Folie oder Farbe? - Deutscher Boots- und Schiffbauer-Verband
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T E C H N I K<br />
<strong>Folie</strong> <strong>oder</strong> <strong>Farbe</strong>?<br />
Die Hamburger Firma Orca Maritime setzt ihre zertifizierte Korrosionsschutzfolie erfolgreich<br />
in der Berufsschifffahrt ein. Angebote für <strong>Folie</strong>nverklebung gibt es auch für Boote<br />
<strong>und</strong> Yachten.<br />
Der Zufall war es, der erstaunliche Erkenntnisse<br />
über <strong>Folie</strong>n als Lackersatz<br />
brachte. Mitte der 1990er Jahre stellte<br />
der Norweger Tom Bentsen fest, dass im<br />
Gegensatz zu anderen Rumpfteilen<br />
unter dem von ihm geklebten Schiffsnamen<br />
mit Vinylfolie keine Spuren von<br />
Korrosion zu finden waren. Der Schiffsname<br />
war von ihm vier Jahre zuvor per<br />
<strong>Folie</strong> auf den mit frischer <strong>Farbe</strong> versehenen<br />
Stahlrumpf aufgebracht worden.<br />
Zusammen mit dem <strong>Folie</strong>nhersteller<br />
entwickelte der Norweger daraufhin eine<br />
selbstklebende Vinylfolie mit einem<br />
speziellen Acrylkleber für die extremen<br />
Anforderungen des Offshore-Bereichs.<br />
Bei der neuen Orca-Offshore-<strong>Folie</strong> handelt<br />
es sich um eine Beschichtung mit<br />
der Stärke von 100 Mikrometern <strong>und</strong><br />
einem Kleber mit nur zwei Prozent Lösungsmittelanteil.<br />
Der Rostschutz funktionierte so gut,<br />
dass die <strong>Folie</strong> von der norwegischen<br />
Klassifikationsgesellschaft Det Norske<br />
Veritas als „Korrosionsschutzfolie im<br />
Offshore Bereich“ zertifiziert wurde.<br />
Bentsen gründete die Firma Orca Maritime.<br />
Das älteste Referenzprojekt von Orca<br />
Maritime ist die norwegische Bohrinsel<br />
„Brage“ von Statoil Hydro im rauen<br />
Nordatlantik. Dort wurde 1997 wetterseitig<br />
die Unterkunft mit r<strong>und</strong> 1.000<br />
Quadratmetern <strong>Folie</strong> versiegelt. Bis<br />
heute soll sie sich noch in einem sehr<br />
guten Zustand befinden, obwohl es sich<br />
um die erste Generation der seitdem<br />
ständig verbesserten Orca <strong>Folie</strong> handelt.<br />
Seit 2008 ist das Unternehmen in den<br />
Händen der Hamburger Manfred Haak<br />
<strong>und</strong> Michael Sens, die die Firma Orca<br />
Maritime Tom Bentsen abgekauft hatten.<br />
Sie kannten den Betrieb gut, da sie<br />
bis zur Übernahme als Repräsentanten<br />
für Bentsen gearbeitet hatten.<br />
„Wir tapezieren Korrosionsschutz“, sagt<br />
Manfred Haak allen, die wissen wollen,<br />
was seine Firma macht. Mehr als 100<br />
Schiffe, darunter auch die Helgoland-<br />
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bootswirtschaft 4/2010<br />
Fähre „Hal<strong>und</strong>er Jet“, wurden bisher<br />
mit der hauchdünnen Vinylfolie beklebt.<br />
Darüber hinaus prangt die Orca <strong>Folie</strong><br />
auf Öltanks wie auf weiteren Ölplattformen.<br />
Ursprünglich gedacht für großflächige<br />
Anwendung auf Rümpfen im Überwas-<br />
Offshore-<strong>Folie</strong> hat sich bewährt, sogar auf Schnellfähren. Sie wurde<br />
bisher in Bahnen auf mehr als 100 Schiffe <strong>und</strong> Yachten geklebt.<br />
serbereich <strong>oder</strong> an Aufbauten, wird die<br />
<strong>Folie</strong> in handlichen Rollen <strong>und</strong> in jeder<br />
gewünschten <strong>Farbe</strong> angeboten <strong>und</strong> auch<br />
für kleinflächigere Verklebungen genutzt.<br />
Auf Untergründen wie Stahl wird zurzeit<br />
noch ein Primer (ca. 100 my, zum Beispiel<br />
Zinkepoxy) benötigt. Auf Aluminium<br />
<strong>oder</strong> GFK wird direkt verklebt,<br />
nachdem die Oberfläche gereinigt <strong>und</strong><br />
entfettet wurde. Selbst auf bestehender<br />
<strong>Farbe</strong> lässt sich die <strong>Folie</strong> laut Firmenangaben<br />
problemlos verkleben, vorausgesetzt,<br />
diese befindet sich in einem<br />
akzeptablen Zustand <strong>und</strong> es handelt<br />
sich um keine Silikonfarbe.<br />
Die Funktion der Orca Offshore <strong>Folie</strong><br />
beruht laut Orca Maritime hauptsächlich<br />
auf der Wirkung des enorm starken<br />
Acrylklebers. Dieser erzeugt eine unüberwindliche<br />
Barriere für die zur Kor-<br />
rosion notwendigen Elemente wie Wasser,<br />
Luft <strong>und</strong> Salze.<br />
Auf die Klebkraft wird 20 Jahre, auf die<br />
Farbstabilität – je nach Farbton – sieben<br />
bis neun Jahre Garantie gegeben.<br />
Je länger die <strong>Folie</strong> klebt, desto stärker<br />
hält sie. Anders als <strong>Folie</strong>n, die für Autos<br />
<strong>oder</strong> Busse angeboten werden, kann der<br />
