Lyrikprogramm 2011 - IPQ
Lyrikprogramm 2011 - IPQ
Lyrikprogramm 2011 - IPQ
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Lyrikprogramm</strong> <strong>2011</strong><br />
Mariensaal des Schlosses Hetzendorf, 1120 Wien, Hetzendorfer Straße 77-79<br />
Samstag, 1. Oktober <strong>2011</strong>, 19.30 Uhr<br />
Einleitende Worte (Gerhard <strong>2011</strong>)..........................................................................................2<br />
Hälfte Heinz <strong>2011</strong>, Trude Marzik ...........................................................................................3<br />
Wia mei Liab is (S. 47).......................................................................................................3<br />
Erinnerung an die Mitzi (S. 69)...........................................................................................3<br />
A klaner Gspaß (S. 51) .......................................................................................................3<br />
Liebe 73 (S. 59)..................................................................................................................4<br />
Nix dauert ewig (S. 71).......................................................................................................4<br />
Der Untermieter Sedlacek (S. 34) .......................................................................................4<br />
Am Hochzeitstag (S. 100)...................................................................................................5<br />
Ein Strohwitwer schreibt (S. 31) .........................................................................................5<br />
Ohne Männer (S. 36) ..........................................................................................................5<br />
Frauenleben (S. 78).............................................................................................................6<br />
Die alte Dame (S. 57) .........................................................................................................6<br />
Die Zeit (S. 111).................................................................................................................7<br />
Hälfte Gerhard <strong>2011</strong>, Christine Nöstlinger..............................................................................8<br />
Glane Greiss-Soi Gedaunkn (I, S. 11) .................................................................................8<br />
I was genau (II, S. 51).........................................................................................................8<br />
A blede Gschicht (I, S. 23)..................................................................................................9<br />
Ana aus bruck (II, S. 19).....................................................................................................9<br />
D Mutta weids Madl ei (I, S. 21).......................................................................................10<br />
Guade gründe (II, S. 56) ...................................................................................................10<br />
I mechdad so gean (I, S. 36)..............................................................................................11<br />
Wos wüs denn no? (II, S. 45)............................................................................................11<br />
S schene Gfüh vum schenan Glik (I, S. 40).......................................................................11<br />
Des muasd eatrogn (II, S. 59)............................................................................................12<br />
Schlechd und echd ungerechd (I, S. 62) ............................................................................13<br />
Ka eisichd (II, S. 87).........................................................................................................13<br />
Zweiter Teil <strong>2011</strong>: Roth, Eugen............................................................................................14<br />
ZUM GELEIT..................................................................................................................14<br />
DIE BIBEL.......................................................................................................................14<br />
DIE ANTIKE ...................................................................................................................16<br />
DIE GERMANEN............................................................................................................18<br />
MITTELALTER...............................................................................................................19<br />
DIE NEUZEIT .................................................................................................................21<br />
Draufgaben <strong>2011</strong>..................................................................................................................24
Einleitende Worte (Gerhard <strong>2011</strong>)<br />
Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
wir zwei – das sind: mein Freund Heinz Glaser und ich – wollen Ihnen diesmal mit Gedichten<br />
die symbiotischen und antagonistischen Aspekte der femininen und maskulinen<br />
Sozialanthropologie näherbringen, oder – komprimiert gesagt – was zwischen Frauen und<br />
Männern los ist.<br />
Im ersten Teil tut das Trude Marzik für Damen und Herren sowie für Frauen und Männer,<br />
Christine Nöstlinger dann für Frauen und Männer sowie für Weiber und Mannsbilder. Im<br />
zweiten Teil zeigt Ihnen Eugen Roth, daß sich von der Bibel bis zur Neuzeit eigentlich nicht<br />
arg viel geändert hat.<br />
Noch eine Anmerkung zur Sprache der Gedichte: Dialekt wird oft mit Heiterkeit<br />
gleichgesetzt, Hochdeutsch mit Ernst. Vorsicht. Manche Dialektgedichte sind so raffiniert,<br />
daß ein Lachen nur den Auftakt zu einer Verzweiflung bildet, wogegen das Hochdeutsch im<br />
zweiten Teil durchaus nicht ernst genommen werden will.<br />
Mein Freund Heinz praktiziert im ersten Teil Schönbrunnerdeutsch, wogegen ich – seit mehr<br />
als 50 Jahren im Exil – mich an ein Wienerisch der "entern Gründ" zu erinnern versuche.<br />
Erlauben Sie uns noch eine Bemerkung in eigener Sache: Wir widmen diesen Abend unserem<br />
Freund Rudolf Oezelt, der durch 6 Jahrzehnte diese Programme gemeinsam mit uns beiden<br />
gestaltet hat. Altersbedingt kann er leider weder selbst mitwirken, noch als Zuhörer anwesend<br />
sein. Wir vermissen ihn.<br />
Das war's schon. Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung.<br />
2
Hälfte Heinz <strong>2011</strong>, Trude<br />
Marzik<br />
Parallelgedichte, Zsolnay Wien 1973, ISBN<br />
3-552-02531-6<br />
Wia mei Liab is (S. 47)<br />
Mei Liab is wiar a Vogel:<br />
Von Zeit zu Zeit fliagt s' furt,<br />
woandershin. Do net für lang,<br />
denn ohne Nest, da wird ihr bang.<br />
Und 's Hamfliagn, des tuat guat.<br />
Mei Liab is wia die Blatteln<br />
am Bam. Die welken hin,<br />
wann's herbstelt, falln s' schö langsam a.<br />
lm Fruajahr san s' dann wieder da<br />
in ganz an frischen Grün.<br />
Mei Liab is wia der Schatten,<br />
der ewig kummt und geht.<br />
Die finstre Nacht, die deckt ihm zua;<br />
dann siecht man' wieder in der Fruah,<br />
wann d' Sunn am Himmel steht.<br />
Erinnerung an die Mitzi (S. 69)<br />
Es war September. Sie hat Mitzi ghaßen.<br />
Und Sunntag war's, des waaß i no genau.<br />
Da san ma nachmittag im Garten gsessen,<br />
beim Heurigen. Die Zwetschken warn scho<br />
blau.<br />
Die Schwalben habn sich hergricht für die<br />
Reise,<br />
und ane laßt im Fliagen gar was falln.<br />
I hab vur lauter Jungsein und Verliabtsein<br />
den Fleck net ausputzt aus der neuchen<br />
Schaln.<br />
Seitdem san leicht a Dutzend Jahr vergangen.<br />
Die Zwetschken san bestimmt scho Powidl<br />
wurn.<br />
Der Wein von damals, der is heute Essig.<br />
Und d' Mitzi hab i aus die Augn verlurn.<br />
Wia s' ausgschaut hat? I kann mi net erinnern.<br />
A'busselt hab i s' fleißig, des steht fest.<br />
Und ,,Mitzi" war ihr Namen. Oder Antschi?<br />
A Zwetschkenbam, a Bank, a Schwalbennest.<br />
3<br />
Und aa die Busserln hätt i längst vergessen,<br />
wann net die klane Schwalben gwesen wär.<br />
I siech s' direkt vua mir, i hör s' no<br />
zwitschern,<br />
wia s' gflogn is ober uns so hin und her.<br />
Die Mitzi is verheirat und hat Kinder,<br />
vielleicht a ganze Schar. Lebt waaß Gott wo.<br />
Und ohne Schwalbendreckfleck in mein<br />
Sackel<br />
wär von der ganzen Liabschaft nix mehr da.<br />
A klaner Gspaß (S. 51)<br />
Gestern, zeitlich in der Fruah,<br />
find i in mein Bett ka Ruah,<br />
hab schlecht gschlafen in der Nacht<br />
und will schaun, was d' Roserl macht.<br />
I klopf an bei ihrer Tür,<br />
und sie steht so liab vua mir,<br />
hat nix an, na, wißts ja eh,<br />
wia ma sagt, im Negligee.<br />
Mir wird glei, i waaß net wia,<br />
und es schnackeln mir die Knia.<br />
,,Weg mit d' Händ! Drah di zur Wand!"<br />
sagt s'. ,,I bin no net im Gwand!"<br />
Und i drah mi mit an langen<br />
Gsicht zur Wand.<br />
Jetzt geht s' hin zu ihrn Lawua,<br />
und i stell mir alles vua,<br />
wia sa si so waschen tuat...<br />
Mir is direkt gar net guat.<br />
Und dann nimmt s' die Nylonwäsch,<br />
knistern tuat die Kombinäsch ...<br />
Langsam ziagt sa si dann an,<br />
Strümpf und Schucherln kummen dran…<br />
Wia sa si die Haar toupiert,<br />
spür i, daß mir besser wird.<br />
,,Weg mit d' Händ! Drah di zur Wand!"<br />
sagt sie. ,,Du verdruckst mir 's Gwand!"<br />
Und i drah mi mit mein großen<br />
Schmerz zur Wand.<br />
,,Roserl", sag i, ,,sei ka Kind!<br />
Gib mir nur a Busserl gschwind!<br />
Schließlich schaut uns kaner zua —<br />
und dann gib i dir a Ruah!"<br />
,,Bis d' mi heiratst!" sagt sie knapp.<br />
,,Vorher spielt si gar nix ab!
