E_1939_Zeitung_Nr.073
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BERN, Dienstag, 12. September <strong>1939</strong><br />
Nummer 20 Cts.<br />
35. Jahrgang — No 73<br />
ERSTE SCHWEIZERISCHE AUTOMOBIL-ZEIT'<br />
Zentralblatt für die schweizerischen Automobil- und Verkehrsitffere:<br />
ABONNEMENTS-PREISE:<br />
Angabe A (ohne Versicherung) halbjährlich Fr. 5.—, jahrlich Fr.<br />
Ausland mit Portozuschlag, wenn nicht postamtlieh abonniert.<br />
Ausgabe B (mit gew. Unfallversich.) vierteljährlich Fr. 7.5U.<br />
Ausgabe C (mit Insassenversicherung) vierteljährlich Fr. 7.75.<br />
Das Sonntagsfahrverbot ersteht wieder — Neuregelung der Brennstoffrationierung<br />
bringt für den privaten Personenwagen einen weitern Abbau der behördlich<br />
bewilligten Benzinmengen.<br />
Nachdem das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement<br />
als vorbereitende Massnahme<br />
zu einer allgemeinen Benzinrationierung<br />
bereits am 28. August <strong>1939</strong> eine provisorische<br />
Rationierung in Kraft gesetzt hat,<br />
hat der Bundesrat \n seiner Sitzung vom 8.<br />
September eine weitere Einschränkung des<br />
Zivilverkehrs und namentlich des Luxusverkehrs<br />
verlügt, indem er eine Einschränkung<br />
des Motorfahrzeugverkehrs an Sonn- und<br />
Feiertagen erlassen hat.<br />
Nach diesem Bundesratsbeschluss ist der<br />
Verkehr mit Motorfahrzeugen und Motorbooten<br />
an Sonn- und allgemeinen Feiertagen<br />
von 0—24 Uhr verboten.<br />
Von dem Verbot sind ausgenommen:<br />
a) Der Motorfahrzeug- und Motorbootverkehr<br />
der Armee, der öffentlichen Transportanstalten,<br />
der Inhaber der Konzession<br />
A und der Postautohalter für Kursund<br />
Pflichttahrten und der Angehörigen<br />
des diplomatischen Korps;<br />
b) unaufschiebbare Dienstfahrten der öffentlichen<br />
Verwaltung .und Betriebe, der. Medizinalpersonen<br />
und Krankenanstalten für<br />
Notfälle, sowie Lebensmitteltransporte<br />
und Taxameterfahrten im Lokalrayon.<br />
Widerhandlungen gegen diesen Beschluss<br />
werden mit Busse bis zu 100 Fr. bestraft.<br />
Mit dem Vollzuge dieses Beschlusses sind<br />
die Kantone beauftragt worden.<br />
Am 8. September hat der Bundesrat den<br />
hier wiedergegebenen Beschluss gefasst und<br />
unverzüglich in Kraft gesetzt. So liegt denn<br />
der erste autofreie Sonntag bereits hinter<br />
uns. Wie viele weitere ihm noch folgen<br />
werden ? Wir wissen es nicht, so wenig wie<br />
die Behörden selbst, aber das wissen wir,<br />
dass sich die schweizerischen Automobilisten<br />
soweit nicht die Armee Hand auf ihre Wagen<br />
gelegt, willig ins Unvermeidliche geschickt<br />
und dem Gebot der Stunde ohne Groll im<br />
Herzen untergeordnet haben. Ganz leicht<br />
mag das « Stillesitzen » vielleicht nicht überall<br />
gefallen sein, denn als hätte der Sommer<br />
wieder gutmachen wollen, was er bisher<br />
versäumt, bescherte er uns einen in milder<br />
Heiterkeit erstrahlenden Tag, der in die<br />
Ferne lockte. Auf den Strassen aber war das<br />
Motorengeräusch fast völlig verstummt. Hin<br />
und wieder ein Autobus, ein Taxi, ein Lieferwagen,<br />
oder ein Auto mit einem Feldgrauen<br />
am Steuer, der seine Familie spazieren<br />
führte — darin erschöpfte sich der motorische<br />
Verkehr. Um so höher stand das Velo<br />
im Kurs und die Städte erlebten einen<br />
Massenexodus von Radfahrern, wobei sich<br />
auch prompt die ersten Anzeichen einer<br />
Lockerung der Disziplin einstellten, genau<br />
wie bei den Fussgängern.<br />
Erscheint Jeden Dienstag und Freitag<br />
WSchentHche Beilage „Auto - Magazin". Monatlich 1 mal<br />
10.-. „Gelbe Liste"<br />
REDAKTION n. ADMINISTRATION: Breitenrainstr. 97, Bern<br />
Telephon 28.222 - Postcheck III414 - Telegramm-Adresse : Autorevue, Bern<br />
Geschäftsstelle Zürich : Löwenstrasse 51, Telephon 39.743<br />
Strassenverkehr im Zeichen der Kriegswirtschaft ^ieTThtai<br />
Plötzlich war sie wieder da, jene Gattung<br />
von Zeitgenossen — und -genossinnen, die<br />
mitten auf der Fahrbahn, wenn möglich noch<br />
gar an einer Kreuzung, ihre traute Plauderstunde<br />
abhielten. Schon jetzt will einem das<br />
Gefühl beschleichen, als leiste die aus wehrwirtschaftlichem<br />
Zwang geborene Einschränkung<br />
des Autofahrbetriebes bei den übrigen<br />
Strassenbenützern der Auffassung Vorschub,<br />
sie seien nunmehr wieder die Herren der<br />
Strasse. Die Gefahr einer gewissen Aushöhlung<br />
der mühsam genug erworbenen Elementarbegriffe<br />
der Verkehrsdisziplin liegt<br />
nahe und 'es wird aller Anstrengungen bedürfen,<br />
um dem Einreissen einer laxen Verkehrsmoral<br />
einen Riegel zu schieben und das,<br />
was behördliche und private Initiative in<br />
jahrelanger Arbeit auf diesem Gebiet geschaffen,<br />
vor Verwässerung und Abstumpfung<br />
zu bewahren.<br />
Es konnte nicht ausbleiben — und die<br />
Schilderungen der Tagespfesse bestätigen es<br />
— dass der vergangene 10. September Reminiszenzen<br />
an den berühmten 5. Juli 1936 erweckte;<br />
So sehr sich die beiden Tage in<br />
ihrem äussern Bild auch glichen, so himmelweit<br />
liegen die Beweggründe auseinander,<br />
welche dort und hier zur Stillegung des sonntäglichen<br />
Verkehrs geführt haben. Damals<br />
handelte es sich um eine Selbsthilfeaktion<br />
der Motorfahrzeugbesitzer gegen die Fiskalschraube<br />
ohne Ende — heute dagegen um<br />
eine von der Regierung selbst anbefohlene<br />
Massnahme, wozu sie die Pflicht zum Schutz<br />
unserer höchsten demokratischen Güter gezwungen<br />
hat : der Freiheit und Unabhängigkeit<br />
des Landes. In den von wahrhaft tragischen<br />
Geschehen erfüllten Zeiten, welche<br />
über die Welt hereingebrochen sind und in<br />
deren Folge auch die Schweiz zu den Waffpn<br />
PTfiifen nrnsst«. um ihrpi Staatsmairime<br />
mmmmmmmmmmmmmm<br />
Die leichten, beweglichen<br />
Auch die Sanitätstruppe b edient sich des Automobils.<br />
Motor-Artillerie, gegen Fliegersicht getarnt.<br />
Motorradfahrer-Formationen finden in der Armee vielseitige Verwendung.<br />
In dieser Nummer:<br />
Keine Hand darf ruhen.<br />
Was haben Sie hei der Verdunkelung<br />
zu tun?<br />
Trolleyhus und Autobus.<br />
Oskar Zwahlen f.<br />
Auto-Magazin.<br />
Beilage: Weltgeschehen.<br />
Motorlastwagen-Kolonne im Gelände.<br />
Eine Infanteriekanone wird abgeprotzt und in Stellung gebracht.
der Neutralität zu verteidigen — in diesen<br />
Zeiten gehen die militärischen Belange allen<br />
andern vor. Aus diesem Gesichtswinkel heraus<br />
und nur aus ihm erklärt sich der Beschluss<br />
des Bundesrates, den privaten Sonntagsautoverkehr<br />
vorläufig zu unterbinden.<br />
Ohne Not hätten unsere Behörden, auf denen<br />
heute eine ungeheure Verantwortung lastet,<br />
diesen Weg nicht eingeschlagen,<br />
ohne Not würden sie sich der Erträge aus<br />
dem Benzinzoll, dieser Einnahmequelle erster<br />
Ordnung, nicht zu einem grossen Teil begeben.<br />
Unsere Landesexekutive wusste, was<br />
sie tat. Jeder Tropfen Benzin ist beim heutigen<br />
Stand der Heeresmotorisierung kostbar.<br />
Und wenn wir Automobilisten bis auf<br />
weiteres auf unsere Sonntagsausflüge verzichten<br />
müssen, dann wird sich auch der<br />
letzte unter uns in der Ueberzeugung und im<br />
Bewusstsein damit abfinden, dass es das Interesse<br />
an der Erhaltung der Wehrkraft unserer<br />
Armee war, das dem Bundesrat sein<br />
Gesuche um Dispensation von Motorfahrzeugen<br />
Wir glauben, dem einen und andern unserer<br />
Leser einen Dienst zu erweisen, wenn wir ihn<br />
daraui auimerksam machen, dass Gesuche um Dispensation<br />
requirierter Motorfahrzeuge an die<br />
Sektion für Kraft und Wärme, Bundesgasse<br />
8, in Bern, zu richten sind. Diese<br />
Stelle ist nunmehr zuständig für die Behandlung<br />
derartiger Begehren.<br />
Vorgehen diktierte. Aussergewöhnliche Zeiten<br />
verlangen außergewöhnliche Massnahmen.<br />
Und dazu gehört auch die vorsorgliche<br />
Sicherstellung ausreichender Brennstoffvorräte<br />
für die Aufgaben der Landesverteidigung.<br />
Vor dieser Notwendigkeit haben die<br />
persönlichen Wünsche des Einzelnen zurückzutreten.<br />
Grundsätzlich den gleichen Erwägungen<br />
entsprang auch der vom 9. September datierte<br />
Erlass der eidg. Zentralstelle für Kriegswirtschaft,<br />
womit die am 28. August beschlossen©<br />
Rationierung des Brennstoffs,<br />
die lediglich provisorischen Charakter an<br />
sich trug, für die Zeitspanne bis zum 15. Oktober<br />
<strong>1939</strong> neu geordnet wird. Was dann<br />
weiter geschehen soll, ob die Einschränkungen<br />
abgebaut werden können, ob sie bestehen<br />
bleiben oder gar noch eine Verschärfung<br />
erfahren, das alles hängt von Faktoren ab,<br />
die zu überblicken heute noch ein Ding der<br />
Unmöglichkeit ist.<br />
Auf jeden Fall dokumentiert die Begrenzung<br />
des nunmehr geltenden Rationierungssystems<br />
auf fünf Wochen den Willen der zuständigen<br />
Instanzen, sich nicht auf längere<br />
Zeit festzulegen, sondern sich der Entwicklung<br />
der Dinge anzupassen.<br />
In diesem Bestreben nach Elastizität dürfen<br />
wir eine Gewähr dafür erblicken, dass die<br />
Restriktionen des Treibstoffverbrauchs nicht<br />
länger in Kraft bleiben als es die Lage der<br />
Umstände erfordert.<br />
Womit über deren tatsächlichen Dauer allerdings<br />
nicht das Mindeste ausgesagt ist.<br />
