Rechtliche Stellungnahme zum Entwurf eines - Verband der ...
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<strong>Rechtliche</strong> <strong>Stellungnahme</strong> <strong>zum</strong> <strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong><br />
„Ausführungserlasses zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorschriften über<br />
die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden“<br />
Reinbek, 26.07.2012<br />
1
Für den schnellen Leser<br />
1. Einordnung <strong>der</strong> Verwaltungsvorschrift<br />
1.1 Der Erlass in <strong>der</strong> Normenhierarchie von Rechtssprechung und<br />
Rechtstheorie<br />
In seinen Erscheinungsformen lassen sich Verwaltungsvorschriften in vier<br />
unterschiedliche Gruppen aufteilen (vgl. Detterbeck, Allgem<strong>eines</strong><br />
Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Rn. 857ff.):<br />
a) Gesetzesauslegende Verwaltungsvorschriften, die vor allem Gesetze mit<br />
unbestimmten Rechtsbegriffen ohne Beurteilungsspielraum betreffen, bei<br />
denen die Auslegung dieser Rechtsbegriffe gleichsam bedeutend wie<br />
schwierig ist.<br />
b) Gesetzeskonkretisierende Verwaltungsvorschriften, die unbestimmte<br />
Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielraum konkretisieren und daher als<br />
normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften bezeichnet werden.<br />
c) Ermessenslenkende Vorschriften, die den nachgeordneten Behörden<br />
vorschreiben, wie sie im Regelfall von ihrem Ermessen Gebrauch machen<br />
soll.<br />
d) Gesetzesvertretende Verwaltungsvorschriften, die im Bereich eine<br />
Handlungsgrundlage schafft, wo die Behörden ohne spezielle gesetzliche<br />
Vorgaben handeln, z.B. bei Subventionen.<br />
1.2 Die Erlassqualität des „Ausführungserlasses zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Vorschriften über die Wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden“<br />
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass den seitenlangen Darstellungen<br />
von Hintergründen, die zur Normsetzungen führten, den schlichten<br />
Normbenennung und <strong>der</strong>en Auslegung durch die Rechtsprechung sowie den<br />
Hinweisen auf die Rechtssystematik, jeglicher Erlasscharakter<br />
abzusprechen ist. We<strong>der</strong> geht es in dem Schreiben <strong>der</strong><br />
Kommunalaufsichtsbehörde vom 22.6.2012 um die Auslegung und<br />
Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, die Handhabung von<br />
Beurteilungsspielräumen o<strong>der</strong> um die Ermessensausübung <strong>der</strong> ausführenden<br />
Behörden in ihrem Zuständigkeitsbereich durch die<br />
Kommunalaufsichtsbehörde, son<strong>der</strong>n allein um die Darstellung <strong>der</strong> aktuellen<br />
Rechtslage und <strong>der</strong>en Herleitung.<br />
2. Relevante Regelungen im Einzelnen<br />
2.1 Anwendung <strong>der</strong> Regelung des § 101 Abs. 3 GO allein auf zukünftige<br />
Beteiligungen<br />
Ein eigenständiger Regelungsgehalt ist hier nicht aus<strong>zum</strong>achen. Die<br />
Formulierung des<br />
„Ausführerlasses“ zu § 101 Abs. 3 GO ist entbehrlich.<br />
2
2.2 5-Jahres-Frist zur Aufnahme <strong>der</strong> neuen GO-Regelungen in die<br />
Gesellschaftsverträge / -satzungen<br />
Eine solche Frist ergibt sich nicht aus dem Wortlaut <strong>der</strong> Schleswig-<br />
Holsteinischen Gemeindeordnung.<br />
2.2.1 Implementierung des § 102 Abs. 4 S.2. GO<br />
a.) Gesetzgebungsverfahren<br />
b.) Än<strong>der</strong>ung im Normeninhalt<br />
Die Notwendigkeit, divergierendes Bundes- und Landesrecht durch zügige<br />
Anpassung <strong>der</strong> Gesellschaftsverträge und Satzungen zu vermeiden, besteht<br />
also nur dort, wo diese ausdrücklich abweichendes Recht insofern<br />
beinhalteten, als dass bisher die Weisungsgebundenheit rechtswirksam<br />
abbedungen wird und kein „atypischer Fall“ i.S.d. § 102 Abs. 4 S.2 GO<br />
vorliegt. Weiter kann auch die Regelung des „Ausführungserlasses“<br />
bezüglich § 102 Abs. 4 S.2 nicht tragen.<br />
2.2.2 Implementierung des § 102 Abs. 5 GO<br />
a.) § 102 Abs. 5 S.1. GO<br />
b.) Ausdehnung <strong>der</strong> Norm auf „Enkel- und<br />
Urenkelgesellschaften“<br />
Gegen die Formulierung des Erlasses, die eine Implementierung dieser<br />
Neuregelung in die Gesellschaftsverträge bei <strong>der</strong> nächsten Än<strong>der</strong>ung,<br />
höchstens aber innerhalb von fünf Jahren vorsieht, ist allerdings rechtlich<br />
nichts einzuwenden.<br />
c.) Zustimmung des Hauptausschusses<br />
Insofern beinhaltet diese Formulierung des Erlasses nur einen Präzisierung,<br />
die innerhalb <strong>der</strong> vorgegebenen Frist aufzunehmen ist.<br />
d.) Zustimmung bei Beteiligungserhöhung und Zweckän<strong>der</strong>ung<br />
Da sich gegen diese Normen keine rechtlichen Bedenken ergeben, ist ihre<br />
Implementierung im Sinne des Ausführungserlasses in den<br />
Gesellschaftsverträgen und Satzungen vorzunehmen.<br />
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2.2.3 Implementierung des § 104 Abs. 1 GO<br />
a.) Bestellung <strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde bei mittelbaren<br />
Beteiligungen (§ 104 Abs. 1 S.1.GO)<br />
Die rechtliche Zulässigkeit einer Ausdehnung <strong>der</strong> Bestellung von<br />
Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong>n auf mittelbare Beteiligungen ist gegeben, sie ist<br />
angesichts <strong>der</strong> Regelung in § 102 Abs. 5 S.1 wohl auch notwendig.<br />
b.) Vertretung <strong>der</strong> Gemeinde durch den gesetzlichen<br />
Vertreterinnen und Vertreter<br />
Die vom „Ausführungserlass“ angeordneten Korrekturen <strong>der</strong><br />
Gesellschaftsverträge und Satzungen, haben, so sie für die<br />
Gesellschafterversammlung bisher mehrere Personen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e, als<br />
den gesetzlichen Vertreter o<strong>der</strong> einen von ihm beauftragten Beschäftigten<br />
<strong>der</strong> Gemeinde vorsehen, höchste Priorität. Nur in atypischen Son<strong>der</strong>fällen<br />
kann die Gemeinde jemand an<strong>der</strong>en als den gesetzlichen Vertreter<br />
vorsehen.<br />
c.) Handeln im Interesse <strong>der</strong> Gemeinde und im Sinne <strong>der</strong><br />
Gemeindebeschlüsse<br />
Die Bindung an das Interesse <strong>der</strong> Gemeinde, welches seinen Ausdruck in<br />
den Beschlüssen <strong>der</strong> Gemeindevertretung findet, gilt gem. § 104 Abs.1<br />
S.3. ausdrücklich nur vorbehaltlich entgegenstehen<strong>der</strong> gesetzlicher<br />
Bestimmungen. Daraus folgt, dass ein solcher Beschluss <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung, <strong>der</strong> gegen die Interessen <strong>der</strong> Gesellschaft gerichtet<br />
ist, rechtswidrig ist und daher kommunalaufsichtlich beanstandet werden<br />
kann (so auch Oebbbecke in Hoppe/Uechtritz, HdB Kommunale<br />
Unternehmen, § 9 Rn.42).<br />
Entsprechend sind die Regelungen auch in eine Neufassung <strong>der</strong><br />
Gesellschaftsverträge und Satzungen aufzunehmen.<br />
d.) Unterrichtung und Auskunftserteilung gegenüber <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung<br />
Von einer solchen landesrechtlichen Möglichkeit hat <strong>der</strong> Gesetzgeber in<br />
Schleswig-Holstein nun Gebrauch gemacht und eine klare Regelung in §<br />
104 Abs. 1 S.3 GO geschaffen. Auch diese ist nunmehr durch den Erlass<br />
in den Gesellschaftsverträgen und Satzungen zu verankern, wogegen es<br />
keine rechtlichen Einwände gibt.<br />
4
2.3 Regulierung <strong>der</strong> Beurteilungsspielräume in § 101 Abs.1 GO und <strong>der</strong><br />
Systematik des § 101 Abs. 3 GO<br />
Gerade <strong>der</strong> Hinweis im letzten Satz („Der Genehmigungsvorbehalt <strong>der</strong><br />
obersten Kommunalaufsicht ist <strong>zum</strong> Schutz <strong>der</strong> Gemeinden und <strong>der</strong>en<br />
Existenz notwendig, wie die Vergangenheit gezeigt hat“) spielt<br />
unmissverständlich auf das Engagement <strong>der</strong> Stadtwerke Flensburg im<br />
lettischen Ventspils an, d.h. es geht um die Abwehr finanzieller Risiken,<br />
welche die Gemeinden in ihrer Existenz bedrohen können und nicht um<br />
unmittelbare Einwohnernützigkeit.<br />
Ein Regelungsinhalt ergibt sich hieraus nicht.<br />
2.3.1 Definition des „Öffentlichen Zwecks“ in § 101 Abs.1 Nr. 1 GO<br />
Der öffentliche Zweck entfällt nur, wenn die Gewinnerzielungsabsicht <strong>der</strong><br />
einzige Zweck <strong>der</strong> wirtschaftlichen Betätigung ist (Ronellenfitsch/Stein in<br />
Hoppe/Uechtritz, HdB Kommunale Unternehmen, § 4 Rn. 11).<br />
2.3.2 Definition des „voraussichtlichen Bedarfs“ in § 101 Abs. 1 S.2 GO<br />
So bedeutet <strong>der</strong> Bezug <strong>zum</strong> Gemeindegebiet nicht, dass die wirtschaftliche<br />
Tätigkeit ausschließlich im eigenen Gemeindegebiet stattfinden darf<br />
(Meßmer in Fabry/Augsten, HdB Unternehmen des öffentlichen Hand, II 2<br />
Rn. 52ff.).<br />
Insofern macht es wenig Sinn, ein strenges Örtlichkeitsprinzip über § 101<br />
Abs. 1 Nr. 2 wie<strong>der</strong> einzuführen. Ein solches ist, auch angesichts <strong>der</strong> Rolle,<br />
welche die kommunalen Wirtschaftsunternehmen bei <strong>der</strong> Energiewende<br />
entsprechend des Koalitionsvertrages spielen sollen (vgl. Koalitionsvertrag<br />
<strong>der</strong> Schleswig-Holsteinischen Landesregierung „Bündnis für den Norden,<br />
Neue Horizonte für Schleswig-Holstein, Koalitionsvertrag 2012 bis 2017“<br />
(KoaV), Zeile 1661 – 1665), kontraproduktiv.<br />
Auch <strong>der</strong> Landesregierung geht es erklärtermaßen nicht um kurzfristige<br />
Lösungen. Schon in <strong>der</strong> Präambel des Koalitionsvertrages heißt es: „Wir<br />
stehen für eine Politik, die Nachhaltigkeit in allen Politikbereichen<br />
verankern wird“ (KoaV, Zeile 113-114). Eine reine Betrachtung allein <strong>der</strong><br />
„nahen Zukunft“ wird diesen Zielen, die auch für das kommunale<br />
Wirtschaftsrecht und <strong>der</strong>en Auslegung gelten, sicher nicht gerecht.<br />
Eine über den Wortlaut hinausgehende Einschränkung, wie sie <strong>der</strong><br />
„Ausführungserlass“ beinhaltet, macht demnach eine Teilnahme <strong>der</strong><br />
schleswig-holsteinischen kommunalen Unternehmen am diesem<br />
Wettbewerb unmöglich und verhin<strong>der</strong>t die Ziele des Koalitionsvertrages <strong>der</strong><br />
Landesregierung.<br />
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2.3.3 Definition <strong>der</strong> „Wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit“ in § 101<br />
Abs.1 Nr. 2 GO<br />
a.) Einzelfallbetrachtung, Vermeidung von Einstandspflichten <strong>der</strong><br />
Gemeinde<br />
Die Vorgabe im „Ausführungserlass“ zur Vermeidung von<br />
Einstandspflichten ist daher genauso entbehrlich, wie <strong>der</strong> Hinweis, dass<br />
unlimitierte Bürgschaften, Gewährverträge o<strong>der</strong> Patronatserkärungen <strong>der</strong><br />
Gemeinde gegenüber einer Gesellschaft grundsätzlich<br />
gemeindewirtschaftlich unzulässig sind.<br />
b.) Eigenkapitalausstattung <strong>der</strong> Gemeinde<br />
Nach alldem kann durch den „Ausführungserlass“ eine Eigenkapitalquote<br />
von 30% nicht verbindlich festgelegt werden.<br />
c.) „Worst-case-Szenario“ ohne finanziellen Rückgriff auf die<br />
Gemeinde<br />
Wenn die Regelung des Ausführungserlasses in ihrem Wortlaut zur<br />
Anwendung käme, wandelte sich die Pflicht zur Begrenzung <strong>der</strong> Haftung<br />
auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag nach § 102 Abs.<br />
1 Nr. 2 GO in einen absoluten Haftungsausschluss <strong>der</strong> Gemeinde und<br />
käme damit einem wirtschaftlichen Betätigungsverbot gleich. Dies<br />
entspricht we<strong>der</strong> dem Sinn noch dem Zweck <strong>der</strong> Norm und ist daher<br />
rechtswidrig.<br />
2.3.4 Definition <strong>der</strong> „Subsidiaritätsklausel“ in § 101 Abs. 1 Nr.3 GO<br />
Dieser Eingrenzung des Beurteilungsspielraums ist rechtlich nichts<br />
entgegenzusetzen.<br />
2.3.5 Anzeigepflicht nach § 101 Abs.3 GO und nach § 108 Abs. 1 GO<br />
Hier ist unklar, was jetzt gelten soll. Für eine Ausdehnung des<br />
Tatbestandes über den Wortlaut hinaus, besteht kein Bedürfnis, denn<br />
bezüglich gesellschaftsrechtlicher Verän<strong>der</strong>ungen ist eine Anzeige nach §<br />
108 Abs. 1 bei <strong>der</strong> Kommunalaufsicht zur vom Gesetzgeber benannten<br />
Gefahrenabwehr völlig ausreichend.<br />
6
2.4 Ermessensregulierung beim Weisungsrecht nach § 102 Abs.4 S.2.<br />
GO<br />
Aus diesen sehr allgemein gehaltenen und unjuristisch formulierten Sätzen,<br />
lassen sich folgende Handlungsregeln nur interpretieren:<br />
Die Gemeindevertretungen haben mit dem Weisungsrecht zurückhalten<br />
umzugehen. Eine Belegung sämtlicher Entscheidungen des Aufsichtsrates mit<br />
Weisungen entspricht nicht dem Sinn und Zweck <strong>der</strong> Norm. Vorrangig ist ein<br />
funktionsfähiges Beteiligungsmanagement aufzubauen und die Aufgaben <strong>der</strong><br />
einzelnen Beteiligten sind klar zu definieren.<br />
Diese u. E. Handlungsanweisungen sollte die Kommunalaufsicht dann auch<br />
klar und juristisch präzise formulieren. Inhaltlich bestehen gegen diese<br />
ermessenslenkenden Regelungen keine rechtlichen Bedenken.<br />
2.5 Definition des „Veranlassens“ in § 102 Abs. 5 S.3 GO<br />
Einer Auslegung des Wortes „Veranlassen“ i.S. d „Ausführungserlasses“<br />
stehen daher keine rechtlichen Hin<strong>der</strong>nisse entgegen.<br />
2.6 Definition <strong>der</strong> „wesentlichen Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesellschaftsvertrages“<br />
in § 102 Abs.5 S.3 GO<br />
Zur Auslegung des öffentlichen Zwecks formuliert das BVerwG: „Worin die<br />
Gemeinde ein För<strong>der</strong>ung des allgemeinen Wohls erblickt, ist hauptsächlich<br />
den Anschauungen und Entschließungen ihrer maßgeblichen Organe<br />
überlassen und hängt von den örtlichen Verhältnissen, finanziellen<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Gemeinde, Bedürfnissen <strong>der</strong> Einwohnerschaft und an<strong>der</strong>en<br />
Faktoren ab. Die Beurteilung des öffentlichen Zwecks für die Errichtung und<br />
Fortführung <strong>eines</strong> Gemeindeunternehmens ist daher <strong>der</strong> Beurteilung durch<br />
den Richter entzogen“ (BVerwGE 39, 329, 333f.).<br />
Das „gemeindliche Netz“ hat damit energiewirtschaftsrechtlich aufgehört zu<br />
existieren. Das mag <strong>der</strong> Kommunalaufsicht nicht gefallen, aber zur Erfüllung<br />
des öffentlichen Zwecks und des ihm verpflichteten Gesellschaftszweck <strong>eines</strong><br />
kommunalen Energieversorgungsunternehmen ist die räumliche und<br />
inhaltliche Ausweitung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Tätigkeit unabdingbare Folge<br />
des liberalisierten Energiewirtschaftsrechts und nunmehr Voraussetzung zur<br />
Überlebensfähigkeit und damit zur öffentlichen Zweckerfüllung <strong>eines</strong><br />
diesbezüglich agierenden kommunalen Unternehmens. Der Rahmen rechtlich<br />
zulässiger Handlungen wird nunmehr vom europäischen<br />
Energiewirtschaftsrecht, nicht vom Kommunalrecht gesetzt. Wenn die<br />
Kommunalaufsicht nun die wirtschaftliche Betätigung des kommunalen<br />
Unternehmens unter dem neuen Energiewirtschaftsrecht als „zu weit gefasst“<br />
7
ansieht, kritisiert Sie damit den Gesetzgeber, <strong>der</strong> eine solche Betätigung<br />
geradezu verlangt.<br />
Nicht ausreichend dafür ist eine „rückwärts gewandte Besitzstands-<br />
Interpretation unter Beschränkung auf bisherige herkömmliche Bereiche <strong>der</strong><br />
Daseinsvorsorge“ (zit. Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Rn.<br />
401 a).<br />
Der Gesellschaftszweck verän<strong>der</strong>t sich demnach jedenfalls nicht allein<br />
dadurch, dass sich aufgrund <strong>der</strong> neuen Tätigkeit des Unternehmens <strong>der</strong><br />
Umsatz um mehr als ein Drittel zur vorherigen Umsatz erhöht o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
bisherige Unternehmensgegenstand die neue Tätigkeit des Unternehmens<br />
bereits abdeckt.<br />
Eine solche Norminterpretation ist mit dem Sinn und Zweck <strong>der</strong> Norm mithin<br />
nicht vereinbar und demnach rechtswidrig.<br />
2.7 Handhabung <strong>der</strong> „Auskunftsverlangens“ in § 104 Abs. 1 S. 3 GO<br />
Gegen diese Regelungen ist rechtlich nichts einzuwenden.<br />
2.8 Gemeindevertreter als bevorzugter Personenkreis des § 395 Abs.1<br />
AktG<br />
Der Gesetzgeber hat in § 104 Abs. 1 S.3 die Gemeindevertretung als<br />
Auskunftsberechtigten benannt. Der Voraussetzung <strong>der</strong> Geheimhaltung ist<br />
durch die Anordnung <strong>der</strong> Nichtöffentlichkeit <strong>der</strong> Sitzung Rechnung getragen.<br />
Dies lässt ein Großteil <strong>der</strong> Literatur mit überzeugenden Argumenten<br />
ausreichen.<br />
Gesamtbeurteilung<br />
1. Der <strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong> „Ausführungserlasses zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorschriften über<br />