Bild dir nur kan Blödsinn einl<br />
Weg die Händ! lch bleibe rein!"<br />
Und i sag zu ihr: ,,Na guat!<br />
Alsdern schickst mi wieder furt!"<br />
Traurig wiar a matte Fliegn<br />
schleich i abi über d' Stiagn.<br />
Fragts die Roserl, die kann no viel<br />
besser lüagn ...<br />
Liebe 73 (S. 59)<br />
,,Wann i an Parkplatz find, dann kumm i<br />
auf d' Nacht, gleich nach'n Gschäft, zu dir!<br />
Ziag dir was Schönes an, du waaßt ja:<br />
i gfreu mi drauf, daß i di gspür!<br />
Richtst halt a bissel was zum Essen,<br />
und stell den Gumpoldskirchner kalt!<br />
Wann i an Parkplatz find, dann kumm i.<br />
Wann i kan find, dann laß ma's halt.<br />
Wann i an Schilling find im Börsel,<br />
dann ruaf i di natürlich an.<br />
Des is do aa ganz schön, du waaßt ja:<br />
die Liebe, so per Telefon!<br />
Dann stellst des Essen vom Rechaud weg,<br />
der Gumpoldskirchner halt' si schon.<br />
Schliafst wieder in dein Barchentschlafrock,<br />
und ziagst die alten Patschen an.<br />
I sag dir ans: tua mi net penzen!<br />
So is die Zeit! Mir san modern!<br />
Was soll i ohne Parkplatz machen?"<br />
,,Waaßt was, mei Liaber? Hab mi gern!"<br />
Nix dauert ewig (S. 71)<br />
Acht Jahr san s' mitanander gangen.<br />
Sie habn si gern ghabt no im Mai,<br />
im Sommer aa, den haaßen, langen.<br />
Und dann im Herbst. da war's vorbei.<br />
Wia kann des sein? Was solln s' jetzt<br />
machen?<br />
Sie stehn und wissen si kan Rat.<br />
Solln s' wanen? Oder drüber lachen?<br />
Die Liab is furt. Es is drum schad.<br />
Sie habn's ja gwußt, nix dauert ewig.<br />
Ma kennt si guat, ma wird si fad.<br />
Die größte Liab wird amal schäbig.<br />
Sie want halt doch. Und tuat ihm lad.<br />
lm Tschecherl — sie wird immer blasser —<br />
da sitzen s' lang. Sie sagn ka Wurt.<br />
4<br />
Und nur der Ventilator surrt.<br />
Sie stehn net auf, sie gehn net furt.<br />
Der Kellner bringt a frisches Wasser.<br />
Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979,<br />
ISBN 3-552-03122-7<br />
Der Untermieter Sedlacek (S. 34)<br />
Der Sedlacek, ein alter Freund von mir,<br />
is noch a fescher Mann, nur meistens stier.<br />
Er hat's zu keiner eignen Wohnung bracht.<br />
,,Was brauch i sowas?" sagt er nur und lacht.<br />
,,1 hab mein Kasten, Sessel, Tisch und Bett.<br />
I wohn möbliert, und mehr verlang i net.<br />
Die Novotny hat gern an Mann im Haus,<br />
und wann s' mi braucht. dann hilf ich ihr halt<br />
aus."<br />
,,Herr Sedlacek, das Wasser tropft,<br />
der Ausguß is total verstopft.<br />
Die Uhr ghört auf'zogn, san S' so guat!<br />
Wie gfallt lhnen mein neucher Huat?<br />
Der Besen braucht an andern Stiel.<br />
Der Sessel is no recht stabil.<br />
Gehn S', tan S' ihn streichen, habn S' net<br />
Zeit?<br />
Das Messer hat ka rechte Schneid.<br />
Die Wäsch muß in die Wäscherei -<br />
's is auch von lhnen was dabei.<br />
Und bei der alten Vyskocil<br />
bleiben S' ja net stehn, die redt zuviel!<br />
Jetzt san S' so guat, und putzen no des<br />
B'steck!<br />
Sie san a braver Mensch, Herr Sedlacek!<br />
Und ohne lhnen siech i mi net draus!<br />
Man braucht als Frau halt doch an Mann im<br />
Haus!"<br />
Der Sedlacek, die Ruhe in Person,<br />
entwickelt bald a stille Aggression.<br />
Er denkt: ,,Am besten geh ich schleunig fort,<br />
sonst gibt's am End a Unglück, gibt's an<br />
Mord."<br />
Er denkt: ,,A Wohnung gibt ma net leicht auf,<br />
da nimmt ma schließlich mancherlei in<br />
Kauf!"<br />
Drum hat er s' gheirat, das war gar net dumm.<br />
Der Sedlacek, der draht den Spieß jetzt um:<br />
,,Aloisia, das Wasser kocht!<br />
A Beinfleisch hätt ich gern auf d'Nacht!<br />
Die frischen Söckeln habn a Loch -<br />
i glaub, Aloisia, du laßt nach!
Daß alles Reden gar nix nutzt!<br />
Wird Zeit, daß d' amal Fenster putzt!<br />
Bring mir an orndlichen Kaffee,<br />
und wann i dann ins Wirtshaus geh,<br />
bürscht mir den Rock aus, aber gschwind!<br />
Mach's Fenster zu, es geht a Wind!<br />
Wo bleibt denn der Kaffee so lang?<br />
Mir scheint, hast wieder tratscht am Gang!<br />
Aloisia, machst du am End a Gsicht?<br />
Du mußt doch schaun auf mich, das is dei<br />
Pflicht.<br />
Du hast es selber wolln, mach dir nix draus,<br />
jetzt hast als Frau halt doch an Herrn im<br />
Haus!"<br />
Kultur mit Schlag, Kremayr & Scheriau,<br />
Wien 1992, ISBN 3-218-00503-5<br />
Am Hochzeitstag (S. 100)<br />
(Nach der Melodie von "An Elise")<br />
Heut is unser Hochzeitstag.<br />
Es wird Zeit, daß i dir sag:<br />
Meistens liegst mir schwer im Magn,<br />
oft tät i di gern derschlagn.<br />
Heut is unser Hochzeitstag.<br />
's Lebn mit dir war nix wia Plag.<br />
Manchmal frag i mi im Zurn:<br />
Was is aus uns zwaa nur wurn?<br />
Keppeln tuast scho in der Fruah,<br />
nix is recht. nix traust mir zua.<br />
Waaßt no, wia mir g'heirat ham?<br />
,,Hauptsach is, wir halten z'samm!"<br />
hast du damals gsagt zu mir.<br />
Du hast nix ghabt, i war stier.<br />
Aber aa die schlechte Zeit<br />
habn wir übertaucht zu zweit.<br />
Heut is unser Hochzeitstag.<br />
Es wird Zeit, daß i dir sag:<br />
Ohne di, so kummt mir ma,<br />
gingert i mir in Verlua.<br />
Heut is unser Hochzeitstag.<br />
Du waaßt eh, daß i di mag.<br />
Zwar möcht i di oft derschlagn.<br />
Nur - ohne di könnts mi begrabn.<br />
Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979,<br />
ISBN 3-552-03122-7<br />
5<br />
Ein Strohwitwer schreibt (S. 31)<br />
Jetzt bist schon vierzehn Tag lang furt.<br />
Wie ist das Wetter? Geht's Dir guat?<br />
Du hast gsagt: ,,Schreib!" Also, ich schreib.<br />
Bei uns is' haaß. Was i so treib?<br />
Um sechse aufstehn, waaßt ja eh,<br />
dann geh i gschwind auf an Kaffee,<br />
weil nämlich die Kaffeemaschin,<br />
die is seit letzten Montag hin.<br />
Der Haushalt is ka Hexerei.<br />
Wie kocht man eigentlich ein Ei?<br />
lch wüßt gern, was ich falsch dran mach:<br />
Es wird net waach, so lang ich's koch!<br />
Der Hansi hat net fressen wolln.<br />
Hätt i die Söckeln begeln solln?<br />
Die Goldfisch schwimmen hin und her.<br />
Die Wohnung ohne Dich is leer.<br />
Mi'n Schreiben tuar i mir's recht hart.<br />
Man findt so schwer das rechte Wort.<br />
lch hoff, Du bist bald wieder da.<br />
Lach mi net aus, Du gehst mir å.<br />
Die Abwasch is schon voller Gschirr.<br />
Wanst früher kommst, telegraphier,<br />
daß i Di abhol von der Bahn.<br />
Es grüßt und küßt Dich sehr<br />
Dein Mann.<br />
Ohne Männer (S. 36)<br />
Ohne Männer kein Vergnügen,<br />
keine Lust und kein Pläsier,<br />
ohne Männer keine Wonne,<br />
denn sie sind der Schöpfung Zier.<br />
Ohne Männer keine Falschheit.<br />
Eifersucht und Niedertracht,<br />
ohne Männer keine Hochzeit<br />
und auch keine Hochzeitsnacht.<br />
Ohne Männer keinen Hausfreund -<br />
der Gedanke ist ein Graus -<br />
ohne Männer tät man sitzen<br />
mutterseelnallanig z'Haus.<br />
Ohne Männer auswärts speisen<br />
rat ich ernstlich keiner Frau.<br />
Ohne Männer muß man nämlich<br />
selber zahln im Restaurant!<br />
Ohne Männer ka Erfindung,<br />
ka Musik und auch kein Buch.<br />
Ohne Männer gäb's kan Harem
und es gäb auch kan Eunuch.<br />
Ohne Männer gingert keine<br />
mit ihrn Taschel hin und her,<br />
ohne Männer wärn die Häuser,<br />
die gewissen, alle leer.<br />
Ohne Männer gäb's kein Busserl,<br />
nicht einmal ein Rendezvous.<br />
Ohne Männer könnt man schlafen<br />
ungestört in aller Ruh.<br />
Ohne Männer keinen Vater,<br />
keinen Sohn und keinen Sex.<br />
Ohne Männer gäb es niemals<br />
einen Ödipuskomplex.<br />
Ohne Männer wär das Leben<br />
biologisch ungesund.<br />
Ohne Männer wärn wir Frauen -<br />
sagn die Männer - ganz am Hund.<br />
Ohne Männer kannst im Auto<br />
ungetadelt umkutschiern.<br />
Ohne Männer muaßt die Kraxen<br />
dann auch selber repariern.<br />
Ohne Männer, da verlierert<br />
unsereins ja bald den Schwung.<br />
Ohne Männer keine Kämpfe<br />
um die Gleichberechtigung.<br />
Ohne Männer keine Mondfahrt.<br />
Mathematik und Physik.<br />
Ohne Männer gäb's kan Helden<br />
und es gäb auch keinen Krieg.<br />
Ohne Männer mußt net denken:<br />
,,Was ich morgen wieder koch?"<br />
Ohne Männer wär's bequemer,<br />
aber lieb sind sie ja doch.<br />
Ohne Männer gäb's kein Streiten<br />
um das dumme Wirtschaftsgeld.<br />
Ohne 's Ripplerte vom Adam<br />
wärn wir gar nicht auf der Welt.<br />
Am Anfang war die Kuchlkredenz,<br />
Zsolnay Wien 2000, ISBN 3-552-04983-5<br />
Frauenleben (S. 78)<br />
Vom ersten die Tochter,<br />
vom zweiten den Sohn,<br />
vom dritten die Wohnung<br />
und die Witwenpension<br />
6<br />
Das g' wisse Alter, Zsolnay Wien 1979,<br />
ISBN 3-552-03122-7<br />
Die alte Dame (S. 57)<br />
Die alte Dame, die Löckchen wie Schnee -<br />
man trifft sie nachmittags im Café,<br />
und manchmal in Baden, sogar beim<br />
Roulette,<br />
doch immer mit Haltung, gepflegt und adrett.<br />
Das Zünglein ist spitz, das Gehör ist schon<br />
schlecht,<br />
die Zähne sind falsch, die Brillantboutons<br />
echt.<br />
Sie tritt meist gepaart auf, noch öfter zu drein<br />
-<br />
die alte Dame ist ungern allein.<br />
Die Wohnung ist eigentlich viel zu groß,<br />
doch mit der Anna, da geht's tadellos.<br />
Freilich, wenn die einmal nicht mehr wär,<br />
nicht auszudenken! Das wär ein Malheur.<br />
Die ist ins Haus kommen, beinah als Kind;<br />
ob sich so schnell ein Ersatz für sie findt?<br />
Selber den Haushalt? Wie andre Fraun?<br />
Wo sie doch nie noch - ihr Mann tät schön<br />
schaun!<br />
Es wär auch peinlich, zum Beispiel beim<br />
Jour.<br />
Jedes Jahr fahrt sie nach lschl zur Kur,<br />
und dann nach Salzburg. Zur Festspielzeit,<br />
klar.<br />
Salzburg ist auch nicht mehr das, was es war.<br />
Längst ist ihr Mann schon unter der Erd.<br />
Hat auch zu Lebzeiten niemals gestört.<br />
Gott hab ihn selig. Ein Sektionsrat<br />
widmet sein ganzes Leben dem Staat.<br />
Er hat sein Amt g'habt und sie ihrn Salon.<br />
Jetzt hat er Frieden und sie die Pension.<br />
Hübsch eine hohe, sie lebt sorgenfrei.<br />
Nächstes Jahr reist sie gar in die Türkei,<br />
und dann nach Grado. Sie kommt nicht zur<br />
Ruh.<br />
Manchmal nur fragt sie sich selber: Wozu?<br />
Was ist schon dabei, wenn man älter wird,<br />
Zsolnay Wien 1993
Die Zeit (S. 111)<br />
Zimmer, Kuchl, Kabinett,<br />
Gitterbett nebn Ehebett,<br />
Basilisk im Kindertram,<br />
und vurn Fenster Lindenbam.<br />
Die Bassena draußt am Gang,<br />
unten Straßensängergsang.<br />
Sparverein bein Wirt am Eck.<br />
Brotgeruch. Im Haus der Bäck.<br />
Brand. Justizpalast. Warum?<br />
Gmischte Klass. Die Buam san dumm.<br />
Krampusangst und Christkindfreud.<br />
Kinderzeit.<br />
Wohnung mitten in der Stadt.<br />
Groß und hoch. Sogar mit Bad.<br />
Eignes Zimmer. Aufklappbett.<br />
Büacher lesen früh und spät.<br />
Mittelschul. Mit viel Latein.<br />
Einmarsch. Deutschland. Schulfrei. Fein.<br />
Zöpf abschneiden. Dauerwelln.<br />
Sich mit hohe Absätz quäln.<br />
Tanzschul. Abendkleid aus Taft.<br />
Große Kinoleidenschaft.<br />
Burgtheater, Stehparterre.<br />
Uniformen, Militär.<br />
D'meisten Buam san aa scho weit.<br />
Mädchenzeit.<br />
Schlechte Zeiten, alls verlurn.<br />
Neucher Anfang. Ganz von vurn.<br />
Nachkriegsheirat, Ehestand,<br />
Kinderwagn aus zweiter Hand,<br />
Fahnenstoff fürs Umstandsklad,<br />
Sonderaufruf Marmelad,<br />
Zigaretten nur im Schleich,<br />
und wer gschickt is, der wird reich.<br />
Endlich Arbeit, endlich Ruah.<br />
Und im Wagerl liegt a Bua.<br />
Einheitsmöbel, billigs Holz.<br />
Auf Kredit. Und trotzdem stolz.<br />
Klanes Leben, große Freud.<br />
Schöne Zeit.<br />
Krokotaschen, d'Haar wern grau,<br />
Nerz und Opernabonnement.<br />
Auto, Kühlschrank, Waschmaschin.<br />
Wo fliagn ma im Urlaub hin?<br />
Landhaus, Brüller - lupenrein.<br />
Und bein Fernsehn schlaft ma ein.<br />
Weches Kreuz. Jeds Jahr zur Kur.<br />
7<br />
Manchmal auf Besuch der Bua.<br />
Is recht anghängt, nimmer klaa.<br />
Meistens sitzt ma zhaus allaa.<br />
Unberufen, ma is gsund.<br />
Vielleicht kauft ma si an Hund.<br />
Denn die Freund san aa scho weit.<br />
Es is Zeit...