Bleibt man sich jedoch der Tatsache bewusst,<br />
wie unlösbar heute der Motorfahrzeugverkehr<br />
mit unserem Wirtschaftskörper<br />
verwachsen ist, und wie schwer Handel, Industrie<br />
und Gewerbe in ihrem Lebensmark<br />
getroffen würden, wenn das Räderwerk des<br />
Automobilwesens gänzlich stillstehen sollte,<br />
dann geht die Erwartung wohl kaum fehl,<br />
die Behörden werden die Rückkehr zu normaleren<br />
Zuständen erleichtern und<br />
den Bedürfnissen der Wirtschaft Rechnung<br />
tragen, wo immer sich eine Tür dazu öffnet.<br />
Hinter der Grenze, an der unsere Soldaten<br />
stehen, muss das Leben weitergehen, müssen<br />
die Betriebe, welche die Mobilmachung<br />
in Mitleidenschaft gezogen hat, wieder in<br />
Gang gesetzt werden. Den Grad dieser Wiederankurbelung<br />
bestimmt auch die Intensität<br />
des Einsatzes an Motorfahrzeugen entscheidend<br />
mit. Sie wiederum richtet* sich einerseits<br />
nach der Zahl der für die Privatwirtschaft<br />
zur Verfügung stehenden Vehikel, anderseits<br />
nach der Brennstoffmenge, die sie<br />
zugeteilt erhalten. Und wir vertrauen auf<br />
die Einsicht der mit der Durchführung unserer<br />
kriegswirtschaftlichen Massnahmen beauftragten<br />
Stellen, dass sie, sobald die Verhältnisse<br />
es .zulassen, an eine Auflockerung<br />
der Brennstoffrationierung herantreten werden,<br />
eine Einsicht, deren Stempel auch die<br />
Verfügung vom 9. Oktober trägt, wenn sie<br />
— um ein Beispiel zu zitieren — für Handelsreisende<br />
unter der Voraussetzung des Bedarfsnachweises<br />
die Ausstellung von zwei<br />
Rationierungsscheinen vorsieht.<br />
Im übrigen geben wir hier den Wortlaut<br />
des in Frage stehenden Erlasses wieder :<br />
Ein jeder ist sich heute klar darüber, dass die<br />
Mobilisation und der an so manchen Stellen vollständige<br />
Abbruch des Güteraustausches mit dem<br />
Ausland für unsere Wirtschaft einschneidende Folgen<br />
nach sich ziehen müssen. Geben wir uns aber<br />
Rechenschaft darüber, wie schwer sie mit der Zeit<br />
auf uns lasten können, wenn wir nicht alle verfügbaren<br />
Kräfte, auch im hintersten Winkel, einsetzen?<br />
Es geht nicht nur dem Bäcker an den Geldbeutel,<br />
wenn sein Ofen wochenlang keine Brotlaibe<br />
mehr liefert; nicht nur der Garagist leidet,<br />
wenn es keine Wagen mehr zu waschen, zu<br />
schmieren und zu reparieren gibt, und weder das<br />
Uhrengeschäft, noch das Hotel, die Baufirma und<br />
die Druckerei hat den Rückschlag allein zu tragen,<br />
wenn ihre Umsätze plötzlich auf einen Minimalbruchteil<br />
der früheren zusammenschrumpfen.<br />
Allen diesen Betrieben kommt neben ihrer Funktion<br />
als Lieferanten von Waren und Leistungen die<br />
Eigenschaft zu, dass sie gleichzeitig auch Arbeitgeber<br />
sind, von denen zahlreiche Existenzen abhängen.<br />
Nicht zu vergessen bleibt daneben ihre<br />
Rolle als Käufer von Rohmaterialien, Halbfabrikaten<br />
und Fertigprodukten, von deren Absatz wieder<br />
der Gang anderer Unternehmungen abhängt.<br />
Die Verluste, welche die Wirtschaft erleidet,<br />
zehren keineswegs bloss an den Reserven der davon<br />
direkt betroffenen Betriebe; sie treffen — ob<br />
wir es wollen oder nicht — jeden Einzelnen<br />
unter uns.<br />
Bei dem ausserordentlich hohen Lebensstandard<br />
der Schweiz liegt es auf der Hand, dass unser<br />
wirtschaftliche Organismus gegen Einwirkungen<br />
des weltgeschichtlichen Geschehens, dessen Zeugen<br />
wir heute werden, unendlich empfindlicher ist<br />
als beispielsweise jener der Chinesen, vermögen<br />
doch dort eine Schüssel Reis, ein paar Lumpen<br />
und ein hüttenähnliches Loch die Wünsche eines<br />
grossen Teils der Bevölkerung bereits zu erfüllen.<br />
Je höhere Stufen die Zivilisation erklimmt, desto<br />
enger verketten sich die Schicksale des Individuums<br />
wie der industriellen, Handels- und Verkehrsbetriebe<br />
miteinander, desto stärker hängt der<br />
eine vom andern ab.<br />
Selbstredend geht unter den gegenwärtigen<br />
Umständen die Wacht an der Grenze der Belebung<br />
des Wirtschaftslebens vor. Aber gerade daraus,<br />
weil wir die Mobilisation als etwas Unabänderliches<br />
hinnehmen und uns den Anordnungen<br />
der militärischen Instanzen restlos zu fügen bereit<br />
sind, erwächst jenen, die im Hinterland zurückgeblieben,<br />
die moralische und vaterländische Pflicht,<br />
nach bestem Willen und Können in die Fussstapfen<br />
der unter die Waffen Gerufenen zu treten und,<br />
soweit es angeht, die Erfüllung der Aufgaben zu<br />
übernehmen, denen sie gedient haben.<br />
Gültigkeit bis 15. Oktober. — Weitere Einschränkung<br />
der Verbrauchsmengen für<br />
Motorräder und für Personenwagen, die<br />
nunmehr nach Pferdestärken abgestuft<br />
werden. — Für Lastwagen bleiben die<br />
Rationen ungefähr gleich.<br />
Die eidg. Zentralstelle für Kriegswirtschaft<br />
teilt mit:<br />
Mit Rücksicht auf die Unübersichtlichkeit<br />
der Import- und Transportmöglichkeiten ist<br />
die am 28. August <strong>1939</strong> beschlossene provisorische<br />
Rationierung von flüssigen Kraftund<br />
Brennstoffen vom eidg. Volkswirtschaftsdepartement<br />
bis 15. Oktober <strong>1939</strong> verlängert<br />
worden. In der Zeit vom 11. September bis<br />
15. Oktober <strong>1939</strong> werden neue Rationierungsscheine<br />
ausgegeben, die an den durch die<br />
Kantone bezeichneten Stellen bezogen werden<br />
können. Für diese Zeit werden folgende<br />
Mengen von flüssigen Kraft- und Brennstoffen<br />
abgegeben :<br />
a) Motorräder: 1 Rationierungsschein von<br />
10 Litern.<br />
b) Personenautomobile: 1 Rationierungsschein<br />
von 25 Litern für Wagen bis und<br />
mit 9 PS.<br />
1 Rationieruflgsschein von 35 Litern<br />
für Wagen über 9 PS.<br />
2 Rationierungsscheine der Motorstärke<br />
entsprechend für Aerzte, Krankenanstalten,<br />
Spitäler Pflegepersonal, Handelsreisende<br />
und Taxihalter bei nachgewiesenem<br />
Bedarf.<br />
Für das Diplomatische Coups gibt das<br />
politische Departement Bezugskarten aus.<br />
c) Lastwagen von 20 PS und mehr PS:<br />
1 Rationierungsschein von 400 Litern<br />
Benzin oder 300 Litern Dieselöl.<br />
Lastwagen von 10—19,9 PS : 1 Rationierungsschein<br />
von 200 Litern Benzin<br />
oder 120 Litern Dieselöl.<br />
d) Lieferwagen bis 9,9 PS: 1 Rationierungsschein<br />
von 120 Litern.<br />
e) Traktoren für Strassenverkehr: 1 Rationierungsschein<br />
von 120 Litern Treibstoff.<br />
f) Gesellschaftswagen erhalten nur in dringenden<br />
Fällen die nötige<br />
menge gegen Ausweis.<br />
AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 12. SEPTEMBER <strong>1939</strong> — N° 73<br />
JCeme 2Umd xlacß jcuhml<br />
Die neue Treibstoffrationierung<br />
Brennstoff-<br />
Keine Hand darf ruhen, die irgendwo nützlich<br />
zuzugreifen vermag; keine Drehbank sollte stillestehen,<br />
für die Arbeit vorhanden ist, kein Kopf untätig<br />
bleiben, der, sei es auch um den Preis einer<br />
aussergewöhnlichen Anstrengung, etwas zu schaffen<br />
imstande ist, das der Wirtschaft neue Impulse<br />
verleihen könnte. Wenn je das Wohl des Ganzen<br />
den Einsatz des Einzelnen erheischte, dann ist<br />
diese Zeit heute angebrochen.<br />
Ueber diesen grundsätzlichen Erwägungen<br />
verkennen wir keineswegs die Schwierigkeiten,<br />
welche sich mit dem Zwang zur Umstellung auf<br />
einen andern Geschäftszweig erheben. Aber,<br />
Schwierigkeiten sind dazu da, um überwunden zu<br />
werden! Lässt sich auch nicht in jedem einzelnen<br />
Fall ohne weiteres Arbeit beschaffen, wir geben<br />
die Hoffnung nicht auf, dass es unermüdlichem Suchen<br />
gelingen werde, jenen Schock, den unser<br />
Wirtschaftsleben mit dem Wiedererwachen der<br />
Kriegsfurien erlitten, zu überwinden.<br />
Es ist für das Land im allgemeinen und für<br />
Handel und Industrie im besonderen von vitaler<br />
Bedeutung, dass die Räder des Wirtschaftslebens<br />
in Gang gehalten werden. Jeder Geschäftsmann<br />
schneidet sich ins eigene Fleisch, wenn er sich jetzt<br />
durch Passivität aus dem Wirtschaftsgetriebe ausschaltet.<br />
Es würde ausserdem die Widerstandskraft<br />
und materielle Kapazität unseres Landes brechen,<br />
wenn zufolge einer zerrütteten Wirtschaft zusätzliche<br />
soziale Lasten entstünden. Unsere heutige<br />
Zeit verlangt einen in jeder Hinsicht soliden und<br />
geeinten Staat, wenn er die Stürme unserer Zeit<br />
wohlbehalten überstehen soll.<br />
Hundert Gründe sprechen dafür, dass es ein<br />
Gebot der Stunde ist, alles zu tun, um die Wirtschaft<br />
in vollem Umfang in Gang zu halten. Auch<br />
denjenigen, welche glauben, passiv beiseite stehen<br />
zu können, muss es schliesslich zum Bewusstsein<br />
kommen, dass die Aufrechterhaltung unseres nationalen<br />
Wirtschaftslebens eine Notwendigkeit ist,<br />
welche alle angeht und wofür der einzelne notwendigenfalls<br />
über die Interessen seines Geschäftes<br />
hinweg die Gesamtinteressen des Landes wahrnehmen<br />
muss.<br />
Die « Automobil-Revue > stellt sich, trotzdem die<br />
Mobilisation die Reihen ihres Mitarbeiterstabes<br />
ebenfalls stark gelichtet, gerne allen ihren treuen<br />
Lesern zur Verfügung, um ihnen im Rahmen des<br />
Möglichen mit Rat und Tat bei der Lösung jener<br />
Probleme beizustehen, welche der Kriegsausbruch<br />
mit sich gebracht hat. Sie erklärt sich bereit, Ar-<br />
