nur bei festgestellter Uebertretung<br />
oder in Zweifelsfällcn erfolgen durfte; überall da,<br />
wo der Polizist selber feststellen konnte, dass eine<br />
uebertretung nicht vorlag, hatte er auch keine Anzeige<br />
einzureichen. Verschwindet beispielsweise ein<br />
Mantel aus der Garderobe eines Caf&s. so kommt es<br />
keinem Polizisten in den Sinn, eine Strafanzeige<br />
einzureichen, wenn sich herausstellt, dass der Mantel<br />
versehentlich von einem Dritten als eigener weggenommen<br />
worden ist. So sollte auch bei Vorkehrsunfällen,<br />
bei denen der Polizist feststellt, dass der<br />
Automobilist richtig gefahren ist, von einer Strafanzeige<br />
abgesehen werden, denn der Polizist kennt<br />
die Verkehrsvorschriften oder eoll sie wenigstens<br />
kennen und dann kann er auch unverzüglich die<br />
Entscheidung treffen, ob eine Uebertretung im gegebenen<br />
Falle in Frage 6teht. Wir müssen es als<br />
einen Unfug bezeichnen, dass in so häufigen Fällen,<br />
in denen der Automobilist durchaus korrekt<br />
gefahren ist, Strafanzeigen erlassen werden mit<br />
den vagen, den Polizisten selber nicht verständlichen<br />
Ansrhulriigungen wegen angeblicher « Nichtbeherrschung<br />
des Fahrzeuges» (Art. 33 Dekret)<br />
oder « wegen unvorsichtigem Fahren » (Art. 34 und<br />
35 Dekret).<br />
2 Dazu kommt nun, dass viele Richter im Lande<br />
bei der Behandlung von Uebertretungen der Automobilvorschriften<br />
bewusst und unhewusst sich vom<br />
Bestreben leiten lassen, nach Jföglichkeit in irgend<br />
einer Richtung dem Automobilisten eine Uebertretung<br />
nachzuweisen und ihn zu verurteilen. Sehr<br />
häufig werden Automobilisten wegen Uebertretnng<br />
ganz anderer Vorschriften verurteilt ab ursprünglich<br />
die Strafanzeige lautete Kann der Automobilist<br />
nachweisen, dass die Strafanzeige unrirhtie ist<br />
6tehen dem Richter die « Kauts^hnkartikel » 33. 34<br />
und 35 des Dekretes zur Verfügung, die seinem<br />
subjektiven Ermessen fast unbeschränkten Spielraum<br />
lassen und wovon er erfahrnneseemäss häufig<br />
nach unserer Auffassung unrichtigen Gebrauch<br />
macht. Der Automobilist ist hier mehr oder weniger<br />
wehrlos dem Richter ausgeliefert.<br />
3. Von einem an und für sich berechtigten sozialen<br />
Empfinden heraus, dass der durch einen Autounfall<br />
angerichtete Schaden nach Möglichkeit gut<br />
gemacht werden soll, und im Bewusstsein, dass die<br />
Gutmachung vom Verschulden des Automobilisten<br />
abhängt, neigen unwillkürlich viele Richter zur Bejahung<br />
des Verschuldens und der damit verbundenen<br />
strafrechtlichen Verurteilung; hat doch ein<br />
bekannter Richter in Bern den Ausspruch getan,<br />
es sei nicht zu begreifen, dass sich die Automobilisten<br />
gegen die Anschuldigung eine3 Verschuldens<br />
derart zur Wehre setzen, sie selber müssten den<br />
Schaden nicht vergüten, die Versicherungsprämie<br />
müsston sie gleichwohl bezahlen, und die Versicherungsgesellschaften<br />
hätten mehr als genug Geld zur<br />
Deckung des Schadens. Aus solchen Erwägungen<br />
erwächst ein wesentlicher Faktor, der den Bu.*sensegen<br />
über die bernischen und ausserkankmalen<br />
Automobilisten vermehren hilft.<br />
4. Nicht zuletzt beklagen auch wir uns über die<br />
fliegenden und versteckten Geschwindigkeitskontrollen,<br />
bei denen es vorgekommen ist, dass der gleiche<br />
Automobilist durch die nämliche Kontrolle mehrero<br />
Male aufgeschrieben und verzeigt worden ist für<br />
Geschwindigkeiten von beispielsweise 32, 34. 36, 40<br />
Stundenkilometer gelegentlich der Durchfahrt bei<br />
kleinen Häusergruppsn, die als Weiler anzusehen<br />
sind und bei denen das besondere Gefahrsmoment<br />
der Ortschaften nicht besteht. Es wird Ihnen bekannt<br />
sein, dass deswegen die Zentralleitung des<br />
Touring-Clubs dar Schweiz und auch der Automobil-<br />
Club bereits Vorbereitungen zur Verhängung des<br />
Boykottes gegenüber dem Kanton Bern getroffen<br />
haben.<br />
5. Nicht zu verwundern ist, dass viele Automobilisten<br />
im Kanton Bern and noch mehr ausserhalb<br />
desselben sich des Eindrucks nisht erwehren<br />
können, dass, abgesehen von der Verfolgung der<br />
Uobcrtretungen an sich, es den Behörden hauptsächlich<br />
am Gelde gelegen ist, das sie mit ihrem<br />
System und ihrer Praxis dem Automobilisten abnehmen<br />
und dem Staate zuführen. Dafür sprechen<br />
auch die von vielen Richtern angewandten hohen<br />
Bussenansätze und die merkwürdig hoch bestimmen<br />
Kosten<br />
Die Automobilistenverbände, vorab auch der T.<br />
C. S., sind die letzten, die sich gegen eine gerechte<br />
und notwendige Strafpraxis auflehnen, sind s i e es<br />
ja in erster Linie, die sich in der Erziehung des<br />
Autofahrers zum anständigen Fahrer betätigen; soweit<br />
aber die Bussen auf Geldmacherei zurückzu-,<br />
führen sind, legen wir hier mit Entschiedenheit Verwahrung<br />
ein. Wir weisen darauf hin, dass die<br />
automobilistisohen Kreise nicht mehr und nicht<br />
weniger Geld zur Verfügung haben als andere<br />
Kreise auch und dass das Luxusfahrzeug von anno<br />
dazumal zum heutigen unentbehrlichen Nutzfahrzeug<br />
geworden ist, auf das viele finanziell schwache<br />
Leute im wirtschaftlichen Existenzkampf notwendigerweise<br />
angewiesen sind Der Autobetrieb als solcher<br />
und die hohen Autosteuern belasten den kleinen<br />
Mann schon derart, dass es nicht zu verantworten<br />
ist. ihn ohne Not noch mit weitern finanziellen<br />
Opfern zu bedrücken.<br />
6. Aus den geschilderten ungerechten Zuständen<br />
heraus haben im Laufe des Jahres 1928 viele langjährige,<br />
sehr anständige und qualifizierte Autofahrer<br />
gegen ein halbes Dutzend ungerechte. Bussen<br />
auf den Hals gekriegt: nach dem Grundsatze « der<br />
Gescheitere.gibt nach » und aus einem löblichen Ber..<br />
streben, Scherereien mit dem Richter zu vermeiden,<br />
haben viele es nicht einmal auf die Hauptverhandiung<br />
ankommen lassen und sich den Bussenmandaten<br />
unterzogen, wohl bewusst, dass dieselben ungerecht<br />
sind. Nicht genug an dem, müssen nun diese<br />
Leute in den letzten Tagen zu ihrem Entsetzen von<br />
Ihrer hohen Direktion auf Grund von Art. 16 Dekret<br />
eino Verwarnung entgegennehmen, dass ihnen bei<br />
weitern Bussenfällen die Fahrbewilligung entzogen<br />
werde; gegen eino Anzahl ist sogar Antrag auf Entzug<br />
der Fahrbewilligung gestellt, und dieselben sind<br />
in ihrer Existenz bedroht (Handelsreisende).<br />
Es wird jedermann, auch Nichtautomobilisten.<br />
einleuchten, dass es so nicht mehr Weitergehen<br />
kann und dass os höchste Zeit ist, dass sich die Automobilisten<br />
durch ihre Organisation zur Wehre<br />
setzen Unser erstes Ziel, Ihre besondere Aufmerksamkeit<br />
auf die herrschenden Missstände hinzulenken,<br />
hoffen wir, mit der vorliegenden Eingabe bereits<br />
erreicht zu haben.<br />
7. Nun ist mit Beschwerden allein der Sache<br />
nicht geholfen. Es wird sich darum handeln, Mittel<br />
und Wege zur Abhilfe zu finden. Der Möglichkeiten<br />
stehen verschiedene zur Verfügung; auch ist zu bedenken,<br />
dass die kantonale Polizeidirektion nicht<br />
für alles verantwortlich eemacht werden kann; beispielsweise<br />
sind ihr die Richter mit ihrer zum Teil<br />
allzu rigorosen Bussenpraxis nicht unterstellt; doch<br />
kann sie indirekt auch dort ihren Einfluss geltend<br />
, machen. Das nämliche gilt für die städtischen Polizeiorgane.<br />
Ein Weg, in der Sacho vorwärts zu kommen,<br />
scheint uns eine Konferenz zu sein, die von<br />
kompetenter Stelle aus einberufen und die von<br />
den verschiedenen interessierten Clubs (A. C. S..<br />
ASPA, T. C.S.. und U. M. S.) beschickt würde: diese<br />
Konferenz würde allseitig aufklärend wirken und<br />
die We»c zum weitern Vorgehen weisen.<br />
Im Ziel des möglichst reibungs- und frikf'onslosen<br />
Verkehrs sämtlicher StraRFenbenützer sind wir<br />
alle einig; es handelt sich um die Frage der besten<br />
Methoden zur Erreichuns desselben: darüber muss<br />
man sich einmal beidseitig aussprechen können.<br />
Es würde uns, Behr geehrter Herr Direktor,<br />
freuen, wenn Sie unserer Anregung FoW geben<br />
würden und wir demnächst etwas von Ihnen zu<br />
hören bekämen.<br />
Mit ausgezeichneter Hochachtung!<br />
Born, 29. Dezember 1928.<br />
Touring-Club der Schweiz Automobil-Sektion Bern:<br />
Der Präsident:<br />
Der Sekretär:<br />
sig. Baumgartner. sig. Fröhlich.<br />
rourlng-Club d. Schweiz, Automobil-Sektion Seeland:<br />
Der Präsident:<br />
Der Sekretär:<br />
sig. Strehler.<br />
sig. Meier.<br />
Touring-Club Sulsse, Section automobile Jura:<br />
Le President:<br />
Le secnHaire;<br />
sig. Schlappach. sia:. Delevaux.<br />
Der Automobil-Importhandel<br />
von Rumänien.<br />
Bukarest, den 7. Januar <strong>1929</strong>.<br />
Trotzdem das Autostrassennetz in Rumänien<br />
sich im grossen und ganzen noch in einer<br />
sehr mangelhaften Verfassung befindet,<br />
fejt der Kraftfahrzeugverkehr in jenem Lande<br />
im Verlaufe der letzten paar Jahre einen sehr<br />
bemerkenswerten Aufschwung genommen.<br />
Die nationale Automobilindustrie ist zurzeit<br />
ganz unbedeutend und wird gegenwärtig nur<br />
von einer einzigen Fabrik, den tAstra-Arad-<br />
Werken», dargestellt, die eine sehr be»<br />
schränkte Kapazität aufzuweisen hat und vornehmlich<br />
die Fabrikation von Lastkraftwagen<br />
betreibt. Die Bedarfnisse des nationalen<br />
Marktes müssen daher so gut wie ausschliesslich<br />
durch das Ausland befriedigt<br />
werden.<br />
Der Jahresbedarf des Landes kann im Augenblick<br />
auf ungefähr 5000 Kraftfahrzeuge<br />
bemessen werden, hat sich also im Verlauf«<br />
der letzten fünf Jahre ungefähr verzehnfacht.<br />
Das Gros der rumänischen Nachfrage richtet<br />
sich auf die Kraftwagen in der Gewichtsklasse<br />
von 500 bis 1000 kg, welche rund 70<br />
Prozent der Gesamteinfuhr ausmachen. An<br />
zweiter Stelle kommen die Automobile im<br />
Gewicht von über 1000 kg. Als die vornehmsten<br />
Lieferanten erweisen sich zurzeit der<br />
Reihenfolge der Bedeutung nach die Vereinigten<br />
Staaten, Italien, Frankreich, Oesterreich,<br />
Deutschland, die Tschechoslowakei,<br />
England, die Schweiz und Belgien.<br />
Nach den unlängst vom rumänischen Innenministerium<br />
veröffentlichten Ziffern waren<br />
zu Beginn des Jahres 1928 insgesamt 21,832<br />
Automobile in Rumänien im Verkehr, wovon<br />
9106 europäische und 12,926 amerikanische<br />
Marken. Letztere können seit den beiden vorhergehenden<br />
Jahren einen Bodengewinn von<br />
33,9 auf 59,3 Prozent buchen. Unter den europäischen<br />
Marken herrschen die französischen<br />
und italienischen vor, doch treten in<br />
jüngster Zeit vornehm'ich die deutschen,<br />
österreichischen, englischen und schweizerischen<br />
Fabrikate immer mehr hervor. Di«<br />
zurzeit beliebtesten Marken sind Ford, Fiat,<br />
Chevrolet, Renault. Citro6n, Mercedes-Benz,<br />
Opel, Peugeot und N.A. G.<br />
-c-<br />
24,592,370 Motorfahrzeug* In U. S. A.Nach<br />
der letzten Statistik laufen gegenwärtig in<br />
den 43 Staaten der U. S. A. 24,592,370 Mo»<br />
torfahrzeuge. Seit dem letzten Jahr ist ein«<br />
Zunahme von 1,463,055 Fahrzeugen zu konstatieren.<br />
Die Personenwagen allein haben<br />
um 6,2 Prozent zugenommen, ihre gegenwärtige<br />
Anzahl beträgt 21,468.596. An Lastwagen<br />
sind 3,123,774 Fahrzeuge vorhanden,<br />
wobei die Anzahl gegenüber dem letzten<br />
Jahr um 7.2 Prozent zugenommen hat.<br />
Den grössten Automobilbestand weist der<br />
Staat New York mit 2,090,815 Fahrzeugen<br />
m.<br />
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1<br />
LAMCCMTNAl JF<br />
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CjJara
N°4<br />
II. Blatt<br />
BERN. 15 Januar <strong>1929</strong><br />
N°4<br />
II. Blatt<br />
BERN. 15 Januar <strong>1929</strong><br />
Auch dem besten Fahrer kann es passieren,<br />
dass er im Winter seinen Wagen einmal «auf<br />
Grund setzt». Man braucht dazu nur den Fall<br />
anzunehmen, dass er auf verschneiter Strasse<br />
gezwungen ist, von der Strassenmitte abzuweichen,<br />
etwa um einem Pferdegespann vorzufahren.<br />
Sicher befindet sich dann gerade<br />
an dieser Stelle ein verwehter Strassengraben,<br />
bereit, die Räder liebevoll und unwiderstehlich<br />
zu umarmen. Und während man<br />
dann durch Vollgasgeben dem Verhängnis zu<br />
entrinnen versucht und die Räder winselnd<br />
in den Schneemassen herumwühlen, kutschiert<br />
unberührt wie ein indischer Philosoph<br />
der Rosselenker wieder neben einem vorbei.<br />
Aber auch nur hoher Schnee allein vermag<br />
den Wagen abzufangen wie ein Spinnennetz<br />
die Fliege. Sobald er sich gegen die Vorderoder<br />
Hinterachse des Wagens, eine tiefliegende<br />
Batteriekiste oder dergleichen anstemmen<br />
kann, hat er die Herrschaft. Dann helfen<br />
gewöhnlich auch die schönsten, best ange-<br />
£in vor die Hinterräder gebundenes Brett wird mit<br />
einer Radspeiche durch einen Strick so verbunden,<br />
dass das Rad das Brett gegen sich hin zieht.<br />
passten Schneeketten nichts mehr. Ist der<br />
Lauf des Wagens einmal aufgehalten, dann<br />
verschlimmert man durch weiteres Gasgeben<br />
die Situation meist nur noch. Die Räder graben<br />
den Schnee unter sich fort, bis der<br />
Wagen zuletzt auf seinem « Bauch » aufliegt,<br />
als ob er überhaupt keine « Beine » hätte.<br />
Die Räder hängen in der Luft.<br />
Merkt man, dass die Antriebsräder im<br />
Aus der Fahrpraxis<br />
Schiffbruch<br />
••n Schnee*.<br />
Schnee nicht mehr fassen und der Wagen<br />
stillzustehen droht, dann gebe man nur noch<br />
gerade so viel Gas, als zu einem schleuderfreien<br />
Durchdrehen der Hinterräder notwendig<br />
ist. Auf diese Weise erzielt man noch den<br />
grösstmöglichen Vortrieb. Jedes Schalten<br />
erweist sich meist als verhängnisvoll, wenn<br />
man nicht ein wahrer Künstler im Schnellschalten<br />
ist. Denn während der Pause beim<br />
Uebergehen vom einen in den andern Gang<br />
kommt meist der Wagen vollends zum Stillstand.<br />
Ist der Wagen einmal zum Stillstand gekommen,<br />
so versucht man meist zuerst instinktiv<br />
durch stossweises Anstürmen den<br />
Gegner zu überwinden. Man bringt durch abwechslungsweises<br />
Einschalten des Rückwärts-<br />
und Vorwärtsganges den Wagen ins<br />
Hin- und Herschaukeln. Dieses Verfahren hat<br />
aber nur Wert, wenn der Wagen erstens noch<br />
auf den Rückwärtsgang reagiert und nicht<br />
einfach auch rückwärts « spult»; und wenn<br />
zweitens Aussicht vorhanden ist, dass man<br />
nach überwundenen ein bis zwei Metern auf<br />
besseres Terrain kommt; denn stundenlang<br />
wird man die Schaukelpartie nicht fortsetzen<br />
wollen, schon nicht aus Rücksicht auf den<br />
Wagen.<br />
Schieben verspricht Erfolg.<br />
Bei pulverigem Schnee versagt aber diese<br />
Methode von vornherein. Was dann ? Eine<br />
Schaufel nimmt ein Automobilist aus Prestigegründen<br />
wohl nie mit. So bleibt vorläu^<br />
fig nichts anderes übrig, als dass man die<br />
Mitfahrer oder Zuschauer zum Schieben auffordert<br />
und dass man dann unter gleichzeitigem<br />
Gasgeben das international verständliche<br />
Kommando « Hüh ! » anwendet. Vom gleichzeitigen<br />
Anziehen von Mensch und Maschine<br />
hängt dabei der Erfolg in hohem Masse ab.<br />
Meist stellt er sich bei Anwendung dieser<br />
Methode aber überraschend schnell ein. Nur<br />
in ganz verzweifelten Fällen ist die Requisition<br />
von Pferden, Kühen oder Ochsen erforderlich,<br />
wobei man dann wissen muss, dass<br />
Ochsen weitaus am besten «ziehen. ,,>>.<br />
Gibt es « Gleitschutzmittel» ?<br />
