Broschüre Kindergarten Final 180417_ANSICHT
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KINDERGARTEN<br />
UNTERACH AM ATTERSEE
Ein neuer Kindergaten für Unterach<br />
Georg Baumann, Hadmar Lanz<br />
Sehr geehrte Eltern und Erzieherinnen!<br />
Liebe Kinder!<br />
In unserem Gemeindekindergarten<br />
sind die Kleinen das Größte. Um sie, mit<br />
all ihren Bedürfnissen und Wünschen,<br />
dreht sich hier alles. Und das schon seit<br />
über hundert Jahren. Dies war auch ein<br />
Mitgrund, warum die Gemeinde sich<br />
entschlossen hat, eine Sanierung des<br />
altehrwürdigen Gebäudes anzugehen.<br />
Nicht nur die Politik und Kultur haben<br />
sich in den letzten hundert Jahren stark<br />
verändert, auch die pädagogischen<br />
Konzepte in Bezug auf Erziehungs-,<br />
Bildungs- und Betreuungsauftrag waren<br />
einem starken Wandel unterworfen.<br />
Beim <strong>Kindergarten</strong> war nun auch eine<br />
Neuausrichtung des räumlichen<br />
Angebots dringend notwendig.<br />
In enger Zusammenarbeit mit der Pfarre<br />
Unterach und dem Architektenteam<br />
wurde ein Projekt geformt, dass<br />
zukunftsweisend ist für die qualitativ<br />
hochwertige Kinderbetreuung in unserer<br />
Gemeinde. Für die nächsten Jahrzehnte<br />
wurde ein Platz zum Wohlfühlen<br />
geschaffen, ein Ort, wo unsere Kinder<br />
gut behütet auf ihren weiteren Lebensweg<br />
vorbereitet werden können.<br />
Unser Dank gilt allen, die mitgewirkt<br />
haben, dass dieser Vorzeigekindergarten<br />
in Unterach entstehen durfte.<br />
Allen voran Landeshauptmann<br />
Mag. Thomas Stelzer, der uns schon<br />
als Landesrat unterstützt hat, dieses Vorhaben<br />
auf Schiene zu bringen. Weiters<br />
bei der Pfarrgemeinde Unterach, die als<br />
Hauseigentümer ausgezeichnet mit uns<br />
gearbeitet hat, beim Architekenteam,<br />
das seine feinfühligen Ideen für dieses<br />
Gebäude umsetzen konnte, und auch<br />
bei allen Betrieben und Firmen, die hier<br />
mitgearbeitet haben und dieses<br />
Meisterwerk vollbracht haben.<br />
Der <strong>Kindergarten</strong>, die Familien und<br />
die Weiterentwicklung der <strong>Kindergarten</strong>arbeit<br />
liegen der Gemeinde Unterach am<br />
Herzen. Die Gemeinde versucht stets,<br />
ihr Möglichstes zu tun, um den <strong>Kindergarten</strong><br />
bestmöglich zu unterstützen. Die<br />
Baukosten von 1,2 Mio. Euro drücken<br />
dies auch finanziell aus. Die Eltern<br />
wissen ihre Kinder hier gut aufgehoben<br />
und das Kinderlachen und die spielenden<br />
Kinder werden der schönste Beweis<br />
dafür sein, dass sich diese Investition in<br />
unsere Zukunft ausgezahlt haben wird.<br />
Wir bauen weiterhin auf eine gute,<br />
konstruktive Zusammenarbeit und<br />
wünschen dem <strong>Kindergarten</strong> alles Gute<br />
für die Zukunft.<br />
1
Auszug aus der Chronik des Kinerasyls<br />
Kinder vor dem Kindergaten, 1949<br />
1896 Gründung des Komitees<br />
1898 Eröffnung des sog. „Kinderasyls“<br />
57 Kinder besuchen den <strong>Kindergarten</strong>, 56 die „Industrieschule“<br />
1904 Anlegung eines Spielgartes, Bau einer Kapelle<br />
1908 Anschluss an das Stromnetz<br />
1909 Beginn des weiteren Ausbaues im Haus<br />
1914-18 während des 1. Weltkrieges wird der Betrieb durch Spenden gesichtert<br />
1926 Ein Obst- und Weingarten wird angelegt<br />
1928 Ausbau des ehemaligen Schweinestalls im Keller<br />
1940-45 die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt mietet den <strong>Kindergarten</strong><br />
1961 Fließendes Wasser wird installiert<br />
1964 Vertäfelung des Gebäudes an der Nord- und Westfassade<br />
1972 Installation einer Zentralheizung<br />
1978 Anschluss an die Kanalisation<br />
1982 Erneuerung der Fenster des <strong>Kindergarten</strong>s<br />
1987 Renovierung der Fassade<br />
1987 die Gemeinde pachtet und betreibt den <strong>Kindergarten</strong><br />
Der <strong>Kindergarten</strong> einst und jetzt...<br />
Gerhard Schlichtner<br />
Postkarte Höllengebirge, 1908 - <strong>Kindergarten</strong> am rechten Bildrand<br />
Die Idee zum Bau eines „Kinderasyls“<br />
stammt von Herrn Pfarrer<br />
Anton Schinagl. Er gründete bereits im<br />
Jahr 1896 ein Komitee interessierter<br />
Männer, die sich dann um den Bau<br />
bemühten. Carl Derfler, der damalige<br />
Wirt im Gasthof Reisenzein (Goldenes<br />
Schiff), spendete den dazu notwendigen<br />
Grund. Nach reichlichen Spenden der<br />
Unteracher und vor allem der damaligen<br />
Sommergäste (es waren durchwegs<br />
wohlhabende Wiener), konnte noch im<br />
gleichen Jahr mit dem Bau begonnen<br />
werden. Nach Verhandlungen des<br />
inzwischen neuen Pfarrers Dr. Josef<br />
Lohninger mit den Schulschwestern,<br />
konnten diese zur Führung der Handarbeitsschule<br />
(Industrieschule, Knabenhort)<br />
gewonnen werden.<br />
Die feierliche Einweihung erfolgte am<br />
3. November 1898, die Kinderbetreungseinrichtung<br />
war somit eine der ersten<br />
in der k. u. k. Monarchie. Nachdem die<br />
behördliche Kollaudierungskommission<br />
sich in lobender Weise über<br />
den zweckmäßigen Bau ausgesprochen<br />
hatte, wurde die Eröffnung der Anstalt<br />