beitskräfte zu vermitteln, bei der Suche nach Arbeitsgelegenheiten<br />
mitzuhelfen und ihre Anhänger<br />
überall dort nach bestem Wissen und Können zu<br />
beraten, wo sie ihre Kenntnisse und Erfahrungen<br />
dazu irgendwie instandsetzen. Ihre Absicht ist es<br />
dabei keineswegs, diese Helferrolle ausschliesslich<br />
auf Angelegenheiten zu beschränken, welche das<br />
automobilistische Gebiet unmittelbar tangieren.<br />
Auf diese Weise hoffen wir, auch unserseits<br />
etwas dazu beizutragen, das Getriebe der zahllosen<br />
ineinandergreifenden Räder unseres Erwerbslebens<br />
während diesen schweren Zeiten in<br />
Schwung zu erhalten.<br />
Verlag der «Automobil-Revue».<br />
g) Landwirtschaftliche Traktoren und anlandwirtschaftliche<br />
und gewerbliche Motoren<br />
erhalten, unter Zusammenfassung<br />
zu Arbeitsgruppen, den nachgewiesenen<br />
Bedarf an Kraftstoffen.<br />
Bei Personenautomobilen dürfen Medizinalpersonen<br />
und Spitälern bei nachgewiesenem<br />
Bedarf weitere Rationierungskarten abgegeben<br />
werden. Der Bezüger hat den Empfang<br />
der zusätzlichen Scheine unterschriftlich<br />
zu bestätigen. Die gleiche Vorschrift gilt bei<br />
Nachweis des dringenden Bedürfnisses auch<br />
für Handelsreisende und Taxihalter.<br />
Die Taxihalter der einzelnen grössem Verkehrszentren<br />
sollten sich unter behördlicher<br />
Mitwirkung im Interesse möglichst sparsamer<br />
Verwendung des Benzins über eine geeignete<br />
Art der Zusammenarbeit verständigen.<br />
Für Lastwagen zum Transport lebenswichtiger<br />
Produkte können zusätzliche Rationierungsscheine<br />
abgegeben werden, sofern der<br />
Bedarf nachgewiesen ist.<br />
Die Bescheinigungen über die Abgabe von<br />
zusätzlichen Rationierungsscheinen sind wöchentlich<br />
der Sektion für Kraft und Wärme,<br />
Gruppe flüssige Brennstoffe, Bundesgasse 8,<br />
in Bern, zuzustellen.<br />
Für den Verkauf von flüssigen Brennstoffen<br />
an Bäckereien und andere gewerbliche<br />
und industrielle Betriebe ist eine besondere<br />
Bewilligung der Sektion für Kraft und Wärme<br />
erforderlich. Die Bewilligung erstreckt<br />
sich nur auf den nachgewiesenen Bedarf.<br />
Was haben Sie bei der<br />
Verdunkelung zu tun?<br />
Kleines Repetitorium der Verkehrsvorschriften<br />
bei Verdunkelung und Fliegeralarm.<br />
Tagtäglich haben wir jetzt die Anordnung<br />
der totalen Verdunkelung durch das Oberkommando<br />
zu gewärtigen. In den Häusern<br />
wird das Verdunkelungsmaterial vorsorglich<br />
bereitgehalten; blaue Lampen, schwarze Tücher<br />
und was der Abschirmungsvorrichtungen<br />
noch mehr sind, warten nur darauf, in<br />
Funktion zu treten. Natürlich aber erstreckt<br />
sich die Verdunkelungstpflicht auch auf den<br />
motorisierten Strassenverkehr. Zwar fliesst<br />
nach der Treibstoffrationierung dessen Strom<br />
erheblich schwächer, aber das ändert selbstverständlich<br />
nichts an der Tatsache, dass<br />
auch der Automobilist die für den Verdunkelungsfall<br />
geltenden Vorschriften zu beachten<br />
hat. Sie finden sich zusammengefasst in der<br />
Verfügung des eidg. Militärdepartements<br />
vom 5. Oktober 1937, deren Inhalt wir zu<br />
Nutz und Frommen der motorisierten Strassenbenützer<br />
im Nachfolgenden auszugsweise<br />
wiedergeben, wobei betont sei, dass daneben<br />
die Bestimmungen des MFG und der Vollziehungsverordnung<br />
unverändert in Kraft<br />
bleiben :<br />
Allgemeines.<br />
Art. 3. An wichtigen Strassenkreuzungen und<br />
Strasseneinmündungen sind zur Regelung des Verkehrs<br />
blaue Richtlampen anzubringen.<br />
Bei solchen Strassenstellen sind überdies die<br />
Randsteine mit weisser Farbe zu streichen oder die<br />
Strassenränder durch andere Mittel, z. B. helle Latten,<br />
leicht erkennbar zu gestalten.<br />
Beleuchtete Inselpfosten können beibehalten werden,<br />
doch müssen ihre Lichtquellen blau und<br />
schwach sein.<br />
Amtliche Einrichtungen, wie z. B. Polizei- und<br />
Feuerwehrposten oder Sanitätshilfsstellen, sind in<br />
geeigneter Weise zu kennzeichnen, soweit dies im<br />
Interesse der öffentlichen Ordnung tunlich ist.<br />
Art. 4. Mit Fahrverbot belegte Strassen und die<br />
verbotenen Eingänge von Einbahnstrassen sind mit<br />
roten, abgeschirmten, schwachen Lampen zu kennzeichnen.<br />
Hindernisse und abgesperrte Stellen sind mit<br />
gelben Sicherheitslampen kenntlich zu machen.<br />
Parkplätze, die benützt werden dürfen, werden<br />
durch den beleuchteten blauen Buchstaben P gekennzeichnet.<br />
Art. 5. Fahrzeuge aller Art, wie Motorfahrzeuge,<br />
Pferde- und andere Fuhrwerke, Fahrräder, dürfen<br />
nur mit schwacher, abgeschirmter blauer Beleuchtung<br />
fahren oder stationieren und müssen mit entsprechenden<br />
Schlußsignalen versehen sein.<br />
Besondere Aussenlichter von Fahrzeugen, wie<br />
beleuchtbare Streckennummern und Linienbezeichnungen<br />
der öffentlichen Verkehrsmittel und Fahrrichtungsanzeiger,<br />
dürfen, soweit sie notwendig<br />
sind, beibehalten werden, sofern ihre Lichtquelle<br />
schwach und blau ist.<br />
Die Verwendung von Sucherlampen ist verboten.<br />
Sämtliche für Fahrzeuge vorgeschriebenen Abschirmungen<br />
bleiben im Ernstfalle auch tagsüber<br />
montiert.<br />
Art. 6. Motorfahrzeuge und Fahrräder haben<br />
ihre Fahrbeleuchtung so abzuschirmen, dass die<br />
direkte Sicht der Lichtquelle oberhalb der Horizontalen<br />
verunmöglicht wird.<br />
Ausserdem darf die Lichtstärke nicht derart sein,<br />
dass am Boden oder auf Hauswänden und andern<br />
Flächen unzulässige Reflexe entstehen.<br />
Die Durchlässigkeit des blauen Vorsatzmaterials<br />
ist nach der Lampenstärke zu richten, die für Motorfahrzeuge<br />
normalerweise 35 Watt beträgt<br />
Als Richtlinie gilt, dass die Durchlässigkeit der<br />
Lampen von 35 Watt 0.4% nicht übersteigen soll.<br />
Besondere Verkehrsregeln.<br />
A. Verdunkelung.<br />
Art. 7 Durchgehende oder enge Strassen können<br />
als Einbahnstrassen bezeichnet werden.<br />
Das Parkieren ist nur an den amtlich bezeichneten<br />
Stellen gestattet.<br />
Gefährdete Zonen sind durch Sperren oder<br />
durch Verkehrsumleitung vom Fahrzeugverkehr<br />
freizuhalten.<br />
Art. 8. Innerorts ist die Geschwindigkeit auf<br />
20 km/Std. beschränkt.<br />
Jeder Führer hat überdies die Pflicht, die Geschwindigkeit<br />
so zu massigen, dass er sein Fahrzeug<br />
auf kürzeste Distanz anhalten kann.<br />
Das Ueberholen von Motorfahrzeugen ist verboten.<br />
Radfahrer dürfen haltende Motorfahrzeuge nur<br />
zu Fuss überholen.<br />
Im Ueberlandverkehr ist die Geschwindigkeit den<br />
SichtveThältnissen anzupassen.<br />
lüeqett Jlaummcmqeh muss die %oxts<br />
Setzung MHsexes ZeuUletOHS<br />
Siedlet" uub die nächste Tlumntet jxev<br />
schoben weiden.<br />
Art. 9. Von akustischen Warnvorrichtungen<br />
darf Gebrauch gemacht werden, wenn es die Sicherheit<br />
des Verkehrs erfordert.<br />
Art. 10. Die Fussgänger haben die Tröttoirs<br />
oder, wo solche fehlen, die Strassenseiten zu benützen<br />
und jedes Herumstehen oder unnötige Zirkulieren<br />
zu unterlassen.<br />
Beim Ueberschreiten von Strassen haben sie eich<br />
zuerst davon zu überzeugen, dass keine Fahrzeuge<br />
sich nähern, und sich der Fussgängerstreifen oder<br />
sonst des kürzesten und sichersten Weges zu bedienen.<br />
Zu besonderer Vorsicht sind sie verpflichtet bei<br />
Niveauübergängen sowie überhaupt bei Bahn- und<br />
Strassenbahngeleisen und im Bereiche von Bahnhöfen<br />
oder andern zum Betriebe von Transportanstalten<br />
gehörenden Anlagen.<br />
B. Fliegeralarm.<br />
Art. 13. Innerorts sind alle Fahrzeuge sofort<br />
anzuhalten und in der Fahrrichtung an der rechtsseitigen<br />
Fahrbahngrenze stehen zu lassen.<br />
Strassenkreuzungen und Strasseneinmündungen<br />
sind freizuhalten.<br />
Die Lichter der Fahrzeuge sind nach. Möglichkeit<br />
zu löschen.<br />
Die Bremsen sind anzuziehen, und an Motorfahrzeugen<br />
ist der Motor abzustellen.<br />
Die Insassen haben den Wagen ea Terlassen<br />
und «ich in Sicherheit zu bringen.<br />
Art. 16. Den Fussgängern ist die Verwendung<br />
irgendwelcher, auch abgeschirmter Lichter verboten.<br />
Der Blitzschlag Ins Auto.<br />
Nach einer Meldung aus Ungarn wurde während<br />
eines Gewitters unter zahlreichen Autos gerade dasjenige<br />
vom Blitz getroffen, das als «Blitzschutz»<br />
mit brennenden Lampen fuhr. Es ist dies ein Beweis<br />
dafür, dass das Einschalten der Lampen bei<br />
Gewitter ein vollkommener Unsinn ist
N° 73 — DIENSTAG, 12. SEPTEMBER <strong>1939</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Nach der Brennstoffrationierung<br />
Dfe Bauern sollen sich für die<br />
Verwendung der Traktoren<br />
organisieren.<br />
In einer Mitteilung macht die Landwirtschaftsdirektion<br />
des Kantons Bern darauf<br />
aufmerksam, dass in den höheren Lagen<br />
noch nicht alle Erntearbeiten beendet seien<br />
und dass in andern Gebieten mit den Herbstarbeiten<br />
begonnen werden müsse. Mit Rücksicht<br />
darauf, dass der Landwirtschaft durch<br />
die Mobilmachung die diensttauglichen<br />
Pferde entzogen worden seien, mache sich<br />
das Bestreben geltend, in vermehrtem Masse<br />
Traktoren einzusetzen. Bei der grossen Zahl<br />
der aus den Kreisen der Traktorenbesitzer<br />
eingehenden Gesuche um Lieferung flüssiger<br />
Ueberholen und Kreuzen von<br />
Militär.<br />
Wenn Sie jetzt bei Ihren Fahrten auf Militär<br />