Rostschutz von Orca Maritime nur<br />
schwer wieder entfernt werden. Allerdings<br />
eignet sich die <strong>Folie</strong> auch aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer Dünnschichtigkeit problemlos<br />
zum mehrfachen Überkleben.<br />
Die Applikation ist ähnlich dem Tapezieren,<br />
allerdings wird mit einer Überlappung<br />
von etwa einem Zentimeter verklebt.<br />
Beim Applizieren ist laut Firmenangabe<br />
eine bestimmte Technik anzuwenden.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich könne das jeder<br />
erlernen. Auf Gr<strong>und</strong> der Gewährleistung<br />
müssen „Fremdverkleber“ allerdings
von Orca Maritime geschult <strong>und</strong> zertifiziert<br />
werden, meistens am Objekt.<br />
Mittlerweile wurden erneut Modifikationen<br />
durchgeführt <strong>und</strong> die nächste Generation<br />
der Korrosionsschutzfolie befindet<br />
sich sogar auf dem Prüfstand des<br />
gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut<br />
Rostock durchgeführten zweijährigen<br />
Forschungsprojektes FokiS (<strong>Folie</strong>nkonservierung<br />
im Schiffbau) im Auftrag des<br />
B<strong>und</strong>esministeriums für Wirtschaft <strong>und</strong><br />
Technik. Einer der Programmschwerpunkte<br />
ist die Erforschung des Einsatzes<br />
der Orca <strong>Folie</strong> ohne Verwendung<br />
eines Primers, also direkt auf den gebürsteten<br />
Stahl, lediglich mit dem üblichen<br />
Shop-Primer versehen.<br />
Es gibt auch Anstrengungen von Orca<br />
Maritime in Sachen Antifouling-<strong>Folie</strong>.<br />
Erste Testverklebungen auf Schiffsrümpfen<br />
in China <strong>und</strong> Neuseeland wurden<br />
durchgeführt. Die Wirkungsweise<br />
beruht auf einer speziellen Ober-<br />
flächenstruktur der selbstklebenden<br />
Vinylfolie. Diese Prägung, ähnlich der<br />
Struktur der Haihaut, soll den Bewuchs<br />
verhindern <strong>und</strong> zudem den Reibungswiderstand<br />
verringern. Zur Zeit laufen<br />
weitere Versuche auf Schiffen der<br />
Deutschen B<strong>und</strong>esmarine. Die angestrebte<br />
Haltbarkeitsdauer liegt nach<br />
Firmenangaben bei mindestens fünf<br />
Jahren mit Tendenz bis zu zehn Jahren.<br />
Foto: Orca Maritime<br />
<strong>Folie</strong>n für Boote<br />
Firmen wie Bootox in Lübeck <strong>oder</strong> Boat<br />
Skin in Hamburg haben sich auf das<br />
Überkleben des Überwasserbereichs<br />
von Booten <strong>und</strong> Yachten mit <strong>Folie</strong> spezialisiert.<br />
Beide Firmen können als<br />
Referenzen bisher r<strong>und</strong> 20 Boote nennen.<br />
Dabei nutzen die Firmen verschiedene<br />
<strong>Folie</strong>n. Bei Boat Skin werden<br />
bewährte <strong>Folie</strong>n aus dem Automobilbereich<br />
verwendet, die wasserdampfdurchlässig<br />
sind, <strong>und</strong> die wieder einfach<br />
entfernt werden können. Boat Skin gibt<br />
fünf Jahre Garantie auf die Oberflächenverklebung<br />
mit der <strong>Folie</strong>.<br />
Bootox verwendet nach eigenen Angaben<br />
eine spezielle PVC-<strong>Folie</strong> mit Acrylkleber,<br />
die wasser<strong>und</strong>urchlässig ist. Die<br />
Haltbarkeit dieser <strong>Folie</strong> beträgt bei weißer<br />
<strong>Farbe</strong> mindestens acht Jahre, bei<br />
farbiger <strong>Folie</strong> mindestens sechs Jahre.<br />
Die Firma weist darauf hin, dass die<br />
PVC <strong>Folie</strong> eine extrem hohe UV-Beständigkeit<br />
hat <strong>und</strong> dadurch die bekanntenAusbleichungs<strong>und</strong><br />
Verkreide-Effekte<br />
von Lack <strong>und</strong> Gelcoat<br />
stark reduziert. Angeboten<br />
werden auch durchsichtigeUV-Schutzfolien.<br />
Beide Firmen werben<br />
mit einer Kostenersparnis<br />
im Vergleich zur professionellen<br />
Lackierung.<br />
Diese wird vom Lackierungsspezialisten<br />
Peter<br />
Wrede allerdings nur<br />
gesehen, wenn auf eine professionelle<br />
Oberflächenvorarbeit verzichtet werden<br />
kann. Wrede, der Yachtlackierungen in<br />
eigenen Betrieben an der Elbe <strong>und</strong> an<br />
der Ostsee anbietet, hat in seinem<br />
Angebot auch <strong>Folie</strong>nverklebungen. Je<br />
besser die Qualität der Oberfläche ist,<br />
umso besser wird seinen Worten nach<br />
auch die Verklebung. Da diese Oberflächenbehandlung<br />
im Vorwege in der<br />
Regel das teuerste ist, würden sich laut<br />
Peter Wrede die Kosten zwischen<br />
Lackierung <strong>und</strong> professioneller Verklebung<br />
nahezu angleichen.<br />
Mehr Informationen:<br />
www.orca-maritime.com<br />
www.boatskin.de, www.bootox.de<br />
www.yachtlackierung.de<br />
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