Hälfte Gerhard<br />
<strong>2011</strong>, Christine<br />
Nöstlinger<br />
I Nöstlinger, Christine: Iba<br />
de gaunz oaman fraun.<br />
Jugend und Volk, Wien, 3.<br />
Auflage 1988, ISBN 3-224-1<br />
6638-X<br />
II Nöstlinger, Christine: Iba<br />
de gaunz oaman mauna.<br />
Jugend und Volk, Wien<br />
1987, ISBN 3-224-1 6632-0<br />
Glane Greiss-Soi<br />
Gedaunkn (I, S. 11)<br />
Mei Mama<br />
hasd Nowak Marie.<br />
Mei Oma hasd<br />
Nowak Marie.<br />
Nowak Marie<br />
has i!<br />
Und des Kind, wosi<br />
jezn griagn wea,<br />
wiad haßn:<br />
Nowak Marie.<br />
S kunt natirlich<br />
a Bua wean.<br />
Meglich<br />
warat des scho.<br />
Oba Männa<br />
hods bei uns<br />
no nia gem,<br />
und i glaub,<br />
des bleibd a so.<br />
Das mia olle drei<br />
kan Mau haum,<br />
kan fiad Oma,<br />
kan fiad Mama,<br />
und a kan fia mi,<br />
das uns olle drei<br />
oiweu sizn haum losn,<br />
kapia i<br />
mei Lebdog laung nie!<br />
Mia san net aundascht<br />
wiad aundan.<br />
Mia san ned graung<br />
und ned bled.<br />
Mia san ned schiach<br />
und ned grantig.<br />
A feula<br />
wiad aundan<br />
sama ned.<br />
D Mama und d Oma,<br />
de manan,<br />
das ma bessa drau san<br />
auf launge Sichd.<br />
Sie sogn,<br />
i soi do net wanan<br />
und fro sei<br />
dasin los bin,<br />
den Wicht.<br />
I wan do net<br />
um den Deppn.<br />
Den winsch i<br />
zum Deife hi!<br />
I wan,<br />
weuli<br />
a bisl a Aungst hob<br />
um de neiche<br />
Nowak Marie.<br />
I wü ned,<br />
das des so weidarend,<br />
Nowak Marie<br />
auf Nowak Marie<br />
auf Nowak Marie!<br />
Es gibd do ned nua<br />
Schufdn auf da Wöd.<br />
Es gibt do a Mauna<br />
mid Sö und mid Göd<br />
und mid Hian<br />
und mid Heaz<br />
und mid Gfü!<br />
Und so an wü i<br />
fiad neiche Marie!<br />
Owa a Nowak<br />
griagd so an<br />
do nie!<br />
I was genau (II, S. 51)<br />
I was<br />
genau<br />
das mi<br />
de frau<br />
hint<br />
und vuan<br />
8<br />
betriagd<br />
und a<br />
kaneule is<br />
de wos<br />
nigs<br />
wia liagd.<br />
I was<br />
genau<br />
das dera<br />
frau<br />
ned<br />
umd ware<br />
liebe<br />
ged<br />
weus<br />
ka heaz<br />
hod<br />
und nua<br />
aum guidn<br />
schded.<br />
I was<br />
genau<br />
das ma<br />
de frau<br />
a hakl<br />
ins greiz<br />
eine haud<br />
und si<br />
scho lengsd<br />
noch an<br />
vü reichan<br />
umschaud.<br />
I was<br />
genau<br />
dasi vun<br />
dera frau<br />
nua<br />
vakaufd<br />
und varodn<br />
wea.<br />
Do des<br />
nuzd ma<br />
do ibahaubd<br />
nigs mea.<br />
Soli mi<br />
vun ia<br />
trenna<br />
und<br />
in mei unglik
enna?<br />
I was do<br />
genau<br />
dasi one<br />
dera frau<br />
aun<br />
brochana sö<br />
krepia<br />
und des<br />
schdangad<br />
si do<br />
wegn<br />
dem luada<br />
goa ned<br />
dafia!<br />
A blede Gschicht (I,<br />
S. 23)<br />
D Gabi<br />
hobi vom Edi.<br />
Vum Fredi<br />
is de Marie.<br />
Kaun sei,<br />
de zwa haum mi<br />
gean ghobd,<br />
do vum Heiratn<br />
de Red<br />
woa nie.<br />
Dem Michi<br />
sei Vatan<br />
hasd Meier.<br />
Dem sei Frau<br />
schaud drauf,<br />
dasa zoid.<br />
Weu de schreim<br />
des o<br />
vun da Schdeia.<br />
De zwa<br />
haum a Bozn<br />
Gehoid.<br />
Nua fiad<br />
Kati<br />
hobi leida<br />
kan Vati.<br />
Des muas no<br />
da Richta klean,<br />
wöchana<br />
von de drei Hean<br />
auf mei Kati<br />
paßt.<br />
Vund Augn hea,<br />
vund graun,<br />
tät'sn Hansi gleichschaun.<br />
Obad Oawaschl<br />
san mea nochn<br />
Dokta Rautaschl.<br />
Und ihre Hend<br />
und di klan Zend<br />
erinan mi imma<br />
aunan Buam von da Wimma.<br />
Bled is nua<br />
s Muttamoi<br />
auf ihra Schdian.<br />
Weu unsa Hausmasda<br />
hod a so ans<br />
aum Hian.<br />
Und vum Hausmasda<br />
hobi nigs gsogd,<br />
wias mi gfrogd haum<br />
bei Gericht.<br />
Jezn is des<br />
a blede Gschicht!<br />
Weu waun<br />
de drei Kindsväta<br />
des gneisn<br />
und si eanare<br />
Pappna zareisn,<br />
bini im Eck<br />
und kriag an Dreck.<br />
Und de Fürsorgerin<br />
schreid mi<br />
daun wieda au,<br />
worum i ma goa nigs<br />
damerkn kau?<br />
Ana aus bruck (II, S.<br />
19)<br />
I won<br />
in wien<br />
owa i bin<br />
aus bruck.<br />
Duat<br />
ghea i hi<br />
und duathi<br />
mechti zruck.<br />
I hakl<br />
mi bled<br />
vun frua<br />
bis schbed,<br />
i ruachl<br />
und schboa<br />
und dram davo<br />
9<br />
dasima<br />
bis ibas joa<br />
a flekl grund<br />
daschboa.<br />
A flekl grund in bruck<br />
weu vun duat kum i hea<br />
und duathi mecht i zruck.<br />
Do daun<br />
braucht frau<br />
a neichs kladl<br />
unds madl<br />
muas otreim losn<br />
und schwesda<br />
schded min kind<br />
auf da schdroßn<br />
und da bruada<br />
schbüd schdos<br />
und rentn vun da<br />
schwigaoidn<br />
is a ned gros<br />
undn buam<br />
sei maschin<br />
is ole bodlaung<br />
hin.<br />
Da mensch<br />
soi<br />
hüfreich sein.<br />
Owa i bin<br />
do ka schboaschwein,<br />
des jeda<br />
dea si traud<br />
auf scherm<br />
zahaud!<br />
I won<br />
in wien<br />
owa i bin<br />
aus bruck.<br />
Duat<br />
ghea i hi<br />
und duathi<br />
mecht i zruck.<br />
I hakl<br />
mi bled<br />
vun frua<br />
bis schbed.<br />
I ruachl<br />
und schboa<br />
und hob nix<br />
wia schuidn<br />
und plog<br />
und dram davo,
dasi<br />
bis ibas joa<br />
mei gaunze<br />
famülie<br />
daschlog.<br />
D Mutta weids Madl ei<br />
(I, S. 21)<br />
A Frau<br />
muas imma wos duan<br />
sunst<br />
isd Famülie valuan.<br />
A Frau, de wos ohne Oabeid<br />
wo hugd<br />
und mid kana Wimpa<br />
ned zugd,<br />
waun ian Mau<br />
des Hemdknepfe föd,<br />
is gauns umasunst<br />
auf da Wöd.<br />
Unds Kostgöd ned weat,<br />
wos griagd!<br />
A Frau,<br />
de ins Romanbiachl schaud,<br />
waunsi ia Mau,<br />
de oame Haud,<br />
s Hemdknepfe söba aunad<br />
ghead hamdrad.<br />
Weu de is ka Ea<br />
fia unsa Geschlecht!<br />
A Frau<br />
muassi imma a Oabeid wissn,<br />
sunst is ia Famülie<br />
toteu beschissn.<br />
A Frau<br />
muas fian Mau<br />
und de Kinda lem<br />
und denan<br />
ia Krofd<br />
und ia Ausdaua gem.<br />
A Frau<br />
deaf si ned<br />
um si söba schean.<br />
A Frau<br />
deaf si ned<br />
gengan Haushoid wean.<br />
Ihre Täg<br />
und ihre Nächt,<br />
de ghean<br />
ia ned.<br />
Und aufn Mau,<br />
a wauna bled is,<br />
muass hean<br />
und so tuan,<br />
ois was<br />
ohne eam<br />
valuan.<br />
S lem<br />
vun ana Frau<br />
is opfern<br />
und Plog.<br />
Worum des so is,<br />
is a aundare Frog,<br />
de wos ma si afoch<br />
ned schdöd,<br />
weu dei Manung dazua<br />
ned zöd.<br />
Guade gründe (II, S.<br />
56)<br />
Na na na,<br />
es wü ma<br />
ned eine<br />
ind bian!<br />
Hodn de<br />
waunsinsfrau<br />
ibahaubd<br />
ka hian?<br />
I man echd<br />
si schnobd<br />
ma iba<br />
und schbind.<br />
Baud si auf<br />
und sogd<br />
afoch:<br />
I wü a kind!<br />
Des is ned<br />
zum vaschde!<br />
A kind<br />
vun mia!<br />
Drads jezn<br />
duach,<br />
de drudschn,<br />
oda wia?<br />
Wohea hodsn<br />
auf amoi<br />
so a blede<br />
schnobside?<br />
Do kunt am<br />
do diregd<br />
da lezde<br />
hamua vage!<br />
10<br />
Wos wüs<br />
mi denn<br />
so hianrißig<br />
bled eiteun?<br />
Soli neman<br />
kindawagl<br />
vaschimpen<br />
und vafeun?<br />
Soli<br />
aum end no<br />
an baums<br />
s flaschl gem<br />
und togeitogaus<br />
unta vaschißane<br />
windeln lem?<br />
Soli epa<br />
no ind schui<br />
zua frau lera<br />
renna<br />
und mi<br />
fia eididschde<br />
fensdascheim<br />
depad brenna?<br />
Soli mi<br />
ums erschde bußl<br />
vun an glan<br />
wapla schean<br />
und aum end<br />
no so depat<br />
wia mei vata<br />
wean?<br />
Des doschngöd<br />
schdreichn<br />
und wadschn<br />
austeun?<br />
Wegn ana<br />
leaschdö<br />
an leahean<br />
in oasch<br />
einegreun?<br />
Mi vatrotld<br />
aufschbün<br />
ois uaoida<br />
scheam?<br />
Nigs ausgem,<br />
nua ruachln<br />
zum weida vaeam?<br />
Ois vata bisd<br />
in nui-koma-pepi<br />
a bozn oasch<br />
mid uan
und bisd kana<br />
hosd scho<br />
gegn deine<br />
baumsn valuan.<br />