treffen, erinnern Sie sich der Vorschriften, die Ihr<br />
Verhalten in solchen Situationen regeln.<br />
Art. 51 der Vollziehungsverordnung zum MFG<br />
bestimmt, dass militärische Abteilungen<br />
nur an den hierfür freigegebenen<br />
Stellen gekreuzt oder überholt werden<br />
dürfen.<br />
Ausgenommen von diesem Gebot bleiben lediglich<br />
die Motorfahrzeuge der Feuerwehr.<br />
Als Automobilist wie als Bürger erwächst Ihnen<br />
die selbstverständliche Pflicht, dieser Vorschrift unbedingt<br />
nachzuleben.<br />
Brennstoffe bestehe aber keine Möglichkeit,<br />
allen Wünschen zu entsprechen. Aus diesem<br />
Grunde sollten sich deshalb die Bauern für<br />
die Verwendung von Traktoren organisieren,<br />
derart, dass sie sich zusammentun, um mit<br />
einem Traktor mehrere Betriebe zu bedienen.<br />
Als der einfachste Weg erweise sich<br />
dabei die Schaffung von Betriebsgemeinschaften<br />
durch die Gemeinden. Diese melden<br />
die Traktoren der Betriebsgemeinschaft bei<br />
der Sektion für Kraft und Wärme in Bern<br />
(Münsterplatz 3); sie sorge dann für die Abgabe<br />
des erforderlichen Quantums an flüssigen<br />
Brennstoffen. UeberzäMdge Traktoren<br />
dagegen müssten ausser Betrieb gesetzt<br />
werden.<br />
Das Vorgehen der bernischen Landwirtschaftsdirektion,<br />
Ausdruck des Gemeinschaftsgedankens<br />
und der Idee «Einer für<br />
Alle, Alle für Einen » verdient auch in andern<br />
Kantonen Nachahmung.<br />
s«<br />
snt»sau<br />
Bauarbeiten an der Sustenstrasse<br />
gehen weiter.<br />
Durch einen Teil der Presse machte kürzlich<br />
eine Meldung die Runde, wonach die<br />
Arbeiten am Bau der Sustenstrasse ruhen.<br />
(Korr.) Strassenbahn und Autobus waren<br />
bisher die wichtigsten Transportmittel für<br />
den Massenverkehr in grossen Städten und<br />
ihren Vororten. Seit einigen Jahren gesellt<br />
In dieser Form muss die Nachricht als unzutreffend<br />
bezeichnet werden. Wohl hat die<br />
Mobilmachung einen grossen Teil der auf<br />
den Baustellen Beschäftigten von ihrem Arbeitsplatz<br />
weggerufen, aber nach unseren<br />
Erkundigungen an zuständiger Stelle schreitet<br />
das Werk auf beiden Seiten in beschränktem<br />
Umfang fort. Ueberdies sind nach den<br />
Erklärungen der bernischen Baudirektion<br />
Verhandlungen im Gang, um die Arbeiten im<br />
Interesse der Landesverteidigung beschleunigen<br />
zu können.<br />
Den nämlichen Bescheid erhielten wir von<br />
den Baubehörden des Kantons Uxi. Ende<br />
letzter Woche befanden sich auf der Umer<br />
Seite noch 130-150 Leute, doch hat man auch<br />
hier die erforderlichen Vorkehrungen getroffen,<br />
den Mannschaftsbestand sobald als möglich<br />
erhöhen und die Arbeiten in gesteigertem<br />
Tempo weiterführen zu können.<br />
Trolleybus und Autobus<br />
sich nun zu ihnen noch ein drittes Verkehrsmittel,<br />
das bereits auch in der Schweiz Eingang<br />
gefunden hat, ein Zwischending zwischen<br />
Tram und Autobus : der T r o 11 e y -<br />
b u s. Man weiss nicht, soll man ihn besser<br />
als Tram ohne Schiene oder als Autobus mit<br />
elektrischer Oberleitung bezeichnen. Vom<br />
Autobus hat er die Bauart des Wagens und<br />
die Gummibereifung der Räder, vom Tram<br />
den Elektromotor, der über einen auf dem<br />
Dach angebrachten Stromabnehmer von einer<br />
doppeldrähtigen Oberleitung gespiesen wird.<br />
Der Trolleybus vereinigt in sich gewisse Vorteile<br />
des Trams mit solchen des Autobus.<br />
Wie das Tram verbraucht er einheimische<br />
Wasserkraft in Form von Elektrizität; sein<br />
Betrieb ist also « autark» und nicht auf die<br />
Beschaffenheit ausländischer Treibstoffe wie<br />
Benzin und Rohöl angewiesen. Mit dem Autobus<br />
hat der Trolleybus gemeinsam, dass er<br />
keinen teuren Unterbau mit Schienen erfordert<br />
und dass er sich im Bereiche der Fahrleitung<br />
elastisch dem Verkehr anpassen kann,<br />
ohne starr an die Innehaltung eines durch<br />
Schienen bezeichneten Verkehrsweges gebunden<br />
zu sein. Solche Trolleybusse sind<br />
heute bereits mit Erfolg in Lausanne und<br />
Winterthur im Betrieb. Auf die Landesausstellung<br />
hin hat auch die Stadt Zürich eine<br />
bisherige Autobuslinie durch- Trolleybusse<br />
ersetzt, wobei die frei werdenden Autobusse<br />
dieser Linie für den Verkehr zur Landesausstellung<br />
eingesetzt wurden.<br />
Gerade diese Verwendung der frei werdenden<br />
Autobusse offenbart einen Vorteil,<br />
den der Autobus dem Trolleybus gegenüber<br />
voraus hat. Der Autobus ist an keine Installation<br />
gebunden und kann nach Belieben und<br />
Bedarf überall eingesetzt werden, wo Strassen<br />
vorhanden sind. Diesem Umstand verdanken<br />
denn auch Auto und Autobus<br />
ihre Verwendungsfähigkeiten für militärische<br />
Transporte. Es sei nur an das Beispiel der<br />
Marneschlacht 1914 erinnert, wo Truppen<br />
der Pariser Besatzung von General GaMieni<br />
durch requirierte Taxi in die Flanke der<br />
deutschen Heeressäulen geworfen wurden.<br />
Heute würde man in solchen Fällen die leistungsfähigeren<br />
Autobusse verwenden und<br />
könnte beispielsweise die in Zürich mobilisierende<br />
Infanterie vom Mobilmachungsplatz<br />
weg mit den Autobussen der städtischen<br />
Strassenbahn in kurzer Zeit an eine Grenze<br />
werfen zur Verstärkung des Grenzschutzes.<br />
Mit den Wagen der elektrischen Strassenbahn<br />
oder mit Trolleybussen wäre dagegen<br />
ein solcher Transport nicht möglich. Die<br />
neue Truppenordnung sieht übrigens auch<br />
die Aufstellung von besonderen Mannschaftstransportkolonnen<br />
der Motortransporttruppe<br />
vor, gebildet aus den Autobussen der Postverwaltung<br />
und kommunaler Strassenbahnunternehmungen,<br />
während Trolleybusse militärisch<br />
nicht verwendet werden können.<br />
In einer Zeit, wo alle geistigen und materiellen<br />
Kräfte des Landes seiner Verteidigung<br />
dienstbar gemacht werden müssen und die<br />
Bedürfnisse der Armee den Vorrang vor<br />
allen andern Ueberlegungen und Interessen<br />
beanspruchen, erheischen auch bei der Einführung<br />
von Trolleybuslinien in erster Linie<br />
die militärischen Interessen Berücksichtigung.<br />
Von diesem Standpunkt aus ist dem Ersatz<br />
von Strassenbahnlinien durch Trolleybusse<br />
und der Schaffung neuer Verkehrsverbindungen<br />
durch Trolleybus die Vermehrung der<br />
Autobuslinien vorzuziehen. Der Nachteil der<br />
Autobusse, die Verwendung fremder Treibstoffe,<br />
wird behoben durch die Schaffung 1<br />
grosser militärischer und kriegswirtschaftlicher<br />
Treibstoffreserven und durch die staatliche<br />
Förderung von Motorfahrzeugen mit<br />
Holzvergasern.<br />
Betriebseinschränkungen bei den Stadtomnibussen<br />
teilweise schon wieder aufgehoben.<br />
Die allgemeine Mobilisation hat die Verwaltungen<br />
der Autobusbetriebe unserer<br />
Städte nicht nur eines erheblichen Teils ihres<br />
Personals beraubt, sondern auch den Wagenpark<br />
beträchtlich dezimiert, ein Umstand, der<br />
sich in zum Teil tiefgreifenden Betriebseinschränkungen<br />
widerspiegelte, die jedoch inzwischen<br />
da und dort bereits wieder eine<br />
Lockerung erfahren haben.<br />
So stellte Basel, dessen Autobusse für,<br />
die Armee angefordert worden waren, dem<br />
Autobusbetrieb in den Tagen unmittelbar!<br />
nach der Mobilisierung völlig ein, konnte Lhnr?<br />
jedoch am letzten Sonntag auf einzelnen Linien,<br />
allerdings in beschränktem Ausmass,<br />
wieder aufnehmen. Zürich vermochte nur'<br />
noch auf gewissen Linien einen reduzierten?<br />
Verkehr aufrecht zu erhalten, weil neben.-!<br />
dem Chauffeurpersonal auch 41 Autobusseil<br />
für militärische Zwecke abgegeben werden'<br />
mussten und Bern wie L u z e r n sahen.'<br />
sich in einer ähnlichen Lage. Die Bundes-;<br />
stadt allerdings ging am letzten Samstagi<br />
wieder zu einem mehr oder weniger normalen<br />
Betrieb über, von dem nur eine einzige<br />
Linie ausgenommen blieb.<br />
Der automobilistische Fremdenverkehr von<br />
einem Tag auf den andern lahmgelegt.<br />
Die Bündner Sommersaison <strong>1939</strong> hat nach den<br />
Meldungen der Tagespresse der Hotellerie bis Ende<br />
August einen Ausfall yon über 100 000 Logiernäch-*<br />
ten gebracht. Das Engadin bekam zudem noch die<br />
Schliessung der italienischen Grenzen zu spüren«<br />
so dass der erst noch sommerlich lebhafte Betriebe<br />
von einem Tag anf den andern erlosch. Von auslän-j<br />
dischen Privat- und Gesellschaftswagen, die eben^<br />
noch die Strassen belebten, keine Spur mehr. Und!<br />
Automobile aus andern Kantonen gehören seit der:<br />
Einführung der Benzinrationierung und der Mobilmachung<br />
zu den Seltenheiten.<br />
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N° 73 —' DIENSTAG, 12. SEPTEMBER <strong>1939</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Der fatale 3. September<br />
Wenn dereinst Geschichtsschreiber die Ereignisse<br />
unserer Tage verkünden, werden sie<br />
dies einleitend etwa mit folgenden Worten<br />
tun :<br />
Im Laufe des Monats August <strong>1939</strong> war die<br />
Spannung zwischen den europäischen Mächten<br />
von neuem akut geworden. Während<br />
sich Frankreich und insbesondere England<br />
mit seinem friedliebenden Ministerpräsidenten<br />
Chamberlain an der Spitze weiterhin<br />
bemühten, eine Entspannung herbeizuführen,<br />
drängte der deutsche Reichskanzler Adolf<br />