mit Erlass des k. u. k. Bezirksschulrates<br />
vom 16. November 1898 genehmigt.<br />
Die jeweiligen Pfarrherrn von<br />
Unterach waren alle um die Erhaltung<br />
der Anstalt bemüht: ab 1902 Johann<br />
Mayerdoppler, ab 1906 Josef Neumayr,<br />
ab 1915 Franz Hochhold, ab 1938 Josef<br />
Spiessberger und ab 1969 Karl Six. Der<br />
Knabenhort wurde 1930 eingestellt. Die<br />
Nähschule und der <strong>Kindergarten</strong><br />
bestanden weiter.<br />
2 3
Ansichtskarte Unterach am Atterse, 1908<br />
Ansichtskarte Unterach am Atterse, 1920<br />
...mit der Einweihung 1898, war die Kinderbetreuungseinrichtung<br />
eine der ersten in<br />
der K&K Monarchie...<br />
<strong>Kindergarten</strong> Jahrgang 1949<br />
Während der NS Zeit war es den<br />
Schwestern nicht mehr gestattet, den<br />
<strong>Kindergarten</strong> zu führen. Das Haus<br />
wurde beschlagnahmt, es war nun ein<br />
NSV-<strong>Kindergarten</strong>. Im Juli 1945 konnte<br />
der Caritas-<strong>Kindergarten</strong> mit Schwestern<br />
aus Vöcklabruck wieder den Betrieb<br />
aufnehmen.<br />
Das Haus wurde laufend mehrmals<br />
außen und innen renoviert. So kam es<br />
1961 zum Einbau einer Wasserpumpe<br />
und das Wasser wurde auch in den<br />
1. Stock geleitet. Im Februar 1972 wurde<br />
eine Zentralheizung installiert. Für die<br />
Deckung der Kosten begann der Pfarrer<br />
eine Sammlung, die ihn während des<br />
Jahres in alle Häuser der Pfarre führte.<br />
Hohe Kosten verursachte auch die neue<br />
Einrichtung, diese fand allgemein großes<br />
Gefallen. Von 1979 bis 1987 wurden<br />
beinahe jedes Jahr Baumaßnahmen<br />
wie Fenster-, Fassadenerneuerung usw.<br />
vorgenommen. Im Laufe des Jahres<br />
1993 wurde mit der Gemeinde wegen<br />
einer notwendigen Erweiterung des<br />
<strong>Kindergarten</strong>s auf zwei Gruppen Kontakt<br />
aufgenommen. Die Pfarre teilte 1994<br />
der Gemeinde mit, dass eine Weiterführung<br />
als Caritas-<strong>Kindergarten</strong> nicht<br />
mehr möglich und eine Übergabe an die<br />
Gemeinde unausweichlich sei.<br />
Ein <strong>Kindergarten</strong>neubau auf einem<br />
anderen Standort wurde nicht realisiert<br />
und somit pachtete die Gemeinde den<br />
<strong>Kindergarten</strong> von der Pfarre und installierte<br />
eine zweite Gruppe. Obwohl laut<br />
Vertrag die Pfarre zu keinen Investitionen<br />
mehr verpflichtet war, wurden doch laufend<br />
Verbesserungen durchgeführt. Der<br />
Einbau einer modernen Pelletheizung<br />
sei hier stellvertretend erwähnt. 1996 war<br />
leider der Augenblick gekommen, dass<br />
unsere geistlichen Schwestern Unterach<br />
verlassen mussten. Viele Kinder bekamen<br />
durch die Schwestern eine liebevolle,<br />
vorschulische Ausbildung. Sie bleiben<br />
damit unvergesslich.<br />
In den letzten Jahren wurde wieder die<br />
Platznot akut. Für die Krabbelgruppe<br />
waren geeignete Räumlichkeiten notwendig.<br />
Die Pfarre hat in zahlreichen<br />
Gesprächen mit der Gemeinde, mit dem<br />
Amt der O.Ö. Landesregierung und der<br />
Diözese Rahmenbedingungen vorgestellt,<br />
die zum nunmehrigen Um- und Ausbau<br />
geführt haben. Während dieser Arbeiten<br />
waren die beiden <strong>Kindergarten</strong>gruppen<br />
im Pfarrheim untergebracht. Mit gemeinsamen<br />
Anstrengungen konnte auch diese<br />
Zeit recht gut überbrückt werden.<br />
4 5
Gustav Klimt, 1902<br />
Gustav Klimt malt<br />
das gelbe Haus von Unterach<br />
Otmar Rychlik<br />
Gustav Klimt, Kirche in Unterach am Attersee, 1915/16<br />
Drei der rund fünfzig quadratischen<br />
Landschaftsbilder von Gustav Klimt, die<br />
zwischen 1899 und 1917 entstanden<br />
sind, zeigen den Ort Unterach am<br />
Attersee, einmal in Fernsicht, zweimal<br />
erscheinen einige wenige Häuser<br />
(einmal mit Kirche) ganz nahe an den<br />
Betrachter herangezogen. Bei aller<br />
Unterschiedlichkeit dieser beiden<br />
Auffassungen, das Ortsbild in seine<br />
Landschaft eingebettet wiederzugeben,<br />
handelt es sich in allen drei Fällen um<br />
späte Gemälde des Hauptmeisters der<br />
österreichischen Malerei seiner Zeit.<br />
„Häuserbild“ und „Kirchenbild“ wurden<br />
– nach Angabe des Werkverzeichnisses<br />
von Tobias Natter – 1915/1916<br />
gemalt, bei dem „Gesamtbild“ handelt<br />
es sich überhaupt um das letzte der<br />
charakteristischen Sommerbilder Klimts.<br />
Es wird auf 1917 datiert (Klimt starb<br />
bereits am 6. Feber 1918).<br />
Ihm folgt nur noch ein unvollendet<br />
gebliebenes, 1945 bei dem verheerenden<br />
Brand von Schloss Immendorf in<br />
Niederösterreich, dem „Bergungsort“<br />
vieler Klimtgemälde, zerstörtes Werk,<br />
eigentlich eine Stadtlandschaft von Bad<br />
Gastein in kleinerem Format (70 x 70<br />
cm), dessen „nervöse Unruhe“, wie<br />
Natter meint, für den Eindruck verantwortlich<br />
war, „völlig unklimtisch“ zu sein<br />
– wie der frühe Klimthistoriograph<br />
Emil Pirchan schreibt, der das Originalgemälde<br />
zweifellos gekannt hat.<br />
Dennoch hat es Ähnlichkeiten mit<br />
dem Unteracher Häuserbild, auch mit<br />
anderen unter „Landschaft“ gereihten<br />
Gemälden Klimts, die aber eigentlich<br />