Ka mensch<br />
auf dera wöd,<br />
nedamoi<br />
mei eigane frau,<br />
kaun valaunga,<br />
dasis lem<br />
vu mia<br />
und an<br />
unschuidign<br />
kind<br />
vasau.<br />
I mechdad so gean (I,<br />
S. 36)<br />
I mechdad<br />
so gean<br />
davau renna<br />
vun eam.<br />
Sei hinigs Gschau<br />
nimma segn.<br />
Seine bledn Schbrich<br />
nimma hean.<br />
I mechdad so gean:<br />
nigs wia<br />
davau renna vun eam.<br />
I mog eam<br />
nimma riachn,<br />
den schiachn<br />
Hund.<br />
I kunt<br />
scho narrisch<br />
wean,<br />
heari eam nua<br />
de Tia aufschbean.<br />
I mog eam<br />
net gschbian<br />
den Offn,<br />
den schdian.<br />
Und wauna so bled<br />
ind Gegend schaud,<br />
griag i<br />
a echde Ganslhaud<br />
den Bugl owe<br />
bis zud Knia.<br />
Das mia<br />
amoi gheirad haum,<br />
unsa Hez<br />
ghobt haum zaum,<br />
ka Stund<br />
ohne dem aundan<br />
sei haum kenna<br />
und nia mea<br />
uns trenna haum woin,<br />
das mia<br />
dea Kerl gfoin<br />
hod kenna,<br />
vazeih i eam<br />
nia!<br />
Ich mechdad<br />
so gean<br />
davau renna<br />
vun eam.<br />
Sei hinigs Gschau<br />
nimma segn.<br />
Seine bledn Schbrich<br />
nimma hean.<br />
I mechdad so gean:<br />
Nigs wia<br />
davau renna vun eam.<br />
Und wauni<br />
net scho wieda<br />
schwaunga wa,<br />
daun dadat is a,<br />
daun dadat is a!<br />
Wos wüs denn no?<br />
(II, S. 45)<br />
I hobma mid ia<br />
was augfaungd<br />
obwois zuzld hod<br />
und ghadschd is<br />
und hobs gheirad<br />
weus schwaunga<br />
wuan ist vu mia.<br />
Dabei wori lengsd<br />
scho in a gauns<br />
aundare valiabd.<br />
Wos wüs denn no?<br />
I bin wegn ia<br />
daham auszogn<br />
und schtandapeda<br />
mid ia einzogn<br />
auf zimma kuchl<br />
weus ned und ned<br />
an rua gem hod<br />
Dabei hedis daham<br />
bei meina mutta<br />
weidaus bessa ghobd.<br />
11<br />
Wos wüs denn no?<br />
I hob wegn ia<br />
mei hokn aufgem<br />
und ma wos weid<br />
solidares gsuachd<br />
weus in anadua<br />
nua auf sichaheid<br />
aus is im lem.<br />
Dabei woas ma schwa<br />
a schisalgreisla,<br />
a nodiga, z wean.<br />
Wos wüs denn no?<br />
I bin wegn ia<br />
ausn ehebet auße<br />
weud gnäfrau neman<br />
schnoachatn mau<br />
ned einschlofn kau<br />
und migren griagd.<br />
Dabei ist des lotabet<br />
drin im kabinet<br />
hoat und vü z kuaz<br />
fia meine hagsn.<br />
Wos wüs denn no?<br />
I moch wegn ia<br />
jeds wochenend<br />
an bahoatn pfusch<br />
obwolis im greiz<br />
hob und a gean<br />
amoi mei rua hed.<br />
Dabei hobi mas rauchn<br />
unds saufn und huan<br />
e schon lengst<br />
toteu ogwend.<br />
Wos wüs denn no?<br />
Gean<br />
solis<br />
haum?<br />
Sois<br />
mi do<br />
gern<br />
haum!<br />
S schene Gfüh vum<br />
schenan Glik (I, S. 40)<br />
Maunchsmoi<br />
hods mi<br />
scho gschdiad,<br />
oba brav<br />
hobis<br />
imma wieda<br />
probiad.
Seine Hemada<br />
hobi bigld.<br />
Sei Hundsviech<br />
hobi gschdrigld.<br />
Beim Hamkumma,<br />
de Schlapfn,<br />
bis zua Tia<br />
hobi eams brochd.<br />
Und vum Wiatn<br />
Zigaretten ghoid<br />
hobi eam,<br />
mitn in da Nochd.<br />
Hundat Untagattinga<br />
hobi eam gflikd,<br />
zwa duzend Pullovan<br />
hobi eam gschdrigd.<br />
Seine vahadschdn<br />
Schuach<br />
hobi puzd<br />
und sein Schnuaboart,<br />
wauns eulig woa,<br />
hobi gschduzt.<br />
Im vaschdobfdn<br />
Scheißheisl<br />
hobi gschdiad,<br />
damidasi den<br />
Inschdalader<br />
daschboad.<br />
Amoid Wochn<br />
hobi sei Renradl<br />
gschmiad<br />
und mid seina<br />
Schdeiaerklerung<br />
hobi mi<br />
aum Finanzaumt<br />
vaiad.<br />
Im Bett<br />
hobi nia ned<br />
Mandaln gmochd,<br />
und hoda a aundare<br />
in Oasch zwigd,<br />
hobi nua glochd.<br />
Maunchsmoi<br />
hods mi<br />
scho gschdiad,<br />
oba brav<br />
hobis<br />
imma wieda<br />
probiad<br />
und woat<br />
no heit<br />
auf des schene Gfüh<br />
vum schenan Glik,<br />
des wos ma<br />
vaschbrochn haum<br />
fiad<br />
aufopfernde Tätigkeit<br />
aun an<br />
geliebtn Ehemann.<br />
Des muasd eatrogn<br />
(II, S. 59)<br />
One das<br />
mid ana<br />
wimpa zugd<br />
sogds ma<br />
i heds<br />
seid zwanzg<br />
joa<br />
nua<br />
untadrugd.<br />
Sogd ma<br />
ins gsichd<br />
eine:<br />
jezn<br />
is schlus<br />
und si kumd<br />
mid mia<br />
ins reine.<br />
I dengad<br />
imma nua<br />
aun mi<br />
und hedad<br />
nigs iba<br />
fiad kinda<br />
und si.<br />
Waunimi<br />
ned endan<br />
dua<br />
sogds ma<br />
sönruig<br />
schdedsasi<br />
fia si<br />
nimma davua.<br />
I dadad<br />
nigs wia<br />
ausschdalian<br />
und bei<br />
jedm schaß<br />
sofuat<br />
de geduid<br />
valian.<br />
12<br />
I lagad<br />
auf da<br />
feun haud<br />
und<br />
eawoatad ma<br />
daß si<br />
auf olas<br />
schaud.<br />
I lebad<br />
mei eigans<br />
lem<br />
und dadad<br />
ned mea<br />
wia seifzad<br />
a bazl<br />
kosdgöd<br />
heagem.<br />
Imma<br />
miaßadsasi<br />
noch mein<br />
wün richdn<br />
und aum<br />
eagsdn<br />
leidads<br />
unta meine<br />
weibagschichtn.<br />
Si schufd<br />
bis tiaf<br />
ind nochd<br />
und i dep<br />
meakad ned<br />
wos fia mi<br />
ollas<br />
mochd.<br />
Und<br />
waunsasi<br />
umbringad<br />
und schdeabad<br />
dadad mi<br />
nua<br />
intresian<br />
wosi<br />
vun ia<br />
olas eabad.<br />
Wos wüsd do scho<br />
drauf sogn?<br />
Des muasd afoch<br />
eatrogn<br />
und deafsd ned vü<br />
klogn.<br />
De oame frau
endad si gwis<br />
waun da wexl wida<br />
vuriba is.<br />
Schlechd und echd<br />
ungerechd (I, S. 62)<br />
A Mau<br />
deaf ruig waumpad sei,<br />
es redt eam kana<br />
ind Fettn drei.<br />
A blada Mau<br />
is a schdatlicha Hea<br />
und jedazeid guad<br />
fian Geschlechdsvakea.<br />
A Mau<br />
deaf ruig glozad sei,<br />
ohne Hoa<br />
is sei Zeid<br />
no laung ned vuabei.<br />
A Glodzn,<br />
de zeigd vun guada Bodenz<br />
und unhamlich hocha<br />
Sexual-Frequenz.<br />
A Mau<br />
deaf schdinkn<br />
noch Schweis<br />
und an drum Zinkn<br />
ois Nosn haum.<br />
Und schiefe Zend.<br />
Und feichde Hend.<br />
Und Ölefauntnoawaschl.<br />
Ea kaun baud sei<br />
wira Müchflaschl.<br />
Und a grezata Ausschlog<br />
auf sein Hian<br />
is diregd a Zia<br />
fia sei Denkaschdian.<br />
Mid seine<br />
Abbuaddeklbrozn<br />
deafa si den<br />
daun grozn.<br />
Fia an richdign Mau<br />
schbüd des ollas ka Roin.<br />
Oba mia Fraun<br />
soin<br />
auf uns schaun.<br />
Fia uns<br />
foids Äußare ins Gwichd.<br />
Fia uns<br />
is Schenheid Pflichd.<br />
Des is<br />
schlechd<br />
und echd<br />
ungerechd!<br />
Oba sogsd des<br />
an Mau,<br />
grinsda di nua<br />
bled au,<br />
und de Fraun<br />
de so san,<br />
wias soin<br />
de woin<br />
des a ned hean,<br />
weu de haum kan Grund<br />
zum Aufbegean.<br />
Und duasdi zaum<br />
mid de Fraun,<br />
ded gleiche Aunsichd haum,<br />
sogn olle voi Freid:<br />
De schiachn Uhudln<br />
haum an Neid!<br />
De Zeid,<br />
wo si de Leid,<br />
endan wean,<br />
is leida no weid!<br />
Ka eisichd (II, S. 87)<br />
Zerschd<br />
hod mi d mama<br />
imma<br />
aum badschhandal<br />
gfiad<br />
und i hob<br />
dera frau<br />
auf jeds wuat<br />
brav bariad.<br />
Im kindagoatn<br />
nocha<br />
hobi da dant<br />
ia gnutn gschbiad<br />
13<br />
und mi gla gmochd<br />
und dugd und bugd<br />
und ned vü griad.<br />
Daun bini<br />
bei ana frau lera<br />
jedn dog fost<br />
grebiad<br />
weu des wora frau<br />
de wos leichd<br />
de geduid valiad.<br />
Heanochn<br />
hod mi a madl<br />
auglochd<br />
und fazad und vafiad<br />
und i hobs gheirad<br />
one zwissn<br />
wos ma do no bliad.<br />
Fufzg joa laung<br />
hods mi kanüfed<br />
und maltrediad<br />
und hod gsogd<br />
dasma goa nix aundas<br />
gebiad.<br />
Jezn hod mi<br />
mei dochda<br />
in des oitasheim do<br />
eiquadiad<br />
wo mi a pflegarin<br />
den gaunzn dog laung<br />
nua segiad.<br />
Uaoid<br />
bini wuan<br />
und zidrig<br />
und wech<br />
und sea miad<br />
und depat<br />
wiri bin<br />
weris no<br />
in da gruam<br />
ned kapian<br />
daß aungeblich<br />
de mauna san<br />
de wos<br />
de wöd regian.
