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Künstler-Magazin 03-2018

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Verbandsnachrichten / Tipps<br />

www.kuenstler-magazin.de<br />

Managementverträge<br />

und Sittenwidrigkeit<br />

Roland Voges<br />

Wo ist denn da die Grenze?<br />

Manche sagen, man gründe eine<br />

Kleinfamilie, wenn man sich als<br />

Management einem <strong>Künstler</strong> zuwendet.<br />

Das mag übertrieben<br />

sein, aber in der Tat entsteht damit<br />

weit mehr als nur ein Vertrag<br />

mit diversen mehr oder weniger<br />

komplizierten Klauseln. Die Beziehung<br />

zwischen <strong>Künstler</strong> und Manager<br />

ist ohne Zweifel diejenige<br />

im Musikgeschäft, die den größten<br />

Vertrauensvorschuss und das<br />

höchste Maß an Einfühlungsvermögen<br />

erfordert, auch Überzeugungskraft<br />

und notfalls einmal klare<br />

Worte schaden nicht.<br />

Wer als <strong>Künstler</strong> noch in den<br />

Startlöchern steht, der sieht<br />

zunächst gern darüber hinweg,<br />

was ihm das Management als Gegenleistung<br />

für seinen Service abverlangt.<br />

Später indes mag es<br />

gern vorkommen, dass der inzwischen<br />

versiertere <strong>Künstler</strong> sich<br />

fragt, ob er da wohl in seiner Ahnungslosigkeit<br />

als Anfänger über<br />

den Tisch gezogen wurde. Und ob<br />

nicht so mancher Euro, den das<br />

Management kassiert hat, eigentlich<br />

besser in die eigene Tasche<br />

passen würde. Immerhin: Was<br />

wäre das Management ohne die<br />

künstlerischen Erfolge… Wird<br />

man womöglich ausgebeutet?<br />

Das wiederum kann dann die Gerichte<br />

beschäftigen, die sich mit<br />

der Frage zu befassen haben, wo<br />

die entscheidende Grenze eines<br />

eher nachteiligen, wohl aber wirksamen,<br />

zum sittenwidrigen und<br />

damit nichtigen Vertrag verläuft.<br />

So auch im einem Fall, der 2016<br />

vom Brandenburgischen Oberlandesgericht<br />

entschieden wurde.<br />

Was war passiert: Ein Manager<br />

verlangte die vertraglich vereinbarte<br />

Vergütung, der <strong>Künstler</strong> rügte<br />

Sittenwidrigkeit und verweigerte<br />

die Zahlung mit dem Argument,<br />

der Managementvertrag enthaltene<br />

mehrere Klauseln, die ihn in ihrer<br />

Zusammenschau in einer unzumutbaren<br />

Weise benachteiligen.<br />

Das Landgericht hatte ihm<br />

Recht gegeben, Vergütungsansprüche<br />

aus Managementvertrag<br />

bestünden nicht, der Vertrag sei<br />

sittenwidrig und damit gemäß §<br />

138 Abs. 1 BGB nichtig: Das folge<br />

im Wesentlichen aus der vereinbarten<br />

Vergütung, wonach das<br />

klagende Management 30 % aller<br />

Einkünfte des <strong>Künstler</strong>s erhalten<br />

sollte, dazu auch noch auch solcher<br />

Einkünfte, die nicht auf der<br />

Vermittlung eines Vertrages durch<br />

den Manager beruhten. Außerdem<br />

sei das Recht zur Sonderkündigung<br />

bei Erbringung höherer<br />

Dienstleistungen ausgeschlossen<br />

worden.<br />

Das Oberlandesgericht folgte dem<br />

jedoch nicht. Eine Sittenwidrigkeit<br />

des Vertrages ergab sich danach<br />

weder isoliert betrachtet aus der<br />

Vergütungshöhe, noch in der Gesamtschau<br />

mit anderen vertraglichen<br />

Regelungen. Zwar war der<br />

vereinbarte Prozentsatz mit 30 %<br />

sicher am oberen Ende des Üblichen<br />

angesiedelt, ein Verstoß gegen<br />

das "Anstandsgefühl aller billig<br />

und gerecht Denkenden" stellte<br />

