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Das Gespenst ohne Namen - Disney.de

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Lisa Bost:<br />

<strong>Das</strong> <strong>Gespenst</strong> <strong>ohne</strong> <strong>Namen</strong><br />

Es war einmal eine <strong>Gespenst</strong>erfamilie. Die hatte eine Tochter. Aber diese hatte keinen<br />

<strong>Namen</strong>. Einen <strong>Namen</strong> kriegt ein <strong>Gespenst</strong> nämlich erst, wenn es seinen <strong>Namen</strong><br />

verdient hat. Es musste sich seinen <strong>Namen</strong> verdienen, in<strong>de</strong>m es vor einer Jury bewies,<br />

dass es die Menschen so erschreckt hatte, dass sie richtig Angst vor <strong>Gespenst</strong>ern<br />

hatten.<br />

Je<strong>de</strong>r Mensch lachte über die <strong>Gespenst</strong>ertochter, weil sie es nicht fertig brachte,<br />

jeman<strong>de</strong>n zu erschrecken und daher auch noch keinen <strong>Namen</strong> hatte. Die<br />

<strong>Gespenst</strong>ermutter gab ihr die besten Ratschläge und Tipps und wollte ihr auch zeigen,<br />

wie es gelingen wür<strong>de</strong>, die Menschen zu erschrecken. Die <strong>ohne</strong> <strong>Namen</strong> bemühte sich<br />

so gut sie es konnte. Aber sie hatte einfach keinen Erfolg. Dann nahm sich <strong>de</strong>r<br />

<strong>Gespenst</strong>erbru<strong>de</strong>r ihrer an. Er erschreckte die kleine Kin<strong>de</strong>r und meinte, wenigstens<br />

das müsse ihr doch auch gelingen. Er lachte ganz laut, wenn wie<strong>de</strong>r einmal so ein paar<br />

Angeber, die vor nichts Angst hatten, vor Schreck abhauten. <strong>Das</strong> machte die <strong>ohne</strong><br />

<strong>Namen</strong> so traurig, dass sie nicht mehr daheim bleiben wollte. Sie lief einfach weg. Bald<br />

kam sie an einen See. Sie setzte sich am Ufer auf einen Stein und weinte bitterlich. Sie<br />

konnte sich kaum beruhigen. Aber dann begann ihr Magen zu knurren. Sie hatte<br />

Hunger als hätte sie eine ganze <strong>Gespenst</strong>erwoche nichts mehr gegessen. Da wischte<br />

sie die Tränen ab, stampfte auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n und sagte laut vor sich hin: „Ich lern’s<br />

noch!“ Dann schwebte sie trotzig nach Hause. Wohin sie sonst hätte gehen können,<br />

wusste sie nicht. Der <strong>Gespenst</strong>ervater empfing sie nicht gera<strong>de</strong> freundlich: Wo warst<br />

du? Ich habe nach dir gesucht und dich nirgends gefun<strong>de</strong>n.“ Da gestand sie. „Ich bin<br />

weggelaufen weil mich alle auslachen und sagen, ich wür<strong>de</strong> es nie lernen. Ich sei viel zu<br />

dumm.“ Da nahm sie <strong>de</strong>r Vater in <strong>de</strong>n Arm, tröstete sie und versprach ihr<br />

beizubringen, wie das <strong>Gespenst</strong>ern und Herumgeistern geht. Er drückte ihr auch zwei<br />

Lehrbücher für Herumgeisterei in die Hand.


Als am nächsten Tag <strong>de</strong>r Milchwagen vorbeifuhr, nahm <strong>de</strong>r <strong>Gespenst</strong>ervater seine<br />

<strong>Gespenst</strong>ertochter <strong>ohne</strong> <strong>Namen</strong> bei <strong>de</strong>r Hand. Sie stellten sich <strong>de</strong>m Milchwagen in <strong>de</strong>n<br />

Weg, dass die Pfer<strong>de</strong> scheu wur<strong>de</strong>n, sich hoch auf zwei Beine stellten, laut wieherten<br />

und sich dann losrissen. Dabei kippte <strong>de</strong>r Milchwagen um und die Milch floss aus <strong>de</strong>n<br />

Kannen. Der Fahrer fluchte und musste zuerst die Pfer<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r einfangen. „<strong>Das</strong><br />

kannst du jetzt auch ganz alleine“ sagte <strong>de</strong>r <strong>Gespenst</strong>ervater zu seiner Tochter. Am<br />

nächsten Tag wollte sie es allein versuchen. Schon als sie in die Nähe kam fing <strong>de</strong>r<br />

Milchwagenführer an zu lachen und die Pfer<strong>de</strong> nahmen überhaupt keine Notiz von ihr.<br />

<strong>Das</strong> war zu viel. <strong>Das</strong> arme <strong>Gespenst</strong>ermädchen zog <strong>de</strong>n <strong>Gespenst</strong>ermantel ganz über<br />

<strong>de</strong>n Kopf und lief in sein Zimmer, warf sich auf das Bett und weinte. Als die<br />

<strong>Gespenst</strong>ermutter es fragte, warum es schon wie<strong>de</strong>r so traurig war, klagte es ihr sein<br />

Leid: „Ich lerne das <strong>Gespenst</strong>ern einfach nicht. Wenn ich einen Menschen erschrecken<br />

will, meint er, ich mache Spaß. Ich halte das nicht mehr aus. Ich bin eine richtige<br />