Wenn.es gilt, einen festgefahrenen Wagen<br />
flott zu machen,, erweisen sich viele Fahrer<br />
als wahre Meister in der Anwendung untauglicher<br />
Mittel. Halbe Stünden wenden sie auf,<br />
um immer wieder Aestchen und Gräser unter<br />
die Räder zu streuen. Und obschon die Räder<br />
den « Gleitschutz » bei der ersten Umdrehung<br />
wegwischen, versuchen sie die Rettung auf<br />
Herausziehen eines Wajfen«: Wenn das Schieben<br />
nicht zum Erfolg führt, wird der Wagen mit einem<br />
mittellangen Sei] angeseilt. Zum Abschleppen sollte<br />
in die Mitte des Schleppseils ein farbiges Tuch gebunden<br />
werden.<br />
diese Art immer von neuem. Im Schnee<br />
nützen als Unterlage auch die schönsten<br />
trockenen Reiswellen nichts. Selbst das Unterlegen<br />
von Säcken und Decken hat nur dann<br />
Wert, wenn der Boden fest gefroren ist,<br />
wenn man den Rädern z. B. auf einer vereisten<br />
Schlittbahn eine Anhaltmöglichkeit<br />
geben will. Hingegen können vor die Hinterräder<br />
gelegte, trockene, rauhe Bretter oft<br />
gute Dienste erweisen, besonders wenn man<br />
ihr entfernteres Ende mit einer Radspeiche<br />
durch- einen Strick so verbindet, dass das<br />
•-Rad das Brett gegen sich hin zieht, wenn<br />
.sich-umdreht ,... „<br />
Die Schaufel als wirksamer Helfer.<br />
Das einzige Mittel jedoch, das dem Automobilisten<br />
im Winter wirklich aus jeder<br />
Situation helfen kann und das ihn von Menschen<br />
und Tieren der Umwelt unabhängig<br />
macht, ist eine Schaufel. Mit einigen Schaufelstichen<br />
ist oft das ganze unüberwindlich<br />
scheinende Schneehindernis beseitigt. Mit einigen<br />
Schaufelhieben kann man in harten<br />
Schnee Kanäle bauen, denen die Räder folgen,<br />
als wenn sie auf Schienen liefen. Angelegt<br />
werden die Kanäle so, dass sie vom Strassengraben<br />
unweigerlich auf die feste Strassenmitte<br />
führen. Liegt der Wagen auf dem<br />
«Bauch», so bringt man ihn durch Wegschaufeln<br />
der tragenden Schneemassen wieder<br />
auf die «Beine». Es gibt keine Tücke<br />
des Schnees, der die Schaufel — zu der allerdings<br />
auch ein kräftiger Schaufler gehört —<br />
nicht gewachsen ist.<br />
at<br />
m Rvndsdtau<br />
Statistik der Betriebsstörungen<br />
Der englische «Royal Automobile Club»<br />
unterhält auf den Strassen des ganzen Inselreiches<br />
einen ausgedehnten Hilfsdienst für<br />
seine Mitglieder. Gerät ein Automobilist in<br />
Panne, so ist in der Regel in kurzer Zeit eine<br />
der mit Seitenwagen ausgerüsteten R.A.C.-<br />
Patrouillen mit Rat und Tat zur Stelle. Die<br />
von den Hilfspatrouillen behobenen Pannen<br />
werden registriert und alljährlich in einer<br />
Statistik zusammengefasst. Eine Zusammenstellung<br />
der verschiedenen Statistiken, von<br />
denen diejenige des Jahres 1927 unlängst<br />
herausgekommen ist, ergibt ein interessantes<br />
Bild von der Entwicklung der einzelnen Automobilteile:<br />
% Pannen im Jahr: 1924 1923 1928 1927<br />
1. Gruppe Motor:<br />
Zündung 20,7 22,7 22.5 21,0<br />
Vergaser 4,1 3.0 2.5 2.6<br />
Kolben und Zylinder 5,8 6,9 8.0 105<br />
Steuerung 1,0 1,0 0,9 0,7<br />
Ventile 0,7 0,5 0.9 1,4<br />
Schmierung 3,7 3,0 2,3 2,7<br />
Wasserkühlung 0,9 1,3 1.7 1,1<br />
Anlasser 0,8 0.4 0,6 0,9<br />
Verschiedenes 6,6 7,8 7.1 6,9<br />
Total 44,3 46,6 46.5 473<br />
Der Wagen<br />
der sich in allen Teilen<br />
bewährt hat.<br />
Der Motor<br />
der sich beim Fahren<br />
verbessert.<br />
Generalvertretung<br />
für die deutschsprechende Schweiz<br />
Löwenstrasse 19 Löwenstrasse 19
o<br />
AUTOMÜbIL-KhVUC 192» — N"<br />
2. Getriebe und Achsen:<br />
Kupplung 4,1 4,0 4.4 4,9<br />
Getriobo 3,7 3,6 2.8 3,2<br />
Kardan 4,3 5,0 4.6 4,9<br />
Bremsen 0,5 0,4 0.3 0.2<br />
Hinterachswelle 12,8 12,4 12.6 13,6<br />
Ein Vergleich der Gruppe 1 mit Gruppe 2<br />
zeigt, dass beide prozentual etwa gleichviel<br />
Störungen aufweisen. Sie dürfen deshalb als<br />
g!eichmässig entwickelt betrachtet werden.<br />
Bei der Gruppe 2 ist dabei in den letzten<br />
Jahren eher noch eine Verbesserung zu konstatieren.<br />
In Gruppe 1 fällt der ausserordentlich hohe<br />
Prozentsatz an Zündungsstörungen auf. Ein<br />
Grosstei! davon wird allerdings den an und<br />
für sich harmlosen Zündkerzenpannen zuzuschreiben<br />
sein. Aber die Zahlen sollten dennoch<br />
als deutlichen Ansporn für Verbesserungsarbeiten<br />
auf diesem Gebiet aufgefasst<br />
werden.<br />
Dass die Vergaserstörungen seltener geworden<br />
sind, ist wohl der vermehrten Anwendung<br />
von Benzinfiltern in erster Linie<br />
gutzuschreiben.<br />
Die Zunahme der Störungen an den Zylindern<br />
und Kolben hängt mit der Vermehrung<br />
der Zylinderzahl zusammen, immerhin aber<br />
wird auch ein Anteil davon den noch nicht<br />
ganz einwandfreien Leichtmetallkolben zufallen.<br />
Steuerung und Schmierung haben sich<br />
deutlich verbessert, während die Ventile<br />
durch die Verkleinerung der Motoren und<br />
die Vermehrung der Zylinderzahl eine ansteigende<br />
Störungszahl aufweisen.<br />
In der zweiten Gruppe ist eine deutliche<br />
Abnahme der Störungen der Bremsen, Räder<br />
und Federung und der Lenkung zu konstatieren,<br />
während die Zuverlässigkeit der<br />
Kupp'ung leicht nachgelassen hat. Auffallend<br />
ist der hohe und zunehmende Prozentsatz<br />
von Hinterachsschwierigkeiten. Auch hier<br />
befindet sich noch ein dankbares Feld für<br />
Verbesserungen.<br />
th.<br />
Chemie Im modernen Automobllbatt. Obwohl<br />
den meisten Fahrern klar ist. dass die<br />
Wissenschaft im modernen Autömobilbau eine<br />
grosse Rolle spielt, dürfte doch vielen noch<br />
neu sein, dass auch einer ihrer Spezialzweige,<br />
die Chemie, dabei stark zur Geltung kommt.<br />
Es braucht dabei nur daran erinnert zu werden,<br />
dass die heutigen billigen Brennstoffe<br />
einzig der Anwendung chemischer Prozesse<br />
zu verdanken sind. Die Chemie hat auch gelehrt,<br />
wie man aus einem wenig festen Roheisen<br />
die modernen hochwertigen Stähle<br />
schafft. Weiter sind auf chemischem Weg<br />
Differential. Kegel, Schnecke 3,2 2,4 2,4 2,1<br />
Vorderachse und Lenkung 6,3 4,1 4.3 3,1<br />
Räder und Federung 6,4 6,1 5.9 4,1eine ganze Anzahl neuer Rohmaterialien entstanden,<br />
so z. B. Bakelit, Zelluloid, die verschiedenen<br />
Gummiarten usw.<br />
Total 41,3 38,0 37.3 36,1<br />
3. Beleuchtung 2,2 2,3 2.1 2.2<br />
4. Unfälle 12,2 13,1 14.1 14,2 Die Chemie hat Mittel und Wege gezeigt,<br />
um die Metalloberflächen vor Rost und anderen<br />
verderblichen Einflüssen zu bewahren<br />
und hat die Anstrichfarben und -lacke selbst<br />
ausserordentüch verbessert Mit ihrer Hilfe<br />
wird schliesslich künstliches Leder fabriziert,<br />
das dem natürlichen in mancher Hinsicht<br />
überlegen ist Früher oder später wird uns<br />
die chemische Wissenschaft ein Glas zeigen,<br />
das, wie unser bisheriges Glas, durchsichtig<br />
und hart ist, Jedoch gebogen werden kann.<br />
at<br />
Ford gibt Vollgas l Wer dem neuen<br />
«Nur»-Vierzylinder-Ford-Modell ein Fiasko<br />
prophezeit hat — darunter waren namhafte<br />
&0<br />
30<br />
so<br />
10<br />
B*<br />
02J?<br />
Abb. 2. Zahl der produzierten Fordwagen im Verbältnis zur Gesamt-Automobilproduktion. Auf der<br />
Wagrechten sind dio Jahre und Monate, auf der Senkrechton die Prozentzahlen aufgetragen.<br />
Fachleute — wird von Ford wieder einmal des<br />
Bessern be'ehrt: Ford ist heute im Begriff,<br />
alle seine früheren Rekorde an Produktionszahlen<br />
zu schlagen. Der Start der Produktion<br />
des neuen Modells war allerdings langsam.<br />
Aber seitdem ist die Sache in Schuss<br />
gekommen und heute zeigt die graphische<br />
Darstellung der Produktion eine fast ununterbrochene,<br />
immer steiler anwachsende<br />
Kurve (Abb. 1). Im nächsten Jahr beginnt<br />
Ford seinen Kampf zur Rückeroberung seiner<br />
3 A £ O N i> 3<br />
S%3<br />
Abb. 1. Monataproduktion dos neuen Fordmodells. Auf der Wagrrechtcn sind, mit den Anfangsbuchstaben<br />
bezoichnet, die Monate aufgetragen, auf der Seaki echten die Produktionszahlen.<br />
«An<br />
JAiO<br />
früheren dominierenden Stellung in der Automobilindustrie.<br />
55 Prozent der Gesamt-<br />
Automobilproduktion betrug die Leistungsfähigkeit<br />
seiner Werke im Rekordjahr 1921,<br />
um dann im Herbst 1927 auf Null herabzufallen<br />
(Abb. 2). In knapp zwölf Monaten ist<br />
aber die Kurve schon wieder auf 30 Prozent<br />
hinaufgeklettert. Wo wird sie bei gleich starkem<br />
Ansteigen in weiteren zwölf Monaten<br />
landen? m.<br />
A fl m<br />
3 3.8<br />
7 A £ Q<br />
Ein Apparat zum Prüfen von Ventllkegeln.<br />
Die Ventilkegel gehören zu den lebenswichtigsten<br />
Teilen des Motors. Auf der Internationalen<br />
Luftfahrt-Ausstellung in Berlin<br />
wurde zum erstenmal ein Apparat gezeigt, der<br />
zum Prüfen von Ventilkegeln unter dem praktischen<br />
Betriebe angenäherten Bedingungen<br />
dient Der Ventilkegel-Prüfapparat besteht<br />
im wesentlichen aus zwei Zylindern und einer<br />
Nockenwelle, die durch einen Elektromotor<br />
angetrieben wird. Die Erwärmung der Zylinder<br />
erfolgt elektrisch, die Temperatur wird<br />
durch einen Millivoltmeter gemessen und kann<br />
jederzeit abgelesen werden. Die dauernde<br />
Beanspruchung der Ventilkegel auf Schlag<br />
und Wärme ist die gleiche wie im Explosionsmotor,<br />
nur dass die korrodierenden Verbrennungsgase<br />
fehlen. Das Arbeiten der Ventilkegel<br />
kann durch kleine Fenster beobachtet<br />
werden. Wenn also der Apparat auch nicht<br />
die im Explosionsmotor auftretenden chemischen<br />
Beanspruchungen der Ventilkegel erfasst,<br />
so gibt er doch ein gutes, vergleiche<br />
bares Bild des mechanischen Verhaltens der<br />
Kegel bei höheren Temperaturen bis 800 Grad<br />
Celsius und ermöglicht auf Grund der<br />
Prüfungserfahrurrgen Verbesserungen seiner<br />
Konstruktion.<br />
wlt.<br />
28,000<br />
a<br />
traverf l'Afrique: c'est ce<br />
ise" la<br />
qu'a<br />
Cette formidable randonne*e aecomplie<br />
en 103 jours est une veritable<br />
de*monstration d'endurance et de r&-<br />
gularitd Une fois de plus la F.N. a<br />
prouve* dune fac;on e*elatante la<br />
8upexiorite' de sa contstrucüon.<br />
CONFORT — ELEGANCE — ROBUSTESSE ET LONGEVITE
N"4<br />
— <strong>1929</strong> ÄUTOMOBTL-PrTVUC<br />
TT«J,<br />
Ss»<br />
Antwort i! auf Frage 6928. Reparatur an Aluminium-Gehäusen.<br />
Das Entstehen von Hissen beim<br />
Schweissen von legiertom Aluminium beruht auf<br />
etarken örtlichen Spannungen, da der Wärmeausgleich<br />
zwischen den Stücken, infolge der zu hohen<br />
Temperatur des Schweiesbrenneis unmöglich ist.<br />
Ed hat die3 auch das Verziehen des Reparatur-<br />
Stückes zur Folge. Dio hohe Temperatur des<br />
Scbweissbrenners bringt ausserdem das legierte<br />
Aluminium zur Rekristallisation und setzt dadurch<br />
die mechanischen Eigenschaften herunter. Betreffend<br />
der « Tiaüt »-Legierung muss ich auf Grund<br />
meiner Erfahrungen als Spezialist erklären, dass<br />
dieses Meta-11 zur Erziclung einer horaoaenen Vorbindung<br />
mit einem andern eine Mindesttemperatur<br />
»on 800" C. erfordert. Voraussetzung ist dabei weiter,<br />
dass dieses andere Metall mit dem Aluminium<br />
Terwandt ist, d. h. mit ihm eine Mischkristallbildung<br />
eingeht. Mit dem Hinweis auf diese Tartsacho<br />
ist für da« Löten bei niedriger Temperatur keineswegs<br />
eine Lösung gefunden. Sie beseitigt vielleicht<br />
die *=ich aus der Erwärmung ergebenden Nachteile,<br />
niemals aber die Hindernisse der innigen Verbindung<br />
mit dem Aluminium zur Erzielune genügender<br />
Festigkeit. Nfrch meineT Erfahrung kann nur<br />
mit Aluminium-Hartlot im Lötverfahren erfolgreich<br />
gearbeitet werden und zwar unter Beibehaltung der<br />
iür Aluminium-Legierungen erforderlichen Temperatur.<br />
Ich habe selber ein solches Lot hergestellt<br />
nnd nach meinen Versuchen ist dio erzielte Festigkeit<br />
zu mindest gleich dem gebunden Metall, ohno<br />
dass das legierte Aluminium mechanisch irgendwie<br />
beeinträchtigt wird, weil die Erwärmung mit der<br />
Veredhingg-Tomperfrtur de-r bekannten Aluminium-<br />
Legierungen zusammenfällt. Tch verbinde damit<br />
ein? besondere Wärmebehandlung des zu reparierenden<br />
Gegenstandes, wodurch auch jegliches Vorziehen<br />
des Stückea absolut vermieden wird.<br />
E. S. in R.<br />
Frage 7024. Neue Kotben. Habe einen 5-FS-<br />
Wagen. an welchem ich dieses Jahr die Zylinder<br />
ausscnleifen und neue geschlitzto Aluminium-Kolben<br />
einbauen Hess mit 3 Ringen. Unter dem orsten<br />
Ring von unten an sind dio Kolben auf beiden Seiten<br />
fast halb herum eingeschnitten und ebenfalls<br />
von unten bis untor den ersten Rinj geschlitzt<br />
Nach dieser Reparatur lief das Auto gut, doch<br />
schon nach Zuräcklegung von 100—200 km konnte<br />
ich keine Steigung von 15% mehr herausbringen,<br />
ond auf ebener Strasse zieht d«r Wagen natürlich<br />
auch nicht mehr gut.<br />
Liess ich den Motor reinigen und ruasen, so lief<br />
er wieder put, um nach weiteren 100—200 km von<br />
neuem Schwierigkeiten zu bereiten. Den Mnsneten<br />
und den Vergaser liess ich von einem sjuten Mechaniker<br />
ersetzen. Wir brauchten gutes Oel und versuchten<br />
das Reservoir öfters zu entleeren and auszuspülen,<br />
um neu nachzufüllen. Giesst man Benzin<br />
auf die Kolben, so fliesst .dieses sehr rasch unten<br />
herans. was nach der Reinigung und Ausspülung<br />
des Zylinders nicht der Fall ist. Wo kann der Fehler<br />
liegen?<br />
E. Z. in Ch.<br />
Antwort- Mit der Scalitzung der Kolben hat<br />
iäas schlechte Ziehen nichts zu tun. Auch der Umetand,<br />
dass auf die Kolben gegossenes Benzin vor<br />
der Reinigung des Motors schnell und nachher langsamer<br />
durchrinnt, steht wahrscheinlich in keinem<br />
Zusammenhang damit. Dass die frisch eingeölten<br />
und korrekt eingesetzten Kolbenringe das Benzin<br />
weniger leicht durchlassen, ist ohne weiteres begreiflich.<br />
Wo liegt nun aber der Fehler? Das können<br />
wir in diesem Fall, ohno den Motor gesehen zu<br />
haben, leider auch nicht bestimmt angeben. Es kann<br />
sein, dass das schlechte Ziehen nur daher kommt,<br />
weil die Kolben noch nicht genügend eingelaufen<br />
sind. Möglicherweiso ergeben die neuen Kolben<br />
aber auch eine weniger grosso Kompression (wenn<br />
sie niedriger ausgeführt wurden als dio Originalkolben).<br />
Schlicsslich wäre denkbar, dass dio Kolbenringe<br />
nicht gut eingepasst wurden oder dass<br />
auch sto noch nicht genügend eingeschliffen sind.<br />
Lassen Sie vielleicht den Motor noch einmal von<br />
einem andern Mechaniker kontrollieren, nicht aus<br />
Misstrauen dem ersten gegenüber, sondern einzig in<br />
Berücksichtigung der Regel, dass doppelt genäht<br />
besser hält. m.<br />
Frage 7025. Abfederung. Bd modernen Wagen<br />
sind häufig au der Vorderachse über dem längsten<br />
Federblatt noch ein oder zwei weitore kurze<br />
Fedorblätter angeordnet, die ihrer Lage nach nicht<br />
zum Mittragen in Frage kommen können. Was<br />
bezweckt man mit Zusatz-Fedorblättern? A. in H.<br />
Antwort: Diese Znsatz-Federblätter werden<br />
aus zwei Gründen angewendet. Einmal fast überall<br />
dort, wo Vorderradbremsen vorhanden sind. Die<br />
kurzen Blätter über dorn Hauptblatt verhindern<br />
hier, dass beim Bremsen das Hauptblatt zu stark<br />
beansprucht wird. Beim Bremsen haben nämlich<br />
die Räder die Tendenz, dio Vorderachse mitzudrehen,<br />
und dio Vorderachso ihrerseits überträgt<br />
diese Kräfte wieder zum grossen Teil auf das<br />
Hauptblatt der Feder, das ja das einzige ist, das<br />
