Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Michna. Stefan Becks und Patrick Hubers Installation ist eine Reflexion zum Thema Material im Bild. Sie<br />
rekurriert auf klassische Bilddarstellungen, negiert in der Materialität aber gleichzeitig die Abbildbarkeit<br />
über das Material (Holz, Beton, Schiefer) hinaus. Ralf-Peter Michna realisiert eine AII-Over-Struktur über<br />
die Spezifität eines bestimmten Baumaterials. In der Installation finden zwei <strong>Monier</strong>stahlarbeiten<br />
Verwendung, die mit den üblichen Bilddarstellungen arbeiten und sie dennoch ad absurdum führen.<br />
Armin Bremickers Bilder sind shaped canvases in Form von Sprachschlaufen, die in eigenständiger Form<br />
die sprachliche Vermittlung von Kunst thematisieren. Ute Lindners Bilder sind diachrone ,Gemälde‘, die<br />
sich im Lauf der Zeit verändern. Die Bilder bestehen aus lichtempfindlichen Eisencyaniden auf Glas<br />
und sind in die spezifische Situation im Kasseler Kunstverein eingepaßt. Die Arbeiten von Günther Rost<br />
sind gestische Zeichen, die einem Maschinen-Code entstammen. Sie beziehen sich auf eine Theorie<br />
der Kunst, um sie gleichzeitig in der Darstellbarkeit an ihre Grenzen zu verweisen. Thomas Emdes<br />
Arbeiten beziehen sich auf die materiale Form des Gemäldes, indem sie Farbe als skulpturales Mittel<br />
zur Gestaltung der Bildoberfläche einsetzen.<br />
Auch wenn das Verhältnis zwischen Bild und Raum zum gemeinsamen Nenner dieser unterschiedlichen<br />
Werke wird, konstituiert sich der Raum über das Bild und nicht umgekehrt. Diese Abhängigkeit des<br />
Raumes vom Bild verweist wiederum auf einen spezifischen Eingrenzungsprozeß, der auch über den<br />
Raum bestimmt ist. Er ist die erste Barriere des Eingrenzungsprozesses außerhalb des Ateliers. Indem<br />
die Künstler sich auf den Raum beziehen, ihn in die Konstruktion der jeweiligen Arbeiten einbeziehen,<br />
über<br />
winden sie diese Barriere. Bei dieser Uberwindung stellt sich nicht mehr die Frage der Innovation,<br />
die grundsätzlich in Frage zu stellen ist. Denn Innovation selber ist der Instrumentalisierung<br />
unterworfen. Deshalb scheint die wesentliche Antwort auf den Eingrenzungsprozeß nicht so sehr der<br />
Drang zur Innovation zu sein, der sich auch nicht in der Anti-lnnovation erschöpfen kann, sondern<br />
der Zusammenhang zwischen Aus-schließung und Innovation. Die in der Ausstellung ,<strong>Ad</strong> libitum‘<br />
beteiligten Künstler sehen das Konzept der Innovation kritisch, weil sie um ein Formeninventar<br />
der Kunst w issen, das sich schon längst ausserhalb der Kunst institutionalisiert hat. 5 Form- und<br />
Ausdrucksentscheidungen sind unabhängig davon zu realisieren, um der Kunst ihre Freiheit zu<br />
bewahren. Die Instrumentalisierung der Instrumentalisierung, wie sie in einer politisch korrekten Kunst<br />
zum Thema wird, bleibt Instrumentalisierung. Es scheint, das ad libitum ist heute eine arte obligate.<br />
Thomas Wulffen<br />
1 Der orignale Text ist noch kritischer. Siehe dazu die englische Fassung in ,The writings of Robert Smithson‘, herausgegeben<br />
von Nancy Holt, New York 1979, S.132<br />
2 siehe Jeffrey Deitch: ,Die Kunstindustrie‘, in Ausstellungskatalog ,Metropolis‘, Stuttgart 1991, S.38-45<br />
3 siehe Gerhard Schulze: ‘Die erlebnisgesellschaft - Kultursoziologie der Gegenwart‘, Frankturt/New York 1993<br />
4 siehe ,Betriebssystem Kunst - Eine Retospektive‘, Kunsttorum International, Band 125, Januar-Februar 1994<br />
5 siehe dazu die Anthologie ,Realkunst-Realitätskünste - Eine Begriffsbestimmung und begleitendes Material‘,<br />
Kunstforum Band 91