Zweiter Teil <strong>2011</strong>: Roth,<br />
Eugen<br />
Die Frau in der Weltgeschichte. Sanssouci,<br />
München 2006, ISBN 978-3-7254-1415-4<br />
ZUM GELEIT<br />
DIE BIBEL<br />
(G)<br />
Wenn wer was von Geschichte hört,<br />
Fühlt er sich innerlich gestört,<br />
Denn er denkt gleich an all die Qualen<br />
Mühsam erlernter Jahreszahlen<br />
Jedoch hier dreht sich's um die Frau —<br />
Da nimmt man's besser nicht genau.<br />
Auf Zahlen kann man da verzichten,<br />
Die Frau macht schließlich nur Geschichten -<br />
Geschichte machen dann die Männer —<br />
Doch weiß ja längst der wahre Kenner:<br />
Triebkraft der Taten, die auf Erden<br />
Dann männlich und historisch werden,<br />
Ist das Hysterisch-Unbeschreibliche,<br />
Das jeder kennt: das Ewig-Weibliche!<br />
Was ich schon damit leicht bewiese,<br />
Daß heute noch im Paradiese<br />
Der erste Mann, der Adam, säße<br />
Und nur erlaubtes Fallobst äße,<br />
Den Apfel ließe unberührt —<br />
Hätt nicht die Eva ihn verführt.<br />
(H)<br />
Zur Eva nämlich sprach die Schlange:<br />
"Weib, ich begreife nicht, wie lange<br />
Läufst du hier splitternackt herum?<br />
Ziehst dich nicht an, ziehst dich nicht um?"<br />
Des Satans sicherste Methode<br />
Bleibt: zu verführen durch die Mode.<br />
Hier sehen wir die tiefern Gründe<br />
Für jene unglückselige Sünde,<br />
Die jenes erste Weib verderbt<br />
Und die sich wachsend fortgeerbt,<br />
(G)<br />
Als damals Gott gab den Befehl<br />
Dem Erzhausmeister Gabriel,<br />
Die beiden, die sich schlecht betragen,<br />
14<br />
Gleich aus dem Paradies zu jagen,<br />
Da zeigte Eva wenig Reue,<br />
So sehr war sie erpicht aufs Neue.<br />
(H)<br />
Das allererste Menschenpaar —<br />
Noch ohne Schwiegermütter zwar —<br />
War arg geplagt von Nöten schon:<br />
Der Kain war ein mißratner Sohn —<br />
Ein jeder weiß das mit dem Abel —<br />
Die Landwirtschaft ging miserabel,<br />
Die Schneiderinnen warn nicht schick,<br />
Die Eva wurde alt und dick.<br />
Der Adam hänselte sie drum,<br />
Weil sie aus seiner Rippe krumm<br />
Gebastelt war, zwar sehr schnell fertig,<br />
Doch dafür auch recht minderwertig.<br />
Sie freilich, in dem Punkt nicht faul,<br />
Ließ auch spazierengehn ihr Maul:<br />
"Beweis doch, daß dich Gott geschaffen,<br />
An Ende stammst du doch vom Affen!<br />
Die Wissenschaft bringt's schon noch raus -<br />
Dann ist's mit deinem Dünkel aus!"<br />
(G)<br />
Verfolgen wir die Bibel weiter,<br />
So stimmt es uns durchaus nicht heiter,<br />
Zu sehn, was unsre Erz-Urväter<br />
Doch warn für schlimme Missetäter.<br />
Grad was die Sittlichkeit betrifft,<br />
Liest man in unsrer Heiligen Schrift<br />
So viele höchst verruchte Sünden,<br />
Daß, wenn sie nicht just dorten stünden,<br />
Das Buch käm schleunig untern Schutz<br />
Des Zensors gegen Schund und Schmutz.<br />
(H)<br />
Hier sei erwähnt auch, wie blamabel<br />
Es ausging mit dem Turm zu Babel!<br />
Die Sache mit der Sprachverwirrung<br />
Ist zweifelsohne eine Irrung<br />
Der späteren Historienschreiber:<br />
Es waren bloß die Mörtelweiber,<br />
Die schrien und schimpften durcheinand,<br />
Bis keiner rnehr sein Wort verstand.<br />
(G)<br />
Als Israel noch in Ägypten,<br />
Manch Unrecht auch die Fraun verübten.
Zwar, noch zur Zeit der Nofretete,<br />
War man dort ziemlich etepetete,<br />
Doch schon das Weib des Potiphar<br />
Benahm sich ziemlich schauderbar.<br />
Der keusche Josef war nicht dumm,<br />
Der wußte sicher schon, warum<br />
In seiner doppelten Bedrängnis<br />
Er sich entschied für das Gefängnis.<br />
(H)<br />
Hingegen hat der kleine Moses<br />
Erfreut sich eines günstigern Loses,<br />
Weil er, grad als die Lage kritisch<br />
Und alle Welt antisemitisch,<br />
In einen Binsenkorb gebettet<br />
Von Pharaos Tochter ward gerettet.<br />
Wohltun, so meint man, bringe Zinsen —<br />
Doch diesmal ging es in die Binsen.<br />
Denn Moses tat den Pharaonen<br />
Ihr Rettungswerk mit Undank lohnen.<br />
Sie hätten — um es kurz zu fassen -<br />
Das Knäblein besser schwimmen lassen.<br />
Moses erwähn ich nicht deshalb<br />
Nicht in bezug aufs goldne Kalb,<br />
Wo er mit wütendem Protest<br />
Verbot das erste Künstlerfest.<br />
Nein, ich erwähn ihn in behuf<br />
Der Zehn Gebote, die er schuf,<br />
Davon uns zweifellos das sechste<br />
In dem Zusammenhang das nächste,<br />
Es heißt: "Du sollst nicht ehebrechen!"<br />
(G)<br />
Gleich sehn wir das Exempel da<br />
Bei David und der Bathseba.<br />
Er stand auf seines Daches Zinnen<br />
Und schaute mit vergnügten Sinnen,<br />
Doch gänzlich harmlos in die Gegend —<br />
Bis plötzlich, sündhaft ihn erregend,<br />
Ein nacktes Weib herüberschimmert<br />
Und sich sein Zustand so verschlimmert,<br />
Daß er mit seinem späten Feuer<br />
Sich stürzt in wüste Abenteuer.<br />
Er schrieb dann jenen Uriasbrief,<br />
Doch später reute es ihn tief,<br />
Als sie, gedacht als Zeitvertreib,<br />
Jahrzehnte blieb sein Eheweib.<br />
15<br />
(H)<br />
Was nützt dem Mann die schönste Kraft,<br />
Wenn er nicht zugleich tugendhaft?<br />
Als Feldherr und als Kriegsminister<br />
Im Kampfe gegen die Philister<br />
Wär Simson heute noch am Ruder,<br />
Hätt er Delilan nicht, dem Luder,<br />
Mit einem Leichtsinn, daß uns schaudert,<br />
Sein Staatsgeheimnis ausgeplaudert.<br />
Ein Mann, bis über beide Ohren<br />
Verliebt, bleibt nie ganz ungeschoren,<br />
Doch bei barbarischen Barbieren<br />
Wie hier, muß er den Kopf verlieren.<br />
(G)<br />
Aus diesen Proben man erkennt<br />
Das Weib im Alten Testament.<br />
Zum Glücke kann uns mehr erfreuen,<br />
Was uns berichtet wird im Neuen.<br />
(H)<br />
Zwar war die kleine Salome<br />
Ein Luder auch vom Kopf zur Zeh.<br />
Johannes ward ein Mann des Todes,<br />
Weil um den Lustgreis, den Herodes,<br />
So lange sie herumscharwenzelt,<br />
Bis sie sich ihren Wunsch ertänzelt.<br />
Bei einer Tänzerin gebt acht,<br />
Weil leicht sie Männer kopflos macht!<br />
Hingegen lobenswert ist jene<br />
Bekannte Marie Magdalene.<br />
Wie liegt doch so ein süßer Sinn<br />
ln einer schönen Büßerin!<br />
(G)<br />
Sankt Paul schrieb einen ganzen Winter<br />
Den längsten Brief an die Korinther,<br />
Um unter anderm zu verkünden,<br />
Daß zur Vermeidung ärgerer Sünden<br />
Es neben sonstigem Angenehmen<br />
Doch klüger sei, ein Weib zu nehmen.<br />
Der Brief fand sicher viele Leser,<br />
Desgleichen der an die Epheser,<br />
Worin er noch den Unsinn glaubt,<br />
Es sei der Mann des Weibes Haupt.<br />
Drum schrieb er, voller Größenwahn:<br />
"Weib, sei dem Manne untertan!"<br />
Schon damals stand. nebst manchem
Schiefen,<br />
Viel Richtiges in den Hirtenbriefen.<br />
DIE ANTIKE<br />
(H)<br />
Man sieht an all den Marmortrümmern,<br />
Wie reich an schönen Frauenzimmern<br />
Gewesen sein muß die Antike:<br />
Sei's nun Athene oder Nike,<br />
Oft fehlt der Kopf zwar den Gestalten -<br />
Worauf es ankommt, blieb erhalten.<br />
Es bleibe nun dahingestellt,<br />
Ob damals, in der alten Welt,<br />
Vor nahezu dreitausend Jahren,<br />
Die Weiber wirklich schöner waren<br />
Sowohl persönlich wie auch rassisch,<br />
Mit einem Worte: einfach klassisch —<br />
Ob nicht vielmehr die armen Griechen<br />
Beim Anblick der lebendigen Schiechen<br />
Sich flüchteten in ihrer Qual<br />
Ins steingewordene ldeal —<br />
Wir Armen jedenfalles sehnen<br />
Uns nach dem Glücke der Hellenen.<br />
(G)<br />
Nun, man erzählt wohl nicht viel Neus,<br />
Berichtet man vom Vater Zeus,<br />
Wie der die Hera hat betrogen<br />
Und wie er überall rumgezogen.<br />
(H)<br />
Nicht Zeus allein hat damals freilich<br />
Benommen sich so unverzeihlich;<br />
Die Götter, Göttinnen, Heroen —<br />
Wie haben all die Sinnenfrohen<br />
Der Liebe ohne Maß gehuldigt<br />
Und mit dem Mythos sich entschuldigt!<br />
Wenn Götter nicht mehr lieben dürfen<br />
Vergnügt und frei von Selbstvorwürfen,<br />
Was soll dann, fern von Aphrodite,<br />
Erlaubt sein uns auf dem Gebiete?<br />
(G)<br />
In Liebesdingen mehr als toll<br />
Trieb es natürlich der Apoll,<br />
Der Schwester, Artemis, hingegen<br />
War an den Männern nichts gelegen.<br />