mit dem Chassis fest vorbunden ist. Werden abor<br />
Zusatz-Federblätter über dem Hauptblatt angewendet,<br />
so verteilen sich die Kräfte zum Teil auch auf<br />
diese.<br />
Die Zusatz-Federblätter werden vielfach auch<br />
als Mittel benützt, um die Eigenreibung des Fodorpaketes<br />
zu erhöhen. Sio werden daboi untor Vorspannung<br />
auf die Hauptfoder aufgeschraubt. Dio<br />
vergrößerte Eigenreibung des ganzen Federpakotes<br />
ergibt bis zu einem gewissen Grad dio Wirkung<br />
eines Stosadämpfera. W. M.<br />
Frage 7026. Flatiern der Vorderräder. Wio<br />
hilft man dem Flattern der Vorderräder am einfachsten<br />
üb? Ch. B. in B.<br />
Antwort- Um nicht zu flattern, müssen dio<br />
Vorderräder eauf Schub» eingestellt sein, nicht «auf<br />
Zug», d: h. der Drehzapfon der Vorderräder muss,<br />
bezogen auf dio Ebene der Fahrbahn, schwach<br />
nach hinten geneigt sein, genau so wie dio Vorderradgabel<br />
von Fahrrädern. Der Drehzapfen darf<br />
nicht senkrecht auf die Ebene der Fahrbahn stehen<br />
und vor allem nicht nach vorne geneigt sein; in diesen<br />
Stellungen sind die Räder auf Zug eingestellt<br />
und flattern zwangsläufig, wie da« (konstruktiv<br />
falsch eingestellte) hintere Lenkrad an manchen<br />
Krankenfahrstühlen. Wenn einmal dio Vorderräder<br />
zu flattern anfangen, und das tritt mit der Zeit<br />
leicht ein, weil die Vorderfedern nach und nach<br />
etwas von ihrer ursprünglichen Spannkraft und da^<br />
mit etwas von ihrer ursprünglichen Form verlieren,<br />
so ändort sich auch dio Stellung der Vorderachse<br />
und damit dio Stellung der Drehzapfen der Vorderräder<br />
zur Ebene der Fahrbahn. Dem kann man abhelfen,<br />
indem man die Federbrieden löst und zwischen<br />
der Achse und den Federn je eine keilförmige<br />
Zwischcnlage einlegt, mit der Keilspitze nach vorne<br />
gerichtet; dadurch wird dio Achso. von der linken<br />
Wagenseite aus gesehen, im Sinne des Uhrzeigers<br />
um ihre Mittellinie gedreht, und das bedeutet, dass<br />
die Drehzapfen der Vorderräder, dio vielleicht vorher<br />
senkrecht gegen die Ebene der Fahrbahn gerichtet<br />
waren, jetzt schwach nach hinten geneigt<br />
sind, und damit sind dann die Vorderräder «auf<br />
Schub» eingestellt. Diese Arbeit sollte indessen nur<br />
von einem erfahrenen Fachmann ausgeführt werden.<br />
Es gibt mehrere Nebemirsachen, die — wenn die<br />
Drehzapfen beim allmählichen Nachlassen der Vorderfedern<br />
sieb der senkrechten Stellung nähern —<br />
vorzeitig ein Flattern hervorrufen, und wenn der<br />
Zustand so weit fortgeschritten ist, dass das Flattern<br />
zwangsweise auftreten muss. dieses dann erheblich<br />
verstärken können. Diese Nebenursachen<br />
sind: Erstens ein ungenügend aufgepumpter Vorderreifen;<br />
zweitens ein zu lose eingestellte« Kugellager<br />
des einen oder beider Vorderräder, und drittens<br />
zu lose Einstellung der Lenkung. Das erste,<br />
was der Fahrer zn prüfen hat. wenn die Vorderräder<br />
plötzlich zu flattern beginnen, ist deshalb, ob<br />
die Vorderreifen genügend Druck haben, und das<br />
zweite ist, nachzusehen, ob die Kugellager der Vorderräder<br />
und die Lenkung Spiel haben und nachgezogen<br />
werden müssen. Hat man diese Verhältnisse<br />
in Ordnung gebracht, so ist in vielen Fällen<br />
das Flattern weg, — aber nur vorläufig. Man muss<br />
nämlich auch in diesem Falle das aufgetretene<br />
Flattern auffassen ah eine Mahnung, die zeigt, dass<br />
die Federn bereits etwas nachgegeben haben und<br />
dass dio Drehzapfen im Begriff sind, aus der Schubstellung<br />
in-die Zugstellung überzugehen. Dem soll<br />
man dann Heber gleich gründlich abhelfen, wlt.<br />
Frage 7027. Anschluss dts Windschutzscheibenreinigers.<br />
Mein Wagen ist mit einem Vakuumschuibenreinigor<br />
ausgerüstet Ursprünglich war dieser<br />
Scheibenreiniger durch ein Rohr und ein Stück<br />
Gummischlauch am Ansaugrohr des Motors angeschlossen.<br />
Um dem Motor ein glatteres Aussehen<br />
zu geben, schloss ich ihn dann aber am Vakuumförderer<br />
an, und zwar dort, wo das Verbindungsrohr<br />
zwiachon Vakuumförderor und Ansaugleitung<br />
rechtwinklig abgebogen ist und in den Vakuumförderer<br />
mündet. Seitdem passiert es nun öfters<br />
bei längeren Bergfahrten, dass die Beuzinzufuhc<br />
versagt, wahrscheinlich, weil der Vakuumförderer,<br />
nicht nachkommt Wäre es denkbar, dass die Leistungsfähigkeit<br />
des Vakuumförderers durch den<br />
nachträglichen Anschluss des Windschutzscheibenreinigers<br />
vermindert worden ist? L. C. in A.<br />
Antwort: Möglich ist ea schon. Der Anschluss<br />
des Windschutzscheibenreinigers direkt vor<br />
dem Vakuumförderer, vermindert den Unterdruck<br />
in diesem. Immerhin sollte aber auch der kleinere<br />
Unterdruck noch genügen. Bei den meisten modernen<br />
Wagen ist ein Vakuum-Scheibenvvischor so angeschlossen,<br />
wie oben skizziert, ohne dass Schwierigkeiten<br />
aufträten. Wir glauben deshalb eher,<br />
dass in Ihrem Fall irgend eins versteckte Undichtigkeit<br />
in einer der Leitungen im Spiel ist. Untersuchen<br />
Sie einmal die ganze Anlage genau in<br />
dieser Hinsicht. Sollte nichts «um Vorschein kommen,<br />
so müssten Sie entweder wieder den alten<br />
Anschluss herstellen oder event. das Verbindungsrohr<br />
zwischen dem Vakuumförderer und dem Ansaugrohr<br />
des Motors durch ein solches von *rösserem<br />
Durchmesser ersetzen. m,<br />
SEE»<br />
Anfrage 723. Durchgangsgebühren. Dürfte ich<br />
Sio um Auskunft bitten, ob mit 1. Januar <strong>1929</strong>,<br />
wo dio kantonalen Durchgangsgebühren auf allen<br />
Strassen wegfallen müssen, nun auch solche Taxen<br />
wegfallen müssen, wie sio der Gemeinderat von<br />
Kerns für die Strecke Kems-Melchtal und Kern«-<br />
Flüeli verlangt. Ich lege Ihnen eine diesbezügliche<br />
Verordnung bei, woraus Sio dio Vorschriften ecsehen.<br />
t<br />
Sollton Sie Interesse haben, so würde ich Ihnen<br />
Material in dieser Angelegenheit aushändigen.<br />
T in S.<br />
Antwort: Es ist richtig, dass die Aufhebung<br />
der Durchgangsgebühren von allen Kantonen vorgesehen<br />
ist, und zwar von Graubünden und Uri<br />
auf 1. Januar und von Bern, Glarus, Tossin und<br />
Wallis auf den Beginn der Fahrsaison <strong>1929</strong> Nun<br />
ist aber zu bemerken, dass es sich hier ausdrücklich<br />
nur um Gebühren handelt, welche Durchgangsstrassen<br />
betreffen. Strassen innerhalb der<br />
Kantone, die keine Durchgangsstrassen sind, können<br />
nach wie vor für den Automobilverkehr gesperrt<br />
oder nur gegen Entrichtung einor Gebühr geöffnet<br />
werden Hierüber ist die Kantonsregienng in der<br />
Regel kompetent zu entscheiden. Die von Ihnen<br />
angeführten Strassen fallen nicht unter die Kategorie<br />
der Durchgangsstrassen, so dass also für<br />
diese eine Aufhebung der Gebühren kaum zu erwarten<br />
sein wird. Wir bezweifeln überdies sehr,<br />
dass heute gerichtlich mit Erfolg gegen diese Gebühren<br />
vorgegangen werden könnte Immerhin<br />
sind wir gerne bereit, die Angelegenheit gelegentlich<br />
an Hand der Akten, wenn Sio ans solche zur<br />
Verfügung stellen wollen, näher zu prüfen. *<br />
Höflichkeit kostet wenig oder nichts. Ob,<br />
du nun einem andern Fahrer der sich gegen<br />
die Verkehrsregeln verstossen hat, deine<br />
Sympathie oder deine Anlhipathie bezeugen<br />
willst, die Höflichkeit wird dich in jedem<br />
Falle am besten aus der Angelegenheit<br />
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licher Fruchtbarkeit. Landwirtschaft und<br />
Viehzucht sind die wichtigsten Gewerbezweige<br />
des Landes. Einige Gegenden haben<br />
sehr wertvolle Waldbestände aufzuweisen,<br />
wie schliesslich auch Anzeichen für das Vorhandensein<br />
ausgedehnter, wertvoller Bodenschätze<br />
zu konstatieren sind. Alle diese Umstände<br />
sprechen in Verbindung mit der Tatsache,<br />
dass Abessinien über keine Eisenbahn<br />
verfügt, dafür, dass dem Motorfahrzeug da-<br />
10 ÄUTOMORTL-RFVUE <strong>1929</strong> —<br />
Haben die Kantone das Zwecke der Personen- als auch der Güterbeförderung.<br />
Die Begeisterung für dieses mosteht,<br />
welche neuerdings um so näher gerückt<br />
selbst eine ungemein grosse Zukunft bevor-<br />
Recht, die Aufhebung der Bergtaxen<br />
zu verschieben?<br />
derne Verkehrsmittel hat sich in kürzester ist, als man an dem Ausbau des Landstrassennetzes<br />
vor kurzem mit aller Energie zu<br />
Zeit sogar derartig ausgebreitet, dass heute<br />
In unserem Schweizerländchen geht es schon Tausende von Wagen laufen würden, arbeiten begonnen hat. Unsere schweizerische<br />
Exportindustrie wird daher gut tun,<br />
mit unsern 22 kantonalen Hoheiten hie und wenn das hierfür geeignete Strassennetz<br />
da recht merkwürdig zu. Tausende von Franken<br />
werden an eidgenössischen Sitzungsgel-<br />
Verfassung wäre. Mit Rücksicht hierauf ist<br />
dichter und vor allem in einer weit besseren<br />
dern verschwendet, um Bundesbeschlüsse zu die Anzahl der in Abessinien zurzeit im Verkehr<br />
befindlichen Motorfahrzeuge noch sehr<br />
produzieren, denen die kantonalen Hoheiten<br />
hernach, «souverän», wie sie nun einmal gering — die im Juli dieses Jahres amtlicherseits<br />
gemachte Erhebung weist 287 Personen-<br />
sind, die Nase drehen. So wurde im neuen<br />
Verfassungsartikel über den Benzinzollviertel<br />
ausdrücklich festgelegt, dass in<br />
wagen, 18 Lastkraftwagen und 25 Motorräder<br />
der<br />
neu geordneten Benzinzollverteilung die<br />
kantonalen Bergtaxenzuschläge aufzuheben<br />
seien. Diesem Gebot sind denn auch die meisten<br />
Kantone ohne weiteres nachgekommen.<br />
Drei haben davon eine Ausnahme gemacht.<br />
Es sind dies die Kantone Glarus, Bern und<br />
Wallis. Glarus schützt die Landsgemeinde<br />
vor, deren Beschluss abzuwarten sei, Wallis<br />
will zuerst das Geld im Sacke haben und<br />
Bern will wohl die starke Hand zeigen und<br />
pressiert auch auf diesem Gebiete nicht.<br />
Wie uns von kompetentester Seite aus dem<br />
Bundeshause mitgeteilt wird, gibt es jedoch<br />
am Bundesbeschlusse nichts herum zu deuteln.<br />
Mit der Annahme des revidierten Artikels<br />
sind sämtliche Bergtaxenzuschläge vom<br />
1. Januar <strong>1929</strong> an nicht mehr rechtsgültig. Den<br />
Kantonen steht kein Recht mehr zu, diese<br />
willkürlich weiterhin erheben zu wollen. Im<br />
Gegenteil, das zuständige Departement droht<br />
mit Gegenmassnahmen. Wenn z. B. der Kanton<br />
Wallis sich darauf versteifen wollte, mit der<br />
Aufhebung der Taxen zuzuwarten, bis ihm der<br />
Benzinzollanteil ausbezahlt wird, so würde er<br />
dieses Geld niemals erhalten, da die diesbezügliche<br />
Bestimmung ausdrücklich festlegt,<br />
dass die Subventionen erst mit der Aufhebung<br />
der Taxen ausbezahlt werden sollen.<br />
Die Automobilisten sind denn auch nach<br />
klarer Rechtslage nicht mehr gehalten, diese<br />
Taxen zu entrichten. Das Bundesgericht<br />
mflsste jeden Rekurs gutheissen. Die drei<br />
renitenten Kantone, deren Verhalten nicht<br />
recht zu begreifen ist, werden über kurz<br />
oder lang die Waffen strecken müssen — die<br />
Blamage bleibt ihnen sicher.<br />
Abessinicn - ein aussichtsreicher<br />
Automobilmarkt.<br />
Obwohl die Bewohner von Abessinien modernen<br />
Tendenzen nicht leicht zugänglich sind,<br />
hat das Automobil unlängst auch dort seinen<br />
Einzug gehalten, und zwar sowohl zum<br />
aus. Der König hat das vornehmste Beispiel<br />
gegeben und verfügt derselbe heute bereits<br />
über eine grössere Anzahl von Wagen. Die<br />
europäischen Produktionsländer haben ihre<br />
Marken in grösserer Anzahl auf dem abessinischen<br />
Markt eingebürgert und nur 12 Prozent<br />
der erwähnten Gesamtzahl sind amerikanischer<br />
Herkunft. Der abessinische Automobilverkehr<br />
beschränkt sich zurzeit fast<br />
ausschliesslich auf die Hauptstadt des Landes,<br />
Addis-Ababa, und ihre nächste Umgebung.<br />
In Anbetracht der Gebirgslage des Landes<br />
herrscht ein ziemlich kaltes Klima während<br />
des ganzen Jahres vor. Von Oktober bis Mai<br />
scheint helle Tropensonne, während die Monate<br />
Juni bis September sehr starke Niederschläge<br />
mit sich bringen. Während der<br />
trockenen Jahreszeit sind die natürlichen<br />
Landstrassen mit einer hohen Staubschicht<br />
bedeckt, die sich in der Regenperiode in tiefen<br />
Schmutz verwandelt. Mit Rücksicht hierauf<br />
und im Hinblick auf die durch die gebirgige<br />
Gestaltung bedingten häufigen Steigungen<br />
konzentriert sich die abessinische<br />
Nachfrage auf die geschlossenen Wagen in<br />
der Strapazierkategorie; die offenen Wagen<br />
eignen sich nur für den Stadtverkehr und<br />
sind daher nur in geinger Anzahl anzutreffen.<br />
Abessinien hat einen Flächeninhalt von<br />
rund 400,000 Quadratmeilen; die Bevölkerung<br />
zählt zurzeit rund 10 Millionen und gilt<br />
als ausserordentlich fleissig und intelligent.<br />
Der Boden ist von mehr als durchschnitt-<br />
jenem ungemein aussichtsreichen Absatzgebiet<br />
besondere Aufmerksamkeit entgegenzubringen.<br />
Motorfahrzeuge unterliegen bei ihrem Eintritt<br />
in Abessinien einem offiziellen Importzoll<br />
in Höhe von 10 Prozent ad valorem. Dieser<br />
Zollansatz ist aber in Wirklichkeit nur theoretisch,<br />
da der Einfuhrzoll in der Regel ganz<br />
willkürlich bemessen wird und mitunter bis<br />
50 Prozent vom Werte der Originaliaktura<br />
geht. Bemerkt sei schliesslich noch, dass die<br />
Preise am besten in englischer Währung gestellt<br />
werden.<br />
Zur neuen Berliner Verkehrsordnung.<br />
Ueber die neue Berliner Verkehrsordnung,<br />
die Ende dieses Monats in Kraft gesetzt wird<br />
und worüber wir bereits am 23. November<br />
1928 über einige Details berichten konnten,<br />
können wir noch folgendes auch für die<br />
Schweizer Automobilisten Interessantes<br />
nachtragen:<br />
Zum ersten Mal werden amtlich Fahrbahnen<br />
und Gehbahnen unterschieden. Tafeln,<br />
die nach Form und Farbe zu Verwechslungen<br />
mit den amtlichen Verkehrszeichen<br />
Anlass geben könnten, dürfen auf öffentlichen<br />
Wegen nicht mehr angebracht werden.<br />
An unübersichtlichen Wegstellen ist das<br />
Ueberholen verboten. In einer Einbahnstrasse<br />
können fahrende Trams auch links<br />
überholt werden, wenn die Fahrbahn hierfür<br />
Raum lässt und das Ueberholen rechts<br />
nicht möglich ist. Die Automobile oder die<br />
Fahrzeuge der Reichspost, die bisher von<br />
gewissen Beschränkungen der Strassenordnung<br />
befreit waren, besitzen dieses Vorrecht<br />
nicht mehr. Handwagen und ähnliche Fuhrwerke<br />
sind gehalten, eine hellbrennende Laterne<br />
mit farblosem oder gelblichem Glas<br />
mitzuführen. Diese Laternen müssen auf<br />
der linken Seite, und zwar am vordern Teil<br />
des Fuhrwerkes, so angebracht sein, dass<br />
sie ungefähr die linksseitige Begrenzung des<br />
Fuhrwerkes markieren. Für die Radfahrer<br />
wird das Anbringen des sogenannten Katzenauges<br />
am hintern Rade obligatorisch. Die<br />
neuen Verkehrsordnungen Berlins enthalten<br />
somit nicht nur Vorschriften für Automobilisten<br />
und Fussgäniger, sondern auch für Pferd<br />
und Hund, Bestimmungen also, die auch<br />
für verschiedene Kantonsregierungen der<br />
Schweiz vorbildlich sein dürften. -t<br />
Verbesserung der Rlesengeblrgs-Autostrassen.<br />
Die Riesengebirgs-Autostrassen, besonders<br />
die Chaussee Hirschberig-Schreiberhau,<br />
die über Bad Warmbrunn und Petersdorf<br />
führt, haben einen ständig wachsenden<br />
Verkehr. Auf der Strecke Hirschberg-Schreiberhau<br />
wird der Verkehr auf täglich annähernd<br />
1000 Autos geschätzt. Der Kreis Hirschberg<br />