Hitler immer mehr auf eine rasche und<br />
gründliche Lösung seiner Differenzen mit<br />
Polen. Auch wenn man schliesslich den<br />
deutschen Standpunkt, die Trennung Ostpreussens<br />
vom Deutschen Reich sei auf die<br />
Dauer ein unmöglicher Zustand, nicht ganz<br />
von der Hand weisen konnte, so herrschte<br />
doch die Meinung vor, dass diese Forderung<br />
nicht zu einem Krieg berechtigte, sondern<br />
auf diplomatischem Wege eine Lösung hätte<br />
finden müssen. Entgegen allen Vermittlungsversuchen<br />
Hess der deutsche Reichskanzler<br />
schliesslich zu den Waffen greifen und am<br />
1. September die Kriegshandlungen gegen<br />
Polen beginnen. Noch in diesem Stadium<br />
versuchten England und Italien zu vermitteln,<br />
aber umsonst. Am 3. September <strong>1939</strong><br />
war es alsdann so weit, dass vier europäische<br />
Grossmächte im Krieg standen.<br />
Nachdem Deutschland in Polen einmarschiert<br />
war, konnte es für die beiden verbündeten<br />
Westmächte nichts anderes mehr<br />
geben, als ebenfalls zu den Waffen zu greifen<br />
und dem angegriffenen Polen zu Hilfe zu<br />
eilen. Während viele deutsche Kreise, insbesondere<br />
der grösste Teil der Bevölkerung,<br />
die Auffassung vertrat, die Westmächte<br />
wurden im entscheidenden Moment ihre eingegangenen<br />
Verpflichtungen doch nicht einlösen,<br />
gab es sowohl für Frankreich wie für<br />
England, so schwer es für beide Länder sein<br />
musste, nur noch einen EntscMuss, die eingegangenen<br />
Verpflichtungen Tat werden zu<br />
lassen. Das britische Weltreich hat in den<br />
letzten Jahren verschiedene Einbussen an<br />
seinem Prestige erlitten. Ein Nichteingreifen<br />
hätte für Grossbritannien Folgen gehabt,<br />
welche den weiteren Bestand seines Weltreiches<br />
über kurz oder lang in Frage gestellt<br />
hätten. Aber auch Frankreich hat zufolge<br />
der sukzessiven Entfremdung seiner Freunde<br />
kein übermässig grosses Mass an Weltvertrauen<br />
mehr genossen und konnte deshalb<br />
keinen weiteren Prestigeverlust in Kauf nehmen.<br />
Geht es um die Zertrümmerung<br />
des britischen Weltreiches?<br />
Es gibt viele Kreise, und zwar hüben und<br />
'drüben, die den Standpunkt vertreten, dass<br />
es in dem neu ausgebrochenen Krieg um ein<br />
ganz grosses Problem, nämlich um die Zertrümmerung<br />
des britischen Weltreiches gehe.<br />
Der «Popolo d'Italia» schrieb doch erst<br />
kürzlich, das Drama sei nicht wegen des<br />
Danziger Problems, sondern wegen der wiedererstandenen<br />
Rivalität zwischen Deutschland<br />
und England nicht zu vermeiden gewesen.<br />
Das massgebende italienische Blatt<br />
fährt dann fort: « Seit der stürmischen und<br />
andauernden Anklage des Duce gegen die<br />
Absurdität und Gefahr, die das Versailler<br />
System in Europa geschaffen hat, das die<br />
Völker und ihre Kräfte in zwei verschiedene<br />
Klassen mit zwei verschiedenen Auffassungen<br />
von ihrem Recht und von ihren Kräften<br />
geteilt hat, sind sie während dieser Krise mit<br />
einer ständigen und klar liegenden Tendenz<br />
formuliert worden, die in jedem Augenblick<br />
dokumentiert worden ist und dokumentierbar<br />
ist, nämlich mit dem Ziel der Rettung<br />
eines Friedens der Gerechtigkeit. Italien ist<br />
daher auf seinem Posten mit seinem nationalen<br />
Bewusstsein und seinen hohen europäischen<br />
Verpflichtungen. Es zieht sich deswegen<br />
heute nicht unter sein Dach zurück.<br />
Es wird gegenwärtig und wachsam bleiben<br />
zum Schütze aller italienischen Interessen<br />
und um den Lauf der Ereignisse jene Richtung<br />
zu sichern, die geeignet ist, Europa den<br />
Frieden mit Gerechtigkeit so schnell wie<br />
möglich zu geben.<br />
Europa ist im Kriege. Die Welt ist erschüttert<br />
von einer neuen Katastrophe. Gewehr<br />
bei Fuss und mit Herzen, die schon in<br />
den Flammen von vier Kriegen und in einer<br />
Revolution gehärtet worden sind, wartet das<br />
italienische Volk die Ereignisse ab und mit<br />
den Ereignissen die Befehle des Duce. ><br />
Diese Zeilen könnten geeignet sein, denjenigen<br />
Recht zu geben, die hinter der reichsdeutschen<br />
Politik in der Tat das gewaltige<br />
Vorhaben der Vernichtung des britischen<br />
Reiches vermuten und die davon überzeugt<br />
sind, dass an diesem grossangelegten Vernichtungszug<br />
früher oder später, d. h. im entscheidenden<br />
Moment, auch Italien und Russland<br />
teilnehmen würden. Gerade in diesem<br />
Punkt scheint uns aber der Plan reichlich<br />
kühn und unwahrscheinlich zu sein. Es unterliegt<br />
keinem Zweifel, dass die plötzliche Anlehnung<br />
des Deutschen Reiches an seinen<br />
fünfzehnjährigen Erbfeind nicht nur bei den<br />
Japanern, sondern auch bei Mussolini, der<br />
es mit Grundsätzlichkeiten nicht leicht nimmt,<br />
nicht nur Kopfschütteln, sondern tiefe Abneigung<br />
hervorgerufen hat. Der italienische Regierungschef<br />
weiss nur zu gut, dass sein<br />
Land bei einem solchen Unternehmen ausserordentlich<br />
exponiert wäre und dass gerade<br />
für ein derart weitgreifendes Unterfangen<br />
die Zeit wenig günstig ist. Mit der weitgehenden<br />
Zertrümmerung des britischen Mutterlandes<br />
aus der Luft ist das weitverzweigte<br />
Kolonialreich noch nicht gewonnen, zumal<br />
im entscheidenden Moment wahrscheinlich<br />
mit einem neuen Gegner gerechnet werden<br />
müsste, der, wie im Jahre 1918, alsdann die<br />
Entscheidung herbeiführen würde : die Vereinigten<br />
Staaten von Nordamerika.<br />
Was schon Bismarck über die Bedeutung<br />
eines Bündnisses mit Italien gesagt hat,<br />
dürfte auch heute noch weitgehend seine<br />
Richtigkeit haben, nämlich die Meinung, dasS'<br />
Italien seine Verpflichtungen nur in einem"<br />
Block, in welchem sich England befindet,<br />
getrost erfüllen könne. Die Entlastung der<br />
britischen Flotte im Fernen Osten, eine Tatsache,<br />
welche den deutsch-russischen Pakt<br />
den Italienern besonders unsympathisch<br />
macht, hat die strategische Lage Italiens in<br />
dieser Hinsicht in ungünstigem Sinne beeinflusst.<br />
Die vereinigte britische und französische<br />
Mittelmeerflotte mit ihren soliden<br />
Stützpunkten würde nicht nur der italienischen<br />
Marine, sondern auch den Handelsund<br />
Kriegshäfen ausserordentlich zusetzen,<br />
auch wenn die italienische Armee zu Wasser,<br />
zu Land und in der Luft zweifellos von nicht<br />
zu unterschätzender Schlagkraft ist. So wie<br />
die Verhältnisse heute liegen, werden die<br />
Meere von der britischen und französischen<br />
Flotte beherrscht. Wir sehen gerade darin<br />
einen gewissen Hinweis darauf, dass Italien,<br />
zurzeit wenigstens, nicht daran denkt, seinem<br />
Achsenpartner zu Hilfe zu eilen, zumal<br />
er dieselbe auch gar nicht verlangt. Es unterliegt<br />
keinem Zweifel, dass der Russenpakt in<br />
der Politik Mussolinis eine Wendung verursachte,<br />
welche nicht nur moralisch sehr gut<br />
zu verstehen ist, sondern vom militärischen<br />
Standpunkt aus unumgänglich war.<br />
Was macht Russland?<br />
Die nächstliegende grosse Frage ist die,<br />
ob Russland gegenüber Polen gemeinsame<br />
Sache mit Deutschland macht. Es könnte ja<br />
in der Tat für Stalin verlockend sein, jetzt<br />
zu einem Schlag gegen den polnischen Adler<br />
auszuholen, wobei es ihm wahrscheinlich<br />
weniger darauf ankäme, seinem deutschen<br />
Kollegen zu Hilfe zu kommen, als vielmehr<br />
einem alten Hass Luft zu machen und diejegen<br />
Gebiete zurückzuholen, welche der polnische<br />
Staat nach dem Weltkrieg von Russland<br />
übernommen hat. Gute Kenner der<br />
sowgetrussischen Politik vertreten jedoch die<br />
Auffassung, dass Russland an Europa absolut<br />
uninteressiert sei. Seine lebenswichtigen<br />
Interessen liegen im Fernen Osten, wo es<br />
sich nicht nur seit Monaten mit Japan in<br />
einem unerklärten Krieg befindet, sondern<br />
wo es auch wirklich wirtschaftliche und<br />
strategische Interessen hat.<br />
In dem bekannten Buch « So lebt Russland<br />
», das vor anderthalb Jahren erschien,<br />
schreibt dessen Verfasser Ernst Clam darüber<br />
folgendes :<br />
« Kommt Krieg ?<br />
^^jchvhabe diese Frage vorgelegt:<br />
Einem Offizier,<br />
einem « Inspektor » eines Werkes,<br />
einem Grubeningenieur,<br />
zwei Tippfräuleins,<br />
einem Chauffeur,<br />
einem Nachtportier,<br />
einem Cafehaus-Gast unbekannter Professjon,<br />
einem Arbeiter.<br />
Ich habe von allen die gleiche Antwort<br />
bekommen. Sie lautet eindeutig « Ja ! ><br />
Meine Zusatzfrage : « Mit wem ? ><br />
Diese Frag© verstand man nicht gleich<br />
und beantwortete sie nicht gleich. Und dann<br />
war man sehr erstaunt, dass ich auf einen<br />
europäischen Krieg anspielte.<br />
Die Vereidigung unseres Generals,<br />
einer der feierlichsten, aber auch schicksalschwersten Momente unseres nationalen Lebens. Die<br />
"Würde und Bedeutung des Aktes hat Leon Nicole allerdings apathisch gelassen — von den<br />
Händen in den Hosentaschen gar nicht zn reden.<br />
Alle antworteten mit einem erstaunten<br />
« Nein ». Europäischer Krieg würde ganz bestimmt<br />
keiner kommen. Mit wem auch ? Mit<br />
den Faschisten ? Der Sender schimpft sich<br />
zwar jeden Tag heiser... aber an Krieg in<br />
Europa denkt trotzdem niemand.<br />
Aber Krieg im Fernost!<br />
Dass dieser kommen würde, davon war<br />