Sie badete im Mondenscheine<br />
16<br />
Mit ihren Frauen ganz alleine.<br />
Aktäon, der, was er nicht sollte,<br />
Mal auch was Nettes sehen wollte,<br />
Schlich eines Nachts heran recht nah,<br />
War ganz verwirrt, was er da sah<br />
An Busen, Beinen, Hinterteilen,<br />
Und er versäumte, zu enteilen.<br />
Die Göttin dreht' sich barsch herum:<br />
>Was kraucht denn dort im Busch herum?<<br />
Und schon ward für sein frevles Pirschen<br />
Verwandelt er in einen Hirschen.<br />
So was pflegt heut nur zu geschehen<br />
Den Männern, wenn sie nichts gesehen.<br />
(H)<br />
Noch weniger ist mit Fraun zu spaßen,<br />
Wenn sie ergreift der Wahn der Massen.<br />
Mänaden, die vor Wollust beißen,<br />
Am liebsten gleich den Mann zerreißen,<br />
Scheint es in unserm nüchternen Leben<br />
Nur äußerst selten mehr zu geben,<br />
Obwohl sie uns viel lieber wären<br />
Als beispielsweise die Megären,<br />
Nach denen niemand trägt Verlangen,<br />
Weil sie, den Kopf voll giftiger Schlangen,<br />
Selbst für den Fall, daß sie uns küßten,<br />
Uns unsympathisch bleiben müßten.<br />
(G)<br />
Viel lieber lauschen wir dem Märchen<br />
Von jenen reizenden Hetärchen,<br />
Die, in der Liebe höchst erfahren,<br />
Den Griechen wahre Engel waren —<br />
Nicht mit den Mädchen zu vergleichen,<br />
Die nachts bei uns durch Straßen streichen,<br />
Die >Süßer Bubi< zu uns sagen<br />
Und sich dann recht gemein betragen —;<br />
Nein, jenen, die die alten Weisen<br />
In Worten höchsten Lobes preisen<br />
Und die in jeder Hinsicht prima,<br />
Wie Phryne, Lais, Diotima.<br />
Sie waren reizend, klug und willig —<br />
Doch höchstwahrscheinlich auch nicht billig.<br />
(H)<br />
In der Antike auch beginnen<br />
Die ersten Frauenrechtlerinnen.<br />
Es schwuren, keinen Mann zu schonen,<br />
Die kriegerischen Amazonen.
Eins leuchtet uns dabei nicht ein:<br />
Sie sollen hübsch gewesen sein -<br />
Hat doch das weibliche Geschlecht<br />
Sofern es hübsch ist, immer recht!<br />
(G)<br />
Von allem, was aus Adams Rippe<br />
Abstammt, das schlimmste war Xanthippe,<br />
Die Sokrates, dem Philosophen,<br />
Die Welt gemacht zum Höllenofen.<br />
Nur war vielleicht die Frau Professer<br />
In Wirklichkeit doch etwas besser<br />
Als ihr so reichlich schlechter Ruf.<br />
Man denke, welche Qual es schuf,<br />
Vermählt zu sein, ganz mild einmal<br />
Gesagt, rnit einem Original!<br />
Vielleicht war sie sogar ganz häuslich?<br />
Doch Sokrates benahm sich gräuslich,<br />
Ging unrasiert und schlecht gewaschen,<br />
Mit ausgerissenen Manteltaschen,<br />
Natürlich immer voller Bücher<br />
Und ohne frische Taschentücher<br />
In staubigen Stiefeln ins Kolleg,<br />
Und jede Hausfrau wird begreifen:<br />
Xanthippe hatt' ein Recht zu keifen.<br />
(H)<br />
Doch nicht nur, wenn das Weib abscheulich,<br />
Auch Schönheit wirkt oft unerfreulich;<br />
Des zum Beweise nenn ich da<br />
Euch gleich die schöne Helena.<br />
Herr Paris hat für sich den Ruhm,<br />
Als erster Gent im Altertum<br />
Bewiesen aller Welt zu haben,<br />
Daß Mannesehre, Geistesgaben,<br />
Charakter, höhere Gesinnung<br />
Zwecklos für eines Weibs Gewinnung,<br />
Wenn solche Operetten-Helden<br />
Wie Paris ihren Anspruch melden.<br />
Geht es uns nicht schon auf die Nerven,<br />
Daß Göttinnen sich unterwerfen<br />
Dem Urteil dieses arroganten<br />
Hanswursten, den sie gar nicht kannten?<br />
Ja, daß sie direkt aus dem Himmel<br />
Herkamen zu dem Hirtenlümmel?<br />
Sie hätten vorher wissen können:<br />
Wem wird er schon den Apfel gönnen<br />
Als dieser hübschen, hohlen Puppe,<br />
Der Tugend wie auch Weisheit schnuppe!<br />
Doch daß dann wegen dieses Laffen<br />
17<br />
Die ganze Welt griff zu den Waffen,<br />
Nur weil dem alten Menelaus<br />
Der Schuft sein Weibchen spannte aus,<br />
Das ist uns heut ganz unbegreiflich!<br />
Heut überlegt man Kriege reiflich.<br />
(G)<br />
Und was, nur wegen Helena,<br />
Auch nach dem Kriege noch geschah!<br />
Sie selbst, die angerührt den Leim,<br />
Fuhr, rnir nichts, dir nichts, wieder heim.<br />
Doch der Odysseus beispielsweise<br />
War noch zehn Jahre auf der Reise<br />
Rund um die ganze Odyssee,<br />
Bis er kam zur Penelope.<br />
(H)<br />
Es weiß Homer von seinem Helden<br />
Manch Abenteuer zu vermelden.<br />
Es bleibt uns ziemlich unverständlich,<br />
Warum nicht bei Kalypso endlich<br />
Geblieben dieser Einfaltspinsel<br />
Auf jener wunderschönen Insel!<br />
Daß er nicht lange im Bezirke<br />
Der bösen Zauberhexe Kirke<br />
Verweilt, das nenn ich klug gehandelt,<br />
Weil Männer sie in Schweine wandelt,<br />
Was allerdings bei einiger List<br />
Für Weiber gar kein Kunststück ist.<br />
(G)<br />
Doch weniger lobenswert ist dies,<br />
Daß er Nausikaa sitzenließ,<br />
Zu der er müd und krank und lahm<br />
Und völlig abgerissen kam.<br />
Sie hat ihn liebevoll bemuttert,<br />
Herausstaffiert und durchgefuttert.<br />
Er hat geschmaust nur und erzählt,<br />
Statt daß er sich mit ihr vermählt. —<br />
Und, als er sich herausgefressen,<br />
Sie schnell verlassen urd vergessen.<br />
Er kam daheim grad recht zur Feier<br />
Der frechen, flegelhaften Freier.<br />
Die hat Odysseus glatt erschossen<br />
Und glücklich dann sein Weib umschlossen,<br />
(H)<br />
Recht schlecht es später auch erging<br />
Herrn Gyges mit dem Zauberring.<br />
Es war auch etwas Oberfaules,
Daß ihn der König, der Kandaules,<br />
Bewog im Anflug toller Laune,<br />
Daß er sein Eheweib bestaune.<br />
Nun war der gute Gyges zwar<br />
Kraft seines Ringes unsichtbar,<br />
So daß er ungeniert ganz nah<br />
Die Königin sich ausziehn sah.<br />
Doch sei's, daß sie ihn doch erblickt,<br />
Sei's, daß er heimlich sie gezwickt,<br />
Sie merkte, daß ein Mann im Zimmer,<br />
Und Gyges machte es noch schlimmer<br />
Indem er plötzlich sagte laut:<br />
>Ich hab ja gar nicht hingeschaut!<<br />
Worauf sie zischte: >Schurke, lüg es,<br />
Jetzt kenn ich dich, du bist der Gyges!<<br />
Sie gab ihm andern Tags die Wahl,<br />
Zu töten ihren Herrn Gemahl,<br />
Wo nicht, den Tod selbst zu erleiden -<br />
Nun, das war einfach zu entscheiden.<br />
Er hat Kandaules umgebracht<br />
Und seitdem jahrlang, Nacht für Nacht,<br />
Geschlafen bei der Königin -<br />
Und schaute wirklich nicht mehr hin!<br />
(G)<br />
Wir wenden unsern Redestrom<br />
Nun weiter, in das alte Rom.<br />
In Rom warn Frauen anfangs rar,<br />
Denn jenes erste Zwillingspaar,<br />
Von dem die Stadt, so sagt man, stamme,<br />
Hatt eine Wölfin nur zu Amme.<br />
Drum mußte man durch Raub gewinnen<br />
Die nötigen Sabinerinnen.<br />
(H)<br />
Rom stand in voller Jugendkraft,<br />
Solang das Weib dort tugendhaft.<br />
Doch diese Kraft muß bald erlahmen,<br />
Wenn aus den Frauen werden Damen,<br />
Die sinnlos sich die Zeit vertreiben,<br />
Romane lesen, Briefchen schreiben,<br />
Fast jeden Tag im Zirkus sitzen<br />
Und sonst dergleichen Kinkerlitzen,<br />
Nachts ausgehn, dann bis Mittag schlafen -<br />
Dafür den Mann zum Arbeitssklaven<br />
Erniedrigen; der soll es zahlen,<br />
Wie sie sich schmücken und bemalen.<br />
(G)<br />
Die Männer freut's noch, diese Deppen,<br />
Wenn ihre Fraun sie gründlich neppen,<br />
18<br />
Den ganzen Tag die Stadt durchlaufen<br />
Und teures Glump zusammenkaufen,<br />
Dann beim Konditor Schlagrahm schlecken<br />
Und flirten mir dem dümmsten Gecken.<br />
Die Hausfrau, die zu sparen trachtet,<br />
Die kocht und wäscht, wird nicht geachtet,<br />
Nur die, die jung, hübsch, elegant,<br />
Wird von den Männern anerkannt.<br />
Kurzum, in Rom, wie überall,<br />
Kam eines Tages der Verfall.<br />
(H)<br />
Wie sehr der Frauen gute Sitten<br />
ln Rom im Lauf der Zeit gelitten,<br />
Man unschwer aus den Versen sieht<br />
Des Martial, Horaz, Ovid;<br />
Auch Juvenal, Terenz, Tibull<br />
Beweisen, daß Moral gleich Null.<br />
(G)<br />
In der Gesellschaft konnt man hören<br />
Nur mehr von Schneidern und Frisören.<br />
Doch nicht allein der Lippenstift —<br />
Es herrschten bald auch Dolch und Gift,<br />
Womit die Damen Tag und Nacht<br />
Sich gegenseitig umgebracht.<br />
Doch mach ich hier mit Grausen Schluß -<br />