hat die am meisten beanspruchten<br />
Strassen bereits mit modernem Kleinpflaster<br />
versehen, zur Hebung der Verkehrssicherheit<br />
sind zum grössten Teil auch die internationalen<br />
Warnungszeichen mit Leuchtlinsen<br />
versehen u. die Chausseebäume in denAussenkurven<br />
mit Kalk geweisst worden, um die<br />
Kraftfahrer rechtzeitig auf Kurven aufmerksam<br />
zu machen. Zur Entlastung der verkehrsreichsten<br />
Strasse Hirschberg-Schreiberhau ist cter<br />
Bau einer Entlastungsstrasse über Gotschdorf-Voigtsdorf-Petersdorf-Hartenberg<br />
geplant;<br />
eine neue Querchaussee soll von<br />
Schreiberhau über Agnetendorf nach Hain,<br />
ebenfalls zur Entlastung, gebaut werden.<br />
Auch das Projekt einer Autostrasse nach<br />
dem Schindlerpass steht wieder im Vordergrund,<br />
da sich das Bedürfnis nach einer Verbindung<br />
mit der bei der Spindlerbaude endenden<br />
tschechischen Autostrasse immer mehr<br />
geltend macht.<br />
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Der neue Dauerflugrekord der «Question Mark»<br />
und unsere Industrie. Wie die Presse bereits gemeldet<br />
hat, wurde vom amerikanischen. 3-motorigen<br />
Militärflugzeug «Question Mark» (Fragezeichen),<br />
ein neuer Dauerflusr-Weitrekord von 150 Stunden<br />
und 40 Minuten aufgestellt. Dieses Flugzeug ist<br />
also mehr als 6 .Ta-ge in der Luft geblieben, was<br />
eine erstaunliche Leistung ist, und sowohl an die<br />
Führer wie ganz besonders an den Motor unti<br />
seine Zubehörteile imsserordentliche Anforderungen<br />
stellte.<br />
Wie bereits bei den letztjährigen, epochemachenden<br />
Ozeanflügen wurden auch wiederum für diesen<br />
Rekord Scintilla-Magnetos verwendet, welche<br />
in der amerikanischen Armee und Marine, wie ea<br />
scheint, seit einigen Jahren als Standard eingeführt<br />
sind<br />
Es ist sehr erfreulich für die schweizerische<br />
Industrie, konstatieren zu können, dass das relitiv<br />
junge Unternehmen der Scintillff Aktiengese'lsr-h-'ft<br />
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Neuerunzen im Pariser Stadtverkehr.<br />
Mit Anfang dieses Jahres sind in Paris neue<br />
Verkehrsordnungen in Kraft getreten. Wie<br />
der Poüzeipräfekt, M. Chiappe, ankündigt,<br />
wird damit eine Beschleunigung des Verkehrs<br />
angestrebt. Langsamen Fahrzeugen<br />
sind die grossen Verkehrsadern zwischen 14<br />
und 19 Uhr gesperrt. Als solche werden die<br />
grossen Boulevards zwischen Place de la R£publique<br />
und Place Madelaine, dann die Rue<br />
de Passy, die Rue Saint-Honord, die Rue<br />
d'e Rivoli, die Rue Montmartre, die Rue du<br />
Faubourg Montmartre, die Rue de Saint-Lazare,<br />
die Rue Pasquier, die Rue Boissy<br />
d'Angias, Place de la Concorde und die Quais<br />
der Tuilerien und des Louvre bezeichnet.<br />
Unter «langsamen Fahrzeugen» sind vor<br />
allem Pferdefuhrwerke zu verstehen, dann<br />
aber auch Handkarren, überhaupt alle Fahrzeuge,<br />
die das Tempo des Automobils nicht<br />
einzuhalten vermögen.<br />
Der rührige Po'lizeipräfekt ist aber noch<br />
weiter gegangen. Er hat seinen Agenten<br />
strikte Weisung gegeben, alle Automobilisten<br />
zur Anzeige zu bringen, die ihren Wagen<br />
«unvernünftig» lang in den Strassen stehen<br />
lassen. «Die Strasse ist keine Garage.» Ferner<br />
werden in Zukunft Lichtreklamen in der<br />
Nähe von Verkehrslichtsignalen nicht mehr<br />
geduldet, wenn dadurch die Sichtbarkeit des<br />
Verkehrssignals gestört wird. Ganz besonders<br />
sind solche Lichtreklamen verboten, die<br />
der Automobilist für Verkehrssignale halten<br />
könnte.<br />
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Automatische Verkehrsregelung In London.<br />
Seit einiger Zeit sind nun auch in London<br />
Versuche mit automatischen Lichtsignalen<br />
gemacht worden, welche an Steile des bisherigen<br />
Verkehrspolizisten die Organisation<br />
des Strassenverkehrs übernehmen. An der<br />
wichtigen Ausfallstrasse London-Birmingham<br />
sind auf Stadtgebiet an allen Querstrassen<br />
elektrisch betätigte Lichtsignale aufgestellt<br />
worden. Es werden abwechslungsweise In<br />
bestimmten Zeitabständen drei verschiedene<br />
Lichtsignale eingeschaltet, und zwar rot für<br />
«Stopp», grün für «Strasse frei» und gelb<br />
als «Achtung»-signal. Dieses letztere Zeichen<br />
leuchtet immer einige Sekunden bevor eines<br />
der beiden Richtungssignale eingeschaltet<br />
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davon in Kenntnis gesetzt werden, wenn der<br />
Verkehr von einer Strasse in die andere ändern<br />
soll. Während den Versuchen wurden<br />
vorläufig je 35 Sekunden für die Verkehrsdauer<br />
in einer Richtung eingeräumt, nach<br />
welcher Frist der entgegengesetzte Verkehrsstrom<br />
wieder freigegeben wurde. Diese Zeiteinteilung<br />
kann aber am Automaten beliebig<br />
verändert werden. Die Versuche dauern<br />
noch einige Zeit an und es scheint bereits<br />
jetzt mit Sicherheit angenommen werden zu<br />
können, dass man in London zukünftig ständig<br />
einige Hauptstrassen auf diese Weise<br />
kontrollieren wird. Die Polizeibehörde macht<br />
vor al'em die Einsparungen geltend, die<br />
durch die mechanische Verkehrsregelung gemacht<br />
werden können, da der automatische<br />
Betrieb pro Kreuzung Jährlich etwa zehn<br />
Pfund an Ausgaben erfordert, gegenüber 400<br />
Pfund, wenn Polizeibeamte für den Dienst<br />
verwendet werden.<br />
bi.<br />
Vierspurige Automob'Istrasse Bonn-Kö'n-<br />
DüsseldorS-Industriegebiet Die Rheinische<br />
Provinzialverwaltung hat den Bau der schon<br />
lange geplanten niederrheinischen Grossverkehrsstrasse<br />
seitlich der alten Strasse und<br />
der Rheinorte beschlossen. Die Strasse soll<br />
auf selbständigem Strassenkörper ohne Niveaukreuzungen<br />
über oder unter den bisherigen<br />
Verkehrswegen jeder Art weggeführt<br />
werden und als vierspurige Strasse lediglich<br />
dem Fernverkehr dienen. Der örtliche Kraftwagen-<br />
sowie der Fuhrwerks-, Rad-, und<br />
Personenverkehr soll den anderen Wegen<br />
vorbehalten bleiben.<br />
rdv.<br />
Neuerungen der deutschen Automobllverbänds<br />
für den Verkehr Im neuen Jahre. Der<br />
wachsende Automobilverkehr veranlasst die<br />
grossen Automobilclubs, neue Massnahmen<br />
im kommenden Jahre durchzuführen. Der<br />
Allgemeine Deutsche Automobilclub (A. D.<br />
A. C.) baut sein System der Autolotsen weiter<br />
aus. Bisher gibt es 22 Autolotsen in Berlin;<br />
neuerdings werden auch Lotsen, die<br />
selbst Führerscheine besitzen, und Aushilfschauffeure<br />
bereitgehalten. Die Gebühr für<br />
Lotsen, die nur den Weg weisen, beträgt<br />
1,50 Mark pro Stunde, die für Lotsen mit<br />
Führerschein 2 Mark.<br />
Es ist beabsichtigt, auch in andern deutschen<br />
Grossstädten Autolotsendienst einzurichten.<br />
— Im Strassenhilfsdienst des A. D.<br />
A. C. stehen augenblicklich 60 Wagen zur<br />
Verfügung. Sie sind mit Reparaturmaterial<br />
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ausgerüstet, fahren ständig die wichtigeren<br />
Verkehrsstrassen ab und leisten beschädigten<br />
Kraftwagen im Bedarfsfalle Hilfe. Zur weiteren<br />
Erleichterung des Kraftwagenverkehrs<br />
gibt der A. D. A. C. Tourenkarten in Postkartengrösse<br />
heraus, die auf der Vorderseite<br />
den Streckenplan, auf der Rückseite den Text<br />
enthalten. Ausserdem ist mit der Aufstellung<br />
von Tafeln an den Ortseingängen begonnen<br />
worden, auf denen Namen empfehlenswerter<br />
Hotels und Reparaturwerkstätten verzeichnet<br />
sind. Als besonders wichtige Neuerung<br />
ist der für <strong>1929</strong> geplante Orts-Sanitätsdienst<br />
zu bezeichnen. Der A. D. A. C. Iässt Tafeln<br />
mit der Adresse des nächsten Arztes anbringen;<br />
ausserdem sollen die Tankstellen mit<br />
Sanitätsmaterial für erste Hilfe und Tragbahren<br />
ausgerüstet werden.<br />
Der Automobilclub von Deutschland (A.D.<br />
V.) richtete am 1. Januar <strong>1929</strong> 55 Ausgabestellen<br />
von Triptyques und Carnets de Passage.<br />
Diese Stellen, zu denen im Laufe<br />
des Jahres noch 20 weitere treten werden,<br />
erteilen auch an Nichtmitglieder Triptyques.<br />
rdv.<br />
Die Haslebergstrasse bleibt gesperrt! Die Einwohnergemeindeversammlung<br />
von Hasleberg hat<br />
ein erneutes Gesuch um Freigabe der Haslebergstrasse<br />
für den allgemeinen Automobilverkehr<br />
mehrheitlich abgelehnt.<br />
—ey.<br />
Zur Frage der Kaskoversicherung schreibt uns<br />
I/Assicuratrice Italiana was folgt:<br />
«Die * Assicuratrice Italiana» hat sich früher<br />
immer gogen die Aufnahme des Betriebes der<br />
Kaskoversicherung gesträubt, weil einerseits deren<br />
ungünstiger Vorlauf längst bekannt war und anderseits<br />
ein Geschäftserfolg zu höheren Prämien, als<br />
wie sie von den Schweizer Gesellschafton erhoben<br />
wurden, nicht möglich erschien. — Dom Drängen<br />
ihrer schweizerischen Organe nachgebend, hat die<br />
Gesellschaft schhesslich vor einigen Jahren den genannten<br />
Zweig für dio Schweiz in ihren Betrieb<br />
aufgenommen, doth zeigte die Erfahrung bald genug,<br />
dass sie besser getan hätte, nicht aus ihrer<br />
Reserve herauszutreten. Der fortgesetzt ungünstige<br />
Verlauf diktierte dor Gesellschaft die baldmögliche<br />
Wiederaufgabt- der Kaskoversicherung, nachdem es<br />
ihr nicht gelungen war, vom Eidg. Versicherungsamt<br />
die Genehmigung für die Einführung neuer<br />
Versicherungsbedingungen zu erhalten, die eine angemessene<br />
Verbesserung der Kaskoversicherung bezwecken<br />
sollten.<br />
Vom Kündigungsrecht im Schadenfalle, das<br />
übrigens durrh das V V G. beiden VertragMeilen<br />
eingeräumt ist. ina'ht die Assicuratrice Italiana<br />
allgemein nicht häufiger Gebrauch als irgendeine<br />
Gefunden<br />
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sich aber um die vollständige Aufgabe eines apeziellen<br />
Versi^herungszweiges handelt, sollte es verständlich<br />
erscheinen, dass dio Gesellschaft jede sich<br />
bietende Gelegenheit zu dessen baldmöglichor Liquidation<br />
benützt.»<br />
Zu den bundesgerichtlichen Entscheiden. Man<br />
schreibt uns: Dio drei in Nr. 1 der « Automobil-<br />
Revue » besprochenen Entscheide des Bundesgerichtes<br />
werden das Ansehen unserer obersien<br />
richterlichen Behörden kaum hoben. Besonders di«<br />
Begründung des sweiten Fallos ist so unglaublich,<br />
dass man sich fragen muss, ob es nicht angezeigt<br />
wäre, eine Initiative sur Abschaffung dea Bundi-sgerichtes<br />
in die Wege zu leiten. Lieber gar kein<br />
Bundesrecht, als solche Auslegungen und Begründungen<br />
Dio bundesgerichtlichen Entscheide, üher<br />
die sich der normaldenkende Bürger den Kopf<br />
halten muss. mehren sich auf allen Gebieten derart,<br />
dass die Frage berechtigt erscheint, ob denn unsere<br />
Bundesrichter von jedem Verkehr und jedem<br />
Umgang mit Menschen abgesondert leben müssen.<br />
Gerade wir Automobilisten haben doch kein Interesse<br />
daran, darss das viele Gold, das der bnndesgericbtliche<br />
Apparat verschlingt, dazu dient,<br />
Entscheide herbeizuführen, die uns in vieten Fällen<br />
wie eine Vorulkung anmuten müssen. r.<br />
Ein Brief an die städtische Polizeidirektion In<br />
Bern. Folgendes Schreiben wird uns zur Veröflont<br />
lichung zur Verfügung gestellt:<br />
Mit Bussverfiägunu vom 25. November 1928<br />
teilten Sie mir mit. dass ich am 24. November von<br />
22. 46 bis 24 Uhr durch das Stehenlassen meine»<br />
Wagens vor dem Hotel Ratskeller den Vorkehr mit<br />
dem Omnibus arg gefährdet habe.<br />
Ich bedauro dieses vorschriftswidrige Stehenlassen<br />
sehr und teile Ihnen mit. dass es nicht absichtlich<br />
geschah. Ich bin in Bern stadtunkundig,<br />
und als ich im Hnfel Ratskeller einen Vortrag hören<br />
wollte, suchte ich einen Platz, wo das Aufstellen<br />
dee Autos am wenigsten störte. Dass ich es irrtümlicherweise<br />
nun doch am unrichtigen Ort stationiert<br />
habe, erfahre ich aus Ihrem Bussenzettcl.<br />
Mit gleicher Post zahle ich Ihnen dio Fr- 5—<br />
ein, da ich weitere Zeitverluste vermeiden will, doch<br />
kann hier von einer Gerechtigkeit keine Rede sein,<br />
denn wonn es dem diensttuenden Polizisten um die<br />
Beseitigung des, wie Sie schreiben, «arg» verkehrsstörenden<br />
Autos war, so hätto er im Hotol nach dem<br />
Besitzer fragen können, und dio Störung wäre In<br />
5 Minuten behoben gewesen.<br />
Dass der Inhaber dieses Autos im Hotel "Rat«-<br />
keller sein konnte, liegt auf der Hand. So viel Wei«-<br />
heit mutete ich auch der Berner Stadtpolizei noch<br />
zu. Wenn aber die Beseitigung dieses «argen»<br />
Hindernisses sich so einfach hätte erledigen lassen,<br />
wäro es allerdings nicht nötig gewesen, einen fünffränkigen<br />
Andenkzettel nach Zürich zu senden.<br />
Ich sende Ihnen in der Beilage einige Ausschnitte<br />
aus der <strong>Zeitung</strong> über «Bernische Bussenpraxis»,<br />
sowie ein Insorat des Verkehrsbureans<br />
Bern aua der gestrigen «N. Z. Ztg.«, womit Gäste<br />
nach Bern geladen werden. Für mich bleibt die<br />
Stadt Bern so lange erledigt, bia ich mindestens das<br />
20fache der Busse erspart habe, os uibt also bis dahin<br />
kein Mittagessen, kein Uebornachten. nicht einmal<br />
ein «Cafö Natur» in Bern für mich. Wenn e*<br />
alle Automobilisten so machen würden, so bin ich<br />
überzeugt, dass die städtische Polizeidirektion in<br />
Bern eine gerechtere Praxis für die Beseitigung der<br />
«argen» Verkehrshindernisse anwenden würde.<br />
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Relseschllderiingeii eines amerikanischen<br />
Stahlwerkarbeiters, der seinen Urlaub dazu<br />
benutzt, um in einem alten Fordwagen sein<br />
ungeheures Vaterland zu durchstreifen.<br />
Ihr westlichen Eingang des Yellowstone-<br />
Parks geht es 100 Meilen weit durch den Galatin<br />
Cannon, meistens an dem eiskalten, klaren<br />
und reissenden Galatinfluss entlang.<br />
Der Galatin entspringt auf der Madison in<br />
den schneebedeckten Bergen und Hochflächen<br />
des Yellowstone-Parks, und es war<br />
ein einzigartiges Erlebnis, in schwerem Gewittersturm<br />
durch das Hochland dahinzufahren,<br />
7000 Fuss über dem Meeresspiegel, wo<br />
•unzählige Sümpfe und Teiche, in denen sich<br />
tue geschmolzenen Seewasser sammeln, die<br />
eigentlichen Quellen bilden, aus denen diese<br />
OebirgsfHisse ihre Zuflüsse erhalten. Bei<br />
Three Forks, weiter nördlich, vereinigen sie<br />
sich mit dem Jefferson und bilden mit ihm<br />
den Missouri. Hier also sind die Hauptgewässer,<br />
die wahren Quellen des Missouri.<br />
Hier ist das Ürsprungsgebiet eines Teiles der<br />
Wassermassen, die sich wie eine stürzende<br />
Lawine über die fruchtbaren Lande des unteren<br />
Mississippi legten u. so gewaltige Gebiete<br />
verwüsteten. (Ueberschwemmungskatastrophe<br />
im Jähre 1927.)<br />
Es war Mitte Juni, als der staatliche Forstbeamte<br />
meinen «Prähistorischen» (gemeint<br />
is;t vermutlich ein alter Fordwagen!) als einen<br />
der Besucher des herrlichen Nationalparkes<br />
verzeichnete. Der Eintritt kostet wenig,<br />
nur drei Dollar, wofür man so lange im<br />
Park bleiben darf, wie man will. Schusswaffen<br />
sind unbedingt verboten, und wehe dem,<br />
der innerhalb der Grenzen des Parks beim<br />
Jagen ertappt wurde oder auch nur beim Belästigen<br />
und Necken des Wildes. Dieses<br />
menschliche Benehmen und dieser Schutz haben<br />
einen schönen Wandel in den Beziehungen<br />
zwischen Mensch und Natur, insbesondere<br />
aber zwischen Mensch und_ dein sogenannten<br />
wilden Tier herbeigeführt.<br />
1 Bären, der braune, der schwarze, sowie<br />