die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden“ erfüllt nur eingeschränkt die<br />
formalen Anfor<strong>der</strong>ungen an einen Erlass. In weiten Teilen hat er keine<br />
Erlassqualität, regelt mithin überwiegend nichts rechtsverbindlich.<br />
2. Von denjenigen Ausführungen, die Erlassqualität haben, sind einige<br />
rechtmäßig. Dies sind z. B.<br />
− die Umsetzungsfrist von 5 Jahren für die Aufnahme <strong>der</strong> neuen<br />
Regelungen aus den §§ 102 und 104 GO<br />
− die Regulierung <strong>der</strong> Beurteilungsspielräume und des Ermessens in den<br />
§§ 101, 102 und 104 GO<br />
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3. Einige <strong>der</strong> Ausführungen in Erlassqualität sind hingegen unrechtmäßig, da sie<br />
über den insgesamt geltenden Rechtsrahmen, also nicht nur das<br />
Kommunalrecht in SH, son<strong>der</strong>n auch Bundesrecht und EU-Recht,<br />
hinausgehen. Dies sind z. B.<br />
− die Vorgaben für die Höhe des angemessenen Eigenkapitals, das auf<br />
mind. 30 % <strong>der</strong> Bilanzsumme festgesetzt wird<br />
− die Bewertung <strong>der</strong> Unternehmensaktivitäten am gegenwärtigen und in<br />
die nahe Zukunft gerichteten Bedarf im örtlichen Versorgungsgebiet –<br />
damit gibt es keinen Raum für die Teilhabe kommunaler Unternehmen<br />
an <strong>der</strong> politisch gewollten Energiewende<br />
− die gefor<strong>der</strong>te Anzeigepflicht bei einer Erhöhung des<br />
Unternehmensumsatzes um ein Drittel als wesentliche Än<strong>der</strong>ung des<br />
Gesellschaftszwecks in Folge von Netzübernahmen o<strong>der</strong><br />
Vertriebsaktivitäten – so wie es ein erfolgreiches Agieren am<br />
Energiemarkt allerdings erfor<strong>der</strong>t.<br />
Die formalen Mängel und die die politischen Ziele <strong>der</strong> Landesregierung<br />
konterkarierenden Anfor<strong>der</strong>ungen des Erlass-<strong>Entwurf</strong>s münden in <strong>der</strong><br />
Empfehlung, die weiteren Arbeiten am Erlass zunächst zurückzustellen und<br />
schnellstens mit <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Koalitionsvereinbarung angekündigten<br />
Überarbeitung des Gemeindewirtschaftsrechts zu beginnen.<br />
9
Inhaltsverzeichnis<br />
0. Für den schnellen Leser 2 - 9<br />
1. Einordung <strong>der</strong> Verwaltungsvorschrift<br />
1.1 Der Erlass in <strong>der</strong> Normenhierarchie 12 - 13<br />
1.2 Die Erlassqualität des „Ausführungserlasses zur<br />
Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> 13 - Vorschriften über die Wirtschaftliche<br />
Betätigung von Gemeinden“ 13 - 15<br />
2. Relevante Regelungen im Einzelnen<br />
2.1 Anwendung <strong>der</strong> Regelung des § 101 Abs. 3 GO allein auf<br />
zukünftige Beteiligungen 15<br />
2.2 5-Jahres-Frist zu Aufnahme <strong>der</strong> neuen GO-Regelungen<br />
in die Gesellschaftsverträge / -satzungen 16<br />
2.2.1 Implementierung des § 102 Abs. 4 S.2. GO (Weisungsrecht) 16 - 20<br />
a.) Gesetzgebungsverfahren<br />
b.) Än<strong>der</strong>ung im Normeninhalt<br />
2.2.2 Implementierung des § 102 Abs. 5 GO<br />
(Zustimmung Gemeindevertretung) 20 - 24<br />
a.) § 102 Abs. 5 S.1. GO<br />
b.) Ausdehnung <strong>der</strong> Norm auf „Enkel- und Urenkelgesellschaften“<br />
c.) Zustimmung des Hauptausschusses<br />
d.) Zustimmung bei Beteiligungserhöhung und Zweckän<strong>der</strong>ung<br />
2.2.3 Implementierung des § 104 Abs. 1 GO 24 - 31<br />
e.) Bestellung <strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde bei mittelbaren<br />
Beteiligungen (§ 104 Abs. 1 S.1.GO)<br />
f.) Vertretung <strong>der</strong> Gemeinde durch den gesetzlichen<br />
Vertreterinnen und Vertreter<br />
g.) Handeln im Interesse <strong>der</strong> Gemeinde und im Sinne <strong>der</strong><br />
Gemeindebeschlüsse<br />
h.) Unterrichtung und Auskunftserteilung gegenüber <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung<br />
2.3 Regulierung <strong>der</strong> Beurteilungsspielräume in<br />
§ 101 Abs.1 GO und <strong>der</strong> Systematik des § 101 Abs. 3 GO 31<br />
10
2.3.1 Definition des „Öffentlichen Zwecks“ in<br />
§ 101 Abs.1 Nr. 1 GO 32<br />
2.3.2 Definition des „voraussichtlichen Bedarfs“ in<br />
§ 101 Abs. 1 S.2 GO 32<br />
2.3.3 Definition <strong>der</strong> „Wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit“<br />
in § 101 Abs.1 Nr. 2 GO 34 - 35<br />
a.) Einzelfallbetrachtung, Vermeidung von Einstandspflichten<br />
<strong>der</strong> Gemeinde<br />
b.) Eigenkapitalausstattung des Unternehmens<br />
c.) „Worst-case-Szenario“ ohne finanziellen Rückgriff auf die<br />
Gemeinde<br />
2.3.4 Definition <strong>der</strong> „Subsidiaritätsklausel“ in<br />
§ 101 Abs. 1 Nr.3 GO 35<br />
2.3.5 Anzeigepflicht nach § 101 Abs.3 GO und nach<br />
§ 108 Abs. 1 GO 36<br />
2.4 Ermessensregulierung beim Weisungsrecht nach<br />
§ 102 Abs.4 S.2. GO 37<br />
2.5 Definition des „Veranlassens“ in § 102 Abs. 5 S.3 GO 37 - 38<br />
2.6 Definition <strong>der</strong> „wesentlichen Än<strong>der</strong>ung des<br />
Gesellschaftsvertrages“ in § 102 Abs.5 S.3 GO 38 - 40<br />
2.7 Handhabung <strong>der</strong> „Auskunftsverlangens“ in<br />
§ 104 Abs. 1 S. 3 GO 40<br />
2.8 Gemeindevertreter als bevorzugter Personenkreis<br />
des § 395 Abs.1 AktG 41<br />
3. Konsequenzen für den Mustergesellschaftsvertrag 41<br />
4. Gesamtbeurteilung 42<br />
11
<strong>Rechtliche</strong> <strong>Stellungnahme</strong> <strong>zum</strong> <strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong><br />
„Ausführungserlasses zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorschriften über die<br />
wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden“<br />
1. Grundsätzliche Einordung <strong>der</strong> Verwaltungsvorschrift<br />
1.1 Der Erlass in <strong>der</strong> Normenhierarchie von Rechtssprechung und<br />
Rechtstheorie<br />
Bei einem Erlass wie dem vorliegenden <strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong> „Ausführungserlasses<br />
zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorschriften über die wirtschaftliche Betätigung von<br />
Gemeinden“ handelt es sich um die intrapersonale Verwaltungsvorschrift einer<br />
obersten Landesbehörde in Gestalt <strong>der</strong> Kommunalaufsichtsbehörde an die ihr<br />
in <strong>der</strong> Rechtsaufsicht unterstehenden kommunalen Verwaltungen.<br />
In <strong>der</strong> Befugnis zur Leitung <strong>eines</strong> Geschäftsbereichs ist die Befugnis <strong>zum</strong><br />
Erlass von Verwaltungsvorschriften enthalten, weshalb es keiner weiteren<br />
ausdrücklichen Ermächtigung bedarf (BVerfG 26, 338, 396).<br />
Als originäres Administrativrecht ist <strong>der</strong> Erlass über Art. 84 Abs. 2 und Art. 85<br />
Abs. 2 GG dem Hausgut <strong>der</strong> Verwaltung zuzuordnen (BVerfGE 78, 214 (227)).<br />
Der Erlass enthält zwar Rechtssätze im theoretischen Sinn, ist aber keine<br />
„Rechtsquelle“ im Sinn von Rechtsnormen, weil er we<strong>der</strong> Inhalt und Funktion<br />
sonstiger Rechtsquellen mit unmittelbarer Außenwirkung ersetzen, son<strong>der</strong>n<br />
sie nur mit lediglich interner Wirkung auslegen kann (vgl. dazu umfangreich<br />
Hill in NVwZ 2002, 1058ff).<br />
Da er nicht „Rechtsquelle“ ist, hat <strong>der</strong> Erlass nur die Bedeutung von<br />
Tatsachen über eine einheitliche Verwaltungshandhabung. Er ist daher nicht<br />
wie ein Rechtssatz, son<strong>der</strong>n wie eine Willenserklärung (§ 133 BGB) unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> Praktikabilität auszulegen (Wulff/Bachof/Stober/Kluth,<br />
VerwR 1, § 24 Rn. 26).<br />
Ein solcher Erlass wirkt auf Dritte nur reflektierend, ohne ihre konkreten<br />
Rechte und Pflichten unmittelbar inhaltlich zu bestimmen. Eine Abweichung<br />
von dieser Verwaltungsvorschrift ist daher keine Rechtswidrigkeit, durch die<br />
Schaffung einheitlicher Verwaltungspraxis erhält <strong>der</strong> Erlass aber mittelbar über<br />
die Rechtsanwendungsgleichheit in Art. 3 Abs. 1 GG eine selbstbindende und<br />
damit gesetzesähnliche Bedeutung. Der Bürger hat einen Anspruch, dass in<br />
seinem Fall nicht ohne sachlichen Grund von einer bisher geübten<br />
Verwaltungspraxis abgewichen wird (BVerwGE 52, 193, 199). Deshalb muss<br />
eine Abweichung im Einzelfall durch beson<strong>der</strong>e Gründe gerechtfertigt sein<br />
(BVerwGE 58, 45, 49).<br />
<strong>Rechtliche</strong> Grenzen findet ein solcher Anspruch jedoch in <strong>der</strong> Rechtmäßigkeit<br />
<strong>der</strong> rechtsauslegenden Verwaltungsvorschrift. Rechtswidriges<br />
Verwaltungshandeln kann we<strong>der</strong> allein für sich, noch über den<br />
12
Vertrauensschutz o<strong>der</strong> den Gleichheitssatz aus Art. 2 Abs. 1 GG eine<br />
Anspruchsbegründung schaffen, da sonst die Gesetzesbindung <strong>der</strong><br />
Verwaltung disponibel würde (Maurer in HdbStR III, § 60, Rn. 96f.). Ein<br />
Vertrauensschutz besteht auch nicht gegenüber dem dauerhaften Bestand<br />
einer Verwaltungsvorschrift (BVerwGE 104, 220, 223f.). Auch darf eine<br />
Regelung des Ermessens in einer Verwaltungsvorschrift nicht dazu führen,<br />
dass das Ausüben von Ermessen <strong>der</strong> nachgelagerten Behörde die<br />
beson<strong>der</strong>en Umstände des Einzelfalls nicht mehr berücksichtigt (BVerwGE 37,<br />
47, 59).<br />
In seinen Erscheinungsformen lassen sich Verwaltungsvorschriften in vier<br />
unterschiedliche Gruppen aufteilen (vgl. Detterbeck, Allgem<strong>eines</strong><br />
Verwaltungsrecht, 5. Aufl., Rn. 857ff.):<br />
e) Gesetzesauslegende Verwaltungsvorschriften, die vor allem Gesetze mit<br />
unbestimmten Rechtsbegriffen ohne Beurteilungsspielraum betreffen, bei<br />
denen die Auslegung dieser Rechtsbegriffe gleichsam bedeutend wie<br />
schwierig ist.<br />
f) Gesetzeskonkretisierende Verwaltungsvorschriften, die unbestimmte<br />
Rechtsbegriffe mit Beurteilungsspielraum konkretisieren und daher als<br />
normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften bezeichnet werden.<br />
g) Ermessenslenkende Vorschriften, die den nachgeordneten Behörden<br />
vorschreiben, wie sie im Regelfall von ihrem Ermessen Gebrauch machen<br />
soll.<br />
h) Gesetzesvertretende Verwaltungsvorschriften, die im Bereich eine<br />
Handlungsgrundlage schafft, wo die Behörden ohne spezielle gesetzliche<br />
Vorgaben handeln, z.B. bei Subventionen.<br />
Mit einem solchem Ausführungs-Erlass kann demnach eine oberste<br />
Landesbehörde die Auslegung und Anwendung unbestimmter<br />
Gesetzesbegriffe, die Handhabung von Beurteilungsspielräumen sowie die<br />
Ermessensausübung <strong>der</strong> ausführenden Behörden in ihrem<br />
Zuständigkeitsbereich regeln.<br />
1.2 Erlassqualität des „Ausführungserlasses zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorschriften<br />
über die Wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden“<br />
Der <strong>Entwurf</strong> des „Ausführungserlasses zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorschriften über<br />
die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden“ des Innenministeriums vom<br />
22.6.2012 erfüllt in weiten Teilen nicht die rechtlichen Voraussetzungen<br />
<strong>eines</strong> Erlasses. Darin liegt kein Rechtsverstoß, da es <strong>der</strong> obersten<br />
Landesbehörde unbenommen ist, sich mit Besinnungsaufsätzen, Hinweisen,<br />
Urteilsverweisen und Rechtsdarlegungen an die Kommunen zu wenden.<br />
Allerdings ist die Überschrift, die dem Schreiben in Gänze eine Erlassqualität<br />
bescheinigt, irreführend.<br />
Es handelt sich vielmehr, bis auf einige – später zu behandelnde –<br />
Ausnahmen, um<br />
a) Rechtsgeschichte und Erwägungen des Gesetzgebers,<br />
b) Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> bestehenden, gesetzlich normierten Rechtslage und<br />
c) Wie<strong>der</strong>gabe von Urteilen.<br />
13
We<strong>der</strong> die Motive des Gesetzgebers, noch die Erläuterung zur<br />
Gesetzessystematik <strong>der</strong> neuen GO o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verweis auf für den<br />
Rechtsbereich relevante Urteile führen indes zu einer Erlassqualität. Sie<br />
haben einen rein informellen Charakter, erschweren es aber dem Adressaten,<br />
die wenigen Inhalte mit Regelungscharakter in dem Schreiben aus<strong>zum</strong>achen.<br />
Schon die Tatsache, dass <strong>der</strong> „Erlass“ mit einem historisch-beschreibenden<br />
Teil beginnt, ist einer Verwaltungsvorschrift fremd. Es soll sich ja um<br />
Anweisungen an die kommunale Selbstverwaltung handeln und nicht um<br />
einen Rechtsaufsatz für eine Fachzeitschrift.<br />
Die Nummer 1 des Schreibens („Grundsätze <strong>der</strong> wirtschaftlichen Betätigung<br />
von Gemeinden“) besteht weitestgehend aus <strong>der</strong> Einordnung des<br />
neugefassten §101 GO in die Systematik des Art. 28 Abs. 2 S.1 GG, <strong>der</strong><br />
Urteilswie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> BVerwGE 39, 329ff. <strong>zum</strong> unbestimmten Rechtsbegriff<br />
„öffentlicher Zweck“ und grundsätzlichen Erwägungen, die aus Sicht des<br />
Innenministerium zu <strong>der</strong> Neugestaltung <strong>der</strong> Gemeindeordnung geführt haben.<br />
Keine dieser angesprochenen Informationen hat für sich genommen einen<br />
eigenen Regelungsgehalt und damit Erlassqualität.<br />
In Nummer 2 („Beteiligung von Gemeinden an Gesellschaften“) ordnet das<br />
Schreiben den neuen § 102 Abs. 4 und Abs. 5 Satz 1 GO in die Systematik<br />
<strong>der</strong> GO ein, gibt Hinweise auf die Begründung des Gesetzgebers und<br />
beschreibt das Verhältnis <strong>zum</strong> AktG und GmbhG. Soweit es um solche<br />
beschreibenden Hinweise geht, entbehren diese jeglichen internen<br />
Rechtsetzungsinhalts.<br />
Die Nummer 3 („Vertretung <strong>der</strong> Gemeinde in Gesellschaften“) beschäftigt sich<br />
zunächst in Bezug auf den neuen § 104 Abs1 S. 1 GO mit dem „Hintergrund<br />
dieser Regelung“, dem Verhältnis zu § 51a GmbhG und <strong>der</strong> dazu ergangenen<br />
BGH-Rechtsprechung und im weiteren mit dem § 104 Abs. 1 S.3 GO, <strong>der</strong><br />
Einordung kommunaler Unternehmen in die öffentliche Verwaltung und <strong>der</strong><br />
Beschreibung <strong>der</strong> Rechte und Pflichten aus §§ 394, 395 AktG, unterteilt in die<br />
verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen. Auch in diesem<br />
Kapitel überwiegen die Inhalte ohne jede eigene Auslegung und<br />
Lenkungswirkung.<br />
Auch <strong>der</strong> nur halbseitige Text zur Nummer 4 („Anzeige bei <strong>der</strong><br />
Kommunalufsichtsbehörde") beschränkt sich auf die Gesetzeswie<strong>der</strong>gabe von<br />
§ 108 GO und erläutert <strong>der</strong>en Sinn.<br />
Der Hinweis am Ende des Schreibens auf den anliegenden<br />
Mustergesellschaftsvertrag scheint nicht mehr zur Nummer 4 zu gehören, er<br />
steht jedenfalls augenscheinlich in keinen inhaltlichen Zusammenhang.<br />
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass den seitenlangen Darstellungen<br />
von Hintergründen, die zur Normsetzung führten, den schlichten<br />
Normbenennungen und <strong>der</strong>en Auslegung durch die Rechtsprechung sowie<br />
den Hinweisen auf die Rechtssystematik, jeglicher Erlasscharakter<br />
14
abzusprechen ist. We<strong>der</strong> geht es in dem Schreiben <strong>der</strong><br />
Kommunalaufsichtsbehörde vom 22.6.2012 um die Auslegung und<br />
Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, die Handhabung von<br />
Beurteilungsspielräumen o<strong>der</strong> um die Ermessensausübung <strong>der</strong> ausführenden<br />
Behörden in ihrem Zuständigkeitsbereich durch die<br />
Kommunalaufsichtsbehörde, son<strong>der</strong>n allein um die Darstellung <strong>der</strong> aktuellen<br />
Rechtslage und <strong>der</strong>en Herleitung.<br />
Zudem irritieren auch die Quellenangaben und Zitierweise des Schreibens.<br />
Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes werden nur als Ganzes<br />
und nicht mit konkreter Fundstelle des zu belegenden Inhalts zitiert (Fußnoten<br />
2, 4, 5). Selbiges gilt auch für weitere zitierte Urteile (Fußnote 22, 24, 28, 29,<br />
30, 32, 33).<br />
Gerichtsentscheidungen werden üblicher Weise unter Angabe des Gerichts<br />
(übliche Abkürzung) und <strong>der</strong> Fundstelle zitiert. Entscheidungen, die in<br />
amtlichen Sammlungen enthalten sind, sollten möglichst nach diesen zitiert<br />
werden. Wird nicht nur auf die Entscheidung im Ganzen hingewiesen, son<strong>der</strong>n<br />
auf eine bestimmte Stelle <strong>der</strong> Entscheidung Bezug genommen, so ist auch<br />
diese konkrete Seite anzugeben. Diese Zitierweise ist auch aus Gründen <strong>der</strong><br />
Verwaltungsökonomie notwendig, denn es erspart <strong>der</strong> kommunalen<br />
Selbstverwaltung, sich aus langen Urteilen die richtige Fundstelle selbst<br />
heraussuchen zu müssen.<br />
Bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> GO beschränkt sich die Kommunalaufsichtsbehörde<br />
überwiegend auf das Zitieren von Sprenger (Fußnote 6, 7, 8, 9, 17, 20).<br />