Dorf- oder Städtebilder sind, weil<br />
sie das landschaftliche Element eher<br />
untergeordnet enthalten, während die<br />
Architektur den eigentlichen Bildinhalt<br />
stellt. Die frühesten „Architekturbilder“,<br />
bei denen das Verhältnis aus Landschaft<br />
und Gebäude aber noch durchaus<br />
gleichwertig ist, sind die vier Ansichten<br />
von Schloss Kammer am Attersee, in<br />
den Jahren 1908 bis 1910 gemalt, mit<br />
denselben Maßen von 110 x 110 cm, wie<br />
die drei hier besprochenen Unteracher<br />
Gemälde; alle in Privatbesitz. Nach den<br />
vier Schlossbildern entstehen 1913 zwei<br />
Ansichten von italienischen Ortschaften,<br />
Malcesine am Gardasee und Cassne,<br />
aber auch das Gemälde „Kirche in<br />
Unterach am Attersee“ gehört in diese<br />
Kategorie von Landschaftsbildern mit<br />
einem starken, die Landschaftlichkeit<br />
überwiegenden Akzent.<br />
Gerade im Architekturbild kann Klimt<br />
ein Gestaltungsprinzip vergegenständlichen,<br />
das zu den wesentlichen künstlerischen<br />
Kategorien seines Werkes<br />
und des internationalen Symbolismus<br />
(auch Jugendstil und Stilkunst genannt)<br />
gehört, nämlich die Bindung des Bildgegenstandes<br />
an die Fläche. Neben<br />
dem Charakteristikum betonter Konturen,<br />
das mit dem Prinzip der Flächenordnung<br />
und der Unterdrückung der<br />
Raumdarstellung korrespondiert, erfolgt<br />
der Bildaufbau nun als orthogonales<br />
„Flächengitter“, sehr im Gegensatz zur<br />
tiefenräumlichen Wahrnehmung, mit<br />
der das Auge die ausgebreitete Landschaft<br />
vom Vordergrund bis zum fernen<br />
Horizont wahrnimmt oder auch die<br />
reich verschränkten Raumbeziehungen<br />
gewachsener Ortsbilder.<br />
Aber genau darum scheint es Klimt<br />
gegangen zu sein, nämlich nachzuweisen,<br />
dass Landschaftsmalerei auch<br />
ohne tiefenräumlichen Illusionismus auskommen<br />
kann, der in den Jahrhunderten<br />
davor die Wiedergabe des Naturraumes<br />
bestimmt hat. Klimt wählt mit<br />
den Gestaltungsprinzipien des<br />
10 11
Gustav Klimt, Unterach am Attersee, 1917<br />
Gustav Klimt, Häuser in Unterach am Attersee, 1915/16<br />
...Klimt hat dem Gebäude besondere<br />
Aufmerksamkeit geschenkt und es ganz<br />
bewusst zwei Mal zu einem strategischen<br />
Hauptelement erhoben...<br />
Symbolismus verhältnismäßig „abstrakte“<br />
künstlerische Mittel, die nicht –<br />
deduktiv – aus dem Landschaftseindruck<br />
gewonnen werden (wie das<br />
noch der Impressionismus tut), sondern<br />
als freie Gestaltungsidee die Sicht auf<br />
die Landschaft neu begründen. Damit<br />
ist etwas Grundlegendes gewonnen,<br />
nämlich die Gestalt des Bildes, bestehend<br />
aus orthogonalisierten, verhältnismäßig<br />
gleichwertig nebeneinander-<br />
gesetzten Flächen, die nun ebenfalls<br />
unter den Auspizien bereits „abstrakter“<br />
Gestaltungsprinzipien, verselbständigt<br />
und farblich gefasst erscheinen. Klimts<br />
Leistung besteht also im Wesentlichen<br />
darin, bei aller Hingabe an die „Nachahmung“<br />
der Natur, bei allem Willen zur<br />
Wiedererkennbarkeit des Bildthemas,<br />
den künstlerischen Gestaltungsprozess<br />
freizusetzen und als dem Wirklichkeitseindruck<br />
gleichwertig vorzustellen.<br />
12 13
Klimt hat diese Prinzipien aber nicht<br />
ganz „ohne Anschauung“, sozusagen<br />
rein theoretisch, entwickelt, sondern<br />
mit einem kleinen, unbedeutend scheinenden<br />
„Helfer“, nämlich einem Stück<br />
Karton, aus dem ein Rechteck ausgeschnitten<br />
war. Der Blick durch diesen<br />
„Bildausschnitt“ nimmt der Landschaft<br />
viel an Tiefenräumlichkeit und fokussiert<br />
die Gegenstände in einer bereits als<br />
flach und eher unräumlich empfundenen<br />
Entfernung.<br />
Damit hat Klimt eine stark an den<br />
zweidimensionalen Bildträger gebundene<br />
Landschaftskomposition gefunden,<br />
die er nun auf malerisch impressionistische<br />
Weise mit deutlich sichtbaren<br />
Pinselschlägen füllen konnte – das hat er<br />
bereits bei seinem bedeutenden<br />
Professor an der Kunstgewerbeschule,<br />
Ferdinand Laufberger, gelernt. In den<br />
Damenporträts setzt er die Impressionismen<br />
im Gesicht und an den Händen<br />
Postkarte Unterach am Attersee, 1908<br />
zartfarbig und kleinteilig ein, während<br />
er in den – auch wesentlich rascher<br />
gemalten – Landschaftsbildern den<br />
Pinselschlag als expressives, geradezu<br />
verselbständigtes Medium zur Wirkung<br />
bringt: Auch das eine Methode, den<br />
Bildgegenstand von der reinen<br />
Anschauung seiner Gegenständlichkeit<br />
zu emanzipieren.<br />
Zwei der drei Unteracher Bilder, die<br />
Gesamtansicht des Ortes und das<br />
„Häuserbild“, zeigen als charakteristisches<br />
Detail ein stattliches gelbes Haus,<br />
oberhalb des Dorfes thronend, weshalb<br />
man es für ein gegenüber den anderen<br />
Wohngebäuden nobilitiertes, „übergeordnetes“<br />
Bauwerk halten könnte,<br />
etwa als Verwaltungssitz der Grundherrschaft.<br />
Erstaunlicher Weise wurde es<br />
aber erst 1896 errichtet, als einstöckiges<br />
„feuersicheres Kinderasyl mit Industrieschule“,<br />
nach den Plänen des Vöcklabrucker<br />
