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LGBB_012018_druck

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von Vergil. Auch noch im 16. Jahrhundert wurden<br />

vor allem Werke in lateinischer Sprache ge<strong>druck</strong>t<br />

(153). Die ge<strong>druck</strong>ten Texte verbreiteten sich<br />

schnell und ersetzten die handschriftliche Produktion,<br />

die sich schon am Ende des 15. Jahrhunderts<br />

stark verringerte. Die Ausbreitung des<br />

Drucks fand übrigens auch Gegner. Federico da<br />

Montefeltro war ein Nostalgiker der Handschrift<br />

und sammelte noch in den achtziger Jahren Pergamentkodizes<br />

für die Bibliothek in Urbino. Ein<br />

glühender Anhänger der Handschrift, der Benediktinerabt<br />

Johannes Trithemius, warnte vor den<br />

Gefahren des Drucks in seinem Werk De laude<br />

manualium, für dessen Verbreitung er sich indessen<br />

einem Drucker anvertraute (154).<br />

Auch Druckern und Herausgebern unterlaufen<br />

Fehler. Ende des 15. Jahrhunderts wurden einige<br />

Humanisten auf dieses Problem aufmerksam,<br />

denn in Zeiten des Buch<strong>druck</strong>s wurde ein mitunter<br />

fl üchtig edierter Text zum Standard und abhängig<br />

von der Höhe der Aufl age ließ er handschriftliche<br />

Exemplare in den Hintergrund treten, auch wenn<br />

diese einen besseren Text boten. Bis zum Ende<br />

des 19. Jahrhunderts blieb dem Herausgeber<br />

eines klassischen Textes nichts anderes übrig, als<br />

vom textus receptus (,überlieferter Text’) auszugehen,<br />

also dem Text der Druckausgaben. Zur<br />

Korrektur dieses Textes standen zwei Formen der<br />

emendatio (,Korrektur’) zur Verfügung, die emendatio<br />

ope codicum (,Korrektur mit Hilfe von<br />

codices’) und die emendatio ope ingenii (,Korrektur<br />

durch Sprachvermögen’). Die Maßstäbe, nach<br />

denen beide Techniken vom 16. bis 18. Jahrhundert<br />

angewendet wurden, sind allerdings von<br />

denen der Philologie des 19. Jahrhunderts weit<br />

entfernt (170).<br />

Nach einem Blick auf die Frühzeit der Paläographie,<br />

auf die Papyrusfunde in den Vesuvstädten<br />

und die Entdeckung von Palimpsesten beschreibt<br />

Fabio Stok die Anfänge der Altertumswissenschaft.<br />

Friedrich August Wolf gehörte zu den bedeutendsten<br />

Professoren an der 1810 gegründeten<br />

Berliner Universität und bildete in der von ihm<br />

selbst entworfenen ,Altertumswissenschaft’ eine<br />

der zwei Hauptsäulen. Die andere Säule stellte der<br />

Lehrstuhl für die Philosophie des Idealismus dar,<br />

den Hegel innehatte (179). Die Textkritik entwickelte<br />

sich sodann zu einem Schwerpunkt altertumswissenschaftlicher<br />

linguistischer Forschung.<br />

Fabio Stok beschreibt die methodischen Schritte,<br />

die zu einer kritischen Ausgabe eines lateinischen<br />

oder griechischen Textes mit dem dazugehörigen<br />

wissenschaftlichen Apparat führen. Üblicherweise<br />

werden der Apparat und die praefatio auf<br />

Latein verfasst; die Bibliotheca Teubneriana und<br />

die Bibliotheca Oxoniensis halten sich noch heute<br />

daran: „Es handelt sich um die letzte überlebende<br />

Gepfl ogenheit aus einer Zeit, in der die gelehrte<br />

Welt sich auf Latein unterhielt” (192).<br />

Günther E. Thüry, Der metallene Spiegel.<br />

Die Forschungsgeschichte der antiken<br />

Numismatik, money trend Verlag Wien 2017,<br />

