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MUSEUM III 2018 - Programmheft der Staatlichen Museen zu Berlin

In der neuen Ausgabe von MUSEUM, dem Programmheft der Staatlichen Museen zu Berlin, geht es um die Themen und Ausstellungen von Juli bis September 2018. Themen sind u.a.: "Wanderlust" und die Entdeckung der Natur in der Kunst, Riefenstahl-Nachlass im Museum für Fotografie, Food Revolution am Kulturforum und mehr.

In der neuen Ausgabe von MUSEUM, dem Programmheft der Staatlichen Museen zu Berlin, geht es um die Themen und Ausstellungen von Juli bis September 2018. Themen sind u.a.: "Wanderlust" und die Entdeckung der Natur in der Kunst, Riefenstahl-Nachlass im Museum für Fotografie, Food Revolution am Kulturforum und mehr.

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7<br />

TITELTHEMA<br />

Das hätte den Impressionisten gefallen“,<br />

sagt Ralph Gleis und deutet auf die<br />

tanzenden Lichtflecken, die durchs grüne<br />

Blätterdach des Tiergartens auf den Weg<br />

fallen. „Das Licht, das durch das Laub <strong>der</strong><br />

Bäume fällt, hatMaler häufig inspiriert.“Ich<br />

habe mich mit dem Leiter <strong>der</strong> Alten Nationalgalerie<br />

hier <strong>zu</strong>m Spaziergang verabredet,<br />

um über die naturgewaltige Ausstellung<br />

„Wan<strong>der</strong>lust“ in seinem Haus <strong>zu</strong><br />

sprechen.<br />

Das zentrale Motiv <strong>der</strong> Ausstellung<br />

ist, wie ihr Name bereits verrät, das Wan<strong>der</strong>n.<br />

Es wurde im 19.Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>zu</strong> einer<br />

<strong>der</strong> beliebtesten Beschäftigungen unter<br />

Künstlern, Intellektuellen und Bürgern.<br />

Doch wie kam esda<strong>zu</strong>? „Es gab um1800<br />

verschiedene Strömungen, die Hand in<br />

Hand gingen“, erklärt <strong>der</strong> Kunsthistoriker.<br />

„Schon im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t war <strong>der</strong> Genfer<br />

Pädagoge und Schriftsteller Jean-Jacques<br />

Rousseau mit dem Motto ‚Zurück <strong>zu</strong>r Natur‘sehr<br />

einflussreich.“Ähnliche Inspiration<br />

ging auch von <strong>der</strong> Sturm-und-Drang-Dichtung<br />

Goethes und an<strong>der</strong>er aus. Die Menschen<br />

strebten nach Naturerfahrungen,<br />

denn sie erlebten inihrem Umfeld große<br />

Verän<strong>der</strong>ungen: eine dynamische Industrialisierung,<br />

<strong>zu</strong>nehmende Verstädterung und<br />

immer rasantere Mobilität. Die Reaktion<br />

auf die weitreichenden Transformationen<br />

an <strong>der</strong> Schwelle <strong>zu</strong>m 19.Jahrhun<strong>der</strong>t fand in<br />

<strong>der</strong> Romantik ihren prägnantesten Ausdruck.<br />

„Die Menschen verspürten das Bedürfnis,<br />

hinaus<strong>zu</strong>gehen in die unberührte<br />

Natur“, sagt Gleis. „Dabei ging es jedoch<br />

nicht nur um Realitätsflucht, son<strong>der</strong>n auch<br />

um Welt- und Selbsterkenntnis. An <strong>der</strong>en<br />

Beginn stand die Eroberung <strong>der</strong> Natur.“<br />

Auch wir erobern die Natur und dringen tiefer<br />

inden Park vor, wo das Sonnenlicht immer<br />

weniger wird und angenehme Kühle<br />

herrscht. Ein Rotkehlchen beobachtet uns<br />

neugierig vomWegesrand aus.<br />

Jens Ferdinand<br />

Willumsen:<br />

Bergsteigerin,<br />

1912<br />

Die Künstler des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts waren also<br />

auf <strong>der</strong> Suche nach neuen<br />

Seheindrücken, nach „ästhetischen<br />

Reflexionsräumen“,<br />

wie Ralph Gleis präzisiert.<br />

Durch das Wan<strong>der</strong>n<br />

kam es <strong>zu</strong> einem Perspektivwechsel:<br />

Die Berge,<br />

Wäl<strong>der</strong> und Seen, die<br />

ungezähmte Natur, die <strong>zu</strong>vor bedrohlich<br />

und unwirtlich erschien, wurde nun für ihre<br />

Schönheit gepriesen und erkundet.„Es entstand<br />

eine ganz neue Art <strong>der</strong> Naturbetrachtung“,<br />

erklärt Gleis, „in <strong>der</strong> diese nicht<br />

mehr nur etwas Kulturfernes, Gefährliches<br />

darstellt, son<strong>der</strong>n etwas Erhabenes und<br />

Schönes.“ Mit diesem neuen Blick kamen<br />

auch neue Bil<strong>der</strong>. Romantiker wie caspar<br />

David Friedrich, carl Gustavcarus und Johan<br />

christian Dahl brachten ihre Naturerlebnisse<br />

<strong>zu</strong>m Ausdruck: Sie malten sich<br />

selbst beim Wan<strong>der</strong>n mit Freunden, bei <strong>der</strong><br />

Rastinden Bergeno<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Staffelei in<br />

<strong>der</strong> Landschaft. Letztere trat dabei häufig<br />

in den Vor<strong>der</strong>grund –das Landschaftsbild<br />

wurde <strong>zu</strong>m Experimentierfeld, in dem die<br />

Maler neue Techniken, Perspektiven und<br />

Kompositionen erprobten. „Diese Entwicklung<br />

ist sehr gut ablesbar in <strong>der</strong> Ausstellung,<br />

die epochenübergreifend und nicht<br />

allein in <strong>der</strong> Romantik verhaftet ist“, sagt<br />

Ralph Gleis.<br />

Wir passieren ein Tormit <strong>der</strong> Aufschrift<br />

‚Bitte schließen wegen <strong>der</strong> Kaninchenplage‘.<br />

Auf einer kleinen Brücke zwischen<br />

zwei malerischen Teichen halten wir<br />

an und genießen den Anblick. Wie<strong>der</strong> so<br />

eine impressionistische Szene, denke ich,<br />

bis sich aus <strong>der</strong> Ferne <strong>der</strong> Verkehrslärm <strong>der</strong><br />

Tiergartenstraße in die Idylle drängt.<br />

Gustave courbet: DieBegegnung<br />

o<strong>der</strong> BonjourMonsieurcourbet,<br />

1854

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