Moskau im Hochsommer 1937 durchaus überzeugt.<br />
Auseinander gingen die Meinungen, inwieweit<br />
die USSR aktiv würde eingreifen<br />
müssen, wenn es zwischen China und Japan<br />
zu der unausbleiblichen Auseinandersetzung<br />
kommen sollte.<br />
Und das für mich Interessante und Bezeichnende.<br />
Selbst Studenten haben von den<br />
wirklichen Verhältnissen in Europa nur sehr<br />
schwache Vorstellungen. Sie erschöpfen sich<br />
in einigen wenigen Schlagworten. Kapitalismus,<br />
Ausbeutung der Masse, marschierende<br />
Revolution, die man da und dort einzudämmen<br />
versuche.<br />
Ueber die Verhältnisse in China wissen<br />
die Leute besser Bescheid. Und jeder Durchschnittsrusse<br />
wird allein schon eine Menge<br />
von innerasiatischen Völkern und Scheinstaaten<br />
aufzuzählen vermögen, deren Namen<br />
ein Durchschnittseuropäer niemals im Leben<br />
auch bloss gehört hat. Wir wissen von. Karakalpaken<br />
und Usbekien, von Tadschikien<br />
und Oiraten, von Jakutien und Burjät-Mongolien,<br />
von Tienschan und Hinduuksch so<br />
wenig wie der Russe von Lothringen, Thüringen,<br />
Istnien oder Graubünden, von Tirol<br />
oder der Provence.<br />
« Europa interessiert uns nicht», heisst es<br />
allgemein.<br />
Nicht einmal Spanien macht eine Ausnahme.<br />
< Ihr habt doch euer Militär dort », wendete<br />
ich schüchtern ein.<br />
Ehrliches Erstaunen. « Wir ? Wieso Flieger?<br />
Habe nie etwas davon gehört. Schiffe?<br />
Möglich, dass wir etwas liefern... aber in<br />
den <strong>Zeitung</strong>en steht jedenfalls kein Wort darüber.<br />
»<br />
Und was nicht in den <strong>Zeitung</strong>en steht, mag<br />
wohl wahr sein, ist aber bestimmt uninteressant.<br />
So etwa die allgemeine Ansicht.<br />
Man sagt eben nicht umsonst: < Der<br />
Graschdanin Inspektor ist nach Europa gefahren<br />
... ><br />
Denn Moskau ist nicht Europa. ><br />
Ein Eingreifen Russlands in den europäischen<br />
Krieg, so wenig wahrscheinlich es ist,<br />
dürfte gegenüber der Stellungnahme Italiens<br />
überhaupt von sekundärer Bedeutung sein;<br />
denn mit der Zertrümmerung Polens ist der<br />
jetzt entflammte Krieg natürlich noch lange<br />
nicht entschieden. Auch wenn der polnische<br />
Staat, sei es von der deutschen Armee allein,<br />
sei es von beiden Seiten her, eine Aufteilung<br />
erfährt und von der politischen Karte Europas<br />
verschwindet, so geht der Kampf im<br />
Westen und auf den Meeren nichtsdestoweniger<br />
weiter. Was macht in diesem Falle<br />
Russland ? Die nationalsozialistische Regierung<br />
wird niemals daran denken, den bolschewistischen<br />
Legionen freien Durchzug<br />
durch das Reich zu gewähren, um an der<br />
Westgrenze gegen die Franzosen und Engländer<br />
zu kämpfen. Man wird sich erinnern,<br />
dass sich schon Polen gesträubt hat, in einem<br />
eventuellen Kampf gegen Deutschland den<br />
russischen Truppen freien Durchzug durch<br />
Polen bis zu den polnischen Schützengräben<br />
zu gewähren, ganz einfach deshalb, weil die<br />
Truppen Stalins nicht nur Waffen und Pulver,<br />
sondern auch den Kommunismus gebracht<br />
und ihn wahrscheinlich in Polen abgelegt<br />
hätten. -I<br />
Wenn nicht alle Anzeichen trügen, so wird<br />
das Deutsche Reich schlussendlich den beiben<br />
westlichen Demokratien, Frankreich und<br />
England, gegenüberstehen, ganz gleich, welche<br />
Stellungnahme Russland in den nächsten<br />
Monaten einnehmen wird. Die russische<br />
Flotte hätte zum vornherein, weil sie einerseits<br />
bedeutungslos, anderseits in abgeriegelten<br />
Gewässern liegt, keine strategische Rolle<br />
zu spielen. Einzig als Hinterland kann Russland<br />
für das Deutsche Reich wichtig sein,<br />
sofern es Hitler auf die Dauer möglich ist,<br />
Stalin wirtschaftliche Vorteile zu bieten, was<br />
aus kriegswirtschaftlichen Gründen allerdings<br />
keine sehr leichte Sache sein dürfte.
Die schweizerische Neutralität<br />
In dem bekannten Leipziger Verlag Wilhelm<br />
Goldmann erschien vor kurzem ein<br />
Büchlein, das unter dem Titel «Der neutrale<br />
Westen» die politische Stellung der Länder<br />
Holland, Belgien, Luxemburg und der<br />
Schweiz darstellt. Das kleine Buch hat durch<br />
den neu entflammten Krieg gerade für uns<br />
Schweizer besondere Aktualität. Es ist zudem<br />
nicht uninteressant, einmal zu hören, wie man<br />
ennet dem Rhein über unsere Neutralität<br />
denkt und wie man sich dieselbe vorstellt.<br />
Wir lassen den Verfasser sprechen:<br />
«Die Schweiz muss wie in der Vergangenheit<br />
so auch fernerhin die treue Hüterin der<br />
Alpenländer bleiben...» So schrieb in einem<br />
Memorandum vom 29. April 1938 die sohweizerische<br />
Regierung an den Völkerbund, als<br />
es darum ging, ihre alte uneingeschränkte<br />
Neutralität zurückzugewinnen. Darin sieht die<br />
Schweiz heute wie von altersher ihre Bestimmung:<br />
Wache zu halten über die Alpenpässe.<br />
Sie sieht in der Hut der Quellen von<br />
Rhein, Rhone, Tessin und Inn, den Flüssen,<br />
die nach allen europäischen Himmelsrichtungen<br />
das frische Gletsoherwasser der<br />
schweizerischen Berge tragen, ein Symbol.<br />
Die Schweiz will eben eine europäische<br />
«Mitte», ein Ausgleich zwischen den an ihr<br />
Gebiet angrenzenden Grossmäohten sein.<br />
Freilich dient die Neutralität nicht nur als<br />
Brücke und Ausgleich nach aussen, sie ist<br />
auch die Klammer nach innen. Die Zusammenfassung<br />
der verschiedenen Stämme des<br />
schweizerischen Landes, «das Sammelsurium<br />
von Fragmenten dreier Nationen», wie der<br />
junge Jakob Burckhardt einmal missgelaunt<br />
schrieb, ist nur möglich durch eine gleichmässige<br />
Zurückhaltung und Freundschaft zu allen<br />
Nachbarn. Der innere Landesfriede zwischen<br />
den Deutschschweizern, Welschen und<br />
Tessinern erfordert die aussenpolitische Unparteilichkeit,<br />
denn mit der einseitigen Anlehnung<br />
an einen Nachbar würde immer nur<br />
ein Teil des Volkes zufrieden sein.<br />
Ursprünglich waren die Eidgenossen recht<br />
kriegerische und streitbare Männer. Der Unabhängigkeitskampf<br />
gegen Habsburg, die berühmten<br />
Siege der schweizerischen Bauern<br />
bei Morgarten (1315) und bei Sempach (1386)<br />
und erst recht die furchtbaren und vernichtenden<br />
Schläge, die das Heer der Burgunder<br />
1476 bei Grandson und Murten durch die<br />
Spiessknechte und Hellebardiere der Schweizer<br />
einstecken musste, begründeten den<br />
Kriegsruhm der Schweizer. Die Wehrkraft<br />
dieses Gebirgsvolkes wurde sogar zu einem<br />
Ausfuhrartikel. Auf allen europäischen Kriegsschauplätzen<br />
kämpften Eidgenossen in fremdem<br />
Sold. Von allen Seiten kamen die Gesandten<br />
der fremden Länder nach der<br />
Schweiz und wollten Bündnisse und Truppen.<br />
Mit klingendem Gold wurden die Männer auf<br />
fremde Schlachtfelder gelockt. Aus der<br />
Schweiz war, wie Jakob Schaffner einmal<br />
schrieb, «ein Seelen- und Söldnermarkt der<br />
europäischen Despotien» geworden. Nach<br />
schweizerischen Angaben soll das Land im<br />
Laufe der Jahrhunderte den europäischen<br />
Staaten 2 Millionen Krieger, 66 000 Offiziere<br />
und 700 Generale gestellt haben. Mit der<br />
Tragödie vor den Pariser Tuilerien, als 800<br />
Schweizer Gardisten in der Französischen<br />
Revolution niedergemacht wurden, brach<br />
schliesslich das alte eidgenössische Söldnerwesen<br />
zusammen.<br />
Das wirtschaftliche Polen<br />
EUTSCHLAND ^<br />
ALLEMAGNE f<br />
Aber schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts,<br />
etwa gleichzeitig mit der tatsächlichen<br />
Lösung der Schweiz vom Deutschen Reich,<br />
war gegen die Verdingung bei fremden<br />
Herren gesprochen worden. Man besann sich<br />
auf eine innere Reform gegen Söldnerei und<br />
dem damit zusammenhängenden Bestechungswesen<br />
durch auswärtige Agenten. So wurde<br />
bald der Beformator Zwingli zu einem entschiedenen<br />
Vorkämpfer der Fernhaltung von<br />
ausländischen Händeln. Aber erst durch den<br />
Dreissigjährigen Krieg, von dem die Schweiz,<br />
ausser Graubünden, ziemlich verschont blieb,<br />
LITAUEN<br />
LITHUANIE<br />
AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 12. SEPTEMBER <strong>1939</strong> — N" 73<br />
Das deutsch-französische Grenzgebiet<br />
begann sich die Ueberzeugung zu festigen,<br />
dass man sich nur durch eine dauernde Neutralität<br />
eine friedliche Ausnahmestellung sichern<br />
könne. 1647 entschloss man sich, durch<br />
die Aufstellung eines eidgenössischen Heeres<br />
von etwa 36000 Mann weiteren Verletzungen<br />
des Gebietes, wie sie bis dahin vorgekommen<br />
waren, einen Riegel vorzuschieben. Von da<br />
an kann man den Grundsatz der bewaffneten<br />
Neutralität datieren. Es war ein Jahr vor dem<br />
Westfälischen Frieden, bei dem der geschickte<br />
Basler Bürgermeister Wettstein nun auch die<br />
formelle Loslösung der Eidgenossenschaft<br />
vom Reich und die europäische Anerkennung<br />
ihrer staatlichen Souveränität erwirkte.<br />
Von nun an wurden die Durchmärsche<br />
fremder Truppen, von einigen Ausnahmen abgesehen,<br />
verhindert Auch das Ausland begann<br />
sich der Ueberzeugung anzuschliessen,<br />
dass die Neutralität «die Grundfeste der eidgenössischen<br />
Republik» bilde. Die Aussicht,<br />
bei einem Durohmarsch durch schweizerisches<br />
Gebiet durch Widerstand an der Grenze<br />
