Liebe Leserin, lieber Leser, „das Leben ist ein Fluss“ formuliert es ein Poet augenfällig. Das Gemeindeleben von <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> ist auf alle Fälle am Fluss und im Fluss. <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> als Isarkirche wird uns in diesem Heft beschäftigen und die Tatsache, dass das Gemeindeleben immer im Fluss ist. Menschen kommen und gehen – unsere Rubrik „Lebenslauf“ mit Taufen von kleinen Kindern und den Bestattungen verstorbener Gemeindemitglieder zeugt davon, oder Menschen ziehen zu oder weg. Zwei Ären gehen gerade in <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> zu Ende – Pfarrerin Beate Frankenberger wird die <strong>St</strong>elle wechseln und Mesner Hans Herberth geht in den Ruhestand. Bei aller Veränderung vertrauen wir auf das, was Bestand hat auch in aller Veränderung. In Gott leben, weben und sind wir – heißt es in der Apostelgeschichte. In jedem Gottesdienst feiern wir das und dem nachzusinnen, dafür steht auch die <strong>Lukas</strong>kirche an der Isar für alle offen. Ihr Pfarrer Helmut Gottschling Im Fluss Auf dem Weg zur Innensanierung und Gestaltung von <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> nehmen wir den Kirchenraum in einer Artikelreihe besonders in den Blick. <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong>, die Isarkirche, ist dieses Mal im Fokus. <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> ist nah am Wasser gebaut – postkartenidyllisch fließt die Isar an ihrem Portal vorbei, unsichtbar, weil unterirdisch, strömt an der Nordseite der kanalisierte Fabrikbach dahin. Es können einem dann die Tränen kommen, nimmt man den Verkehrsfluss in den Blick, von dem <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> eingekeilt wird: die vierspurige Verkehrsstraße am Portal, die <strong>St</strong>raßenbahnschienen hinter dem Chorgewölbe und die parkenden Autos an der Nordund Südseite der Kathedrale. Man muss kein Nostalgiker sein, um das zu bedauern. Wenngleich die <strong>Lukas</strong>kirche einmal bewusst als Isarkirche von den <strong>St</strong>adtverantwortlichen gewollt und von Baumeister Albert Schmidt konzipiert war. Bis heute krönt ihre Silhouette das Kai an der innerstädtischen Isar und das Portal, die Schauseite einer Kirche, trug maßgeblich zum Glanz des Boulevards am Fluss bei, den es in den ersten Jahrzehnten der Kirche gab. Freilich blieb der Münchner Dom der Protestanten im Rausch der Verkehrspolitik der 60er und 70er Jahre vor noch Schlimmerem verschont. In Planung war damals eine vierspurige aufgestelzte <strong>St</strong>adtautobahn, auf der die Autos auf halber Höhe des Portals vorbeigerauscht wären. 50 Jahre später atmet man auf, und doch auch besser nicht, eingedenk der Feinstaubwerte, die in München und gerade auch an der vierspurigen <strong>St</strong>raße an der Isar gemessen werden. Mit der Rahmenplanung für die innerstädtische Isar (siehe www.muenchen.de) will die <strong>St</strong>adt die stiefmütterliche Behandlung der innerstädtischen Isar in den letzten Jahrzehnten korrigieren. Ziele sind die „<strong>St</strong>eigerung der Aufenthaltsqualität an der Isar, mehr Zugänge zum Wasser, bessere Durchwegungen, Naturschutz sowie Gastronomie und temporäre Veranstaltungen im Flussbereich.“ Das besondere Augenmerk liegt „auf Promenaden, Brücken und Inseln im innerstädtischen Isarraum, den Flächen um das Deutsche Museum sowie die Kirchen <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> und <strong>St</strong>. Maximilian.“ Die Isarkirche ist vom Fluss abgeschnitten und man muss beim Überqueren der <strong>St</strong>raße höllisch aufpassen, nicht auf der <strong>St</strong>recke zu bleiben, oder von Kampfradlern, die rot nicht von grün unterscheiden können, zur <strong>St</strong>recke gebracht zu werden. Dass wenigstens die PKWs halten, sichert die Verkehrsüberwachung mit einem „<strong>St</strong>arenkasten“, sprich einem „Blitzer“, ab. Der prangt direkt vor der Eingangstür zur Kirche und unterstreicht damit geschickt – ob bewusst oder unbewusst - das verkehrstechnische Über-Ich. Man möchte <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> zu seinem 125. Kirchweihjubiläum am 1. Advent 2021 wünschen, dass diese ursprüngliche Verbindung zum Fluss wieder mehr zum Tragen kommt und die Kathedrale ihren Platz wieder zurückgewinnt, den ihr der Individualverkehr abgerungen hat. Ein Wunsch übrigens nicht nur für die Gemeinde <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong>, sondern für die Bürger Münchens, die hier nicht nur fahren, sondern sich auch aufhalten wollen. Die Isarkirche <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> ist Gemeindekirche. Aber sie war schon immer mehr als das. Sie ist mit ihrer großen Ausstrahlung <strong>St</strong>adtkirche, die immer wieder gerne für Fernsehfilme in Szene gesetzt wird. Weil sich die <strong>Lukas</strong>kirche den Themen und Herausforderungen vor ihrer Tür stellt, ist sie auch Bürgerkirche. Hier wurde der Verein Isarlust gegründet. Hier haben sich Bürger versammelt, um sich vom Bezirksausschuss über den Bau einer neuen liberalen Synagoge informieren zu lassen. Hier haben Bürger auf den Portalstufen in einer Mahnwache gegen einen Neo-Nazi-Aufmarsch protestiert. <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> ist eine offene Kirche im doppelten Sinn: ihre Türen stehen jedem offen, jeden Tag und am Donnerstag zur Nachtkirche auch bis in den späten Abend. Und was in <strong>St</strong>. <strong>Lukas</strong> geschieht ist für die Gemeinde bestimmt, aber auch weit darüber hinaus: Das Engagement für arme und wohnungslose Menschen gehört dazu, die Projekte der Kunst und die großen Konzerte. Und wenn sie ihrer Funktion als Isarkirche alle Ehre macht: beim Isarinselfest, dem großen Bürgerfest. 2 3