Baumeisters Franz Aichinger.<br />
Im Gegensatz zum Bauplan, der an der<br />
fünfachsigen Längsfront ein Dachhäuschen<br />
mit reicher Laubsägearbeit zeigt,<br />
wurde das Gebäude als reiner Satteldachbau<br />
ausgeführt, wie auch bei den<br />
Unteracher Gemälden Klimts dargestellt.<br />
Das Kinderasyl, wohl als <strong>Kindergarten</strong><br />
zu bezeichnen, mit „Industrieschule“<br />
(womit etwas hochtrabend eine Grundschule<br />
für handwerkliche Fähigkeiten<br />
gemeint sein dürfte), wird im „Häuserbild“<br />
als markanter oberer Abschloss der Komposition<br />
eingesetzt, durchaus bildbeherrschend,<br />
aber im Sinn von Klimts<br />
Gestaltungsprinzipien streng orthogonalisiert,<br />
mit waagrechter Dachtraufe<br />
und senkrechten Gebäudekanten, wobei<br />
Klimt auch die eigentliche, giebelständige<br />
Hauptfront ohne räumliche Verkürzung,<br />
wenn man so will „en face“ wiedergibt, in<br />
der tatsächlich ausgeführten, vom Bauplan<br />
abweichenden Gestalt mit fünf Fensterachsen<br />
im Obergeschoss, im Erdgschoss<br />
mittig die Eingangstür; der Giebel zeigt<br />
zwei Fenster.<br />
Bei der Beschreibung der „Gesamtansicht“<br />
von Unterach am Attersee<br />
erwähnt Tobias Natter ausdrücklich das<br />
„allein stehende, gelb leuchtende Bauernhaus“,<br />
wie er es irrtümlich nennt, aber<br />
weist mit Recht darauf hin, dass Klimt es<br />
hier – im Vergleich mit dem „Häuserbild“–<br />
„perspektivisch unverändert“ darstellt,<br />
„obwohl es dort von einem anderen Standpunkt<br />
aus wiedergegeben wird“.<br />
Klimt hat dem Gebäude also besondere<br />
Aufmerksamkeit geschenkt und es ganz<br />
bewusst zwei Mal zu einem strategischen<br />
Hauptelement seiner „stilkünstlerischen“<br />
Gestaltungsprinzipien erhoben. Umso erfreulicher,<br />
dass die jungen Architekten der<br />
Adaptierung ihre Verantwortung gegenüber<br />
diesem „Klimtdenkmal“ wahrgenommen<br />
und das ursprüngliche Erscheinungsbild<br />
des Gebäudes bewahrt haben.<br />
Klimts „Helfer“ - ein Karton mit Bildausschnitt<br />
14 15
Herausforderung alte Bausubstanz<br />
Sonja Hohengasser, Erhard Steiner, Jürgen Wirnsberger<br />
Das bestehende Gebäude des<br />
<strong>Kindergarten</strong>s in Unterach ist neben der<br />
Kirche, eines der prägenden Bauwerke<br />
des Ortes. Etwas oberhalb des<br />
Zentrums gelegen, ist es seeseitig von<br />
weither als alleinstehendes, schlichtes<br />
Gebäude mit Satteldach sichtbar.<br />
Auf die Anfrage der Gemeinde, ein<br />
Konzept für den Umbau und die Erweiterung<br />
des <strong>Kindergarten</strong>s zu entwickeln,<br />
wurde bei der ersten Besichtigung<br />
schnell klar, dass versucht werden muss,<br />
die geforderten Funktionen innerhalb der<br />
bestehenden Gebäudestruktur unterzubringen.<br />
Das nicht ausgebaute Dachgeschoss<br />
des <strong>Kindergarten</strong>s stellte<br />
dabei das erforderliche Erweiterungspotential<br />
dar, welches zusätzlich den<br />
Mehrwert von Großzügigkeit und<br />
Offenheit bot.<br />
Das Interesse am Umbau dieses<br />
Gebäudes ist bei vielen Unterachern<br />
verständlicherweise besonders<br />
gegeben, haben doch die meisten von<br />
ihnen ihre <strong>Kindergarten</strong>zeit selbst darin<br />
verbracht und schätzten damals sicher<br />
auch die Atmosphäre der Räume in den<br />
alten Mauern.<br />
Im Planungsprozess mit dem<br />
Bauherrn, den Gebäudeeigentümern<br />
und den Behörden konnte durch<br />
gemeinsame Anstrengungen erreicht<br />
werden, die wesentlichen Merkmale<br />
des Bestandes zu erhalten bzw. wieder<br />
freizulegen und unnötige strukturelle<br />
Maßnahmen weitestgehend zu<br />
vermeiden.<br />
16 17
...die verbauten Materialien<br />
wie unbehandeltes Holz,<br />
Stoff oder Linol regen zum<br />
Angreifen an, und<br />
vermitteln den Benützern<br />
ein Gefühl für Haptik und<br />
Sinnlichkeit...<br />
Die historische Bedeutung des<br />
Gebäudes für Unterach – nicht zuletzt<br />
durch die Abbildung auf den Gemälden<br />
Gustav Klimts, ermöglichte es,<br />
auch ohne Denkmalschutz eine hohe<br />
Sensibilität für die alte Bausubstanz bei<br />
Behörden und Projektbeteiligten gleichermaßen<br />
hervorzurufen. Ausnahmeregelungen<br />
für die thermische Sanierung<br />
der wertvollen Außenwände und die<br />
Adaptierung der Treppenanlage nach<br />
gesetzlichen Anforderungen waren somit<br />
möglich.<br />
Bei der Transformation des 120 Jahre<br />
alten Gebäudes in einen <strong>Kindergarten</strong><br />
nach heutigen Anforderungen, war<br />
es uns wichtig die Atmosphäre des<br />
Bestandsgebäudes zu erhalten und<br />
störende Elemente wie eine später<br />
angebrachte Eternitfassade, abgehängte<br />
Rasterdecken, usw. zu entfernen.<br />
Das Erdgeschoss war mit dem Obergeschoss<br />
über ein nicht abgetrenntes<br />
Treppenhaus verbunden - eine Qualität<br />
die es für uns zu erhalten galt. Durch<br />
die Umstrukturierung der funktionellen<br />
Abläufe und den Ausbau des Dachgeschosses<br />
konnte oberirdisch ein<br />
zusammenhängender Brandabschnitt<br />
realisiert werden.<br />
Diese lockeren Verbindungen der<br />
Geschosse erzeugen in dem Gebäude<br />