Eine weitergehende Beschäftigung mit dem „„Ausführungserlasses zur<br />
Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Vorschriften über die wirtschaftliche Betätigung von<br />
Gemeinden“ erfolgt nur deshalb, weil innerhalb des Schreibens an<br />
verschiedenen Stellen doch einige eigenständige Regelungsinhalte mit<br />
Erlasscharakter vorhandensein könnten. Diese sind jedoch nur schwer von<br />
solchen Formulierungen zu unterscheiden, die einen Regelungsinhalt nur<br />
vortäuschen, weil die Auslegung auch ohne <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ schon<br />
Rechtsverbindlichkeit besaß.<br />
Diese <strong>Stellungnahme</strong> untersucht im weiteren Verlauf verschiedene<br />
Formulierungen daraufhin, ob ihnen ein eigenständiger Regelungsgehalt<br />
beigemessen werden kann und ggf. ob dieser Regelungsgehalt rechtmäßig<br />
ist.<br />
2 Relevante Regelungen im Einzelnen<br />
2.1 Anwendung <strong>der</strong> Regelung des § 101 Abs. 3 GO allein auf zukünftige<br />
Beteiligungen<br />
Auf Seite 1 des „Ausführungserlasses“ befindet sich in Absatz 2 folgende<br />
Formulierung: „Die Regelung des § 101 Abs. 3 GO neuer Fassung findet<br />
dabei nur auf zukünftige Beteiligungen Anwendung; bestehende Beteiligungen<br />
bleiben unberührt.“<br />
15
Hierhin könnte eine eigenständig regelnde Wirkung angenommen werden.<br />
Tatsächlich aber heißt es in § 101 Abs. 3 GO: „Die Aufnahme einer<br />
wirtschaftlichen Betätigung außerhalb Schleswig-Holsteins ist <strong>der</strong> obersten<br />
Kommunalaufsichtsbehörde anzuzeigen; diese kann <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Betätigung wi<strong>der</strong>sprechen.“ Schon <strong>der</strong> Wortlaut, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Aufnahme <strong>der</strong><br />
wirtschaftlichen Betätigung spricht, verbietet, bereits aufgenommene<br />
Betätigungen rückwirkend anzuzeigen.<br />
Ein eigenständiger Regelungsgehalt ist hier demnach nicht aus<strong>zum</strong>achen. Die<br />
Formulierung des „Ausführungserlasses“ zu § 101 Abs. 3 GO ist entbehrlich.<br />
2.2 5-Jahres-Frist zu Aufnahme <strong>der</strong> neuen GO-Regelungen in die<br />
Gesellschaftsverträge / -satzungen<br />
Ebenfalls auf Seite 1 des „Ausführungserlasses“ findet sich folgende<br />
Anweisung: „Hingegen sind die neuen Regelungen <strong>der</strong> §§ 102 und 104 GO<br />
bei Gesellschaften, welche vor dem Inkrafttreten <strong>der</strong> Gesetzesän<strong>der</strong>ung<br />
gegründet wurden, binnen <strong>eines</strong> Zeitraumes von fünf Jahren in die<br />
Gesellschaftsverträge bzw. –satzungen aufzunehmen (vgl. § 96 Abs. 2<br />
BbgKVerf) bzw. bei je<strong>der</strong> anstehenden Än<strong>der</strong>ung“.<br />
Damit korrespondiert die Aussage auf Seite 8 des „Ausführungserlasses“, auf<br />
<strong>der</strong> es heißt: „Hier ist grundsätzlich zu bemerken, dass <strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong><br />
Satzungen bzw. Gesellschaftsverträge höchste Priorität bei<strong>zum</strong>essen ist. Die<br />
Implementierung öffentlich-rechtlicher Normen, welche insbeson<strong>der</strong>e dem<br />
Demokratieprinzip gem. Art 20 GG folgen, kann bei privatrechtlichen<br />
Gesellschaften nur über Satzungen bzw. Gesellschaftsverträge erfolgen“.<br />
Zunächst ist dabei zu überprüfen, ob überhaupt eine Rechtspflicht zur<br />
Übernahme dieser gesetzlichen Vorschriften in die Gesellschaftsverträge und<br />
–satzungen besteht.<br />
Eine solche Frist ergibt sich nicht aus dem Wortlaut <strong>der</strong> Schleswig-<br />
Holsteinischen Gemeindeordnung.<br />
An<strong>der</strong>s als in Brandenburg, wo § 95 Abs. 2 BbgKVerf einen solche Zeitraum<br />
gesetzlich normiert („Bei Unternehmen nach Absatz 1, die vor dem 28.<br />
September 2008 gegründet worden sind, ist <strong>der</strong> Gesellschaftsvertrag<br />
beziehungsweise die Gesellschaftssatzung an die Regelungen des Absatzes<br />
1 anzupassen. Dies soll bis <strong>zum</strong> 31. Dezember 2013 erfolgen“), hat <strong>der</strong><br />
Schleswig-Holsteinische Gesetzgeber auf eine Festlegung verzichtet. Ein<br />
Verweis auf ein Gesetz, das lediglich außerhalb Schleswig-Holstein gilt,<br />
begründet aber noch keine Rechtspflicht.<br />
Fraglich ist demnach, ob eine Pflicht zur Übernahme in die<br />
Gesellschaftsverträge und Satzungen besteht und ggf. ob ein dafür<br />
verbindlicher Zeitraum durch Erlass geregelt werden kann.<br />
2.2.1 Implementierung des § 102 Abs. 4 S.2. GO (Weisungsrecht)<br />
a.) Gesetzgebungsverfahren<br />
Im Kabinettsentwurf <strong>der</strong> Landesregierung (LT-Drs. 17/1663 v. 05.07.2011)<br />
hatte <strong>der</strong> § 102 Abs. 4 Nr.4 noch folgenden Wortlaut: „Gehört einer Gemeinde<br />
16
mehr als 50% <strong>der</strong> Anteile einer Gesellschaft, so hat sie darauf hinzuwirken,<br />
dass geregelt ist, dass die Gemeindevertretung den von <strong>der</strong> Gemeinde in<br />
einer Gesellschaft bestellten o<strong>der</strong> auf Vorschlag <strong>der</strong> Gemeinde gewählten<br />
Mitglie<strong>der</strong> des Aufsichtsrates o<strong>der</strong> <strong>eines</strong> entsprechenden<br />
Überwachungsorgans Weisungen erteilen kann, soweit die Bestellung <strong>eines</strong><br />
Aufsichtsrates nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.“<br />
In <strong>der</strong> dazugehörigen Begründung hieß es: „In <strong>der</strong> Vergangenheit hat sich<br />
gezeigt, dass die Frage <strong>der</strong> Weisungsrechte <strong>der</strong> entsendenden Gemeinde in<br />
<strong>der</strong> Praxis häufig diskutiert wird, wobei sich die Diskussion im Regelfall auf<br />
eine aktienrechtliche Argumentation beschränkt. Dabei wird außer Acht<br />
gelassen, dass eine kommunale Gesellschaft öffentliche Aufgaben wahrnimmt<br />
bzw. einem öffentlichen Zweck dient, so dass die Interessen <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
in <strong>der</strong> Regel deckungsgleich mit den Interessen <strong>der</strong> Gemeinde sind, so dass<br />
keine diesbezügliche Diskrepanz zwischen <strong>der</strong> tragenden Gemeinde und <strong>der</strong><br />
gemeindlichen Gesellschaft bestehen kann. Daher bedarf es dieser<br />
Klarstellung im Gesetz. Ausnahmen bedarf es bei verpflichtenden<br />
Aufsichtsräten nach dem Mitbestimmungsgesetz und bei Aktiengesellschaften.<br />
Mit <strong>der</strong> nun in Nr. 4 enthaltenen Regelung wird klargestellt, dass die<br />
Gemeinde die Weisungsrechte bereits in die Gesellschaftsverträge <strong>der</strong><br />
Gesellschaften zu vereinbaren hat, um die öffentlich-rechtlichen Vorgaben <strong>der</strong><br />
Gemeindeordnung auch zivil-rechtlich zu verankern (LT-Drs. 17/1663, Zu Nr.<br />
31 (§ 102), S. 63).<br />
Eine solche Formulierung regelten zuvor nur die Kommunalverfassungen in<br />
Nordrhein-Westfalen (§ 108 Abs. 4 Nr. 2 GemONW) und Rheinland-Pfalz (§<br />
87 Abs. 3 Nr. 3 GemORP). Ohne eine solche gesetzliche Normierung sprach<br />
sich die Literatur mit Verweis auf § 51 Abs. 1 GmbHG, §§ 116 i.V.m. § 93<br />
AktG ganz überwiegend für eine Weisungsfreiheit fakultativer Aufsichtsräte in<br />
einer GmbH aus (Fabry in Fabry/Augsten, Teil 1 IV. Rn.78 m.w.N.).<br />
Der fe<strong>der</strong>führende Innen- und Rechtsausschuss sowie die beteiligten<br />
Ausschüsse haben sich mit den Vorlagen in mehreren Sitzungen befasst. Im<br />
Zusammenhang mit dieser Befassung wurden eine schriftliche Anhörung und<br />
am 11. Januar 2012 eine mündliche Anhörung durchgeführt (LT-Drs. 17/2368,<br />
Seite 2).<br />
Sowohl <strong>der</strong> VKU (LT-Umdruck 17/2972) also auch <strong>der</strong> VSHEW (LT-Umdruck<br />
17/2983) haben in diesem Anhörungsverfahren schriftlich Stellung genommen<br />
und an dem <strong>Entwurf</strong> Kritik geübt.<br />
So heißt es beim VKU (LT-Umdruck 17/2972, Punkt 5): „Zwar weist die<br />
Begründung des Gesetzesentwurfs zu Recht daraufhin, dass bei einer<br />
kommunalen Gesellschaft, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt, die<br />
Interessenlage <strong>der</strong> Gemeinde und des Unternehmens in <strong>der</strong> Regel<br />
deckungsgleich sind. Die Begründung legt damit aber zugleich dar, dass in<br />
Ausnahmefällen Unternehmen und Kommune nicht völlig identische<br />
Interessen verfolgen müssen. In dieser Ausnahmesituation ist es aber<br />
Aufgabe des Aufsichtsrates, die Interessen des Unternehmens gegenüber <strong>der</strong><br />
Gemeinde als Gesellschafterin, d.h. gegenüber <strong>der</strong> Gemeindevertretung und<br />
<strong>der</strong> Gesellschafterversammlung, zu vertreten und eine vermittelnde und<br />
ausgleichende Lösung zu suchen. Diese Rolle können aber nur unabhängige<br />
17
Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> wahrnehmen. Weisungsgebundene<br />
Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> können daher die ihnen obliegende Beratungsfunktion<br />
gegenüber <strong>der</strong> Geschäftsführung nicht immer in befriedigendem Maße<br />
wahrnehmen“.<br />
Auf Grundlage dieser Kritik wurde die Formulierung im parlamentarischen<br />
Verfahren abgeän<strong>der</strong>t. In <strong>der</strong> verabschiedeten Beschlussempfehlung des<br />
Innen- und Rechtsausschusses (LT-Drs. 17/2368 v. 15.3.2012) heißt es nun in<br />
§ 102 Abs. 4 Satz 2 GO: „Sie (die Gemeinde) soll darauf hinwirken, dass<br />
geregelt ist, dass die Gemeindevertretung den von <strong>der</strong> Gemeinde in einer<br />
Gesellschaft bestellten o<strong>der</strong> auf Vorschlag <strong>der</strong> Gemeinde gewählten Mitglie<strong>der</strong><br />
des Aufsichtsrates o<strong>der</strong> <strong>eines</strong> entsprechenden Überwachungsorganes<br />
Weisungen erteilen kann, soweit die Bestellung <strong>eines</strong> Aufsichtsrates nicht<br />
gesetzlich vorgeschrieben ist“ ( eine ähnliche „Soll-Vorschrift“ zur<br />
Implementierung kommunaler Rechte in Gesellschaftsverträgen findet sich<br />
auch in Art. 92 Abs.1 S.2 BayGO).<br />
b.) Än<strong>der</strong>ung im Normeninhalt<br />
Aus <strong>der</strong> „Muss-Vorschrift“ mit <strong>der</strong> Rechtsfolge einer gebundenen<br />
Entscheidung wurde im Gesetzgebungsverfahren eine „Soll-Vorschrift“, um<br />
den Bedenken des VKU Rechnung zu tragen, denn dieser <strong>Verband</strong> war <strong>der</strong><br />
einzige, <strong>der</strong> eine konkrete <strong>Stellungnahme</strong> <strong>zum</strong> <strong>Entwurf</strong> des § 102 GO<br />
abgegeben hat (vgl. LT-Umdruck 17/3355: Auswertung <strong>der</strong> schriftlichen<br />
Anhörung des Innen- und Rechtsausschusses zu den Vorlagen <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung<br />
kommunalverfassungs- und wahlrechtlicher Vorschriften, S. 39f.).<br />
Der Gesetzgeber hat damit dem Normenadressaten ein Ermessen<br />
eingeräumt, wenn auch in seiner schwächsten Form<br />
(Wolff/Bachof/Stober/Kluth, § 31 Rn. 41). Mit <strong>der</strong> Soll-Vorschrift verknüpft <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber eine Rechtsfolge mit einem Tatbestand zwar für typische Fälle,<br />
gestattet aber dem Verwaltungsorgan in atypischen Fällen von <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Rechtsfolge abzusehen. Der Ausdruck „soll“ gibt lediglich eine<br />
Regelvermutung vor, von <strong>der</strong> nach Maßgabe <strong>der</strong> konkreten<br />
Einzelfallumstände abgewichen werden kann (BGH in NJW 1999, 1196,<br />
1198). Eine Tatbestandserfüllung bleibt dann ohne Rechtsfolgen, wenn das<br />
Gesetz nicht ausdrücklich eine alternative Rechtsfolge festlegt (BVerwGE 91,<br />
92, 99 m.w.N). Allerdings räumt die Vorschrift keinen Spielraum bei <strong>der</strong><br />
Entscheidung ein, ob ein atypischer Ausnahmefall vorliegt (Ermessens – o<strong>der</strong><br />
Beurteilungsspielraum), son<strong>der</strong>n nur auf <strong>der</strong> Rechtsfolgenseite, weshalb im<br />
Prozess das Verwaltungsgericht uneingeschränkt überprüft, ob zu Recht o<strong>der</strong><br />
zu Unrecht eine solcher Fall angenommen wurde (OVG Lüneburg in NVwZ-<br />
RR 2007, 149).<br />
Was ein atypischer Son<strong>der</strong>fall ist, muss anhand von Sinn und Zweck <strong>der</strong> Norm<br />
ermittelt werden. Der Gesetzgeber ist mit <strong>der</strong> Formulierung auf die Vorbehalte<br />
<strong>der</strong> Verbände VKU und VSHEW eingegangen, dass in beson<strong>der</strong>en<br />
„Ausnahmefällen�es Aufgabe <strong>der</strong> Aufsichtsräte ist�die Interessen des<br />
Unternehmens gegenüber <strong>der</strong> Gemeinde als Gesellschafterin, d.h. gegenüber<br />
<strong>der</strong> Gemeindevertretung und <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung, zu vertreten<br />
und eine vermittelnde und ausgleichende Lösung zu suchen“. Die Möglichkeit<br />
18
einer Ausnahmesituation in jedem kommunalen Unternehmen hat jedoch im<br />
Gesetz keinen Ausdruck gefunden, son<strong>der</strong>n vielmehr hat <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
angenommen, dass es bestimmte, atypische Situationen in kommunalen<br />
Unternehmen gibt, bei denen aufgrund <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Betätigung <strong>der</strong> Ausnahmefall zur Regel wird, so dass dort von einer<br />
verpflichtenden Aufnahme von Weisungsrechten in den<br />
Gesellschaftsverträgen und Satzungen abgesehen werden kann. Abgestellt<br />
wurde in <strong>der</strong> Debatte insbeson<strong>der</strong>e auf solche kommunalen<br />
Energieversorgunger-Unternehmen, denen nach Willen des Gesetzgebers bei<br />
<strong>der</strong> wirtschaftsrechtlich komplizierten Energiewende eine beson<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung zukommt. Eine solche Bedeutung findet sich auch im<br />
Koalitionsvertrag <strong>der</strong> Schleswig-Holsteinischen Landesregierung „Bündnis für<br />
den Norden, Neue Horizonte für Schleswig-Holstein, Koalitionsvertrag 2012<br />
bis 2017“, Zeile 1661 – 1665: „Wir werden den Erwerb von Netzen durch die<br />
Kommunen o<strong>der</strong> ihre Unternehmen beratend unterstützen. Vor dem<br />
Hintergrund <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Kommunen und ihrer Unternehmen bei <strong>der</strong><br />
Energiewende werden wir das Gemeindewirtschaftsrecht in <strong>der</strong><br />
Kommunalverfassung mit dem Ziel erweiterter wirtschaftlicher<br />
Betätigungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Kommunen überarbeiten“.<br />
Dieses, vom Gesetzgeber in Än<strong>der</strong>ung des Regierungsentwurfes bewusst<br />
eingeräumte Ermessen ignoriert die Kommunalaufsichtsbehörde in ihrem<br />
„Ausführungserlass“ gänzlich.<br />
Ein in dieser Weise verbindlicher Regelungsgehalt kann überhaupt nur dort<br />
angenommen werden, wo die Kommunen <strong>zum</strong> Ergebnis kommen, dass ein<br />
atypischer Son<strong>der</strong>fall nicht vorliegt.<br />
Auch dort ergibt sich nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des BVerwG allerdings keine<br />
Regelungslücke, die eine „höchste Priorität“ mittels einer Umsetzungsfrist<br />
rechtfertigt.<br />
Durch BVerwGE v. 31.8.2012, 8 C 16/10; zit. in NJW 2011, 3735ff. wird bei<br />
Nichtvorhandensein von kommunalen Weisungsrechten in den<br />
Gesellschaftsverträgen und Satzungen dieses durch Rechtsauslegung<br />
ergänzt. Das BVerwG hat entschieden, dass eine Bindung von Aufsichtsräten<br />
einer mehrheitlich kommunal beherrschten GmbH an Weisungen des<br />
Gesellschafters zwar nicht schon deshalb vorliegt, weil ein<br />
Gesellschaftsvertrag die Anwendbarkeit von Aktienrecht ausschließt. Der<br />
Gesellschaftsvertrag müsse dafür vielmehr die gesetzliche Regelung aus § 52<br />
Abs.1. GmbhG „durch eine an<strong>der</strong>e Regelung ersetzen, die ihrerseits<br />
genügend bestimmt ist, um zusammen mit den nicht abbedungenen<br />
gesetzlichen Vorschriften die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, seiner<br />
Aufgaben, Befugnisse und seiner Verfahrensweise zweifelsfrei erkennen<br />
lassen“ (BVerwG in NJW 2011, 3735, 3736). Sollte das nicht <strong>der</strong> Fall sein, sei<br />
„bei <strong>der</strong> Auslegung <strong>eines</strong> Gesellschaftsvertrages dessen normatives Umfeld in<br />
Rechnung zu stellen. Namentlich sind für die Auslegung des<br />
Gesellschaftsvertrages einer Gesellschaft, an <strong>der</strong>�eine Gemeinde<br />
maßgeblich beteiligt ist und zu <strong>der</strong>en Wahrnehmung die kommunale<br />
Daseinsvorsorge für ihre Einwohner gehört, diejenigen Vorschriften des<br />
Verfassungs- und Gesetzesrechts zu berücksichtigen, die für die Gemeinde<br />
19
verbindlich sind“ (BVerwG in NJW 2011, 3735, 3736). Ist also in einem<br />
Gesellschaftsvertrag nichts Entsprechendes geregelt, gelten die<br />
kommunalrechtlichen Bestimmungen als Ausfluss den Art. 20 Abs. 2 und Art.<br />
28 Abs. 1 GG unmittelbar durch Rechtsauslegung, weil ein tatsächliche<br />
Vermutung dafür spricht, „dass die Gemeinde die gesetzlichen<br />
Voraussetzungen für ihre Beteiligung an einer <strong>der</strong>artigen Gesellschaft<br />
einhalten wolle und will“ (BVerwG in NJW 2011, 3735, 3736f.).<br />