Es steht ja so im Tacitus,<br />
Dem römischen Historienschreiber,<br />
Der, ohnehin kein Freund der Weiber,<br />
Haarklein und lesenswert uns schildert,<br />
Wie Rom zur Kaiserzeit verwildert.<br />
DIE GERMANEN<br />
(H)<br />
Bei Tacitus, wo wir die Sünden<br />
Der Römerin verzeichnet finden,<br />
Steht aber auch, zu unserm Heil,<br />
Wie damals, ganz im Gegenteil,<br />
Gewandelt auf der Tugend Bahnen<br />
Germaninnen und auch Germanen.<br />
(G)<br />
Erst schreibt er lang von Speer und Schilden,<br />
Und wie sie leben wie die Wilden.<br />
Am meisten hat ihn das gepackt:<br />
Die Frauen gehen dort halb nackt,<br />
Und wenn man auch so manches sehe,<br />
Sei trotzdem heilig ihre Ehe.<br />
Kein Zirkus, Kino und dergleichen,
Kein Flirten, Blinzeln, heimlich Zeichen,<br />
Kein Billet-doux von Frau zu Mann<br />
(dies schon, weil niemand schreiben kann)-<br />
Im alten Deutschland überhaupt<br />
Nichts außer Heirat war erlaubt.<br />
(H)<br />
Auch Mitgift gab es leider nicht,<br />
Im Gegenteil, des Mannes Pflicht<br />
War es noch Anno dazumalen,<br />
Für seine Frau was zu bezahlen.<br />
Doch oft geschah's, daß voller Scham<br />
Ein Mann nach Haus vom Würfeln kam:<br />
>Von morgen ab gehörst du leider<br />
Dem Teut, dem Lederhosenschneider!<<br />
Worauf sie sprach, getreu und bieder:<br />
"Vielleicht gewinnst du mich bald wieder! "<br />
(G)<br />
Noch wäre manches nachzutragen<br />
Von Götter- und von Heldensagen.<br />
Der Vater Wotan war beim Bau<br />
Der Götterburg nicht allzu schlau.<br />
Fafner und Fasolt, diesen Riesen<br />
wollt er den Arbeitslohn vermiesen.<br />
Den Zorn zu löschen, hat zuletzt<br />
Er seinen Ring daran gesetzt.<br />
Damit auf Freia, seine Nichte,<br />
Das ungeschlachte Paar verzichte.<br />
(H)<br />
Hingegen an besagtem Ring<br />
Noch fürder manches Unheil hing:<br />
Siegfried, nicht nur ein blonder Held,<br />
Nein, auch ein Mann mit sehr viel Geld,<br />
Kam eines Tages frisch und munter<br />
Zu dem bekannten König Gunther,<br />
Und er verliebte fest und fester<br />
Sich in Krimhilde, dessen Schwester.<br />
Im Norden herrschte wo die wilde<br />
Und starke Königin Brunhilde,<br />
Die nun der Siegfried seinerseits,<br />
Da sie für ihn ganz ohne Reiz,<br />
Dem König Gunther zugebracht.<br />
Doch in der ersten Liebesnacht,<br />
Sofern man das so nennen kann,<br />
Schlug sie erbärmlich ihren Mann.<br />
Der traut sich nicht mehr in die Klappe,<br />
Bis Siegfried kam in seiner Kappe<br />
19<br />
Und sie an Gunthers Statt verdrosch.<br />
Draus wurde Haß, der nie mehr losch.<br />
Und als gar sonntags die Gemahlin<br />
Krimhild verhöhnte die Rivalin,<br />
Hat das Brundhild nicht mehr vertragen.<br />
Sie wandte heimlich sich an Hagen,<br />
Der dann, wie allgemein bekannt,<br />
Den Siegfried durch und durch gerannt<br />
Nach jenem Wettlauf an den Brunnen.<br />
(G)<br />
Krimhild ging später zu den Hunnen,<br />
Vermählte sich mit König Etzel,<br />
Und jeder kennt dann das Gemetzel,<br />
Genannt >der Nibelungen Not
Ja, wird man mir entgegenhalten:<br />
Der Minnesänger Lichtgestalten?!<br />
Wolfram von Eschenbach, beginne!<br />
Ja. aber nur von reiner Minne!<br />
Und machte so ein Troubadour<br />
Der Liebsten ernsthaft dann die Kur,<br />
Mußt er hinauf an einem Strick<br />
Und ward im nächsten Augenblick<br />
Vom Vater etwa, der anstatt<br />
Der Tochter ihn erlauert hatt,<br />
Mit kaltem, höflichem Bedauern<br />
Herabgeworfen von den Mauern.<br />
Der Tochter aber auf der Stelle<br />
Gab jener eine mächtige Schelle<br />
Und hatt noch Eisenhandschuh an —<br />
Das hat vielleicht nicht weh getan?<br />
lndes der arme junge Ritter<br />
Lag unten tot bei seiner Zither,<br />
Mußt' ewig nun ums Schloß gespensterln<br />
Zur Strafe für verbotnes Fensterln.<br />
(H)<br />
Bei uns setzt heut ein junger Mann<br />
An Liebe nicht mehr so viel dran.<br />
Er pfeift ihr von der Straße munter,<br />
Sie pfeift drauf — oder sie kommt runter.<br />
(G)<br />
Und war das lustig für die Frauen<br />
Dies ritterliche Sich-Verhauen?<br />
Wenn ewig Mann, Sohn, Bruder, Schwager<br />
Dalag auf seinem Hirschfell-Lager,<br />
Und ständig irgend so ein Tropf<br />
Ankam mit einem Loch im Kopf?<br />
(H)<br />
War's lustig, wenn es solchen Schlingeln<br />
Einfiel, die Burg nachts zu umzingeln,<br />
Faul mondelang herumzulungern<br />
Und sie dann einfach auszuhungern?<br />
(G)<br />
War nun kein Feldkrieg grade offen,<br />
Sah man die Ritter meist besoffen<br />
Am flackernden Kamine hocken<br />
Und greulich fluchen und tarocken.<br />
Die Frau mußt ihre Zeit benutzen,<br />
Und Tag und Nacht die Waffen putzen,<br />
Die Lederkoller und Gamaschen.<br />
Die Panzerhemden mußt sie waschen,<br />
20<br />
Die schwer zu bügeln, weil sie schuppig —<br />
Das Leben, kurz, war rauh und ruppig.<br />
(H)<br />
Und wenn der Gatte schließlich gar<br />
Der grimme Ritter Blaubart war,<br />
Der, wenn sie nicht den Schlüssel brachte,<br />
Aus ihr sofort Schlachtschüssel machte,<br />
Muß ich schon sagen: Tut mir leid,<br />
Ich bin nicht für die Ritterzeit.<br />
Nun meint vielleicht so manche Frau,<br />
Der Blaubart war gar nicht so blau,<br />
Das Ganze sei ja bloß ein Märchen:<br />
So find ich darin auch ein Härchen.<br />
Auf weitre Märchen ich verzichte:<br />
Wir treiben hier ja Weltgeschichte!<br />
Belustigt tut heut manche Gans<br />
Von der Jungfrau von Orleans;<br />
Daß eine Frau so frei gewesen,<br />
Wie wir es von Johanna lesen,<br />
War damals einfach unerhört<br />
Und alle Welt war tief empört.<br />
So mancher, der ihr sonst gewogen,<br />
Sprach: >Daß sie Hosen angezogen,<br />
Das geht zu weit, das ist zu stark!<<br />
Und drum verbrannten sie Jeanne d'Arc.<br />
(G)<br />
Und man versteht's, wenn man die Welt<br />
Von damals sich vor Augen stellt.<br />
Denkt nur an Faust mit seinem Gretchen —<br />
Was war das für ein armes Mädchen!<br />
Um ihn zu sehn, mußt sie ins Gärtlein<br />
Der hilfsbereiten Martha Schwertlein.<br />
Na, und was taten sie da schon?<br />
Sie redeten von Religion,<br />
Denn Liebe hatte zu den Zeiten<br />
Noch ungeahnte Schwierigkeiten.<br />
Heut geht das ohne List und Mord,<br />
Man fährt zum Wochenende fort,<br />
Ist aufgeklärt nach allen Kanten -<br />
Pfeift auf die Eltem, die Verwandten.<br />
(H)<br />
Erwähnt sei hier noch imrnerhin<br />
Elsa mit ihrem Lohengrin.<br />
Es ist zuviel verlangt von Frauen,
Daß sie voll höchstem Gottvertrauen<br />
Sich einem fremden Mann vermählen<br />
Und ihn nicht lang mit Fragen quälen.<br />
War er auch ritterlich galant,<br />
Sie hatte immerhin Brabant<br />
Und lief zum Schlusse doch Gefahr,<br />
Daß er ein Heiratsschwindler war.<br />
(G)<br />
Doch, um nicht nur aus deutschen Gauen<br />
Heranzuziehen hier die Frauen,<br />
Verflechte ich noch dem Berichte<br />
Die äußerst spannende Geschichte<br />
Des bösen Mohren von Venedig,<br />
Othello, der, solang er ledig,<br />
Als Admiral war äußerst tüchtig.<br />
Doch Jago macht' ihn eifersüchtig,<br />
So daß er von Desdémona<br />
Sich schauerlich betrogen sah.<br />
Ein Taschentuch hat's ihm verbürgt;<br />
Voreilig hat er sie erwürgt.<br />
DIE NEUZEIT<br />
(H)<br />
Was man in unsern Büchern dreist<br />
Als sogenannte Neuzeit preist,<br />
Ist auch schon wieder lange her —<br />
Fünfhundert Jahre ungefähr.<br />
Schon damals hat die Frau, wie heut,<br />
Das Mittelalter arg gescheut;<br />
Auch Frau Europa träumte nur<br />
Von Schönheit und Verjüngungskur.<br />
Sie braute drum sich einen Saft<br />
Aus humanistisch-klassischen Kräutern<br />
Und trank ihn, ohne ihn zu läutern.<br />
Und bald, nach einigem Magendrücken,<br />
Schien die Verjüngungskur zu glücken.<br />
Europa stand im vollen Glanze<br />
Der Neugeburt, der Renaissance.<br />
(G)<br />
Doch war, man kann das leicht erwischen,<br />
Halt noch manch giftiges Kraut dazwischen,<br />
Und grad die Renaissancefrauen<br />
Betrachten wir darum mit Grauen,<br />
Weil manches Unheil sie gestiftet<br />
Und ihre Männer oft vergiftet,<br />
Die ihrerseits auch, roh und kalt,<br />
Statt Liebe brauchten nur Gewalt.<br />
21<br />
(H)<br />