ein Gefüge, ähnlich dem eines für Kinder<br />
gewohnten Wohnhauses. Weiters konnte<br />
dadurch der kostenintensive Einsatz<br />
von Brandschutzelementen vermieden<br />
werden.<br />
18 19
EG 1:250<br />
Leiterinnenzimmer<br />
Garderobe<br />
Krabbelgruppe<br />
Ruheraum<br />
Personalraum<br />
WC Krabbelgruppe<br />
WC barrierefrei<br />
Abstellraum<br />
Krabbelgruppe im Erdgeschoss<br />
Die Interventionen im Erd- und Obergeschoss<br />
nehmen Rücksicht auf die<br />
bestehende Struktur – Durch Abbruch<br />
und Neuerrichtung einiger Wände<br />
konnten die geforderten Raumgrößen<br />
der verschiedenen Funktionen<br />
im Bestand sehr gut integriert werden.<br />
Im Erdgeschoss befindet sich die bisher<br />
ausgelagerte Krabbelgruppe sowie die<br />
Garderoben, Büro- und Personalräume,<br />
die beiden Gruppenräume mit zugeordneten<br />
Nassräumen sind im Obergeschoss<br />
untergebracht.<br />
Auch die Ausformulierung der beiden<br />
Geschosse orientiert sich stark an den<br />
vorhandenen Elementen - Sprossenfenster,<br />
Parkett- und Terrazzoböden,<br />
Vertäfelungen und Kassettentüren.<br />
Die Erneuerung der Elektro- und<br />
Heizungsleitungen, die Verlegung der<br />
Sanitäranlagen, die Erneuerung<br />
sämtlicher Oberflächen sowie der<br />
Einbau einer Akustikdecke brachten das<br />
Gebäude auf heutigen Standard.<br />
Den thermischen Anforderungen<br />
wurde durch den Einbau neuer Fenster<br />
und Dämmung des neu ausgebauten<br />
Dachgeschosses Rechnung getragen.<br />
Die geforderte Barrierefreiheit wurde<br />
durch den Einbau einer Aufzugsanlage<br />
erreicht. Ein langsam fahrender<br />
Plattformlift, der kaum Unter- und<br />
Überfahrt benötigt, kommt der beengten<br />
Situation entgegen.<br />
Aufgang zum neu ausgebauten Dachgeschoss<br />
20 21
OG 1:250<br />
Gruppe 1<br />
Gruppe 2<br />
Abstellraum<br />
WC Kinder<br />
Das Dachgeschoss ist bewusst durch<br />
den Kontrast von Alt und Neu geprägt<br />
- die neu hinzugefügten Elemente sind<br />
in der Formensprache schlicht und<br />
einfach, und somit klar als solche zu<br />
erkennen. Die Atmosphäre des<br />
hölzernen Dachraumes strahlt über den<br />
mit Holz ausgekleideten Treppenraum<br />
ins darunterliegende Geschoss und<br />
definiert den Zugang in den neu ausgebauten<br />
Dachraum.<br />
Das Dachgeschoss ist im Wesentlichen<br />
in drei Bereiche gegliedert. Den<br />
Mehrzweckbereich, der nach Osten<br />
den Bewegungsraum erschließt und<br />
nach Westen den Zugang zu einem<br />
überdachten Freibereich schafft - eine<br />
„Übergangszone“ zwischen Innen und<br />
Außen und gleichzeitig Außenraumersatz<br />
über alle Jahreszeiten. Die Spannweiten<br />
des bestehenden Dachstuhls wurden<br />
durch neu hinzugefügte Stahlstützen<br />
reduziert, und wo nötig die Mittelpfetten<br />
zusätzlich mit Metall verstärkt um den<br />
heutigen statischen Anforderungen zu<br />
entsprechen. Das helle Tannenholz, das<br />
für den gesamten Dachausbau verwendet<br />
wurde, kontrastiert das dunkle<br />
Holz des alten Dachstuhls und hebt die<br />
Bestandsstruktur hervor.<br />
Bewusst wurde auf Öffnungen in<br />
der südlichen Dachfläche verzichtet,<br />
einerseits um die Überwärmung des<br />
Dachgeschosses zu vermeiden und um<br />
andererseits die Ansicht von der Seeseite<br />
zu erhalten - eine bewusst<br />
beruhigte Fläche im Kontrast zur<br />
heterogenen Dachlandschaft des Ortes.<br />
Bewegungsraum im Dachgeschoss<br />
DG 1:250<br />
überdachter Freibereich<br />
Mehrzweckraum<br />
Abstellräume<br />
Bewegungsraum<br />
WC Kinder<br />
Schnitt DG 1:250<br />
22 23
Mehrzweckraum im Dachgeschoss
Ansicht zu Freibereich 1:250<br />
Zur natürlichen Belichtung des Dachgeschosses<br />
wurden die beiden Giebelseiten<br />
teilweise geöffnet. Als Referenz<br />
an die holzverschlagenen Giebelflächen<br />
des Bestandes wurden die Bretter „aufgedreht“<br />
und bilden so einen Holzlamellenfilter,<br />
welcher das Tageslicht<br />
bis weit in den Innenraum holt und dem<br />
Freiraum - von innen und von außen<br />
gesehen - einen Abschluss gibt.<br />
Der lichtdurchflutete Großraum ist<br />
lediglich durch Holz-Glaswände in drei<br />
Bereiche zoniert, und macht den beim<br />
ersten Besuch vorgefunden Dachraum<br />
spürbar. Es war uns wichtig, über den<br />
Einsatz natürlicher Materialien wie<br />
unbehandeltes Holz, Stoff oder Linol<br />
- wenn auch nur Unterbewusst - den<br />
Kindern ein Gefühl für Qualität und<br />
Sinnlichkeit zu vermitteln, und sie<br />
anzuregen, ihre Umgebung anzugreifen<br />
und haptisch zu erleben.<br />
Ansicht Sprossenwand 1:250<br />
Ansicht Ost 1:250<br />
Ansicht Stiegenaufgang 1:250<br />
Längsschnitt 1:40<br />
26 27
Regionales Handwerk<br />
Oft standen die am Bau beteiligten<br />
Handwerker - die meisten aus Unterach<br />
oder den Nachbargemeinden - direkt<br />
oder indirekt auch abseits der Bautätigkeit<br />
mit dem <strong>Kindergarten</strong> in Verbindung.<br />
Sie wohnen in der Nachbarschaft,<br />
sind im Pfarrgemeinderat, gingen<br />
selbst in den <strong>Kindergarten</strong>, oder haben<br />
Kinder, welche die Räume in Zukunft<br />
beleben sollen.<br />
