TheaterCourier April 2018
TheaterCourier April 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Lange Nacht der Dresdner Theater - Christian Thielemann - Aktionswochen Zusammen gegen Rassismus - Ausstellung Kernfusion - Radeberger Biertheater - Jekyll & Hyde - Unsere Frauen - DISKO IM FOYER - Interview Robert Jentzsch - Theaterkalender - Premieren - Ausstellung Tod & Ritual - Leipziger Typotage - Geigenbaumeister Joachim Zimmermann - Film Stars Don't Die in Liverpool Filmkritik - Der seidene Faden - Steig.nicht.aus! - Kolumne Holger Böhme uvm.
TheaterCourier April 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Lange Nacht der Dresdner Theater - Christian Thielemann - Aktionswochen Zusammen gegen Rassismus - Ausstellung Kernfusion - Radeberger Biertheater - Jekyll & Hyde - Unsere Frauen - DISKO IM FOYER - Interview Robert Jentzsch - Theaterkalender - Premieren - Ausstellung Tod & Ritual - Leipziger Typotage - Geigenbaumeister Joachim Zimmermann - Film Stars Don't Die in Liverpool Filmkritik - Der seidene Faden - Steig.nicht.aus! - Kolumne Holger Böhme uvm.
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www.theatercourier.de<br />
<strong>April</strong> <strong>2018</strong> | Seite 15<br />
KINO<br />
Thriller ohne Leiche – alles hängt am „SEIDENEN FADEN“<br />
Weil Daniel Day-Lewis<br />
seine Rollen „lebt“ und<br />
schwer herausfindet, soll<br />
das sein letzter Film sein<br />
Dass die Modebranche sehr speziell ist,<br />
wissen wir – aber im Film „Der seidene<br />
Faden“ von Regisseur Paul Thomas Anderson<br />
tun sich für den normal sterblichen<br />
Zuschauer Abgründe auf.<br />
Die Story: Im London der 50er Jahre ist<br />
Reynolds Woodcock (Daniel Day-Lewis)<br />
der Haute-Couture-Modemacher, dem<br />
alles, was Rang und Namen (und Geld)<br />
hat, zu Füßen liegt. Er hat keine der üblichen<br />
Designer-Macken, sondern er ist<br />
die personifizierte Macke selbst und lebt<br />
mit seiner Schwester Cyril (Lesley Manville)<br />
mit seiner Marke (heute würde man<br />
Label sagen) „The House of Woodcock“ im<br />
Modehimmel von Adel, Prominenz und<br />
High-Society. Der geniale Eigenbrödler<br />
und die ihm zwar sehr ergebene, aber das<br />
Imperium mit harter Hand führende und<br />
im Hintergrund arbeitende Schwester<br />
sind ein eingespieltes Team. Routiniert<br />
serviert sie seine wechselnden Geliebten<br />
ab – bis er eines Abends Alma (Vicky<br />
Krieps), eine Kellnerin, mitbringt. Als erstes<br />
muss die schüchterne Schönheit seinen<br />
Befehlen gehorchen und dient ihm im<br />
Atelier als inspirierende Kleiderpuppe.<br />
Doch nicht lange. Sie wird seine Geliebte<br />
und nach kurzer Zeit ist sie für ihn als<br />
Muse unverzichtbar. Sie merkt, wie sehr<br />
er sie braucht und stellt ihm ungewohnte<br />
Forderungen nach Zuwendung, Aufmerksamkeit<br />
und verlangt ein Verhalten<br />
auf Augenhöhe. Sein ganzes bisheriges<br />
Leben droht aus dem Ruder zu laufen...<br />
und dann beginnt der Thriller, allerdings<br />
ohne Leiche.<br />
Der amerikanische Regisseur Anderson<br />
ist dafür bekannt, von seinen Schauspielern<br />
bei der Arbeit das Äußerste zu verlangen.<br />
Und genau das gibt der britischirische<br />
Charakterdarsteller Sir Daniel<br />
Michael Blake Day-Lewis (60) in seinen<br />
Rollen. Als einziger Schauspieler hat er<br />
bisher den Oscar als bester Hauptdarsteller<br />
dreimal bekommen. Day-Lewis wird<br />
von vielen als der beste lebende Schauspieler<br />
angesehen – aber auch als der<br />
mit Abstand schwierigste. Was reizte den<br />
hochdotierten Darsteller, der in seinen<br />
Rollen bevorzugt in menschliche Abgründe<br />
blicken lässt, an der Rolle des extrovertierten<br />
Modemachers? Er ist genau so<br />
