GIG April_2018
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FILM<br />
29<br />
FILM DES MONATS<br />
TEENAGE WASTELAND<br />
SACRAMENTO<br />
Lady Bird<br />
© Universal Pictures<br />
Shopping mit Mom (Laurie Metcalf, re.) -<br />
kein Vergnügen für Lady Bird (Saoirse Ronan)<br />
Der Mensch ist unperfekt. Tollpatschig stolpern<br />
wir durchs Leben. Die amerikanische Filmemacherin<br />
Greta Gerwig hat ein Faible für<br />
all die Außenseiter, die nicht nach Perfektion<br />
streben und damit irgendwie glücklich sind.<br />
Schon ihr Drehbuch zu „Frances Ha“ blickte<br />
warmherzig auf die Freaks und Geeks. „Lady<br />
Bird“, Gerwigs erste (Solo-)Regiearbeit, reflektiert<br />
nun ihren persönlichen Weg. Ihre<br />
Heldin Christine (Saoirse Ronan) weiß nicht<br />
so recht, wo sie hingehört. Nur nicht ins provinzielle<br />
Sacramento, die Wunsch-Uni liegt<br />
weit weg. Ihre Mutter (Laurie Metcalf) ist nicht<br />
gerade eine große Hilfe, hat sie doch immer<br />
etwas auszusetzen an der Teenagerin. Christine<br />
will sich nicht anpassen, gibt sich selbst den<br />
Namen Lady Bird und bricht mit ihrer besten<br />
Freundin Julie. Aber ist das der Weg<br />
zu sich selbst? Als Künstlerin hat es Greta<br />
Gerwig geschafft: Ihr Regiedebüt wird<br />
von den Kritikern geliebt und war gleich<br />
fünffach für den Oscar nominiert. Dabei<br />
ist „Lady Bird“ keine Komödie, bei der<br />
man ständig lacht, kein ausladendes<br />
Meisterwerk der Filmgeschichte, welches<br />
das Wort Kunst in dicken Lettern vor sich<br />
herträgt, sondern ein leiser, kluger und<br />
charmanter Film über das Leben in all seinen<br />
Facetten. Lars Tunçay<br />
USA 2017; Regie: Greta Gerwig;<br />
mit Saoirse Ronan, Laurie Metcalf, Tracy Letts u.a.;<br />
Bundesstart: 19.04.; www.ladybird.movie<br />
pen gezogen, weil der papierne Nachfolger Georgi<br />
Malenkow (Jeffrey Tambor) kein Stehvermögen<br />
hat. Und dann sind da auch noch Stalins<br />
verzogene Kinder und das Militär.<br />
Armando Iannucci, der kreative Kopf hinter der<br />
preisgekrönten TV-Comedy „Veep“, widmet sich<br />
auch in seiner zweiten Spielfilmregie der Politik.<br />
Und was könnte thematisch besser in eine<br />
pechschwarze Satire passen, als ein mit allen<br />
Mitteln ausgetragenes Geschacher um das<br />
höchste Amt eines Landes, in dem eigentlich<br />
alle gleich sein sollen? In Russland wehte dem<br />
Film, bei dem einem mitunter das Lachen im<br />
Halse stecken bleibt, ein eisiger Wind entgegen:<br />
Jahrzehnte nach der Entstalinisierung wurde der<br />
Start von der Putin-Regierung im Januar verboten.<br />
Ob man wohl Angst davor hatte, dass<br />
die Zuschauer der höchst unterhaltsamen Politfarce<br />
auf falsche (oder richtige) Gedanken<br />
kommen? Peter Hoch<br />
USA / F / GB 2017; Regie: Armando Iannucci;<br />
mit Steve Buscemi, Simon Russell Beale, Jeffrey<br />
Tambor u.a.; Bundesstart: 29.03;<br />
www.deathofstalin-film.de<br />
Das war’s mit Stalin (Adrian McLoughlin)<br />
© 2017 Concorde Filmverleih GmbH<br />
FEINE SAHNE FISCHFILET<br />
Wildes Herz<br />
„Alles auf Rausch“ setzen Feine Sahne Fischfilet<br />
auf ihren Konzerten. Doch die Band um<br />
Punk-Schwergewicht Monchi kann nicht nur gut<br />
feiern, sie haben auch was zu sagen. Nicht<br />
zuletzt dank ihres Engagements gegen die zunehmend<br />
erstarkende Rechte gerieten die Jungs<br />
aus Mecklenburg-Vorpommern in den Fokus der<br />
Medien. Klar sind sie mit<br />
dieser Haltung nicht<br />
Everybody’s Darlings,<br />
sondern ziehen Hass von<br />
rechts und auch die Aufmerksamkeit<br />
des Verfassungsschutzes<br />
auf<br />
sich. Von all dem erfahren<br />
wir im Regiedebüt von<br />
Charly Hübner, ebenfalls<br />
geboren in „Meckpomm“.<br />
Der Schauspieler („Das<br />
Leben der Anderen“) erzählt<br />
hier die Geschichte<br />
von Jan Gorkow alias<br />
Monchi. Ein Junge mit<br />
Ecken und Kanten, der<br />
sicher nicht jedermanns<br />
bester Freund ist oder<br />
sein will und genau<br />
daraus sein Alleinstellungsmerkmal<br />
gemacht<br />
hat. „Verbietet sie,<br />
hör’n wir euch schrei’n,<br />
euch falln nur Dickenwitze<br />
ein...“ rotzt er<br />
heute seinen Hatern von<br />
der Bühne runter ins Gesicht.<br />
Im Rampenlicht steht<br />
ganz klar das „wilde<br />
Herz“ von Monchi, den<br />
wir hier ziemlich privat<br />
kennen lernen. Und dieser<br />
Jan Gorkow, da wird<br />
zum Glück nichts beschönigt,<br />
hat auch so<br />
seine dunklen Momente<br />
gehabt. Vom Dorfhooligan<br />
zum streitbaren Antifaschisten<br />
- keine uninteressante<br />
Heldengeschichte,<br />
die Charly<br />
Hübner hier zum besten<br />
gibt. Karin Jirsak<br />
D 2017; Regie:<br />
Charly Hübner, Sebastian<br />
Schultz; mit Jan Gorkow<br />
u.a.; Bundesstart: 12.04.;<br />
www.neuevisionen.de<br />
17,0mm<br />
Wildes Herz<br />
auf grüner<br />
Wiese:<br />
Monchi<br />
© Neue<br />
Visionen<br />
15,87mm