GIG April_2018
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8<br />
THEMA<br />
Candice<br />
Breitz:<br />
„Profile“<br />
Unter dem Titel „Report - Notizen aus der<br />
Wirklichkeit“ beschäftigt sich das<br />
internationale Festival in diesem Jahr<br />
u.a. mit dem Verhältnis von Medienkunst<br />
und Journalismus. Installationen, Filme,<br />
Videos, Performances, Vorträge und<br />
Diskussionen eröffnen vom 18. bis zum<br />
22.04. neue Perspektiven.<br />
14,4mm<br />
Report - Notizen aus der Wirklichkeit<br />
European Media Art Festival OS<br />
Sie versuchen, sich einen Reim auf die Geschehnisse<br />
der Welt zu machen. Sie fangen Eindrücke<br />
ein, ordnen sie (im Idealfall) und teilen<br />
ihre Arbeiten mit dem Publikum. Doch Journalisten<br />
und Künstler unterscheidet dabei nicht nur ihr<br />
Handwerkszeug, sondern auch der Blickwinkel. Auf<br />
vielfältige Weise führen Medienkünstler auf dem<br />
European Media Art Festival (EMAF) eine eigenständige<br />
Betrachtung politisch, gesellschaftlich<br />
und journalistisch vorgeprägter Anschauungen und<br />
Erzählungen vor. Mit teils entlarvenden, teils ergänzenden<br />
und aktiv eingreifenden Beiträgen mischen<br />
sie die Diskussion um Fakten, News und<br />
Narrative auf. Titel: „Report - Notizen aus der<br />
Wirklichkeit“.<br />
Welten hinter der Welt<br />
Darüber, dass diese so lapidare wie vollmundige<br />
Überschrift sogleich Redebedarf auslöst, ist<br />
sich Alfred Rotert, einer der Festivalleiter, bewusst:<br />
„Was ist die Wirklichkeit? Und wie konstituiert<br />
sie sich im digitalen Zeitalter?“ sind grundlegende<br />
und hoch aktuelle Fragen. Von Algorithmen<br />
gelenkte Auslegungen, Darstellungen, Konstruktionen<br />
von Bildern,<br />
von Text - sie kommen,<br />
sie sind längst da: „Wir<br />
erleben so etwas wie<br />
einen Quantensprung in<br />
diesem gesamten Bereich,<br />
indem die Wirklichkeit<br />
jetzt schon und<br />
demnächst noch mehr<br />
durch maschinenbasierte<br />
Prozesse gesteuert<br />
wird.“ Doch wer füttert<br />
die Maschinen, und welche<br />
Wirklichkeit kommt<br />
dabei heraus? In der Medienkunstszene<br />
schlägt<br />
diese Problematik schon<br />
länger große Wellen, hat<br />
Rotert beobachtet.<br />
Als prominenter Kritiker<br />
von Medienmanipulation<br />
tritt auf dem<br />
EMAF beispielsweise<br />
der belgische Multimedia-Künstler<br />
und Filmemacher<br />
Johan Grimonprez<br />
(auch persönlich) in Erscheinung.<br />
Sein Film „Shadow World“,<br />
basierend auf dem gleichnamigen<br />
investigativen Sachbuch von Andrew<br />
Feinstein über den internationalen<br />
Waffenhandel, verbindet<br />
eine immense Zahl von Punkten (in<br />
Form von Interviews, Informationen)<br />
zu einem erzählerischen Gesamtbild,<br />
das gleichwohl den eigenen<br />
Ekel kaum verbirgt. Ben Russells<br />
„Good Luck“ wiederum, mit<br />
Porträts von Kumpeln in Serbien<br />
und Surinam, überwindet die Konventionen des Dokumentarfilms<br />
durch geradezu hypnotische Bildwelten.<br />
Umgekehrt blickt Alexandra Gerbaulet dokumentarisch<br />
penibel auf die Quellen des NSU-Komplexes.<br />
Mehr Platz für Nachwuchs<br />
Künstler zeigen auch in der Ausstellung, wie man im<br />
Ringen um durchsetzungsfähige so genannte Narrative,<br />
um eine nachwirkende Geschichtsschreibung<br />
aus der Position des Siegers, ein deutliches „Moment<br />
mal, bitte!“<br />
anbringt. Dort wird<br />
etwa die quirlige<br />
Abenteuerreisen-<br />
Propaganda des IS<br />
analysiert, abstrahiert<br />
und auf die<br />
Ebene von Ölschinken<br />
zurückgeführt.<br />
„Shadow World“ von<br />
Johan Grimonprez<br />
Neben dem traditionellen Kongress, dem umfangreichen<br />
Filmwettbewerb und diversen Performances<br />
steht der EMAF-Campus „INIT“ in diesem<br />
Jahr besonders im Blickpunkt. „Wir haben den ganzen<br />
Bereich ausgeweitet“, frohlockt Alfred Rotert.<br />
Der studentische Nachwuchs findet in zwischenzeitlich<br />
ungenutzten Ladenlokalen in der Thea-<br />
0,8mm<br />
terpassage eine zusätzliche, hervorragend ausgestattete<br />
Spielwiese. Mit besten Voraussetzungen<br />
fürs Netzwerken der konzeptionell sehr unterschiedlich<br />
ausgerichteten Hochschulen: „Welcher<br />
Student aus Osnabrück<br />
weiß schon,<br />
was in der Kunstakademie<br />
Münster<br />
stattfindet? Und<br />
umgekehrt?“ Das<br />
dürfte die momentane<br />
Wirklichkeit<br />
in der Tat recht<br />
gut beschreiben.<br />
Wolfgang A. Müller<br />
>> 18.-22.04.<br />
OS - unterschiedliche<br />
Veranstaltungsorte<br />
und -zeiten;<br />
www.emaf.de<br />
Michel Klöfkorn: „Deine<br />
Telefonnummern ertrinken“<br />
Johannes<br />
Kreidler<br />
Höhepunkte des Programms:<br />
Filmtheater Hasetor<br />
19.-22.04. Filmprogramme<br />
19.04. „Hell’s Bells“,<br />
22.30 Uhr<br />
20.04. „Shadow World“,<br />
20 Uhr<br />
„Sound System“,<br />
22.15 Uhr<br />
17,0mm<br />
Glanz & Gloria<br />
20.04. Party mit OneTake<br />
und Leibniz, 23 Uhr<br />
21.04. Party mit Mix Mup<br />
und Even Tuell, 23 Uhr<br />
Haus der Jugend<br />
19.04. Performance: Memory<br />
Code 2.0, 20 Uhr<br />
20.04. Performance: Johannes<br />
Kreidler Instruments,<br />
20 Uhr<br />
21.04. Performance: Tekton,<br />
20 Uhr<br />
Kunsthalle<br />
18.04. - 21.05. Ausstellung<br />
„Report - Notizen aus<br />
der Wirklichkeit“<br />
(Eröffnung am 18.04.,<br />
19.30 Uhr)<br />
Lagerhalle<br />
18.-22.04. Filmprogramme<br />
21.04. Preisverleihung,<br />
21 Uhr<br />
22.04. Preisträgerfilme<br />
und „Best Of<br />
EMAF“, 20 Uhr