ein manischer Perfektionist in seiner Arbeit<br />
wie der Londoner Schneider! Am Set<br />
musste die noch relativ unbekannte Vicky<br />
Krieps (34) als Alma damit klarkommen,<br />
Der Modedesigner und seine Muse<br />
© NBC Universal<br />
dass sich Day-Lewis selbst in den Drehpausen<br />
ausschließlich als Modedesigner<br />
Reynolds Woodcock ansprechen ließ und<br />
ständig in seiner Rolle blieb. Die geborene<br />
Luxemburgerin, die mit ihrer Familie<br />
in Berlin lebt, meisterte diese schwierige<br />
Aufgabe jedoch hervorragend und war<br />
ihm im Film eine ebenbürtige Partnerin –<br />
mit verblüffenden Methoden.<br />
Auch der nicht so modeaffine Zuschauer<br />
hat Freude dabei zuzusehen, wie sich in<br />
der Nachkriegszeit die Frauen der Londoner<br />
Oberschicht in ihren opulenten Roben<br />
wieder ins Leben stürzen: Geschichte<br />
wird in Bildern erzählt. Weil er seine<br />
Rollen lebt, und ihn dies immer auch ein<br />
Stück seines eigenen Lebens kostet, hat<br />
Day-Lewis nach den Dreharbeiten verkündet,<br />
dass „Der seidene Faden“ sein<br />
letzter Film gewesen sei und er sich von<br />
der Schauspielerei zurückziehen will.<br />
Sollte er das wahrmachen, hat er mit<br />
diesem 128-Minuten-Film die Bühne mit<br />
einem absoluten Paradestück verlassen.<br />
Typisch!<br />
Regine Eberlein<br />
Filmstart am 12. <strong>April</strong>: „Steig.nicht.aus!“<br />
Deutsche Filmprominenz<br />
in einem Christian-<br />
Alvart-Thriller<br />
Wotan Wilke Möhring spielt in Christian<br />
Alvarts Thriller einen Bauunternehmer,<br />
der Leid über Mieter gebracht hat. Ein Unbekannter<br />
nimmt Rache, indem er Geld<br />
fordert und Bomben in seinem Auto platziert.<br />
Wie kann der Bedrängte das Leben<br />
seiner Kinder retten, die mit ihm im Wagen<br />
sitzen? Die Chancen stehen schlecht<br />
für Karl Brendt (Wotan Wilke Möhring)<br />
an diesem 1. <strong>April</strong>. Der Projektentwickler<br />
eines Bauunternehmens wollte pünktlich<br />
zum Hochzeitstag zurück zu Hause in<br />
Berlin sein und seine Frau Simone (Christiane<br />
Paul) mit einem Geschenk überraschen.<br />
Aber das Flugzeug gerät in ein Gewitter<br />
und er bekommt Angst.<br />
Dann geht sein Gepäck verloren, und zu<br />
Hause herrscht die übliche morgendliche<br />
Hektik. Karl will die Kinder mit dem Auto<br />
zur Schule bringen, was Simone mit einer<br />
sarkastischen Bemerkung quittiert. Und<br />
noch etwas bietet Anlass zur Irritation:<br />
Bevor Karl mit der jugendlichen Tochter<br />
Josefine (Emily Kusche) und dem kleineren<br />
Sohn Marius (Carlo Thoma) ins Auto<br />
steigt, stutzt er kurz, weil die Tür nicht<br />
verriegelt ist. Dann beginnt der Horror.<br />
Ein unbekannter Anrufer verlangt Geld<br />
von ihm. Seine Frau verdächtigt ihn, die<br />
Kinder entführt zu haben und die Polizei<br />
schaltet die Sprengstoffexpertin Pia<br />
Zach (Hannah Herzsprung) ein. Christian<br />
Alvart hat sich als Regisseur von Tatort-<br />
Folgen und von Kinofilmen („Antikörper“,<br />
„Banklady“) bereits einen guten Ruf im<br />
Krimi- und Thrillergenre erworben. Auch<br />
bei diesem Remake des spanischen Films<br />
„Anrufer unbekannt“ aus dem Jahr 2015<br />
beherrscht er die Kunst, Spannung durch<br />
das Streuen kleiner Hinweise zu schüren.<br />
Wie der Originalfilm, der die Bankenkrise<br />
thematisiert, hat auch das Remake eine<br />
sozialkritische Komponente. Nach und<br />
nach wird Karl damit konfrontiert, was<br />
er alles verbrochen hat, wie wenig er über<br />
die Menschen in seiner Umgebung weiß.<br />
Wotan Wilke Möhring in Aktion<br />
© Iris Janke / NFP<br />
marketing & distribution<br />
„STEIG.NICHT.AUS!“<br />
Bundesstart: 12. <strong>April</strong> <strong>2018</strong><br />
Länge 109 Minuten, FSK12