aufgehalten zu werden und damit einen wichtigen<br />
Zweck des Durchmarsches, nämlich die<br />
Ueberraschung des Gegners, nicht zu erreichen,<br />
verhinderte Gebietsverletz>ungen. Es<br />
begann sich die Einsicht durchzusetzen, dass<br />
die Unverletzlichkeit der Schweiz im Interesse<br />
der Kriegführenden selbst liege.<br />
Die Neutralität der Schweiz ist bewaffnet.<br />
So entspricht es dem wehrhaften Charakter<br />
des Gebirgsvolkes. Jeder Schweizer hat zu<br />
Hause sein Gewehr im Schrank. In den<br />
Schützenvereinen werden vorgeschriebene<br />
Schiessübungen durchgeführt, so dass also<br />
diese Vereine eine wichtige staatliche Funktion<br />
ausüben. Die schweizerische Miliz stellt<br />
so etwas wie ein Volk in Waffen dar. Die<br />
Aufrüstung der letzten Jahre hat die Zustimmung<br />
der ganzen Bevölkerung gefunden. Der<br />
Sinn der schweizerischen Armee, für die das<br />
nur vier Millionen Einwohner umfassende<br />
Land grosse Opfer bringt, liegt nicht in der<br />
Eroberung, sondern in der Verteidigung. Die<br />
Unverletzlichkeit des Heimatbodens soll geschützt<br />
sein nach dem Grundsatz: «Der erste,<br />
der unsere Grenze angreift, ist unser Feind.»<br />
Nicht uninteressant ist die Beurteilung der<br />
militärischen Bereitschaft unseres Landes,<br />
worüber sich der Verfasser u. a. wie folgt<br />
äussert:<br />
« Zwei Jahre nach der Heeresreform von<br />
10 Millionen Flugblätter<br />
haben englische Flieger in den letzten Tagen<br />
über westdeutschen Siedlungsgebieten abgeworfen.<br />
Der Krieg ohne Pulver hat ja schon<br />
in manchem Konflikt zur englischen Strategie<br />
gehört Die englischen Flugblätter enthalten<br />
folgenden Text:<br />
Warnung Grossbritanniens an das deutsche<br />
Volk.<br />
«Deutsche,<br />
Die Reichsregierung hat mit kalter Rücksichtslosigkeit<br />
Grossbritannien den Krieg aufgezwungen.<br />
Sie war sich dabei vollständig<br />
im klaren, dass die Folgen ihrer Handlungsweise<br />
die Welt in ein noch grösseres Unglück<br />
stürzen würde, als dies 1914 der Fall war.<br />
Im April dieses Jahres hat der Reichskanzler<br />
Euch und der Welt die Versicherung<br />
seiner friedlichen Absichten gegeben. Sie<br />
waren genau so verlogen wie die Worte, die<br />
er im Laufe des letzten September ausgesprochen<br />
hat: „Wir haben in Europa keine<br />
territorialen Forderungen mehr."<br />
Man hat Euch nicht bedroht.<br />
Noch nie hat eine Regierung ihre Untertanen<br />
unter gleich leichtfertigen Vorwänden<br />
in den Tod geschickt. Der gegenwärtige Krieg<br />
ist vollständig nutzlos. Der Boden und die<br />
Rechte Deutschlands sind von keiner Seite<br />
bedroht worden. Niemand hat die Wiederbesetzung<br />
des Rheinlandes, den Vollzug des Anschlusses<br />
und die unblutige Einverleibung des<br />
Sudetenlandes in das Reich verhindert. Weder<br />
unser noch irgend ein anderes Land hat versucht,<br />
den Wiederaufbau des Reiches zu beeinträchtigen,<br />
solange es nicht die Unabhängigkeit<br />
der nichtdeutschen Völker verletzte.<br />
Alle deutschen Forderungen hätten so lange<br />
befriedigt werden können, als sie gerecht<br />
waren. Präsident Roosevelt hat Euch einen<br />
ehrenvollen Frieden wie auch die Aassichten<br />
auf wirtschaftlichen Wohlstand offeriert.<br />
Eure Regierung dagegen hat Euch zu einem<br />
Blutbad, zur Not und zu den Entbehrungen<br />
eines Krieges verurteilt, den Ihr unmöglicherweise<br />
gewinnen könnt.<br />
Ihr seid betrogen worden.<br />
Nicht wir sind betrogen worden, sondern<br />
Ihr. Während langen Jahren hat Euch eine<br />
spinnetzartige enge Zensur jene Wahrheiten<br />
vorenthalten, die selbst den nichtzivilisierten<br />
Völkern bekannt sind. Diese Zensur hat den<br />
Geist des deutschen Volkes in ein Konzentrationslager<br />
eingeschlossen. Wie hätte sie<br />
es anders wagen dürfen, die Zusammenarbeit<br />
der friedfertigen Völker im Interesse der<br />
Friedenserhaltung als Einkreisung darzustellen?<br />
Wir hegen keinerlei feindseligen Gefühle<br />
gegen Euch, gegen das deutsche Volk. Die<br />
Zensur hat Euch verborgen, dass Ihr nicht<br />
die Mittel besitzt, die für einen langen Krieg<br />
notwendig sind.<br />
Wir verfügen über unermessliche Reserven.<br />
Trotz den drückenden Steuerlasten steht<br />
Ihr vor dem Zusammenbruch. Die moralische<br />
Widerstandskraft, das Kriegsmaterial und<br />
die Rohstoffe, über die wir und unsere Verbündeten<br />
verfügen, sind unermesslich. Wir<br />
sind zu stark, als dass wir durch Schläge zerbrochen<br />
werden könnten; wir sind in der<br />
Lage, Euch unerbittlich bis zu Eurer vollständigen<br />
Erschöpfung zu bekämpfen.<br />
Deutsches Volk, du hast das Recht, heute<br />
und immer wieder den Frieden zu verlangen.<br />
Auch wir wünschen den Frieden und sind bereit,<br />
ihn mit jeder deutschen Regierung zu<br />
schliessen, die ihn ehrlich wünscht.»<br />
1907 bekannte sich der britische Militärattache<br />
zu einem sehr günstigen Urteil über die<br />
Kraft der schweizerischen Armee: sie sei<br />
fähig, einem fremden Einmarsch einen solchen<br />
Widerstand entgegenzusetzen, dass bei<br />
der angreifenden Macht der Verlust an Zeit,<br />
Geld und Menschen den Vorteil, den sie durch<br />
die Neutralitätsverletzung erhoffen könne,<br />
aufwiegen würde. Weitere drei Jahre später<br />
wurde das Heer durch einen organisatorischen<br />
Umbau noch mehr verbessert, und als<br />
im September 1912 der deutsche Kaiser zu<br />
militärischen Informationszwecken den Manövern<br />
in der Ostschweiz beiwohnte, gelangten<br />
er und seine Generäle zu einer durchaus<br />
günstigen Auffassung. Die deutschen Besucher<br />
überzeugten sich davon, dass im Ernstfall<br />
die linke Flanke Deutschlands durch die<br />
eidgenössischen Soldaten geschützt würde.»
N° 73 — DIENSTAG, 12. SEPTEMBER. <strong>1939</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Sp»<<br />
«h«<br />
Grand Prix Zürich <strong>1939</strong> offiziell abgesagt.<br />
Die Zürcher Rundstreckenrennen für Automobile<br />
und Motorräder vom 8. Oktober sind Vom Organisationskomitee<br />
am 11. September infolge der<br />
kriegerischen Ereignisse abgesagt worden. Da mit<br />
der Inangriffnahme der Arbeiten für die umfangreichen<br />
Installationen nicht länger zugewartet werden<br />
konnte, war ein weiteres Hinausschieben des<br />
Beschlusses nicht mehr möglich.<br />
Der Zustand nugs<br />
bessert sich, wie wir hören, von Tag zu Tag. Seme<br />
ungewöhnlich zähe und widerstandsfähige Konstitntion<br />
hat das Unwahrscheinliche zur Tatsache gemacht<br />
Unsere besten Wünsche begleiten ihn auch<br />
weiterhin auf dem "Wege der Genesung.<br />
Anerkannte Weltrekorde.<br />
Die A.I.A.G.R. in Paris hat die von dem amerikanischen<br />
Rennfahrer Jenkins am 26. Juli auf<br />
dem Salzsee bei Bonneville im Staate Utah mit dem<br />
Marmon-Meteor-Rennwagen III aufgestellten Weltrekorde<br />
wie folgt anerkannt:<br />
500 Kilometer 1-45,12 Stunden = 285,03 km/St.<br />
500 Meilen 2:55,07 » = 275,70 ><br />
1000 Kilometer 3:36,20 > = 277,35 »<br />
3 Stunden 827,0 km = 275,93 »<br />
Ein Schweizerprodukt das<br />
sich „glänzend" bewährt<br />
Ein Anderthalbliter-Auto-Union ?<br />
In der englischen Fachpresse wollen die Nachrichten<br />
über einen von der Auto-Union konstruierten<br />
Anderthalbliter-Rennwagen nicht verstummen. So<br />
meldet der «Autocar > in seiner letzten Nummer,<br />
die Auto-Union sei daran, Probefahrten mit dem<br />
neuen Wagen zu unternehmen. Wenn auch Einzelheiten<br />
fehlen, so herrsche doch allgemein die Ansicht,<br />
dass es sich dabei um einen Wagen handle,<br />
der sich in seinen konstruktiven Grundzügen an<br />
das Grand-Prix-Modell der Auto-Union anlehne<br />
und ebenfalls mit Heckmotor ausgerüstet sei, obwohl<br />
andere Stimmen wieder von Versuchen mit einem<br />
Kompressor-Zweitakter wissen wollen.<br />
A. C. S.<br />
10 Jahre im Dienste des A.C.S. In diesen Tagen<br />
sind es zehn Jahre, seitdem Herr Andrea Pagnamenta<br />
die Leitung des Sekretariates der A.C.S.-<br />
Sektion Tessin übernommen hat. Wir gratulieren I<br />
Oskar Zwahlenf<br />
Am letzten Samstag erreichte uns die traurige<br />
Kunde vom Tode Oskar Zwahlens. Viel zu früh ist<br />
er dahingegangen, wurde er doch nur 47 Jahre alt.<br />
Mit ihm verliert der A.G.S. ein ungewöhnlich aktives,<br />
der Sache des Clubs und namentlich dem<br />
Sport treu ergebenes Mitglied. 1925 siedelte er von<br />
Ghaux-de-Fonds nach Lugano über, trat ein Jahr<br />
später in die Sektion Tessin des A.G.S. ein und<br />
gehörte wenige Monate darauf bereits deren Vorstand<br />
an. Nicht lange dauerte es, so wurde ihm<br />
das Präsidium der Sportkommission der Sektion<br />
übertragen, und das Jahr 1929 brachte seine Wahl<br />
in die Nationale Sportkommission. Unermüdlich<br />
war er seither bei Sportanlässen jeglicher Art in<br />
allen Gegenden der Schweiz für den Club tätig.<br />
Seit langem litt Oskar Zwahlen an einer heimtückischen<br />
Krankheit, die ihn zu mehr als einer Operation<br />
zwang. Der Sektion Tessin des A.G.S. wie dem<br />
Gesamtclub entbieten wir bei dem schweren Verlust,<br />
der sie betroffen, die Versicherung unserer aufrichtigen<br />
Teilnahme.<br />
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Touristik-Bulletin des A.C.S.<br />
Grenzverkehr.<br />
Offene Zollämter. Folgende Zollämter sind für<br />
