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5. Alternativer Drogen- und Suchtbericht

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Gewalt <strong>und</strong> Suchtprävention in Fußballstadien: Soziale Arbeit in Fanprojekten stärken<br />

Zielgruppe: Ultras <strong>und</strong> Hooligans<br />

Die aktive Fanszene ist ein äußerst heterogenes Gebilde. Sie hat sich in der Vergangenheit<br />

wiederkehrend verändert <strong>und</strong> wird als divergent beschrieben. Sei es das Aufkommen<br />

der verschiedenen Fantypen, beispielweise der „Kutten“ nach dem zweiten<br />

Weltkrieg, der „Hooligans“ Mitte der 70er Jahre oder der „Ultra- Bewegung“ Ende<br />

der 80er – jeder neue Fantypus brachte eine neue Entwicklung mit sich. Pilz (2005)<br />

differenziert Fans einerseits hinsichtlich ihrer Orientierung (Konsumorientiert, Fußballzentriert<br />

<strong>und</strong> Erlebnisorientiert) <strong>und</strong> unterteilt die Szene in Kuttenfans, Ultras <strong>und</strong><br />

Hooligans. Als weitere Gruppe lassen sich sogenannte „Allesfahrer“ identifizieren,<br />

die ihre Mannschaft zu jedem Spiel begleiten.<br />

Nach italienischem Vorbild organisieren sich junge Fans in Ultra-Gruppierungen<br />

(Sommerey 2013). Ihr gemeinsames Ziel ist es, die Mannschaft durch Aktionen im<br />

Stadion, z. B. durch aufwendige Choreographien, Spruchbänder <strong>und</strong> Gesänge zu unterstützen.<br />

Sie sind ehrenamtlich in der Fanszene aktiv, fordern eine Mitsprache in<br />

den Vereinsstrukturen ein <strong>und</strong> setzen sich kritisch mit der Kommerzialisierung des<br />

Fußballs auseinander. In ihrem Selbstverständnis setzen sie sich von anderen Fans<br />

bewusst ab, indem es für sie ein tragendes Lebensgefühl darstellt, Ultra zu sein. Sie<br />

sind 24 St<strong>und</strong>en an 7 Tagen in der Woche ein Ultra (Gabriel/Groll 2013). Kritisch<br />

zu betrachten ist, dass Ultras sich nicht ausnahmslos von Gewalt distanzieren (Pilz<br />

2006). Grobe Schätzungen gehen von <strong>5.</strong>000-10.000 Ultras in Deutschland aus, deren<br />

Mitglieder in der Regel zwischen 16-25 Jahren alt sind (Hitzer/Niederbecher 2010).<br />

Der Beginn des Hooliganismus geht auf die 1980er Jahre zurück. Es handelt sich<br />

hierbei um eine männlich geprägte Subgruppe, die unabhängig vom Verlauf des Fußballspiels<br />

die tätliche Auseinandersetzung mit Fans anderer Vereine sucht. Der Boxkampf<br />

unter Gelichgesinnten ist das verbindende Glied. Da inzwischen diese Auseinandersetzungen<br />

mit Stadionverboten sanktioniert werden, finden die Kämpfe häufig<br />

an als sogenannte „Drittortauseinandersetzungen“ auf neutralem Boden statt. Hooligans<br />

sind keine arbeitslosen Modernisierungsverlierer (Farin 2010). „Hooligans rekrutieren<br />

sich aus allen Sozialschichten, unter ihnen befinden sich viele Abiturienten,<br />

Studenten, Menschen in guten beruflichen Positionen, Akademiker. Hooligans haben<br />

entsprechend meist zwei Identitäten: eine bürgerliche Alltagsidentität <strong>und</strong> eben ihre<br />

sub- bzw. jugendkulturelle Hooliganidentität“ (Pilz 2016b).<br />

Die Polizei klassifiziert dagegen Fußballfans in die drei Cluster: Kategorie A = der<br />

friedliche Fan, Kategorie B = der gewaltbereite/-geneigte Fan sowie Kategorie C =<br />

der gewaltsuchende Fan. Die Polizeibehörden registrierten für die Saison 2016/2017<br />

14.210 Personen in den beiden letztgenannten Kategorien <strong>und</strong> 1.382 Körperverletzungen<br />

(ZIS 2017). Die Einteilung der Polizei wird von Fanforschern <strong>und</strong> Sozialarbeitern<br />

aus den Fanprojekten kritisiert <strong>und</strong> als verkürzt dargestellt. Wir gehen daher von<br />

unterschiedlichen Fan-Milieus aus, die nicht trennscharf in den vorhandenen Kategorien<br />

zu zuordnen sind.<br />

Soziale Arbeit in Fanprojekten<br />

Als Reaktion auf die steigende Fangewalt, in der Zeit des Hooliganismus der 80er<br />

Jahre, wurden die ersten Fanprojekte entwickelt <strong>und</strong> ausgebaut (Lichtenberg/Paesen<br />

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