gelegentlich der Grizzly (man denke an Karl<br />
May!) haben keinerlei Abneigung mehr gegen<br />
ihre zweibeinigen Herren. Sie stellen sich<br />
aufrecht hin, erbetteln sich Nahrung oder suchen<br />
diese unbekümmert im Innern der Lager.<br />
Ja, sie haben sogar, kluge Tiere, die sie<br />
sind, gelernti sich mitten auf die Strasse zu<br />
setzen, herankommende Automobile aufzuhalten<br />
und sog'eich um Süssigkeiten, besonders<br />
um Keks und ähnliche Leckerbissen, zu bitten.--Man<br />
denke ja nicht, dass die Bären zahm<br />
sind, sie sind es bestimmt nicht. Die Förster<br />
predigen dauernd grösste Vorsicht, «Sicherheit»<br />
sozusagen, im Verkehr mit den mächtigen<br />
Raubtieren. «Nicht mit der Hand füttern»,<br />
«nicht necken», «nicht zwischen die<br />
Bärenmutter und ihr Junges gehen» und ähnliches,<br />
das sind so einige Regeln, die sie den<br />
Touristen beizubringen versuchen. Jedoch:<br />
aEs wird jede Minute ein Narr geboren»,<br />
DER PFL/ISTERMRLER<br />
VON GÜNTHER R. SCHARER<br />
Es war in London. In einer Weltstadt, im<br />
Vorbeihasten von Tausenden, in der Untergrund,<br />
auf Omnibussen, auf der Strasse hält<br />
es schwer, sich einen Einzelnen zu merken,<br />
unter tausend Masken und Gesichtern dem<br />
Gedächtnis einzuprägen.<br />
; Und doch geschah es. In jenem stillen<br />
Stadtteil, der obwohl so nahe der City, sich<br />
doch den Charakter der vornehmen Ruhe erhalten<br />
hat, an der Rüssel Square, war er mir<br />
aufgefallen. Am Gitter der kleinen Parkanlage,<br />
die den Platz schmückt, sass er auf dem<br />
Boden, neben ihm seine Krücken — ein Einbein.<br />
Und neben ihm auf dem Gehsteig war<br />
eine farbige Zeichnung in Kreide hingemalt,<br />
alle Tage etwas anderes, und daneben in<br />
deutlichen Lettern: Danke. Dort warfen die<br />
Passanten ihre Kupfer hin oder sie Hessen<br />
es bleiben. Alle Tage eine andere Zeichnung,<br />
irgend eine rührende Geschmacklosigkeit:<br />
Die Towerbrücke bei Sonnenuntergang oder<br />
die Sankt Pauls Kathedrale mit den unvermeidlichen<br />
Tauben davor. Dicht an ihm ging<br />
mein Weg zum Hotel vorbei, alle Tage sah<br />
ich mit mitleidigem Lächeln seine neue<br />
Schöpfung an und warf zwei Pennies hin.<br />
Alle Tage hörte ich das gleiche, tonlose, wie<br />
gestorbene — Danke, Herr, — das der Alte<br />
vor sich hin sagte. Der Alte, ja ob er eigentlich,<br />
alt sei, das konnte ich nicht mit Bestimmtheit<br />
sagen. Wohl lag ihm graues Haar<br />
in strähniger Schmutzigkeit um die Schläfen,<br />
wohl blickten seine Augen tot und verglast,<br />
PARKOLOGIE<br />
Seit einigen Jahren ist eine ursprünglich<br />
als Aberglaube angesehene Kunst zur Wissenschaft<br />
erhoben worden: Die Graphologie,<br />
zu deutsch «Handschriftendeutung». Die Graphologie<br />
lehrt, wie man aus einer Handschrift<br />
den Charakter des Schreibers herauslesen<br />
kann. Kein gebildeter Mensch zweifelt heute<br />
mehr an der Seriosität dieser Wissenschaft.<br />
Ich möchte die Reihe der (speziellen Auto-)<br />
Wissenschaften um eine vermehren: Die<br />
«Parkologie». Die Charakterdeutung aus der<br />
Art des Parkierens. Wer Automobilisten unter<br />
seinen Bekannten hat oder auch nur ein<br />
guter Beobachter ist, weiss schon, was ich<br />
damit meine. «Zeige mir, wie du parkierst,<br />
und ich sage dir, wer du bist.»<br />
Ein Beispiel: Ich habe einen Bekannten.<br />
Der junge Mann kann lesen, schreiben, rechnen,<br />
zählt sich unbedingt zu den vernunftbegabten<br />
Wesen und fährt sehr viel Auto.<br />
Das ist alles sehr gewöhnlich. Aber in einem<br />
kann er sich rühmen, mindestens ausserge-<br />
^Vöhnlich zu sein: Er hat.noch nie.in seinem<br />
Leben der Parkvorschrift entsprechend parkiert.<br />
Wenn man den Wagen auf 77 verschiedene<br />
Arten verkehrt und auf eine, Art<br />
richtig hinstellen kann, so wählt er mit absolut<br />
tödlicher Bombensicherheit eine der 77<br />
Arten. Und käme der Wagen zufällig doch<br />
einmal richtig zu stehen, so wäre mein<br />
Freund ein unglücklicher Mann. Warum ?<br />
(Ich will ihn hier nicht beleidigen.)<br />
Beispiel II: Ein Parkplatz mit nebeneinander<br />
aufgestellten Wagen. Ein Automobilist,<br />
den wir «Fritz» nennen wollen, will abfahren.<br />
D. h. er möchte, kann aber nicht und<br />
steht vielleicht jetzt noch dort (oder ist unterdessen<br />
gestorben!). Denn neben Fritzens<br />
Wagen steht jetzt derjenige eines Sportkollegen,<br />
den wir «Hans» taufen wollen. Die<br />
Wagen stehen so eng nebeneinander, dass<br />
Fritz über die Kotflügel klimmen muss, um<br />
zu der verschlossenen Türe zu kommen. Um<br />
dann aber nur zu konstatieren, dass die Türe<br />
nicht genügend geöffnet werden kann. Fritz<br />
wie auch der ganze Gesichtsausdruck stumpf<br />
und erstarrt war, aber wie alt das schmutzige,<br />
bartstopplige Gesicht war, konnte man<br />
nicht erraten. Es mochte fünfzig zählen, aber<br />
ebensogut zehn Jahre jünger sein. Eine Erscheinung,<br />
der ich mein Auge nie lange hingab.<br />
Ich mochte noch so fröhlich meines<br />
Weges kommen, dort an der Ecke des Parkes<br />
sass der Krüppel mit starrem Gesicht, dem<br />
ich alle Tage meine Münzen hinwarf und der<br />
etwas wie ein Fluidum der Kälte um sich<br />
verbreitete. Nie ein Lächeln des Dankes, nie<br />
ein Blick des Dankes überhaupt, nur sein gläsernes,<br />
tonloses Wort.<br />
Es war im Spätherbst, im November, und<br />
die Strassen Londons fingen an, sich mit dikkem<br />
Nebel einzuhüllen. Es regnete oft, kalt<br />
und unerbittlich, so dass die Lichter auf den<br />
Strassen tanzende Spiegelbilder warfen, aber<br />
es mochte morgens früh oder abends spät, oft<br />
auch schon wieder gegen Morgen sein: Der<br />
Pflastermaler sass an seinem Posten, bewegungslos,<br />
wie tot ans Gitter gehockt, seine<br />
beiden Krücken neben sich, und sagte sein<br />
totes — Danke, Herr. Oft suchte ich dem<br />
Menschen auszuweichen, nahm meinen Weg<br />
von der City kommend auf der andern Seite<br />
der Anlage durch, aber wie ein stiller, unerbittlicher<br />
Magnet zog es mich doch wieder<br />
neben dem Krüppel vorbei, wie sehr auch sein<br />
Anblick mich abstiess.<br />
Meine Tage in London waren sorglos und<br />
glücklich, der Glückliche aber kann das Elend<br />
nicht ansehen, es schaudert ihn unwillkürlich,<br />
— so hätte ich ihm eigentlich ausweichen<br />
müssen — ich konnte es nicht. Es kam so<br />
sagt das Sprichwort, «und einige von ihnen<br />
gehen in den Yellow-Park», möchte<br />
ich hinzufügen. Selbst gesehen habe ich<br />
zwei von ihnen. Eine Dame trug eine<br />
schlimm zerrissene Hand davon, als sie dem<br />
Bären die leere Keksbüchse zeigte, nachdem<br />
sie ihn mit ihrem Inhalt gefüttert hatte. Ein<br />
Schlag nach der Schachtel. Seine vierzölligen<br />
Krallen gingen ein wenig zu weit, und das<br />
Unglück war geschehen. Der andere Unfall<br />
war nicht ganz so tragisch, obgleich er ein<br />
gut Teil schlimmer hätte ausgehen können.<br />
Ein junger Fant in weissen Flanellhosen<br />
stieg aus seinem Wagen, um eine Aufnahme<br />
von zwei jungen Bären zu machen, die ihn<br />
zum Anhalten gezwungen hatten. Sein Mädchen<br />
(oder seine Frau) sah diesem Schauspiel<br />
sehr interessiert zu, und natürlich wollte<br />
er einen guten Eindruck machen und die<br />
Ueberlegenheit des Mannes beweisen. Wie<br />
viel besser aber wäre es gewesen, wenn er<br />
mehr an seine Arbeit gedacht hätte. In seinem<br />
Eifer nämlich, ein gutes Bild von den<br />
Jungbären zu bekommen, trat er zwischen<br />
die Bärenmutter und ihre Jungen und — aber<br />
lasst es mich kurz machen — der junge<br />
Mann machte in höchst undekorativem Zustande<br />
einen Satz in den Wagen, gab Gas<br />
und verschwand hinter der nächsten Wegbiegung,<br />
den Bären mit allem, was er an<br />
weissen Flaneühosen besessen hatte, zurücklassend,<br />
ausgenommen den Hosenbund.<br />
Bären sind klug, stark, und wenn es sein<br />
muss, auch schnell. Out genährt, und das sind<br />
sie während der Reisezeit, können sie von<br />
einem kleinen Hund oder einem schreienden<br />
ist durchaus nicht dick, aber ein Türspalt von<br />
15 Zentimeter ist eben noch dünner und zweifellos<br />
als Passage für einen normalen Rückgrat-Schweizer<br />
ungeeignet. Die andern Türen?<br />
Hm — die sind eben von innen verriegelt!<br />
Den Wagen von Hand verschieben ?<br />
Die Bremse ist angezogen und der Arm<br />
reicht durch den Türspalt ebensowenig bis<br />
zum Bremshebel wie bis zu den Türriegeln.<br />
Hansens Wagen verschieben? Der sitzt fest<br />
wie eine Festung und ist ebenso unzugänglich.<br />
Ob Fritz schliess'ich an seinem oder Hansens<br />
Wagen eine Scheibe eingeschlagen hat,<br />
entzieht sich meiner Kenntnis. In der ersten<br />
Wartestunde, während ich ihn beobachtete,<br />
tat er keins von beidem. Wahrscheinlich aber<br />
hat er Hans später die erste Lektion über<br />
«Parkologie» erteilt.<br />
Hoffen wir, dass «Hans» mit seinem zu<br />
nahen Parkieren nur gedankenlos gehandelt<br />
hat! Manche andere Parkierungsfehler verraten.<br />
a-bar weit schlimmere Eigenschaften<br />
als blosse Gedankenlosigkeit. Wer ..sich nur<br />
ein wenig mit der Deutung von Parkierungsfehlern<br />
befasst, dem bietet jeder Parkplatz<br />
ein reichhaltiges Menü schlechter Charaktereigenschaften.<br />
Man findet da oft al'e Abstufungen<br />
zwischen Dummheit und Lümmelhaftigkeit.<br />
Zum Schluss eine kleine Frage an die<br />
«•Se'bständigen» und «Orteinellen-um-jeden-<br />
Preis»: Geht eure Gerissenheit so weit, dass<br />
ihr nichts dagegen hättet, wenn ein Graphologe<br />
in einer <strong>Zeitung</strong> euer Charakterbild veröffentlichte<br />
und darüber setzte: «Achtung!<br />
Charakterbild des Ernst Meier!» Ihr würdet<br />
protestieren? Warum stellt ihr dann aber<br />
euer Ich .auf der öffentlichen Strasse zur<br />
Schau?<br />
Nur wer sich so benimmt, dass er unter<br />
keinen Umständen auffällt, ist bekanntlich<br />
ein Gentleman. Gentlemen wollt ihr aber<br />
doch alle sein! m.<br />
weit, dass mir, wenn ein Tag vergangen war,<br />
an dem er seine zwei Pennies nicht erhalten<br />
hatte, etwas fehlte, unterbewusst das Gefühl<br />
über mich kam, heute etwas vergessen oder<br />
unterlassen zu haben, so dass ich oft noch<br />
abends spät aus dem Hotel ging, um den<br />
Krüppel aufzusuchen. Mit der Zeit hatte ich<br />
Eckel und Abscheu vor ihm überwunden. Er<br />
wurde mir zu einem alten Bekannten. Aber<br />
auf seinem Gesicht war nicht ein einziges<br />
Mal ein Zeichen des Erkennens oder der<br />
Freude des Wiedersehens zu lesen, wie sehr<br />
ich es auch danach durchforschte, da ich<br />
nachgerade ein Recht darauf zu haben<br />
glaubte. So wurde mir der hockende Krüppel<br />
mit seinem Bilde zum Freunde, ohne den<br />
ich mir den Heimweg nicht mehr denken<br />
konnte.<br />
Wie es aber so geht, wenn wir einen seltsamen<br />
Menschen oft und immer wieder sehen:<br />
Es drängt uns, sein Leben zu kennen, von ihm<br />
mehr als nur das Aeussere zu betrachten. Ich<br />
hätte gar zu gerne gewusst, wer der Elende<br />
war, wie er dazu kam, in Wind und Wetter,<br />
in Nebel und Kälte an seinem armseligen<br />
Platze auszuharren — tagelang, nächtelang<br />
in steinerner Apathie. Aber wenn ich einmal<br />
mich dem Manne mit dem Willen näherte,<br />
ein Gespräch mit ihm anzuflechten, so wurde<br />
ich doch schon in einigem Abstande gewahr,<br />
dass ich es nicht wagen dürfe, in diese verschlossene<br />
Würde meine Neugierde einzulassen.<br />
An der eisigen Verschlossenheit und<br />
Ruhe scheiterte mein Wunsch jedesmal, und<br />
enttäuscht und verwirrt warf ich meine Münzen<br />
hin. gleichsam als Entschuldigung für eine<br />
Kinde verjagt werden. Aber wenn sie hung T<br />
rig sind, können sie recht ungemütliche Gesellschafter<br />
sein, obschon ihre Klugheit ihnen<br />
dann oft genug verbietet, anzugreifen.<br />
Viele wahre Geschichten werden über dits<br />
Bären im Yellowstone-Park erzählt. Ihre<br />
Stärke, ihre Klugheit, ihre Vorliebe für Süssigkeit,<br />
besonders auch für Speck, macht es<br />
unerläss'ich, dauernd auf dem Posten- vor<br />
diesen Strauchdieben zu sein. Eine Reisegesellschaft<br />
dachte, dass ihre Speckseite unter<br />
dem Kühlermantel absolut sicher sei. Aber<br />
als sie am nächsten -Morgen erwachte, war<br />
der Speck verschwunden. Mantel und Kühler<br />
waren heruntergerissen und ihre Bsstand*<br />
teile ringsum verstreut.<br />
Harry, ein junger Russe aus New York-<br />
Osten, hatte beschlossen, sich das Land allein<br />
in seinem Chevrolet anzusehen. Trotz<br />
aller Vorstellungen seiner Verwandten, dass ;<br />
er nicht lebend zurückkehren würde, wenn<br />
er west'icher als Chicago ginge. So kam es,<br />
dass sich seine Wage mit meinem «Vorsintflutlichen»<br />
im Yellowstone-Park kreuzten<br />
und dass Harry und ich gute Freunde wurden.<br />
Er war der begeistertste Fischer, den<br />
ich je sah. Da er jedoch nicht mit der FHege,<br />
wie es sonst dort üblich ist, fischte, sondern<br />
mit Köder, musste er nach Würmern suchen,<br />
konnte aber solche trotz aller Bemühungen<br />
nicht finden. So beschloss er, an den Plätzen<br />
nachzusuchen, wo die Touristen ihre<br />
Speisereste usw. wegwerfen. Die Dunkelheit<br />
sah unseren Harry, wie er auf Knien herumrutschte<br />
und mit der Taschenlampe nach<br />
Würmern suchte. Er war so eifrig bei der<br />
Arbeit, dass er die grosse, schwarze Gestalt<br />
neben sich, die in den Lagerresten wühlte,<br />
gar nicht gewahr wurde. Endlich aber drang<br />
ihm doch das schwere Atmen und Schnaufen<br />
des Ungeheuers über die Schwelle des Be-»<br />
wusstseins. Ein Strahl seiner Taschenlampe,<br />
ein kurzer Blick von Harry und der Bär hatte<br />
den ganzen Platz für sich allein.<br />
Harry nahm seinen «Sicherheits-Unterricht»<br />
im Sturm. Als ich ihn fragte, warum<br />
er slets einen Stein oder Ba'umklötz vor die<br />
Räder seines Wagens legte, wenn er irgend^<br />
wo anhalte, meinte er, dass er seit der Nacht*;<br />
wo er im Schlafe die Bremse mit einer Fuss-»<br />
bewegung auslöste und den Abhang heruntergerollt<br />
sei, an dem er für die Nacht geparkt<br />
hatte, kein Verlangen nach weiteren.<br />
Erfahrungen habe.<br />
Gesegnet sei er. Wahrscheinlich unbeachtet<br />
in seinem Vaterlande, kam er hleher mit dem<br />
Willen zu arbeiten, mit der Liebe zur Natur<br />
und mit Musik im Herzen. Wie liebte er es<br />
doch, auf jener Bank zu sitzen, die den Cannon<br />
des Yellowstone-Flusses überschaut und<br />
die Wasser des Unteren Falles zu beobachten,<br />
wie sie 300 Fuss tief abstürzen, getrieben<br />
von ungesehenen Gewalten, wie wüdgewordene<br />
weisse Pferde unter schmerzenden<br />
Peitschenhieben. Bei Gott, so sagte er,<br />
ich könnte hier wohl an die tausend Jahre sjt«<br />
zen bleiben. Es ist wundervoll!<br />
Und es ist wundervoll, überwältigend. Da<br />
Aufdringlichkeit, die gar nicht zum Ausdruck<br />
gekommen, ja von der er vielleicht überhaupt<br />
nichts ahnte, denn tonlos, wie immer, kam<br />
sein — Danke, Herr — über blaue, harte<br />
Lippen.<br />
Das Jahr ging seinem Ende zu. Weihnachten<br />
war vorüber, ohne dass irgend ein Kleines<br />
in meinem Verhältnis zu dem Pflastermaler<br />
sich geändert hätte, eine kleine Episode ausgenommen.<br />
Am Weihnachtsabend war ich<br />
schüchtern dem Alten nahegetreten und hatte<br />
meine üblichen Stücke in den Kreis geworfen,<br />
aber diesmal noch ein kleines Paketlein dazu,<br />
in das ich einen Cake und etwas Rauchzeug<br />
gepackt, obwohl ich den Krüppel nie hatte<br />
rauchen sehen. Das Ergebnis meiner, wie ich<br />
annahm, schönen Handlungsweise, war gewesen,<br />