140 Seiten, ISBN:978-3-9504195-5-9, €<br />

49,50 / SFr 58,-<br />

Günther E. Thüry, studierte Ur- und Frühgeschichte,<br />

Latinistik und Gräzistik<br />

in Basel. Seit 1980 ist er als Universitätslektor<br />

in Salzburg, Leipzig und<br />

Wien tätig. Wir in Berlin kennen ihn<br />

von Fortbildungsveranstaltungen als Fachmann<br />

für die römische Küche, für das Thema Liebe<br />

und Erotik im Römischen Reich und seinen Provinzen,<br />

für Siedlungshygiene und Umweltprobleme<br />

in der antiken Welt, für Archäobotanik<br />

und -Zoologie, für Ernährungs- und Medizingeschichte,<br />

als Autor mit einer Vorliebe für Inschriften<br />

sowie für regionalgeschichtliche und<br />

regionalarchäologische Fragestellungen, als Ausstellungsmacher<br />

in Österreich, Ungarn, Frankreich<br />

und Deutschland und als Rekonstrukteur<br />

historischer Gartenanlagen.<br />

Soeben ist von ihm ein schönes Buch zur Forschungsgeschichte<br />

der antiken Numismatik erschienen.<br />

Das antike Münzwesen stellt – genau<br />

besehen – seine früheste wissenschaftliche Liebe<br />

dar. Die erste eigenständige Publikation Thürys<br />

handelt von einem spätrömischen Münzfund in<br />

Kaiseraugst, seine erste Vorlesung in Salzburg<br />

war eine Einführung in die römische Münzkunde.<br />

Numismatische Themen gehören seit über 40<br />

Jahren ununterbrochen zum Forschungsbereich<br />

von Günther E. Thüry.<br />

Das reich illustrierte Buch ist denn auch entstanden<br />

aus Vorlesungen des Autors an der Universität<br />

Salzburg und dann aus einer Artikelserie, die in<br />

den Jahren 2013–2016 in der Zeitschrift „Money<br />

Trend” (Wien) erschien. 25 solche vier- bis siebenseitige<br />

münzgeschichtliche Artikel machen das<br />

Buch aus, ergänzt durch zwei umfangreiche Anhänge<br />

(Druckwerke des 16. bis mittleren 19. Jahrhunderts<br />

zu Themen der antiken Numismatik,<br />

121–125, und Literatur über die Forschungs-geschichte<br />

der antiken Numismatik, 126–134) und<br />

drei Register (136–139; Namensregister, Sachregister,<br />

Register der Fundorte). Einen aus-gezeichneten<br />

Einstieg stellt eine tabellarische Übersicht<br />

zu den Entwicklungsschritten der Forschungsgeschichte<br />

von der Antike bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

(119) dar mit Verweis auf die jeweiligen<br />

Kapitel des Buches, in denen der Autor den einzelnen<br />

Fragen nachgeht.<br />

Schon ein paar Kapitelüberschriften können die<br />

Breite der Recherche von Günther E. Thüry andeuten:<br />

Kulturvermächtnis und Judaslohn. Antike<br />

Münzen zwischen Frühmittelalter und Renaissance;<br />

– Budés und Fulvios Erben. Anfänge der<br />

Numismatik an Donau, Elbe und Rhein; – Jacopo<br />

da Strada und Wolfgang Lazius: Ein numismatisches<br />

Duell; – Waffenlärm vertreibt die Musen.<br />

Frühbarocke Numismatik im Deutschen Reich, in<br />

Frankreich und Spanien; – Im Schatten des Königs.<br />

Tragische Numismatikerschicksale im barocken<br />

Frankreich; – Wie wichtig ist die Numismatik?<br />

Jean Hardouin und die Verschwörung der Fälscher;<br />

– Von Camden bis Addison. Antike Numismatik<br />

im barocken England; – Römer an der Ostsee?<br />

Karthager auf den Azoren? Das 18. Jahrhun-<br />

50 JAHRGANG LXII · <strong>LGBB</strong> 01 / 2018<br />

<strong>LGBB</strong> 01 / 2018 · JAHRGANG LXII<br />

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