das jedoch nicht dar. Auch nicht<br />

der Umstand, dass sich dieser<br />

Satz auf "alle Einkünfte" des<br />

<strong>Künstler</strong>s aus Verträgen beziehen<br />

sollte, "auch wenn diese nicht auf<br />

der Vermittlung eines Vertrages<br />

durch den Berater basieren".<br />

Die Sittenwidrigkeit setzt voraus,<br />

dass im Rahmen eines wucherähnlichen<br />

Rechtsgeschäfts<br />

eine Vergütung vereinbart wird,<br />

welche das Doppelte über der üblichen<br />

Vergütung beträgt. Außerdem<br />

entspricht es auch im Rahmen<br />

von <strong>Künstler</strong>- bzw. speziell<br />

Musikmanagementverträgen<br />

durchaus der Üblichkeit, dass sich<br />

die Vergütung des Managers<br />

auch aus Verträgen speist, die<br />

nicht durch ihn vermittelt worden<br />

sind, sondern auch solche Einnahmen<br />

erfasst, die der <strong>Künstler</strong><br />

während der Laufzeit des Managementvertrages<br />

unabhängig von<br />

der Tätigkeit des Managers erzielt.<br />

Grund: Das Rechtsverhältnis<br />

hat eben nicht nur die Vermittlung<br />

von Verträgen zum Gegenstand,<br />

sondern eine umfassende Betreuung<br />

und Beratung im Hinblick auf<br />

die künstlerischen Aktivitäten. Das<br />

rechtfertigt, das Management an<br />

sämtlichen Einnahmen aus der<br />

künstlerischen Tätigkeit partizipieren<br />

zu lassen.<br />

Zwar waren dem Manager exklusiv<br />

weitgehende Verhandlungsund<br />

Vertretungsbefugnisse eingeräumt.<br />

Entsprechende Regelungen<br />

sind aber durchaus branchenüblich,<br />

denn anders lassen<br />

sich die o.g. weit gefächerten Aufgaben<br />

und das Ziel, die Karriere<br />

des <strong>Künstler</strong>s zu fördern, kaum<br />

sinnvoll und effektiv wahrnehmen.<br />

Freilich darf sich der Manager keine<br />

Alleinentscheidungsbefugnis<br />

einräumen lassen. Das war im<br />

entschiedenen Fall aber auch<br />

nicht so, insbesondere bedurften<br />

Vertragsabschlüsse der ausdrücklichen<br />

schriftlichen Zustimmung<br />

des <strong>Künstler</strong>s. Diesem stand<br />

auch, und das ist von zentraler<br />

Bedeutung, in künstlerischen Belangen<br />

das freie und alleinige Entscheidungsrecht<br />

zu.<br />

Das besondere Kündigungsrecht<br />

gemäß § 627 BGB soll im Falle<br />

höherer Dienstleistungen, die eine<br />

besondere Vertrauensstellung beinhalten,<br />

eine vorzeitige Lösung<br />

vom Vertrag ermöglichen. Wer<br />

sich nicht mehr vertraut, soll auch<br />

nicht mehr gebunden sein. Andererseits<br />

ist diese Vorschrift auch<br />

missbrauchsanfällig, um sich aus<br />

lästigen Verträgen zu befreien,<br />

obwohl ein begründbarer Vertrauensverlust<br />

gar nicht vorliegt. Auf<br />

jeden Fall aber ist diese Vorschrift<br />

wirksam abdingbar, denn das unabdingbare<br />

Sonderkündigungsrecht<br />

des § 626 BGB bei Vorliegen<br />

eines wichtigen Grundes<br />

muss immer verbleiben. Und da<br />

geht es um objektiv überprüfbare<br />

Fakten.<br />

Natürlich sind das nur einige Beispiele<br />

für besonders streitanfällige<br />

Regelungen in Managementverträgen.<br />

Sie alle hier zu debattieren,<br />

würde den Rahmen deutlich<br />

sprengen. Außerdem kommt es<br />

eben auf die Zusammenschau an:<br />

Was für sich betrachtet durchgehen<br />

würde, führt zusammen mit<br />

anderen Klauseln dann doch zur<br />

Sittenwidrigkeit.<br />

Rechtsanwalt Roland Voges<br />

Präsident und Justitiar IFSU<br />

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