dass diesmal auch sein monotones Dankwort<br />
ganz ausgeblieben war. In mir, ich gestehe<br />
es, kam zuerst ein Gefühl der Beleidigung<br />
auf, denn wer tut gerne Wohltaten, ohne<br />
Dank zu erhalten. Aber ich versuchte später,<br />
nur ihn zu verstehen, was mir nicht gelang.<br />
Möglicherweise-hielt er mich für ein Glückskind<br />
des Lebens und wollte von mir nichts annehmen,<br />
aber selbst diese letzte Erklärung<br />
war unvollkommen und unbefriedigend.<br />
Die letzten Tage hatten Schnee gebracht,<br />
und der Alte sass in einem löcherigen, fadenscheinigen<br />
Ueberzieher da, seine Bilder aber<br />
waren auf dem Pflaster oft mit einer dünnen<br />
Eisglasur überzogen und ringsum von einem<br />
einrahmenden weissen Wall umgeben. Sonst<br />
blieb sich alles gleich.<br />
So ging es dem letzten Ausklang des Jahres<br />
entgegen. Die Silvesternacht verbrachte
liegt hingelagert über die drei Ecken von<br />
Montana, Wyoming und Idaho, ein Rechteck<br />
von ungefähr 3400 Quadratmeilen, Bergwildnis,<br />
wie sie die Natur erschaffen hat.<br />
Durch einen Beschluss des Kongresses wurde<br />
im Jahre 1S72 ein Nationalpark, der grösste<br />
Nationalpark, und zum Besten des Volkes,<br />
geschaffen. Aber er ist nicht nur ein Tummelp'atz,<br />
er ist eine riesige Werkstatt, wo<br />
Geologen, Botaniker und andere Naturforscher<br />
ungeheure Schätze für Untersuchungen<br />
und Studien finden. Seine Geiser (warme,<br />
springbruiinenartige Quellen) sind weltberühmt.<br />
Es sind mehr und grössere im Nationalpark<br />
a'Ieiiii als in der ganzen übrigen<br />
Welt zusammengenommen. Flora, Fauna und<br />
Gebirgsschönheiten wetteifern miteinander<br />
im Reichtum an Schätzen.<br />
Es ist, als werde man in der Erdgeschichte<br />
um Tausende und Abertausende von Jahren<br />
zurückversetzt, ais die Geiser entstanden,<br />
heisse Sümpfe siedeten und kochten, Erdbeben<br />
und Zuckungen den Globus schüttelten,<br />
Wälder begraben wurden und Erdteile sich<br />
hildeteu. Es ist ein unvergessliches Schauspiel,<br />
von der grossen Halle des Gasthauses<br />
beim Feld des «Alten Getreuen» westwärts<br />
über das obere Geiserbecken hinwegzublikken.<br />
Wenn kurz nacli Sonnenuntergang der<br />
Himmel in den feinsten Farben des Pastells<br />
leuchtete, scharf kontrastierend gegen das<br />
dunkle Blau-Grün der baumbedeckten Berge<br />
in der Ferne. Aus Hunderten von Rissen,<br />
Spalten und Geiseröffnungen wirbeln Wolken<br />
von Dämpfen, grosse und kleine empor,<br />
vom kühlen Abendwind davongetragen. Das<br />
Bild zaubert die Vorstellung einer gewaltigen<br />
unterirdischen Werkstatt, in welcher Zyklopen<br />
an der Arbeit sind. Nur das Fehlen<br />
von Rauch und die wunderbare Reinheit der<br />
Ber.gluft verdrängt diese Einbildung. Plötzlich<br />
jagt der «Alte Getreue» (Name eines der<br />
grössten Geiser) nach einigen Anläufen seine<br />
175 Fuss hohe Säule überhitzten Wassers<br />
himmelwärts. In den drei Minuten, da diese<br />
Eruption andauert, sind gegen fünfviertel Millionen<br />
Gallonen Wassers aus den unterirdi-<br />
R ÄJ<br />
ZUR.CM<br />
Tonuollendetste Instrumente<br />
in relatiu massiger Preistage<br />
RAMSPECK<br />
artinou<br />
sehen Behältern emporgeschleudert worden.<br />
Ein grosser Teil davon verschwindet als<br />
Dampf in der Luft. Der Rest findet seinen<br />
Weg über die hart bekrustete Erde zum<br />
Firehole-Fluss. Kaum hat der «Alte Getreue»<br />
sich wieder niedergetan, um eine Stunde zu<br />
ruhen, so tritt in der Ferne ein anderer Geiser<br />
hervor und wieder einer und noch einer<br />
und über dieses eindrucksvolle Geschehen,<br />
das nun seit Tausenden und Hunderttausenden<br />
von Jahren vor sich geht, wo die<br />
Natur der Schauspieler und das ganze Geiserbecken<br />
die Bühne ist, breitet sich die tiefe<br />
Bläue des Himmels mit seinen funkelnden<br />
Sternen und bittet uns, eine Pause zu machen<br />
und nachzudenken.<br />
Am nächsten Morgen, als ich durch grüne<br />
Hochlandmatten fahre, springt plötzlich ein<br />
geschmeidiger, graziöser Hirsch mit einem<br />
leichten 20-Fuss-Sprung gerade vor uns übet<br />
den Weg. Stangen von Elchgeweihen liegen<br />
umher, wo ihre stolzen Träger sie abgeworfen<br />
haben. Ein Adler kreist hoch in der herrlichen<br />
Luft, und die Felder sind blau gefärbt<br />
von Millionen von Vergissmeinnicht.<br />
Mit meinem vorigen Tippfräulein hatte ich<br />
schlechte Erfahrungen gemacht. Sie nahm es<br />
nicht allzu genau und tippte oft daneben. Deshalb<br />
gab ich ihr den Laufpass und nahm eine<br />
andere.<br />
« Bevor ich Sie anstelle,» erklärte ich ihr,<br />
« möchte ich sehen, wie Sie einschlagen. Ich<br />
lege allergrössten Wert auf gewissenhaftes<br />
Arbeiten.» — Sie versicherte mir, dass Gewissenhaftigkeit<br />
eine ihrer stärksten Tugenden<br />
sei.<br />
«Nun gut! Wir werden ja sehen! Die<br />
Hauptsache ist, dass Sie sich unbedingt nach<br />
meinem Diktat richten. Nichts ist mir verhasster<br />
als Auslassungen. Man kann damit<br />
den ganzen Sinn eines Schreibens entstellen.»<br />
Sie sagte, ich würde über sie nicht zu klagen<br />
haben. Dass sie in jeder Beziehung perfekt<br />
sei, dafür bürge schon ihre Gehaltsforderung.<br />
Und Auslassungen gäbe es bei ihr<br />
nicht.<br />
«Schön,» sagte ich, «es wird mich freuen!»<br />
Und, um gleich mit der Probe zu beginnen,<br />
diktierte ich ihr einen Brief an den Kaufmann<br />
Gottlieb Schulze.<br />
Dieser Schulze ist der unleidlichste Patron,<br />
den wir am Stammtisch haben. Mir persönlich<br />
ist er geradezu widerwärtig. Aber<br />
schliesslich hat man gesellschaftliche Verpflichtungen,<br />
denen man seine Neigungen und<br />
Abneigungen opfern muss, wenn man nicht<br />
als Flegel gelten will.<br />
Ich diktierte also, und die Neue stenographierte<br />
mit einer Geschwindigkeit von dreihundert<br />
Silben in der Minute.<br />
Leider wurde ich, als ich eben zu Ende diktiert<br />
hatte, eilig abgerufen, so dass ich nicht<br />
mehr dazu kam, den Brief durchzulesen, ehe<br />
er zur Post kam.<br />
Um so sorgfältiger habe ich ihn studiert,<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1929</strong> —<br />
Im Herzen des Parks liegt der Yellowstone-<br />
See, eine 140 Meilen grosse, tiefblaue Wasserfläche<br />
von dem aus der Fluss gleichen<br />
Namens seine nördliche Reise fortsetzt. Er<br />
fällt erst 100 Fuss zu den Oberen Fällen,<br />
dann 310 Fuss zu den Unteren Fällen, was<br />
das Doppelte der Niagarafälle ist. Schliesslich,<br />
während er seinen Weg durch den farbenreichen<br />
Cannon sucht, stürzt er ein letztes<br />
Mal gegen 100 Fuss tief in die Lower<br />
Falls. Der Cannon des Yellowstone-Parks ist<br />
eine 1200 Fuss tiefe Gasse durch die Berge,<br />
die in der Welt an Schönheit und Farbenreichtum<br />
nicht ihresgleichen hat. An Umfang<br />
übertrifft der Cannon des Colorado den des<br />
Yel'owstone bei weitem. Aber in betreff der<br />
Farbigkeit und Schönheit schlägt die Waage<br />
nach der andern Seite aus.<br />
Fische sind in Mengen in diesem Fluss,<br />
alle können auch in grossen Mengen von den<br />
Parkbesuchern gefangen werden. Die Regierung<br />
besetzt die ausgebeuteten Flüsse immer<br />
von neuem mit Brut, so dass stets ein grosser<br />
Ueberfluss an Fischen vorhanden ist zum<br />
Besten auch des ungeschickten Fischers.<br />
DAS GEWISSENHAFTE TIPPFRÄULEIN<br />
als ich ihn, begleitet von einer wütenden Bemerkung<br />
des Herrn Schulze, am andern Tage<br />
zurückerhielt.<br />
Die Neue hatte mit der ihr eigenen Gewissenhaftigkeit<br />
folgendes getippt:<br />
«Herrn Kaufmann Gottlieb Schulze, hier.<br />
Punkt. Eigentlich verdient der Kerl den<br />
Ehrentitel Kaufmann nicht, Schieber wäre<br />
schon richtiger. So ein Trottel! Na, was will<br />
man machen? Schreiben Sie es in Dreiteufelsnamen<br />
hin. Papier ist ja geduldig. Haben<br />
Sie's? So! Gut! Dann weiter! Sehr geehrter<br />
Herr Schulze! Besser wäre schon sehr<br />
geöhrter. oder larrggeohrter! Dieser Esel! Absatz.<br />
Es hat meine Frau und mich sehr betrübt,<br />
Komma, Sie und Ihre liebe Frau Ge-<br />
auch, ehrlich gesagt, lieber selber. Absatz.<br />
In der angenehmen Hoffnung, Komma, Sie am<br />
Sonntag mit Ihrer Frau Gemahlin bei uns zu<br />
sehen, Komma, wenn sie doch zu Hause bliej<br />
ben, diese Nilpferde, bin ich eine Zeile tiefer<br />
mit Absatz und etwas nach rechts herausgerückt<br />
Ihr in Freundschaft verbundener Jobs.><br />
dem Kampf um die Leichtgewichtsmeisterschaft<br />
zwischen Battling Nelson und dem unmahlin,<br />
die alte Watschelente, nicht bei uns<br />
zu sehen. Punkt. In Wirklichkeit konnte uns vergesslichen Joegans in Goldfield, einer kleinen,<br />
vollkommen unbekannten Stadt. 30 000<br />
diese Blase keinen grösseren Gefallen tun.<br />
Wie hatten Sie doch zuletzt geschrieben? Dollar setzte er an Kampfbörsen aus, baute<br />
Ach so, ja: bei uns zu sehen. Punkt. Wir eine eigene Arena und erzielte unter den<br />
würden uns ausserordentlich freuen, Komma, Goldwäschern und Cowboys eine Einnahme<br />
wenn Sie uns die Ehre erweisen wollten. von 66715 Dollar. Es war wohl das romantischste<br />
Publikum, das jemals einen Box*<br />
Komma. Schöne Ehre! Am liebsten sieht<br />
man dem Pack auf den Rücken. Also die kämpf sah. 300 bewaffnete Ordner nahmen<br />
Ehre erweisen wollten, Komma, uns am kommenden<br />
Sonntagnachmittag zum Tee zu besuchen.<br />
Punkt. Ganz besonders nett würden<br />
wir es finden, Komma, wenn Sie Ihre lieben<br />
Kinder, diese ungezogenen Rangen, mitbrächten.<br />
Punkt Sie könnten dann mit meinen<br />
Kindern spielen, Komma; natürlich werden<br />
sie mit ihrer Ungezogenheit und ihrem Lärm<br />
mir wieder sehr auf die Nerven fallen, wie<br />
das letzte Mal, diese verdorbenen Schlingel,<br />
während wir uns bei einem Glas Tee und<br />
einer guten Havanna angenehm unterhalten.<br />
Punkt. Wer sich mit diesem Schulz unterhalten<br />
will, muss schon ein neunzigprozentiger<br />
Idiot sein. Und die Zigarren rauche ich<br />
Wer war Tex Rickard?<br />
i Das Ende eines abenteuerlichen Schicksals.<br />
Letzte Woche meldeten die Kabel, dass Tex<br />
Rickard, Amerikas und der Weit grösster<br />
1 Boxkampf-Veranstalter, an den Folgen einer<br />
Blinddarrnoperation verstorben ist.<br />
68 Jahre ist « Tex » alt geworden, und was<br />
er für den amerikanischen Boxsport bedeutete,<br />
das wird man erst voll ermessen, wenn<br />
seine Nachfolger sein Erbe übernehmen werden.<br />
Tex war der Mann, der dem Boxsport<br />
diktierte. Nicht die vom Staat eingesetzte<br />
amerikanische Boxkommission machte die<br />
Geschichte Flstianas, sondern Tex Rickard.<br />
Er war es, der durch seine riesigen Börsen<br />
die Weltmeisterschaften bestimmte. Ihm ist<br />
es gelungen, den Boxsport zum lukrativsten<br />
Sportgeschäft zu machen.<br />
Die Lebensgeschichte dieses Mannes liest<br />
sich, wie die «B. Z. am Mittag» berichtet,<br />
wie ein einziger Abenteuerroman. Er wurde<br />
am 2. Januar 1860 als Sohn eines Mühlenarbeiters<br />
in Cansas (City) geboren. Sieben<br />
Köpfe war die Familie stark, und da der<br />
Vater bald kränkelte, musste der kleine<br />
Rickard bald mit verdienen helfen. Aber so<br />
früh auch die unerbittlichen Nöte des Lebens<br />
an ihn herantraten, er meisterte sie. Als<br />
Cowboy, Holzfäller, Goldwäscher, Barkeeper,<br />
Spielbankhalter, Grundstückhändler, als<br />
Viehzüchter und schltesslich als Sportunternehmer<br />
hat Rickard riesige Summen verdient.<br />
Sein Aufstieg als Veranstalter war sensationell.<br />
Er begann seine Karriere im Boxsport mit<br />
den Zuschauern vor Betreten der Arena die<br />
Schusswaffen ab.<br />
Durch diesen Kampf kam Rickard in das<br />
Boxgeschäft richtig hinein. Alle grossen<br />
Kämpfe, alle Weltmeisterschaften, die die<br />
amerikanische Oefientlichkeit im stärksten<br />
Masse interessierten, wurden von ihm veranstaltet.<br />
Hunderttausende von Dollar hat Rikkard<br />
den grossen Boxkoryphäen, wie Dempsey,<br />
dem Franzosen Carpentier und dem<br />
«Wilden Stier der Pampas», Louis Angel<br />
Firpo, gezahlt.<br />
Rickard hat erst vor wenigen Jahren geheiratet.<br />
Er hinterlässt seine Frau und ein kleines,<br />
etwa zweijähriges Töchterchen.<br />
mer mit dem leise ironischen Unterton, «wollen<br />
hören, wie so ein lumpiger Kreidepinsler<br />
überhaupt dazu kommt usw. Um den Schatten<br />
eines Menschen wegen Hessen Sie Ihre<br />
Freunde und Ihre Freundinnen ziehen. —<br />
Freundinnen, schöne Frauen waren es, Geschmack<br />
haben Sie auch.»<br />
Verblüfft sah ich mich nach ihm um. Was<br />
faselte denn der Alte? Hatte er —? «Nein,<br />
ich bin nüchtern», sagte es ironisch, mich<br />
durchschauend, neben mir, «ich trinke nicht».<br />
«So nehmen Sie .denn jetzt diesen Schatten<br />
hin. Das Leben selber zu erfassen ist<br />
Ihnen nicht möglich. Ihnen geht es gut, aber<br />
um dieser stillen Freundschaft willen, die nun<br />
schon Wochen dauert, nehmen Sie den Schatten<br />
ihres Freundes — zum Abschluss. Denn Sie<br />
können es hören, Sie sind gut, wenn Sie schon<br />
den Menschen in Ihnen' unter Seidenhemd<br />
und Schlips verbergen, aber mich täuschen<br />
Sie nicht. Mein Gott, Sie wollen ja wohl nicht<br />
täuschen, Sie machen nur mit, was andere<br />
tun. Mitmachen aber ist Verleugnung des<br />
Ichs.» Ich wagte kaum mehr, den Mann, dem<br />
ich Almosen gegeben, anzusehen; jetzt war<br />
ich der Bettler.<br />
«Pflastermaler bin ich, ein armer, verwitterter<br />
Teufel, jawohl, jawohl, aber immer war<br />
ich es nicht. Das da (er wies auf sein fehlendes<br />
Bein), das ist der Krieg, das ist diese<br />
Menschenfresserei drüben auf dem Kontinent<br />
gewesen und ist mitschuldig an mir, und was<br />
ich geworden.<br />
Nur mitschuldig, schuldig bin ich, sind die<br />
Umstände, die Verhängnisse, ist auch sie, —<br />
ich spreche von einer Frau.<br />
O, Frauen, Frauen können auch schuldig<br />
sein, trotz Engelgesichtern, trotz der Liebe.<br />
Maler war ich, Zeichner auch. Es ging mir<br />
gut. sehr gut. Man hatte mein Können — o<br />
schauen Sie jetzt nicht auf den Mist am Boden,<br />
dass ich heute nichts mehr kann, weiss<br />
ich, aber ich konnte, konnte — ich hatte einen<br />
sichern Stil und eine glückliche Hand, meine<br />
Bilder waren Mode, sie gehörten in jeden<br />
Salon und meine Karikaturen waren srefürchbis<br />
zu den vollkommenen, neuen,<br />
seibstgebaoten und alten<br />
Mt isier-instrumenten<br />
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VJUWlti: I WdlCtl naio- i
N° 4 - <strong>1929</strong> AUTOMOBIL -REVUE<br />
ÜDILEEP<br />
JOBBE.<br />
WINTERSPORTDRESS<br />
UND MODELÄUNEN<br />
Soeben sind sie auf ihren Skiern au mir<br />
vorbeigeflitzt: Hand in Hand — wie immer.<br />
Sie» Mania, lässigschiank, etwas frech mit<br />
ihrem kleinen Wundernäschen, unantastbar<br />
in ihrer blonden Helligkeit, mit einem Mund,<br />
der nur das Laciien kennt und (was manchmal<br />
mehr ist als angeborene Schönheit!) :<br />
eine Frau mit todsicherem Geschmack. Sehr<br />
brauchbar in St. Moritz. Er — ihre Ergänzung.<br />
Wenigstens äusserlich. Eine solche<br />
Farbenharmonie der Ski-Kostüme sieht mau<br />
in ganz St. Moritz nicht wieder ! Hier meergrüner<br />
Skianzug, lange, weite Hosen, Norweger<br />
Schnitt. Um den Hals ist eine lange,<br />
blaugrau und rot schräg gestreifte Echarpe<br />
geschlungen, vorne in den Gürtel kokett eingesteckt.<br />
Das B!au-Grau-Rot wiederholt sich<br />
im Handschuh, Krappenbordüre, ja, selbst im<br />
Band, das die Knöchel umschliesst.<br />
0 dieser Winter! Um mich herum wimmelt<br />
es von farbenfreudigen Menschen, die in ihren<br />
dunkelblauen Norweger Anzügen und<br />