Dieses Urteil ist zwar von <strong>der</strong> gesellschaftsrechtlichen Literatur kritisiert<br />
worden (vgl. Altmeppen in NJW 2011, 3737, 3737f.); Schwintowski in EWeRK<br />
2012, 56, 58f.; Heidel in NZG 2012, 48ff.; im Ergebnis zustimmend nur Knapp<br />
in DStR 2012. 364, 366), bindet aber die Kommunalaufsichtsbehörden und<br />
Kommunen.<br />
Die Notwendigkeit, divergierendes Bundes- und Landesrecht durch zügige<br />
Anpassung <strong>der</strong> Gesellschaftsverträge und Satzungen zu vermeiden, besteht<br />
also nur dort, wo diese ausdrücklich abweichendes Recht insofern<br />
beinhalteten, als dass bisher die Weisungsgebundenheit rechtswirksam<br />
abbedungen wird und kein „atypischer Fall“ i.S.d. § 102 Abs. 4 S.2 GO<br />
vorliegt. Weiter kann auch die Regelung des „Ausführungserlasses“<br />
bezüglich § 102 Abs. 4 S.2 nicht tragen.<br />
2.2.2 Implementierung des § 102 Abs. 5 GO (Zustimmung Gemeindevertretung)<br />
a.) § 102 Abs. 5 S.1. GO<br />
Der Gesetzgeber hat den § 102 Abs. 5 GO zunächst in Satz 1 ergänzt. In <strong>der</strong><br />
neuen Fassung heißt es nun: „Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in<br />
einer Gesellschaft, an <strong>der</strong> Gemeinden, Kreise, Ämter o<strong>der</strong> Zweckverbände<br />
unmittelbar o<strong>der</strong> mittelbar mit mehr als 50% beteiligt sind, dürfen einer<br />
Beteiligung <strong>der</strong> Gesellschaft an einer an<strong>der</strong>en Gesellschaft o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Vereinigung in einer Rechtsform des privaten Rechts nur nach vorheriger<br />
Zustimmung <strong>der</strong> Gemeindevertretung o<strong>der</strong> des Hauptausschusses bei einer<br />
Übertragung <strong>der</strong> Entscheidung auf den Hauptausschuss nach § 28 Satz<br />
1 Nr. 18 und nur dann zustimmen, wenn für die Gemeinde selbst die<br />
Beteiligungsvoraussetzungen vorliegen und die Haftung <strong>der</strong> sich beteiligenden<br />
Gesellschaft auf einen bestimmten Betrag begrenzt ist“.<br />
b.) Ausdehnung <strong>der</strong> Norm auf „Enkel- und Urenkelgesellschaften“<br />
Zu <strong>der</strong> Ergänzung <strong>der</strong> Worte „unmittelbar und mittelbar“ verweist <strong>der</strong><br />
„Ausführungserlass“ zunächst auf die Gesetzesbegründung zur Drucksache<br />
17/1663, wonach es bei <strong>der</strong> Ausweitung des Zustimmungsvorbehaltes auf<br />
mittelbare Beteiligungen <strong>der</strong> Gemeinden um eine Klarstellung <strong>der</strong> bisherigen<br />
Rechtslage handele. Des Weiteren heißt es im „Ausführungserlass“ <strong>der</strong><br />
Kommunalaufsicht auf den Seiten 9 und 10: „Durch die Regelung muss die<br />
Gemeindevertretung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hauptausschuss zwingend über alle<br />
Beteiligungen und wirtschaftlichen Aktivitäten entscheiden. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
aufgrund <strong>der</strong> zunehmenden Holdingstrukturen <strong>der</strong> Gemeinden bzw. <strong>der</strong>en<br />
gemeindlicher Unternehmen könnte <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> Gemeindevertretung o<strong>der</strong><br />
20
des Hauptausschusses systematisch umgangen werden. Das Ergebnis wäre,<br />
dass enorme Risiken in Enkel-, Urenkel und Ururenkelgesellschaften etc.<br />
aufgebaut werden könnten, ohne dass das Haupt- o<strong>der</strong> das Ehrenamt <strong>der</strong><br />
Gemeinde Einfluss hätten.“<br />
Tatsächlich stellt die Gesetzesbegründung in LT-Drs. 17/1663, S. 44 zunächst<br />
nur pauschal darauf ab, dass alle Än<strong>der</strong>ungen im Gemeindewirtschaftsrecht<br />
(§§101ff. GO) „durch Klarstellung und Präzisierung wie<strong>der</strong> eine stärkere<br />
Anbindung an die Ursprungsgemeinde und <strong>der</strong>en Haupt- und Ehrenamt“<br />
bewirken. Erst in den Ausführungen zu Nr. 33 (§ 104), LT-Drs 17/1663, Seite<br />
63, geht <strong>der</strong> Gesetzgeber auf seinen Motive ein. „Hier handelt es sich um eine<br />
Klarstellung <strong>der</strong> bisherigen Rechtsauffassung <strong>der</strong> Landesregierung, die<br />
notwendig wurde, da die Kommunalverfassungen an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> diese<br />
Klarstellung bereits vorgenommen haben und daraufhin die bisherige<br />
Regelung Auslegungsprobleme aufwarf. Insbeson<strong>der</strong>e aufgrund <strong>der</strong><br />
zunehmenden Holdingstrukturen <strong>der</strong> Gemeinden bzw. <strong>der</strong>en gemeindlichen<br />
Unternehmen könnte <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> Gemeindevertretung o<strong>der</strong> des<br />
Hauptausschusses bei einer Übertragung <strong>der</strong> Entscheidung auf den<br />
Hauptausschuss nach § 28 Satz 1 Nr. 18 systematisch umgangen werden,<br />
mit dem Ergebnis, dass enorme Risiken in Enkel-, Urenkel und<br />
Ururenkeltöchtern etc. aufgebaut werden könnten, ohne dass das Haupt noch<br />
das Ehrenamt <strong>der</strong> Gemeinde Einfluss hätten. Durch die Regelung muss die<br />
Gemeindevertretung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hauptausschuss bei einer Übertragung <strong>der</strong><br />
Entscheidung auf den Hauptausschuss nach § 28 Satz 1 Nr. 18 zwingend<br />
über alle Beteiligungen und wirtschaftlichen Aktivitäten entscheiden“.<br />
Der „Ausführungserlass“ zitiert mithin nur den Gesetzgeber.<br />
Die Mitwirkungspflicht bezüglich Enkel- und Urenkelgesellschaften ist bisher in<br />
<strong>der</strong> Literatur überwiegend abgelehnt, <strong>zum</strong>indest aber kritisiert worden.<br />
So schreibt Dehn, Absatz 5 gelte nur für den ersten Fall <strong>der</strong> Unterbeteiligung<br />
und sei nicht anwendbar, wenn sich die unterhalb <strong>der</strong> Beteiligungsgesellschaft<br />
gegründete Vereinigung ihrerseits an an<strong>der</strong>en Gesellschaft beteiligen möchte<br />
(Dehn in Bracker/Dehn, GemeindeordnungSH, § 102 zu Abs.5 Rn. 4; so auch<br />
Thiele, NdsGO, 8. Aufl. 2007, § 109 Anm. 1 für Nie<strong>der</strong>sachsen und<br />
Schnei<strong>der</strong>/Dreßler/Lüll, HessGO, § 122 Anm. 12 für Hessen) Angesichts <strong>der</strong><br />
vielfältigen Aktivitäten kommunaler Unternehmen (Anmerkung: insbeson<strong>der</strong>e<br />
Energieversorgungsunternehmen) sei ein strenger Rechtsrahmen kritisch zu<br />
sehen, da ohnehin mehr Flexibilität bei <strong>der</strong> Auslegung <strong>der</strong> Vorschriften des<br />
Gemeindewirtschaftsrechts zu for<strong>der</strong>n sei (so Meßmer in Fabry/Augsten,<br />
Handbuch Unternehmen <strong>der</strong> öffentlichen Hand, Teil 2, Rn. 49).<br />
Tatsächlich unterlag dem Zustimmungsvorbehalt nach § 102 Abs.5 S.1. GO<br />
a.F. nicht die Tochtergesellschaft selbst, son<strong>der</strong>n die Vertreter <strong>der</strong> Kommune<br />
in den Organen <strong>der</strong> Tochtergesellschaft. Nach bisheriger Rechtslage galt <strong>der</strong><br />
Zustimmungsvorbehalt für alle Gesellschaften, an denen die Kommunen<br />
unmittelbar mit mehr als 50% beteiligt sind. Umstritten war allerdings, ob auch<br />
kommunale Vertreter in bloß mittelbar kommunal beherrschten Gesellschaften<br />
dem Zustimmungsvorbehalt des § 102 Abs.5. S.1. GO a.F. unterlagen. In<br />
diesen Fällen sind die Kommunen unmittelbar nicht mehrheitlich in <strong>der</strong><br />
Gesellschaft vertreten, üben aber trotzdem eine beherrschende Stellung aus,<br />
21
weil sie die Mehrheit <strong>der</strong> Geschäftsanteile kontrollieren. Der Wortlaut <strong>der</strong> alten<br />
Gesetzesfassung gab für eine Ausdehnung des Begriffes auf mittelbare<br />
mehrheitliche Beteiligungen nichts her. § 102 Abs. 5 knüpft als<br />
kommunalrechtliche Regelung an die rechtliche Gesellschafterstellung an,<br />
nicht an die wirtschaftliche Beherrschung. Gegen eine Ausdehnung sprach<br />
auch, dass die Kommune ihre wirtschaftlich beherrschende Stellung auch<br />
durch gesellschaftsrechtliche Maßnahmen ausüben kann, z.B. in dem sie die<br />
Gesellschaftsverträge <strong>der</strong> Unterbeteiligungen mit größtmöglichem<br />
kommunalen Einfluss ausgestaltet. Die Notwendigkeit, eine Lücke durch<br />
Ausdehnung des Mehrheitsbegriffs zu schließen, bestand daher nicht.<br />
Insofern stellt die Ergänzung „mittelbar und unmittelbar“ entgegen <strong>der</strong><br />
Begründung in LT-Drs. 17/1663. S.44 zwar eine substantielle Ausdehnung <strong>der</strong><br />
bisherigen Regelung dar.<br />
Gegen die Formulierung des Erlasses, die eine Implementierung dieser<br />
Neuregelung in die Gesellschaftsverträge bei <strong>der</strong> nächsten Än<strong>der</strong>ung,<br />
höchstens aber innerhalb von fünf Jahren vorsieht, ist allerdings rechtlich<br />
nichts einzuwenden.<br />
c.) Zustimmung des Hauptausschusses<br />
Die neue Formulierung in § 102 Abs. 5 S.1 „o<strong>der</strong> des Hauptausschusses bei<br />
einer Übertragung <strong>der</strong> Entscheidung auf den Hauptausschuss nach § 28 Satz<br />
1 Nr. 18“ stellt sich tatsächlich als Konkretisierung <strong>der</strong> bisherigen Regelung<br />
dar.<br />
Abweichend vom Grundsatz aus § 28 Satz 1 Nr. 18 1. Hs. GO, wonach die<br />
Gründung von Gesellschaften, an<strong>der</strong>en privatrechtlichen Vereinigung und<br />
einer Beteiligung an diesen von <strong>der</strong> Gemeindevertretung nicht übertragen<br />
werden kann, ist es <strong>der</strong> Gemeinde gem. § 28 Satz 1 Nr. 18 2.Hs. GO nicht<br />
verwehrt, eine solche Entscheidung an den Hauptausschuss zu übertragen,<br />
wenn ein in <strong>der</strong> Hauptsatzung bestimmter Betrag o<strong>der</strong> vom Vomhun<strong>der</strong>tsatz<br />
<strong>der</strong> Beteiligung nicht überstiegen ist. Wenn aber eine solche Übertragung<br />
stattgefunden hat, <strong>der</strong> Hauptausschuss bei <strong>der</strong> Gründung einer solchen<br />
Gesellschaft mithin zuständig gewesen ist, ergibt sich schon aus dem Sinn<br />
und Zweck <strong>der</strong> Norm, dass bei weiteren Beteiligungen dieser Gesellschaft <strong>der</strong><br />
Hauptausschuss zuständig bleibt.<br />
Insofern beinhaltet diese Formulierung nur einen Präzisierung, die innerhalb<br />
<strong>der</strong> vorgegebenen Frist aufzunehmen ist.<br />
d.) Zustimmung bei Beteiligungserhöhung und Zweckän<strong>der</strong>ung<br />
Der Gesetzgeber hat zudem in § 102 Abs. 5 einen neuen S. 3 aufgenommen:<br />
„Darüber hinaus bedürfen die Erhöhung <strong>der</strong> Beteiligung und wesentliche<br />
Än<strong>der</strong>ungen des Gesellschaftsvertrages, insbeson<strong>der</strong>e des<br />
Gesellschaftszwecks, ebenfalls <strong>der</strong> vorherigen Zustimmung <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung o<strong>der</strong> des Hauptausschusses bei einer Übertragung <strong>der</strong><br />
Entscheidung auf den Hauptausschuss nach § 28 S. 1 Nr.18“.<br />
22
Im „Ausführungserlass“ werden diese Neuerungen auf Seite 11 wie folgt<br />
erklärt: „Die Ausweitung <strong>der</strong> zustimmungspflichtigen Tatbestände auf die<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Beteiligung soll eine ausreichende Einflussmöglichkeit des<br />
Haupt- und Ehrenamtes ermöglichen, da mit je<strong>der</strong> Beteiligungserhöhung auch<br />
eine Risikoerhöhung einhergeht. Mit <strong>der</strong> Ausweitung <strong>der</strong><br />
zustimmungspflichtigen Tatbestände auf die wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen des<br />
Gesellschaftsvertrages, insbeson<strong>der</strong>e des Gesellschaftszwecks, wird die<br />
Steuerungsmöglichkeit des Haupt- und Ehrenamtes in Bezug auf die Erfüllung<br />
des öffentlichen Zweckes erhöht. Der Gegenstand <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
(gesellschaftszweck) setzt für die Geschäftsführung den Rahmen (konkretisiert<br />
im Wirtschaftsplan, <strong>der</strong> Geschäftsordnung o<strong>der</strong> ähnlicher Regelungen) für<br />
seine selbständig wahrzunehmenden operativen Aufgaben. Dem möglichst<br />
genau beschriebenen Gesellschaftszweck kommt dabei eine erhebliche<br />
Bedeutung zu, da dieser Spiegelbil<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Gemeinde wahrzunehmenden<br />
Selbstverwaltungsaufgabe ist. Jede Ausweitung des Gesellschaftszweckes<br />
kann die Wahrnehmung einer neuen Selbstverwaltungsaufgabe <strong>der</strong> Gemeinde<br />
darstellen“.<br />
Soweit <strong>der</strong> Erlass von einer „Ausweitung <strong>der</strong> zustimmungspflichtigen<br />
Tatbestände“ spricht, ist ihm inhaltlich zuzustimmen. Die in <strong>der</strong><br />
Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/1663, S. 44) aufgeführte Behauptung, es<br />
handele sich auch diesbezüglich nur um eine „Klarstellung und Präzisierung“<br />
entspricht nicht <strong>der</strong> rechtlichen Würdigung.<br />
Fraglich ist, wie die im Erlass beschriebenen, über die Gesetzesbegründung<br />
hinausgehenden Motive des Gesetzgebers zu werten sind. Das<br />
Bundesverfassungsgericht hat wie<strong>der</strong>holt ausgesprochen, dass sogar die<br />
Gesetzesmaterialien mit Vorsicht, nur unterstützend und insgesamt nur<br />
insofern herangezogen werden sollen, als sie auf einen "objektiven<br />
Gesetzesinhalt schließen lassen" (vgl. BVerfGE 1, 299, 312; 6, 55, 75; 6, 389,<br />
431; 10, 234, 244; 36, 342, 367; 41, 291, 309). Der sogenannte Wille des<br />
Gesetzgebers bzw. <strong>der</strong> am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann<br />
hiernach bei <strong>der</strong> Interpretation insoweit berücksichtigt werden, als er auch im<br />
Text Nie<strong>der</strong>schlag gefunden hat. Die Materialien dürfen nicht dazu verleiten,<br />
die subjektiven Vorstellungen <strong>der</strong> gesetzgebenden Instanzen dem objektiven<br />
Gesetzesinhalt gleichzusetzen (vgl. BVerfGE 11, 126 [130]; 13, 261 [268]; 54,<br />
277 [298 f.]) .<br />
Wenn schon Gesetzesbegründungen nur „mit Vorsicht“ herangezogen werden<br />
dürfen, haben nachgeschobene Gesetzesbegründungen durch die<br />
vollziehenden Aufsichtsbehörden schlichtweg keinerlei Wert für die Deutung<br />
<strong>der</strong> Norm. Sofern also <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ Erklärungen zu Sinn und<br />
Zweck <strong>der</strong> Norm beinhaltet, die über die Gesetzesbegründung aus <strong>der</strong> LT-Drs.<br />
17/1667 hinausgehen, sind sie echtlich irrelevant!<br />
Rechtlich gesehen, steht aber <strong>der</strong> Implementierung <strong>der</strong> Norm nichts entgegen.<br />
Schon nach §102 Abs.2 i.V.m. § 101 Abs.1 Nr.1 GO darf sich die Gemeinde<br />
überhaupt nur dann an einer Gesellschaftsgründung o<strong>der</strong> bestehenden<br />
Gesellschaft beteiligen, wenn ein öffentlicher Zweck, dessen Erfüllung im<br />
Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> Unternehmung stehen muss, vorliegt. Der<br />
23
Gesellschaftszweck ist somit in <strong>der</strong> Tat konstitutiv für die rechtliche<br />
Zulässigkeit <strong>der</strong> Gemeindebeteiligung. Zweckträger ist nämlich die kommunale<br />
Öffentlichkeit, welche durch die Gemeindevertretung repräsentiert wird (v.<br />
Mutius, Kommunalrecht in Schmalz/Ewer/v. Mutius/ Schmidt-Jorzig, Staats-<br />
und Verwaltungsrecht für Schleswig-Holstein, Rn. 110).<br />
Auch <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Beteiligung kommt eine rechtlich maßgebliche Funktion zu,<br />
denn die GO unterscheidet in ihren Voraussetzungen nach Beteiligungen mit<br />
50% und weniger Prozenten <strong>der</strong> Anteile, bei denen nur § 102 Abs. 2 GO gilt,<br />
Beteiligungen mit über 50%, für die § 102 Abs. 4 Berücksichtigung findet und<br />
Beteiligungen mit mehr als 75%, die eine zusätzliche Anwendung des § 102<br />
Abs. 3 nach sich ziehen. Die GO beinhaltet dabei klare rechtliche<br />
Voraussetzungen für die kommunale wirtschaftliche Betätigung gestaffelt nach<br />
<strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> gemeindlichen Anteile an <strong>der</strong> Gesellschaft, um <strong>der</strong> Gemeinde<br />
einen angemessenen Einfluss zu sichern (vgl. Oebbecke in Hoppe/Uechtritz,<br />
HdB Kommunale Unternehmen, § 8 Rn. 57).<br />
Da sich gegen diese Normen keine rechtlichen Bedenken ergeben, ist ihre<br />
Implementierung im Sinne des Ausführungserlasses in <strong>der</strong><br />
Gesellschaftsverträge und Satzungen vorzunehmen.<br />
2.2.3 Implementierung des § 104 Abs. 1 GO (Vertretung <strong>der</strong> Gemeinde in<br />
Gesellschaften)<br />
Die Vorschrift des § 104 Abs. 1 wurde wie folgt neu gefasst: „Die<br />
Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in Gesellschaften, die <strong>der</strong><br />
Gemeinde gehören (Eigengesellschaften), und in Gesellschaften, an denen<br />
die Gemeinde unmittelbar o<strong>der</strong> mittelbar beteiligt ist, werden von <strong>der</strong><br />
Gemeinde bestellt. In <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung o<strong>der</strong> in dem<br />
entsprechenden Organ <strong>der</strong> Gesellschaft, an <strong>der</strong> die Gemeinde beteiligt<br />
ist, soll die gesetzliche Vertreterin o<strong>der</strong> <strong>der</strong> gesetzliche Vertreter die<br />