Dies prägte nicht nur das Engagement<br />
der Handwerker für die Umsetzung<br />
- die bis ins Detail von uns in hoher<br />
Qualität gefordert wurde - sondern<br />
zeigte sich auch im „Miteinander“ auf<br />
der Baustelle, welche unter großem<br />
Zeitdruck bewältigt werden musste.<br />
Baukultur kann nur durch einen<br />
gemeinsamen Kraftakt entstehen!<br />
Hierfür sei den GemeindevertreterInnen,<br />
der Pfarre Unterach, allen Planungsbeteiligten,<br />
und vor allem den Handwerkern<br />
zu danken - wir hoffen die<br />
Kinder können sich in ihrer neuen<br />
Umgebung entfalten - mit den neuen<br />
Räumen als dritten Pädagogen.<br />
28 29
Standortbetrachtungen<br />
Gerlind Weber<br />
Nicht nur der große Maler Gustav<br />
Klimt fühlte sich sichtlich von der<br />
perfekten Staffelung des Unteracher<br />
Ortszentrums mit Kirche, Pfarrhof und<br />
Kloster und den sie umgebenden Häusern<br />
angezogen, sondern auch schon<br />
<strong>Kindergarten</strong>kinder setzen die prägenden<br />
Einrichtungen in den Mittelpunkt,<br />
wenn sie ihre Wohngemeinde zeichnend<br />
charakterisieren wollen.<br />
Intuitiv erfassen sie, dass es unabdingbare<br />
Institutionen gibt, die ein<br />
lebendiges Dorf mit ausgeprägter<br />
Identität von einer öden Allerweltsiedlung<br />
unterscheiden. Und so soll an dieser<br />
Stelle dem Scharfblick eines Jahrhundertkünstlers,<br />
aber auch den Instinkten<br />
von Kindern folgend mit Sachargumenten<br />
der Raumordnung untermauert<br />
werden, warum man nicht nur<br />
die Kirche, sondern auch den<br />
<strong>Kindergarten</strong> „im Dorf lassen“ soll:<br />
Erstens: Gelebte Ortskernbelebung<br />
In Unterach vollzieht sich – wie in<br />
vielen anderen Landgemeinden und<br />
Kleinstädten auch – ein schleichender<br />
Prozess fortgesetzter Verödung des<br />
Ortszentrums. Über die Jahrzehnte<br />
wurden Geschäfte und Gaststätten<br />
geschlossen, befindet sich das Handwerk<br />
auf Rückzug, werden viele Wohnhäuser<br />
von immer weniger Menschen<br />
ganzjährig bewohnt bzw. dienen überhaupt<br />
nur mehr als Feriendomizile. Es<br />
ist kein Wunder, wenn der Ort außerhalb<br />
der Ferienzeiten auch tagsüber „wie<br />
ausgestorben“ wirkt.<br />
Naheliegender Weise macht das<br />
Schlagwort der „Ortskernbelebung“ die<br />
Runde. Damit ist gemeint, es müssen<br />
Maßnahmen gesetzt werden, die<br />
bewusst weiteren Funktionsverlusten<br />
des Zentrums entgegenwirken und eine<br />
Trendwende hin zu seiner<br />
...warum man nicht nur die Kirche, sondern<br />
auch den <strong>Kindergarten</strong> „im Dorf lassen“ soll...<br />
32 33
Revitalisierung bewirken sollen. Ein<br />
wesentliches Element einer insgesamt<br />
umfassenden Strategie ist, sog.<br />
„Frequenzbringer“ nicht in periphere<br />
Lagen abzusiedeln, sondern sie vielmehr<br />
im Zentrum zu belassen und – wenn<br />
möglich – sie dort zu stärken.<br />
Die Renovierung des baulichen<br />
Juwels Alter Klosterkindergarten ist im<br />
Sinne einer aktivierenden Ortskernbelebung<br />
als entschlossener Schritt „in<br />
die richtige Richtung“ zu interpretieren,<br />
bietet sie nicht zuletzt durch die<br />
Zusammenführung mit der Krabbelstube<br />
für noch mehr Kinder und ihren Begleitpersonen<br />
die Gelegenheit ins Zentrum<br />
zu kommen, das im besten Fall mit<br />
weiteren Erledigungswegen zu verbinden<br />
und auf diese Weise zu mehr<br />
Leben im Ort beizutragen.<br />
Zweitens: Geleitet vom „Prinzip der<br />
kurzen Wege“<br />
Eine tragende Säule bei Standortentscheidungen,<br />
insbesondere im Falle<br />
stark frequentierter öffentlicher Einrichtungen<br />
ist, in möglichst hohem Ausmaß<br />
dem „Prinzip der kurzen Wege“ gerecht<br />
zu werden. Das heißt bei einem <strong>Kindergarten</strong><br />
beispielsweise, dass möglichst<br />
viele Haushalte mit Kindern im<br />
entsprechenden Alter zu Fuß diese<br />
Institution erreichen können sollten. Es<br />
ist naheliegend, dass dieses Ziel am<br />
besten vom als Haufendorf angelegten<br />
Hauptort Unterachs eingelöst werden<br />
kann und nicht von einem seiner weitläufigen<br />
bandförmigen Siedlungsausleger.<br />
Der Standort des Alten Klosterkindergartens<br />
ist auch insofern als vorteilhaft<br />
einzuschätzen, als die Volksschule<br />
in seiner Nähe liegt und so von den<br />
erwachsenen Begleitpersonen beide<br />
Wege über eine relativ lange Zeitspanne<br />
gekoppelt werden können, aber auch<br />
das sichere Begehen des späteren<br />
Schulweges durch die Kinder schon früh<br />
eingeübt werden kann.<br />
Ein weiterer Vorzug des Standortes<br />
ist, dass die Gehstrecken und der<br />
motorisierte Bring- und Abholverkehr<br />
über die Umfahrungsstraße weitgehend<br />
entflochten sind und dementsprechend<br />
gefahrenreduziert auch zu den Stoßzeiten<br />
abgewickelt werden können.<br />
Drittens: Ein Beitrag zum Bodensparen<br />
Jede Renovierung und Weiterverwendung<br />
eines alten öffentlichen<br />
Gebäudes ist ein wichtiger, weil<br />
besonders symbolträchtiger Beitrag, um<br />
den Bauboom auf der „grünen Wiese“<br />
einzudämmen und der fortgesetzten<br />
Bodenverschwendung entgegenzutrten.<br />