die Ein- und Ausreise geöffnet: Grenze Schweiz-<br />
Deutschland: Leopoldshöhe - Kleinhüningen - Basel,<br />
Grenzach-Basel, Lörrach-Riehen-BaseL, Rheinfelden<br />
(Stadtbrücke), Koblenz, Bietingen-ThaTngen, Konstanz-Kreuzlingen<br />
Zollhauptstrasse, St. Margrethen,<br />
Martinsbruck.<br />
Grenze Schweiz-Liechtenstein: Buchs.<br />
Grenze Schweiz-Italien: Taufers 1 (Tubre)-Mflnster,<br />
Tirano-Poschiavo, Chiavenna-Castasegna (Maloja-<br />
Route), Porlezza-Gandria-Lugano, Gomo-JChiasso,<br />
Ponte Tresa, Simplonstrasse, Grosser St. Bernhard.<br />
Grenze Schweiz-Frankreich: Annemasse-Genf,<br />
St. Julien-Carouge-Genf, Gex-Ferney-Grand Saconnex,<br />
Jougne-Vallorbe, Pontarlier-Les Verrieres,<br />
Delle-Boncourt, St Louis-Basel.<br />
Dabei ist damit zu rechnen, dass die Nachbarstaaten<br />
periodisch Grenzschliessungen vornehmen,<br />
wie dies z. B. gegenwärtig bei Frankreich der<br />
Fall ist.<br />
Reisepässe. Die Schweiz hat am 5. September<br />
den Visumzwang eingeführt, ebenso Frankreich.<br />
Da anzunehmen ist, dass auch weitere Staaten zum<br />
Visumzwang zurückkehren, ist bei allen Auslandsfahrten<br />
vorherige Erkundigung hierüber nötig.<br />
Strassenwesen.<br />
Gotthardstrasse: Die Gotthardstrasse ist auf der<br />
Strecke Hospenthal-Airolo bis auf weiteres von<br />
02.00 bis 06.00 Uhr nachts wegen Bauarbeiten für<br />
allen Verkehr gesperrt.<br />
Alpenstrassen: Sämtliche schweizerischen Alpenstrassen<br />
sind: noch schneefrei.<br />
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Jetzt bist du fort —<br />
Jetzt bist du fort. Sehr schnell ging es, fast<br />
zu schnell. Wie all die Ereignisse dieser Zeit. Ich<br />
soll nicht denken — wir alle nicht, denn mit dir<br />
gehen noch viele tausend andere. Die Sonne<br />
scheint. Oder ist es der Goldglanz, der auf den<br />
Stunden ruhte, die man in der Gemeinschaft immer<br />
als selbstverständlich nahm?<br />
Oder sind Sonne und Mond anders? — Du liebst<br />
das Abschiednehmen nicht. — Du gingst allein,<br />
mit einem letzten Blick.<br />
Noch fünf Minuten — dann geht dein Zug.<br />
Er führt dich und die anderen fort — wohin<br />
wohin?<br />
Jetzt steigt ihr ein. Jetzt denkt ihr einen Augenblick<br />
an uns, die wir zurückbleiben. Und einen<br />
weiteren Augenblick — herzlich nur an unser Land<br />
und unsere Grenzen, die ihr verteidigen geht. —<br />
Da geht ihr hinaus, ihr Männer, bewusst, schaffenskräftig.<br />
Und was oft nur Gesprächsstoff war,<br />
Gedankenaustausch, ja beinahe schon Alltagepisode<br />
geworden war, ist jetzt ernstestes Erleben.<br />
Ist es nicht, als ob in diesem Trennen, in diesen<br />
Zeiten, eine besondere Liebe, ein besonderer Ernst<br />
liegen, etwas Heiliges, das die Seele läutert?!<br />
Wohl ist noch keine Gefahr. Noch ist unser<br />
Land tabu —unantastbar. Aber das Geschick —<br />
wer kann es voraussehen?<br />
Was die Zukunft bringt und birgt? Einst glaubte<br />
Sein Reiter, der es am Halfter führt, streichelt Ihm<br />
die Kupp«. — Und witer geht's — und die Dänv<br />
merung sinkt und der Zug, der dich ent-*<br />
führte, ist schon weit.<br />
Ein einzelner Stern steht am Firmament. Ob du<br />
— ihr — ihn auch seht?<br />
Ein Trupp Pfadfinder kommt vorüber — teilweite<br />
auf Rädern.<br />
Einen Augenblick halten sie und formieren steh<br />
neu. Sie scheinen auch schon ermüdet zu sein.<br />
Ein paar Worte des Leiters tönen herüber<br />
dann einzelne Stimmen — « Rufst du, mein Vaterland...!<br />
Sie fallen alle ein, die jungen Stimmen.<br />
Verschwunden ist alle Müdigkeit. Man hört nur<br />
Jugend, Begeisterung und junges Wollen,<br />
Jetzt sind sie schon weit.<br />
Ich habe den Wolken nachgesehen — oder<br />
sah ich überhaupt nichts?! Und wie wird es sein,<br />
wenn ihr heimkommt nach Wochen — —<br />
Wie lässt es sich erklären, dass die riesigen<br />
Sandmassen der Wüsten nicht ebenfalls dem Gesetz<br />
von Ebbe und Flut, also der Anziehungskraft des<br />
Wir wollen nicht denken, dass es länger dauern Mondes unterliegen, wie die Wassermassen der<br />
könnte . Oh, dann ist die tiefe, grosse Freude Ozeane?<br />
da. Und Ruhe und Frieden —<br />
Die richtige Lösung zählt 3 Punkte<br />
Und ich sehe dich durch die Zimmer gehen,<br />
und alles scheint neu. Du gehst ich sehe Einsendetermin: 20. September <strong>1939</strong><br />
dich dieses und jenes berühren es ist neu<br />
und doch dir alt-vertraut.<br />
Und du lächelst und suchst den Debergang<br />
wiederzufinden — und dich selbst.<br />
Tiefe Dunkelheit ist geworden. Ich mag fast<br />
kein Licht entzünden.<br />
Ja, komm' — kommt — bald wieder und<br />
bringt das Köstlichste mit, das es gibt, für uns:<br />
Euch selbst, gesund — und unserem Lande —<br />
euch und uns — den Frieden!<br />
Kriegsflotten auf den Schweizerseen.<br />
In diesen Tagen ist es gerade 140 Jahre her,<br />
liebender Frauenglaube, dass alles in eure Hände dass auf dem. Bodensee das erste von einer Reihe<br />
gelegt sei.<br />
förmlicher Seegefechte geliefert wurde, die mehrere<br />
Jahre lang den friedlichen See beunruhigten<br />
Heute steht ihr Männer mit ernsten Gesichtern,<br />
und die Schiffahrt nahezu lahmlegten. Der englische<br />
mit aller Hingabe für unser Land, selber vor einer Oberst Williams hatte zuerst zu Beginn des Jahres<br />
grossen, grosssen Frage.<br />
1799 in Bregenz eine Flottille von Kanonenbooten<br />
In unserem Heim wird jedes Eckchen auf dich erbaut, die nun unter dem Oberbefehl des Erzherzogs<br />
Karl gegen die Franzosen operierten. Sie<br />
warten — und unsere Kinder, die unsere Zukunft<br />
wurde von emigrierten französischen Seeoffizieren<br />
sind, sind uns Frauen mit besonderer Sorgfalt in kommandiert und kostete monatlich 80 000 Gulden.<br />
die Hand gegeben, dass wir sie für euch formen, Daraufhin bauten auch die Franzosen eine Bodenseeflotte,<br />
und es war einige Jahre lang höchst unge-<br />
mit dem Glauben an alles Gute und Schöne und<br />
dem Glauben an eine schöne Zukunft. mütlich auf dem Bodensee.<br />
Die Blumen blühen in der Schale. Draussen<br />
marschieren Trupppen. — Ein Zug rollt vorbei gelangten. Schon im Jahr 1454 war für den Herzog<br />
Es war dies nicht das erste Mal, dass auf dem<br />
«Schwäbischen Meer» grosse Schiffe zum Einsatz<br />
ein Zuruf ein Lachen ein ernster Sigmund von Oesterreich ein grosses Seeschiff für<br />
Blick, ein letztes Winken.<br />
den Bodensee gebaut worden, ebenso im Jahr 1523<br />
eine Galeere von Marx von Kirchen; aber beide<br />
Und wir bleiben einsam zurück — wir Frauen konnten nie recht zur Verwendung gebracht werden.<br />
der Grenzbesetzung. Aber wir sind nicht ganz Glücklicher waren die Schweden, die im 30jährigen<br />
einsam — denn wir fühlen, dass eure Gedanken Krieg mehrere grosse Seeschiffe erfolgreich auf<br />
bei uns sind, — — sind und bleiben wir doch dem Bodensee einsetzten. *<br />
eure Heimat. Und was ist enger verbunden als Die Schweiz hat auf dem Bodensee niemals<br />
kriegerischen Ruhm gesucht; dagegen verfügte sie<br />
der Schutz der Heimat und wir?!<br />
schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf dem<br />
Autos rollen vorbei eine Train-Kolonne Genfersee über eine Kriegsflotte von ansehnlichem<br />
Umfang, die unter dem Kommando eines<br />
zieht des Weges, lange Reihen von Pferden mit<br />
Admirals stand und eigeneWerftanlagen sowie eine<br />
sich führend. Eines lahmt ein wenig. Der ZugAusbildungsschule für Seeoffiziere besass. Zum<br />
hält — um dem Tier eine Erholung zu gönnen. letzten Mal wird diese Flotte im Jahr 1753 erwähnt.<br />
Silbeneinsetzrätsel<br />
cha, char, ei, gi, ha, hat, i, ra, ri, se, to, um, wei.<br />
Vorstehende Silben sind so als Mittelsilben in<br />
die folgenden Wörter einzusetzen, dass neue Wörter<br />
entstehen, wobei die Anfangsbuchstaben der eingesetzten<br />
Teile eine Justizinstitution nennen:<br />
Ire, roden, Sara, aussen, Hausbau, Gage, Anna,<br />
Verne, Leda, Rune, Degen, Mama, Kanne.<br />
Die richtige Lösung zählt 4 Punkte<br />
Ebbe und Flut in der Wüste<br />
Auflösung des Silbenrätsels.<br />
Die richtig gefundenen Wörter lauten:<br />
1. Tausendgüldenkraut. 9. Viktoriasee.<br />
2. Edelsteine. 10. Adolf.<br />
3. Uhu. 11. Thermometer.<br />
4. Eschweüer. 12. Endogamie.<br />
5. Rothaargebirge. 13. Rigi.<br />
6. Dunkelkammer. 14. Lunch.<br />
7. Arnhemland. 15. Arabeske.<br />
8. Saloniki. 16. Numeri.<br />
17. Durchlaucht.<br />
Die Anfangs- und Endbuchstaben von oben nach<br />
unten gelesen ergeben:<br />
Teuer das Vaterland, teurer die Freiheit!<br />
Auflösung unserer Denkaufgabe vom Gehege<br />
mit den 3 Hunden<br />
Nr. 67<br />
Richtige Lösungen beider Rätselaufgaben.<br />
8 Punkte.<br />
C. Burgener, Rorschach; Frau E. Steinbömer,<br />
Schaan; F. Wenger, Bern.<br />
Richtige Lösungen des Silbenbaukastens.<br />
2 Punkte.<br />
A. Bachofen, Glarus; E. Benz jun., Goldach;<br />
M. Bertschmann, Basel; H. Boiler, Winterthur;<br />
Frl. M. Bossert, Lenzburg; Frl. M. Epple, St. Gallen;<br />
Frau C. Fravi, Rapperswil; E. Ganz, Luzem; Frau<br />
Dr. Gräflin, Walzenhausen; K. Keusen, Biel; W.<br />
Koller, Emmenbrücke; G. Laepple, Basel; J. Leimer,<br />
Bettlach; Frl. E. Luchsinger, Nidfum; Frau E. Markoff,<br />
Buchs; Frau Marti, Ölten; O. Mayer, Steckborn;<br />
K. Schneider, Basel; Frl. E. Winteler, Glarus; R.<br />
Zerr, Basel.<br />
Rätsd«E«:l<br />
«So», meint Hansli, «damit<br />
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