Gemeinde vertreten; sie o<strong>der</strong> er kann einen Beschäftigten <strong>der</strong> Gemeinde,<br />
vorzugsweise den für das Beteiligungsmanagement zuständigen<br />
Beschäftigten, mit ihrer o<strong>der</strong> seiner Vertretung beauftragen.<br />
Vorbehaltlich entgegenstehen<strong>der</strong> gesetzlicher Bestimmungen haben die<br />
Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in Gesellschaften das<br />
Interesse <strong>der</strong> Gemeinde zu verfolgen; sie sollen im Sinne <strong>der</strong> Beschlüsse<br />
<strong>der</strong> Gemeindevertretung handeln und haben die Gemeindevertretung<br />
über alle wichtigen Angelegenheiten möglichst frühzeitig zu unterrichten<br />
und ihr auf Verlangen Auskunft zu erteilen.<br />
a.) Bestellung <strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde bei mittelbaren Beteiligungen (§ 104<br />
Abs. 1 S.1.GO)<br />
Als Begründung für die Einfügung <strong>der</strong> Worte „unmittelbar und mittelbar“ wählt<br />
<strong>der</strong> Gesetzgeber in LT-Drs. 17/1663, Zu Nr.33 (§104) eine Erklärung, die (s.o.)<br />
auf die wortgleiche Än<strong>der</strong>ung in § 102 Abs. 5 S.1. GO abstellt, die auf die<br />
Beson<strong>der</strong>heiten des § 104 Abs. 1 S.1. jedoch nicht eingeht.<br />
24
Dies versucht <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ auf Seite 12 nachzuholen: „Diese<br />
Neuregelung in § 104 Abs.1 S.1 GO bezieht sich auf Grund<br />
gesellschaftsrechtlicher Regelungen nur auf die Bestellung von<br />
Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong>n. Bei <strong>der</strong> GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat besteht<br />
die Möglichkeit, die Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> auch bei den mittelbaren<br />
Beteiligungen durch die Gemeinde „bestellen“ zu lassen� Hingegen wird die<br />
Bestellung <strong>der</strong> gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter sowie <strong>der</strong><br />
Geschäftsführung bei mittelbaren Beteiligungen <strong>der</strong> Gemeinde bereits<br />
abschließend durch das Gesellschaftsrecht bestimmt“.<br />
Die in <strong>der</strong> § 104 Abs. 1 S.1 GO vorgenommene Erweiterung auf „unmittelbare<br />
und mittelbare“ Beteiligungen korrespondiert mit <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung des § 102<br />
Abs.5 S.1 <strong>der</strong> Beteiligungen <strong>der</strong> Gesellschaft an Enkel- und weiteren<br />
Gesellschaften an eine Zustimmung <strong>der</strong> Gemeindevertretung o<strong>der</strong> des<br />
Hauptausschusses knüpft (dazu s.o. III 2 a bb).<br />
Die rechtliche Zulässigkeit einer Ausdehnung <strong>der</strong> Bestellung von<br />
Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong>n auf mittelbare Beteiligungen ist gegeben, sie ist<br />
angesichts <strong>der</strong> Regelung in § 102 Abs. 5 S.1 wohl auch notwendig.<br />
b.) Vertretung <strong>der</strong> Gemeinde durch die gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter<br />
Auch zu den Neuerungen in § 104 Abs. 1 S.2. gibt <strong>der</strong> Gesetzgeber eine<br />
amtliche Begründung. Die Regelung soll „zu einer Professionalisierung <strong>der</strong><br />
Steuerung <strong>der</strong> gemeindlichen Unternehmen führen“ (LT-Drs. 17/1663, zu Nr.<br />
33 (§104), S.63). Wie<strong>der</strong>um versucht <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ weitere<br />
Hintergrundinformationen zu liefern. „Hintergrund dieser Regelung ist, dass<br />
die bisherige Rechtslage es z.B. zuließ, dass sich die<br />
Gesellschafterversammlung einer Eigengesellschaft (welche sich zu 100% im<br />
Eigentum <strong>der</strong> Gemeinde befindet) aus mehreren Personen - <strong>zum</strong> Teil ohne<br />
Beteiligung des gesetzlichen Vertreters – zusammensetzt<br />
(„Ausführungserlass“, S. 13). Nach langwierigen Ausführungen zu<br />
Auskunftsrechten kommt <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ dann <strong>zum</strong> Ergebnis: „Um<br />
das Auskunftsrecht <strong>der</strong> Ratsmitglie<strong>der</strong> gegenüber <strong>der</strong> Bürgermeisterin o<strong>der</strong><br />
dem Bürgermeister gewährleisten zu können, bedarf es <strong>der</strong> Vertretung <strong>der</strong><br />
gesetzlichen Vertreterin o<strong>der</strong> des gesetzlichen Vertreters <strong>der</strong> Gemeinde in <strong>der</strong><br />
Gesellschafterversammlung o<strong>der</strong> in dem entsprechenden Organ <strong>der</strong><br />
Gesellschaft, an <strong>der</strong> die Gemeinde beteiligt ist“ (Ausführungserlass, S. 15).<br />
Im Unterschied zur Interpretation des § 102 Abs. 4 S.2. GO erkennt die<br />
Kommunalaufsicht hier die Bedeutung <strong>der</strong> „Soll-Regelung“ und weist<br />
daraufhin, dass nur in atypischen Fällen von ihr abgewichen werden kann<br />
(„Ausführungserlass“, S15).<br />
Die Ausführungen in <strong>der</strong> Gesetzbegründung und im „Ausführungserlass“<br />
zeugen jedoch von einer völligen Unkenntnis des Gesellschaftsrechts. Schon<br />
nach § 48 GmbHG steht die Teilnahme an <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung bei<br />
einer juristischen Person des öffentlichen Rechts dem gesetzlichen Vertreter,<br />
also dem Bürgermeister zu (so auch Rensch/Ziertmann, Gemeindeverfassung<br />
für Schleswig-Holstein, § 104 Rn. 3; Fabry in Fabry/Augsten, HdB<br />
Unternehmen <strong>der</strong> öffentlichen Hand, 2. Aufl., Teil 1 IV Rn. 71; a.A. Dehn in<br />
25
Becker/Dehn, § 104 Rn. 3 in Verkennung <strong>der</strong> gesellschaftsrechtlichen<br />
Normen).<br />
Unabhängig von <strong>der</strong> grundsätzlichen Zulässigkeit <strong>der</strong> Stimmrechtsvertretung<br />
kann <strong>der</strong> Stimmrechtsausübung durch einen Dritten das Abspaltungsverbot (§<br />
717 S. 1 BGB) entgegenstehen. Gem. § 717 S. 1 BGB ist ein aus <strong>der</strong><br />
Mitgliedschaft erwachsendes Recht auf Dritte nicht übertragbar. Der<br />
Grundsatz <strong>der</strong> Unübertragbarkeit ist ausschließlich für die<br />
Personengesellschaft gesetzlich geregelt (§ 717 S. 1 BGB). We<strong>der</strong> für die<br />
Aktiengesellschaft noch für die GmbH finden sich im Gesetz entsprechende<br />
Vorschriften (Lieberam-Schmidt, Die Stimmrechtsvertretung im Aktien- und<br />
GmbH-Recht, S. 28). Die Geltung des Abspaltungsverbots für die<br />
Aktiengesellschaft und die GmbH ist aufgrund <strong>der</strong> vergleichbaren<br />
Interessenlage jedoch allgemein anerkannt (BGHZ 3, 354, 357; BGHZ 20,<br />
363, 364; BGHZ 43, 261, 267; Scholz/K. Schmidt, § 47 Rn. 20). Unabhängig<br />
von <strong>der</strong> Rechtsform soll ein Verwaltungsrecht nur <strong>der</strong>jenige innehaben, <strong>der</strong><br />
auch das Risiko des Anteils an <strong>der</strong> Gesellschaft trägt (Wiedemann, GesR II, §<br />
3 III. 2. c) aa)). BGHZ 3, 354, 357 formuliert das wie folgt: „Die<br />
Verwaltungsrechte sind�mit dem Gesellschafteranteil notwendig verbunden<br />
und können nicht losgelöst und selbständig übertragen werden“. Es liegt<br />
demnach nicht in <strong>der</strong> Hand <strong>der</strong> Gesellschafter, Gesellschaftsrechte willkürlich<br />
von <strong>der</strong> Gesellschaft zu trennen (Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 19 III<br />
4a). Ausgeschlossen ist demnach auch die isolierte Übertragung von<br />
Teilhaberrechten (Stimmrechten, Klag- und Informationsrechten) auf ein<br />
Nichtmitglied. Nach § 18 Abs.1 GmbHG steht auch den Mitglie<strong>der</strong>n einer<br />
juristischer Person als GmbH-Gesellschafter keine Mitberechtigung aus den<br />
Geschäftsanteilen zu (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 18<br />
Rn. 7; Schmidt in Scholz, GmbHG, 7. Aufl., § 48 Rn. 13). Das Stimmrecht in<br />
<strong>der</strong> Gesellschafterversammlung ist unteilbar, muss einheitlich ausgeübt<br />
werden (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 6. Aufl., § 18 Rn. 11<br />
m.V.a. BGHZ 108, 21, 31) und kann auch nicht durch Satzung o<strong>der</strong><br />
Gesellschaftervertrag an gesellschaftsfremde Dritte übertragen werden<br />
(Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. § 21 II 1a und d). Allerdings kann das<br />
ungeteilte Stimmrecht von einem Bevollmächtigten des gesetzlichen<br />
Vertreters <strong>der</strong> Gemeinde ausgeübt werden (Schmidt in Scholz, GmbHG, 7.<br />
Aufl., § 47 Rn. 75ff.).<br />
Zur Beauftragung <strong>eines</strong> Stellvertreters ermächtigt § 104 Abs. 1 S. 2<br />
ausdrücklich den gesetzlichen Vertreter, beschränkt aber gleichsam dessen<br />
Auswahlermessen auf Beschäftigte <strong>der</strong> Gemeinde, vorzugsweise auf den für<br />
das Beteiligungsmanagement Zuständigen.<br />
Alle bisherigen Gesellschaftsverträge und Satzungen, die eine<br />
Gesellschafterversammlung, zusammengesetzt „aus mehreren Personen -<br />
<strong>zum</strong> Teil ohne Beteiligung <strong>der</strong> gesetzlichen Vertreters“ vorsehen, waren und<br />
sind rechtswidrig, die Beschlüsse solcher Versammlungen wegen Verstoßes<br />
gegen das GmbHG nichtig (OLG Karlsruhe v. 18.12.1995, 11 Wx 104/95;<br />
Erle/Becker in NZG 1999, 58, 60)<br />
Dafür hätte es keiner Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> GO bedurft, denn das ergibt sich<br />
schlichtweg aus dem bundesrechtlichen GmbHG.<br />
26
Die vom „Ausführungserlass“ angeordneten Korrekturen <strong>der</strong><br />
Gesellschaftsverträge und Satzungen haben, so sie für die<br />
Gesellschafterversammlung bisher mehrere Personen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e, als den<br />
gesetzlichen Vertreter o<strong>der</strong> einen von ihm beauftragten Beschäftigten <strong>der</strong><br />
Gemeinde vorsehen, höchste Priorität. Nur in atypischen Son<strong>der</strong>fällen kann<br />
die Gemeinde jemand an<strong>der</strong>en als den gesetzlichen Vertreter vorsehen.<br />
c.) Handeln im Interesse <strong>der</strong> Gemeinde und im Sinne <strong>der</strong> Gemeindebeschlüsse<br />
Der Gesetzesentwurf <strong>der</strong> Landesregierung sah in § 104 Abs. 1 S.3 noch<br />
folgenden Wortlaut vor: „Vorbehaltlich entgegenstehen<strong>der</strong> gesetzlicher<br />
Bestimmungen haben die Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in<br />
Gesellschaften das Interesse <strong>der</strong> Gemeinde zu verfolgen; sie sind an die<br />
Beschlüsse <strong>der</strong> Gemeindevertretungen gebunden�“<br />
Nach <strong>der</strong> schriftlichen und mündlichen <strong>Verband</strong>sanhörung (Synapse als LT-<br />
Umdruck 17/3355, S. 40f.) entschied sich <strong>der</strong> zuständige Innen- und<br />
Rechtsausschuss zu einem Än<strong>der</strong>ungsvorschlag, <strong>der</strong> schließlich auch<br />
Gesetzesinhalt wurde. Mit <strong>der</strong> LT-Drs. 17/2368, S. 28 wird <strong>der</strong> Normvorschlag<br />
geän<strong>der</strong>t in: „Vorbehaltlich entgegenstehen<strong>der</strong> gesetzlicher Bestimmungen<br />
haben die Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in Gesellschaften das<br />
Interesse <strong>der</strong> Gemeinde zu verfolgen; sie sollen im Sinne <strong>der</strong> Beschlüsse <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretungen handeln�“.<br />
Während § 104 Abs. 1 S.2 GO sich ausschließlich auf die<br />
Gesellschafterversammlung o<strong>der</strong> entsprechende Organe <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
bezieht, richtet sich § 104 Abs. 1 S.3 GO an alle Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in<br />
<strong>der</strong>en Organen, also auch an Aufsichtsräte.<br />
Aus <strong>der</strong> rechtlichen Bindung, im Sinne <strong>eines</strong> Weisungsrechtes <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung, wurde durch den Gesetzgeber eine Regelung, die den<br />
Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in <strong>der</strong> Gesellschaft lediglich an die Absichten <strong>der</strong><br />
Beschlüsse bindet und auch nur dann, wenn kein atypischer Fall vorliegt. Der<br />
Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde hat also einen zusätzlichen Beurteilungsspielraum<br />
durch die Formulierung „im Sinne <strong>der</strong> Beschlüsse“. Es eröffnet ihm die<br />
Möglichkeit, zwar nicht im „ob“, aber im „wie“, also in <strong>der</strong> Art und Weise <strong>der</strong><br />
Umsetzung von <strong>der</strong> getroffenen Beschlusslage abzuweichen.<br />
Generell sind Weisungsrechte <strong>der</strong> Gemeinde gegenüber ihrem gesetzlichen<br />
Vertreter o<strong>der</strong> des Bevollmächtigten in <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung o<strong>der</strong><br />
Hauptversammlung unproblematisch möglich (Oebbecke in Hoppe/Uechtritz,<br />
2. Aufl., § 9 Rn. 40 m.w.N.).<br />
Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften und GmbHs mit<br />
obligatorischem Aufsichtsrat müssen dagegen ihre Tätigkeit ausschließlich am<br />
Wohl <strong>der</strong> Gesellschaft orientieren (BGHZ 36, 296, 306; BGHZ 69, 334, 339),<br />
wobei allerdings auch Gesellschafterinteressen einzubeziehen sind<br />
(Schwintowski in NJW 1995, 1316, 1318). Bei einer GmbH mit fakultativem<br />
Aufsichtsrat sieht das <strong>der</strong> überwiegende Teil <strong>der</strong> Literatur mit Blick auf<br />
27
Funktion <strong>der</strong> Aufsichtsratstätigkeit nicht an<strong>der</strong>s (Keßler in GmbHR 2000, 71,<br />
77); Har<strong>der</strong>/Ruter in GmbHR 1995, 813, 814; Möller, Die rechtliche Stellung<br />
und Funktion des Aufsichtsrats in öffentlichen Unternehmen und Kommunen,<br />
S. 224ff.; Engellandt, Die Einflussnahme <strong>der</strong> Kommunen auf ihre<br />
Kapitalgesellschaften über das Anteilsorgan, S.3. Fn.3; Schnei<strong>der</strong> in Scholz,<br />
GmbHG, § 52 Rn. 232, Dehn in Bracker/Dehn, Gemeindeordnung SH, § 25<br />
Rn. 7).<br />
Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung ist ein gesetzliches, landesrechtliches<br />
Weisungsrecht zulässig. Zur Begründung führt das OVG Nordrhein-Westfalen<br />
aus: „Wegen <strong>der</strong> rechtlichen Vorgaben für den fakultativen Aufsichtsrat in § 52<br />
Abs. 1 GmbHG und <strong>der</strong> dispositiven Verweisung auf aktienrechtliche<br />
Bestimmungen erfolgt die konkrete Ausformung des fakultativen<br />
Aufsichtsrates und <strong>der</strong> Rechte seiner Mitglie<strong>der</strong> vielmehr maßgeblich durch<br />
den Gesellschaftsvertrag. Dabei besteht für die Gesellschafterversammlung<br />
weitgehende Gestaltungsfreiheit. Ist die Gesellschafterversammlung nämlich<br />
zur Errichtung <strong>eines</strong> Aufsichtsrates nicht einmal verpflichtet, so hat sie erst<br />
Recht die Möglichkeit, die rechtliche Ausgestaltung <strong>eines</strong> freiwillig gebildeten<br />
Aufsichtsrats nach ihren Vorstellungen vorzunehmen. Die<br />
Gesellschafterversammlung kann die Kontrollbefugnisse des Aufsichtsrats und<br />
die Rechte seiner Mitglie<strong>der</strong> daher über das im Aktienrecht vorgegebene Maß<br />
ausdehnen; die genannten Positionen dürfen aber auch deutlich hinter denen<br />
des Aufsichtsrats einer AG zurückbleiben. Weil die Gesellschafter dem<br />
Aufsichtsrat etwa eingeräumte Rechte durch eine Än<strong>der</strong>ung des<br />
Gesellschaftsvertrages auch wie<strong>der</strong> entziehen dürfen, kann es ihnen auch<br />
nicht verwehrt sein, für sich o<strong>der</strong> einzelne ihrer Mitglie<strong>der</strong> im<br />
Gesellschaftsvertrag ein Weisungsrecht zu begründen. Denn das<br />
Weisungsrecht bedeutet beim fakultativen Aufsichtsrat keinen Eingriff in<br />
originäre Rechte des Aufsichtsorgans. Die Gesellschafterversammlung, die<br />
bestimmte Befugnisse auf einen Aufsichtsrat überträgt, begibt sich vielmehr<br />
freiwillig ihr selbst zustehen<strong>der</strong> Rechte. Es muss daher grundsätzlich ihrer<br />
Entscheidung überlassen bleiben, wie weit sie dabei gehen will (OVG<br />
Nordrhein-Westfalen v. 24.4.2009, 15 A 2592/07, Rn. 63). Es wirkt sich auch<br />
bei nicht wörtlicher Aufnahme in die Gesellschafterverträge auf die Auslegung<br />
<strong>der</strong>selben aus (BVerwG in NJW 2011, 3735, 3736) so schon Schmidt in ZGR<br />
1996, 345, 354f.); Lutter/Grunewald in WM 1984, 385, 396); Strobel in DVBl.<br />
2005, 77, 80; Lohner/ Zieglmeier in BayVBl. 2007, 581, 585 f ). Dieses, durch<br />
den Landesgesetzgeber normierte, kommunale Weisungsrecht findet seine<br />
Grenzen in den bundesgesetzlichen Normen des Gesellschaftsrechts, so dass<br />
ein Vertreter gesellschaftsrechtlich auch dann nicht gegen die Interessen <strong>der</strong><br />
Gesellschaft handeln darf, wenn eine entsprechende Weisung <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung vorliegt (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, § 52<br />
Rn. 27).<br />
Die Bindung an das Interesse <strong>der</strong> Gemeinde, welches seinen Ausdruck in den<br />
Beschlüssen <strong>der</strong> Gemeindevertretung findet, gilt gem. § 104 Abs.1 S.3.<br />
ausdrücklich nur vorbehaltlich entgegenstehen<strong>der</strong> gesetzlicher<br />
Bestimmungen. Daraus folgt, dass ein solcher Beschluss <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung, <strong>der</strong> gegen die Interessen <strong>der</strong> Gesellschaft gerichtet ist,<br />