bunten Jumpers tückischen Kobolden gleichen.<br />
Denn ob Frau, ob Mann, wer kann<br />
das unterscheiden?<br />
Mania konzentriert sich nie auf einen einzigen<br />
Sport. (Schon wegen den Kostümen!)<br />
Eine Stunde später flitzt sie schon über das<br />
blanke Eisfeld. Nun ist es ein beige Tuchkleidchen<br />
Kurze, enganliegende Taille, vorn<br />
mit dunkelbraunen Knöpfen geschlossen —<br />
weiter Glockenjupc — dunkelbrauner Pelzbesatz<br />
garniert Kragen und Rockrand. Beige<br />
Schuhe und Strümpfe vervollkommnen den<br />
tetcr als eine politische Brandrede. Es ging<br />
mir gut, so gut, dass ich mir die Aufträge<br />
aussuchen konnte, ich war der Anziehungspunkt<br />
der Gesellschaft — wo ich eintrat, wurden<br />
die Männer stumm vor Neid, weil mir die<br />
Augen der Frauen zuflogen. Dabei war ich<br />
gar nicht schön, aber man nannte mich interessant,<br />
und gut gewachsen war ich ja schliesslich<br />
auch, einst. Sehen Sie, ist das nicht<br />
lächerlich, wie ich mein Sein von damals anpreise,<br />
aber wenn ich heute vor einem Fenster<br />
stehe, dann denke ich oft zurück.<br />
Die Damen der Gesellschaft sagten mir<br />
nichts mehr, ich hatte genug von den Spitzengeheimnissen<br />
der Ladies und bei verführerischem<br />
Lächeln dachte ich immer an das Verdienst<br />
der Kosmetik. Ich heiratete: ein süsses,<br />
schönes Kind aus dem Volk.<br />
Ich heiratete sie und hatte nun die Freude,<br />
was ich von den Ladies gelernt, auf sie zu<br />
häufen. Ihr nun die Spitzen, ihr die Pelze,<br />
ihr der Schmuck, sie aber ränkelte ihren jungen<br />
Leib in all dem Tand wie eine spielende<br />
Göttin. — Vielleicht sollte man eine Frau nie<br />
das Spielen lernen, sie spielt sonst mit uns,<br />
aus natürlicher Grausamkeit. Natürliche<br />
Grausamkeit ist gut — komisch, aber einer<br />
echten Frau ist alles natürlich.<br />
Wenn jemals ein Mensch Glück empfand,<br />
rieselndes, rauschendes Glück, so war ich es<br />
damals, als ich mit ihr zusammen war, als ich<br />
sie beschenken durfte, von ihren Lippen den<br />
Dank trinken durfte. Wenn jemals zwei<br />
Glückliche gelebt haben, dann damals.<br />
Da kam der Krieg. Man ging, man musste<br />
gehen. Jung sein, gesund sein, einen gesellschaftsfähigen<br />
Namen haben, hiess sich einschreiben.<br />
Das ist der Zwang der Gesellschaft,<br />
dem auch ich opfern musste — musste,<br />
als ich es lange genug hinausgeschoben und<br />
schon da und dort anspielende Bemerkungen<br />
hatte einstecken müssen. Vielleicht kennen<br />
Sie das auch. Was sind Sie? —<br />
— Schweizer, gab ich zurück. — Ach so —<br />
kam das Echo. Pause. Abschied von ihr<br />
herzzerreissend, wahnsinnig, ich glaubte es<br />
zu werden vor Schmerz. Drei Jahre — drei<br />
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zu Hause gelassen. Sollte ich nun nach einer<br />
der Ortschaften Ch. oder I. fahren, die ameinverstanden und das Männlein stieg ein.<br />
Wegweiser angeschrieben und mir beide unbekannt<br />
waren? Doch siehe da, da kommt für einen Fussgänger eine ganz nette Extra-<br />
Bis zur nächsten Anhöhe war es immerhin<br />
ein Männlein des Weges aus der Strasse tour, ganz besonders nach getaner Tagesarbeit.<br />
nach I. Bitte, welche Strasse muss ich wählen,<br />
um nach G. zu kommen?» — « Nur die Oben auf der Höhe angelangt, konnte man<br />
nach I. führende Strasse! Doch ist von dieser<br />
bald rechts, bald links abzuweichen, um sehen, und mein Begleiter hatte eben begon-<br />
den Verlauf der Strasse durchs Tal über-<br />
G. zu erreichen. Wird schwierig sein, für nen, mir seine Erläuterungen an Hand dieser<br />
Sie, als Fremden, sich durch das Land zurecht<br />
zu finden. Der verstorbene Fürst Hess seine Erklärungen mit den Worten<br />
Landkarte in Naturgrösse zu geben, als er<br />
unter-<br />
Es war im verflossenen Sommer, irgendwo<br />
in einem ehemaligen Duodezstaat Mitteldeutschlands,<br />
auf einer längeren Autofahrt.<br />
Manchen Kilometer hatte ich an diesem herrlichen<br />
Sommertag schon hinter mich gebracht,<br />
und die Sonne stand bereits tief im<br />
Westen, mit ihren schrägen Strahlen' die<br />
Gipfelreihen der Hügelketten, über die mich<br />
mein Weg weiter führen sollte, vergoldend,<br />
als ich an eine Wegteilung kam. Auf meiner<br />
bisher mich führenden Strassenkarte war ich<br />
am Rande angekommen, und die Anschlusskarte<br />
hatte ich, was ich erst jetzt feststellte,<br />
Gegen kalte Füsse im Auto<br />
KATZENPELZ-SCHUHEN<br />
Ijeder Xlandscnulie<br />
XiederiULÜtzeu<br />
X-iederjaclcexx<br />
Gegr. 1834 das Sportgeechäft am Believueplttz Hott. 18.36<br />
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rjoig<br />
die Inserate in d<br />
PIANOBAU BACHMANN, ZÜRICH 8<br />
5 Kreuzstrasse 39<br />
DAS AUTO HAT'S IHM ANGETAN<br />
VON R. DE TEMPLE. INTERLAKEN.<br />
brach: « Aber fein muss es sein, jetzt da den<br />
Berg hinunter zu sausen! Ist es nicht besser,<br />
ich begleite Sie bis hinter den Wald. » Ich<br />
wallte dem Alten die Freude des « Hinuntersausens<br />
» nicht verderben, fuhr daher weiter.<br />
Am Walde erklärte mir mein Begleiter, er<br />
hätte nun die Freude des Hinunterfahrens gekostet,<br />
und er dürfe deshalb nicht undankbar<br />
sein, um so mehr, als hinter der nächsten<br />
Anhöhe noch weitere Abzweigungen lägen,<br />
die er mir erklären müsse. Auf meinen Hinweis,<br />
er habe dann mindestens eineinhalb<br />
Stunden zurückzulaufen, erwiderte er, das<br />
sei ihm das « Heruntersausen » wohl wert.<br />
Wieder ging's bergauf. Der Alte schwieg,<br />
und je näher wir der Höhe kamen, desto trauriger<br />
blickten seine kleinen Luchsaugen. Erst<br />
Wenn Präsidenten fischen...<br />
Man muss darauf gefasst sein, dass die<br />
amerikanische Presse in den nächsten viereinhalb<br />
Jahren täglich ihren Bericht über<br />
Hoover haben wird. Jetzt beginnt bereits<br />
diese Art von Mitteilungen. Von der «Maryland»,<br />
dem Kriegsschiff, das den neuen Präskienten<br />
der Vereinigten Staaten nach Südamerika<br />
bringt, erfährt man, dass Hoover<br />
sich mit Fischen und Angeln zu zerstreuen<br />
glaubte ich, er denke an den Heimweg, doch<br />
als ich ihn, oben angekommen, zur Frage<br />
stellte, sagte er kläglich: « Nein, ich befürchte<br />
nur, sie werden mich ein zweites Mal nicht<br />
mit hinuntersausen lassen.» Ohne Anhalten<br />
fuhr ich den Berg hinab und das Männlein<br />
war wieder vergnügt. Wieder im Tal, hielt<br />
ich an, um meinen anhänglichen Fahrgast absteigen<br />
zu lassen. Doch er rührte sich nicht.<br />
« Erst oben, wenn ich den Weg erklärt habe. »<br />
Die dritte Anhöhe war erreicht, und wieder<br />
war mein Begleiter still und traurig geworden.<br />
Aber diesmal bat er inständigst: «Nur<br />
noch einmal.» Drei Stunden Weg, dachte<br />
ich, er wird die halbe Nacht zurücklaufen<br />
müssen — und sause los. Zur Tale angekommen,<br />
hielt ich an und überreichte dem Männlein<br />
ein Trinkgeld. Der Alte stieg wortlos<br />
aus, beguckte sich meinen Wagen von vorne<br />
und hinten, als wolle er ihn liebkosen. Nahm<br />
eine stramme Haltung an, warf noch einen<br />
wehmütigen Blick auf das Ding mit vier Rädern<br />
und rief: «Wenn ich erst den Haupttreffer<br />
habe, dann weiss ich, was ich tu. Adjüs!<br />
» Der Alte warf den Hut in die Luft und<br />
rannte fast mehr als er lief, ohne sich nochmals<br />
umzudrehen, heimwärts, seinem fernen<br />
Dorfe zu.<br />
pflegt. Dabei soll er ebensoviel Qlück wie<br />
beim Angeln nach den Stimmen für die Präsidentenwahl<br />
haben. Hoover fing, so wird<br />
Als ich vor die Garage fahre, bemerke ich ztt<br />
meinem Erstaunen eine Uhr am Armaturenbrett:<br />
ich weiss genau, dass mein Wagert<br />
gemeldet, einen Delphin i m Gewicht von<br />
fünfzehn Pfund und eine Makrele im Gewicht<br />
von fünf Pfund. Auch ein schwererer<br />
keine Uhr hat! Jetzt geht mir ein Licht auf.<br />
Ist es möglich, habe ich einen andern Wagen<br />
Delphin hatte schon angebissen, wusste aber<br />
genommen? Ich fahre sofort zurück. Wirklich,<br />
mein Wagen steht da, auch der Mantel<br />
noch im letzten Augenblick zu entkommen.<br />
Engländer und Amerikaner hören sehr gern<br />
meines Freundes ist noch darin; es hat also<br />
das Jägerlatein ihrer Herrscher. Keine schönere<br />
Geschichte kann man dem Durchschnitts-<br />
zufällig ein anderer seinen Wagen neben den<br />
meinen gestellt, der genau so aussieht und<br />
engländer und Durchschnütsatnerikaner bieten,<br />
a-ls wenn man ihm von riesig grossen Fo-<br />
ich — habe den falschen genommen! Man<br />
stelle sich die Folgen vor, wenn der Inhaber<br />
rellen erzählt, die nach stundenlangem Kampf<br />
des Wagens zur Polizei gekommen wäre,<br />
mit der Angel oder dem Netz gefangen wurden.<br />
während ich dort die Anzeige wegen des<br />
Mantels gemacht habe; ich wäre als Dieb des<br />
Wagens' hingestellt worden. Und so etwas<br />
Bettler und Wucherer in einer Person.<br />
passiert ausgerechnet mir!»<br />
Ja, die vielen gleichen Wagen...!<br />
Zu den bekannten Persönlichkeiten des<br />
Montmartre gehört ein alter Bettler, der dort<br />
die Cafes und Restaurants heimsucht. Sein<br />
Geschäftstrick ist, lässig zu wirken. In zer-<br />
Ein Museum für Karl May.<br />
Man weiss heute, dass die Behauptung,<br />
•lumpten Kleidimgsstücken geht er von Tisch Karl May sei nie über die Grenzen Deutsch-<br />
hinausgekommen, nicht zutreffend ist.<br />
zu Tisch, oftmals stehenbleibend, um mitlands<br />
heiserer Stimme irgend einen Sang zu krächzen.<br />
Sein Anblick und sein Gesang wirken «Wilden Westen» von Amerika gewesen und<br />
Schon in ganz jungen Jahren ist er öfter im<br />
derart, dass die mit seinen Vorträgen Beehrten<br />
schleunigst in die Tasche greifen, um ihn dianerterritorien aufgehalten und<br />
noch 190S hat er sich längere Zeit in den In-<br />
neue<br />
von ihrem Tische fortzubekommen. Das ist<br />
der Bettler. Das Künstlervölkchen von Montmartre<br />
aber kennt ihn von einer anderen<br />
Seite. Wenn sie Gold brauchten, dann riefen<br />
sie ihn nach dem Verlassen des Cafes in<br />
eine Ecke, und es folgt eine im Flüsterton<br />
geführte Unterhaltung. Der «Bettler* zieht<br />
aus der Tasche seines zerlumpten Kittels<br />
eine wohlgefüllte Brieftasche. Er entnimmt<br />
ihr die erbetene Summe, manchmal 100 Franken,<br />
oft aber auch mehr, sowie ein kleines<br />
Formular, das nur ausgefüllt zu werden<br />
braucht und auf dem sich der Darlehensnehmer<br />
verpflichtet, das Doppelte der geliehenen<br />
Summe nach einem Monat zurückzuzahlen.<br />
Der Zinsfuss ist enorm hoch, aber<br />
der Bettler muss auch oft hart arbeiten, bis<br />
er wieder zu seinem Gelde kommt. Wenn<br />
ein säumiger Schuldner mit der Rückzahlung<br />
im Rückstand bleibt, dann heftet er sich an<br />
seine Sohlen. Des Morgens kann der Künst-<br />
keine Wegweiser anbringen und die neue Regierung<br />
hat kein Geld.» Ich nahm mein No-<br />
Schwelle seines Hauses sitzend vorzufinden.<br />
ler sicher sein, seinen Gläubiger auf der<br />
tizbuch zur Hand, um mir genauere Angaben Er folgt ihm den ganzen Tag über wie ein<br />
über das « Rechts » oder « Links abzweigen •» Schatten, bis es endlich dem zur Verzweif-<br />
gebrachten Schuldner gelingt, bei Freun-<br />
aufzuschreiben. Der Alte machte mir An-lungaben,<br />
aber bald sah ich die Zwecklosigkeit den und Bekannten die geliehene Summe<br />
meines Vorhabens ein, denn wenn ich bei der nebst Zinsen aufzutreiben und sich so von sei-<br />
hartnäckigen Begleiter zu befreien, dritten Abzweigung rechts war, war dasnem oe.<br />
eifrige Männlein längst einige Abzweigungen<br />
voraus. Der Alte merkte es.' « Wissen Sie<br />
was, ich fahre gleich mit Ihnen bis auf die<br />
nächste Anhöhe, von der aus man den Weg<br />
übersehen kann. Dort kann ich Ihnen zeigen,<br />
wie Sie zu fahren haben.» Ich war damit<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1929</strong> - N n 4<br />
6<br />
mobil-Hevu<br />
BflHNHOFSTR. 52<br />
Sie rvvrldich<br />
^* •<br />
BUNTE CHRONIK AUS ALLER WELT<br />
Ein interessanter Fall. Ein Freund von<br />
mir erzählte kürzlich folgenden Vorfall: «Ich<br />
bin Besitzer eines Buick-Wagens. Eines<br />
Abends fahre ich mit einem Freund nach Zürich<br />
und wir machen vor dem Restaurant<br />
«Du Pont» halt. Nachdem wir den Wagen<br />
ordnungsgemäss auf dem dortigen Platz parkiert<br />
haben, wirft mein Freund seinen Mantel<br />
in das Innere des Wagen und wir begeben<br />
uns ins Cafe, wo wir alsbald mit einem<br />
«Zuger» beschäftigt sind. Nach zirka zwei<br />
Stunden verlassen wir mit einem dritten das<br />
Haus, besteigen den Wagen, wobei unser<br />
Freund das Innere des Wagens besteigt. Wir<br />
fahren Richtung Bellevue, und da es inzwischen<br />
etwas kälter geworden ist, wird unser<br />
Freund im Innern des Wagens gebeten, den<br />
Mantel zu reichen. Da er aber keinen finden<br />
kann, müssen wir ohne weiteres annehmen,<br />
dass dieser in der Zwischenzeit abhanden<br />
gekommen ist. Ich mache beim Rathaus<br />
eine kühne Wendung und fahre rasch<br />
nach der Hauptpolizeiwache, um dort den<br />
Diebstahl des Mantels anzuzeigen. Nachdem<br />
die üblichen Formalitäten erledigt sind, verlassen<br />
wir nach fast einer Viertelstunde den<br />
Posten und fahren etwas erleichtert weiter.<br />
wertvolle Sammelstücke von der Reise heimgebracht.<br />
Die Villa des Schriftstellers war<br />
mit vielen Seltenheiten aus aller Herren Ländern<br />
angefüllt.<br />
Als May 1912 starb, vermachte er sein<br />
Vermögen einer mildtätigen Stiftung und bestimmte<br />
gleichzeitig, dass später auch seine<br />
grosse Bücherei und die Sammlungen der<br />
Oeffentlichkeit zugänglich sein sollten. Dieser<br />
Wunsch ist jetzt auf ganz eigenartige<br />
Weise erfüllt worden. Patty Frank, ein<br />
Wiener von Geburt, war ein begeisterter Leser<br />
Mayscher Schriften. Tatendrang und<br />
Abenteuerlust führten ihn dreissig Jahre<br />
durch die ganze Welt. Eine Zeitlang -war er<br />
bei der Buffalo Bill-Truppe und hat sich<br />
jahrelang bei den Indianern Nordamerikas<br />
aufgehalten. Der ruhelose Mann studierte<br />
die Sitten und Gebräuche, die Geschichte des<br />
roten Volkes und brachte mit grossen Opfern<br />
eine Sammlung alter, indianischer Gerätschaften<br />
und Trophäen zusammen, wie sie<br />
in Europa wohl kaum ihresgleichen hat. Als<br />
Frank gelegentlich einer Europareise das<br />
Heim des inzwischen verstorbenen Schriftstellers<br />
aufsuchte und mit Kennerblicken die<br />
vielen Sehenswürdigkeiten betrachtete, die<br />
Karl May von seinen Fahrten heimgebracht<br />
hatte, erklärte er, dass er vielleicht sein©<br />
Sammlung der Karl-May-Stiftung vermachen<br />
würde aus Dankbarkeit für die vielen Anregungen,<br />
die er durch May erhalten habe.<br />
Die wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem<br />
Kriege zwangen Frank, seine kostbare<br />
Sammlung einem Museum zu verkaufen.<br />
Eine Aussprache mit der Witwe Karl Mays<br />
und dem Verlagsdirektor Dr. E. A. Schmidt<br />
aber führte zu einem viel erfreulicheren Ergebnis<br />
für alle Teile. Frau May baute dem<br />
alten Globetrotter ein amerikanisches B'ockhaus<br />
in dem Park der Villa in Radebeul und<br />
sorgt nun für einen ruhigen Lebensabend des<br />
Weltläufers. Dafür geht die wertvolle Sammlung<br />
in den Besitz der Karl-May-Stiftung<br />
über. Im Anschiuss an das Blockhaus wurde<br />
nun ein neuer Raum geschaffen und unter
No 4 - AUTOMOBIL-RFVUC 17<br />
lachwissenschaftlicher Leitung des Völkerkundlers<br />
und Spezialisten in der Erforschung<br />
•von Indianerkultur und Sprachen Hermann<br />
Dengler die Sammelstücke Karl Mays und<br />