Gerade in einem Ort wie Unterach, wo<br />
zum einen der sog. Dauersiedlungsraum<br />
durch den hohen Waldanteil und die<br />
bewegte Geländemorphologie gering<br />
ist und der zum anderen sich auch als<br />
Tourismusdestination mit einem<br />
beträchtlichem Anteil an Zweitwohnsitzen<br />
versteht, ist jede unnötige<br />
Versiegelung landwirtschaftlich<br />
genutzten Bodens bzw. der offenen<br />
Landschaft tunlichst zu vermeiden.<br />
Der aktuelle Auftrag in der Ortsplanung<br />
lautet daher „Verdichtung nach<br />
innen“. Damit ist nicht nur die Schließung<br />
der Baulücken im bestehenden<br />
Siedlungsgebiet gemeint, sondern auch<br />
die Wiederverwendung und bessere<br />
Ausnutzung schon vorhandener<br />
Gebäude.<br />
Letztere konnte durch die Renovierung<br />
und den substanzschonenden<br />
Ausbau des Dachgeschoßes des Alten<br />
Klosterkindergartens auf vorbildliche<br />
Weise eingelöst werden.<br />
34 35
Viertens: Finanzmittel einsparend<br />
Über die ökologischen, agrarischen<br />
oder landschaftsästhetischen Gründe<br />
hinaus ist die Innenentwicklung auch<br />
aufgrund finanzieller Überlegungen zu<br />
forcieren. „Es gibt kein besseres Mittel<br />
zur kommunalen Ausgabensenkung als<br />
eine kompakte (bodenschonende) und<br />
geordnete Siedlungsentwicklung“, heißt<br />
es dazu aus facheinschlägigen<br />
Akademiekreisen (ARL, 2012).<br />
Diese Einschätzung fußt darauf, dass<br />
bei der Gebäudesanierung die Infrastrukturerschließung<br />
wie Zufahrt,<br />
Wasser- und Kanalanschluss, Stromund<br />
Internetleitungen bereits existieren<br />
und nicht wie bei einem Neubau (teilweise)<br />
erst hergestellt werden müssen.<br />
Zudem wird meistens vernachlässigt,<br />
dass die Errichtungskosten der genannten<br />
Infrastruktur über ihren ganzen<br />
Lebenszyklus hinweg nur 20%, aber die<br />
Folgekosten für Erhaltung, Reparatur<br />
und Generalsanierung 80% ausmachen.<br />
Wird eine Ortkernstärkung angestrebt,<br />
so muss wieder mehr ins Zentrum und<br />
nicht vornehmlich in die Siedlungserweiterungen<br />
investiert werden!<br />
dörfliche Stukturen in Unterach<br />
Fünftens: Spielerisch das „System<br />
Dorf“ erfassen<br />
Selbst Erwachsenen fällt es schwer,<br />
eine Gemeinde als komplexes Ganzes<br />
zu erfassen, geschweige denn, die sich<br />
aufbauenden Summationseffekte von<br />
persönlich gefällten Einzelentscheidungen<br />
in ihrer Tragweite für das<br />
Gemeinwesen abzuschätzen. So kann<br />
nicht früh genug damit begonnen<br />
werden, das, was ein Dorf funktionierend<br />
und lebenswert erscheinen lässt, intuitiv<br />
lesbar zu machen.<br />
Der Standort des Alten Klosterkindergartens<br />
ist auch deshalb so<br />
wertvoll, weil er allein durch seine<br />
Einbettung in zentraler Lage zeigt, dass<br />
ein Dorf wie Unterach als eine Art Räderwerk<br />
gesehen werden kann, wo ein Rad<br />
ins andere greift, um das Gesamte am<br />
Laufen zu halten.<br />
Umso mannigfaltiger das Angebot an<br />
Nahversorgern, wie Geschäften, Dienstleistern,<br />
Handwerks- und Gastronomiebetrieben,<br />
öffentlichen Einrichtungen wie<br />
<strong>Kindergarten</strong>, Schule, Gemeindeamt,<br />
Kirche, Pfarrhof. Busdienste, Strandbad<br />
etc. ist, umso vitaler und zukunftsfester<br />
die ganze Gemeinde aufgestellt ist.<br />
Nähe begünstigt Synergien (die bei<br />
weitem noch nicht ausgeschöpft sind),<br />
fördert Begegnungen, bringt Leben in<br />
den öffentlichen Raum und erhöht die<br />
Kundenfrequenz bei den Geschäftsleuten.<br />
Eine „vitale Mitte“ stärkt die<br />
zentripetalen Kräfte, die eine langgestreckte<br />
Gemeinde wie Unterach<br />
mit ihren weitläufigen Siedlungsteilen<br />
„zusammenhalten“ können. Gleich<br />
einem gesunden Herz, das auch noch<br />
die äußersten Gliedmaßen sehr gut mit<br />
Sauerstoff versorgt.<br />
„Junges Leben in<br />
alten Mauern“ wird<br />
hier auf konsequente<br />
Weise vorgelebt.<br />
Sechstens: Da gehör´ ich hin!<br />
Jenseits aller Zweckmäßigkeitsüberlegungen<br />
gibt es außerdem noch<br />
keinesfalls zu unterschätzende, im<br />
Emotionellen verankerte Gründe, die die<br />
Richtigkeit der Generalsanierung des<br />
Alten Klosterkindergartens stützen:<br />
„Junges Leben in alten Mauern“ wird<br />
hier auf konsequente Weise vorgelebt.<br />
Es wird gezeigt, dass zeitgemäße<br />
Kinderpädagogik in einem<br />
Gebäude mit einer langen Geschichte<br />
vereinbar sind.<br />
Schon die kleinen Kinder lernen in<br />
diesem Ambiente Respekt vor überlieferter<br />
Baukultur, kombiniert mit<br />
gediegener heutiger Handwerksarbeit,<br />
erleben viel Freude mit strapazierfähigen<br />
natürlichen Materialien, die auch bei<br />
intensivem Gebrauch nicht schäbig<br />
werden, sondern vielmehr eine „gediegene<br />
Patina“ annehmen.<br />
Strukturplan Unterach am Attersee 1:7500<br />
Später, erst im jungen Erwachsenenalter<br />
werden die einstigen <strong>Kindergarten</strong>kinder<br />
erkennen, wie durch eine<br />
zurückhaltende, bestandsschonende<br />
Architektur es gelang, ein Baujuwel aus<br />
alten Tagen, am „richtigen Ort“ durch<br />
entsprechende Weiterverwendung in die<br />