rechtswidrig ist und daher kommunalaufsichtlich beanstandet werden kann (so<br />
auch Oebbbecke in Hoppe/Uechtritz, HdB Kommunale Unternehmen, § 9<br />
Rn.42).<br />
28
Entsprechend sind die Regelungen <strong>der</strong> GO auch in eine Neufassung <strong>der</strong><br />
Gesellschaftsverträge und Satzungen aufzunehmen.<br />
d.) Unterrichtung und Auskunftserteilung gegenüber <strong>der</strong> Gemeindevertretung<br />
Nach § 104 Abs. 1 S.3 haben die Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde<br />
in Gesellschaften „die Gemeindevertretung über alle wichtigen<br />
Angelegenheiten möglichst frühzeitig zu unterreichten und ihr auf Verlangen<br />
Auskunft zu erteilen.“<br />
Viele Gemeindeordnungen verpflichten die gemeindlichen Vertreter<br />
ausdrücklich, die Gemeindevertretung o<strong>der</strong> den Hauptausschuss über alle<br />
Angelegenheiten von beson<strong>der</strong>er Bedeutung zu unterrichten (vgl. § 104 Abs. 4<br />
S.1 BbgGO; § 71 Abs. 4 S.1. KVerfMV; § 11 Abs. 4 S.1 NdsGO; § 113 Abs. 5<br />
S.1 NWGO; § 115 Abs.1 S.1 SaarlKSVG; § 93 Abs.2 S.2 BayGO).<br />
Auch hier trägt <strong>der</strong> deklaratorische Vorbehalt in § 104 Abs. 1 S.3. GO<br />
abweichen<strong>der</strong> gesetzlicher Regelung dem Umstand Rechnung, dass das<br />
Gesellschaftsrecht <strong>der</strong> Informationsweitergabe Grenzen setzt (siehe<br />
Kühne/Czarnecki in LKV 2005, 481ff. m.w.N.).<br />
Die Grenzen des Informationsrechts sind je nach gesellschaftlicher<br />
Rechtsform unterschiedlich. Für die Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> einer AG gelten<br />
die §§ 394, 395 AktG, wonach die von den Gemeinden entsandten und<br />
gewählten Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> zwar grundsätzlich keiner<br />
Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich <strong>der</strong> Berichtspflicht gegenüber <strong>der</strong><br />
Gemeinde unterliegen, aber vertrauliche Angaben und Geheimnisse <strong>der</strong><br />
Gesellschaft, namentlich Betriebs- o<strong>der</strong> Geschäftsgeheimnisse, dann nicht<br />
weitergeben müssen, wenn ihre Kenntnis für die Zwecke <strong>der</strong> Berichte nicht<br />
von Bedeutung sind. Geheimhaltungsbedürftige und vertrauliche<br />
Unternehmensinformationen i.S.d. §§ 116, 93 Abs.1 S.3 AktG dürfen nur an<br />
einen zur Verschwiegenheit verpflichteten, klar definierten Personenkreis<br />
weitergegeben werden. Dasselbe gilt für Mitglie<strong>der</strong> <strong>eines</strong> obligatorischen<br />
Aufsichtsrats, bei dem sich aus den Mitbestimmungsgesetzen die Anwendung<br />
von §§ 116, 93 Abs. 1 S.3 AktG ergibt und damit, trotz ihres Fehlens in dem<br />
Verweiskatalog auch konkludent die Anwendung <strong>der</strong> §§ 394, 395 AktG.<br />
Sehr umstritten ist die Verschwiegenheitspflicht <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Gemeinde<br />
bestellten Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong>n einer GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat.<br />
Diese Frage ist we<strong>der</strong> höchstrichterlich noch obergerichtlich entschieden.<br />
Da auch in einer mitbestimmten GmbH keine Verschwiegenheitspflicht des<br />
Aufsichtsrates gegenüber den Gesellschaftern besteht (BGHZ 135, 48, 56f.;<br />
Lutter/Hommelhoff in Lutter/Hommelhoff, Rn. 17; Altmeppen in<br />
Roth/Altmeppen, § 52 Rn. 29; a.A. Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, Rn. 65),<br />
sieht eine Min<strong>der</strong>heit in <strong>der</strong> Literatur auch kein Auskunftsverweigerungsrecht<br />
für Aufsichtsräte einer GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat gegenüber <strong>der</strong><br />
Gemeindevertretung (Altmeppen in NJW 2003, 2561, 2566; Danwitz in AöR<br />
120 (1995), 594 , 623f.; sogar für eine Auskunftsrecht <strong>der</strong> Fraktionen<br />
29
Meier/Wieseler, <strong>der</strong> Geimeindehaushalt 1993, 174, 176; vgl. zur Gegenansicht<br />
Zieglmeier in ZGR 2007, 144 157ff.).<br />
Nach einer starken Meinung kann aber die Verschwiegenheitspflicht durch<br />
Satzung gelockert werden, wobei allerdings <strong>der</strong> Kernbereich gesellschaftlicher<br />
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eine Grenze darstellt (VG Regensburg in<br />
LKV 2005, 370, 371f. m.Anm. Zieglmeier in LKV 2005, 338; VGH München in<br />
NVwZ-RR 2007, 622; dazu Wilhelm DB 2009, 944). Als Begründung wird<br />
genannt, es bestünde kein grundsätzlicher Vorrang des Gesellschaftsrechts<br />
gegenüber Kommunalrecht bei unterschiedlicher Zielsetzung<br />
(Rentsch/Ziertmann, GO § 104 Rn. 6 m.V.a. Gersdorf, Öffentliche<br />
Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie und<br />
Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 254). Das VG Regensburg verweist dabei auf die<br />
Öffnungsklausel des §52 Abs.1 GmbHG, die auch mit landesrechtlichen<br />
Regelungen und Prinzipien ausgefüllt werden könne (VG Regensburg v.<br />
2.2.2005, RN 3 K 04.01408).<br />
Die im Schrifttum herrschende Meinung lehnt allerdings einen<br />
Auskunftsanspruch <strong>der</strong> Gemeindevertretung gegenüber den Aufsichtsräten<br />
einer GmbH mit fakultativen Aufsichtsrat allein aus § 394 AktG ab, da mit<br />
dieser Norm keine Berichtspflicht geschaffen, son<strong>der</strong>n lediglich <strong>der</strong>en<br />
Bestehen vorausgesetzt wird (Oetker in Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 10;<br />
Hüffer, AktG, § 394, Rz. 36; Martens in AG 1984 29, 30f.; Thode in AG 1997,<br />
547, 549; Will in VerwArch 2003, 248, 250; Noack in StuGR 1995, 379, 385f.;<br />
Schwintowski in NJW 1990, 1004, 1009). Eine Berichtspflicht könne nur auf<br />
gesetzlicher Grundlage, nicht hingegen durch ein Vertragsverhältnis mit <strong>der</strong><br />
Gemeinde begründet werden (Schmidt-Aßmann/Ulmer in BB 1988, Beilage<br />
Nr.13, 1, 19; Zöllner in AG 1984, 147, 148f.). Einige wollen dafür aber bereits<br />
eine allgemeine beamtenrechtliche Bindung nach § 37 BRRG o<strong>der</strong> § 55 BBG<br />
ausreichend sein lassen (Lutter/Grunwald in WM 1984, 385, 397; Martens in<br />
AG 1984, 29, 33; Thode in AG 1997, 547, 549).<br />
Von einer solchen landesrechtlichen Möglichkeit hat <strong>der</strong> Gesetzgeber in<br />
Schleswig-Holstein nun Gebrauch gemacht und eine klare Regelung in § 104<br />
Abs. 1 S.3 GO geschaffen. Auch diese ist nunmehr durch den Erlass in den<br />
Gesellschaftsverträgen und Satzungen zu verankern, wogegen es keine<br />
rechtlichen Einwände gibt.<br />
2.3 Regulierung <strong>der</strong> Beurteilungsspielräume in § 101 Abs.1 GO und <strong>der</strong><br />
Systematik des § 101 Abs. 3 GO<br />
Der „Ausführungserlass“ nimmt auf Seite 3 und 4 Stellung zu den<br />
unbestimmten Rechtsbegriffen „Öffentlicher Zweck“ und „Leistungsfähigkeit“<br />
aus § 101 Abs. 1 Nr.1 und 2 GO.<br />
Bezüglich des „Öffentlichen Zweckes“ verweist die Kommunalaufsicht<br />
zunächst auf den weiten Beurteilungsspielraum <strong>der</strong> Gemeinde (vgl. dazu das<br />
zitierte Urteil des BVerwG 39, 329ff.), trifft aber keine eigenständigen<br />
Regelungen.<br />
Die Einschätzung <strong>der</strong> Kommunalaufsicht im „Ausführungserlass“, S. 3, die<br />
beson<strong>der</strong>e Bedeutung des Nachweises des öffentlichen Zwecks und hier<br />
30
insbeson<strong>der</strong>e des Nachweises <strong>der</strong> unmittelbaren Einwohnernützigkeit habe<br />
<strong>der</strong> Landesgesetzgeber durch die verpflichtende Anzeige <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Bestätigung außerhalb Schleswig-Holsteins bei <strong>der</strong> obersten<br />
Kommunalaufsichtsbehörde dokumentiert, wird durch die amtliche<br />
Gesetzesbegründung in keiner Weise gestützt! Dort heißt es zu Nr. 30 (§ 101<br />
Abs. 3), im Zuge <strong>der</strong> Öffnung <strong>der</strong> wirtschaftlichen Betätigung <strong>der</strong> kommunalen<br />
Selbstverwaltung habe sich gezeigt, „dass die wirtschaftliche Betätigung im<br />
Ausland mit vielfältigen Problemen behaftet ist, die erhebliche Risiken für die<br />
Gemeinde zur Folge haben. Daher bedarf es einer beson<strong>der</strong>en Rechtfertigung<br />
für diese wirtschaftliche Betätigung und <strong>der</strong> vorherigen Genehmigung durch<br />
die oberste Kommunalaufsichtsbehörde“. (LT-Drs. 17/1663, S. 62).<br />
Gerade <strong>der</strong> Hinweis im letzten Satz („Der Genehmigungsvorbehalt <strong>der</strong><br />
obersten Kommunalaufsicht ist <strong>zum</strong> Schutz <strong>der</strong> Gemeinden und <strong>der</strong>en<br />
Existenz notwendig, wie die Vergangenheit gezeigt hat“) spielt<br />
unmissverständlich auf das Engagement <strong>der</strong> Stadtwerke Flensburg im<br />
lettischen Ventspils an, d.h. es geht um die Abwehr finanzieller Risiken,<br />
welche die Gemeinden in ihrer Existenz bedrohen können und nicht um<br />
unmittelbare Einwohnernützigkeit.<br />
Ein Regelungsinhalt ergibt sich hieraus nicht.An<strong>der</strong>s sind die weiteren<br />
Aussagen des „Ausführungserlasses“ zu den unbestimmten Rechtsbegriffen<br />
„öffentlicher Zweck“ aus § 101 Abs. 1 Nr. 1 und „Leistungsfähigkeit“, „Bedarf“<br />
und „angemessenes Verhältnis“ aus § 101 Abs. 1 Nr.2 GO zu bewerten. Dem<br />
Wortlaut letzterer Norm zufolge, darf die Gemeinde ein wirtschaftliches<br />
Unternehmen nur errichten, übernehmen und wesentlich erweitern, wenn das<br />
Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu <strong>der</strong><br />
Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Gemeinde und <strong>zum</strong> voraussichtlichen Bedarf steht.<br />
Dazu werden auf Seite 4 und 5 des Ausführungserlasses verschiedene<br />
Regelungsinhalte aufgegeben.<br />
2.3.1 Definition des „Öffentlichen Zwecks“ in § 101 Abs.1 Nr. 1 GO<br />
Im „Ausführungserlass“ heisst es auf Seite 4: „Der Versuch verschuldeter<br />
Gemeinden, durch Erschließung neuer Geschäftsfel<strong>der</strong> und die dadurch<br />
erhofften Gewinne Leistungsfähigkeit zurück zu gewinnen, wird <strong>der</strong><br />
Zielsetzung nicht gerecht“.<br />
Hier wird <strong>der</strong> Beurteilungsspielraum, <strong>der</strong> Literatur folgend (Sprenger, GO-<br />
Kommentar, § 104 Rn. 5) negativ eingegrenzt. Präzise müsste es allerdings<br />
heißen, „ Allein <strong>der</strong> Versuch�“, denn verknüpft mit an<strong>der</strong>en, legitimen Zielen<br />
kann natürlich auch das Erschließen neuer Geschäftsfel<strong>der</strong>n und das Erzielen<br />
von Gewinnen, ein zulässiges Motiv darstellen. Wenn z.B. eine<br />
Gemeinde/Stadt eine Entwicklungsgesellschaft für einen Konversionsfläche<br />
gründen möchte, kann ihr das nicht verwehrt werden mit dem Hinweis, es<br />
ginge <strong>der</strong> Gemeinde/Stadt in erster Linie um die Gewinne, wenn gleichzeitig<br />
auch städtebaulich o<strong>der</strong> planerische Aspekte nachweislich eine Rolle spielen.<br />
Der öffentliche Zweck entfällt nur, wenn die Gewinnerzielungsabsicht <strong>der</strong><br />
einzige Zweck <strong>der</strong> wirtschaftlichen Betätigung ist (Ronellenfitsch/Stein in<br />
Hoppe/Uechtritz, HdB Kommunale Unternehmen, § 4 Rn. 11).<br />
31
2.3.2 Definition des „voraussichtlichen Bedarfs“ in § 101 Abs. 1 S.2 GO<br />
Hierzu steht im „Ausführungserlass“, Seite 4: „Unter dem Merkmal<br />
„voraussichtlicher Bedarf ist zu prüfen, ob das wirtschaftliche Unternehmen so<br />
gestaltet ist, dass Umfang und Ausmaß dem gegenwärtigen und in naher<br />
Zukunft zu befriedigenden Bedarf im örtlichen Versorgungsgebiet<br />
entsprechen.“<br />
Der Beurteilungsspielraum <strong>der</strong> Kommune aus § 101 Abs. 1 S.2 GO wird hier<br />
beschränkt, indem eine Bewertung des voraussichtlichen Bedarfs <strong>der</strong><br />
Kommune nur Bezug auf die „nahe Zukunft“ und das rein „örtliche<br />
Versorgungsgebiet“ nehmen darf.<br />
Eine solche Regelung <strong>der</strong> Kommunalaufsicht verkennt die schon heute<br />
bestehenden erschlossenen Geschäftsfel<strong>der</strong> von kommunalen Unternehmen,<br />
insbeson<strong>der</strong>e Energieversorgungsunternehmen. Gerade die verän<strong>der</strong>ten<br />
gesetzlichen Rahmenbedingungen im Energierecht, in <strong>der</strong> Abfallwirtschaft, <strong>der</strong><br />
Telekommunikation o<strong>der</strong> im ÖPNV haben schon lange dazu geführt, dass<br />
klassische Bereiche kommunaler Ver- und Entsorgungswirtschaft aus <strong>der</strong><br />
früheren Monopolsituation herausgelöst und damit überkommene<br />
Geschäftsfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kommunen zunehmend zur Disposition gestellt wurden<br />
(Meßmer in Fabry/Augsten, HdB Unternehmen <strong>der</strong> öffentlichen Hand, II 2 Rn.<br />
47f. mit einer Aufzählung neuer Geschäftsfel<strong>der</strong>). Zwar gelten auch für diese<br />
neuen Tätigkeiten die allgemeinen gesetzlichen Zulässigkeiten, allerdings<br />
wurden unbestimmte Rechtsbegriffe in <strong>der</strong> Vergangenheit großzügig<br />
interpretiert.<br />
So bedeutet <strong>der</strong> Bezug <strong>zum</strong> Gemeindegebiet nicht, dass die wirtschaftliche<br />
Tätigkeit ausschließlich im eigenen Gemeindegebiet stattfinden darf (Meßmer<br />
in Fabry/Augsten, HdB Unternehmen des öffentlichen Hand, II 2 Rn. 52ff.).<br />
So ist u.a. auch anerkannt, dass eine Kommune für eine an<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong>en<br />
Gemeindegebiet tätig werden darf, wenn dort keine entsprechenden<br />
wirtschaftlichen Aktivitäten von <strong>der</strong> Kommune entfaltet werden. Der § 101<br />
Abs.2 und 3 GO regeln die wirtschaftlichen Betätigungen außerhalb des<br />
Gemeindegebiets und außerhalb Schleswig-Holsteins und erkennen die<br />
Zulässigkeit einer solchen Tätigkeit unter den genannten<br />
Rahmenbedingungen an.<br />
Insofern macht es wenig Sinn, ein strenges Örtlichkeitsprinzip über § 101 Abs.<br />
1 Nr. 2 wie<strong>der</strong> einzuführen. Ein solches ist, auch angesichts <strong>der</strong> Rolle, welche<br />
die kommunalen Wirtschaftsunternehmen schon seit <strong>der</strong> Liberalisierung <strong>der</strong><br />
Energiemärkte Mitte <strong>der</strong> 90iger Jahre spielen und insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong><br />
Energiewende entsprechend des Koalitionsvertrages spielen sollen (vgl.<br />
Koalitionsvertrag <strong>der</strong> Schleswig-Holsteinischen Landesregierung „Bündnis für<br />
den Norden, Neue Horizonte für Schleswig-Holstein, Koalitionsvertrag 2012<br />
bis 2017“ (KoaV), Zeile 1661 – 1665), kontraproduktiv.<br />
Die Beschränkung auf eine Betrachtung <strong>der</strong> „nahen Zukunft“ entspricht nicht<br />
<strong>der</strong> Sichtweise <strong>der</strong> Rechtsprechung. So ist z.B. entscheiden worden, dass<br />
eine kommunale Wohnraumvermittlung unter Berücksichtigung langfristiger<br />
sozialpolitischer Belange anzuerkennen ist (BVerwGE 39, 329, 334; OLG<br />
Karlsruhe v. 14.11.2001, 6 U 43/01), so dass die Bedarfsanalyse durchaus<br />
32
längerfristige Zeiträume einbeziehen kann. Die Energie-und<br />
Wasserversorgung <strong>der</strong> kommunalen Unternehmen muss langfristig angelegt<br />
sein, allein weil die Abschreibung <strong>der</strong> Netze, Rohrleitungen und Wasserwerke<br />
i. d. R. auf 30 und mehr Jahre angelegt ist.<br />
Auch <strong>der</strong> Landesregierung geht es erklärtermaßen nicht um kurzfristige<br />
Lösungen. Schon in <strong>der</strong> Präambel des Koalitionsvertrages heißt es: „Wir<br />
stehen für eine Politik, die Nachhaltigkeit in allen Politikbereichen verankern<br />
wird“ (KoaV, Zeile 113-114). Eine reine Betrachtung allein <strong>der</strong> „nahen Zukunft“<br />
wird diesen Zielen, die auch für das kommunale Wirtschaftsrecht und <strong>der</strong>en<br />
Auslegung gelten, sicher nicht gerecht.<br />
Eine über den Wortlaut des Gesetzes und <strong>der</strong> Rechtssprechung<br />
hinausgehende Einschränkung, wie sie <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ beinhaltet,<br />
macht demnach eine Teilnahme <strong>der</strong> schleswig-holsteinischen kommunalen<br />
Unternehmen an diesem Wettbewerb unmöglich und verhin<strong>der</strong>t die Ziele des<br />
Koalitionsvertrages des Landesregierung.<br />
2.3.3 Definition <strong>der</strong> „Wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit“ in § 101 Abs.1 Nr. 2<br />
GO<br />
Der „Ausführungserlass“ regelt auf Seite 4 und 5 Einzelheiten zur Prüfung des<br />
angemessenen Verhältnisses nach § 101 Abs. 1 Nr. 2 GO zwischen Art und<br />
Umfang des Unternehmens auf <strong>der</strong> einen Seite und Leistungsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Gemeinde und Bedarf auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite.<br />
a.) Einzelfallbetrachtung, Vermeidung von Einstandspflichten <strong>der</strong> Gemeinde<br />
Soweit <strong>der</strong> Gemeinde aufgegeben wird, eine Einzelfallbetrachtung <strong>der</strong><br />
wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit vorzunehmen, ist dies entbehrlich. Eine<br />
solche Pflicht ergibt sich schon aus dem Sinn und Zweck <strong>der</strong> Norm. Denn<br />