<strong>Gespenst</strong>erflasche!“ Zu aller erst brachte die Mutter ihrem armen<br />

<strong>Gespenst</strong>ermädchen eine Tasse heißen Tee. Dann setzte sie sich zu ihm auf die<br />

Bettkante und erklärte ihm noch einmal einen Schritt nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren.<br />

Am nächsten Tag ging das <strong>Gespenst</strong>erkind <strong>ohne</strong> <strong>Namen</strong> an <strong>de</strong>n Blumenstand vor <strong>de</strong>r<br />

Bahnhofshalle. Dort wollte es die Verkäuferin erschrecken. Es warf einen<br />

Blumeneimer nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren um, dass die Blumen alle auf <strong>de</strong>r Straße lagen. Aber<br />

das Blumenmädchen, es war das Lehrmädchen, sammelte die Blumen wie<strong>de</strong>r auf,<br />

stellte sie in ihre Eimer auf ihren Platz und goss mit einer Gießkanne noch einmal<br />

Wasser in die Eimer. Da schämte sich das <strong>Gespenst</strong>ermädchen noch viel mehr, weil es<br />

<strong>de</strong>m Blumenmädchen das Lernen so schwer gemacht hatte. Es ging zu ihm hin und<br />

fragte, ob es sehr schwer sei, am Blumenstand zu stehen, ob die Leute auch immer<br />

sehr freundlich zu ihm seien, ob oft jemand komme um es zu erschrecken. Es hatte<br />

<strong>de</strong>m Blumenmädchen so viele Frage gestellt, dass es gar nicht alle beantworten<br />

konnte. Nur auf die Frage, warum es <strong>de</strong>n nicht gelacht hätte, als es die Blumeneimer<br />

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umgeworfen hatte, hatte das Blumenmädchen <strong>de</strong>n Kopf geschüttelt. „Ich lache<br />

keinen aus. Ich habe sowieso nichts zu lachen. Je<strong>de</strong>r merkt, dass ich noch<br />

Lehrmädchen bin und da will mich je<strong>de</strong>r spüren lassen, dass ich noch gar nichts kann.“<br />

Da erzählte auch das <strong>Gespenst</strong>ermädchen <strong>ohne</strong> <strong>Namen</strong> <strong>de</strong>m Blumenmädchen seine<br />

Geschichte. <strong>Das</strong> Blumenmädchen sagte: Du siehst einfach nicht spukig genug aus. Im<br />

Gegenteil. Du bist niedlich und freundlich. Aber ich habe eine I<strong>de</strong>e, wie ich dir helfen<br />

kann.“ Dann machten sie miteinan<strong>de</strong>r aus, dass das <strong>Gespenst</strong>ermädchen <strong>ohne</strong><br />

<strong>Namen</strong> einfach seinen Vater o<strong>de</strong>r seine Mutter einmal mitbringen sollte. Die sollten<br />

sehen, dass das Blumenmädchen vor Schreck umfällt, wenn es <strong>Gespenst</strong>er sieht. Dann<br />

wür<strong>de</strong> das <strong>Gespenst</strong>ermädchen auch einen <strong>Namen</strong> bekommen.<br />

Zwei Tage später brachte das <strong>Gespenst</strong>ermädchen seine ganze Familie mit. Es ging<br />

stolz voran und stellte sich <strong>de</strong>m Blumenmädchen in <strong>de</strong>n Weg, riss die Geisterarme<br />

hoch und ließ ein gespenstisches Prusten hören. <strong>Das</strong> Blumenmädchen war gera<strong>de</strong><br />

dabei, frisches Wasser in die Blumeneimer zu gießen. Es sah das <strong>Gespenst</strong>, ließ sich<br />

fallen und kippte dabei noch das Wasser aus <strong>de</strong>r Gießkanne über sich. Da begannen<br />

die <strong>Gespenst</strong>er zu johlen und zu singen. „Jetzt hat sie’s gelernt. Juhuuuuu!“ Sie fielen<br />

ihrem <strong>Gespenst</strong>ermädchen um <strong>de</strong>n Hals und nannte es von Stun<strong>de</strong> an „Gimilini<br />

Floriami“, das Blumengespenst. Dann schwebten sie am helllichten Tag durch die<br />

Hauptstraße <strong>de</strong>r Stadt und sangen laut: „Jetzt hat sie einen <strong>Namen</strong>!“ bis sie in ihrem<br />

<strong>Gespenst</strong>erturm angelangt waren.<br />

Am nächsten Tag traf Gimilini Floriami noch einmal das Blumenmädchen, um sich bei<br />

ihr zu bedanken für die Hilfe. „Könnten wir nicht Freundinnen sein?“ fragten sie fast<br />

gleichzeitig. Danach trafen sie sich immer abends. Die <strong>Gespenst</strong>erfamilie glaubte fest,<br />

dass Gimilini Floriami am Herumgeistern auf einmal so viel Freu<strong>de</strong> hatte, dass sie gar<br />

nicht genug davon kriegen konnte. <strong>Das</strong> machte die ganze <strong>Gespenst</strong>erfamilie glücklich.<br />

Aber von ihrer Freundschaft verrieten das Blumenmädchen und das<br />

<strong>Gespenst</strong>ermädchen keinem etwas.<br />

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