Patty Franks zusammengestellt.<br />
Die Pädagogik der Wilden.<br />
Dass körperliche Züchtigung kein geeignetes<br />
Erziehungsmittel ist, weiss die moderne<br />
Pädagogik. Interessant ist, dass bei verschiedenen,<br />
sonst auf niedriger Kulturstufe<br />
stehenden Völkern diese Auffassung längst<br />
Platz gegriffen hat.<br />
Frithjof Nansen, der* bekannte Polarforscher,<br />
erzählt von den Eskimos, dass sie mit<br />
einer Liebe an ihren Kindern hängen, die ihm<br />
sanz aussergewöhnlich erscheint. Sie halten<br />
jede Züchtigung für unmenschlich. Nicht ein<br />
einziges Mal hörte Nansen einen Eskimo seinem<br />
Kind ein hartes Wort sagen. Der Mitteleuropäer<br />
erwartet, dass die Kinder bei einer<br />
solchen Erziehung unmanierlich und unartig<br />
werden. Nansen berichtet aber das Gegenteil:<br />
«Obwohl fch in vielen Eskimohäusern<br />
•der Westküste verkehrt habe, ist mir nur ein<br />
einziges Mal ein ungezogenes Eskimokind<br />
•begegnet — und das war in einer mehr europäischen<br />
als grönländischen Familie. Wenn<br />
die Kinder grösser und verständiger waren,<br />
genügte stets eine freundliche Aufforderung<br />
seitens des Vaters oder seitens der Mutter.<br />
IM AUTO UEBER DEN LOVCENPÄSS<br />
NACH CETINiE<br />
VON HEDE LINSMAYER.<br />
damit sie unterliessen, wozu sie keine Erlaubnis<br />
hatten. Nie habe ich Eskimokinder,<br />
sei es im Hause oder im Freien, sich erzürnen,<br />
schimpfen oder gar schlagen sehen. Ich<br />
habe ihnen oft beim Spielen zugeschaut, auch<br />
oft genug mit ihnen Fussball (ein eigenes,<br />
von ihnen selbst erfundenes, dem englischen<br />
foot-ball sehr ähnliches Spiel) gespielt, und<br />
dabei haben, wie bekannt, Knaben oft Qrund<br />
zum Zanken; aber nie sah ich einen heftig<br />
werden; ja, ich sah nicht einmal ein unfreundliches<br />
Gesicht. Wie könnte das in Europa<br />
vorkommen!»<br />
Aehnliches berichtet Erland Nordenskiöld<br />
über seine Forschungen unter den Indianern<br />
am Pilcomayo (Südamerika): «Die kleinen<br />
Kinder sind die Freunde aller, besonders die<br />
Alten haben sie lieb. Sie werden niemals<br />
gezüchtigt, hören niemals harte Worte. Werden<br />
sie älter und verständiger, so sind sie<br />
infolge dieser Erziehung freundlich und aufmerksam.<br />
Schlägereien und harte Worte kommen<br />
unter den Kindern fast niemals vor. Ein einziges<br />
Mal habe ich einen Indianerknaben einen<br />
anderen sch'agen sehen. Das war in<br />
einem Ashluslaydorf. Dass dies etwas Ungewöhnliches<br />
war, wurde mir aus der Aufregung,<br />
die darüber im Dorfe entstand, klar.<br />
Ein paar Stunden lang ergingen sich die Eltern<br />
und Verwandten der Kinder in Schmähungen.<br />
Aermstc dauerte mich, und als ich im Gedränge<br />
unversehens vor seinem Bette stand,<br />
entschuldigte ich mich höflichst wegen der<br />
unfreiwilligen nächtlichen Störung. Er schien<br />
weder Deutsch noch Italienisch zu verstehen,<br />
aber in seinen braunen Augen tanzten schelmische<br />
Funken. Er schüttelte ein ganz klein<br />
wenig die verwirrten schwär *en Locken und<br />
lächelte mir galant zu. Ich glaube, er hat<br />
uns verziehen.<br />
Soweit man es bei spärlichem Kerzenlicht<br />
überblicken konnte, war alles recht primitiv,<br />
doch die gute Frau, die während des Bettenüberziehens<br />
wohl einige sorgenvolle Blicke<br />
und Worte von uns aufgeschnappt hatte, beteuerte<br />
hastig : «Nix Wanzen o no, nix, nix!»<br />
Dies war bezeichnenderweise ihr ganzer<br />
deutscher Wortschatz! Um gerecht zu sein:<br />
sie hat nicht gelogen, und als sie unsere<br />
strahlenden Gesichter am nächsten Morgen<br />
sah, küsste sie uns bewegt die Hände —<br />
wahrhaftig!-— dankte tausendmal für das ihr<br />
gespendete Lob und wünschte uns alles Glück<br />
auf unseren ferneren Lebensweg. Die gute<br />
Alte!<br />
Punkt 8 Uhr fanden wir uns zum Start an<br />
der verabredeten Stelle bei dem Chauffeur<br />
ein. Die Fahrt in die « Schwarzen Berge »<br />
Montenegros konnte beginnen. Der Fahrpreis<br />
von 800 Dinars, annähernd 60 Mark, verur-<br />
In Ragusa flammten die ersten Lichter auf, sachte uns freilich einen nicht gelinden<br />
als wir abends um 7 Uhr den Dampfer nach Schrecken. Das überstieg bei weitem unsere.<br />
Cattaro bestiegen. Traumhaft glitten wir die Kalkulationen. Aber der Bursche bestand<br />
Adria hinunter, deren helles Blau nun tiefschwarz<br />
schimmerte. Wir lagen an Deck und andernfalls lieber auf das Geschäft verzichten<br />
hartnäckig auf diesem Betrag und erklärte,<br />
bohrten unsere Augen in das Dunkel der zu wollen. (Er hat recht gehabt, wie wir<br />
Nacht. Rechts und links in der engen Bucht später zugeben mussten.)<br />
von Kotor oder Cattaro, in die wir nach Wir blickten etwas unschlüssig hinauf zum<br />
einer mehrstündigen Fahrt einbogen, stiegen Lovcen, der mit seinen 1759 Metern wie ein<br />
gigantische Berge empor, deren gespenstische stolzer König in die Höhe ragt, die Lenden<br />
Schatten sich im Wasser widerspiegelten.<br />
Hell und unbegreiflich nah wie nie in unserer<br />
deutschen Heimat funkelten die Sterne...<br />
Um 10 Uhr landeten wir in, Cattaro, dem<br />
letzten Ort der « Loka Kotorska », einem kleinen,<br />
isolierten Städtchen an den steilen Hängen<br />
des Lovcenberges, das zu Zeiten des<br />
österreichischen Kaisertums als Hafen und<br />
und während des Krieges eine wichtige militärische"<br />
e Rolle J st)ielte."~' '"" ' " " '<br />
Zunächst galt es, ein passables Nachtquartier<br />
und einen zuverlässigen Führer ausfindig<br />
zu machen, mit dem wir die weltberühmte<br />
Autoiahrt über den Lovcen unternehmen<br />
konnten. Denn diese sollte im wahrsten<br />
Sinne des Wortes den « Höhepunkt» unserer<br />
Dalmatienreise bilden. Unter den sich anbietenden<br />
Bewerbern suchten wir auf gut Glück<br />
den Vertrauenerweckendsten aus, nicht zuletzt<br />
deshalb, weil wir uns mit einigen Brokken<br />
Deutsch seinerseits und ein bisschen Italienisch<br />
unsererseits so einigermassen verständigen<br />
konnten. Er brachte uns durch die<br />
engen, stockdunkeln Strassen in das « beste »<br />
Hotel Cattaros, wo unsere %Ankunft ungeheure<br />
Auiregung hervorrief, eineAufregung, die bewies*<br />
dass wir uns von dem .Fremdenverkehr<br />
da unten doch eine recht übertriebene Vorstellung<br />
gemacht hatten. Die Frau Wirtin,<br />
schon halb im Neglige", raste, nach echt südländischei<br />
Art heftig gestikulierend und mit<br />
einem Sehwall von unverständlichen Worten,<br />
wie ein Wiesel auf dem Korridor hin und<br />
her. Ehe wir richtig begriffen hatten, was los<br />
war, wurde ein junger Mann aus dem Schlafe<br />
getrommelt und mit verblüffender Selbstverständlichkeit<br />
das eine freie Bett in seinem<br />
Zimmer geräuschvoll abgeschlagen. Der<br />
von einer wunderbaren Serpentinenstrasse<br />
durchschnitten. Die Sonne stand schon am<br />
Horizont. « Auf nach Cetinje ! » entschied ich,<br />
und ohne noch eine Sekunde zu zögern, stiegen<br />
wir in das Auto.<br />
Wie soll man diese herrliche Fahrt beschreiben?<br />
Eine Kurve um die andere nimmt<br />
das Auto; immer grossartiger wird: die Szenerie,<br />
die .sieh; unseren- Augen- öffnet. Die<br />
" '• ganze blaue, wunderschöne, malerische Bucht<br />
von Cattaro liegt unter uns, und um uns herum<br />
türmen sich kahle Berge. Leichter Dunst<br />
steigt aus den Talkesseln auf und hindert<br />
uns, das einzigartige Gemälde getreu auf die<br />
Kamera zu bannen. Der Wagen schraubt<br />
sich langsam höher, mit einer Art verbissener<br />
Zähigkeit; manchmal sind wir so dicht am<br />
Rand des Abgrundes, dass ich die Augen<br />
schliesse, um nicht zu zittern. Aber der Führer<br />
reisst den Wagen herum und nimmt die<br />
nächste Kurve mit nachtwandlerischer Sicherheit.<br />
Wir halten ab und zu, um die prächtigen<br />
Ausblicke in Ruhe zu geniessen, unser Führer<br />
raucht inzwischen in aller Gemütsruhe eine<br />
Zigarette. Weiter geht's auf diesem Meisterwerk<br />
der Strassenbaukunst, wir nähern uns<br />
dem Gipfel; ein steinernes Meer umgibt uns.<br />
Es begegnen uns jugoslawische Offiziere<br />
nebst einigen Soldaten, die mit Messungen<br />
beschäftigt sind. Hie und da tauchen einige<br />
fragwürdige Gestalten auf. Es müssen Montenegriner<br />
sein; sie haben etwas im Blick,<br />
was uns nicht recht gefallen will. Wir erinnern<br />
uns, dass vor nicht allzu ferner Zeit<br />
der Pass über den Lovcen noch Räubergebiet<br />
war und die Fahrt nach Cetinje in jedem<br />
Falle ein gewagtes Abenteuer blieb. Nicht selten<br />
kamen Reisende vollständig nackt an ihrem<br />
Bestimmungsort an, denn bei den Montenegrinern<br />
gilt die Räuberei keineswegs als<br />
schändliches Handwerk, im Gegenteil. Bei<br />
der heutigen, ziemlich scharfen Bewachung<br />
der Serpentinenstrasse ist die Gefahr eines<br />
Ueberfalls kaum mehr vorhanden; immerhin,<br />
man kann Pech haben. Und welch ein romantisches,<br />
ideales Räubergebiet ist hier! Jeder<br />
Felsvorsprung birgt ein schützendes Versteck.<br />
Unmöglich ist hier eine Kontrolle.<br />
Wahrlich, so reflektieren wir, wenn wir nicht<br />
gebildete Zentraleuropäer wären, so wollten<br />
wir montenegrinische Räuber sein.<br />
Allmählich sind die 132 Serpentinen bezwungen,<br />
wir haben das Plateau des Lovcen<br />
erreicht.<br />
Das Auto frisst Kilometer um Kilometer,<br />
rattert vorwärts über Stock und Stein, hinein<br />
ins Herz Montenegros. Der Weg senkt sich<br />
jetzt hinab nach Njegus, dem Geburtsort des<br />
früheren Königs Nikita. Der Führer zeigt uns<br />
das «erlauchte » Bauernhaus, das sich kaum<br />
von den ärmlichen Behausungen dei anderen<br />
unterscheidet. Die nächsten Ansiedlungen, die<br />
wir durchqueren, tragen fast dasselbe Gesicht.<br />
Man sieht, die Menschen hier haben es<br />
bitter schwer; jedes winzige Stückchen Acker<br />
ist dem öden Karstboden abgetrotzt. Sie leben<br />
in ihren kahlen Bergen versteckt, einsam und<br />
bedürfnislos, und nur ein Gedanke beseelt sie:<br />
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Verlust ihres Königtums verschmerzt, noch<br />
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sichtbar und hinter ihm erscheinen die Gipfel<br />
der Albanerberge. Je weiter wir in die gewaltige<br />
dinarische Bergwelt hineinfahren, desto<br />
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interessanter wird die Gegend. Nicht sehr<br />
abwechslungsreich in der Formation — unübersehbar<br />
reiht sich Fels an Fels.<br />
In Cetinje steigen wir aus, um uns die<br />
montenegrinische «Hauptstadt» (sie zählt<br />
5300 Einwohner) auf das gründlichste anzusehen.<br />
Es dauert nicht allzu lange. Unsere<br />
Neugier ist bald befriedigt. Das «Palais»<br />
des Königs wird wegen gänzlicher Uninteressantheit<br />
überhaupt nicht gezeigt ; die<br />
Gesandtschaftshäuser, das einzig Repräsentative<br />
Cetinjes, stehen leer; vom Mutter-Gottes-<br />
Kloster ist nur das Alierheiligste zu besichtigen<br />
und nur von Männern, denn Frauen<br />
spielen in diesem Lande nur eine ganz untergeordnete<br />
Rolle und gelten kaum mehr als<br />
ein Hund. Vor dem Theater (es gibt wirklich<br />
eines!) windet sich eine riesige Schlange von<br />
verbeulten Blechkübc'n und Eime/n, die dort<br />
mit kostbarem Wasser gefüllt und später von<br />
ihren Besitzern wieder abgeholt werden. Ein<br />
originelles Bild, wenn man nicht die Trostlosigkeit<br />
dahinter witterte.<br />
Wir kaufen Trauben und Zwetschgen auf<br />
dem bunten Marktplatz und begegnen hier<br />
einem ungarischen Weltreisenden. Er zeigt<br />
uns sein Buch mit Hunderten von Inschriften.<br />
Dies, seine Frau und ein Esel sind sein ganzes<br />
Hab und Gut. Er ist auf dem Wege von<br />
Skutari nach Cetinje von einer wohlorganisierten<br />
achtzigköpfigen Komitatschibande bis aufs<br />
Hemd ausgeplündert worden. Wir kaufen ihm<br />
einige Postkarten ab, deren cyrillischer Text<br />
uns freilich unentzifferbar ist, und füllen ihm<br />
Mai<br />
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Kameradin, die vor der Stadt in einem Zelt<br />
sitzt. Da die Zeit allmählich vorgeschritten<br />
ist, mahnt der Führer zur Rückfahrt. Noch<br />
einmal geniessen wir das ganze Panorama<br />
und vertiefen unsere Eindrücke. Aber das<br />
starke Erlebnis des Tages, die warmen, auf<br />
dem heissen Gestein flimmernden Sonnenstrahlen,<br />
die aufregende Fahrt den Lovcen<br />
hinunter haben uns plötzlich müde gemacht.<br />
Vor Abspannung fallen uns mehrmals die<br />
Augen zu, wir wecken uns gegenseitig lächelnd<br />
mit unsanften Ripperistössen, um nicht<br />
am Ende gar den letzten Teil dieser herrlichen,<br />
unvergesslichen Autofahrt zu verschlafen,<br />
denn allzu schnell erschöpft sich die Aufnahmefähigkeit<br />
des Geistes einer so grandiosen<br />
Natur gegenüber.<br />
Nach achtstündiger Fahrt wieder am Festungstor<br />
angelangt, sprachen wir dem Führer<br />
unsere Anerkennung aus, verabschiedeten<br />
uns und sassen dann schweigend und gedankenverloren<br />
an der Adria, bis das Schiff, das<br />
uns entführen sollte, in Sicht war. Noch vom<br />
Dampfer aus griissten und winkten wir hinüber<br />
zum Lovcen. Er stand da, vom Sonnenlicht<br />
umflossen, und es war, als lächelte<br />
er spöttisch über uns armselige Zwerglein,<br />
die wir so stolz waren, ihn besiegt zu hab-n,<br />
ahnungslos, dass wir vielleicht dem Tode<br />
näher waren als dem Leben.<br />
Ein bekannter französischer Schauspieler,<br />
der den Ruf hatte, seine Rollen nie recht zu<br />
kennen und sich mit Vorliebe in der Nähe des<br />
Souffleurkastens zu bewegen, hatte sich verlobt.<br />
Grosse Sensation in der Theaterwelt,<br />
denn der Mann galt als ehescheu. Morgen<br />
sollte er auf der Mairie seines Arrondissettients<br />
das bedeutsame Jawort sprechen.<br />
«Hoffentlich 'ist ein Souffleur zugegen»,<br />
meinte Tristan Bernard.
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Sie wollen wissen. Sie können wissen:<br />
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Im 1. Fall:<br />
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«Der hat die Mitgliedskarte vom Tierschutzverein<br />
zerfetzt!»<br />
«<br />
Plötzlich hält der Zug auf freier Strecke.<br />
«Was ist los?» erkundigt sich ein Reisender<br />
aufgeregt beim Kondukteur.<br />
«Jemand hat die Notleine so heftig gezogen,<br />
dass ein Wagen entgleist ist. Jetzt haben<br />
wir mehrere Stunden Aufenthalt.» (~<br />
«Mehrere Stunden! — Und ich fahre- -zW<br />
meiner Hochzeit!» ruft der Aufgeregte.<br />
Der Kondukteur sieht ihn' misstrauisch an<br />
und nieint: «Sollten nicht etwa Sie derjenige<br />
sein, der die Notleine zog?»<br />
Das automobilistische Menü.<br />
Wir reproduzieren noch<br />
nachträglich das originelle<br />
Menü, das anlässlich der letzten<br />
Generalversammlung der<br />
Sektion Zürich des A. C. S.<br />
die Mitglieder über die bevorstehenden<br />
kulinarischer<br />
Genüsse orientierte^<br />
Die amüsanten Illustrationen<br />
zeigen, dass für verschiedene<br />
«Hindernisse.» für<br />
Feinschmecker gesorgt worden<br />
war und deshalb das<br />
schlussendliche Nachtanken<br />
von «Brennstoffs wohl begründet<br />
war.<br />
Die sehr geschickte Aufmachung<br />
mag vielleicht weiteren<br />
Vergnügungskomitees<br />
und zeichnerisch begabten<br />
Automobilisten Anregung<br />
geben für ähnliche Anpassung<br />
ihrer Bekanntmachungen<br />
und Mitteilungen an den<br />
automobilistischen Status!<br />
Die<br />
Suche nach dem Tubendeckel: *<br />
Kleine Ursache, grosse<br />
Wirkungen!<br />
(Humorist)<br />
AduiuuBUauun, iirud mul Qlcbeiio; ÜAlXnAU A.-Ü, HuUvtavtu» tiucniUucfcttrtuund Ven«i»«n»uiL bna,