gerade eine Verhältnismäßigkeitsbetrachtung und die damit verbundene<br />
notwendige Abwägung ist dann fehlerhaft vorgenommen, wenn sie nicht auf<br />
den konkreten Sachverhalt abstellt, son<strong>der</strong>n pauschaliert. Die Pflicht <strong>der</strong><br />
Gemeinde, eine Nachschusspflicht o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Einstandspflichten zu<br />
vermeiden, ergibt sich schon aus §§ 75 Abs. 2, 102 Abs.1 Nr. 2 GO, nachdem<br />
sich eine Gemeinde überhaupt nur dann an einer Gesellschaft beteiligen darf,<br />
wenn Haftung und Einzahlungsverpflichtungen auf einer ihrer<br />
Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird (Rentsch/Ziertmann,<br />
Gemeindeverfassungsrecht SH, § 101 Rn. 11). Dauerhaft ist sie bei all ihren<br />
Handlungen gem. § 75 Abs. 2 GO den Grundsätzen <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit und<br />
Sparsamkeit verpflichtet.<br />
Die Vorgabe im „Ausführungserlass“ zur Vermeidung von Einstandspflichten<br />
ist daher genauso entbehrlich, wie <strong>der</strong> Hinweis, dass unlimitierte<br />
Bürgschaften, Gewährverträge o<strong>der</strong> Patronatserkärungen <strong>der</strong> Gemeinde<br />
gegenüber einer Gesellschaft grundsätzlich gemeindewirtschaftlich unzulässig<br />
sind.<br />
33
.) Eigenkapitalausstattung des Unternehmens<br />
Der „Ausführungserlass gibt den Gemeinden auf Seite 5 auf: „Des Weiteren<br />
soll das Unternehmen <strong>der</strong> Gemeinde über ausreichend Eigenkapital verfügen,<br />
wobei die Eigenkapitalausstattung grundsätzlich dann als angemessen<br />
angesehen werden kann, wenn <strong>der</strong> Anteil des Eigenkapitals an <strong>der</strong><br />
Bilanzsumme mindestens 30% beträgt“.<br />
Nach Ansicht <strong>der</strong> Finanzverwaltung ist auch ein nichtprivatisierter kommunaler<br />
Betrieb dann mit angemessenem Eigenkapital ausgestattet, wenn dieses<br />
mindestens 30% des Aktivvermögens beträgt. Von <strong>der</strong> juristischen Person des<br />
öffentlichen Rechts gewährte unverzinsliche Darlehen sind dabei als<br />
Eigenkapital zu behandeln (Kellner/Neu<strong>der</strong>t in Wurzel/Schraml/Becker, HdB<br />
Rechtspraxis kommunaler Unternehmen, G Rn. 98 m.V.a. FinM R 33 Abs. 2<br />
S.2-6 KStR).<br />
An<strong>der</strong>s sieht das allerdings die Rechtsprechung, die entschieden hat, dass<br />
sich eine angemessene Eigenkapitalquote grundsätzlich im jeweiligen<br />
Einzelfall nach <strong>der</strong> Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen <strong>der</strong><br />
Privatwirtschaft im maßgeblichen Zeitraum bestimmt. Die<br />
Verwaltungsregelung (30% Eigenkapital) hat keine Rechtsformqualität und ist<br />
somit nicht verbindlich (BFH v. 9.7.2003 in DStR 2003, 1874, <strong>der</strong> im<br />
Urteilsfall eine Eigenkapitalausstattung von 26% als angemessen erachtete).<br />
Dem hat sich auch das Institut für Wirtschaftsprüfung angeschlossen. Die<br />
Angemessenheit <strong>der</strong> Eigenkapitalausstattung dürfe nicht anhand einer starren<br />
Grenze beurteilt werden, son<strong>der</strong>n sei von <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong><br />
Kapitalbeschaffung, <strong>der</strong> Liquidität des Unternehmens und von<br />
branchenüblichen Beson<strong>der</strong>heiten abhängig (zit. nach Dengler in<br />
Fabry/Augsten, HdB Unternehmen <strong>der</strong> öffentlichen Hand, 2. Aufl., II 7 Rn. 90).<br />
Nach alldem kann durch den „Ausführungserlass“ eine Eigenkapitalquote von<br />
30% nicht verbindlich festgelegt werden.<br />
c.) „Worst-case-Szenario“ ohne finanziellen Rückgriff auf die Gemeinde<br />
Ebenfalls wird im „Ausführungserlass“ auf Seite 5 gefor<strong>der</strong>t, die rechtlich<br />
selbständigen Unternehmen sollen „ohne finanziellen Rückgriff auf die<br />
tragende Gemeinde agieren und dies jeweils auch in den anzustellenden<br />
worst-case-Szenario-Berechnungen“.<br />
Die in § 102 Abs. 1 Nr. 2 GO normierte Haftungsbegrenzung reduziert die<br />
Gesellschaften, an <strong>der</strong> sich eine Gemeinde überhaupt beteiligen darf und<br />
scheidet die OHG und die GbR als Gesellschaftsformen aus<br />
(Rentsch/Ziertmann, Gemeindeverfassungsrecht SH, § 102, Rn.2). Allerdings<br />
wird diese in §102 Abs. 1 Nr. 2 GO verankerte Haftungsbegrenzung<br />
inzwischen von <strong>der</strong> Entwicklung im Gesellschaftsrecht, insbeson<strong>der</strong>e durch<br />
die zivilrechtliche Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung und<br />
Nachschusspflicht <strong>der</strong> Gesellschafter aus Gründen des Gläubigerschutzes<br />
relativiert (vgl. LG Hannover in NdsVBl. 1999, 221; OLG Celle in NvwZ:RR<br />
2000, 754).<br />
34
Wenn die Regelung des Ausführungserlasses in ihrem Wortlaut zur<br />
Anwendung käme, wandelte sich die Pflicht zur Begrenzung <strong>der</strong> Haftung auf<br />
einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag nach § 102 Abs. 1 Nr. 2<br />
GO in einen absoluten Haftungsausschluss <strong>der</strong> Gemeinde und käme damit<br />
einem wirtschaftlichen Betätigungsverbot gleich. Dies entspricht we<strong>der</strong> dem<br />
Sinn noch dem Zweck <strong>der</strong> Norm und ist daher rechtswidrig.<br />
2.3.4 Definition <strong>der</strong> „Subsidiaritätsklausel“ in § 101 Abs. 1 Nr.3 GO<br />
Der „Ausführungserlass“ führt auf Seite 5 unter Verweis auf Sprenger, KVR<br />
SH-GO, § 191 Rn. 24 aus: „Die Gemeinden haben nachzuweisen, dass die<br />
kommunale wirtschaftliche Betätigung mindestens ebenso gut wie an<strong>der</strong>e<br />
Maßnahmen zur öffentlichen Zweckerfüllung geeignet ist.<br />
Beurteilungsmaßstab dafür, was „besser“ ist, stellt allein die öffentliche<br />
Zwecksetzung dar. Hingegen stellt das Kriterium <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit eine<br />
Beziehung zwischen Zwecksetzung und Mitteleinsatz her“.<br />
Dieser Eingrenzung des Beurteilungsspielraums ist rechtlich nichts<br />
entgegenzusetzen.<br />
2.3.5 Anzeigepflicht nach § 101 Abs.3 GO und nach § 108 Abs. 1 GO<br />
Nach § 101 Abs. 3 S.2. GO ist die Aufnahme einer wirtschaftlichen Betätigung<br />
außerhalb Schleswig-Holsteins <strong>der</strong> obersten Kommunalaufsichtsbehörde<br />
anzuzeigen. Es müssen dafür die allgemeinen Voraussetzungen des § 101<br />
Abs. 1 GO erfüllt sein, wobei zusätzlich aufgezeigt werden muss, dass<br />
berechtigte Interessen des Bundes o<strong>der</strong> Landes nicht entgegenstehen. Dann<br />
„ist“ diese Betätigung zulässig, so dass ein Wi<strong>der</strong>spruch <strong>der</strong><br />
Kommunalaufsicht nur im Fall <strong>eines</strong> Rechtsverstoßes in Frage kommt.<br />
Nach § 108 Abs. 1 S.1 GO muss die Kommune entsprechend des § 108 Abs.<br />
1 Nr. 1 bis 9 GO verschiedenste Tätigkeiten im Zusammenhang mit<br />
kommunalen Gesellschaften <strong>der</strong> Kommunalaufsichtsbehörde spätestens 6<br />
Wochen vor Beschlussfassung in den zuständigen Gremien, anzeigen. Auch<br />
die Entscheidung <strong>der</strong> Kommune selbst ist unverzüglich schriftlich anzuzeigen.<br />
Der Gesetzgeber hat dem Gesetzesentwurf <strong>der</strong> Landesregierung <strong>der</strong><br />
Regelung des § 108 Abs. 1 GO eine Nr. 9 „sich außerhalb Schleswig-<br />
Holsteins wirtschaftlich zu betätigen“ hinzugefügt. Anzeigepflichten ergeben<br />
sich nun sowohl aus § 108 Abs. 1 Nr.9 GO, als auch - mit zusätzlichen<br />
Nachweispflichten bei <strong>der</strong> obersten Kommunalaufsichtsbehörde - aus § 101<br />
Abs.3 S.2. GO.<br />
Der „Ausführungserlass“ regelt nunmehr auf Seite 4, dass es neben dieser<br />
speziellen Anzeigepflicht gegenüber <strong>der</strong> obersten Kommunalaufsichtsbehörde<br />
gem. § 101 Abs. 3 GO bei <strong>der</strong> grundsätzlichen Anzeigepflicht bei <strong>der</strong><br />
zuständigen Kommunalaufsicht gem. § 108 GO verbleibt. Wenn die<br />
Gemeinde, die sich außerhalb Schleswig-Holsteins betätigen will, bereits <strong>der</strong><br />
obersten Kommunalaufsichtsbehörde unterliegt, bedürfe es für die weiteren<br />
Tätigkeiten nur einer Anzeige nach § 108 GO. Dies ergibt sich jedoch schon<br />
aus dem Wortlaut <strong>der</strong> Norm: „Die Aufnahme einer wirtschaftlichen<br />
35
Betätigung�ist�anzuzeigen“. Es geht hier mithin nur um das erste<br />
Tätigwerden.<br />
Nun will <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ die spezielle Anzeigepflicht nach § 101 Abs.<br />
3 GO bei <strong>der</strong> obersten Kommunalaufsichtsbehörde auch auf die Tatbestände<br />
des § 108 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 8 beziehen lassen, also auch auf wesentliche<br />
Än<strong>der</strong>ungen des Gesellschaftszweckes, die Erhöhung <strong>der</strong> Beteiligung, die<br />
wesentliche Erweiterung o<strong>der</strong> die Auflösung <strong>eines</strong> Kommunalunternehmens.<br />
Dies wi<strong>der</strong>spricht aber <strong>der</strong> Aussage auf S. 1 des Erlasses, wo es heißt: „Die<br />
Regelung des § 101 Abs. 3 GO neuer Fassung findet dabei nur auf zukünftige<br />
Beteiligungen Anwendung; bestehende Beteiligungen bleiben unberührt.“<br />
Hier ist unklar, was jetzt gelten soll. Für eine Ausdehnung des Tatbestandes<br />
über den Wortlaut hinaus, besteht kein Bedürfnis, denn bezüglich<br />
gesellschaftsrechtlicher Verän<strong>der</strong>ungen ist eine Anzeige nach § 108 Abs. 1<br />
bei <strong>der</strong> Kommunalaufsicht zur vom Gesetzgeber benannten Gefahrenabwehr<br />
völlig ausreichend.<br />
2.4 Ermessensregulierung beim Weisungsrecht nach § 102 Abs.4 S.2. GO<br />
Zur Nutzung des Weisungsrecht <strong>der</strong> Gemeindevertretung gegenüber den von<br />
<strong>der</strong> Gemeinde bestellten o<strong>der</strong> auf Vorschlag <strong>der</strong> Gemeinde gewählten<br />
Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> aus § 102 Abs. 4 S.2 GO gibt <strong>der</strong> „Ausführungserlass“<br />
auf Seite 8 folgende Hinweise: „Dem (konkretisierten Weisungsrecht) folgt<br />
jedoch nicht, dass jedwede Entscheidung <strong>der</strong> Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> durch<br />
Weisungen belegt werden sollte. Mit <strong>der</strong> Entscheidung, eine formelle<br />
Ausglie<strong>der</strong>ung im Rahmen privatrechtlicher Gesellschaftsfähigkeit<br />
vorzunehmen, wurde in <strong>der</strong> Regel auch das Ziel einer erhöhten<br />
Handlungsfähigkeit und Autonomie einer Gesellschaft verfolgt. Dieses Ziel<br />
sollte folglich nicht durch eine zu extensive Nutzung des Weisungsrechtes<br />
konterkariert werden. Insbeson<strong>der</strong>e ist festzuhalten, dass bi einem<br />
funktionsfähigen Beteiligungsmanagement und einer klaren Aufgabentrennung<br />
zwischen dem Haupt- und Ehrenamt und <strong>der</strong> Gesellschafter- bzw.<br />
Hauptversammlung und dem Aufsichtsrat bereits eine sachgerechte<br />
Steuerung <strong>der</strong> Gesellschaft erfolgen kann“.<br />
Aus diesen sehr allgemein gehaltenen und unjuristisch formulierten Sätzen,<br />
lassen sich folgende Handlungsregelnnur interpretieren: Die<br />
Gemeindevertretungen haben mit dem Weisungsrecht zurückhalten<br />
umzugehen. Eine Belegung sämtlicher Entscheidungen des Aufsichtsrates mit<br />
Weisungen entspricht nicht dem Sinn und Zweck <strong>der</strong> Norm. Vorrangig ist ein<br />
funktionsfähiges Beteiligungsmanagement aufzubauen und die Aufgaben <strong>der</strong><br />
einzelnen Beteiligten sind klar zu definieren. Diese u. E. wichtigen<br />
Handlungsanweisungen sollte die Kommunalaufsicht dann auch klar und<br />
juristisch präzise formulieren. Inhaltlich bestehen gegen diese<br />
ermessenslenkenden Regelungen keine rechtlichen Bedenken.<br />
2.5 Definition des „Veranlassens“ in § 102 Abs. 5 S.3 GO<br />
In § 102 Abs. 5 S.3 GO wird definiert, wer im weiteren als Vertreter o<strong>der</strong><br />
Vertreterin <strong>der</strong> Gemeinde nach § 102 Abs. 5 S.1 GO in einer Gesellschaft, an<br />
<strong>der</strong> die Gemeinden unmittelbar o<strong>der</strong> mittelbar mit mehr als 50% beteiligt sind,<br />
36
gilt, nämlich Geschäftsführer, Vorstände sowie Mitglie<strong>der</strong> von sonstigen<br />
Organen und ähnlichen Gremien <strong>der</strong> Gesellschaft, die von <strong>der</strong> Gemeinde o<strong>der</strong><br />
auf ihre Veranlassung in das Organ o<strong>der</strong> Gremium entsandt o<strong>der</strong> gewählt<br />
worden ist.<br />
Dazu gibt <strong>der</strong> „Ausführungserlass“ auf Seite 10 vor: „Der Begriff <strong>der</strong><br />
Veranlassung ist hier weit zu verstehen, da es we<strong>der</strong> auf die Form <strong>der</strong><br />
Einwirkung noch auf die tatsächliche o<strong>der</strong> rechtliche Grundlage des Einflusses<br />
ankommt. Veranlasst ist die Bestellung durch die Gebietskörperschaft<br />
vielmehr immer dann, wenn sie nach außen hin ihr Interesse an <strong>der</strong><br />
Bestellung <strong>zum</strong> Ausdruck gebracht hat und dieses Interesse für die Bestellung<br />
ursächlich war. Bei einer mittelbaren Beteiligung ist die Veranlassung dann<br />
gegeben, wenn die Gebietskörperschaft die Gesellschaftsanteile nicht selbst,<br />
son<strong>der</strong>n über die Gesellschaft hält, auf die sie wie<strong>der</strong>um beherrschenden<br />
Einfluss hat. Dieser Einfluss kann auch über eine längere Kette von<br />
Zwischengesellschaften bestehen. Eine Veranlassung bei einer mittelbaren<br />
Beteiligung liegt auch dann vor, wen im Bereich <strong>der</strong> Tochter- und<br />
Enkelgesellschaften <strong>der</strong> Bitte <strong>der</strong> Gebietskörperschaft gegenüber <strong>der</strong> ggf.<br />
ungebundenen Geschäftsführung <strong>der</strong> Obergesellschaft, für die Bestellung<br />
<strong>eines</strong> von ihr benannten Mitglieds im Aufsichtsrat <strong>der</strong> Tochter zu sorgen,<br />
nachgekommen wird“.<br />
Die Kommunalaufsicht nimmt für ihren Regelungsinhalt auf verschiedene<br />
Quellen in <strong>der</strong> Literatur Bezug (Schmidt-Aßmann/Ulmer in BB 1988, Beilage<br />
Nr. 13, 7f. ; Hüffer, AktG, 9. Aufl., § 394 Rn. 34; Schürnbrand in MüKom AktG,<br />
3. Aufl., §394, Rn.10).<br />
Zweifelsohne muss die beteiligte Gemeinde die Wahl o<strong>der</strong> Entsendung<br />
veranlasst haben, wofür jede allein kausale Einflussnahme <strong>der</strong> Gemeinde auf<br />
die Wahl o<strong>der</strong> Entsendung ausreicht. Bei nur mittelbarer Beteiligung <strong>der</strong><br />
Gemeinde ist die Feststellung <strong>eines</strong> Kausalzusammenhanges zwischen ihrer<br />
Einflussnahme und <strong>der</strong> Wahl in die Gremien von Tochter- und<br />
Enkelgesellschaften ungleich schwieriger, weil die Ausübung des Stimmrechts<br />
z.B. bei <strong>der</strong> Wahl des Aufsichtsrates <strong>der</strong> Untergesellschaft dem Vorstand <strong>der</strong><br />
Obergesellschaft obliegt, <strong>der</strong> dabei jedoch nach § 76 AktG autonom<br />
entscheidet, es sei denn es gelten die §§ 15 MitbestErgG und § 32 MitbestG<br />
(Oetker in Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 9). Die Gemeinde kann den<br />
Vorstand <strong>der</strong> Obergesellschaft lediglich ersuchen, von ihr benannte Personen<br />
zu wählen. Hier spricht lediglich die Vermutung für eine von <strong>der</strong> Gemeinde<br />
ausgehende Veranlassung, wenn ihre Vertreter de facto in den Aufsichtsrat<br />
<strong>der</strong> Tochtergesellschaft gewählt werden (Schmidt-Aßmann/Ulmer in BB 1988,<br />
Beilage Nr. 13, 1, 8). Noch schwieriger gestaltet sich die Lage bei Enkel- o<strong>der</strong><br />
Urenkelgesellschaften, wo <strong>der</strong> faktische Einfluss <strong>der</strong> Gemeinde immer weiter<br />
schwindet. Hier sieht ein Teil <strong>der</strong> Literatur den Kausalzusammenhang<br />
entfallen, wenn die Bitte <strong>der</strong> Kommune zwar vom Vorstand <strong>der</strong><br />
Obergesellschaft aufgegriffen, „aber erst nach sorgfältiger und umfassen<strong>der</strong><br />
Prüfung in Form einer eigenen, autonom beschlossenen Entscheidung<br />
umgesetzt wird“ (Martens in AG 1984, 29, 32; im Ergebnis auch Oetker in<br />
Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 9). Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass<br />
auch dort nicht die rechtliche Verbindlichkeit entscheidend ist, son<strong>der</strong>n ihre<br />
tatsächliche Befolgung durch den Vorstand <strong>der</strong> Tochtergesellschaft (Schmidt-<br />
Aßmann/Ulmer in BB 1988, Beilage Nr. 13, 1, 8).<br />
37
Einer Auslegung des Wortes „Veranlassen“ i.S. d „Ausführungserlasses“<br />
stehen daher keine rechtlichen Hin<strong>der</strong>nisse entgegen.<br />
2.6 Definition <strong>der</strong> „wesentlichen Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesellschaftsvertrages“ in §<br />
102 Abs.5 S.3 GO<br />
Der vorherigen Zustimmung <strong>der</strong> Gemeindevertretung o<strong>der</strong> des<br />
Hauptausschusses bedarf es nach § 102 Abs. 5 S.3. GO auch bei einer<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Beteiligung und bei wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen des<br />
Gesellschaftervertrages, insbeson<strong>der</strong>e des Gesellschaftszwecks.<br />