Noch mächtiger wird der Unterrock<br />
Nun im Verlaufe des Barock,<br />
Und sinnverwirrend lebensfroh<br />
Herrscht er erst recht im Rokoko.<br />
Das Weib, sonst Herrin kaum im Haus,<br />
Wächst sich zur Weiberherrschaft aus.<br />
Bricht lang verhaltner Frauengroll<br />
Sich endlich Bahn, wird's grauenvoll.<br />
Die »Bluthochzeit« verzeihn wir nie<br />
Der Katharina Medici,<br />
Der's fast gelang, die Hugenotten<br />
In Frankreich völlig auszurotten.<br />
(G)<br />
In Rußland ist es ja schon immer,<br />
Ob mit, ob ohne Frauenzimmer,<br />
Wüst zugegangen, und uns dienen<br />
Zum Beispiel auch zwei Katherinen.<br />
Die erste, die dann späterhin<br />
Emporstieg bis zur Kaiserin,<br />
Entstammt aus Livland oder wo.<br />
Ihr erster Mann war dumm und roh<br />
Als bald darauf die Russen kamen<br />
Und alles, auch die Weiber, nahmen.<br />
Kam sie dem Petern gleich, dem Großen,<br />
Gefährlich nahe an die Hosen.<br />
Zuerst regierten sie zu zweit,<br />
Dann sie allein noch kurze Zeit,<br />
Man muß gestehen, ganz untadelig.<br />
Die zweite Katharina— adelig! —<br />
Tat viel für Kunst, Kultur und Handel —,<br />
Doch scheußlich war ihr Lebenswandel.<br />
Unheimlich war der Männer Zahl,<br />
Die heimlich waren ihr Gemahl.<br />
Die Herrlichkeit blieb oft nur kurz,<br />
Auch Orlow endete durch Sturz,<br />
Viel länger als so mancher Brünstling<br />
Hielt Graf Potemkin sich als Günstling,<br />
Der allerdings als Mann und Zar<br />
Wohl auch kein Impotemkin war.<br />
(H)<br />
Inmitten der Kathrinen steht<br />
Die russische Elisabeth.<br />
Als Zarin gut, jedoch persönlich<br />
Sehr sinnlich, eitel und gewöhnlich.<br />
Sie hatte, wie es damals Brauch,<br />
Liebhaber massenweise auch;
Zum Beispiel brachts ein Hirtenknabe<br />
Durch ihre Gunst zum Marschallstabe,<br />
Den er in süßen Schäferstunden<br />
Gewiß in ihrem Bett gefunden,<br />
Wodurch man widerlegt, es gäbe<br />
Nur in Tornistern Marschallstäbe.<br />
(G)<br />
Noch wäre zu erwähnen da<br />
Östreichs Marie Theresia<br />
Mit ihrem Prinzgemahl, dem Fränzchen,<br />
Der, als ein rechtes Lämmerschwänzchen,<br />
Auch, als er später Kaiser hieß,<br />
Der Frau fast alles überließ:<br />
Regieren, Haushalt führen, siegen,<br />
Erst recht natürlich Kinder kriegen,<br />
Und nur daß sechzehn sie bekam,<br />
Beweist den Anteil, den er nahm.<br />
(H)<br />
Gewiß mag man bei Sonnenkönigen<br />
In puncto Frauen viel beschönigen,<br />
Doch bei Louis quinze war's schließlich nur<br />
Frau Fisch noch, alias Pompadour<br />
Und, beinahe schlimmer noch als die,<br />
Die abgefeimte Dubarry,<br />
Zwei echte Rokoko-Kokotten,<br />
Die voll kostspieliger Marotten<br />
Dem König zwar das Dasein würzten,<br />
Doch Frankreich tief in Schulden stürzten.<br />
Ein Weib, das sehr viel Geld verpraßt,<br />
Ist viel geliebt und viel gehaßt,<br />
Denn einerseits das Volk bedrückend,<br />
Ist es doch andrerseits entzückend,<br />
Und mancher wünscht von Zeit zu Zeit<br />
Ein bißchen Sittenlosigkeit,<br />
Wenn auch vielleicht nicht so en gros,<br />
Wie's damals war im Rokoko.<br />
(G)<br />
Die Fraun im neunzehnten Jahrhundert,<br />
Die man geliebt, gehaßt, bewundert,<br />
Sind uns ja schon so nah gerückt,<br />
Daß kein historischer Abstand glückt.<br />
(H)<br />
Das gilt gewiß in jeder Richtung.<br />
Zum Beispiel diene uns die Dichtung:<br />
Wenn auch Herr Johann Wolfgang Goethe<br />
22<br />
Uns manchen Stoff zur Forschung böte,<br />
Er bringt uns in Gewissensnot;<br />
Obzwar schon hundert Jahre tot,<br />
Scheint's uns doch oft, als wär's erst gestern,<br />
Und drum fällt es uns schwer zu lästern.<br />
Zwar daß er, klassisch stark verpflichtet,<br />
Hermann und Dorothee gedichtet,<br />
Das mag man ungestraft erwähnen.<br />
Doch ungern leuchten wir hinein<br />
In die Affäre Frau von Stein,<br />
Wo sich die Welt den Kopf zerbricht:<br />
Hat er nun oder hat er nicht?<br />
(G)<br />
Man merkt, die Neuzeit schafft Verdruß,<br />
Drum kommen langsam wir zum Schluß.<br />
Wir sahn, wie lüstern und intim<br />
Es war im ancien régime.<br />
Als das Empire dann kam zum Sieg,<br />
Trug sich die Damenwelt antik,<br />
Moralisch ziemlich ungefestigt<br />
Ging sie, von Kleidern kaum belästigt.<br />
Doch mit dem Gürtel, mit dem Schleier<br />
Macht' schnell ein End das Biedermeier.<br />
Doch sieh! Aus dieser stickigen Luft<br />
Kommt auch der Freiheit neuer Duft:<br />
Es brachte der Kaffeegenuß<br />
Den weiblichen Zusammenschluß.<br />
Debatten gab es, wüst und scharf,<br />
Was der Mann muß, soll, kann und darf,<br />
Und es entstand mit einem Schlage<br />
Die fürchterliche Frauenfrage.<br />
(H)<br />
Die Neuzeit neue Sorgen schuf:<br />
Die Frau drang ein in den Beruf,<br />
Und sie erprobte ihre Kraft<br />
In Politik und Wissenschaft.<br />
Nichts gibt's, worum sie sich nicht kümmert,<br />
Schon wird das Vaterbild zertrümmert,<br />
Auch brachte es die Frau im Sport<br />
Von Weltrekord zu Weltrekord —<br />
Dürft da zu sagen sich erdreisten<br />
Ein Mann, daß Frauen nicht viel leisten?<br />
Es ist in unsrer Zeit das Schöne:<br />
Die Welt hat nicht nur große Söhne!<br />
Nicht ungenannt die Töchter bleiben
(man muß die Hymnen halt neu schreiben!).<br />
Verzichten will nicht andererseits<br />
Die Frau auf ihren Weiberreiz,<br />
Der mehr denn je die trübe Quelle<br />
Der wilden Sex- und Pornowelle.<br />
Verzichten will nicht andererseits<br />
Die Frau auf ihren Weiberreiz,<br />
Der mehr denn je die trübe Quelle<br />
Der wilden Sex- und Pornowelle.<br />
Eins gilt auch jetzt noch in der Welt:<br />
Die schönen Frauen kosten Geld.<br />
Und nördlich, südlich, westlich, östlich<br />
lst Kostenloses selten köstlich.<br />
Nur wünschen darf der Mann natürlich<br />
Gebührenfrei - nicht ungebührlich!<br />
Und jeder denkt da oft und gerne<br />
An Filmstars, Operettensterne,<br />
An Girls, an Schönheitsköniginnen<br />
Und wird vor Sehnsucht fast von Sinnen.<br />
(G)<br />
Hier naht zum Schluß der Moralist,<br />
Der für uns Arme tröstlich ist,<br />
Und taucht mit Worten, süß wie Honig,<br />
Höchst gründlich in die Weltenchronik.<br />
>Schautin die Zeit zurück:<br />
Wem brachten Frauen wirklich Glück?<br />
Millionen Männer, ja Milliarden,<br />
Darunter Könige, Helden, Barden,<br />
Soldaten, Bürger, Bauern, Knechte,<br />
Sind dem verderblichen Geschlechte<br />
Durch die Jahrtausende verfallen.<br />
Jenun, was blieb von ihnen allen?<br />
Die Liebesglut, die sie durchlodert,<br />
Ist eitel jetzt und staubvermodert.<br />
Drum, wer historisch es betrachtet,<br />
Das Weib nur fürchtet und verachtet!<<br />
(H)<br />
Und trotzdem rat ich: Lebt und liebt,<br />
Es ist das Schönste, was es gibt<br />
23
Draufgaben <strong>2011</strong><br />
H<br />
Es nahm sich ein Mann aus dem Sauerland<br />
‘ne Gattin – die ständig sich schlauer fand.<br />
Bald denkt er im Stillen:<br />
„Ich könnte sie killen ...!“<br />
Ihr Bildnis trägt nun einen Trauerrand.<br />
G<br />
Vom Kaplan hört Frau Fromm in der Rhön<br />
eine Ehe zu dritt sei obszön.<br />
Die Idee ist der Frommen<br />
nie von selber gekommen –<br />
heute sagt sie, sie findet es schön.<br />
H<br />
Es lehnt eine Dame aus Bonn<br />
sich gerne weit übern Balkonn.<br />
Die Brust auf der Brüstung<br />
führt meist zur Entrüstung,<br />
doch hat man auch etwas davonn.<br />
G<br />
Ein Bauernmädel aus Kals<br />
das wusch sich zum Sonntag den Hals<br />
bis zum Ansatz vom Busen –<br />
denn tiefer zu schmusen<br />
erlaubt sie dem Freund keinesfalls.<br />
H<br />
Ein feuriger Herr aus Tirol tat<br />
so manches, wobei er frivol tat.<br />
Die Dame rief: „Nein,<br />
was sind Sie für’n Schwein!“,<br />
obwohl es ihr eigentlich wohl tat.<br />
G<br />
Ein älteres Weibsbild aus Füssen<br />
war mächtig versessen aufs Küssen.<br />
Sie hat einen Jungen<br />
zum Küssen gedungen.<br />
Nun wird er sie küssen wohl müssen.<br />
(H) Ein alter Professer (G) und ein Prokurist<br />
(H) erzählten von Frauen und Männern viel<br />
Mist.<br />
(G) Zum Prokuristen sagt dann der Professer:<br />
"Bevor´s uns verhaun, verschwind´ma jetzt<br />
besser!"<br />
(H) Es hat sie dann niemand vermißt.<br />
24