Zukunft zu führen.<br />
Sie werden wissen, dass es sich beim<br />
Alten Klosterkindergarten um ein ortsbildprägendes<br />
Gebäude handelt, als Teil<br />
dessen wofür Unterach durch die Bilder<br />
Gustav Klimts Weltgeltung erfahren hat.<br />
Sie werden vielleicht fühlen, dass diese<br />
Ortsmitte nicht nur schön zum<br />
Anschauen ist, sondern durch dort<br />
bereits in frühen Kindertagen Erlebtes in<br />
ihnen das Gefühl wachsen ließ:<br />
„Unterach – da gehör´ ich hin!“<br />
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Projektdaten<br />
Konzept<br />
Frühjahr 2016<br />
Baubeginn<br />
Sommer 2017<br />
Fertigstellung<br />
Herbst 2017<br />
Bauzeit<br />
22 Wochen<br />
Auftraggeber<br />
Gemeinde Unterach am Attersee<br />
Gebäudeeigentümer<br />
Pfarre Unterach am Attersee<br />
Nutzläche<br />
440 m 2<br />
Gesamtbaukosten Netto<br />
1.250.000,-<br />
Böden EG, OG<br />
20mm massive Eichenparkettriemen,<br />
regelmäßigen Verband, natur geölt<br />
Böden DG<br />
28mm Massivholzboden, Tanne Rift/Halbrift,<br />
geschliffen, weiß geölt<br />
Böden Nassräume, Gang<br />
30mm Terrazzoplatten, 30x30cm, versiegelt,<br />
imprägniert - Fa. Gierer - Ernstbrunn<br />
Wände Dachgeschoss<br />
19mm Tannentäfer, Rift/Halbrift, unbehandelt<br />
Untersicht DG<br />
19mm Tannentäfer, Rift/Halbrift,<br />
mit Schattenfuge, unbehandelt<br />
Abgehängte Decke EG, OG<br />
Heradesign fine, weiß, mit Tannenbretter<br />
kassettiert, weiß geölt<br />
Innentüren EG, OG<br />
Umfassungszarge Massivholz, Tanne, weiß geölt<br />
Kassettierte Massivholztüren, Tanne, weiß geölt<br />
Eingangstüre<br />
Massivholztüre, Lärche, weiß geölt<br />
Pfosten-Riegel-Fassade DG<br />
6x20cm Tanne Massiv, 3-fach-Verglasung,<br />
unbehandelt<br />
Fenster<br />
Massivholz-Tischlerfenster mit Sprossenteilung,<br />
außen Lärche, innen Tanne, 3-fach-Verglasung,<br />
weiß geölt<br />
Planung und Handwerk<br />
Architektur<br />
ARGE Hohengasser Steiner Wirnsberger,<br />
Salzburg und Spittal<br />
ÖBA, BauKG<br />
PÖLZ baukultur GmbH, Mondsee<br />
Statik<br />
Dipl.-Ing. Brandstätter Ziviltechniker GmbH,<br />
Salzburg<br />
HLS-Planung<br />
Raumklima Planungsgesellschaft mbH,<br />
Mondsee<br />
Bauphysik<br />
KSM Ingenieure, Perg<br />
Brandschutz<br />
Bautaktik OG, Salzburg<br />
Baumeister<br />
BSU Bauservice, Abersee<br />
E-Installation<br />
Elektrotechnik Ing. Gernot Schmidt, Unterach<br />
HKLS-Installation<br />
Andreas Ecker GmbH, Unterach<br />
Zimmerer<br />
Jakob Ebner Bau GmbH, St. Lorenz<br />
Aufzug<br />
Weigl-Aufzüge GmbH & Co KG,<br />
Waizenkircheng<br />
Fenster, Außenüren<br />
Tischlerei Lohninger, Unterach<br />
Türen, Glasfassade, Einrichtung<br />
Tischlerei Speigner GmbH, Unterach<br />
Dachdecker, Spengler<br />
Rudolf Hödlmoser, Unterach<br />
Maler<br />
Malerei Lackner GmbH, Tiefgraben<br />
Fliesenleger<br />
Franz Kloiber GmbH & Co KG, St. Gilgen<br />
Holzböden<br />
Landrichtinger GmbH, Bergheim<br />
Tapezierer<br />
Fritz Maier, Mondsee<br />
Möbel<br />
H. und M. Schorn, Tiefgraben<br />
Schlosser<br />
Hans Pichler Metallbau GmbH,<br />
Tiefgraben<br />
Treppenbau<br />
Schachreiter Treppenmanufaktur,<br />
Ottnang am Hausruck<br />
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Impressum<br />
Gestaltung und Koordination<br />
ARGE Hohengasser Steiner Wirnsberger<br />
Texte<br />
Georg Baumann, Dr. Hadmar Lanz<br />
Bürgermeister und Vizebürgermeister, Unterach am Attersee<br />
Gerhard Schlichtner<br />
Bezirksoberförster i.R., ehem. Mitglied des Pfarrgemeinderates<br />
Dr. Otmar Rychlik<br />
Freischaffender Kunsthistoriker, Publizist, Verleger und<br />
Ausstellungskurator, Autor zahlreicher Beiträge über moderne<br />
und alte Kunst, Lehraufträge an der Universität Wien, Akademie<br />
der bildenden Künste, Universität für Angewandte Kunst in Wien,<br />
Karl-Franzens-Universität Graz und an Fachhochschulen in<br />
Wien und Kärnten. 2005 bis 2010 Kurator der Porträtgalerie des<br />
Burgtheaters, und des Klimtraumes im Burgtheater<br />
2012 Kurator der Ausstellung zum 150. Geburtstag von Gustav<br />
Klimt im Kunsthistorischen Museum<br />
Architektin DI Sonja Hohengasser,<br />
Architekt DI Jürgen Wirnsberger<br />
Professorin und Lehrender an der FH-Kärnten, Architekturbüro<br />
Hohengasser Wirnsberger Architekten ztgmbh in Spittal<br />
Architekt DI Erhard Steiner<br />
Architekturbüro in Salzburg<br />
O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Gerlind Weber<br />
studierte Soziologie, Raumplanung und Rechtswissenschaften,<br />
Universitätsprofessorin für Raumforschung und Raumplanung<br />
bis 2012 Leitung Institut für Raumplanung und Ländliche<br />
Neuordnung an der Universität für Bodenkultur in Wien<br />
Bildnachweis<br />
Volker Wortmeyer (Architektur)<br />
ARGE Hohengasser Steiner Wirnsberger<br />
(Bestand, Baustelle)<br />
Buch „Gustav Klimt - Sommerfrische am<br />
Attersee“ (Klimtbilder)<br />
Hildegard Speigner (Personenbilder)<br />
Gerhard Pinkl (Ansichtskarten)<br />
Druckerei<br />
Samson Druck GmbH (750 Stk.)<br />
Prälat Dr. Josef Lohninger, Pfarrer von 1896 – 1902<br />
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