Der „Ausführungserlass“ regelt dazu auf Seite 11-12: „Der wesentlichen<br />
Än<strong>der</strong>ung des Gesellschaftszweckes ist auch eine Erweiterung des<br />
Unternehmens gleichzustellen, wenn sich aufgrund <strong>der</strong> neuen Tätigkeit des<br />
Unternehmens <strong>der</strong> Umsatz um mehr als ein Drittel zur vorherigen Umsatz<br />
erhöht. Dies ist bereits auch dann gegeben, wenn <strong>der</strong> bisherige – zu weit<br />
gefasste - Unternehmensgegenstand die neue Tätigkeit des Unternehmens<br />
bereits abdeckt. Beispielhaft sind hier die Netzübernahme durch Stadt- und<br />
Gemeindewerke in angrenzenden Netzgebieten in zeitlich größeren Abständen<br />
zu nennen. Bezugspunkt <strong>der</strong> Betrachtung einer wesentlichen Erweiterung ist<br />
das jeweils gemeindliche Netzgebiet bzw. das Netzgebiet vor <strong>der</strong><br />
Liberalisierung des Energiewirtschaftsrechtes. Folglich wären Netzübernahmen<br />
in zeitlich größeren Abständen mit einer Umsatzerhöhung von einem Drittel als<br />
wesentliche Än<strong>der</strong>ung des Gesellschaftszweckes zu betrachten, da <strong>der</strong><br />
vorherige Gesellschaftszweck auf die Versorgung im eigenen Netzgebiet<br />
begrenzt war“.<br />
Dem ist entgegenzuhalten, dass <strong>der</strong> Gesellschaftszweck <strong>eines</strong> kommunalen<br />
Unternehmen einer Bindung an den öffentlichen Zweck unterliegt, also keinen<br />
vom Rechtsrahmen losgelösten, frei-definierbaren Selbstzweck <strong>der</strong> Kommunen<br />
beinhaltet, son<strong>der</strong>n von den gesetzlichen Rahmenbedingungen und<br />
Entwicklungen abhängig ist.<br />
Zur Auslegung des öffentlichen Zwecks formuliert das BVerwG: „Worin die<br />
Gemeinde ein För<strong>der</strong>ung des allgemeinen Wohls erblickt, ist hauptsächlich den<br />
Anschauungen und Entschließungen ihrer maßgeblichen Organe überlassen<br />
und hängt von den örtlichen Verhältnissen, finanziellen Möglichkeiten <strong>der</strong><br />
Gemeinde, Bedürfnissen <strong>der</strong> Einwohnerschaft und an<strong>der</strong>en Faktoren ab. Die<br />
Beurteilung des öffentlichen Zwecks für die Errichtung und Fortführung <strong>eines</strong><br />
Gemeindeunternehmens ist daher <strong>der</strong> Beurteilung durch den Richter entzogen“<br />
(BVerwGE 39, 329, 333f.).<br />
In dem Beispiel <strong>der</strong> Kommunalaufsicht geht es um die Versorgung <strong>der</strong><br />
gemeindlichen Bevölkerung mit Strom und Gas. Mit dem Inkrafttreten des<br />
novellierten Energiewirtschaftsgesetzes vom Juli 2005 hat die<br />
leitungsgebundene Energiewirtschaft (Strom- und Gasversorgung) aber einen<br />
neuen Rechtsrahmen erhalten, <strong>der</strong> u.a. die rechtliche und operationelle<br />
Entflechtung <strong>der</strong> Netzbetriebe in vertikal integrierten Unternehmen for<strong>der</strong>t (vgl.<br />
dazu umfangreich Appel/Edelmann/Fabry/Kaufmann in Fabry/Augsten, HdB<br />
Unternehmen <strong>der</strong> öffentlichen Hand, Teil 10 III Rn. 84 m.H.a. § 7 Abs. 3<br />
EnWG).<br />
Das „gemeindliche Netz“ hat damit energiewirtschaftsrechtlich aufgehört zu<br />
existieren. Das mag <strong>der</strong> Kommunalaufsicht nicht gefallen, aber zur Erfüllung<br />
38
des öffentlichen Zwecks und des ihm verpflichteten Gesellschaftszweck <strong>eines</strong><br />
kommunalen Energieversorgungsunternehmen ist die räumliche und inhaltliche<br />
Ausweitung <strong>der</strong> gesellschaftlichen Tätigkeit unabdingbare Folge des<br />
liberalisierten Energiewirtschaftsrechts und nunmehr Voraussetzung zur<br />
Überlebensfähigkeit und damit zur öffentlichen Zweckerfüllung <strong>eines</strong><br />
diesbezüglich agierenden kommunalen Unternehmens. Der Rahmen rechtlich<br />
zulässiger Handlungen wird nunmehr vom europäischen<br />
Energiewirtschaftsrecht, nicht vom Kommunalrecht gesetzt. Wenn die<br />
Kommunalaufsicht nun die wirtschaftliche Betätigung des kommunalen<br />
Unternehmens unter dem neuen Energiewirtschaftsrecht als „zu weit gefasst“<br />
ansieht, kritisiert Sie damit den Gesetzgeber, <strong>der</strong> eine solche Betätigung<br />
geradezu verlangt.<br />
Daher hat sich auch die Auslegung <strong>der</strong> Normen zur wirtschaftlichen Betätigung<br />
von Kommunen den wandelnden rechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung<br />
zu tragen und den hierdurch bedingten Funktionswandel kommunaler<br />
Selbstverwaltung zu berücksichtigen.<br />
Nicht ausreichend dafür ist eine „rückwärts gewandte Besitzstands-<br />
Interpretation unter Beschränkung auf bisherige herkömmliche Bereiche <strong>der</strong><br />
Daseinsvorsorge“ (zit. Cronauge/Westermann, Kommunale Unternehmen, Rn.<br />
401 a).<br />
Wenn <strong>der</strong> Gesetzgeber das bislang üblicherweise in monopolartigen Strukturen<br />
ausgeübte angestammte kommunale Betätigungsfeld <strong>der</strong> leitungsgebundenen<br />
Energieversorgung in eine liberalisierte Wettbewerbsordnung entlässt und die<br />
kommunalen Unternehmen damit in eine allgemeine Konkurrenzsituation<br />
versetzt, kann dies für die Interpretation des Gesellschaftszwecks nicht<br />
unberücksichtigt bleiben.<br />
Der Gesellschaftszweck verän<strong>der</strong>t sich demnach jedenfalls nicht allein dadurch,<br />
dass sich aufgrund <strong>der</strong> neuen Tätigkeit des Unternehmens <strong>der</strong> Umsatz um<br />
mehr als ein Drittel zur vorherigen Umsatz erhöht o<strong>der</strong> <strong>der</strong> bisherige<br />
Unternehmensgegenstand die neue Tätigkeit des Unternehmens bereits<br />
abdeckt.<br />
Eine solche Norminterpretation ist mit dem Sinn und Zweck <strong>der</strong> Norm mithin<br />
nicht vereinbar und demnach rechtswidrig.<br />
2.7 Handhabung <strong>der</strong> „Auskunftsverlangens“ in § 104 Abs. 1 S. 3 GO<br />
Die Vertreterinnen und Vertreter <strong>der</strong> Gemeinde in den Gesellschaften haben<br />
<strong>der</strong> Gemeindevertretung gem. § 104 Abs.1 S.3 GO über alle wichtigen<br />
Angelegenheiten möglichst frühzeitig zu unterrichten und ihr auf Verlangen<br />
Auskunft zu erteilen.<br />
Der „Ausführungserlass“ gibt diesbezüglich auf Seite 17 zunächst Hinweise an<br />
die über den Beurteilungsspielraum <strong>der</strong> Gemeinde: „Die Entscheidung darüber,<br />
was zu einer Verbesserung <strong>der</strong> Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten beiträgt<br />
und folglich dazu geeignet ist, eine Abkopplung <strong>der</strong> kommunalen<br />
Gesellschaften von <strong>der</strong> Gemeinde zu verhin<strong>der</strong>n, trifft die Gemeindevertretung<br />
unter Berücksichtigung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Gegebenheiten vor Ort. In <strong>der</strong> Regel<br />
werden alle Informationen, <strong>der</strong>en Kenntnis für die Führung und den Betrieb <strong>der</strong><br />
Gesellschaften von erheblichem Gewicht sind, beson<strong>der</strong>e Relevanz besitzen.<br />
Das gilt unabhängig davon, ob die Daten und Fakten dem kaufmännischen,<br />
39
finanziellen, technischen, planerischen o<strong>der</strong> personellen Bereich <strong>der</strong><br />
Gesellschaft entstammen. Darüber hinaus muss die Information so rechtzeitig<br />
erfolgen, dass eine Willensbildung in <strong>der</strong> Gemeindevertretung und eine<br />
diesbezügliche Einflussnahme noch wirkungsvoll möglich ist.“<br />
Im zweiten Teil ihrer Ausführungen („Ausführungserlass“ S. 17f.) kommt dann<br />
die Kommunalaufsicht zu den einschränkenden Elementen: „Zu beachten ist<br />
jedoch, dass die gemeindlichen Unternehmen formell ausgeglie<strong>der</strong>t und<br />
rechtlich selbständig sind, so dass die nachträgliche, begleitende und<br />
zukunftsgerichtete Kontrolle durch die Gemeindevertretung nicht ausnahmslos<br />
erfolgen kann. Die formelle Verselbstständigung verlangt eine inhaltliche<br />
Begrenzung <strong>der</strong> Kontrollkompetenz auf eine Richtungskontrolle <strong>der</strong><br />
wesentlichen unternehmerischen Abläufe, denn nur die essentiellen<br />
Handlungen und Entscheidungen über die Führung und Betrieb öffentlicher<br />
Unternehmen werden durch die Volksvertretung kontrolliert werden können.<br />
Nicht alle, son<strong>der</strong>n vielmehr die zentralen Angelegenheiten unterliegen <strong>der</strong><br />
Überwachung durch die Gemeindevertretung, so dass die Überwachung<br />
unternehmerischer Handlungen und Entscheidungen, die für die Führung und<br />
den Betrieb kommunaler Gesellschaften keine große Bedeutungen besitzen,<br />
den zuständigen Unternehmensorganen vorbehalten bleiben muss.<br />
Unternehmerische Einzelfallentscheidungen unterliegen nur dann <strong>der</strong> Kontrolle<br />
durch die Gemeindevertretung, wenn die Kenntnis für die vorzunehmende<br />
Richtungskontrolle erfor<strong>der</strong>lich und unverzichtbar ist o<strong>der</strong> es sich um<br />
Einzelfallentscheidungen vor erheblicher Bedeutung für die Führung und den<br />
Betrieb des kommunalen Unternehmens handelt“.<br />
Lei<strong>der</strong> wirft auch hier <strong>der</strong> Text Motive und Regelungen durcheinan<strong>der</strong>.<br />
An<strong>zum</strong>erken ist lediglich, dass eine ungestörte Willensbildung <strong>der</strong> Gemeinde<br />
natürlich eine mögliche Einflussnahme voraussetzt, weshalb ihre Erwähnung<br />
überflüssig ist.<br />
Gegen diese Regelungen ist rechtlich nichts einzuwenden<br />
2.8 Gemeindevertreter als bevorzugter Personenkreis des § 395 Abs.1 AktG<br />
Nach § 395 Abs. 1 AktG haben Personen, die damit betraut sind, die<br />
Beteiligungen einer Gebietskörperschaft zu verwalten o<strong>der</strong> für eine<br />
Gebietskörperschaft die Gesellschaft, die Betätigung <strong>der</strong> Gebietskörperschaft<br />
als Aktionär o<strong>der</strong> die Tätigkeit auf Veranlassung <strong>der</strong> Gebietskörperschaft<br />
gewählten o<strong>der</strong> entsandten Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> zu prüfen, über vertrauliche<br />
Angaben und Geheimnisse <strong>der</strong> Gesellschaft, �die ihnen aus Berichten nach §<br />
394 bekanntgeworden sind, Stillschweigen zu bewahren.<br />
Der „Ausführungserlass“ regelt auf Seite 19: „Dabei sind die<br />
Gemeindevertreterinnen und –vertreter zu den Personen zu zählen, welche<br />
damit betraut sind, für eine Gebietskörperschaft die Gesellschaft zu prüfen und<br />
gehören somit zu dem in § 395 Abs. 1 AktG abschließend genannten<br />
Personenkreis <strong>der</strong> Berichtsempfänger. Voraussetzung für die Entgegennahme<br />
<strong>der</strong> Berichte <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Gemeinde entsandten o<strong>der</strong> gewählten Mitglie<strong>der</strong> in<br />
den Aufsichtsrat einer AG bzw. GmbH ist die Abhaltung einer nichtöffentlichen<br />
Sitzung, da die Verschwiegenheitspflicht gerade nicht aufgehoben, son<strong>der</strong>n nur<br />
40
an die Gemeindevertreterinnen und –vertreter weitergegeben wurde, was durch<br />
die Öffentlichkeit <strong>der</strong> Sitzung gerade nicht erfüllt wäre“.<br />
Eine solche Zuordnung ist in <strong>der</strong> Literatur wie oben unter III 3 d bereits gezeigt,<br />
umstritten. Zwar hält Oetker Reglungen in den Gemeindeordnungen, in<br />
welchen <strong>der</strong> Gemein<strong>der</strong>at als Adressat <strong>der</strong> Auskunftspflicht nach §§ 394, 395<br />
AktG festgelegt wird, wegen Verstoßes gegen Art. 31 GG für nichtig, da ein<br />
Geheimschutz bei <strong>der</strong> großen Mitglie<strong>der</strong>anzahl und <strong>der</strong> starken Transparenz<br />
nicht zu verwirklichen sei (Oetker in Schmidt/Lutter, AktG, § 394 Rn. 21; Hüffer,<br />
AktG, § 394, Rz. 36; Martens in AG 1984 29, 30f.; Thode in AG 1997, 547, 549;<br />
Will in VerwArch 2003, 248, 250; Noack in StuGR 1995, 379, 385f.;<br />
Schwintowski in NJW 1990, 1004, 1009; im Ergebnis auch Schmidt-<br />
Aßmann/Ulmer in BB 1988, Beilage Nr. 13, 1, 9). Schmidt-Aßmann/Ulmer<br />
nehmen deshalb aber zu Recht als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des<br />
§ 394 S.1 AktG die Gewährleistung <strong>der</strong> Geheimhaltung bei <strong>der</strong><br />
Gebietskörperschaft an (auch Schmidt-Aßmann/Ulmer in BB 1988, Beilage Nr.<br />
13, 1, 9). Für die weitere Argumentation vgl. III 3 d.<br />
Der Gesetzgeber hat in § 104 Abs. 1 S.3 die Gemeindevertretung als<br />
Auskunftsberechtigten benannt. Der Voraussetzung <strong>der</strong> Geheimhaltung ist<br />
durch die Anordnung <strong>der</strong> Nichtöffentlichkeit <strong>der</strong> Sitzung Rechnung getragen.<br />
Dies lässt ein Großteil <strong>der</strong> Literatur mit überzeugenden Argumenten<br />
ausreichen.<br />
3. Konsequenzen für den Mustergesellschaftsvertrag<br />
Die rechtlichen Bewertungen haben auch Konsequenzen für den Mustervertrag.<br />
1.) Unter § 6 Abs. 1 muss es korrekt heißen:<br />
„Die Gesellschafterin (�Kommune�) wird in <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung<br />
durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten.“<br />
Das ist <strong>der</strong> Regelfall („Soll-Regelung“ des § 104 Abs. 1 S.2 GO).<br />
2.) Unter § 6 Abs. 5 ist nicht erklärlich, warum die Nie<strong>der</strong>schrift auch dann vom<br />
„Beauftragten“ (richtig „gesetzlichen Vertreter“) gem. Abs. 1 zu unterzeichnen<br />
ist, wenn nach Abs.2 in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Vorsitzende des Aufsichtsrates den<br />
Vorsitz in <strong>der</strong> Gesellschafterversammlung führt. Die Unterschrift werden<br />
nämlich vom Versammlungsvorsitzenden und vom Protokollführer<br />
abgegeben.<br />
3.) Warum in § 8 Abs. 2 die Entsendung nunmehr für die Dauer von drei<br />
Geschäftsjahren erfolgt, ist ein Rätsel. In Parallelität <strong>zum</strong> Kommunalwahlrecht<br />
und <strong>der</strong> damit einhergehenden Zusammensetzung <strong>der</strong> Gemeindevertretung<br />
sehen die Gesellschaftsverträge in <strong>der</strong> Regel eine Entsendung für 5 Jahre vor.<br />
Dabei muss es bleiben.<br />
4.) In § 8 Abs. 7 muss heißen:<br />
„Die auf Veranlassung <strong>der</strong> Gesellschafterin (�Kommune�) gewählten o<strong>der</strong><br />
entsandten Mitglie<strong>der</strong> haben bei ihrer Tätigkeit das Interesse <strong>der</strong> Kommune im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Erfüllung des öffentlichen Zweck durch die Gesellschaft<br />
41
vorbehaltlich entgegenstehen<strong>der</strong> gesetzlicher Bestimmungen zu<br />
verfolgen“.<br />
5.) Die in § 11 erhaltene Pflicht zur Erstellung <strong>eines</strong> Wirtschaftsplans ergibt sich<br />
aus § 102 Abs. 4 Nr.1 GO. Diese gilt allerdings nur für Gesellschaften mit über<br />
50% Gemeindeanteilen.<br />
4. Gesamtbeurteilung<br />
1. Der <strong>Entwurf</strong> <strong>eines</strong> „Ausführungserlasses zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorschriften über<br />
die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden“ erfüllt nur eingeschränkt die<br />
formalen Anfor<strong>der</strong>ungen an einen Erlass. In weiten Teilen hat er keine<br />
Erlassqualität, regelt mithin überwiegend nichts rechtsverbindlich.<br />
2. Von denjenigen Ausführungen, die Erlassqualität haben, sind einige<br />
rechtmäßig. Dies sind z. B.<br />
− die Umsetzungsfrist von 5 Jahren für die Aufnahme <strong>der</strong> neuen<br />
Regelungen aus den §§ 102 und 104 GO<br />
− die Regulierung <strong>der</strong> Beurteilungsspielräume und des Ermessens in den<br />
§§ 101, 102 und 104 GO<br />
3. Einige <strong>der</strong> Ausführungen in Erlassqualität sind hingegen unrechtmäßig, da sie<br />
über den insgesamt geltenden Rechtsrahmen, also nicht nur das<br />
Kommunalrecht in SH, son<strong>der</strong>n auch Bundesrecht und EU-Recht,<br />
hinausgehen. Dies sind z. B.<br />
− die Vorgaben für die Höhe des angemessenen Eigenkapitals, das auf<br />
mind. 30 % <strong>der</strong> Bilanzsumme festgesetzt wird<br />
− die Bewertung <strong>der</strong> Unternehmensaktivitäten am gegenwärtigen und in<br />
die nahe Zukunft gerichteten Bedarf im örtlichen Versorgungsgebiet –<br />
damit gibt es keinen Raum für die Teilhabe kommunaler Unternehmen<br />
an <strong>der</strong> politisch gewollten Energiewende<br />
− die gefor<strong>der</strong>te Anzeigepflicht bei einer Erhöhung des<br />
Unternehmensumsatzes um ein Drittel als wesentliche Än<strong>der</strong>ung des<br />
Gesellschaftszwecks in Folge von Netzübernahmen o<strong>der</strong><br />
Vertriebsaktivitäten – so wie es ein erfolgreiches Agieren am<br />
Energiemarkt allerdings erfor<strong>der</strong>t.<br />
Die formalen Mängel und die die politischen Ziele <strong>der</strong> Landesregierung<br />
konterkarierenden Anfor<strong>der</strong>ungen des Erlass-<strong>Entwurf</strong>s münden in <strong>der</strong><br />
Empfehlung, die weiteren Arbeiten am Erlass zunächst zurückzustellen und<br />
schnellstens mit <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Koalitionsvereinbarung angekündigten<br />
Überarbeitung des Gemeindewirtschaftsrechts zu beginnen.<br />
VSHEW<br />
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